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ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127

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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk<br />

nach Artikel 87 EG-Vertrag vermutete, wurde 2009<br />

im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag der sogenannte<br />

Drei-Stufen-Test eingeführt. Diesem Test<br />

müssen sich alle Online-Angebote der öffentlichrechtlichen<br />

Sender unterziehen. Er soll sicherstellen,<br />

dass ihr Internet-Angebot bestimmten Qualitätskriterien<br />

entspricht und zum publizistischen<br />

Wettbewerb beiträgt. Abgesehen davon, dass dieses<br />

Verfahren ebenso problematisch wie willkürlich<br />

ist, ist zu befürchten, dass es den Zug der Öffentlich-Rechtlichen<br />

ins Internet nicht aufhalten<br />

wird.<br />

Ökonomisch betrachtet gibt es keine Rechtfertigung<br />

für ein staatliches Angebot im Internet. 2 Genauso<br />

wenig, wie es eine öffentlich-rechtliche Zeitung<br />

gibt, bedarf es staatlicher Internet-Präsenz.<br />

Der Medienmarkt im Internet funktionierte bereits,<br />

bevor die Öffentlich-Rechtlichen sich auf<br />

den Weg dorthin machten, und ihre Präsenz<br />

macht diesen Markt nicht mehr, sondern weniger<br />

funktionsfähig.<br />

Alternativer Reformvorschlag:<br />

Die Errichtung eines Medienfonds<br />

Was bleibt, sind politische Argumente: Solange<br />

der Staat der Ansicht ist, dass es Formate gibt, welche<br />

die Bürger konsumieren sollen, dient dieses<br />

paternalistische Argument als Rechtfertigung für<br />

einen staatlichen Eingriff in die Medienlandschaft.<br />

Solange man dieses Werturteil als solches<br />

transparent macht und demokratisch legitimiert,<br />

ist aus politischer Sicht nichts dagegen einzuwenden.<br />

Allerdings muss man im Gegenzug für diesen<br />

normativ geprägten Eingriff die damit verbundenen<br />

Freiheitsverluste der Bürger – Gebührenzwang<br />

und Wettbewerbsverzerrung – transparent<br />

machen und hinnehmen. Das heißt aber nicht,<br />

dass ein öffentlich-rechtliches Angebot nicht in anderer<br />

Form möglich ist. Staatliche Medienpolitik<br />

kann effizienter und fairer sein. In anderen Bereichen<br />

sorgt der Staat für ein Angebot, ohne selbst<br />

zum Produzenten zu werden – warum auch nicht<br />

im öffentlich-rechtlichen Rundfunk<br />

2 Dazu ausführlich Hanno Beck/Andrea Beyer, Öffentlich-rechtlicher<br />

Rundfunk im Zeitalter der Digitalisierung, in: ORDO – Jahrbuch für die<br />

Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, Band 61, Stuttgart 2010,<br />

Seiten 235–265.<br />

Zu diesem Zweck sollte das bisherige Mittelaufkommen<br />

für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk<br />

in einen Medienfonds eingestellt werden, der öffentlich-rechtliche<br />

Informationsangebote finanziert.<br />

Damit sind die Höhe des Gebührenaufkommens<br />

und die Finanzierung des aktuellen öffentlich-rechtlichen<br />

Angebots gesichert. Das entspricht<br />

den verfassungsrechtlichen Vorgaben der<br />

Bestands- und Entwicklungsgarantie sowie dem<br />

Ziel der Grundversorgung.<br />

Im Gegensatz zum aktuellen System soll es jedoch<br />

allen Anbietern freistehen, sich um Fondsmittel zu<br />

bewerben, um damit Beiträge zu erstellen, die öffentlich-rechtlichen<br />

Qualitätsansprüchen entsprechen.<br />

Der Fonds vergibt Aufträge für Beiträge mit<br />

öffentlich-rechtlichem Charakter und bezahlt –<br />

nach einer Qualitätskontrolle – die Produzenten.<br />

Auf diesem Weg wird die Entscheidung über die<br />

Programminhalte von deren Produktion getrennt,<br />

was zu mehr Effizienz führt. Zugleich kann man<br />

die politisch bestimmten Qualitätskriterien bei der<br />

Produktion von Beiträgen durchsetzen.<br />

Dabei sollte kein Übertragungsweg oder -format<br />

von der staatlichen Förderung ausgeschlossen<br />

sein. In einer konvergenten Medienwelt, in der alle<br />

Medien zusammenwachsen, gibt es keinen sachlogischen<br />

Grund, ein Medium von der staatlichen<br />

Fürsorge auszuschließen. Die Gremien des Fonds<br />

entscheiden darüber, was für Beiträge von welchem<br />

Anbieter in welchem Format produziert und<br />

auf welcher Plattform sie verbreitet werden, und<br />

die Inhaber der jeweiligen Übertragungswege werden<br />

für die Verbreitung der Inhalte vom Fonds bezahlt.<br />

Diese Inhalte kann man zudem anderen<br />

Plattformen kostenlos zur Verfügung stellen.<br />

Vorteile des Medienfonds<br />

Bei der Besetzung der Gremien eines solchen<br />

Fonds entstehen die gleichen Probleme wie bei<br />

der Besetzung der öffentlich-rechtlichen Kontrollgremien.<br />

Die Transparenz der Berufungsregelungen<br />

in diese Gremien kann man jedoch durch ein<br />

einheitliches Verfahren erhöhen, das nach außen<br />

hin klar kommuniziert wird. In einem weiteren<br />

Schritt könnten die Kontrollgremien – ähnlich wie<br />

bei den Sozialwahlen – einer Abstimmung unter<br />

den Bürgern ausgesetzt werden, was den Einfluss<br />

der Politik reduziert.<br />

Was die Effizienz angeht, ist dies ein erheblicher<br />

Fortschritt gegenüber dem alten System, da sich<br />

der Staat als Produzent und Anbieter aus dem<br />

Markt zurückzieht. Jeder Anbieter von Informationen<br />

kann sich um Aufträge aus dem Fonds bewerben.<br />

Das führt zu mehr Wettbewerb und damit<br />

zu mehr Effizienz in der Herstellung. Und wer<br />

Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)<br />

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