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ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127

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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk<br />

Hinzu kommt der Umstand, dass die öffentlichrechtlichen<br />

Sender ihre Programme in der Nacht<br />

vor allem mit Wiederholungen füllen, was deren<br />

Bilanz als Informationsanbieter aufpoliert, nicht<br />

aber den Gebührenzahler klüger macht – es sei<br />

denn, er bevorzugt es, sich nachts oder am frühen<br />

Morgen zu informieren.<br />

Was die Inhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

angeht, bleibt also nur die zweite Verteidigungslinie:<br />

Der Staat muss neben der Bereitstellung<br />

von Informationen die Kultur fördern und<br />

Sendungen mit Niveau anbieten. Aber was sind<br />

die Programme und Formate, die Kultur und Niveau<br />

bringen und die ein staatlich verordnetes<br />

Zwangsangebot rechtfertigen Darüber entscheidet<br />

im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks<br />

ein politisch bestimmtes Gremium. In der<br />

Literatur und den entsprechenden Sonntagsreden<br />

werden zumeist politische Sendungen und Kultursendungen<br />

als „wertvoll“ und förderungswürdig<br />

angeführt; eine detailliertere Spezifizierung gibt<br />

es in der Regel nicht – wohl zu Recht, denn der Begriff<br />

Kultur ist dehnbar.<br />

Schaut man sich die Praxis der Kulturförderung in<br />

Deutschland an, drängt sich der Eindruck auf,<br />

dass Kultur all das ist, was wenigen gefällt. Massentaugliche<br />

Pop- und Rock-Konzerte werden besteuert,<br />

Regietheater, die eine vergleichsweise spärliche<br />

Anhängerschaft haben, subventioniert. Wer<br />

nach einer inneren Logik sucht, hat nicht begriffen,<br />

nach welcher Musik Subventionsballette tanzen.<br />

Kultur lässt sich nicht in Qualitätskategorien<br />

pressen. Das ist, als wollte man objektiv darüber<br />

entscheiden, was gut schmeckt oder riecht. Schönheit<br />

liegt im Auge des Betrachters.<br />

Das Auge des öffentlich-rechtlichen Betrachters<br />

kürt in Gremien, deren Zusammensetzung differenziert<br />

willkürlich erfolgt, nach eigenem Geschmack<br />

ausgewählte Formate und Inhalte zu förderungswürdiger<br />

Kultur. Ein politisch bestimmtes<br />

Gremium entscheidet also, was Zuschauer bezahlen<br />

sollen, selbst wenn sie es nicht sehen wollen.<br />

Die öffentlich-rechtliche Fernsehkultur ist verordnete<br />

Gremienkultur. Inwieweit die Auffassung von<br />

förderungswürdiger Kultur mit dem Kulturverständnis<br />

des einzelnen Gebührenzahlers harmoniert,<br />

interessiert die Gremienmitglieder nicht: Es<br />

geht ihnen darum, das zu fördern, was sonst vermeintlich<br />

nicht gesendet würde.<br />

Bewertung der künftigen Haushaltsgebühr<br />

Vergleicht man dieses Ergebnis mit einer wettbewerblichen<br />

Medienlandschaft, kommt man zu einem<br />

harten Urteil: In einem kompetitiven Umfeld<br />

würden Sender nur das senden, was die Anstrengung<br />

wert ist. Was der Bürger nicht bereit ist zu bezahlen,<br />

wird nicht gesendet. Aus Effizienzgesichtspunkten<br />

ist das eine vernünftige Lösung: Niemand<br />

kann es gut heißen, dass mit hohem Ressourcenverbrauch<br />

Sendungen produziert werden,<br />

deren Nutzen geringer ist als der damit verbundene<br />

Aufwand.<br />

Ist es uns Bürgern aber nicht ein wenig Geld wert,<br />

Kultur zu fördern, informative Berichte und<br />

Sportsendungen zu sehen Ist es mit Sicherheit,<br />

doch muss man auch nach den Kosten fragen.<br />

Man muss davon ausgehen, dass die öffentlichrechtlichen<br />

Anbieter angesichts ihrer garantierten<br />

Einnahmen bei der Verwendung ihrer Mittel weniger<br />

Sorgfalt und Sparsamkeit an den Tag legen<br />

als private Sender unter Konkurrenzdruck. Effizienz<br />

dürfte keiner der Vorzüge des öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunks sein. Noch beunruhigender<br />

wird es, wenn man überlegt, wer den öffentlich-rechtlichen<br />

Sendebetrieb bezahlt und wer davon<br />

profitiert. Die Rundfunkkommission der Länder<br />

unter Vorsitz des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten<br />

Kurt Beck hat sich 2010 darauf geeinigt,<br />

zum 1. Januar 2013 die zuvor als Gerätegebühr<br />

erhobene Rundfunkgebühr umzustellen: Jeder<br />

Haushalt zahlt dann einen einheitlichen Betrag<br />

für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, egal<br />

wie viele Fernseher, Radios oder Computer sich im<br />

Haushalt befinden.<br />

Der Name „Gebühr“ ist irreführend, da kein Zusammenhang<br />

besteht zwischen der Gebühr und<br />

der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.<br />

Die neue Abgabe ist eine Kopfsteuer, die jeder<br />

Haushalt unabhängig von Größe und Einkommen<br />

zahlt – und unabhängig davon, ob und in welchem<br />

Umfang er öffentlich-rechtlichen Rundfunk<br />

nutzt. Der Vorteil der Kopfsteuer ist, dass sie Ausweichreaktionen<br />

unmöglich macht. Im Fall der<br />

geltenden Rundfunkgebühr bestehen diese Ausweichreaktionen<br />

im Schwarzsehen, die Folge ist<br />

ein entsprechender Kontrollaufwand durch die<br />

Gebühreneinzugszentrale (GEZ), die im Auftrag<br />

der Sender säumige Gebührenzahler aufspüren<br />

soll. Der neuen Gebührenordnung kann fast keiner<br />

mehr entkommen.<br />

Das ist allerdings das einzig Positive an der zukünftigen<br />

Form der Finanzierung des öffentlich-<br />

Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)<br />

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