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ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127

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Ordnungspolitische Positionen<br />

Auch ohne kommunale Wohnungsunternehmen lässt sich – wie diese Beispiele<br />

zeigen – die Wohnungsversorgung privater Problemhaushalte sicherstellen.<br />

Mit „Daseinsvorsorge“ hat es ferner nichts zu tun, wenn Städte Glasfasernetze<br />

auf eigene unternehmerische Rechnung ohne vorherige Ausschreibung bauen.<br />

Entbehrlich sind auch viele Eigenbetriebe, etwa für Hoch- und Tiefbau, für Immobilienmanagement,<br />

für Instandhaltung und Erneuerung kommunaler Gebäude<br />

oder für Kraftfahrzeugpflege und -reparatur. Diese Eigenbetriebe werden<br />

üblicherweise durch Verzicht auf Ausschreibungen vor privatem Wettbewerb<br />

geschützt, auch wenn infolgedessen Leistungen viel zu teuer erzeugt werden.<br />

Der massive gewerkschaftliche Widerstand gegen die Privatisierung kommunaler<br />

Betriebe und die Einschaltung privaten Wettbewerbs zeigt, dass von einer<br />

wettbewerblichen Unterlegenheit kommunaler Betriebe auszugehen ist.<br />

Die lukrative Entsorgung von Hausmüll ist ein weiteres expandierendes Tätigkeitsfeld<br />

kommunaler Betriebe. Soweit wie irgend möglich werden private<br />

Konkurrenten verdrängt, auch durch fragwürdige rechtliche Konstruktionen.<br />

Kommunale Interessen werden mit hoheitlicher Macht durchgesetzt.<br />

Selbsthilfe vor Fremdhilfe<br />

Die Kommunalaufsicht der Länder, deren Aufgabe es unter anderem ist, die<br />

Einhaltung der Vorschriften der Gemeindeordnungen zu überwachen, kümmert<br />

sich wenig oder gar nicht um die Bestimmungen, die den unternehmerischen<br />

Ehrgeiz der Gemeinden bremsen sollen. Diese Untätigkeit ist ein weiterer<br />

Beleg für den lobbyistischen Erfolg von Kommunalpolitikern. Kommunen<br />

als Unternehmer kommen die Bürger teuer zu stehen, insbesondere weil der<br />

Wettbewerb privater Anbieter regelmäßig ausgeschlossen wird. Mit absehbarem<br />

Erfolg verlangen Städte und Gemeinden obendrein von Bund und Ländern<br />

finanzielle Hilfen.<br />

Die unvollständige Liste entbehrlicher unternehmerischer Aktivitäten von<br />

Kommunen zeigt, dass es ein breites Spektrum von Möglichkeiten gibt, die<br />

Kommunalfinanzen ohne Hilfen des Bundes und der Länder zu sanieren.<br />

Auch im Hinblick auf die im Jahr 2012 zu erwartenden Rekordergebnisse bei<br />

den Gemeindesteuereinnahmen dürfte es nur wenige Gemeinden geben, die<br />

nicht ohne Unterstützung von außen auskommen. Mit Nachdruck ist auf das<br />

Subsidiaritätsprinzip zu verweisen, das auch im Sozialrecht und in der Entwicklungshilfepolitik<br />

bestimmend ist: Erst wenn nachgewiesen worden ist, dass<br />

Gemeinden aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, sich selbst zu helfen, lassen<br />

sich finanzielle Hilfen von Bund und Ländern vertreten. Nach Lage der<br />

Dinge ist dieser Fall unwahrscheinlich. Und erst dann, wenn die Kommunen<br />

trotz des Verzichts auf unternehmerisches Expansionsstreben ihre Finanzen<br />

dauerhaft nicht zu sanieren vermögen, was ebenfalls nicht zu erwarten ist, ließen<br />

sich zusätzliche Belastungen für die Abgabepflichtigen durch Steuererhöhungen<br />

rechtfertigen.<br />

Damit keine Missverständnisse entstehen: Ausnahmen von der Regel „Selbsthilfe<br />

geht vor Fremdhilfe“ sind dann geboten, wenn Bundesgesetze zu Mehrausgaben<br />

der Städte und Gemeinden führen, wie etwa beim geplanten „Bildungspaket“<br />

für Kinder aus Hartz-IV-Familien. Hier hat die Regel zu gelten,<br />

dass diejenige Gebietskörperschaft die finanziellen Lasten zu tragen hat, die<br />

diese Lasten veranlasst hat, in dem Fall also der Bund. <br />

24 Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)

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