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ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127

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Gemeindefinanzen<br />

den müssten. Es gibt milliardenschwere Ausgabengebiete, in denen Fehlbeträge<br />

ausgeglichen werden könnten und die Finanzlage fast aller Kommunen<br />

nachhaltig verbessert werden könnte.<br />

Zu verweisen ist vor allem auf die umfangreiche kommunale unternehmerische<br />

Tätigkeit, die zurzeit massiv ausgebaut wird. Die schrillen Töne, mit denen<br />

Vertreter kommunaler Spitzenverbände die Finanznot der Kommunen beklagen,<br />

sind nicht überzeugend und sind unglaubwürdig, wenn sie die Städte<br />

und Gemeinden gleichzeitig bedrängen, sich mit beträchtlichen finanziellen<br />

Mitteln stärker als bisher unternehmerisch zu betätigen. Allein in die Entprivatisierung<br />

von Versorgungsunternehmen investieren Gemeinden zurzeit zweistellige<br />

Milliardenbeträge, vor allem in den Kauf privater Versorgungsnetze<br />

(nach Ablauf einer vierstelligen Anzahl von Konzessionsverträgen mit privaten<br />

Versorgungsunternehmen) und in den Bau oder die Übernahme von kapitalintensiven<br />

Energieerzeugungsanlagen.<br />

Diese in vollem Gange befindliche Entprivatisierungswelle hat nichts mit kommunaler<br />

„Daseinsvorsorge“ zu tun. Es gibt keine Klagen über schlechte Leistungen<br />

privater Energieversorgungsunternehmen, die jetzt aus dem Markt verdrängt<br />

werden. Offensichtlich schlägt sich hier auch Freude von Kommunalpolitikern<br />

an prestigeträchtigem unternehmerischem Engagement und an der<br />

Tätigkeit in Aufsichtsräten nieder. Dass die erhebliche Ausweitung der öffentlichen<br />

zulasten der privaten Unternehmertätigkeit den Grundsätzen einer auf<br />

privatem Eigentum an den Produktionsmitteln und auf Wettbewerb beruhenden<br />

freiheitlichen Wirtschaftsordnung widerspricht, stört offensichtlich auch<br />

in der Bundesregierung niemanden. Bundespolitiker wollen es sich mit den<br />

Kommunalpolitikern aus wahltaktischen Gründen anscheinend nicht verderben.<br />

Kommunale Politiker sind, wie dieser Fall beweist, ungleich erfolgreicher<br />

als Lobbyisten privater Unternehmen. Polemische Vorwürfe, Bundespolitiker<br />

arbeiteten in der Energiepolitik Arm in Arm mit Lobbyisten und betrieben<br />

Klientelpolitik, werden sonderbarerweise nicht geäußert, wenn es um kommunale<br />

Lobbyisten geht.<br />

Entbehrliche unternehmerische Tätigkeiten von Kommunen<br />

Städte und Gemeinden beklagen sich auch über ihre hohe Verschuldung: Laut<br />

Bundesbankstatistik beträgt sie rund 120 Milliarden Euro. Diese Klagen leuchten<br />

ebenfalls nicht ein, da die ständig steigende unternehmerische Tätigkeit<br />

zusätzliche Kredite erfordert und zugleich darauf verzichtet wird, entbehrliche<br />

kommunale unternehmerische Tätigkeit durch Privatisierung abzubauen.<br />

Kommunen brauchen beispielswiese keine Krankenhäuser zu betreiben. Die in<br />

den rund 700 kommunalen Krankenhäusern entstehenden erheblichen Verluste<br />

sind vermeidbar. Private Krankenhausunternehmen arbeiten kosten -<br />

deckend, weil sie besser wirtschaften. Eine beschleunigte Privatisierung ist anzuraten.<br />

Die auf einen Verkaufswert von rund 40 Milliarden Euro geschätzten kommunalen<br />

Wohnungsunternehmen, die im Durchschnitt mit einer negativen Eigenkapitalrendite<br />

arbeiten, sind eine schwere Last für die Kommunalfinanzen.<br />

Der Verkauf allein von Wohnungsunternehmen könnte den kommunalen<br />

Schuldendienst um mindestens zwei Milliarden Euro jährlich vermindern. Einige<br />

Städte haben sich durch den Verkauf ihrer Wohnungsunternehmen vollständig<br />

entschuldet und dadurch Spielraum für die Finanzierung ihrer eigentlichen,<br />

nicht auf Privatunternehmen übertragbaren Kernaufgaben gewonnen.<br />

Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)<br />

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