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ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127

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Gemeindefinanzen<br />

sowie mit eigenen Vorschlägen und Kommentaren der Politik Empfehlungen<br />

geben. Wie allerdings mit ihnen umgegangen wird, welche Vorschläge letztlich<br />

aufgegriffen und welche abgelehnt werden, darüber entscheidet allein<br />

die Politik.<br />

Das Verfahren wurde – vor allem, weil es sich um erste Versuche handelte, einen<br />

Einstieg in das Thema Bürgerbeteiligung zu finden – so offen wie möglich<br />

gestaltet. In einer Situation, in der die Bürgerschaft erst einmal dafür gewonnen<br />

werden muss, sich zu einem politischen Thema zu äußern, muss es primär<br />

darum gehen, alle Bürger einzuladen und möglichst viele zu motivieren, die<br />

Einladung anzunehmen. Bürgerhaushalte sind deshalb keine Veranstaltungen<br />

für definierte Expertenkreise. Sie richten sich nicht ausschließlich an die gut<br />

informierten und aktiven Bürger, die bereits starkes politisches Interesse haben,<br />

sondern auch an jene, denen jegliches Interesse an Politik abhanden gekommen<br />

ist bzw. die ein solches Interesse nie entwickelt haben.<br />

Zielsetzungen, Methode und Technik der Beteiligung sollten deshalb möglichst<br />

einfach und übersichtlich sein. Alle Teilnehmer – ob jung oder alt, bildungsfern<br />

oder -nah, medienaffin oder -aversiv – müssen in die Lage versetzt<br />

werden bzw. sich ermutigt fühlen, zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens mithilfe<br />

eigens dafür aufbereiteter Texte und Graphiken sich in kurzer Zeit über<br />

den Stand der Beteiligung zu informieren, eine überschaubare Anzahl von<br />

Spielregeln des Verfahrens zu befolgen und sich aktiv in das Geschehen einzumischen.<br />

Ausgehend von diesen Kriterien hat sich als Beteiligungsmethodik<br />

für Bürgerhaushalte das Vorschlagseingabe- und Bewertungssystem bewährt.<br />

Einen wichtigen Schritt in diese Richtung stellte der erste Kölner Bürgerhaushalt<br />

„Deine Stadt – Dein Geld“ im Jahr 2007 dar. Im Rahmen der Spar-<br />

Bürgerhaushalte konnten die Bürger die nach Haushaltsbereichen gegliederten<br />

Sparvorschläge ihrer Kommune bewerten und kommentieren, aber auch<br />

eigene Sparvorschläge machen, die ebenfalls von den Teilnehmern bewertet<br />

und kommentiert werden konnten. Besonders gut bewertete Vorschläge kamen<br />

in eine Top-Liste, die anschließend dem Rat der Stadt als Empfehlung<br />

vorgelegt wurde.<br />

Die Teilnehmer hatten dadurch die Gelegenheit, ihr Votum und ihre Meinung<br />

zu geplanten Sparmaßnahmen ihrer Kommune mitzuteilen, ihre eigenen<br />

Ideen und Meinungen zur Sparpolitik mit denen anderer Bürger zu vergleichen<br />

und dazu Kommentare zu verfassen sowie die Zwischenergebnisse des<br />

Verfahrens auch außerhalb des Beteiligungssystems zu diskutieren. Politik und<br />

Verwaltung hatten die Möglichkeit, über ihre sparpolitischen Maßnahmen und<br />

damit verbundenen haushaltspolitischen Akzentsetzungen die Wähler zu informieren<br />

und dazu die Meinung aus der Bürgerschaft einzuholen. Sie konnten<br />

erfahren, welche Prioritäten die Bürger beim Sparthema setzen, welche<br />

Maßnahmen für sie in besonderer Weise umstritten sind und welche Ideen sie<br />

haben bzw. wie sie mit den vorhandenen Finanzen umgehen würden. Darüber<br />

hinaus konnten Politik und Verwaltung eigene sparpolitische Entscheidungen<br />

besser begründen sowie Bürgernähe praktizieren und damit für Verwaltung<br />

und Kommune einen Imagegewinn erzielen.<br />

Verwaltungsnähe und Vorzugsstellung der neuen Medien<br />

Um die Nachhaltigkeit eines solchen Verfahrens zu sichern, muss es möglichst<br />

verwaltungsnah organisiert sein. Die Ergebnisse der Beteiligungen bilden Beratungsangebote<br />

für die Politik. Die Politik entscheidet darüber, ob sie diese<br />

Angebote annimmt. Sie verpflichtet sich aber jedes Mal dazu, Rechenschaft<br />

Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)<br />

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