ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127
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Gemeindefinanzen<br />
schlechte Erfahrungen mit der Bereitschaft des Landes gesammelt, Finanztransfers<br />
auch durchzureichen.<br />
Generell wird man zunehmend berücksichtigen müssen, dass sich die finanzielle<br />
Situation des Bundes seit den 1960er Jahren dramatisch verschlechtert hat. Selbst<br />
wenn man ihm zutraut, durch energische Konsolidierungen und die „Pflege“ seiner<br />
Einnahmequellen die nationalen Probleme in den Griff zu bekommen, ist<br />
angesichts der internationalen Verflechtungen und des Aufspannens neuer und<br />
immer größerer Rettungsschirme zu befürchten, dass der Bund irgendwann<br />
selbst überfordert ist. Vor diesem Hintergrund könnte es aus kommunaler Sicht<br />
einerseits ratsam sein, nicht immer neue Aufgaben übernehmen zu wollen, und<br />
andererseits, auf klare und aufgabenadäquate Refinanzierungswege zu achten,<br />
wenn neue Aufgaben übernommen werden müssen. Die aktuellen Kompensationsleistungen<br />
des Bildungs- und Teilhabepaketes können jedenfalls nicht als<br />
Vorbild für eine aufgabenadäquate Refinanzierung dienen.<br />
Neben der Stärkung und Verbreiterung der Gewerbesteuer sollte den Kommunen<br />
daher daran gelegen sein, klare, transparente und aufgabenadäquate Refinanzierungslösungen<br />
für die Übernahme von Aufgaben durch die kommunale<br />
Ebene zu erhalten, um ihre Handlungsfähigkeit zu erhalten. <br />
Nach der Privatisierung: Neues<br />
Selbstbewusstsein in den Kommunen<br />
Dr. Werner Rügemer<br />
Publizist<br />
Privatisierung galt lange Zeit als Heilmittel gegen die Verschuldung der<br />
Kommunen. Doch dieses Konzept ist gescheitert: Nun wird verstärkt eine Rekommunalisierung<br />
gefordert, also die Rückführung von Aufgaben und Vermögen<br />
in kommunale Verantwortung. Im Gefolge der teuren staatlichen Ban -<br />
ken rettung fehlen dafür jedoch die Mittel. Die Kommunen können sich aus<br />
der strukturellen Unterfinanzierung nicht selbst befreien. Zudem sind die<br />
kommunalen Verantwortlichen an ihre Bundesparteien gefesselt.<br />
Immer wieder Sparen – jedoch ohne Erfolg<br />
Seit über zwei Jahrzehnten wird in Kommunen gespart. Bei Schulen, Bürgerbüros,<br />
Jugendzentren, Kindergärten, Horten und Theatern wird schrittweise<br />
gekürzt. Parks verwildern und Gemeindestraßen werden wegen nicht reparierter<br />
Straßenlöcher für den öffentlichen Verkehr gesperrt. In den Schwimmbädern<br />
wird die Wassertemperatur abgesenkt. Die Straßenbeleuchtung wird in<br />
immer mehr Außenbezirken abgeschaltet. Reinigungsintervalle in öffentlichen<br />
Gebäuden werden verlängert.<br />
Genauso hilflos sind die Versuche, die lokalen Einnahmen zu erhöhen. Hotelübernachtungen<br />
und Bordellbesuche werden besteuert. Mehr Politessen wer-<br />
Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)<br />
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