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ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127

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Ordnungspolitische Positionen<br />

am Abgrund“ Die Realität ist – wie immer – komplex. Das erschwert den<br />

Blick für die grundsätzlichen Entwicklungen.<br />

Dabei ist der generelle Befund dem der Haushaltskrise Anfang der 2000er Jahre<br />

durchaus ähnlich. Nach wie vor ist der Anstieg der Sozialausgaben nicht gestoppt,<br />

und die kommunalen Steuereinnahmen liegen noch deutlich unter dem Niveau<br />

der Vorjahre. Die kommunalen Investitionen sind – nach dem Auslaufen des<br />

Konjunkturpaketes II – rückläufig, die Kassenkredite und der Finanzierungssaldo<br />

steigen auf immer neue Negativrekorde.<br />

Alle Jahre wieder nimmt die Bundespolitik einen neuen Anlauf, um die Kommunen<br />

zu entlasten und damit ihre Handlungsfähigkeit zu erhalten oder zu erhöhen.<br />

Der letzte große Wurf sollte die Entlastung der Kommunen im Zuge der<br />

Hartz-IV-Reform sein: 2,5 Milliarden Euro wurden den Kommunen seinerzeit als<br />

Entlastung versprochen. Sichergestellt werden sollte dies durch eine jährliche<br />

Anpassung der Beteiligung des Bundes an den von den Kommunen zu übernehmenden<br />

Kosten der Unterkunft. Doch statt die Abrechnung auf der Basis tatsächlicher<br />

Unterkunftskosten vorzunehmen, orientierte sich der Bund an der<br />

Entwicklung der Zahl von Bedarfsgemeinschaften, die die Belastungssituation<br />

der Kommunen nicht adäquat widerspiegelt. Sehr schnell stieg die Nettobelastung<br />

der kommunalen Sozialhaushalte danach wieder an.<br />

Das nächste große Reformvorhaben wurde erst in diesen Tagen verabschiedet.<br />

Das Bildungs- und Teilhabepaket ist zweifellos ein wichtiger Schritt, Kindern aus<br />

benachteiligten Haushalten Chancen und Perspektiven einzuräumen, die ihre<br />

Eltern ihnen offenbar zunehmend weniger vermitteln können. Die daraus der<br />

kommunalen Ebene entstehenden Belastungen sind jedoch erheblich: Sie werden<br />

auf bis zu 1,8 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Bund und Länder feiern<br />

sich für den mühsam im Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat<br />

zustande gekommenen Kompromiss. Die Kommunen sollen durch höhere Beteiligung<br />

des Bundes an den Unterkunftskosten und die schrittweise ab 2012 erfolgende<br />

Übernahme der Kosten der Grundsicherung für Ältere entlastet werden.<br />

Letzteres war überfällig: Die Grundsicherung für Ältere ist keine kommunale,<br />

sondern eine gesamtstaatliche Aufgabe.<br />

Ob die versprochene Entlastung tatsächlich eintritt, wird man frühestens 2012 sehen.<br />

Dabei stehen die aus dem Bildungspaket resultierenden Belastungen in keinem<br />

sachlichen Zusammenhang mit den Kompensationsleistungen (höhere Beteiligung<br />

des Bundes an den kommunalen Kosten der Unterkunft und der<br />

Grundsicherung für Ältere). Daher kann nicht ohne Weiteres sichergestellt werden,<br />

dass Kommunen, die aufgrund hoher Kinderzahlen hohe Ausgaben haben<br />

werden, entsprechend entlastet werden. Verteilungskonflikte sind quasi vorprogrammiert.<br />

Die Bedeutung der Gewerbesteuer für die Kommunen<br />

Auf der Einnahmeseite wurde 2003 wie heute über die Zukunft der Gewerbe -<br />

steuer gestritten. Seinerzeit wurde die „Gemeindefinanzreformkommission“ eingesetzt,<br />

heute heißt sie „Gemeindefinanzkommission“. Wieder wird ein Anlauf<br />

unternommen, Teile der Wirtschaft zu entlasten und den Kommunen die Gewerbesteuer<br />

zu entwinden. Warum die Kommunen die Gewerbesteuer nicht aufgeben<br />

werden, wird deutlich, wenn man sich die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen<br />

allein in Sachsen in den letzten Jahren anschaut. Parallel zur gestiegenen<br />

Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sind die Erträge der<br />

Gewerbesteuer gestiegen. Im Jahr 2008 erreichten sie knapp 1,2 Milliarden Euro.<br />

8 Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)

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