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Homosexual's Film Quarterly - Sissy

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frisch ausgepackt<br />

machen die „einfachen“ Leute nicht nur alles<br />

mit, was der zynische Fernsehmensch von ihnen<br />

verlangt, sondern setzen gerne noch eins<br />

drauf, um vielleicht so in die nächste Casting-<br />

Show zu kommen. Das Ganze ist bitterböse<br />

ausformuliert, auch wenn der letzte Twist des<br />

Drehbuchs, der das Verhältnis von Fiktion und<br />

Realität noch einmal neu ordnet, nicht unbedingt<br />

hätte sein müssen. In dieser durch und<br />

durch korrumpierten Welt gehorchen nämlich<br />

alle der Fiktionsmaschine, dem Sender, der<br />

bezeichnenderweise „Mutter“ genannt wird.<br />

Für diese Erkenntnis wurde Jay auf westlichen<br />

Festivals gefeiert. jk<br />

ANtONIOS GEHEIMNIS<br />

PH 2008, regie: Joselito Altarejos, Bildkraft<br />

Antonio hat alles, was<br />

man als heranwachsender<br />

Homosexueller so<br />

braucht: einen abwesenden<br />

Vater, der als Gastarbeiter<br />

in Dubai das Geld<br />

ranschafft, und eine dominante<br />

Mutter, die keine<br />

weiteren Lebensinhalte<br />

hat als ihre Familie, die nur aus ihrem Sohn<br />

besteht. Aber eigentlich geht es dem 15-Jährigen<br />

nicht schlecht damit: Er weiß was er will,<br />

hat eine Amouresque mit seinem Kumpel Nathan<br />

und hiernach gleich mal sein Coming-<br />

Out im Freundeskreis. Alles könnte so schön<br />

sein, glaubte Mama nicht, Antonio bräuchte<br />

eine Vaterfigur. Die wird mit dem jungen Onkel<br />

Jonbert besetzt, der wenig väterliche Gefühle<br />

für Antonio entwickelt, aber genau weiß,<br />

wie dessen Leben künftig ablaufen soll: Antonios<br />

… psychologisches Strickmuster steuert<br />

direkt in die Katastrophe. Das ist ein bisschen<br />

anstrengend, aber Joselito Altarejos’ <strong>Film</strong> rettet<br />

sich durch die bemerkenswerten Leistungen<br />

aller seiner Darsteller selbst. Kenjie Garcia<br />

als Antonio und Josh Ivan Morales als<br />

Jonbert, liefern sich einen zähen, sehenswerten<br />

Kampf um die Frage, was „schwul“ heißt<br />

und wie das funktioniert. Der <strong>Film</strong> ist eins von<br />

inzwischen gefühlten 500 asiatischen Jugenddramen<br />

der letzten Jahre, gehört aber zu den<br />

besten 20 davon. ps<br />

FEUILLE<br />

CN 2004, regie: Youxin Yang, CMV Laservision<br />

Warum müssen Französinnen<br />

in Lesbenfilmen<br />

eigentlich immer so destruktiv<br />

sein? Schon in<br />

Emma und Marie war die<br />

liebeskranke lesbische<br />

Protagonistin nur schwer<br />

erträglich. Und die in<br />

Feuille macht es nicht<br />

besser: Die Fotografin Stéphanie trifft in Pa-<br />

42<br />

ris die Malerin Meihua. Sie ist aus China nach<br />

Frankreich gekommen, um Kunst zu studieren.<br />

Die beiden verstehen sich auf Anhieb,<br />

doch während Meihua vor allem an Stéphanies<br />

Sprachunterricht und Kunstverständnis<br />

interessiert ist, würde diese gerne auch das<br />

Bett mit der Chinesin teilen. Aus dieser Konstellation<br />

hätte eine poetische Liebesgeschichte<br />

im Spannungsfeld zwischen sexueller und<br />

kultureller Identität werden können. Stattdessen<br />

sieht man sich mit homophoben und<br />

manipulativen Figuren konfrontiert: Weil<br />

ihre Angebetete Homosexualität für eine<br />

Krankheit hält, die man heilen kann, sabotiert<br />

die gedemütigte Stéphanie Meihuas Beziehung<br />

zu ihrem Verlobten. Als wäre das<br />

nicht Drama genug, kommt auch noch die<br />

Aids-Krise ins Spiel – immerhin ein Thema,<br />

das in Frauenbeziehungen so gut wie nie thematisiert<br />

wird. Natürlich kann Meihua ihre<br />

Feuille nicht so leicht vergessen. „Aber was<br />

hat diese Liebe mit Homosexualität zu tun?“,<br />

fragt sie am Ende. „Ich würde sagen, dass so<br />

etwas Anmutiges über den Geschlechtern<br />

steht.“ ms<br />

HANNAH FREE<br />

uS 2009, regie: Wendy Jo Carlton, Pro-Fun Media<br />

Hannah liegt im Altersheim<br />

nur wenige Meter<br />

von ihrer langjährigen<br />

Geliebten entfernt, und<br />

ist ihr doch ferner als je<br />

zuvor. Rachel ist nach einem<br />

Schlaganfall ins<br />

Koma gefallen und wird<br />

von ihrer eifersüchtigen<br />

Tochter bewacht. Ohne jede Rechtsgrundlage,<br />

ihre Partnerin noch einmal sehen zu können,<br />

flüchtet Hannah sich in Tagträume. In Rückblenden<br />

erzählt die Regisseurin Wendy Jo<br />

Carlton in Hannah Free , wie die beiden Frauen<br />

Anfang des 20. Jahrhunderts gemeinsam<br />

aufwuchsen; wie sich aus Freundschaft Liebe<br />

entwickelte, die in einer puritanischen US-<br />

Kleinstadt im Mittleren Westen doch nie offen<br />

gelebt werden konnte. In Gesprächen, die<br />

Hannah im Geiste mit Rachel führt, arbeiten<br />

sie alte Konflikte auf: Hannah ihre Enttäuschung<br />

über die Angepasstheit der verheirateten<br />

Hausfrau – und die ihre Wut über die vielen<br />

Reisen der abenteuerlustigen Freundin.<br />

Erst die Begegnung mit einer geheimnisvollen<br />

jungen Besucherin bringt sie wieder zusammen.<br />

Das ist nicht nur anrührend anzusehen,<br />

sondern als <strong>Film</strong> über Lesben im Alter auch<br />

eine echte Rarität. Wie erfreulich, dass so viel<br />

Sex darin vorkommt; und welch ein Glücksfall,<br />

dass Golden-Globe-Gewinnerin Sharon<br />

Gless (Queer as Folk) die Hauptrolle spielt. Sie<br />

verleiht Hannah so viel Leidenschaft und trockenen<br />

Humor, dass man sie auf der Stelle als<br />

Oma adoptieren möchte. ms<br />

UNtERWEGS MIt KAtHY K.<br />

uS 2009, regie: Nancy Kissam, Edition Salzgeber<br />

Die vernachlässigte Hausfrau<br />

Anora bekommt von<br />

ihrer neuen Nachbarin,<br />

einer Kosmetikvertreterin,<br />

endlich das was sie<br />

braucht: Handcreme. Und<br />

Liebe. „Soweit das Auge<br />

reicht – alle queer und<br />

verrückt. Vielleicht besser<br />

für Ehemann Cheb, dass man ihn erschießt. In<br />

Nancy Kissams Welt erscheint er wie Charlton<br />

Heston in Planet der Affen – sprich: der letzte<br />

Überlebende. Und da in der Welt des heterosexuellen<br />

Patriarchen kein Platz für queeres Leben<br />

ist, gibt man ihm den Gnadenschuss.“ (Alice<br />

Roberts in SISSY 1/10)<br />

tHREE – DREI SIND KEINER zUVIEL<br />

uS 1996, regie: Stephen Bulfield, CMV Laservision<br />

Howard Roffman ist ja<br />

auch so einer, der die „natürliche<br />

Schönheit“ von<br />

jungen Männern in sinnlichenSchwarzweiß-Fotografien<br />

festhalten will.<br />

„Aktfotograf“, nennt das<br />

Wikipedia nüchtern. Anders<br />

als in den stilisierten<br />

Phantasien seiner Fotobände kommen einem<br />

die Modelle John, Gary und Kris im fast fünfzehn<br />

Jahre später veröffentlichten Begleit-<br />

<strong>Film</strong> durchaus lebensecht und normal vor. Das<br />

Spektakuläre ist ihre Dreierbeziehung, und<br />

die Jungs bemühen sich auch sehr, ihre bisherigen<br />

schönen und traurigen Erfahrungen in<br />

dieser Verbindung auszuloten. Ein wirklich<br />

präzises Bild bekommt man trotzdem nicht<br />

vom Alltag und den konkreten Bedingungen<br />

des Zusammenseins. Und man wüsste auch<br />

gerne, ob die vom Fotografen verkuppelten<br />

Jungs noch immer zusammen sind. Und erkennt<br />

schließlich, dass hier auch „nur“ eine<br />

stilisierte Phantasie geschaffen wird, wenn<br />

auch in Farbe und Digitalvideo. Aber es ist<br />

niedlich, wie das Leben immer wieder in die<br />

Bilder fließt: Wie oft sie denn nun miteinander<br />

Sex haben, will Bulfield wissen; Und John sagt<br />

stolz: zu dritt mindestens einmal am Tag.<br />

Dann kommt Kris nach Hause, John fragt ihn<br />

das gleiche, beisst sich vor Erwartung auf die<br />

Lippe, und Kris bemerkt lakonisch: ein paar<br />

Mal in der Woche vielleicht, aber das sei ganz<br />

unterschiedlich. Ein Rezensent hat tatsächlich<br />

schon bedauert, dass man ja im <strong>Film</strong> erst sieht,<br />

wie tuntig die Jungs sind – was die Aktbilder<br />

wohlweislich verschweigen. Das kann man<br />

aber auch sehr schön finden. Nach fünfzehn<br />

Jahren bleibt das ein lebendiger Eindruck,<br />

während der Fotoband längst zum Antiquariatstitel<br />

geworden ist. jk<br />

NEWCAStLE<br />

Regisseur Ron Oliver<br />

Au/JP 2008, regie: Dan Castle, Pro-Fun Media<br />

wurde schon dreimal für<br />

einen Emmy nominiert.<br />

Es ist relativ egal, was hier über Newcastle<br />

Der Emmy ist der wich-<br />

steht, diesen <strong>Film</strong> werden sich viele schwule<br />

tigste Fernsehpreis der<br />

Männer viele Male ansehen. Beworben wird<br />

USA und eine Prestige-<br />

Dan Castles Streifen mit dem grenzdementen<br />

trächtige Angelegenheit.<br />

Claim: „Top Gun in den Wellen; Rocky mit Sur-<br />

Wer nominiert wird, dem<br />

fern!“ Wer jetzt versucht, sich vorzustellen,<br />

sagt eine Branche, in der<br />

anzeige_schwubus_sissi_09_2009:cover_msk<br />

wie Tom Cruise erfolglos versucht,<br />

10.08.10<br />

ein<br />

11:51<br />

es viel<br />

Seite<br />

Neid<br />

1<br />

und Missgunst gibt: „Fein gemacht,<br />

ck grafik design<br />

MR. RIGHt<br />

GB 2009, regie: Jacqui & David Morris, Pro-Fun Media<br />

„Fancy a fuck?“ Schöne<br />

Abschlussfrage nach einem<br />

Beziehungsgespräch.<br />

Irgendwie merkt man<br />

gleich – man ist in Großbritannien.<br />

Hipperweise<br />

in Soho, um genau zu sein.<br />

Und dort, unter Kreativen,<br />

also Kreativ-TV-Produzenten,<br />

Kreativ-Köchen, Kreativ-Anti quitätenhändlern<br />

und lauter Möchte gernschauspielern,<br />

haben die Männer Probleme und ein paar<br />

Freundinnen, die ihnen dabei zuschauen. Eine<br />

Clique also, Liebessorgen, Bindungsängste,<br />

Seitensprünge und der allgemeine Lebensblues.<br />

Aber das geht auch witzig und ist hier<br />

leicht aufbereitet. Die Dialoge sind spitz, das<br />

Tempo hoch, die Schauspieler gut, nur der<br />

Soundtrack etwas überladen (19 Songs, behauptet<br />

der Abspann). Schon nach kurzer Zeit<br />

mag man die Jungs und ihre unrealistischen<br />

Vorstellungen von Glücksverwirklichung ganz<br />

gerne; bis auf einen, den Galleristen für ausgesprochen<br />

„schwule Kunst“, dem ganz übel mitgespielt<br />

wird – vom Freund und vom Drehbuch.<br />

Doch dann merkt man, dass der Regisseur diese<br />

Rolle mit sich selbst besetzt hat und das ist<br />

dann wieder sehr selbstironisch, britisch<br />

eben. jk<br />

Ob brandneu oder wieder aufgelegter Klassiker…<br />

Maßgeschneidert!<br />

A Single Man<br />

DVD, FSK 12, 15,99 Euro<br />

Surf brett in einen Düsenjet<br />

zu stopfen oder wie<br />

Sylvester Stallone in Boxhandschuhen<br />

im Sonnenaufgang<br />

in die Gischt<br />

kippt, ist selber schuld.<br />

Denn das eigentliche Verkaufsargument<br />

von Newcastle<br />

lautet: „Blonde, surfende<br />

Australier um die 18 laufen 90 Minuten<br />

halb oder ganz nackt rum und einer von denen<br />

ist sogar schwul.“ Das ist für DVD-Boxen zu<br />

lang, zugegeben, dafür aber die Wahrheit.<br />

Newcastle ist einer dieser <strong>Film</strong>e für Männer,<br />

die zu feige für echte Pornografie sind und deswegen<br />

so tun müssen, als würden sie das hier<br />

wegen der gar nicht mal schlechten Coming-<br />

Out-Geschichte oder des Sozialdramas gucken,<br />

das der Regisseur seinen jugendlichen Amateur-Darstellern<br />

zum Spielen am Strand mitgegeben<br />

hat. Wofür man den <strong>Film</strong> hingegen sehr<br />

gut gucken kann: Shane Jacobson als proletarischer<br />

Vater eines schwulen Sohnes, den er genauso<br />

liebt, wie seine anderen beiden und die<br />

absolut spektakulären Unterwasser-Aufnahmen.<br />

Aber wie gesagt, es ist auch völlig egal,<br />

was hier steht. ps<br />

„DONALD StRACHEY: UND RAUS<br />

BISt DU”, „ICE BLUES”,<br />

DONALD-StRACHEY-BOx<br />

uSA 2005–2008, regie: ron oliver, Pro-Fun Media<br />

Erschütternd!<br />

Bent<br />

DVD, FSK 16, 17,99 Euro<br />

frisch ausgepackt<br />

weiter so. Jetzt musst du dir erst mal eine Weile<br />

keine Sorgen um Jobs machen.“ Das war auch<br />

bei Ron Oliver so. Seit er für Goosebumps und<br />

Ultimate Goosepumps fast preisgekrönt wurde,<br />

kann er sich vor Arbeit kaum retten: Er ist seit<br />

fünf Jahren fast ausschließlich für den schwulen<br />

Fernsehsender „here TV“ tätig. Oliver dreht<br />

zwei bis drei <strong>Film</strong>e mit schwuler oder lesbischer<br />

Thematik im Jahr und gehört damit zu<br />

den Fließband-Regisseuren des Genres. Das<br />

Bemerkenswerte: Olivers Durchbruch Goosebumps<br />

war nicht, wie man ob des gänsehäutigen<br />

Titels annehmen könnte, ein Erotik- oder<br />

Horrorstreifen, sondern ein Kinderprogramm<br />

über ein kleines, nettes Wesen Namens, genau,<br />

Goosebumps. Von da aus stieg Oliver über den<br />

Umweg Queer as Folk fast direkt bei „here TV“<br />

ein und bewies: Er weiß, was Jungs wollen,<br />

egal wie alt die sind. In den USA sind das, wie<br />

überall auf der Welt, vor allem Krimis. Deswegen<br />

nahm sich Oliver zwischen 2005 und 2008<br />

gleich viermal den bekanntesten schwulen Privatdetektiv<br />

der Welt Donald Strachey vor und<br />

verfilmte einen der Romane, in denen Richard<br />

Stevenson Strachey unterhaltsam und ganz<br />

und gar offen schwul Räuber, Diebe und Mörder<br />

jagen lässt. Und zwar aus cineastischer<br />

Sicht gar nicht mal schlecht. Die Vorlagen sind<br />

das, was man in Amerika liebevoll „Pulp Fiction“<br />

nennt, Groschenromane, und die Fernsehumsetzung<br />

hat Spaß dabei, sich an diese Vorgabe<br />

zu halten. Chad Allen gibt als Strachey<br />

einen schnuckeligen Detektiv ab, die Fälle sind<br />

von jedem Deppen zu durchschauen, es gibt in<br />

jeder Folge hübsche Gastauftritte camper Gesichtsvermieter<br />

von Matthew Rush bis Morgan<br />

Fairchild und der Ton ist süffisant ironisch.<br />

Warum sich der deutsche DVD-Vertrieb entschieden<br />

hat, die <strong>Film</strong>e in der falschen Reihenfolge<br />

zu veröffentlichen, muss man jetzt nicht<br />

mehr fragen, denn mit Und du bist raus (Teil 1)<br />

und Systemschock erscheinen jetzt die letzten<br />

beiden, der Kunde kann seinen Satz also kom-<br />

Wir haben (fast) alles.<br />

Auch aus dem Ausland.<br />

Und was wir nicht am Lager haben,<br />

besorgen wir gerne.<br />

Auch aus dem Ausland.<br />

Portofrei<br />

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