Homosexual's Film Quarterly - Sissy
Homosexual's Film Quarterly - Sissy
Homosexual's Film Quarterly - Sissy
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
kino<br />
Aus der traurigkeit heraus<br />
von angelika nguyen<br />
Aus dem Nichts heraus trifft Marion die Entscheidung, mit 50 noch einmal ihr Leben zu ändern und verlässt<br />
ihre Familie für eine andere Frau. Doch auch Claude hat zu viel erlebt, als dass sie sich umstandslos auf<br />
eine neue Liebe einlassen könnte. Der französische <strong>Film</strong> „out of The Blue“ über zwei reife und komplexe<br />
Frauen und ihre Entscheidung für einen neuen Lebensabschnitt begeisterte in Frankreich das Publikum und<br />
die Presse und läuft im oktober in der L-<strong>Film</strong>nacht. Allein die beiden Hauptdarstellerinnen Mireille Perrier<br />
(„orly“) und rachida Brakni („Barakat!“) sind das Drama wert!<br />
s Programmatisch beginnt der <strong>Film</strong> mit Marions Spiegelbild, das<br />
sie kritisch mit ihren fast 50 Jahre alten Augen betrachtet. So intensiv<br />
und traurig sieht Marion sich an, dass die Zuversicht erwacht, hier<br />
ginge es nicht nur um kosmetische Probleme. Das wird belohnt, denn<br />
fünf Minuten später trennt Marion sich von Paul, nach über 20 Jahren<br />
Ehe.<br />
Sie zieht in eine eigene Wohnung und reserviert auch der 17-jährigen<br />
Tochter Justine ein Zimmer. Als Marion dann der schönen Antiquitätenhändlerin<br />
Claude mit den großen Augen begegnet, nähern sie<br />
sich zunächst einander an wie tagtäglich viele Frauen – mit Sympathie<br />
und ähnlichen Sorgen. Sie lachen zusammen über ihre Erfahrungen<br />
als Ehefrauen. Sie machen sich gegenseitig Komplimente über ihre gut<br />
in Schuss gehaltenen Körper. Erst auf einer gemeinsamen Reise stellt<br />
sich der Verdacht ein, es könne sich um romantische Liebe handeln,<br />
es ginge um Verlangen, Sinnlichkeit, gar Sex – und um all die Kämpfe<br />
einer regelrechten Amour Fou. Bin ich’s oder bin ich’s nicht? Diese<br />
Frage reißt die eher bürgerliche Marion in eine tiefe Verunsicherung.<br />
Coming-Out. Out Of The Blue. Wird Marion herauskommen?<br />
Normalerweise ist beim Verlieben die Welt doch ein einziges Ja.<br />
Ja zur begehrten Person, Ja zur Welt, Ja zu allem, was den anderen<br />
oder die andere ausmacht. Ja, ja, ja. Die Liebe zwischen Marion und<br />
Claude hingegen beginnt mit einem Nein. Von beiden Seiten. Denn<br />
Marion will nicht lesbisch sein, und Claude, die in Trauer ist, will<br />
nicht noch einmal solche Schmerzen erleben. Diese Liebe hier überfällt<br />
die Frauen nicht wie ein Raubtier, benimmt sich eher wie ein<br />
scheues Reh. Für’s Erste verursacht sie Rückzug und Kontaktabbruch.<br />
Und selbst später, nach der ersten gemeinsamen Nacht, fühlt Marion<br />
sich immer noch fremd in dieser Gleichgeschlechtlichkeit. „Ich fühle<br />
mich wie ein Mutant“, sagt sie zu Claude. Dabei steht Marion sonst<br />
selbstbewusst im Leben, arbeitet engagiert als Lehrerin. Statt sich in<br />
ihre Gefühle fallen zu lassen, reflektiert sie darüber. Auch ihrer Toch-<br />
10<br />
EDiTioN SALzGEBEr<br />
ter will sie es nicht sagen. Am Ende hilft ein schwerer Unfall den beiden,<br />
sich füreinander zu entscheiden.<br />
Out Of The Blue ist in gewisser Weise ein politischer Liebesfilm.<br />
Regisseur Alain Tasma verstand sich schon zuvor als politischer <strong>Film</strong>emacher,<br />
als er einen dokumentarischen Spielfilm über das französische<br />
Nationaltabu des 17. Oktober 1961 drehte, den Tag des Massakers<br />
französischer Polizisten an Hunderten algerischer Demonstranten.<br />
La Surprise, so der Originaltitel, ist kein Lesbenfilm für das<br />
Independent-Kino, sondern einer für ein breiteres TV-Publikum. So<br />
ist der <strong>Film</strong> durchweg auch ein bisschen Aufklärung, beispielsweise<br />
durch die Abarbeitung von Vorurteilen wie jenen von Marions Ex-<br />
Mann („Dann lass uns einen Dreier machen!“) oder konservativer<br />
Haltungen der Tochter („Ihr widert mich an!“), des Widerstandes<br />
von Marion in sich selbst. Vielleicht wird deshalb manchmal mehr<br />
miteinander geredet als erlebt. Marions und Claudes Sinnlichkeit<br />
füreinander bleibt unter den Kleidern verborgen, die sie öfter an- als<br />
ausziehen, Sexszenen gibt es keine. Es ist ein <strong>Film</strong>, der vor allem den<br />
Prozess einer Bewusstwerdung zeigen will. Eine Frau schwimmt ans<br />
andere Ufer, will manchmal umkehren, manchmal lieber untergehen.<br />
Liebe passiert einfach jenseits von Ideologie, erzählt der <strong>Film</strong>.<br />
Besonders Mireille Perrier als Marion zeigt schmerzhaft und<br />
genau den inneren Kampf einer Frau, die gleichgeschlechtliche Verliebtheit<br />
zunächst als Identitätskrise erlebt.<br />
Die Darstellerin der Claude, Rachida Brakni spielt wiederum dramatisch<br />
herb und extrem verletzbar die ganz normale Furcht eines<br />
Menschen, sich nach einer kaum überstandenen großen Liebe neu<br />
auf jemanden einzulassen. So sind die Hindernisse beidseitig, aber<br />
auch die Annäherungen. Wenn die eine das letzte Mal den Kontakt<br />
abbrach, knüpft ihn die andere neu. Zu Ende ist es nie. s<br />
Out Of The Blue<br />
von Alain Tasma<br />
FR 2007, 90 Minuten, OmU<br />
Edition Salzgeber, www.salzgeber.de<br />
Im Kino<br />
L-<strong>Film</strong>nacht am 29. Oktober<br />
www.l-filmnacht.de<br />
L-<strong>Film</strong>nacht<br />
im CinemaxX<br />
Gute <strong>Film</strong>e, lange Nächte, viel L-Gefühl!<br />
Augsburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Berlin Potsdamer Platz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20.00 Uhr<br />
Bielefeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Bremen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Dresden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Essen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
24. SEPTEMBER<br />
Sœur Sourire – Die singende Nonne<br />
von Stijn Coninx<br />
29. OKTOBER<br />
Out Of The Blue<br />
von Alain Tasma<br />
26. NOVEMBER<br />
L-Kurzfi lmnacht<br />
TEILNEHMENDE KINOS UND UHRZEITEN<br />
Freiburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Hamburg-Wandsbek . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Hannover Niko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Kiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Magdeburg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Mannheim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20.15 Uhr<br />
WWW.L-FILMNACHT.DE<br />
Karten unter www.cinemaxx.de<br />
NEU: Einheitlicher Spieltermin<br />
für alle teilnehmenden Kinos!<br />
München. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Offenbach. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Oldenburg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Stuttgart an der Liederhalle . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr<br />
Wuppertal. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21.00 Uhr