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<strong>dvd</strong><br />
Pro-FUn MEDIA<br />
he-maN<br />
von richard Garay<br />
„Sagat hautnah!“ verspricht der Dokumentarfilm von Pascal roche und Jérôme M.<br />
oliveira über Model, Darsteller, Künstler und Undergroundsexsymbol François Sagat. Ein<br />
frommer Wunsch. Auch nur ein vorläufiges resümee zu ziehen, wie es das am 16.6. <strong>auf</strong><br />
DVD erscheinende Sagat-Material vorgibt, ist, ganz in seinem Sinne, hoffnungslos.<br />
s Joe Dallesandro versteht ja bis heute nicht, warum ihn alle so toll finden. Er war halt jung,<br />
nackt und im Film und freute sich, dass man ihm dafür und überhaupt Komplimente machte.<br />
(Die konnte er gut gebrauchen als Heimkind, runaway child, Jugendstraftäter.) Aber eine<br />
Ikone? Ein Sexsymbol?<br />
François Sagat ist über sein Ikonendasein bestens im Bilde. Auch wenn er sich mittlerweile<br />
ein Privatleben wünscht, das zurückgezogen, hinter großen Mauern, mit Freund und Familie<br />
stattfinden sollte, beherrscht er das Spiel der Zurschaustellung perfekt.<br />
Der jungenhafte, natürliche, entspannte Little Joe und der steroidale, hypermaskuline<br />
Titan Sagat? Der Vergleich ist nur <strong>auf</strong> den ersten Blick irritierend. Beide haben in der Erwachsenenunterhaltung<br />
angefangen, der eine als Physique-Pictorial-Modell, der andere als unechter<br />
„Citébeur“ (das Arabische ist bei Sagat völlig fiktiv), sind schließlich zu Underground-Sexsymbolen<br />
geworden und dann noch zu Helden des Arthauskinos. Bis zu Rivette führt der Weg<br />
des einen, zu Honoré der des anderen. (Auch die Zwischenstationen sind vergleichbar, denn<br />
Bruce LaBruce kann man ja tatsächlich den Paul Morissey unserer Zeit nennen.) Da wurde<br />
aus Ikonen noch mal ein eigenes Süppchen gekocht, den Auf-ihren-Körper-Reduzierten Freiräume<br />
eröffnet und von deren Hipness für sich selbst ein wenig Glanz abgestaubt. Sagats<br />
Toupet-Tattoo ist seine Trademark; Dallesandros berühmtes „Little Joe“-Tattoo gibt’s mittlerweile<br />
<strong>auf</strong> T-Shirts.<br />
Und doch – jedes Sexsymbol hat seine Zeit. Und da ist Sagat gerade ein ziemlich spannendes<br />
Beispiel. Wenn sein Körper eine Geschichte erzählt, dann ist es die einer allumfassenden<br />
Selbsterschaffung, durchaus als Rache für die Stigmen, die er in seiner Heimatkleinstadt Cognac<br />
als schwuler, tuntiger Teenie erfahren musste. Da hat eine Verwandlung stattgefunden,<br />
mithilfe von Steroiden, Sex und Undergroundregisseuren. Letztere erzählen von Disziplin und<br />
Intelligenz, Psychologen von Geschlechterrollenübertreibung und -inszenierung (Marilyns<br />
Titten = Sagats Arsch) und Pornofilmproduzenten von Klassik und Exotik. Was Sagat dazu<br />
selbst erzählt, ist viel spannender und lässt sein Bild noch mal ganz anders schillern: Tatsächlich<br />
bezeichnet er sich als Transsexuellen, der nach seiner <strong>Sissy</strong>-Jugend zwei Optionen gehabt<br />
hätte: endweder eine „richtige Frau“ oder ein „richtiger Mann“ zu werden. Letzteres war sein<br />
Weg und wurde mit allen nur greifbaren Hilfsmitteln erreicht. Am Ende kann er es als eigene<br />
Leistung erklären, das Objekt der Begierde anderer zu sein.<br />
Joe Dallesandro sollte immer so aussehen, als sei ihm seine Schönheit gar nicht bewusst.<br />
François Sagat muss beim Modellieren seines Körpers seinen Bewunderern und Inszenierern<br />
immer einen Schritt voraus sein, ein <strong>auf</strong> ewig mit sich selbst beschäftigter „Megalomaniac“<br />
(Sagat). Und das weiß er alles und deshalb wird ihm auch kein Dokumentarfilm nahe kommen.<br />
Ein weithin sichtbares Rätsel zu bleiben, darum geht’s. s<br />
Sagat<br />
von Pascal Roche und Jérôme M. Oliveira<br />
FR 2011, 120 Min, OmU<br />
Auf DVD bei Pro-Fun Media,<br />
www.pro-fun.de<br />
34 35<br />
<strong>dvd</strong>