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Neu auf dvd - Sissy

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kino kino<br />

EDITIon SALzGEBEr<br />

<strong>auf</strong>RuhR Im<br />

hYPothalamuS<br />

von Jenni Zylka<br />

Ein Film, wie man ihn aus Deutschland nicht erwartet. Comic-<br />

Autorin ziska riemann hat zusammen mit Luci van org<br />

eine sehr besondere Mädchenfreundschaft <strong>auf</strong> die Leinwand<br />

gezeichnet und „Lollipop Monster“ ist ein herrliches Geschöpf<br />

geworden, ein quietschbuntes Kuddelmuddel mit dunklen<br />

Abgründen, das nach der erfolgreichen Berlinale-Ur<strong>auf</strong>führung<br />

am 25. August in die Kinos kommt.<br />

s Als Teenie war alles dramatisch. Man hasste in glänzendem<br />

Schwarz, liebte in feurigem Rot, neidete in schmerzhaftem Gelb und<br />

schwärmte in sirupartigem Pink. Sämtliche Erziehungsberechtigte<br />

verhielten sich bescheuert, Eltern, erwachsene Verwandte, Lehrer<br />

sowieso, größere Geschwister im Zweifelsfall auch, doch wenn man<br />

Glück hatte, dann konnte man sich <strong>auf</strong> die beste Freundin verlassen:<br />

Die hatte schließlich die gleichen doofen Eltern (sogar wenn sie<br />

ganz anders waren), und die war natürlich die einzige, die einen verstand.<br />

Ziska Riemann hat aus diesem Zustand einen Film gemacht. Mit<br />

Schreibhilfe ihrer Schulfreundin, der Musikerin, Schauspielerin und<br />

Autorin Luci van Org, beschreibt sie jene widersprüchliche, emotional<br />

<strong>auf</strong>geladene Lebensphase, die die meisten Menschen <strong>auf</strong> dem Weg<br />

zum rationalen Erwachsenen verwirrte. Lollipop Monster erzählt<br />

die Welt der Teenage Angst und Teenage Lust, und er erzählt so subjektiv,<br />

sprunghaft und glänzend, wie man seine Umgebung eben mit<br />

15 wahrnimmt. Die Geschichte von Oona und Ari, die eine dunkelhaarig,<br />

die andere blond, die eine mit schwarz gekleideten Künstlereltern,<br />

die andere mit Kawaii-Mama und Hypochonderbruder, ist eine<br />

Geschichte über Außenseiter. Die beiden Mädchen nähern sich an,<br />

nachdem Oonas Vater sich – vielleicht aus Eifersucht über die Affäre<br />

seiner Frau mit seinem Bruder – umgebracht hat. Oona zeigt Ari, wie<br />

herzerfrischend offen nach außen getragener Hass sein kann, Ari ist<br />

für Oona eine Freundin, <strong>auf</strong> die sie – zumindest anfangs – in schlechten<br />

Zeiten bauen kann.<br />

Unstet wie pubertäre Stimmungsschwankungen wechselt der<br />

Film von der Story in Musikclips, vom Spielfilm über Super8 in eine<br />

Comicästhetik. Egal, wann man jung war, ob zu Tolle-, Flattop-,<br />

Föhnwelle- oder Stachelfrisurzeiten, egal, ob die Eltern einem Rolling<br />

Stones, Joy Division oder Chicago House verbieten wollten:<br />

Riemanns Film, bei dem die Berliner Comiczeichnerin, Autorin und<br />

Musikerin erstmalig Regie führte, versucht, das globale Pubertistinnengefühl<br />

einzufangen, und es in der gleichen Windstärke bildlich<br />

umzusetzen, in der es subjektiv empfunden wird. Sie hat dazu Musik<br />

er- und gefunden, die das Außenseitermotiv illustriert: die imaginäre<br />

Oona- und Ari-Lieblingsband „Tier“, deren Sänger aussieht wie der<br />

Voodoo-Priester Baron Samedi (aus James Bond – Leben und sterben<br />

lassen), und die in Rammstein-Manier rocken, nur mit mehr Gitarre,<br />

besingen „Trieb, Lust und Instinkt“. Eine andere der vielen Musikeinlagen<br />

zeigt strippende Barbiemädchen beim Teddypeitschen. Wer das<br />

ein bisschen protzig und übertrieben findet, hat Recht. Aber es geht<br />

hier schließlich um Aufruhr im Hypothalamus.<br />

Dass es für die Bebilderung dieses Aufruhrs nicht nur eine, sondern<br />

zwei Protagonistinnen braucht, zeigt neben dem Freundschaftsmo-<br />

14 15

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