Ausgabe 5 / 2012 - technik + EINKAUF

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Einkaufs-Praxis Bild: Dock Rabe-fotolia.com Scoring-Verfahren entscheiden über Kreditvergabe im Einkauf Automatisierte Bonitätsprüfung trifft immer häufiger auch die Beschaffung Einkäufer werden sich an die automatisierte Ermittlung ihrer Kreditwürdigkeit oder Bonität offensichtlich erst noch gewöhnen müssen. Doch die Vorfinanzierung der Einkäufe wirkt sich auch auf das Gesamtergebnis aus. Wenn unter bankseitiger Effizienz während der Vorbereitung zu einer Kreditentscheidung die jeweilige Kundenbeziehung nicht leidet, hat der verantwortliche Einkäufer kaum Grund zur Klage. Allerdings dürfte hierzu noch erhebliche Aufklärung erforderlich sein, wie der folgende Fall zeigt. Rüdiger G., Geschäftsführer und Einkäufer eines Mittelstandsbetriebes in einer Person, war bisher der festen Überzeugung, sich mittlerweile in die wichtigsten Details der in den vergangenen Jahren mehrmals geänderten Kreditvergaberichtlinien seiner Hausbank eingearbeitet zu haben. Mehr noch: er sah sich sogar weitgehend in der Lage, das Bankenrating, also die Kreditbeurteilung seines Betriebes, weitgehend nachvollziehen zu können. Dieser Überzeugung ist er sich mittlerweile aber keineswegs mehr sicher, da ihm vom Kundenberater seiner Bank während des kürzlich erfolgten Bilanzgesprächs mitgeteilt wurde, dass sich sein „Score“ negativ verändert habe und er doch bitte über zusätzliche Sicherheiten nachdenken solle. Sollten keine werthaltigen Sicherheiten zur Verfügung stehen, müsse G. beim Überziehungskredit auf dem Geschäftskonto mit (noch) höheren Kreditzinsen rechnen. Derzeit zahlt G. 11 % Zinsen p.a. bei meist vollständiger Ausnutzung des Kreditrahmens von 80 000 Euro. Diese hohe Inanspruchnahme ist im Wesentlichen durch die Vorfinanzierung eines Großteils seiner Einkäufe bedingt. Besonders verärgerte es G., weil der Kundenberater während des Gesprächs eindeutig davon ausging, dass er mit dem Begriff des „Scoring“ etwas anzufangen weiß, obwohl dieser von seiner Hausbank davon bisher noch nichts gehört hat. Es hat also weder eine schriftliche Information noch eine persönliche oder telefonische Erläuterung zu diesem Thema gegeben. Darauf von G. angesprochen, reagierte der Bankmitarbeiter überrascht. Immerhin, so argumentierte er, „sei das Ganze doch nichts Neues. Schließlich beinhalten Scoringsysteme grundsätzlich das Gleiche wie andere Bonitätsbeurteilungen auch.“ Immerhin räumt er aber ein, dass nicht nur G., sondern auch Verantwortliche anderer Betriebe die Methodik des Kreditscoring nicht in allen Einzelheiten zu kennen scheinen. Gewöhnungsbedürftig ist danach vor allem die weitgehend automatisierte Ermittlung der jeweiligen Kreditwürdigkeit des Kunden. Worum geht es also im Einzelnen Ziel des Scorings ist eine, soweit möglich, weitgehend objektive und zutreffende Vorhersage über die Kreditwürdigkeit oder Bonität des Kreditnehmers. Die dazu erforderliche Basis ist die Analyse bestimmter Kreditnehmermerkmale, die 28 technik+EINKAUF · 05 2012

Einkaufs-Praxis mit Hilfe statistisch-mathematischer Methoden ermittelt werden. Anwender versprechen sich durch die Anwendung von Scoring-Verfahren offenbar eine höhere Ergebnisrelevanz als bei Kreditbeurteilungen durch die jeweils dafür zuständigen Bankmitarbeiter mit ihren persönlichen Kundenerfahrungen und den damit verbundenen oft langjährigen Kundenund Kredithistorien. Zu diesen wesentlichen Kreditnehmermerkmalen gehören neben persönlichen Daten des Kunden Informationen von Auskunfteien sowie Erfahrungswerte aus der bisherigen Geschäftsbeziehung mit dem Kunden. Diese beinhalten neben der Dauer der Geschäftsbeziehung vor allem die Qualität der Kontoführung wie etwa dem Kundenverhalten bei Kontoüberziehungen sowie die bisherigen Krediterfahrungen mit dem Kontoinhaber. Hinzu kommt die Analyse der wirtschaftlichen Situation des Betriebes, bei der vor allem die Positionen des Jahresabschlusses berücksichtigt und bewertet werden. Im Ergebnis steht ein Punktwert. Zurück zu G.: Die Verschlechterung des Scores ist auf seine veränderte Einnahmesituation zurückzuführen, die wiederum durch die Wirtschaftskrise verursacht wurde. Diesem Problem versucht G. derzeit mit einem von seinem Steuerberater entwickelten Konzept mit dem Ziel einer Kostenreduzierung entgegenzuwirken. Er geht davon aus, dass sich sein Score nach einer entsprechenden Umsetzungsphase dieses Konzeptes auch wieder verbessern wird. Dafür spricht übrigens auch die abschließende Bemerkung des Bankmitarbeiters. Durch die „permanente Weiterentwicklung“ des Scoring-Verfahrens ist es nach seiner Aussage möglich, dort auch kurzfristig positive Veränderungen in der wirtschaftlichen Situation des Kreditnehmers einfließen zu lassen, die den Score verbessern können. Auch die Frage von G., wie es mit der Datensicherheit aussieht, wurde von seinem Gesprächspartner deutlich beantwortet. Danach erfolgt „wie auch bei anderen kundenrelevanten Daten keine Weitergabe. Es sei denn, der Kunde hat einer Weitergabe zugestimmt oder es besteht eine gesetzliche Auskunftspflicht der Bank.“ Vorteile des Kreditscoring: ■ durch die Standardisierung werden persönliche Präferenzen des beurteilenden Kreditsachbearbeiters weitgehend ausgeschaltet; ■ das Verfahren ist objektiv nachvollziehbar; ■ bei regelmäßiger Überprüfung bzw. Anpassung des jeweiligen Scoring- Verfahrens kann auf veränderte Kundenverhältnisse relativ schnell reagiert werden; ■ der Kreditentscheidungsprozess wird für den Kreditgeber durch die Automatisierung wirtschaftlicher und kann somit Ressourcen beispielsweise für zusätzliche Beratung freisetzen. Nachteile des Kreditscoring: ■ der Gesamteindruck des Kreditnehmers, der über die erwähnte Standardisierung hinausgeht und der vor allem durch die persönlichen Erfahrungen des Kreditinstitutes mit seinem Kunden geprägt ist, wird in der Regel nicht berücksichtigt; ■ möglicherweise unvollständige Datenerhebungen können Einfluss auf das Ergebnis haben; ■ da Scoringverfahren nicht jedem Betriebsinhaber bekannt sind, kann es zu Akzeptanzproblemen mit der Folge einer Belastung der Kunde-Bank-Beziehung kommen. Fazit Im Ergebnis ist es wichtig, sich regelmäßig über die jeweilige Scoring-Note zu informieren. Eventuelle Verschlechterungen sollten mit dem Bankansprechpartner beredet und konsequent abgearbeitet werden. Dazu muss die Bank ihren Teil leisten, indem sie die einzelnen Punkte, die den Negativscore bestimmen, detailliert nennt und konkrete Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigt. Michael Vetter Lösungen ohne Limit Halle 9, Stand 9225 02_gt_bd_zw Zwischentitel 02_gt_bd_zw Zwischentitel Sie wollen mehr als nur den Standard Unterschiedliche Geometrien, zwei Winkelsätze, viele Möglichkeiten im An- und Abtrieb: Kombinieren Sie Ihr Optimum — mit dem neuen Neugart Construction Kit! Für nahezu jede Anwendung, für Ihre spezielle Anforderung, im optimalen Preis-/Leistungsverhältnis. Weitere Informationen unter www.neugart.de/conkit oder QR-Code scannen. Neugart GmbH • Keltenstraße 16 • D-77971 Kippenheim • Tel. 0 78 25/847-0 • Fax 0 78 25/847-29 99 • sales@neugart.de • www.neugart.de technik+EINKAUF · 05 2012 29

Einkaufs-Praxis<br />

mit Hilfe statistisch-mathematischer Methoden<br />

ermittelt werden. Anwender versprechen<br />

sich durch die Anwendung von<br />

Scoring-Verfahren offenbar eine höhere<br />

Ergebnisrelevanz als bei Kreditbeurteilungen<br />

durch die jeweils dafür zuständigen<br />

Bankmitarbeiter mit ihren persönlichen<br />

Kundenerfahrungen und den damit<br />

verbundenen oft langjährigen Kundenund<br />

Kredithistorien.<br />

Zu diesen wesentlichen Kreditnehmermerkmalen<br />

gehören neben persönlichen<br />

Daten des Kunden Informationen von<br />

Auskunfteien sowie Erfahrungswerte aus<br />

der bisherigen Geschäftsbeziehung mit<br />

dem Kunden. Diese beinhalten neben der<br />

Dauer der Geschäftsbeziehung vor allem<br />

die Qualität der Kontoführung wie etwa<br />

dem Kundenverhalten bei Kontoüberziehungen<br />

sowie die bisherigen Krediterfahrungen<br />

mit dem Kontoinhaber. Hinzu<br />

kommt die Analyse der wirtschaftlichen<br />

Situation des Betriebes, bei der vor allem<br />

die Positionen des Jahresabschlusses berücksichtigt<br />

und bewertet werden. Im Ergebnis<br />

steht ein Punktwert.<br />

Zurück zu G.: Die Verschlechterung<br />

des Scores ist auf seine veränderte Einnahmesituation<br />

zurückzuführen, die<br />

wiederum durch die Wirtschaftskrise verursacht<br />

wurde. Diesem Problem versucht<br />

G. derzeit mit einem von seinem Steuerberater<br />

entwickelten Konzept mit dem<br />

Ziel einer Kostenreduzierung entgegenzuwirken.<br />

Er geht davon aus, dass sich<br />

sein Score nach einer entsprechenden<br />

Umsetzungsphase dieses Konzeptes auch<br />

wieder verbessern wird. Dafür spricht<br />

übrigens auch die abschließende Bemerkung<br />

des Bankmitarbeiters. Durch die<br />

„permanente Weiterentwicklung“ des<br />

Scoring-Verfahrens ist es nach seiner<br />

Aussage möglich, dort auch kurzfristig<br />

positive Veränderungen in der wirtschaftlichen<br />

Situation des Kreditnehmers<br />

einfließen zu lassen, die den Score verbessern<br />

können.<br />

Auch die Frage von G., wie es mit der<br />

Datensicherheit aussieht, wurde von seinem<br />

Gesprächspartner deutlich beantwortet.<br />

Danach erfolgt „wie auch bei anderen<br />

kundenrelevanten Daten keine Weitergabe.<br />

Es sei denn, der Kunde hat einer Weitergabe<br />

zugestimmt oder es besteht eine<br />

gesetzliche Auskunftspflicht der Bank.“<br />

Vorteile des Kreditscoring:<br />

■ durch die Standardisierung werden<br />

persönliche Präferenzen des beurteilenden<br />

Kreditsachbearbeiters weitgehend<br />

ausgeschaltet;<br />

■ das Verfahren ist objektiv nachvollziehbar;<br />

■ bei regelmäßiger Überprüfung bzw.<br />

Anpassung des jeweiligen Scoring-<br />

Verfahrens kann auf veränderte Kundenverhältnisse<br />

relativ schnell reagiert<br />

werden;<br />

■ der Kreditentscheidungsprozess wird<br />

für den Kreditgeber durch die Automatisierung<br />

wirtschaftlicher und kann<br />

somit Ressourcen beispielsweise für<br />

zusätzliche Beratung freisetzen.<br />

Nachteile des Kreditscoring:<br />

■ der Gesamteindruck des Kreditnehmers,<br />

der über die erwähnte Standardisierung<br />

hinausgeht und der vor allem<br />

durch die persönlichen Erfahrungen<br />

des Kreditinstitutes mit seinem<br />

Kunden geprägt ist, wird in der Regel<br />

nicht berücksichtigt;<br />

■ möglicherweise unvollständige Datenerhebungen<br />

können Einfluss auf<br />

das Ergebnis haben;<br />

■ da Scoringverfahren nicht jedem Betriebsinhaber<br />

bekannt sind, kann es<br />

zu Akzeptanzproblemen mit der Folge<br />

einer Belastung der Kunde-Bank-Beziehung<br />

kommen.<br />

Fazit<br />

Im Ergebnis ist es wichtig, sich regelmäßig<br />

über die jeweilige Scoring-Note zu informieren.<br />

Eventuelle Verschlechterungen<br />

sollten mit dem Bankansprechpartner beredet<br />

und konsequent abgearbeitet werden.<br />

Dazu muss die Bank ihren Teil leisten,<br />

indem sie die einzelnen Punkte, die<br />

den Negativscore bestimmen, detailliert<br />

nennt und konkrete Verbesserungsmöglichkeiten<br />

aufzeigt. Michael Vetter<br />

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Halle 9,<br />

Stand 9225<br />

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Sie wollen mehr als nur den Standard<br />

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