Die Achsschenkellenkung und andere Fahrzeug-Lenksysteme
Die Achsschenkellenkung und andere Fahrzeug-Lenksysteme
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In der Tat schien die <strong>Achsschenkellenkung</strong> nicht nur bei den eher<br />
konservativen Wagenbauern <strong>und</strong> deren K<strong>und</strong>en in Vergessenheit geraten<br />
zu sein. Auch allgemeintechnische Nachschlagewerke <strong>und</strong> Wagenbau-<br />
Literatur gingen nicht mehr auf Lankenspergers Lenkung ein 41 . Einer der<br />
Gründe wird darin gelegen haben, daû die Drehkranzlenkung den<br />
Ansprüchen des Wagenbaus genügte. Damit erübrigten sich Experimente<br />
mit der <strong>Achsschenkellenkung</strong>. Parallelen drängen sich auf: Luftbereifung<br />
42 <strong>und</strong> hydraulische Bremsanlage 43 , 1845 bzw. 1895 für pferdegezogene<br />
Wagen erf<strong>und</strong>en, waren komplizierter <strong>und</strong> teurer als Eisenbereifung<br />
<strong>und</strong> mechanische Bremsvorrichtungen <strong>und</strong> konnten sich erst ab 1896 bzw.<br />
ab 1921 im technisch anspruchsvolleren Automobil durchsetzen. So war<br />
es auch mit der <strong>Achsschenkellenkung</strong>.<br />
7.4 Lenkkonstruktionen ohne Ackermann-Winkel<br />
Weil damals die Informationsmöglichkeiten unterentwickelt, die Unlust,<br />
sich zu informieren, dagegen weit verbreitet waren, kam es zu Zweit- <strong>und</strong><br />
Dritterfindungen bzw. zu Wiederholungen von Erfindungen bereits<br />
gelöster technischer Probleme. Nicht immer also können Raubkopien<br />
<strong>und</strong> Patentumgehungen unterstellt werden. Theoretische Erkenntnisse,<br />
die an einem Ort <strong>und</strong> in einem Gewerbe schon bekannt waren, blieben<br />
andernorts <strong>und</strong> in <strong>andere</strong>n Branchen unbekannt.<br />
Nach Dampfschiff <strong>und</strong> Eisenbahn konzentrierten sich Erfindungen <strong>und</strong><br />
Kapitaleinsatz im England des beginnenden 19. Jahrh<strong>und</strong>erts auf den<br />
Straûen-Dampfwagen. Er löste den pferdegezogenen Wagen als Technikträger<br />
ab. <strong>Die</strong> Dampfwagenbauer behalfen sich mit der vom Pferdewagen<br />
sattsam bekannten Schwenkachse oder konstruierten neue, nicht selten<br />
skurrile Lenkvorrrichtungen. Auf Lankenspergers <strong>Achsschenkellenkung</strong><br />
griff zunächst niemand zurück, ¹the Ackermann-steering arrangement<br />
was apparently forgottenª 44 .<br />
Wie hemmend sich der kaum entwickelte Austausch von Informationen<br />
auswirkte, zeigt folgende Kurzchronik:<br />
* 1827 versah Goldsworthy Gurney seine drehschemelgelenkte Dampf-<br />
Coach45 zusätzlich mit zwei reibnagelgelenkten Piloträdern <strong>und</strong> muû<br />
damit, weil die Verlängerungen der drei Achsen nicht in einem Punkt<br />
zusammenfielen, die Lenkeigenschaften seines Gefährts verschlechtert<br />
haben �Abb. 38).<br />
* 1828 plante OnØsiphore Pecqueur für seinen vierrädrigen Dampflastwagen,<br />
den er nie gebaut hat, eine achsschenkellose Einzelrad-<br />
�Gabel)Lenkung mit Lenkhebeln <strong>und</strong> Spurstange, erfüllte aber nicht<br />
das Kriterium sich in einem Punkt schneidender Radachsverlängerungen46<br />
.<br />
* 1832 unterteilten Joseph Gibbs <strong>und</strong> William Chaplin beide Achsen<br />
eines Anhängers <strong>und</strong> ersetzten sie durch eine Vierrad-<strong>Achsschenkellenkung</strong>47<br />
. Weil kurveninnere <strong>und</strong> kurvenäuûere Räder um den<br />
gleichen Winkel einschlugen, war ein solches Gefährt nur unter<br />
Schleifen, Geräuschentwicklung <strong>und</strong> Kraftaufwand in eine Kurve zu<br />
zwingen �Abb. 39).<br />
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