s Politische Strategien gegen die extreme Rechte in Parlamenten
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Benno Hafeneger und Sven Schönfelder<br />
<strong>Politische</strong> <strong>Strategien</strong><br />
<strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>Parlamenten</strong><br />
Folgen für kommunale Politik<br />
und lokale Demokratie<br />
Forum Berl<strong>in</strong>
<strong>Politische</strong> <strong>Strategien</strong> <strong>gegen</strong> <strong>die</strong><br />
<strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> <strong>in</strong> <strong>Parlamenten</strong><br />
Folgen für kommunale Politik und lokale Demokratie<br />
Benno Hafeneger und Sven Schönfelder<br />
Philipps-Universität Marburg/Lahn<br />
Fachbereich Erziehungswissenschaften<br />
Institut für Erziehungswissenschaft<br />
E<strong>in</strong>e qualitative Stu<strong>die</strong><br />
im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung ,<br />
Forum Berl<strong>in</strong>
Herausgegeben von der Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berl<strong>in</strong><br />
Redaktionelle Bearbeitung: Dr. Dietmar Molthagen<br />
Copyright 2007 by Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Berl<strong>in</strong><br />
Hiroshimastr. 17, 10785 Berl<strong>in</strong><br />
Umschlaggestaltung: Pellens Kommunikationsdesign, Bonn<br />
Satz und Druck: Wagemann Me<strong>die</strong>n GmbH<br />
ISBN: 978-3-89892-831-1
Inhalt<br />
Vorwort....................................................................................................5<br />
1 Stand der Forschung und Diskussion............................................9<br />
2 Erkenntnis<strong>in</strong>teresse und Anlage der Untersuchung...................21<br />
3 Das Untersuchungsfeld – Kommunale Strukturdaten<br />
und politische Situation................................................................27<br />
3.1 Ehr<strong>in</strong>gshausen und Wölfersheim <strong>in</strong> Mittelhessen...........................27<br />
3.2 Ludwigshafen und Pirmasens <strong>in</strong> der Pfalz......................................35<br />
3.3 Königste<strong>in</strong> und Sebnitz <strong>in</strong> der Sächsischen Schweiz......................42<br />
3.4 Stralsund und Anklam <strong>in</strong> Vorpommern...........................................48<br />
4 Ergebnisse der empirischen Untersuchung................................57<br />
4.1 Wahlerfolg und Auftreten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
<strong>in</strong> der Stadt/Geme<strong>in</strong>de.....................................................................59<br />
4.2 Wahrnehmung der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n im Kommunalparlament.....71
4.3 Umgang der demokratischen Parteien mit der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n im Parlament......................................................79<br />
4.4 Änderungen der „parlamentarischen Spielregeln“..........................91<br />
4.5 Wahrnehmung der parlamentarischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der Bevölkerung nach E<strong>in</strong>schätzung<br />
der demokratischen Parteien...........................................................97<br />
4.6 Zivilgesellschaftliches Engagement <strong>in</strong> der Stadt/Geme<strong>in</strong>de.........103<br />
4.7 Maßnahmen <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> aus Sicht der<br />
demokratischen Parteien...............................................................110<br />
4.8 Fazit der empirischen Untersuchung.............................................123<br />
5 Kommunale Politik im Umgang mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n.<br />
E<strong>in</strong> Leitfaden zur Problemanalyse und Strategieentwicklung....127<br />
6 Lokale Demokratie als politisch-sozialer Interaktionsraum.<br />
E<strong>in</strong> Ausblick auf kommunale Handlungsoptionen...................139<br />
7 Literatur.......................................................................................149<br />
8 Anhang.........................................................................................157
Vorwort<br />
Die Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem parlamentsorientieren wie auch mit<br />
dem aktions- und diskursorientierten Rechtsextremismus stellt <strong>die</strong> demokratischen<br />
Parteien <strong>in</strong> der Bundesrepublik vor e<strong>in</strong>e politische und zugleich<br />
gesellschaftliche Herausforderung, <strong>die</strong> sich für <strong>die</strong> Demokratie als<br />
Belastungsprobe erweist und <strong>die</strong> <strong>in</strong> ihrer Reichweite nicht abzuschätzen<br />
ist. Wahlerfolge rechts<strong>extreme</strong>r Parteien haben sich <strong>in</strong> den vergangenen<br />
zwei Jahrzehnten immer wieder e<strong>in</strong>gestellt; sie verhalfen sowohl e<strong>in</strong>er<br />
als eher systemkritisch zu bezeichnenden Partei wie den „Republikanern“<br />
(REP) als auch dezi<strong>die</strong>rt systemoppositionellen Parteien wie der<br />
„Deutschen Volksunion“ (DVU) und der „Nationaldemokratischen Partei<br />
Deutschlands“ (NPD) zum E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> mehrere Kommunal- und Landesparlamente<br />
und führten damit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Regionen zum politischen Aufstieg<br />
der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n. Im wiedervere<strong>in</strong>igten Deutschland zeigt sich<br />
darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e Entwicklung des organisierten Rechtsextremismus,<br />
der se<strong>in</strong>en elektoralen Schwerpunkt wie auch se<strong>in</strong>e parteipolitischen Aktivitäten<br />
zunehmend <strong>in</strong> <strong>die</strong> neuen Bundesländer verlagert.<br />
Während <strong>in</strong> den 1990er Jahren Parteien wie <strong>die</strong> DVU und <strong>die</strong> „Republikaner“<br />
ihre größten Wahlerfolge <strong>in</strong> den alten Bundesländern hatten<br />
(Schleswig-Holste<strong>in</strong> und Bremen bzw. Baden-Württemberg und Hessen),<br />
s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> rechts<strong>extreme</strong>n Parteien von DVU und NPD derzeit vor allem im<br />
östlichen Bundesgebiet erfolgreich. In Sachsen-Anhalt gelang es 1998<br />
der DVU, als erste rechts<strong>extreme</strong> Partei <strong>in</strong> e<strong>in</strong> ostdeutsches Landesparlament<br />
e<strong>in</strong>zuziehen. Gewissermaßen aus dem Stand erzielte <strong>die</strong> Partei<br />
e<strong>in</strong> Rekordergebnis von 12,9 %, ihr bis heute bestes Ergebnis bei e<strong>in</strong>er
Landtagswahl. Mit 5,3 % schaffte <strong>die</strong> DVU e<strong>in</strong> Jahr später auch <strong>in</strong> Brandenburg<br />
den Sprung über <strong>die</strong> Fünf-Prozent-Hürde und konnte <strong>die</strong>sen Erfolg<br />
im Jahr 2004 mit e<strong>in</strong>em leicht verbesserten Resultat von 6,1 % sogar<br />
wiederholen.<br />
Bei der zeitgleich am 19. September 2004 stattf<strong>in</strong>denden Wahl zum<br />
sächsischen Landtag war <strong>die</strong> NPD nicht weniger erfolgreich. Zur Mobilisierung<br />
potentieller Wähler<strong>in</strong>nen und Wähler hatte <strong>die</strong> NPD – ebenso<br />
wie <strong>die</strong> DVU <strong>in</strong> Brandenburg – auf e<strong>in</strong>e Mischung aus Nationalismus,<br />
Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit und Populismus <strong>gegen</strong> „Hartz IV“ und Sozialreformen<br />
gesetzt, mit der sie 9,2 % der abgegebenen Stimmen für sich<br />
verbuchen konnte. Der E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> e<strong>in</strong> weiteres ostdeutsches Landesparlament<br />
gelang der NPD zwei Jahre später <strong>in</strong> Mecklenburg-Vorpommern,<br />
wo sie e<strong>in</strong>en Stimmenanteil von 7,3 % erreichte. Dabei ist anzumerken,<br />
dass <strong>die</strong> NPD <strong>in</strong> beiden Bundesländern bereits zuvor auf kommunaler<br />
Ebene e<strong>in</strong>ige zum Teil deutliche Wahlerfolge hatte. In Sachsen kam <strong>die</strong><br />
NPD bei den Kommunalwahlen vom 13. Juni 2004 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Kommunen<br />
des Landkreises Sächsische Schweiz auf Stimmenanteile von weit<br />
über 20 %.<br />
Die Präsenz und Repräsentanz der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> vielen Kommunalparlamenten<br />
stellt <strong>die</strong> demokratischen Parteien und Fraktionen vor<br />
<strong>die</strong> Frage e<strong>in</strong>er politischen Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Abgeordneten<br />
von DVU, NPD und REP. Es geht um <strong>die</strong> Entwicklung angemessener<br />
Umgangs- und Gegenstrategien, bei denen für <strong>die</strong> konkrete Ausformung<br />
<strong>die</strong> spezifische Situation vor Ort, das heißt im jeweiligen Parlament und<br />
<strong>in</strong> der Kommune, zu berücksichtigen ist. Pauschale Lösungen kann es<br />
nicht geben; es lassen sich aber e<strong>in</strong>ige H<strong>in</strong>weise und Handlungsempfehlungen<br />
für e<strong>in</strong>en (politisch-parlamentarischen) Umgang mit der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n formulieren, anhand derer <strong>die</strong> Kommunalpolitik vor Ort<br />
entweder selbst oder mithilfe fachkundiger Unterstützung von außen e<strong>in</strong>
strategisches Vorgehen bestimmen kann, das auf ihre spezifische lokale<br />
Situation h<strong>in</strong> zugeschnitten ist.<br />
Mit e<strong>in</strong>er qualitativen Problem- bzw. Themenzentrierung will <strong>die</strong> vorliegende<br />
Stu<strong>die</strong> e<strong>in</strong>en wissenschaftlichen Beitrag zur Erhellung des parlamentarisch-kommunalen<br />
Umgangs leisten. Das Erkenntnis<strong>in</strong>teresse der<br />
Untersuchung besteht dar<strong>in</strong>, über <strong>die</strong> Formen sowie über <strong>die</strong> Inhalte und<br />
Qualität der parlamentarischen Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Fraktionen<br />
und Mandatsträgern der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> ausgesuchten Kommunalparlamenten<br />
aufzuklären. Dabei geht es sowohl um <strong>die</strong> empirische Analyse<br />
politischer Umgangs- und Gegenstrategien der beiden großen demokratischen<br />
Parteien als auch um deren Konsequenzen für <strong>die</strong> kommunale<br />
Politik im Umgang mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n sowie um mögliche Folgen<br />
für <strong>die</strong> lokale Demokratie als politisch-sozialer Interaktionsraum.<br />
Das Forschungsprojekt wurde am Institut für Erziehungswissenschaft<br />
der Philipps-Universität Marburg im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
konzipiert und durchgeführt. Erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt<br />
werden <strong>die</strong> Untersuchungsergebnisse im Rahmen e<strong>in</strong>er Diskussionsveranstaltung<br />
der Stiftung am 6. Dezember 2007 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Ausdrücklich<br />
bedanken möchten wir uns für <strong>die</strong> freundliche Zusammenarbeit und tatkräftige<br />
Unterstützung bei Frau Dr. Ir<strong>in</strong>a Mohr und Herrn Dr. Dietmar<br />
Molthagen vom Forum Berl<strong>in</strong> der Friedrich-Ebert-Stiftung.<br />
Benno Hafeneger, Sven Schönfelder<br />
Marburg/Lahn, November 2007
1. Stand der Forschung und Diskussion<br />
Die Frage nach möglichen und angemessenen politischen <strong>Strategien</strong><br />
<strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit rechtsextremistischen und rechtspopulistischen<br />
Parteien ist seit Ende der 1980er Jahre als Folge ihres (erneuten)<br />
E<strong>in</strong>zugs <strong>in</strong> mehrere Kommunalparlamente und Landtage verstärkt <strong>in</strong> den<br />
Fokus von Politik, Wissenschaft und Me<strong>die</strong>n gerückt. Für <strong>die</strong> Parteienforschung<br />
ebenso wie für den politischen Journalismus hat sich damit<br />
e<strong>in</strong> Untersuchungsfeld eröffnet, das e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zwischen wissenschaftlicher<br />
Analyse und politischem Handeln darstellt. Als Konsequenz<br />
aus den mitunter deutlichen Erfolgen der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n bei Kommunal-<br />
und Landtagswahlen im westlichen Bundesgebiet wie auch seit e<strong>in</strong>iger<br />
Zeit vor allem <strong>in</strong> den östlichen Bundesländern werden immer wieder<br />
Dokumentationen, Beispiele und E<strong>in</strong>schätzungen angeboten, mit denen<br />
<strong>die</strong> parlamentarische Repräsentanz der rechts<strong>extreme</strong>n Parteien analysiert<br />
und Entwicklungen <strong>in</strong> der politischen Ause<strong>in</strong>andersetzung mehr oder weniger<br />
differenziert beschrieben werden. Wurde Mitte der 1990er Jahre noch<br />
konstatiert, dass „über parlamentarische Interaktionsmuster zwischen Demokraten<br />
und Extremisten […] im Grunde recht wenig bekannt [ist]“ (Butterwegge/Meier<br />
1997, S. 126), muss <strong>die</strong>se Feststellung <strong>in</strong> Bezug auf den<br />
heutigen Erkenntnis- und Forschungsstand relativiert werden. Mittlerweile<br />
1<br />
Wir verwenden hier den Begriff „<strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong>“, der als Verortung von Organisationen am<br />
äußeren rechten Rand des politischen Spektrums verstanden wird, gleich ob <strong>die</strong>se nun rechtspopulistisch<br />
(systemkonform/systemkritisch wie <strong>die</strong> „Republikaner“) oder rechtsextremistisch (systemfe<strong>in</strong>dlich<br />
wie DVU und NPD) ausgerichtet s<strong>in</strong>d; zum ideologischen Gehalt der Def<strong>in</strong>ition sowie<br />
zum Begriff der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n vgl. u.a. Jaschke 1994; Falter/Jaschke/W<strong>in</strong>kler 1996; Stöss<br />
1989, 2005; M<strong>in</strong>kenberg 1998, 2005.
gibt es e<strong>in</strong>e, wenn auch überschaubare Anzahl empirischer Stu<strong>die</strong>n zur<br />
Parlaments- und Alltagsarbeit sowie zu den Mandatsträgern von DVU,<br />
NPD und REP, <strong>die</strong> darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e Reihe von H<strong>in</strong>weisen oder auch<br />
Empfehlungen für den parlamentarischen – zum Teil auch für den außerparlamentarischen<br />
– Umgang mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n enthalten (vgl.<br />
Butterwegge u.a. 1997; Schmidt 1997; Hafeneger 2000; Staud 2006;<br />
Beier u.a. 2006). Im Folgenden werden <strong>die</strong> bisherigen Erkenntnisse zu<br />
den Aktivitäten und zur Agitation rechts<strong>extreme</strong>r Fraktionen und Mandatsträger<br />
<strong>in</strong> Kommunal- und Länderparlamenten sowie <strong>die</strong> wiederholten<br />
Beobachtungen zur Reaktion der demokratischen Parteien kurz skizziert.<br />
Zum parlamentarischen Auftreten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
Im Rahmen der Entwicklung angemessener parlamentarischer (wie<br />
öffentlicher) Umgangs- und Gegenstrategien muss es zunächst um e<strong>in</strong>en<br />
„differenzierenden Blick auf <strong>die</strong> Tätigkeit der Mandatsträger“ (Butterwegge<br />
1999, S. 179) gehen. Sie lediglich als „Rattenfänger oder als braune<br />
Demagogen“ (ebd., S. 178) zu charakterisieren, blendet nicht nur e<strong>in</strong>e<br />
notwenige Differenzierung aus, sondern be<strong>in</strong>haltet auch <strong>die</strong> Gefahr, ihre<br />
Arbeit und Wirkungen <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bevölkerung bzw. <strong>in</strong> ihr Wählerpotential<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> zu unterschätzen. Zunächst wurden E<strong>in</strong>schätzungen von e<strong>in</strong>er „parlaments-<br />
und politikunfähigen“ <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n präsentiert, <strong>die</strong> sich<br />
durch „Inkompetenz, Des<strong>in</strong>teresse und <strong>in</strong>nerer Zerstrittenheit“ auszeichnet<br />
und allenfalls durch ihre „Provokationen“ oder „propagandistischen<br />
Erfolge“ auffällt (vgl. Lepszy/Veen 1994; Hoffmann/Lepszy 1998). Es<br />
folgten mehrere empirische Stu<strong>die</strong>n, deren Ergebnisse e<strong>in</strong>e notwendige<br />
Differenzierung sowohl zwischen der Politik (Anträge, Anfragen, Reden)<br />
und den Argumentationsmustern/-techniken der kommunalen Mandatsträger<br />
als auch zwischen der Alltagsarbeit von Fraktionen auf der e<strong>in</strong>en<br />
Seite und den nach wie vor existierenden Intrigen und der Untätigkeit und<br />
10
Raffgier von „<strong>in</strong>kompetenten Skandalfraktionen“ auf der anderen Seite<br />
verdeutlichen (vgl. Butterwegge u.a. 1997; Hafeneger 1995, 2000; Beier<br />
u.a. 2006). In e<strong>in</strong>igen Bundesländern (wie <strong>in</strong> Baden-Württemberg, Hessen,<br />
Brandenburg und Sachsen) hatte sich schließlich gezeigt, dass <strong>die</strong><br />
<strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> so schnell nicht von den parlamentarischen Bühnen verschw<strong>in</strong>den<br />
und damit wieder bedeutungslos werden würde. Jenseits e<strong>in</strong>er<br />
Dramatisierung und Bagatellisierung der parlamentarischen Präsenz von<br />
DVU, NPD und REP gibt e<strong>in</strong>e differenzierte Betrachtung ihres (kommunalen)<br />
politischen Handelns fünf Merkmale zu erkennen.<br />
1. Die Fraktionen der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n nutzen <strong>die</strong> Parlamente als<br />
Bühnen und Foren für ihre klassischen Themenbereiche und den damit<br />
verbundenen, immer wiederkehrenden Metaphern. Neben der Ausländer-<br />
und Asylpolitik werden Krim<strong>in</strong>alität und <strong>in</strong>nere Sicherheit ebenso<br />
wie <strong>die</strong> allgeme<strong>in</strong>e wirtschaftliche Lage (Arbeitsplätze, Arbeitslosigkeit)<br />
national bzw. nationalistisch aufbereitet und <strong>in</strong> fremdenfe<strong>in</strong>dliche, rassistische<br />
Ressentiments e<strong>in</strong>gebunden. Die soziale Frage erhält auf <strong>die</strong>se<br />
Weise e<strong>in</strong>e ethnisierende Akzentuierung und Deutung. Themen wie<br />
materielle Abstiegsängste, gefährdeter Wohlstand, hohe Arbeitslosigkeit,<br />
bezahlbare Wohnungen, öffentliche Sicherheit und sozialstaatliche Leistungen<br />
geraten <strong>in</strong> den Vordergrund des Themenhaushalts. Die Ethnisierung<br />
von Ängsten und Problemen macht aus der sozialen e<strong>in</strong>e nationale<br />
Frage, <strong>die</strong> darauf abzielt, e<strong>in</strong> „Klima“ der gesellschaftlichen Akzeptanz<br />
für nationale und soziale Inhalte zu schaffen. Ausländer, Asylbewerber<br />
und „Fremde“ werden als „Sozialschmarotzer“ diffamiert und <strong>in</strong> populistischer<br />
Agitation zu Schuldigen von strukturell und politisch verursachten<br />
Problemlagen und Krisen erklärt sowie <strong>in</strong> aggressiver Weise <strong>gegen</strong> <strong>die</strong><br />
angebliche Vernachlässigung der Interessen und Sorgen der „deutschen<br />
Bevölkerung“ bzw. der „kle<strong>in</strong>en Leute“ ausgespielt. Weiter wird E<strong>in</strong>wanderungs-<br />
und Integrationspolitik mit e<strong>in</strong>er angeblichen Gefährdung der<br />
„<strong>in</strong>neren Ordnung und Sicherheit“ verknüpft, <strong>in</strong>dem Ausländer und Asyl-<br />
11
ewerber bspw. für steigende Krim<strong>in</strong>alität bzw. Gewalt verantwortlich gemacht<br />
werden. Dem folgt der Ruf nach staatlicher Härte (<strong>in</strong> Form von Gesetzen)<br />
und der Durchsetzung e<strong>in</strong>er rigiden Ausländer- und Asylpolitik,<br />
von Sauberkeit und Ordnung <strong>gegen</strong> den angeblichen kulturellen „Verfall“<br />
und „Niedergang“ des deutschen – homogen postulierten – Volkes bzw.<br />
der deutschen „Schutz- und Schicksalsgeme<strong>in</strong>schaft“.<br />
2. Sowohl bei den „Republikanern“ als auch bei DVU und NPD s<strong>in</strong>d<br />
Versuche zu erkennen, das Etikett e<strong>in</strong>er „E<strong>in</strong>-/Zwei-Themenpartei“ abzustreifen<br />
und sich mit Anträgen, Anfragen und Öffentlichkeitsarbeit<br />
zu anderen Politikbereichen und e<strong>in</strong>em breiteren kommunalen Themenspektrum<br />
(Verkehr, Kommunalverwaltung, F<strong>in</strong>anzen, Arbeit, Umwelt,<br />
Wohnungspolitik, soziale Infrastruktur etc.) zu äußern. Dies wird mit<br />
e<strong>in</strong>em Auftreten verbunden, das sich zwischen bieder-brav, moderat und<br />
kämpferisch-agitatorisch bewegt. Somit versucht <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> sich<br />
als <strong>die</strong> lokale nationale Alternative und „wirkliche, deutsch-bürgernahe“<br />
Partei zu präsentieren. Mit der (öffentlichkeitsorientierten) Präsentation<br />
von Fleiß und verme<strong>in</strong>tlicher Seriosität, mit geschickter Taktik und Rhetorik<br />
sowie mit e<strong>in</strong>er „demokratischen Aura“ (als nationale, rechtskonservative<br />
Partei) wird e<strong>in</strong>e Normalisierung und ihre zum<strong>in</strong>dest teilweise Akzeptanz<br />
im Parteien- und Parlamentsgefüge angestrebt. Als „Anwalt der<br />
kle<strong>in</strong>en Leute“ <strong>gegen</strong> „<strong>die</strong> da oben“ s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> verstärkten Aktivitäten (e<strong>in</strong>e<br />
Vielzahl von Anträgen und Anfragen) der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n mit dem<br />
H<strong>in</strong>weis auf ihre parlamentarischen Kontroll- und Oppositionspflichten<br />
versehen. Nach ihrer Selbste<strong>in</strong>schätzung s<strong>in</strong>d sie schließlich „<strong>die</strong> E<strong>in</strong>zigen“,<br />
<strong>die</strong> sich ernsthaft um <strong>die</strong> Sorgen und Probleme der (deutschen)<br />
Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger kümmern, wodurch ihnen <strong>in</strong> der „e<strong>in</strong>heimischen<br />
Bevölkerung“ e<strong>in</strong> Vertrauen ent<strong>gegen</strong>gebracht und politisch-parlamentarische<br />
Kompetenz besche<strong>in</strong>igt würde.<br />
12
3. Trotz des Strategiewandels der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n und der veränderten<br />
Selbst<strong>in</strong>szenierung erweisen sich viele ihrer Fraktionen nach wie<br />
vor als „faul, <strong>in</strong>kompetent und zerstritten“; sie schweigen, zeigen sich<br />
überfordert, s<strong>in</strong>d nicht anwesend und verb<strong>in</strong>den ihre Tätigkeit häufig<br />
mit e<strong>in</strong>em unverfrorenen Ausnutzen der materiellen Möglichkeiten ihres<br />
Mandats. Ihre Parlaments- und Politikunfähigkeit kommt auch dar<strong>in</strong> zum<br />
Ausdruck, dass sie <strong>in</strong> den kommunalpolitischen Debatten ebenso wie im<br />
parlamentarischen Alltagsgeschäft ke<strong>in</strong>e Rolle spielen. Wenn überhaupt,<br />
dann werden sie höchstens als autoritäre „E<strong>in</strong>-Mann-Aktivität“ wahrgenommen<br />
und lassen nur bei <strong>in</strong>ternen Skandalen <strong>in</strong> Form von Abspaltungen<br />
und Austritten oder bei strafrechtlichen Ermittlungen und Verfahren von<br />
sich hören.<br />
4. Mangels <strong>in</strong>nerparteilicher Demokratie, fehlender lebendiger Parteiarbeit<br />
und e<strong>in</strong>er Kultur abwägender, kompromissorientierter Konfliktlösungen<br />
werden Differenzen und Richtungsstreitigkeiten <strong>in</strong> den<br />
rechts<strong>extreme</strong>n Parteien und Parlamentsfraktionen autoritär „gelöst“; es<br />
herrscht e<strong>in</strong>e rigide Anweisungs- und Entscheidungspolitik der Parteiführung<br />
von oben nach unten. Dieses strukturelle Moment f<strong>in</strong>det sich<br />
auch <strong>in</strong> der kommunalen Parlaments- und Alltagsarbeit wieder: E<strong>in</strong>zelne<br />
Personen dom<strong>in</strong>ieren und nutzen <strong>die</strong> parlamentarische Bühne stärker für<br />
„Polemik und Demagogie“ oder agieren mit „Seriosität und Geschick“<br />
bzw. <strong>in</strong> abgestuften Varianten „moderater Parlamentsarbeit und kämpferischer<br />
Propaganda“.<br />
5. Die Kommunikation <strong>in</strong> der parlamentarischen Alltagsarbeit ist<br />
durch e<strong>in</strong>e anbiedernde „Selbst-Normalisierungsstrategie“ gekennzeichnet;<br />
das Ziel lautet: Anerkennung und Zugehörigkeit. Der Versuch, e<strong>in</strong>e<br />
Alternative rechts von der Union darzustellen, wird vor allem bei den<br />
„Republikanern“ sichtbar. Hier geht es <strong>in</strong>sbesondere um das Kalkül, bei<br />
Abstimmungen geme<strong>in</strong>sam mit dem „bürgerlichen Lager“ aufzutreten,<br />
13
um als „Züngle<strong>in</strong> an der Waage“ punktuell und wiederkehrend e<strong>in</strong>e entscheidende<br />
(quasi Koalitions-)Rolle zu spielen. Als selbst formulierte<br />
„verfassungstreue, demokratische Partei“ werden aus <strong>die</strong>sem Grund<br />
von den „Republikanern“ seit 1994 Bündnisse mit DVU und NPD abgelehnt.<br />
Auf dem Parteitag im Dezember 1994 hatte Rolf Schlierer, damaliger<br />
Fraktionsvorsitzender im Landtag von Baden-Württemberg, <strong>die</strong><br />
Nachfolge von Franz Schönhuber als Parteivorsitzender angetreten und<br />
e<strong>in</strong>e klare Abgrenzungspolitik zu rechtsextremistischen Gruppierungen<br />
(e<strong>in</strong>)gefordert, <strong>die</strong> <strong>in</strong>tern allerd<strong>in</strong>gs bis heute nicht unumstritten ist. So<br />
musste Schlierer zuletzt im Oktober 2004 <strong>die</strong> Öffentlichkeit, aber <strong>in</strong><br />
erster L<strong>in</strong>ie wohl <strong>die</strong> Mitglieder se<strong>in</strong>er eigenen Partei, darauf h<strong>in</strong>weisen,<br />
dass <strong>die</strong> „Republikaner“ <strong>die</strong> Teilnahme an e<strong>in</strong>er von DVU und NPD<br />
<strong>in</strong>itiierten „rechten Volksfront“, dem sogenannten „Deutschlandpakt“,<br />
strikt ablehnen. Dieser Abgrenzungskurs wird jedoch nicht von allen<br />
Mitgliedern und Funktionären unterstützt und hat <strong>in</strong> der Folgezeit zu<br />
mehreren Aus- und Übertritten (vor allem <strong>in</strong> Richtung NPD) geführt.<br />
Partei<strong>in</strong>terne Streitigkeiten um <strong>die</strong> politische Ausrichtung der „Republikaner“<br />
hatten sich bereits <strong>in</strong> den Jahren zuvor negativ auf <strong>die</strong> Mitgliederzahl<br />
ausgewirkt. Von den – nach Angaben der Parteiführung – e<strong>in</strong>st<br />
25 000 Mitgliedern (Ende Dezember 1989) s<strong>in</strong>d der Partei noch etwa<br />
6 000 (2006) geblieben; so hat sich bspw. im Vergleich zum Jahr 1999<br />
(14 000) <strong>die</strong> Anzahl ihrer Mitglieder nahezu um <strong>die</strong> Hälfte reduziert<br />
(vgl. Backes/Jesse 1996, S. 118; Bundesm<strong>in</strong>isterium des Innern 2001,<br />
2007). In der Konkurrenz zu DVU und NPD – im Spannungsfeld von<br />
nationalkonservativ bis rechtsextrem – stecken <strong>die</strong> „Republikaner“, fast<br />
25 Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1983, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er tiefen Krise. E<strong>in</strong><br />
Mitgliederschwund ist allerd<strong>in</strong>gs auch bei der DVU festzustellen, deren<br />
Anhängerschaft sich zwischen 1999 und 2006 von geschätzten 17 000<br />
auf etwa 8 500 stark verr<strong>in</strong>gert hat. Die NPD konnte im selben Zeitraum<br />
ca. 1 000 neue Mitglieder h<strong>in</strong>zugew<strong>in</strong>nen und kommt aktuell auf e<strong>in</strong>e<br />
Mitgliedschaft von etwa 7 000 Personen; bemerkbar macht sich hier<br />
14
ansche<strong>in</strong>end der Zulauf aus der Neonazi-Szene und den sogenannten<br />
Kameradschaften (vgl. Bundesm<strong>in</strong>isterium des Innern 2000, 2007).<br />
Zum parlamentarischen Umgang mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
Aus der Betrachtung des parlamentarischen Auftretens von DVU, NPD<br />
und REP wird ersichtlich, dass <strong>die</strong> demokratischen Parteien mit e<strong>in</strong>er Situation<br />
konfrontiert s<strong>in</strong>d, für deren Handhabung es ke<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>gültiges<br />
Patentrezept gibt und auch nicht geben kann. Denn so unterschiedlich<br />
sich <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> <strong>in</strong> den Kommunal- und Länderparlamenten<br />
präsentiert (und repräsentiert ist), so vielschichtig muss gleichermaßen<br />
das Repertoire an Umgangs- und Gegenstrategien se<strong>in</strong>, um <strong>in</strong> angemessener<br />
Weise auf <strong>die</strong> jeweilige Situation vor Ort reagieren zu können. Die<br />
wiederholten Erfahrungen und Beobachtungen von Politikern, Wissenschaftlern<br />
und Journalisten zeigen <strong>die</strong>s deutlich (vgl. Erdsiek-Rave 1995;<br />
Butterwegge/Meier 1997; Schmidt 1997; Hahn 2000; Hafeneger 2000;<br />
Affolderbach/Höppner 2005; Ness 2005; Staud 2006; Baier u.a. 2006).<br />
Der Umgang mit rechts<strong>extreme</strong>n Parteien <strong>in</strong> den <strong>Parlamenten</strong> weist daher<br />
unterschiedliche Strategievarianten auf, wobei <strong>die</strong> Frage vorangestellt<br />
werden muss, „wer <strong>die</strong> Adressaten der Ause<strong>in</strong>andersetzung s<strong>in</strong>d und wen<br />
<strong>die</strong>se erreichen soll; ob sie sich primär an <strong>die</strong> Mandatsträger der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n oder an <strong>die</strong> Öffentlichkeit und an deren durchaus heterogenes<br />
und nicht (nur) fest gebundenes Wählerpotential wendet“ (Hafeneger<br />
2000, S. 108).<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> Mandatsträger ist davon auszugehen (und das<br />
zeigen auch <strong>die</strong> wiederholten Erfahrungen), dass <strong>die</strong> Repräsentanten<br />
der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n durch Argumente nicht (mehr) zu erreichen und<br />
zu bee<strong>in</strong>flussen s<strong>in</strong>d. Lager- und mentalitätsbezogene E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dungen<br />
kommen hier ebenso zum Tragen wie langjährige Verfestigungsprozesse<br />
15
und biografisch-politische Sozialisationserfahrungen im rechts<strong>extreme</strong>n<br />
Milieu. Jegliche Versuche, neue E<strong>in</strong>sichten oder gar E<strong>in</strong>stellungsänderungen<br />
zu bewirken, würden am Ende solcher Entwicklungen ansetzen.<br />
Das heißt: „Wer sich öffentlich bekennt und kandi<strong>die</strong>rt, wer bereit ist,<br />
für rechts<strong>extreme</strong> Politik e<strong>in</strong>zustehen und e<strong>in</strong> Mandat wahrzunehmen, ist<br />
an e<strong>in</strong>em weit fortgeschrittenen (und vielleicht auch abgeschlossenen)<br />
Prozess se<strong>in</strong>er politischen Sozialisation (Radikalisierung) bei ethnozentristischen<br />
bis h<strong>in</strong> zu rassistischen Orientierungen angelangt“ (ebd.). Gegenüber<br />
demokratiefe<strong>in</strong>dlichen Haltungen, Werten und Regeln muss <strong>die</strong><br />
parlamentarische Ause<strong>in</strong>andersetzung weniger auf <strong>die</strong> Fraktionen und<br />
Mandatsträger der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n als vielmehr und verstärkt auf <strong>die</strong><br />
Öffentlichkeit und das anfällige Wählerpotential gerichtet se<strong>in</strong>. Mit Blick<br />
auf <strong>die</strong> <strong>in</strong>ner- wie außerparlamentarische Situation vor Ort gilt es, <strong>die</strong><br />
Frage der Zielrichtung zu klären (vgl. Beier u.a. 2006, S. 179): Wie soll<br />
<strong>die</strong> Wählerschaft über den tatsächlichen Charakter der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
aufgeklärt werden Geht es vorrangig darum, den rechts<strong>extreme</strong>n Stimmenanteil<br />
bei der nächsten Wahl zu reduzieren Soll verh<strong>in</strong>dert werden,<br />
dass <strong>die</strong> <strong>Rechte</strong>n das Parlament als Bühne zur politischen Selbstdarstellung<br />
(be)nutzen Will man mit parlamentarischen Mitteln dazu beitragen,<br />
„e<strong>in</strong>e sukzessive e<strong>in</strong>setzende Normalisierung und Akzeptanz des Rechtsextremismus“<br />
(ebd.) zu verh<strong>in</strong>dern<br />
Für welche Zielrichtung(en) sich <strong>die</strong> demokratischen Parteien <strong>in</strong> den<br />
Kommunalparlamenten und Landtagen auch entscheiden mögen bzw. <strong>in</strong><br />
den vergangenen Jahren entschieden haben, <strong>die</strong> Beobachtungen und Erfahrungen<br />
von Journalisten und demokratischen Politikern sowie <strong>die</strong> empirischen<br />
Befunde politikwissenschaftlicher Analysen zeigen, dass <strong>in</strong> der<br />
politisch-parlamentarischen Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Mandatsträgern<br />
von DVU, NPD und REP auf e<strong>in</strong>e Reihe unterschiedlicher Strategievarianten<br />
zurückgegriffen wird, wobei Komb<strong>in</strong>ationen, Überschneidungen<br />
und Vermischungen durchaus möglich, teilweise auch üblich s<strong>in</strong>d: „Im<br />
16
parlamentarischen Umgang pendelt <strong>die</strong> Suche […] zwischen schweigend<br />
verachten und ignorieren, gelassen bleiben, Entlarvung (<strong>die</strong> ideologische<br />
Maske vom Gesicht reißen) und sicherer, selbstbewusst-dechiffrierender<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit deren Themen und Logiken (ohne sich freilich<br />
<strong>die</strong> Agenda vorgeben zu lassen)“ (Hafeneger 2005, S. 37; vgl. auch Hafeneger<br />
2000, S. 110ff.; Staudt 2006, S. 210ff.; Beier u.a. 2006, S. 181ff.).<br />
1. Die Strategie, rechts<strong>extreme</strong> Fraktionen und Mandatsträger schweigend<br />
zu verachten, auszugrenzen und zu ignorieren, setzt zunächst e<strong>in</strong>en<br />
Konsens aller demokratischen Kräfte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kommunalparlament oder<br />
Landtag voraus, selbst wenn sie dabei unter Umständen gewisse Abstriche<br />
von der eigenen politischen Position machen müssen. Nur wenn e<strong>in</strong><br />
solcher Schulterschluss zustande kommt, hat e<strong>in</strong> strategisches Vorgehen<br />
auf der Grundlage e<strong>in</strong>er parlamentarischen Geschlossenheit <strong>gegen</strong>über<br />
Rechtsextremisten und Rechtspopulisten auch Aussicht auf Erfolg. <br />
Der basale Konsens zwischen den demokratischen Parteien besteht dar<strong>in</strong>,<br />
<strong>die</strong> im Parlament vertretene rechts<strong>extreme</strong> Fraktion auf allen politischen<br />
Ebenen zu ignorieren, „rechts liegen“ zu lassen, auszugrenzen,<br />
von jeglicher Verantwortung fernzuhalten und ihren parlamentarischen<br />
Bewegungsspielraum – soweit <strong>die</strong>s rechtlich und verfahrenstechnisch<br />
möglich ist – zu beschneiden bzw. e<strong>in</strong>zuengen, zum Beispiel <strong>in</strong>dem bestimmte<br />
Verfahrensregeln <strong>in</strong> der Geschäftsordnung geändert oder Anträge<br />
und Anfragen <strong>in</strong> <strong>die</strong> jeweiligen Ausschüsse verwiesen werden. Das<br />
Ziel ist dabei, der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n weder e<strong>in</strong>e parlamentarische noch<br />
e<strong>in</strong>e öffentlichkeitswirksame Plattform zur Selbstdarstellung zu geben.<br />
Ihre Mandatsträger s<strong>in</strong>d auf <strong>die</strong>se Weise (auch nach außen h<strong>in</strong> sichtbar)<br />
nicht als gleichberechtigte Partner <strong>in</strong> der politischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
anerkannt. Die Ausgrenzung muss jedoch immer rational und sachlich<br />
<br />
Dass e<strong>in</strong> „Konsens der Demokraten“ nicht immer so gefestigt ist, wie zuvor von den demokratischen<br />
Parteien angekündigt, zeigt <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der NPD-Fraktion im Sächsischen<br />
Landtag (vgl. Affolderbach/Höppner 2005).<br />
17
egründet werden. Mit populistischem Geschick droht ansonsten <strong>die</strong> Gefahr,<br />
dass sich <strong>die</strong> Rechts<strong>extreme</strong>n <strong>gegen</strong>über den Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern<br />
und damit zugleich <strong>gegen</strong>über ihren (potentiellen) Wähler<strong>in</strong>nen und<br />
Wählern als „unschuldige Opfer“ der als „Systemparteien“ diffamierten<br />
demokratischen Kräfte darstellen und bemitleiden (lassen) können.<br />
2. Die Strategie, <strong>gegen</strong>über der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n gelassen zu bleiben<br />
und mit ihren Vertretern sogar sachbezogen zu diskutieren, hat für <strong>die</strong><br />
demokratischen Fraktionen zur Folge, dass sie immer wieder – bei Anträgen<br />
und Anfragen „von rechts“ – e<strong>in</strong>e quasi normale bzw. sachliche<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Fe<strong>in</strong>den und Kritikern der freiheitlichen demokratischen<br />
Grundordnung suchen müssen. Es entsteht für <strong>die</strong> demokratischen<br />
Parteien das Problem, dass nicht <strong>die</strong> Rechts<strong>extreme</strong>n, sondern<br />
sie selbst zunehmend unter Druck bzw. Rechtfertigungsdruck bezüglich<br />
ihrer ablehnenden Haltung geraten, zum Beispiel wenn erklärt werden<br />
muss, warum sie e<strong>in</strong>en zustimmungswürdigen Antrag der rechts<strong>extreme</strong>n<br />
Fraktion abgewiesen haben. Die <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> wird auf <strong>die</strong>se Weise<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> Lage versetzt, <strong>in</strong>sbesondere lokalpolitisch orientierte Themen für<br />
ihre eigenen politischen Zielsetzungen zu <strong>in</strong>strumentalisieren, als e<strong>in</strong>e<br />
strategische Chance zu nutzen. Vor allem <strong>die</strong> NPD hat <strong>die</strong>s entdeckt und<br />
versucht <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den neuen Bundesländern, mit lokal- und sachpolitischen<br />
Themen und unter dem Deckmantel des bürgernahen Biedermanns<br />
e<strong>in</strong>e weniger extremistische Fassade aufzubauen, um <strong>in</strong> der öffentlichen<br />
Wahrnehmung als e<strong>in</strong>e normale national-demokratische Partei zu<br />
ersche<strong>in</strong>en, <strong>die</strong> sich auf regionaler und kommunaler Ebene parlamentarisch<br />
und außerparlamentarisch etablieren kann. Die zurzeit deutlichsten<br />
Beispiele hierfür s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Sächsische Schweiz und Teile Mecklenburg-<br />
Vorpommerns. <br />
<br />
Vgl. Steglich 2005; Beier u.a. 2006; Böttcher 2006; Mobiles Beratungsteam Mecklenburg-Vorpommern<br />
2006; Richter 2006; Borstel 2007; RAA Mecklenburg-Vorpommern e.V. 2007; Staud<br />
2006, 2007.<br />
18
3. Als Umgangs- und Gegenstrategie geht es bei der selbstbewusstdechiffrierenden<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Logiken und Themen der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n um <strong>die</strong> (punktuell und zugleich kont<strong>in</strong>uierliche) Entlarvung<br />
ihrer politischen Zielsetzungen h<strong>in</strong>ter der Fassade e<strong>in</strong>er an- und<br />
vorgeblich normalen demokratischen Partei. Mit <strong>die</strong>ser Vorgehensweise<br />
soll den Rechts<strong>extreme</strong>n <strong>die</strong> ideologische Maske „vom Gesicht gerissen“<br />
bzw. ihre demokratiefe<strong>in</strong>dliche oder zum<strong>in</strong>dest demokratiekritische<br />
Intention für <strong>die</strong> Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger sichtbar und verständlich gemacht<br />
werden. Die demokratischen Parteien stehen dabei vor der Aufgabe,<br />
sich detailliert über <strong>die</strong> Ideologie und Programmatik der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n zu <strong>in</strong>formieren und sich e<strong>in</strong>gehend mit den Inhalten, Zielen und<br />
<strong>Strategien</strong> ause<strong>in</strong>anderzusetzen. Die politischen Absichten und ideologischen<br />
Begründungsmuster der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n sollen auf <strong>die</strong>se Weise<br />
offengelegt, aber auch widerlegt werden können. Die Strategie der Entlarvung<br />
ist jedoch nicht alle<strong>in</strong> auf den parlamentarischen Umgang mit dem<br />
organisierten Rechtsextremismus beschränkt, sondern be<strong>in</strong>haltet weiter<br />
<strong>die</strong> Möglichkeiten und Chancen e<strong>in</strong>er Zusammenarbeit mit kommunaler<br />
Verwaltung, zivilgesellschaftlichem Engagement und lokalen wie regionalen<br />
Me<strong>die</strong>n. Insbesondere <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n haben hierbei e<strong>in</strong>e wichtige<br />
Funktion, da sie vor Ort <strong>die</strong> Rolle e<strong>in</strong>es Mittlers zwischen Politik und<br />
Verwaltung auf der e<strong>in</strong>en Seite und den Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern auf der<br />
anderen Seite e<strong>in</strong>nehmen (können).<br />
In der Politikwissenschaft wird <strong>die</strong> Diskussion nicht darüber geführt,<br />
„ob <strong>die</strong> aktive Ause<strong>in</strong>andersetzung gesucht werden muss, sondern mit<br />
welchen <strong>Strategien</strong> dem Rechtsextremismus am besten beizukommen<br />
ist“ (Beier u.a. 2006, S. 178; kursiv im Orig<strong>in</strong>al). Die dargestellten Strategievarianten<br />
zeigen jedoch e<strong>in</strong> „grundsätzliches Dilemma“ <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n auf: „Werden sie isoliert und<br />
ausgegrenzt, dann gew<strong>in</strong>nen sie mit Larmoyanz wegen angeblicher Ungerechtigkeit<br />
und Arroganz der etablierten Politik möglicherweise wei-<br />
19
tere Sympathien bei Wähler<strong>in</strong>nen und Wählern. Bezieht man sie e<strong>in</strong> und<br />
diskutiert mit ihnen, besteht <strong>die</strong> Gefahr, dass sie durch ihre populistischen<br />
Äußerungen an Zuspruch und Sympathie gew<strong>in</strong>nen. Diese ‚Zwickmühle‘<br />
wissen <strong>in</strong>telligente <strong>Rechte</strong> (wie das Beispiel Haider <strong>in</strong> Österreich<br />
zeigt) trefflich zu nutzen“ (Hafeneger 2000, S. 109). In der politischen<br />
und parlamentarischen Alltagsarbeit kommt es somit nicht zuletzt auf <strong>die</strong><br />
Argumente und Überzeugungskraft der demokratischen Parteien an, das<br />
heißt auf ihre Antworten bezüglich der <strong>gegen</strong>wärtigen gesellschaftlichen<br />
Prozesse, Krisen und Ängste. Zum Themenkanon der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
gehören schließlich vor allem aktuelle soziale Problemlagen sowie gesellschaftliche<br />
Widersprüche und Orientierungsverluste (Arbeitsmarkt,<br />
Armut, Neoliberalismus, Europäisierung, Globalisierung, Auflösung sozialer<br />
Milieus etc.), <strong>die</strong> <strong>in</strong> der politischen Ause<strong>in</strong>andersetzung mit gezielten<br />
Tabubrüchen als Stilmittel ergänzt werden. Die demokratischen<br />
Kräfte müssen hier verständliche, für <strong>die</strong> Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger nachvollziehbare<br />
Antworten auf berechtige Fragen und Sorgen geben, ohne<br />
dabei <strong>die</strong> autoritär-nationalistischen Parolen und Lösungsangebote der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n unwidersprochen zu lassen oder sich gar selbst ihrer<br />
zu be<strong>die</strong>nen, und sei es auch nur teilweise oder <strong>in</strong> unmittelbarer, e<strong>in</strong>er<br />
„gefährlichen“ Nähe zu ihnen (vgl. Butterwegge/Meier 1997; Hafeneger<br />
2000, 2005; Staud 2006; Beier u.a. 2006; Böttcher 2006).<br />
20
2. Erkenntnis<strong>in</strong>teresse und Anlage<br />
der Untersuchung<br />
Die bisherigen Erkenntnisse über <strong>Strategien</strong> <strong>in</strong> der politischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n beruhen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf<br />
den empirischen Ergebnissen e<strong>in</strong>iger weniger Stu<strong>die</strong>n zur kommunalen<br />
(parlamentarischen) Alltagsarbeit rechts<strong>extreme</strong>r Fraktionen und Mandatsträger.<br />
Das Erkenntnis<strong>in</strong>teresse <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong>n gilt dabei weniger den<br />
Umgangs- und Gegenstrategien der demokratischen Parteien als vielmehr<br />
der <strong>in</strong>ner- und außerparlamentarischen Repräsentanz von DVU, NPD und<br />
REP auf kommunaler und Länderebene. H<strong>in</strong>weise und Empfehlungen zu<br />
möglichen sowie angemessenen Verhaltensweisen f<strong>in</strong>den sich allenfalls<br />
<strong>in</strong> den abschließenden Kapiteln der vorgelegten Werke, als Schlussfolgerungen<br />
aus den empirischen Ergebnissen (vgl. Hafeneger 2000; Staud<br />
2006; Beier u.a. 2006). Wie bereits der Blick auf den Forschungsstand<br />
gezeigt hat, steht e<strong>in</strong> wissenschaftlicher Beitrag über <strong>die</strong> kommunalen<br />
(parlamentarischen) Strategievarianten der demokratischen Fraktionen<br />
und Mandatsträger im Umgang mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n noch aus<br />
(vgl. Kap. 1).<br />
Das Erkenntnis<strong>in</strong>teresse der vorliegenden Untersuchung richtet sich<br />
daher auf eben <strong>die</strong>se Umgangs- und Gegenstrategien <strong>in</strong> der politisch-parlamentarischen<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit Vertretern rechtsextremistischer<br />
und rechtspopulistischer Parteien, ohne jedoch zivilgesellschaftliche Akteure<br />
und Projekte e<strong>in</strong>er Stadt bzw. Geme<strong>in</strong>de außer Acht zu lassen. Beide<br />
Felder kommunalpolitischen Engagements stehen schließlich nicht <strong>in</strong><br />
Konkurrenz zue<strong>in</strong>ander, sondern ergänzen und bee<strong>in</strong>flussen sich <strong>in</strong> der<br />
Regel <strong>gegen</strong>seitig. Die Breite und <strong>die</strong> Intensität <strong>die</strong>ser Ause<strong>in</strong>anderset-<br />
21
zung mit dem organisierten Rechtsextremismus s<strong>in</strong>d zugleich e<strong>in</strong> Gradmesser<br />
für <strong>die</strong> Qualität der lokalen Demokratie als politisch-sozialer<br />
Interaktionsraum, <strong>in</strong>nerhalb dessen sich Umgangs- und Gegenstrategien<br />
entwickeln, erproben und letztlich auch überprüfen lassen können. H<strong>in</strong>weise<br />
für <strong>die</strong> kommunale Politik sowie Konsequenzen für <strong>die</strong> lokale Demokratie<br />
eröffnen e<strong>in</strong>en „differenzierenden Blick“ auf <strong>die</strong> verschiedenen<br />
politischen Strategievarianten, der <strong>die</strong> jeweilige Situation vor Ort berücksichtigt<br />
und <strong>in</strong> <strong>die</strong> Analyse mit e<strong>in</strong>schließt.<br />
E<strong>in</strong>e derartige ausdifferenzierte Betrachtung von Umgangs- und Gegenstrategien<br />
steht im Mittelpunkt <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong>. Dabei geht es vor allem<br />
um <strong>die</strong> Betrachtung derzeitiger Formen des parlamentarischen Umgangs<br />
der demokratischen Parteien mit den Fraktionen und Mandatsträgern der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n und um <strong>die</strong> Frage, wie <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit ihnen<br />
angemessen geführt werden kann. Der empirische Blick auf ausgewählte<br />
Städte und Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> Regionen, wo <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> parlamentarisch<br />
vertreten und sichtbar politisch aktiv ist, soll Aufschluss darüber<br />
br<strong>in</strong>gen, wie e<strong>in</strong>e (erfolgreiche) Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem organisieren<br />
Rechtsextremismus aussieht bzw. aussehen kann. Die Auswahl der<br />
entsprechenden Kommunen erfolgte im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> Höhe der Wahlergebnisse<br />
für e<strong>in</strong>e rechts<strong>extreme</strong> Partei <strong>in</strong> der jeweiligen Stadt oder Geme<strong>in</strong>de.<br />
Als Untersuchungsfeld der empirischen Analyse wurden <strong>die</strong><br />
Geme<strong>in</strong>den Ehr<strong>in</strong>gshausen und Wölfersheim <strong>in</strong> Mittelhessen, <strong>die</strong> Städte<br />
Ludwigshafen und Pirmasens <strong>in</strong> der Pfalz, <strong>die</strong> Städte Königste<strong>in</strong> und<br />
Sebnitz <strong>in</strong> der Sächsischen Schweiz sowie <strong>die</strong> beiden Hansestädte Stralsund<br />
und Anklam <strong>in</strong> Vorpommern ausgewählt, womit neben der Berücksichtigung<br />
regionaler Besonderheiten auch Vergleiche zwischen den (ostund<br />
westdeutschen) Regionen möglich s<strong>in</strong>d (vgl. Abb. 1).<br />
Mit dem formulierten Erkenntnis<strong>in</strong>teresse, sowohl <strong>die</strong> kommunalen<br />
politischen <strong>Strategien</strong> <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> als auch <strong>die</strong> Qualität<br />
22
ausgewählt, womit neben der Berücksichtigung regionaler Besonderheiten auch Vergleiche zwischen<br />
den (ost- und westdeutschen) Regionen möglich s<strong>in</strong>d (vgl. Abb. 1).<br />
Abb. 1: Geographische Lage der untersuchten Städte und Geme<strong>in</strong>den <strong>in</strong> der<br />
Bundesrepublik Deutschland<br />
Mit dem formulieren Erkenntnis<strong>in</strong>teresse, sowohl <strong>die</strong> kommunalen politischen <strong>Strategien</strong> <strong>gegen</strong><br />
<strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> als auch <strong>die</strong> Qualität <strong>die</strong>ser Ause<strong>in</strong>andersetzung sowie deren Folgen für <strong>die</strong><br />
23<br />
lokale Demokratie zu untersuchen, ist <strong>die</strong>se Stu<strong>die</strong> als qualitative Analyse angelegt. H<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Verfahrensweise für <strong>die</strong> Datenerhebung wurde auf e<strong>in</strong>e Form des qualitativen Interviews
<strong>die</strong>ser Ause<strong>in</strong>andersetzung sowie deren Folgen für <strong>die</strong> lokale Demokratie<br />
zu untersuchen, ist <strong>die</strong>se Stu<strong>die</strong> als qualitative Analyse angelegt. H<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Verfahrensweise für <strong>die</strong> Datenerhebung wurde auf e<strong>in</strong>e Form<br />
des qualitativen Interviews zurückgegriffen, <strong>die</strong> sich der Unterstützung<br />
e<strong>in</strong>es Leitfadens be<strong>die</strong>nt. Damit wird dem Interviewpartner genügend<br />
Raum zum freien Erzählen gelassen und <strong>die</strong> „Akteursperspektive“ <strong>in</strong> den<br />
Mittelpunkt der empirischen Untersuchung gestellt. E<strong>in</strong>e derartige Erhebungsmethode<br />
ist das sogenannte problemzentrierte Interview, bei dem<br />
sich der Interviewer an e<strong>in</strong>em mehr oder weniger strukturierten Leitfaden<br />
orientiert, der ihm hilft, zentrale Aspekte des „Problems“ im Laufe des<br />
Gesprächs zu thematisieren. Auf <strong>die</strong>se Weise kann der Befragte <strong>die</strong> ihm<br />
wichtigen thematischen Aspekte ausführen, während für den Interviewer<br />
<strong>die</strong> Möglichkeit besteht, das Gespräch durch gezieltes (Nach-)Fragen<br />
zu steuern und zu vertiefen. Die Interviewführung selbst ist dadurch gekennzeichnet,<br />
dass sie sowohl erzähl- als auch verständnisgenerierende<br />
Kommunikationsstrategien be<strong>in</strong>haltet, <strong>in</strong>dem bspw. der Gesprächse<strong>in</strong>stieg<br />
oder auch allgeme<strong>in</strong>e Son<strong>die</strong>rungen und Ad-hoc-Fragen durch<br />
Spiegelungen, Verständnisfragen und Konfrontationen ergänzt werden<br />
(vgl. Witzel 1998, 2000; Flick 2002, S. 134ff.).<br />
Als Interviewpartner haben wir uns für <strong>die</strong> Fraktionsvorstände der beiden<br />
großen Volksparteien SPD und CDU entschieden, um neben e<strong>in</strong>er<br />
„doppelten Akteursperspektive“ auf <strong>die</strong> jeweilige Stadt oder Geme<strong>in</strong>de<br />
auch e<strong>in</strong>e möglichst hohe (politische) Vergleichbarkeit der acht Kommunen<br />
zu erreichen. In den Monaten Mai und Juni <strong>die</strong>ses Jahres wurden<br />
<strong>in</strong>sgesamt 16 problemzentrierte, halbstrukturierte Interviews mit den<br />
Vertretern der Fraktionsvorstände von SPD und CDU durchgeführt und<br />
<strong>die</strong>se <strong>in</strong> Bezug auf ihre Beobachtungen, Erfahrungen und <strong>Strategien</strong> <strong>in</strong><br />
der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Mandatsträgern der NPD (Mittelhessen,<br />
Sächsische Schweiz, Vorpommern) bzw. der „Republikaner“ (Pfalz)<br />
befragt. Die e<strong>in</strong>zelnen Interviews waren dabei von unterschiedlicher<br />
24
Länge und dauerten zwischen 30 und 70 M<strong>in</strong>uten. Im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong><br />
anstehende qualitative Datenanalyse wurde jedes Gespräch mit E<strong>in</strong>willigung<br />
der Befragten digital aufgezeichnet und später transkribiert. Der<br />
entsprechend des gewählten methodischen Vorgehens „flexibel“ gehandhabte<br />
Gesprächsablauf orientierte sich an e<strong>in</strong>em Interviewleitfaden aus<br />
<strong>in</strong>sgesamt 21 Detailfragen zu sieben Themenbereichen (siehe Anhang;<br />
vgl. auch Kap. 4.1ff.):<br />
1. Wahlerfolg und Auftreten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
<strong>in</strong> der Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
2. Wahrnehmung der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n im Kommunalparlament<br />
3. Umgang der demokratischen Parteien mit der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n im Parlament<br />
4. Änderungen der „parlamentarischen Spielregeln“<br />
5. Wahrnehmung der parlamentarischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der Bevölkerung nach E<strong>in</strong>schätzung<br />
der demokratischen Parteien<br />
6. Zivilgesellschaftliches Engagement <strong>in</strong> der Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
7. Maßnahmen <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> aus Sicht der<br />
demokratischen Parteien.<br />
Die Auswertung der Interviews erfolgt mittels des Computerprogramms<br />
MAXqda, das im Institut für Erziehungswissenschaft der<br />
Philipps-Universität Marburg für <strong>die</strong> Analyse qualitativer Daten entwickelt<br />
wurde (vgl. Kuckartz 2005). Als Auswertungsverfahren kommt dabei<br />
das sogenannte thematische Co<strong>die</strong>ren zur Anwendung, mit dem sich<br />
das Datenmaterial problem- bzw. themenzentriert co<strong>die</strong>ren und vertiefend<br />
analysieren lässt (vgl. Hopf/Schmidt 1993; Hopf u.a. 1995). Mit <strong>die</strong>ser<br />
Methode erfolgt <strong>die</strong> Zuordnung des Materials zu bestimmten, größtenteils<br />
vorher festgelegten Auswertungskategorien, wie sie sich auch im<br />
Interviewleitfaden wiederf<strong>in</strong>den. Beim Auswertungsprozess geht es zu-<br />
25
nächst darum, <strong>die</strong> entwickelten Kategorien (<strong>in</strong>klusive der Subkategorien)<br />
als Codes zu def<strong>in</strong>ieren. Interviewpassagen, <strong>die</strong> explizit oder implizit<br />
Informationen zu den Kategorien enthalten, können daraufh<strong>in</strong> entsprechend<br />
zugeordnet werden. Nach Abschluss des Co<strong>die</strong>rvorgangs stehen<br />
damit <strong>die</strong> Häufigkeiten der Kategorieausprägungen ohne weitere Suche<br />
und erneutes Auszählen zur Verfügung (vgl. Kuckartz 2005, S. 93f.). Die<br />
erfassten Segmente lassen sich dabei <strong>in</strong> verschiedener Weise zusammenstellen.<br />
So kann <strong>die</strong> Auswahl für nur e<strong>in</strong>en oder auch für mehrere Codes<br />
erfolgen. Darüber h<strong>in</strong>aus besteht <strong>die</strong> Möglichkeit, nach Überlappungen<br />
co<strong>die</strong>rter Textsegmente zu suchen oder h<strong>in</strong>sichtlich bestimmter Kriterien<br />
e<strong>in</strong>e Teilmenge von Texten auszuwählen. Diese Grundform der computergestützten<br />
Datenanalyse wird <strong>in</strong> der qualitativen Forschung auch als<br />
„Text-Retrieval“ bezeichnet (vgl. ebd., S. 111ff.). Fallübersichten und<br />
Kreuztabellen können mit <strong>die</strong>sem Verfahren relativ e<strong>in</strong>fach erstellt werden,<br />
um Häufigkeiten und Zusammenhänge der Kategorien zu dokumentieren.<br />
Diese Anwendungsfelder haben <strong>in</strong> Teilen auch E<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> <strong>die</strong> hier<br />
vorgenommene Interviewauswertung gefunden (vgl. Kap. 4).<br />
26
3. Das Untersuchungsfeld – Kommunale<br />
Strukturdaten und politische Situation<br />
Das Untersuchungsfeld der Stu<strong>die</strong> bilden je zwei Städte bzw. Geme<strong>in</strong>den<br />
<strong>in</strong> Mittelhessen, der Pfalz, der Sächsischen Schweiz und Vorpommern.<br />
Für <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> wurden solche Kommunen ausgewählt, <strong>in</strong> denen<br />
<strong>die</strong> Parteien der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n politische Mandatsträger stellen und<br />
damit e<strong>in</strong>e parlamentarische Präsenz aufweisen. Der Blick auf das Untersuchungsfeld<br />
soll Aufschluss über <strong>die</strong> wirtschaftliche, soziale und<br />
politische Situation <strong>in</strong> den untersuchten Städten und Geme<strong>in</strong>den geben.<br />
Es werden dafür neben den jeweiligen Wahlergebnissen auch bestimmte<br />
sozialstrukturelle Merkmale der Kommunen betrachtet, <strong>die</strong> sowohl <strong>in</strong><br />
der Forschung als auch <strong>in</strong> der öffentlichen Diskussion immer wieder mit<br />
dem Wahlerfolg rechtsextremistischer und rechtspopulistischer Parteien<br />
<strong>in</strong> Zusammenhang gebracht werden: <br />
• Bevölkerungsentwicklung<br />
• Ausländeranteil <br />
• Arbeitslosenquote<br />
• Wahlbeteiligung<br />
3.1 Ehr<strong>in</strong>gshausen und Wölfersheim <strong>in</strong> Mittelhessen<br />
Die Geme<strong>in</strong>den Ehr<strong>in</strong>gshausen und Wölfersheim bef<strong>in</strong>den sich geo–<br />
grafisch <strong>in</strong> der Mitte des Bundeslandes Hessen, am nördlichen Rand der<br />
<br />
Die statistischen Angaben <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Kapitel wurden den offiziellen Veröffentlichungen der jeweiligen<br />
Städte, Geme<strong>in</strong>den und Landkreise sowie dem „<strong>in</strong>teraktiven Atlas zur Regionalstatistik“ der<br />
Statistischen Ämter des Bundes und der Länder (http://www.destatis.de/onl<strong>in</strong>eatlas) entnommen.<br />
<br />
Als „Ausländer“ bezeichnen wir E<strong>in</strong>wohner/<strong>in</strong>nen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.<br />
27
18<br />
„Metropolregion Frankfurt/Rhe<strong>in</strong>-Ma<strong>in</strong>“ (vgl. Abb. 2). Die Geme<strong>in</strong>de<br />
entfernt. Nicht zuletzt wegen der hohen Wohn- und Lebensqualität stieg zwischen 1990 und<br />
Ehr<strong>in</strong>gshausen zählt gut 9 500 E<strong>in</strong>wohner (2006) und liegt mit ihren neun<br />
2006 <strong>die</strong> E<strong>in</strong>wohnerzahl <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen um 8,6%, <strong>in</strong> Wölfersheim sogar um 18,2% (vgl. Abb.<br />
Ortsteilen im Lahn-Dill-Kreis, zwischen Herborn und der Kreisstadt<br />
3 u. Abb. 4).<br />
Wetzlar. Die Geme<strong>in</strong>de Wölfersheim besteht aus fünf Ortsteilen mit etwa<br />
Abb. 2: Geographische Lage der Geme<strong>in</strong>den Ehr<strong>in</strong>gshausen und<br />
Wölfersheim im Bundesland Hessen<br />
9 800 E<strong>in</strong>wohnern Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung (2006), <strong>die</strong> nordöstlich <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de der Kreisstadt Ehr<strong>in</strong>gshausen Friedberg <strong>in</strong>mitten<br />
10.000 der Wetterau liegen, zwischen dem Vogelsberg im Osten und dem<br />
1990 - 2006<br />
Taunus im Westen. Die günstige Verkehrsanb<strong>in</strong>dung durch <strong>die</strong> Bundesautobahnen<br />
9.500 A 5 und A 45 sowie durch <strong>die</strong> Bahnstrecke 9.552 Siegen 9.546 – 9.578 Gießen<br />
– Frankfurt hat <strong>in</strong> den 9.280<br />
9.341 9.387<br />
9.430<br />
vergangenen Jahrzehnten unter anderem dazu<br />
9.000<br />
geführt, dass <strong>die</strong> 9.023 E<strong>in</strong>wohnerzahlen beider Geme<strong>in</strong>den deutlich gestiegen<br />
8.818<br />
s<strong>in</strong>d. Viele Menschen, <strong>die</strong> im Rhe<strong>in</strong>-Ma<strong>in</strong>-Gebiet e<strong>in</strong>er Beschäftigung<br />
8.500<br />
nachgehen, haben den Lahn-Dill-Kreis, aber vor allem den nah gelegenen<br />
Wetteraukreis 8.000 für sich und ihre Familien als attraktive Wohnorte entdeckt,<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
<strong>die</strong> e<strong>in</strong> kostengünstigeres und ruhigeres Leben als <strong>in</strong> der Großstadt ermöglichen,<br />
ohne jedoch von <strong>die</strong>ser allzu weit weg zu se<strong>in</strong>. Nach Frankfurt<br />
s<strong>in</strong>d es von Abb. Wölfersheim 4: Bevölkerungsentwicklung ungefähr 40 <strong>in</strong> Kilometer, der Geme<strong>in</strong>de und Wölfersheim e<strong>in</strong>e halbe Stunde<br />
dauert <strong>die</strong> Fahrt mit der Regionalbahn. 1990 - 2006 Ehr<strong>in</strong>gshausen liegt ca. 80 Kilo-<br />
10.000<br />
28<br />
9.500<br />
9.000<br />
8.879<br />
9.053<br />
9.061<br />
9.303<br />
9.434<br />
9.572<br />
9.798
meter und etwa e<strong>in</strong>e Stunde Bahnfahrt von der Ma<strong>in</strong>-Metropole entfernt.<br />
Nicht zuletzt wegen der hohen Wohn- und Lebensqualität stieg zwischen<br />
1990 und 2006 <strong>die</strong> E<strong>in</strong>wohnerzahl <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen um 8,6 %, <strong>in</strong> Wölfersheim<br />
sogar um 18,2 % (vgl. Abb. 3 und Abb. 4).<br />
10.000<br />
Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Ehr<strong>in</strong>gshausen<br />
1990 - 2006<br />
9.500<br />
9.280<br />
9.430<br />
9.341 9.387<br />
9.552 9.546 9.578<br />
9.000<br />
8.500<br />
8.818<br />
9.023<br />
8.000<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
10.000<br />
Abb. 4: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Wölfersheim<br />
1990 - 2006<br />
9.500<br />
9.000<br />
8.879<br />
9.053<br />
9.061<br />
9.303<br />
9.434<br />
9.572<br />
9.798<br />
8.500<br />
8.630<br />
8.290<br />
8.000<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
Im Gegensatz zu den Bevölkerungszahlen ist der Ausländeranteil<br />
<strong>in</strong> den Landkreisen Lahn-Dill und Wetterau sowie im Bundesland Hessen<br />
<strong>in</strong>sgesamt seit Mitte der 1990er Jahre rückläufig. Hatten 1995 noch<br />
29
ten 1995 noch 9,8% der E<strong>in</strong>wohner im Lahn-Dill-Kreis und 9,2% im Wetteraukreis ke<strong>in</strong>e deutsche<br />
Staatsangehörigkeit, waren es im Jahr 2004 nur mehr gut 8%. Der Anteil der <strong>in</strong> Hessen lebenden<br />
Ausländer g<strong>in</strong>g um fast e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Punkte auf 11,4% zurück. Damit lag der Ausländeranteil<br />
an der Bevölkerung des Lahn-Dill-Kreises wie auch des Wetteraukreises deutlich unter dem<br />
Landesdurchschnitt 9,8 % der E<strong>in</strong>wohner (vgl. Abb. 5). im Lahn-Dill-Kreis und 9,2 % im Wetteraukreis<br />
ke<strong>in</strong>e deutsche Staatsangehörigkeit, waren es im Jahr 2004 nur mehr gut<br />
15,0%<br />
Abb. 5: Ausländeranteil <strong>in</strong> den Landkreisen Lahn-Dill und<br />
Wetterau sowie im Bundesland Hessen<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Lahn-Dill-Kreis Wetteraukreis Hessen<br />
1995 9,8% 9,2% 12,7%<br />
2000 8,9% 8,4% 11,9%<br />
2004 8,2% 8,0% 11,4%<br />
8 %. Der Anteil der <strong>in</strong> Hessen lebenden Ausländer g<strong>in</strong>g um fast e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb<br />
Prozentpunkte<br />
E<strong>in</strong>e andere Entwicklung zeigt<br />
auf<br />
sich<br />
11,4<br />
<strong>in</strong> Bezug<br />
% zurück.<br />
auf <strong>die</strong><br />
Damit<br />
Arbeitslosenzahlen<br />
lag der Ausländeranteil untersuchten<br />
an<br />
Kommunen,<br />
der <strong>die</strong> <strong>in</strong> Bevölkerung den vergangenen des Jahren Lahn-Dill-Kreises deutlich gestiegen wie s<strong>in</strong>d. auch Auf des Kreis- Wetteraukreises<br />
und Landesebene hatte<br />
<strong>die</strong> Arbeitslosigkeit deutlich unter im dem Zeitraum Landesdurchschnitt 2001 bis 2005 um (vgl. jeweils Abb. gut 5). dreie<strong>in</strong>halb Prozentpunkte zugenommen.<br />
Die Arbeitslosenquote im Lahn-Dill-Kreis lag dabei knapp über, im Wetteraukreis<br />
knapp unter E<strong>in</strong>e dem andere hessischen Entwicklung Landesmittel zeigt (vgl. Abb. sich 6). <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong> Arbeitslosenzahlen<br />
der untersuchten Kommunen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> den vergangenen Jahren deutlich<br />
gestiegen s<strong>in</strong>d. Auf Kreis- und Landesebene hatte <strong>die</strong> Arbeitslosigkeit<br />
im Zeitraum Abb. 6: 2001 Arbeitslosenquote bis 2005 um <strong>in</strong> jeweils den Landkreisen gut dreie<strong>in</strong>halb Lahn-Dill Prozentpunkte<br />
und<br />
Wetterau sowie im Bundesland Hessen<br />
zugenommen. 15,0% Die Arbeitslosenquote im Lahn-Dill-Kreis lag dabei knapp<br />
über, im Wetteraukreis knapp unter dem hessischen Landesmittel (vgl.<br />
Abb.<br />
10,0%<br />
6).<br />
Mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit hat zugleich <strong>die</strong> Wahlbeteiligung<br />
ebenso 0,0% stetig wie deutlich nachgelassen. Im Vergleich der Kommunalwahlen<br />
1997 und 2006 ist <strong>die</strong> Bereitschaft zur politischen Partizipation<br />
Lahn-Dill-Kreis Wetteraukreis Hessen<br />
2001 7,6% 6,3% 7,4%<br />
<strong>in</strong> der 2003Geme<strong>in</strong>de 9,1% Wölfersheim und im 8,0% Wetteraukreis von 8,8% fast 70 % auf<br />
30<br />
5,0%<br />
2005 11,2% 10,0% 10,9%
nommen. Die Arbeitslosenquote im Lahn-Dill-Kreis lag dabei knapp über, im Wetteraukreis<br />
knapp unter dem hessischen Landesmittel (vgl. Abb. 6).<br />
15,0%<br />
Abb. 6: Arbeitslosenquote <strong>in</strong> den Landkreisen Lahn-Dill und<br />
Wetterau sowie im Bundesland Hessen<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Lahn-Dill-Kreis Wetteraukreis Hessen<br />
2001 7,6% 6,3% 7,4%<br />
2003 9,1% 8,0% 8,8%<br />
2005 11,2% 10,0% 10,9%<br />
20<br />
Mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit hat zugleich <strong>die</strong> Wahlbeteiligung stetig wie ebenso deutlich<br />
nachgelassen. Im Vergleich der Kommunalwahlen 1997 und 2006 ist <strong>die</strong> Bereitschaft zur politischen<br />
Partizipation <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Wölfersheim und im Wetteraukreis von fast 70% auf knapp<br />
knapp unter 50 % gesunken. Im Lahn-Dill-Kreis ist e<strong>in</strong> Rückgang von<br />
62,7 % auf nur noch gut 40 % bei der letzten Kommunalwahl zu verzeichnen.<br />
E<strong>in</strong>zig <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Ehr<strong>in</strong>gshausen s<strong>in</strong>d jeweils – wenn auch auf<br />
unter 50% gesunken. Im Lahn-Dill-Kreis ist e<strong>in</strong> Rückgang von 62,7% auf nur noch gut 40% bei<br />
der letzten niedrigem, Kommunalwahl aber doch zu verzeichnen. relativ konstantem E<strong>in</strong>zig <strong>in</strong> der Niveau Geme<strong>in</strong>de – knapp Ehr<strong>in</strong>gshausen über 50 % s<strong>in</strong>d der jeweils –<br />
wenn auch Bürger<strong>in</strong>nen auf niedrigem, und aber Bürger doch zur relativ Wahl konstantem gegangen Niveau (vgl. Abb. – knapp 7 und über Abb. 50% 8). der Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürger zur Wahl gegangen (vgl. Abb. 7 u. Abb. 8).<br />
100,0%<br />
Abb. 7: Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de<br />
Ehr<strong>in</strong>gshausen und im Landkreis Lahn-Dill<br />
75,0%<br />
50,0%<br />
25,0%<br />
0,0%<br />
Ehr<strong>in</strong>gshausen<br />
Lahn-Dill-Kreis<br />
1997 57,5% 62,7%<br />
2001 55,6% 47,7%<br />
2006 55,1% 40,4%<br />
100,0%<br />
Abb. 8: Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de<br />
Wölfersheim und im Landkreis Wetterau<br />
31<br />
75,0%
Ehr<strong>in</strong>gshausen<br />
Lahn-Dill-Kreis<br />
1997 57,5% 62,7%<br />
2001 55,6% 47,7%<br />
2006 55,1% 40,4%<br />
100,0%<br />
75,0%<br />
50,0%<br />
25,0%<br />
0,0%<br />
Abb. 8: Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de<br />
Wölfersheim und im Landkreis Wetterau<br />
Wölfersheim<br />
Wetteraukreis<br />
1997 69,6% 68,2%<br />
2001 56,9% 53,5%<br />
2006 47,9% 48,6%<br />
Die Wahlerfolge Die Wahlerfolge von rechts<strong>extreme</strong>n von rechts<strong>extreme</strong>n Parteien – so e<strong>in</strong>e Parteien Position – so <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>e Wissenschaft Position <strong>in</strong> und der<br />
Politik der – dürften Wissenschaft mit der gestiegenen und der Politik Arbeitslosigkeit – dürften und mit der der gesunkenen gestiegenen Wahlbeteiligung Arbeitslosigkeit<br />
Der und Blick der auf gesunkenen <strong>die</strong> Stimmengew<strong>in</strong>ne Wahlbeteiligung und -verluste zusammenhängen. der NPD <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den Der<br />
zusammenhängen.<br />
Ehr<strong>in</strong>gshausen Blick auf und <strong>die</strong> Wölfersheim Stimmengew<strong>in</strong>ne sowie <strong>in</strong> und den jeweiligen -verluste Landkreisen der NPD <strong>in</strong> gibt den im Geme<strong>in</strong>den<br />
Zeitverlauf seit<br />
Anfang der<br />
Ehr<strong>in</strong>gshausen<br />
1990er Jahre jedoch<br />
und<br />
e<strong>in</strong>e<br />
Wölfersheim<br />
andere Entwicklung<br />
sowie <strong>in</strong><br />
zu<br />
den<br />
erkennen<br />
jeweiligen<br />
(vgl. Abb.<br />
Landkreisen<br />
gibt im Zeitverlauf seit Anfang der 1990er Jahre jedoch e<strong>in</strong>e andere<br />
9 u. Abb. 10).<br />
Entwicklung zu erkennen (vgl. Abb. 9 und Abb. 10). Ihren Stimmenanteil<br />
von 13,6 % bzw. 20,9 % aus dem Jahr 1993 hatte <strong>die</strong> NPD bei der<br />
Kommunalwahl 1997 <strong>in</strong> beiden Geme<strong>in</strong>den auf annähernd 23 % steigern<br />
können. Vier Jahre später verlor sie dann jedoch <strong>in</strong> Wölfersheim gut<br />
10 %, <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen fast 16 %. Bei den letzten Kommunalwahlen im<br />
Jahr 2006 erreichte <strong>die</strong> NPD somit <strong>in</strong> Wölfersheim zwar knapp, aber doch<br />
immerh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> zweistelliges Ergebnis. In Ehr<strong>in</strong>gshausen rutsche sie da<strong>gegen</strong><br />
unter <strong>die</strong> Fünf-Prozent-Marke, <strong>die</strong> jedoch <strong>in</strong> Hessen ohne Bedeutung<br />
ist, da es bei Kommunalwahlen ke<strong>in</strong>e Sperrklausel gibt, mit der e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>deststimmenanteil<br />
für den Parlamentse<strong>in</strong>zug vorgeschrieben wird. Auch<br />
auf Kreisebene konnte <strong>die</strong> Partei e<strong>in</strong> paar Mandate err<strong>in</strong>gen, blieb aber<br />
sowohl <strong>in</strong> Lahn-Dill als auch <strong>in</strong> der Wetterau unterhalb der Fünf-Prozent-<br />
32
Marke, <strong>die</strong> jedoch <strong>in</strong> Hessen ohne Bedeutung ist, da es bei Kommunalwahlen ke<strong>in</strong>e Sperrklausel<br />
gibt, mit der e<strong>in</strong> M<strong>in</strong>deststimmenanteil für den Parlamentse<strong>in</strong>zug vorgeschrieben wird. Auch auf<br />
Kreisebene konnte <strong>die</strong> Partei e<strong>in</strong> paar Mandate err<strong>in</strong>gen, blieb aber sowohl <strong>in</strong> Lahn-Dill als auch<br />
<strong>in</strong> der Wetterau Marke. unterhalb Insgesamt der s<strong>in</strong>d Fünf-Prozent-Marke. <strong>die</strong> Stimmenanteile Insgesamt der <strong>extreme</strong>n s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Stimmenanteile <strong>Rechte</strong>n bei der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n<br />
Kommunalwahlen<br />
bei Kommunalwahlen<br />
<strong>in</strong> Hessen<br />
<strong>in</strong><br />
stark<br />
Hessen<br />
zurückgegangen,<br />
stark zurückgegangen,<br />
und das<br />
und<br />
gleichermaßen<br />
für NPD wie „Republikaner“.<br />
das gleichermaßen<br />
für NPD wie „Republikaner“.<br />
25,0%<br />
Abb. 9: Stimmenanteil der NPD bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> der<br />
Geme<strong>in</strong>de Ehr<strong>in</strong>gshausen und im Landkreis Lahn-Dill<br />
22,9%<br />
20,0%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
13,6%<br />
7,1%<br />
4,6%<br />
4,9%<br />
1,8%<br />
2,0%<br />
1993 1997 2001 2006<br />
Ehr<strong>in</strong>gshausen Lahn-Dill-Kreis<br />
25,0%<br />
20,0%<br />
Abb. 10: Stimmenanteil der NPD bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> der<br />
Geme<strong>in</strong>de Wölfersheim und im Landkreis Wetterau<br />
20,9%<br />
22,7%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
12,1%<br />
10,4%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
3,1%<br />
3,3%<br />
3,6%<br />
1993 1997 2001 2006<br />
Wölfersheim Wetteraukreis<br />
33
22<br />
Zur politischen Situation <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen ist festzustellen, dass neben<br />
der NPD auch <strong>die</strong> Sozialdemokraten bei der Kommunalwahl 2006<br />
Zur politischen Situation <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen ist festzustellen, dass neben der NPD auch <strong>die</strong> Sozialdemokraten<br />
bei der Kommunalwahl 2006 deutliche Stimmenverluste h<strong>in</strong>nehmen mussten. Die<br />
deutliche Stimmenverluste h<strong>in</strong>nehmen mussten. Die SPD als ehemals<br />
stärkste Kraft verlor gut fünfe<strong>in</strong>halb Prozentpunkte und zwei Mandate,<br />
SPD als ehemals stärkste Kraft verlor gut fünfe<strong>in</strong>halb Prozentpunkte und zwei Mandate, während<br />
<strong>die</strong> beiden NPD gut Mandate zwei Prozentpunkte behielt. In der e<strong>in</strong>büßte, Geme<strong>in</strong>devertretung aber dennoch ihre koalieren beiden Mandate SPD und behielt. In<br />
während <strong>die</strong> NPD gut zwei Prozentpunkte e<strong>in</strong>büßte, aber dennoch ihre<br />
der Geme<strong>in</strong>devertretung CDU, so dass beide koalieren zusammen SPD und auf CDU, e<strong>in</strong>en so dass Stimmenanteil beide zusammen von über auf e<strong>in</strong>en 70 % Stimmenanteil<br />
von kommen über 70% und kommen somit 22 und der somit <strong>in</strong>sgesamt 22 der 31 <strong>in</strong>sgesamt Mandatsträger 31 Mandatsträger stellen. Die stellen. Freie Die Freie<br />
Wählergeme<strong>in</strong>schaft Wählergeme<strong>in</strong>schaft hat sieben, hat <strong>die</strong> sieben, NPD zwei <strong>die</strong> Sitze NPD (vgl. zwei Tab. Sitze 1). (vgl. Tab. 1).<br />
Tab. 1: Wahlergebnisse der Kommunalwahlen 2001 und 2006<br />
<strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Ehr<strong>in</strong>gshausen<br />
2006<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
2001<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
CDU 36,4 (11) 30,3 (9) +6,2 (+2)<br />
SPD 35,4 (11) 41,0 (13) -5,6 (-2)<br />
FWG 23,3 (7) 21,6 (7) +1,7 (±0)<br />
NPD 4,9 (2) 7,1 (2) -2,2 (±0)<br />
In Wölfersheim verfügt <strong>die</strong> SPD über e<strong>in</strong>e stabile absolute Mehrheit mit Wahlergebnissen von<br />
über 50%. Zweitstärkste<br />
In Wölfersheim<br />
Kraft<br />
verfügt<br />
ist <strong>die</strong> CDU,<br />
<strong>die</strong> SPD<br />
<strong>die</strong> bei<br />
über<br />
den<br />
e<strong>in</strong>e<br />
letzten<br />
stabile<br />
Kommunalwahlen<br />
absolute Mehrheit<br />
Ergebnisse um<br />
20% erzielte. mit Wahlergebnissen An dritter Stelle folgt von über bereits 50 <strong>die</strong> %. NPD, Zweitstärkste <strong>die</strong> nach Resultaten Kraft ist <strong>die</strong> von CDU, über 20% <strong>die</strong> <strong>in</strong> den<br />
Jahren 1993 bei den und letzten 1997 nur Kommunalwahlen mehr auf Stimmenanteile Ergebnisse von knapp um 20 über % erzielte. 10% kommt. An dritter Bei den übrigen<br />
Fraktionen Stelle folgt <strong>in</strong> der bereits Geme<strong>in</strong>devertretung <strong>die</strong> NPD, <strong>die</strong> handelt nach Resultaten sich um e<strong>in</strong>e von Freie über Wählergeme<strong>in</strong>schaft 20 % den und<br />
um <strong>die</strong> Jahren Grünen, 1993 <strong>die</strong> sich und bei 1997 der nur Kommunalwahl mehr auf Stimmenanteile 2006 auf drei Mandate von knapp verbessern über 10 konnten % und<br />
damit e<strong>in</strong>en<br />
kommt.<br />
Sitz mehr<br />
Bei den<br />
als <strong>die</strong><br />
übrigen<br />
FWG<br />
Fraktionen<br />
haben (vgl. Tab.<br />
<strong>in</strong> der<br />
2).<br />
Geme<strong>in</strong>devertretung handelt es<br />
sich um e<strong>in</strong>e Freie Wählergeme<strong>in</strong>schaft und um <strong>die</strong> Grünen, <strong>die</strong> sich bei<br />
der Kommunalwahl 2006 auf drei Mandate verbessern konnten und damit<br />
Tab. 2: Wahlergebnisse der Kommunalwahlen 2001 und 2006<br />
e<strong>in</strong>en Sitz mehr als <strong>die</strong> FWG haben (vgl. Tab. 2).<br />
<strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Wölfersheim<br />
34<br />
2006<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
2001<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
SPD 53,3 (17) 52,5 (16) +0,8 (+1)
um <strong>die</strong> Grünen, <strong>die</strong> sich bei der Kommunalwahl 2006 auf drei Mandate verbessern konnten und<br />
damit e<strong>in</strong>en Sitz mehr als <strong>die</strong> FWG haben (vgl. Tab. 2).<br />
Tab. 2: Wahlergebnisse der Kommunalwahlen 2001 und 2006<br />
<strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Wölfersheim<br />
2006<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
2001<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
3.2 Ludwigshafen SPD und Pirmasens 53,3 (17) <strong>in</strong> der Pfalz (REP) 52,5 (16) +0,8 (+1)<br />
CDU 20,4 (6) 22,7 (7) -2,3 (-1)<br />
Die beiden kreisfreien Städte Ludwigshafen und Pirmasens liegen im südlichen Teil des Bundeslandes<br />
Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz (vgl. Abb. 11). Ludwigshafen mit se<strong>in</strong>en derzeit knapp 170.000 E<strong>in</strong>woh-<br />
NPD 10,4 (3) 12,6 (4) -1,7 (-1)<br />
Grüne 8,2 (3) 5,8 (2) +2,4 (+1)<br />
nern (2006) bef<strong>in</strong>det sich im Osten der Pfalz und zugleich <strong>in</strong>mitten der „Metropolregion Rhe<strong>in</strong>-<br />
FWG 7,8 (2) 6,9 (2) -0,9 (±0)<br />
Neckar“, <strong>in</strong> der neben e<strong>in</strong>er Vielzahl erfolgreicher Industrie- und Dienstleistungsnehmen auch<br />
zahlreiche <strong>in</strong>ner- wie außeruniversitäre Forschungse<strong>in</strong>richtungen beheimatet s<strong>in</strong>d. Die Stadt<br />
selbst ist 3.2 unmittelbar Ludwigshafen am Rhe<strong>in</strong> und gelegen, Pirmasens direkt <strong>in</strong> <strong>gegen</strong>über der Pfalzder baden-württembergischen Stadt<br />
Mannheim, <strong>die</strong> gut doppelt so viele E<strong>in</strong>wohner aufweist. Als zentraler Wirtschaftsstandort <strong>in</strong> der<br />
Region, <strong>in</strong>sbesondere Die beiden mit kreisfreien Blick auf <strong>die</strong> Städte Chemie<strong>in</strong>dustrie Ludwigshafen (BASF), und Pirmasens ist <strong>die</strong> Bevölkerungszahl liegen im Ludwigshafens<br />
südlichen im Verlaufe Teil der des Jahre Bundeslandes 1990 bis 2006 Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz relativ konstant geblieben (vgl. Abb. (+0,7%), 11). auch Lud-wenwigshafen e<strong>in</strong>ige, mit für se<strong>in</strong>en Großstadt derzeit knapp aber ger<strong>in</strong>gfügige 170 000 Schwankungen E<strong>in</strong>wohnern (2006) gab (vgl. bef<strong>in</strong>-<br />
Abb. 12).<br />
es<br />
zwischendurch<br />
det sich im Osten der Pfalz und zugleich <strong>in</strong>mitten der „Metropolregion<br />
Abb. 11: Geographische Lage der Städte Ludwigshafen und Pirmasens<br />
im Bundesland Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz<br />
23<br />
175.000<br />
Abb. 12: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Stadt Ludwigshafen<br />
1990 - 2006<br />
35<br />
171.377 171.297
Im selben Zeitraum hat da<strong>gegen</strong> <strong>die</strong> Stadt Pirmasens e<strong>in</strong>en Verlust von<br />
fast 14 % ihrer E<strong>in</strong>wohner zu verzeichnen. Die Zahl sank von rund 51 000<br />
E<strong>in</strong>wohner im Jahr 1990 auf nur mehr knapp 45 000 im Jahr 2006 (vgl.<br />
Abb. 13). Vor allem durch den Weg- und damit verbundenen Niedergang<br />
der Schuh<strong>in</strong>dustrie, <strong>die</strong> <strong>in</strong> der ebenso wirtschaftlich wie verkehrtechnisch<br />
strukturschwachen Westpfalz e<strong>in</strong> bedeutsamer und wichtiger Beschäftigungsfaktor<br />
war, haben viele Menschen nicht nur der gut 35 Kilomezwischendurch<br />
e<strong>in</strong>ige, für e<strong>in</strong>e Großstadt aber ger<strong>in</strong>gfügige Schwankungen gab (vgl. Abb. 12).<br />
Abb. 11: Geographische Lage der Städte Ludwigshafen und Pirmasens<br />
im Bundesland Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz<br />
Rhe<strong>in</strong>-Neckar“, <strong>in</strong> der neben e<strong>in</strong>er Vielzahl erfolgreicher Industrie- und<br />
Dienstleistungsunternehmen auch zahlreiche <strong>in</strong>ner- wie außeruniversitäre<br />
Forschungse<strong>in</strong>richtungen beheimatet s<strong>in</strong>d. Die Stadt selbst ist unmittelbar<br />
am Rhe<strong>in</strong> gelegen, direkt <strong>gegen</strong>über der baden-württembergischen Stadt<br />
Mannheim, <strong>die</strong> gut doppelt so viele E<strong>in</strong>wohner aufweist. Als zentraler<br />
Wirtschaftsstandort <strong>in</strong> der Region, <strong>in</strong>sbesondere mit Blick auf <strong>die</strong> Chemie<strong>in</strong>dustrie<br />
(BASF), ist <strong>die</strong> Bevölkerungszahl Ludwigshafens im Verlauf<br />
der Jahre 1990 bis 2006 relativ konstant geblieben (+ 0,7 %), auch wenn<br />
es zwischendurch e<strong>in</strong>ige, für e<strong>in</strong>e Großstadt aber ger<strong>in</strong>gfügige Schwankungen<br />
gab (vgl. Abb. 12).<br />
175.000<br />
Abb. 12: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Stadt Ludwigshafen<br />
1990 - 2006<br />
170.000<br />
171.377<br />
171.297<br />
170.664<br />
167.822<br />
167.410 167.906<br />
165.000<br />
167.275<br />
165.636<br />
166.139<br />
160.000<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
36
zu verzeichnen. Die Zahl sank von gut 51.000 E<strong>in</strong>wohner im Jahr 1990 auf nur mehr knapp<br />
45.000 im Jahr 2006 (vgl. Abb. 13). Vor allem durch den Weg- und damit verbundenen Niedergang<br />
der Schuh<strong>in</strong>dustrie, <strong>die</strong> <strong>in</strong> der ebenso wirtschaftlich wie verkehrtechnisch strukturschwachen<br />
Westpfalz ter südlichwestlich e<strong>in</strong> bedeutsamer von und Kaiserslautern wichtiger Beschäftigungsfaktor gelegenen Stadt, war, sondern haben viele gleich Menschen<br />
nicht nur der der ganzen gut 35 Region Kilometer den Rücken südlichwestlich gekehrt von und Kaiserslautern s<strong>in</strong>d zur Arbeitssuche gelegenen Stadt, unter sondern<br />
gleich anderem ganzen <strong>in</strong> Region <strong>die</strong> prosperierende den Rücken gekehrt „Metropolregion“ und s<strong>in</strong>d zur Arbeitssuche an Rhe<strong>in</strong> unter und Neckar anderem <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />
prosperierende gezogen. „Metropolregion“ Vor allem junge an Leute Rhe<strong>in</strong> zieht und Neckar es zu Studium gezogen. Vor und allem Ausbildung junge Leute weg zieht es<br />
zu Studium<br />
aus Pirmasens<br />
und Ausbildung<br />
und<br />
weg<br />
h<strong>in</strong><br />
aus<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong><br />
Pirmasens<br />
Großund<br />
oder<br />
h<strong>in</strong><br />
Universitätsstädte<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> Groß- oder Universitätsstädte<br />
wie Ma<strong>in</strong>z,<br />
wie<br />
Mannheim, Heidelberg oder Stuttgart. Mit Blick auf <strong>die</strong> negative Bevölkerungsentwicklung<br />
und <strong>in</strong> Anbetracht e<strong>in</strong>er relativ schlechten wirtschaft-<br />
Ma<strong>in</strong>z, Mannheim, Heidelberg oder Stuttgart. Mit Blick auf <strong>die</strong> negative Bevölkerungsentwicklung<br />
und <strong>in</strong> Anbetracht e<strong>in</strong>er relativ schlechten wirtschaftlichen Lage ist <strong>die</strong> Situation <strong>in</strong> der<br />
lichen Lage ist <strong>die</strong> Situation <strong>in</strong> der Westpfalz also durchaus vergleichbar<br />
Westpfalz also durchaus vergleichbar mit der <strong>in</strong> vielen ostdeutschen Regionen, z.B. <strong>in</strong> der Sächsischen<br />
Schweiz oder oder <strong>in</strong> Vorpommern <strong>in</strong> Vorpommern (vgl. (vgl. Kap. 3.3 Kap. u. Kap. 3.3 und 3.4). Kap.<br />
mit der <strong>in</strong> vielen ostdeutschen Regionen, zum Beispiel <strong>in</strong> der Sächsischen<br />
3.4).<br />
55.000<br />
Abb. 13: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Stadt Pirmasens<br />
1990 - 2006<br />
50.000<br />
51.068<br />
51.496<br />
51.798<br />
50.343<br />
45.000<br />
49.065<br />
47.956<br />
47.169<br />
46.826<br />
44.928<br />
40.000<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
Anders als<br />
Anders<br />
<strong>in</strong> Ostdeutschland<br />
als <strong>in</strong> Ostdeutschland<br />
fällt der Ausländeranteil<br />
fällt der Ausländeranteil<br />
<strong>in</strong> den beiden rhe<strong>in</strong>land-pfälzischen<br />
<strong>in</strong> den beiden<br />
Städten<br />
deutlich rhe<strong>in</strong>land-pfälzischen höher aus, wenn auch Städten auf unterschiedlich deutlich höher hohem aus, Niveau. wenn In auch Ludwigshafen auf unterschiedlich<br />
ke<strong>in</strong>e hohem deutsche Niveau. Staatbürgerschaft; In Ludwigshafen <strong>die</strong> Rate hat lag jeder <strong>in</strong> den fünfte Jahren E<strong>in</strong>wohner 2000 und 2004<br />
hat jeder<br />
fünfte E<strong>in</strong>wohner<br />
bei annähernd ke<strong>in</strong>e deutsche 22% und Staatbürgerschaft; ist somit im Vergleich <strong>die</strong> zum Rate Jahr lag 1995 <strong>in</strong> um den fast Jahren zwei Prozentpunkte 2000 und gestiegen.<br />
2004 In Pirmasens bei annähernd ist der Ausländeranteil 22 % und ist somit seit Mitte im der Vergleich 1990er zum Jahre Jahr mit gut 1995 10% um stabil geblieben.<br />
fast Mit zwei ihrem Prozentpunkte jeweiligen Anteil gestiegen. ausländischer In Pirmasens Bürger<strong>in</strong>nen ist und der Bürger Ausländeranteil liegen beide Städte<br />
seit Mitte der 1990er Jahre mit rund 10 % stabil geblieben. Mit ihrem<br />
über dem Landesmittel von gut 7,5% im Zeitraum 1995 bis 2006 (vgl. Abb. 14). In Ludwighafen<br />
fällt <strong>die</strong>ser Unterschied außerordentlich deutlich aus, was jedoch mit der Siedlungsstruktur des<br />
Bundeslandes Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz zusammenhängen dürfte, das nur wenige (Groß-)Städte 37 mit mehr<br />
als 100.000 E<strong>in</strong>wohnern aufzuweisen hat.
jeweiligen Anteil ausländischer Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger liegen beide<br />
Städte über dem Landesmittel von rund 7,5 % im Zeitraum 1995 bis 2006<br />
(vgl. Abb. 14). In Ludwighafen fällt <strong>die</strong>ser Unterschied außerordentlich<br />
deutlich aus, was jedoch mit der Siedlungsstruktur des Bundeslandes<br />
Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz zusammenhängen dürfte, das nur wenige (Groß-)Städte<br />
mit mehr als 100 000 E<strong>in</strong>wohnern aufzuweisen hat.<br />
25<br />
25,0%<br />
Abb. 14: Ausländeranteil <strong>in</strong> den Städten Ludwigshafen und<br />
Primasens sowie im Bundesland Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz<br />
20,0%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Ludwigshafen Pirmasens Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz<br />
1995 20,1% 10,0% 7,4%<br />
2000 21,8% 9,0% 7,5%<br />
2004 21,8% 9,7% 7,7%<br />
Die Arbeitslosenquote Die Arbeitslosenquote <strong>in</strong> den Städten <strong>in</strong> Ludwigshafen den Städten und Ludwigshafen Pirmasens ist und im Pirmasens Zeitraum 2001 bis<br />
ist im Zeitraum 2001 bis 2005 überdurchschnittlich zum gesamten Bundesland<br />
Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz (+ 2,3 %-Punkte) gestiegen. In Ludwigshafen<br />
2005 überdurchschnittlich zum gesamten Bundesland Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz (+2,3%-Punkte) gestiegen.<br />
In Ludwigshafen betrug <strong>die</strong> Erhöhung genau fünf, <strong>in</strong> Pirmasens gut fünfe<strong>in</strong>halb Prozentpunkte.<br />
betrug <strong>die</strong> Erhöhung genau fünf, <strong>in</strong> Pirmasens rund fünfe<strong>in</strong>halb Prozentpunkte.<br />
Die im Vergleich zur „Metropolregion Rhe<strong>in</strong>-Neckar“ schlechtere<br />
Die im Vergleich zur „Metropolregion Rhe<strong>in</strong>-Neckar“ schlechtere wirtschaftliche Situation <strong>in</strong> der<br />
Westpfalz wirtschaftliche wird hier<strong>in</strong> sichtbar. Situation Während <strong>in</strong> der <strong>in</strong> Westpfalz Pirmasens wird <strong>die</strong> Arbeitslosenquote hier<strong>in</strong> sichtbar. für Während das Jahr 2005<br />
bei gut <strong>in</strong> 20% Pirmasens lag, erreichte <strong>die</strong> Arbeitslosenquote <strong>die</strong> Zahl der arbeitslos für gemeldeten das Jahr 2005 Personen bei rund <strong>in</strong> Ludwigshafen 20 % lag, e<strong>in</strong>en<br />
vergleichsweise erreichte ger<strong>in</strong>gen <strong>die</strong> Zahl Anteil der von arbeitslos 14,4% (vgl. gemeldeten Abb. 15). Personen <strong>in</strong> Ludwigshafen<br />
e<strong>in</strong>en vergleichsweise ger<strong>in</strong>gen Anteil von 14,4 % (vgl. Abb. 15).<br />
Die Wahlbeteiligung Abb. 15: Arbeitslosenquote den Kommunalwahlen <strong>in</strong> den Städten Ludwigshafen 1999 und und 2004 ist <strong>in</strong><br />
Pirmasens sowie im Bundesland Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz<br />
Ludwigshafen von 51,0 % auf e<strong>in</strong>en noch niedrigeren Wert von 45,8 %<br />
25,0%<br />
38<br />
20,0%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
5,0%
ei gut 20% lag, erreichte <strong>die</strong> Zahl der arbeitslos gemeldeten Personen <strong>in</strong> Ludwigshafen e<strong>in</strong>en<br />
vergleichsweise ger<strong>in</strong>gen Anteil von 14,4% (vgl. Abb. 15).<br />
25,0%<br />
Abb. 15: Arbeitslosenquote <strong>in</strong> den Städten Ludwigshafen und<br />
Pirmasens sowie im Bundesland Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz<br />
20,0%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Ludwigshafen Primasens Rhe<strong>in</strong>land-Pfalz<br />
2001 9,4% 14,5% 7,6%<br />
2003 11,3% 17,3% 8,5%<br />
2005 14,4% 20,1% 9,9%<br />
Die Wahlbeteiligung gesunken. Auch bei den <strong>in</strong> Pirmasens Kommunalwahlen hat jeweils 1999 weniger und 2004 als ist <strong>die</strong> <strong>in</strong> Hälfte Ludwigshafen der Wahlberechtigten<br />
ihre Stimme abgegeben. Die Wahlbeteiligung hatte hier <strong>in</strong><br />
von 51,0%<br />
auf e<strong>in</strong>en noch niedrigeren Wert von 45,8% gesunken. Auch <strong>in</strong> Pirmasens hat jeweils weniger als<br />
beiden Jahren e<strong>in</strong>en Wert von knapp unter 50 % (vgl. Abb. 16).<br />
26<br />
<strong>die</strong> Hälfte der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Die Wahlbeteiligung hatte hier <strong>in</strong> beiden<br />
Jahren e<strong>in</strong>en Wert von knapp unter 50% (vgl. Abb. 16).<br />
Abb. 16: Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> den Städten<br />
Ludwigshafen und Pirmasens<br />
100,0%<br />
75,0%<br />
50,0%<br />
25,0%<br />
0,0%<br />
Ludwigshafen<br />
Pirmasens<br />
1999 51,0% 48,6%<br />
2004 45,8% 48,8%<br />
Während <strong>in</strong> Ludwigshafen <strong>die</strong> Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl<br />
2004 um rund fünf Prozentpunkte zurückg<strong>in</strong>g, stieg der Stimmen-<br />
Während <strong>in</strong> Ludwigshafen <strong>die</strong> Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl 2004 um gut fünf Prozentpunkte<br />
zurückg<strong>in</strong>g, stieg der Stimmenanteil für <strong>die</strong> „Republikaner“ um dreie<strong>in</strong>halb Punkte<br />
anteil für <strong>die</strong> „Republikaner“ um dreie<strong>in</strong>halb Punkte auf 8,8 %, der ihnen<br />
auf 8,8%, der ihnen zwei zusätzliche Sitze und damit <strong>in</strong>sgesamt fünf Mandate im Stadtrat e<strong>in</strong>brachte.<br />
Großer Verlierer der Wahl waren <strong>die</strong> Sozialdemokraten, <strong>die</strong> mehr als acht Prozentpunkte<br />
39<br />
und fünf Sitze e<strong>in</strong>büßen mussten. Stimmen h<strong>in</strong>zugew<strong>in</strong>nen konnte neben den „Republikanern“<br />
vor allem <strong>die</strong> Freie Wählergeme<strong>in</strong>schaft, <strong>die</strong> mit 5,5% <strong>in</strong> den Rat der Stadt e<strong>in</strong>zog. In e<strong>in</strong>em ge-
2004 45,8% 48,8%<br />
Während <strong>in</strong> Ludwigshafen <strong>die</strong> Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl 2004 um gut fünf Prozentpunkte<br />
zwei zurückg<strong>in</strong>g, zusätzliche stieg Sitze der und Stimmenanteil damit <strong>in</strong>sgesamt für <strong>die</strong> „Republikaner“ fünf Mandate um im dreie<strong>in</strong>halb Stadtrat Punkte<br />
auf 8,8%, e<strong>in</strong>brachte. der ihnen Großer zwei zusätzliche Verlierer Sitze der und Wahl damit waren <strong>in</strong>sgesamt <strong>die</strong> Sozialdemokraten, fünf Mandate im Stadtrat <strong>die</strong> e<strong>in</strong>brachte.<br />
mehr Großer als Verlierer acht Prozentpunkte der Wahl waren und <strong>die</strong> Sozialdemokraten, fünf Sitze e<strong>in</strong>büßen <strong>die</strong> mehr mussten. als acht Prozentpunkte Stimmen<br />
Sitze h<strong>in</strong>zugew<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>büßen mussten. konnte Stimmen neben h<strong>in</strong>zugew<strong>in</strong>nen den „Republikanern“ konnte neben vor den allem „Republikanern“ <strong>die</strong><br />
und fünf<br />
vor allem Freie <strong>die</strong> Wählergeme<strong>in</strong>schaft, Freie Wählergeme<strong>in</strong>schaft, <strong>die</strong> <strong>die</strong> mit mit 5,5 5,5% % <strong>in</strong> <strong>in</strong> den den Rat Rat der der Stadt Stadt e<strong>in</strong>zog. e<strong>in</strong>zog. In e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren<br />
Maße von jeweils gut e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Prozentpunkten verzeichneten auch FDP und Grüne<br />
In e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren Maße von jeweils gut e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Prozentpunkten<br />
verzeichneten auch FDP und Grüne e<strong>in</strong>en leichten Zugew<strong>in</strong>n (vgl. Abb.<br />
e<strong>in</strong>en leichten Zugew<strong>in</strong>n (vgl. Abb. 17 u. Tab. 3).<br />
17 und Tab. 3).<br />
15,0%<br />
Abb. 17: Stimmenanteil der REP bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> den<br />
Städten Ludwigshafen und Pirmasens<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Ludwigshafen<br />
Pirmasens<br />
1999 5,3% 2,9%<br />
2004 8,8% 10,2%<br />
In Pirmasens In konnten Pirmasens <strong>die</strong> „Republikaner“ konnten <strong>die</strong> „Republikaner“ bei der Kommunalwahl bei der 2004 Kommunalwahl<br />
noch deutlicher zulegen<br />
als <strong>in</strong> Ludwigshafen. 2004 noch deutlicher Ihr Wahlergebnis zulegen aus als dem <strong>in</strong> Ludwigshafen. Jahr 1999 konnten Ihr sie Wahlergebnis gleich um mehr aus als sieben<br />
Prozentpunkte dem Jahr verbessern 1999 konnten und damit sie erstmalig gleich um <strong>in</strong> mehr den Stadtrat als sieben e<strong>in</strong>ziehen. Prozentpunkte Mit e<strong>in</strong>em Stimmenanteil<br />
von bessern 10,2% und und fünf damit Mandaten erstmalig gelang <strong>in</strong> ihnen den Stadtrat e<strong>in</strong> ebenso e<strong>in</strong>ziehen. hoher wie Mit unerwarteter e<strong>in</strong>em Stim-<br />
Wahlerfolg.<br />
vermenanteil<br />
von 10,2 % und fünf Mandaten gelang ihnen e<strong>in</strong> ebenso hoher<br />
wie unerwarteter Wahlerfolg. Die im rhe<strong>in</strong>land-pfälzischen Kommunalwahlrecht<br />
festgeschriebene Sperrklausel von 3,03 % konnte <strong>die</strong> Partei<br />
also ohne Probleme überw<strong>in</strong>den. Die großen Verlierer der Kommunal-<br />
<br />
Für <strong>die</strong> Sitzverteilung werden nur jene Wahlvorschläge berücksichtigt, <strong>die</strong> m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Dreiunddreißigstel<br />
der <strong>in</strong>sgesamt abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben (3,03%); <strong>die</strong>s gilt<br />
auch für <strong>die</strong> Wahlvorschläge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Listenverb<strong>in</strong>dung (vgl. http://www.wahlrecht.de/kommunal/<br />
rhe<strong>in</strong>landpfalz.html).<br />
40
waren auch <strong>in</strong> Pirmasens <strong>die</strong> Sozialdemokraten, <strong>die</strong> Verluste im zweistelligen Bereich (-11,4%)<br />
h<strong>in</strong>nehmen mussten. Mit Ausnahme der FDP, <strong>die</strong> ihren bisherigen Sitz im Stadtrat verlor, konnten<br />
<strong>die</strong> anderen Parteien, allen voran REP, FWG und PDS, ihre Stimmenanteile im Vergleich zur<br />
Kommunalwahl waren 1999 sogar auch noch <strong>in</strong> Pirmasens erhöhen (vgl. <strong>die</strong> Abb. Sozialdemokraten, 17 u. Tab. 4). Zur <strong>die</strong> politischen Verluste Mehrheitsbildung<br />
im zweistelligen Stadtrat besteht Bereich sowohl <strong>in</strong> (– Pirmasens 11,4 %) als h<strong>in</strong>nehmen auch <strong>in</strong> Ludwigshafen mussten. Mit e<strong>in</strong>e Ausnahme Koalition zwischen<br />
im<br />
der FDP, <strong>die</strong> ihren bisherigen Sitz im Stadtrat verlor, konnten <strong>die</strong> anderen<br />
CDU und SPD, wobei <strong>die</strong> Christdemokraten darüber h<strong>in</strong>aus den Oberbürgermeister <strong>in</strong> Pirmasens<br />
und <strong>die</strong> Oberbürgermeister<strong>in</strong> <strong>in</strong> Ludwigshafen stellen.<br />
Parteien, allen voran REP, FWG und PDS, ihre Stimmenanteile im Vergleich<br />
zur Kommunalwahl 1999 erhöhen (vgl. Abb. 17 und Tab. 4). Zur<br />
Tab. 3: Wahlergebnisse der Kommunalwahlen 1999 und 2004<br />
<strong>in</strong> der Stadt Ludwigshafen<br />
2004<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
1999<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
CDU 42,9 (26) 42,9 (26) ±0,0 (±0)<br />
SPD 32,6 (20) 41,2 (25) -8,6 (-5)<br />
REP 8,8 (5) 5,3 (3) +3,5 (+2)<br />
Grüne 6,0 (4) 4,3 (3) +1,7 (+1)<br />
FDP 4,1 (2) 2,4 (0) +1,7 (+2)<br />
FWG 5,5 (2) -- +5,5 (+2)<br />
Tab. 4: Wahlergebnisse der Kommunalwahlen 1999 und 2004<br />
<strong>in</strong> der Stadt Pirmasens<br />
2004<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
1999<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
CDU 46,0 (21) 47,8 (22) +1,8 (-1)<br />
SPD 23,8 (11) 35,2 (16) -11,4 (-5)<br />
FWG 10,8 (5) 7,1 (3) +3,7 (+2)<br />
REP 10,2 (5) 2,9 (0) +7,3 (+5)<br />
Grüne 4,3 (2) 4,0 (2) +0,3 (±0)<br />
PDS 2,6 (0) -- +2,6 (±0)<br />
FDP 2,5 (0) 3,1 (1) -0,6 (-1)<br />
5 Für <strong>die</strong> Sitzverteilung werden nur jene Wahlvorschläge berücksichtigt, <strong>die</strong> m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Dreiunddreißigstel<br />
der <strong>in</strong>sgesamt abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben (3,03%); <strong>die</strong>s gilt auch für <strong>die</strong> Wahl-<br />
41<br />
vorschläge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Listenverb<strong>in</strong>dung (vgl. http://www.wahlrecht.de/kommunal/rhe<strong>in</strong>landpfalz.html).
politischen Mehrheitsbildung im Stadtrat besteht sowohl <strong>in</strong> Pirmasens als<br />
auch <strong>in</strong> Ludwigshafen e<strong>in</strong>e Koalition zwischen CDU und SPD, wobei <strong>die</strong><br />
Christdemokraten darüber h<strong>in</strong>aus den Oberbürgermeister <strong>in</strong> Pirmasens<br />
und <strong>die</strong> Oberbürgermeister<strong>in</strong> <strong>in</strong> Ludwigshafen stellen.<br />
28<br />
3.3 Königste<strong>in</strong> und Sebnitz <strong>in</strong> der Sächsischen Schweiz (NPD)<br />
Die Städte 3.3 Königste<strong>in</strong> und und Sebnitz Sebnitz liegen <strong>in</strong> beide der Sächsischen etwa 45 Kilometer Schweiz südöstlich von Dresden, <strong>in</strong>mitten<br />
des Elbsandste<strong>in</strong>gebirges der Sächsischen Schweiz (vgl. Abb. 18). Im Süden des gleichnamigen<br />
Landkreises, zwischen der Kreisstadt Pirna und der tschechischen Grenze gelegen, bef<strong>in</strong>-<br />
Die Städte Königste<strong>in</strong> und Sebnitz liegen beide etwa 45 Kilometer südöstlich<br />
von Dresden, <strong>in</strong>mitten des Elbsandste<strong>in</strong>gebirges der Sächsischen<br />
det sich <strong>die</strong> Kle<strong>in</strong>stadt Königste<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Fluss, <strong>die</strong> Biela, mündet an <strong>die</strong>ser Stelle <strong>in</strong> <strong>die</strong> Elbe, und<br />
Schweiz (vgl. Abb. 18). Im Süden des gleichnamigen Landkreises, zwischen<br />
der Kreisstadt Pirna und der tschechischen Grenze gelegen, bef<strong>in</strong>-<br />
auf e<strong>in</strong>em Sandste<strong>in</strong>felsen oberhalb des Elbtales thront <strong>die</strong> Festung Königste<strong>in</strong>. Entlang der Elbe<br />
führen <strong>die</strong> Schienen der S-Bahn, mit der man <strong>in</strong> gut 40 M<strong>in</strong>uten <strong>die</strong> sächsische Landeshauptstadt<br />
det sich <strong>die</strong> Kle<strong>in</strong>stadt Königste<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> Fluss, <strong>die</strong> Biela, mündet an <strong>die</strong>ser<br />
erreicht. Stelle Königste<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> besteht Elbe, heute und aus auf sechs e<strong>in</strong>em Ortsteilen, Sandste<strong>in</strong>felsen denen <strong>in</strong>sgesamt oberhalb noch des gut Elbtals 2.800 (2006)<br />
von ehemals thront fast <strong>die</strong> 3.600 Festung (1990) Königste<strong>in</strong>. Menschen Entlang leben. Seit der der Elbe Deutschen führen Wiedervere<strong>in</strong>igung <strong>die</strong> Schienen hat <strong>die</strong><br />
Stadt somit S-Bahn, e<strong>in</strong> Viertel mit der ihrer man E<strong>in</strong>wohner gut 40 verloren M<strong>in</strong>uten (vgl. <strong>die</strong> Abb. sächsische 19). In e<strong>in</strong>er Landeshauptstadt<br />
wirtschaftlich strukturschwachen<br />
erreicht. Region Königste<strong>in</strong> wie der Sächsischen besteht heute Schweiz, aus <strong>die</strong> sechs hauptsächlich Ortsteilen, vom <strong>in</strong> Tourismus denen <strong>in</strong>sgesamt<br />
<strong>die</strong> noch jungen gut Leute 2 800 weg (2006) <strong>in</strong> <strong>die</strong> von Großstädte, ehemals nach fast Dresden 3 600 (1990) und Leipzig, Menschen wo sie le-<br />
stu<strong>die</strong>ren<br />
lebt, zieht es<br />
vor allem<br />
können ben. bzw. Seit eher der e<strong>in</strong>e deutschen Ausbildungs- Wiedervere<strong>in</strong>igung oder Arbeitsstelle f<strong>in</strong>den. hat <strong>die</strong> Stadt somit e<strong>in</strong> Viertel<br />
Abb. 18: Geographische Lage der Städte Königste<strong>in</strong> und Sebnitz<br />
im Bundesland Sachsen<br />
42<br />
4.000<br />
Abb. 19: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Stadt Königste<strong>in</strong><br />
1990 - 2006<br />
3.593<br />
3.592
4.000<br />
Abb. 19: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Stadt Königste<strong>in</strong><br />
1990 - 2006<br />
3.500<br />
3.593<br />
3.592<br />
3.473<br />
3.345<br />
3.256<br />
3.000<br />
3.065<br />
2.994<br />
2.923<br />
2.822<br />
2.500<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
ihrer E<strong>in</strong>wohner verloren (vgl. Abb. 19). In e<strong>in</strong>er wirtschaftlich strukturschwachen<br />
Region wie der Sächsischen Schweiz, <strong>die</strong> hauptsächlich vom<br />
Tourismus lebt, ziehen vor allem <strong>die</strong> jungen Leute weg <strong>in</strong> <strong>die</strong> Großstädte,<br />
nach Dresden und Leipzig, wo sie stu<strong>die</strong>ren können bzw. eher e<strong>in</strong>e Ausbildungs-<br />
oder Arbeitsstelle f<strong>in</strong>den.<br />
Mit den gleichen Problemen ist auch <strong>die</strong> Stadt Sebnitz konfrontiert.<br />
Unmittelbar an der Grenze zur Tschechischen Republik gelegen, ist <strong>die</strong><br />
Stadt vor allem für ihre „Kunstblumen“ bekannt, <strong>die</strong> dort seit über 160<br />
Jahren hergestellt werden. Wie <strong>in</strong> vielen strukturschwachen Geme<strong>in</strong>den<br />
und Regionen Ostdeutschlands hat auch <strong>in</strong> Sebnitz <strong>die</strong> <strong>in</strong>sgesamt prekäre<br />
wirtschaftliche und soziale Situation zu e<strong>in</strong>er negativen Bevölkerungsentwicklung<br />
geführt. Lebten 1990 noch mehr als 11 500 Menschen <strong>in</strong><br />
Sebnitz, waren es im Jahr 2006 nur mehr gut 9 000 E<strong>in</strong>wohner. Damit hat<br />
<strong>die</strong> Stadt seit der Wiedervere<strong>in</strong>igung fast e<strong>in</strong> Drittel ihrer Bevölkerung<br />
verloren (vgl. Abb. 20).<br />
Der Ausländeranteil ist wie fast überall <strong>in</strong> den ostdeutschen Bundesländern<br />
auch <strong>in</strong> der Sächsischen Schweiz sehr niedrig. Mit Raten von<br />
43
Menschen Sebnitz zu <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Sebnitz, negativen waren Bevölkerungsentwicklung es im Jahr 2006 nur mehr geführt. gut 9.000 Lebten E<strong>in</strong>wohner. 1990 noch Damit mehr hat als <strong>die</strong> 11.000 Stadt<br />
seit Menschen der Wiedervere<strong>in</strong>igung <strong>in</strong> Sebnitz, waren fast es e<strong>in</strong> im Drittel Jahr 2006 ihrer nur Bevölkerung mehr gut 9.000 verloren E<strong>in</strong>wohner. (vgl. Abb. Damit 20). hat <strong>die</strong> Stadt<br />
seit der Wiedervere<strong>in</strong>igung fast e<strong>in</strong> Drittel ihrer Bevölkerung verloren (vgl. Abb. 20).<br />
12.000<br />
11.611<br />
Abb. 20: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Stadt Sebnitz<br />
1990 - 2006<br />
Abb. 20: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Stadt Sebnitz<br />
1990 - 2006<br />
12.000<br />
11.157<br />
10.913<br />
11.000 11.611<br />
10.574<br />
11.157<br />
10.913<br />
11.000<br />
10.203<br />
10.000<br />
10.574<br />
10.203 9.882<br />
10.000<br />
9.496<br />
9.000<br />
9.882<br />
9.159<br />
9.496<br />
8.920<br />
9.000<br />
9.159<br />
8.000<br />
8.920<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
8.000<br />
jeweils unter 2 % lag er <strong>in</strong> den Jahren 2000 und 2004 zudem deutlich<br />
Der Ausländeranteil ist wie fast überall <strong>in</strong> den ostdeutschen Bundesländern auch <strong>in</strong> der Sächsischen<br />
Der Ausländeranteil Schweiz sehr niedrig. ist wie zwischen<br />
unter dem Landesmittel von 2,4 % bzw. 2,8 %. Auf Landesebene ist der<br />
Mit fast Raten überall 1990<br />
von <strong>in</strong> den jeweils<br />
und ostdeutschen 2004<br />
unter<br />
um<br />
2%<br />
weniger<br />
lag Bundesländern er <strong>in</strong> den<br />
als e<strong>in</strong>en<br />
Jahren auch ganzen<br />
2000 <strong>in</strong> der und Sächsischen<br />
Schweiz Prozentpunkt deutlich sehr unter niedrig. dem gestiegen, Landesmittel Mit Raten auf von Kreisebene von jeweils 2,4% unter bzw. zwischen 2,8%. 2% lag Auf er 2000 <strong>in</strong> Landesebene den und Jahren 20042000 ist noch der und Auslän-<br />
2004<br />
2004<br />
zudem<br />
deranteil zudem nicht deutlich zwischen e<strong>in</strong>mal unter 1990 um dem und e<strong>in</strong>en Landesmittel 2004 halben um weniger von Punkt 2,4% (vgl. als bzw. e<strong>in</strong>en Abb. 2,8%. ganzen 21). Auf Prozentpunkt Landesebene ist gestiegen, der Auslän-<br />
auf<br />
Kreisebene deranteil zwischen 1990 2000 und 2004 noch um weniger nicht e<strong>in</strong>mal als e<strong>in</strong>en um e<strong>in</strong>en ganzen halben Prozentpunkt Punkt (vgl. gestiegen, Abb. 21). auf<br />
Kreisebene Die zwischen Arbeitslosenquote 2000 und 2004 noch erreicht nicht e<strong>in</strong>mal sowohl um im e<strong>in</strong>en Landkreis halben Punkt Sächsische (vgl. Abb. 21).<br />
Schweiz als auch im gesamten Bundesland Sachsen e<strong>in</strong>en Wert von an-<br />
Abb. 21: Ausländeranteil im Landkreis Sächsische Schweiz und<br />
5,0%<br />
4,0%<br />
5,0%<br />
3,0%<br />
4,0%<br />
2,0%<br />
3,0%<br />
1,0%<br />
2,0%<br />
0,0%<br />
1,0%<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
im Bundesland Sachsen (*ke<strong>in</strong>e Angaben 1995)<br />
Abb. 21: Ausländeranteil im Landkreis Sächsische Schweiz und<br />
im Bundesland Sachsen (*ke<strong>in</strong>e Angaben 1995)<br />
Sächsische Schweiz*<br />
Sachsen<br />
0,0% 1995 2,0%<br />
Sächsische Schweiz*<br />
Sachsen<br />
2000 1,5% 2,4%<br />
1995 2,0%<br />
2004 1,7% 2,8%<br />
2000 1,5% 2,4%<br />
2004 1,7% 2,8%<br />
44
30<br />
Die Arbeitslosenquote erreicht sowohl im Landkreis Sächsische Schweiz als auch im gesamten<br />
nähernd 20 %. Demnach ist jeder fünfte E<strong>in</strong>wohner Sachsens sowie der<br />
Bundesland Sachsen e<strong>in</strong>en Wert von annähernd 20%. Demnach ist jeder fünfte E<strong>in</strong>wohner Sachsens<br />
sowie der Sächsischen Schweiz ohne Erwerbstätigkeit und bezieht staatliche Ausgleichzah-<br />
Sächsischen Schweiz ohne Erwerbstätigkeit und bezieht staatliche Ausgleichszahlungen.<br />
Im Vergleich der Jahre 2001 und 2005 ist <strong>die</strong> Arbeitslosenquote<br />
im Bundesland Sachsen um e<strong>in</strong>en Prozentpunkt gestiegen,<br />
lungen. Im Vergleich der Jahre 2001 und 2005 ist <strong>die</strong> Arbeitslosenquote im Bundesland Sachsen<br />
um e<strong>in</strong>en während Prozentpunkt sie sich gestiegen, im Landkreis während sie Sächsische sich im Landkreis Schweiz Sächsische relativ stabil Schweiz halten relativ stabil<br />
halten konnte, wenn wenn auch auch auf auf hohem hohem Niveau Niveau (vgl. Abb. (vgl. 22). Abb. 22).<br />
25,0%<br />
Abb. 22: Arbeitslosenquote im Landkreis Sächsische Schweiz und<br />
im Bundesland Sachsen<br />
20,0%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Sächsische Schweiz<br />
Sachsen<br />
2001 19,0% 19,0%<br />
2003 18,5% 19,4%<br />
2005 19,1% 20,0%<br />
Die Wahlbeteiligung<br />
Die Wahlbeteiligung<br />
hat <strong>in</strong> den Städten<br />
hat <strong>in</strong><br />
Königste<strong>in</strong><br />
den Städten<br />
und Sebnitz<br />
Königste<strong>in</strong><br />
wie auch<br />
und<br />
im<br />
Sebnitz<br />
gesamten<br />
wie<br />
Landkreis<br />
Sächsische auch Schweiz im gesamten deutlich Landkreis abgenommen. Sächsische Im Vergleich Schweiz der Kommunalwahlen deutlich abgenommen. 1999 und 2004<br />
ist <strong>die</strong> Wahlbeteiligung Im Vergleich der <strong>in</strong> Königste<strong>in</strong> Kommunalwahlen um fast sieben, 1999 <strong>in</strong> und Sebnitz 2004 um ist gut <strong>die</strong> sechs Wahlbeteiligung<br />
<strong>in</strong> Schweiz Königste<strong>in</strong> um um gut neun fast sieben, Prozentpunkte <strong>in</strong> Sebnitz zurückgegangen. um gut sechs Bei und der <strong>in</strong>sgesamt letzten Kommu-<br />
und <strong>in</strong>sgesamt <strong>in</strong><br />
der Sächsischen<br />
nalwahl <strong>in</strong> lag der der Sächsischen Wähleranteil Schweiz <strong>in</strong> Königste<strong>in</strong> um gut um neun gut neun Prozentpunkte und <strong>in</strong> Sebnitz zurückgegangen.<br />
um drei Prozentpunkte<br />
über dem<br />
Bei<br />
Durchschnitt<br />
der letzten<br />
des<br />
Kommunalwahl<br />
gesamten Landkreises<br />
lag der<br />
von<br />
Wähleranteil<br />
51,6% (vgl. Abb.<br />
<strong>in</strong><br />
23).<br />
Königste<strong>in</strong> um<br />
rund neun und <strong>in</strong> Sebnitz um drei Prozentpunkte über dem Durchschnitt<br />
des gesamten Landkreises von 51,6 % (vgl. Abb. 23).<br />
Abb. 23: Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> den Städten<br />
Mit dem Königste<strong>in</strong> Rückgang und der Sebnitz Wahlbeteiligung sowie im Landkreis vollzog Sächsische sich bei Schweiz der Kommunalwahl<br />
2004 e<strong>in</strong> deutlicher Stimmenzuwachs für <strong>die</strong> NPD <strong>in</strong> den<br />
100,0%<br />
Städ-<br />
75,0%<br />
50,0%<br />
45<br />
25,0%
nalwahl lag der Wähleranteil <strong>in</strong> Königste<strong>in</strong> um gut neun und <strong>in</strong> Sebnitz um drei Prozentpunkte<br />
über dem Durchschnitt des gesamten Landkreises von 51,6% (vgl. Abb. 23).<br />
100,0%<br />
Abb. 23: Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> den Städten<br />
Königste<strong>in</strong> und Sebnitz sowie im Landkreis Sächsische Schweiz<br />
75,0%<br />
50,0%<br />
25,0%<br />
0,0%<br />
Königste<strong>in</strong> Sebnitz Sächsische Schweiz<br />
1999 67,4% 60,5% 60,8%<br />
2004 60,7% 54,6% 51,6%<br />
31<br />
Mit dem<br />
ten<br />
Rückgang<br />
Königste<strong>in</strong><br />
der Wahlbeteiligung<br />
und Sebnitz sowie<br />
vollzog<br />
<strong>in</strong><br />
sich<br />
der Sächsischen<br />
bei der Kommunalwahl<br />
Schweiz <strong>in</strong>sgesamt.<br />
2004 e<strong>in</strong> deutlicher<br />
Ihr Stimmenanteil erhöhte sich <strong>in</strong> Königste<strong>in</strong> um rund neun Punkte auf<br />
Stimmenzuwachs für <strong>die</strong> NPD <strong>in</strong> den Städten Königste<strong>in</strong> und Sebnitz sowie <strong>in</strong> der Sächsischen<br />
21,1 % und <strong>in</strong> Sebnitz um fast sieben Punkte auf 13,2 %. Dass <strong>die</strong> <strong>extreme</strong><br />
Schweiz <strong>in</strong>sgesamt. Ihr Stimmenanteil erhöhte sich <strong>in</strong> Königste<strong>in</strong> um gut neun Punkte auf 21,1%<br />
<strong>Rechte</strong> nicht nur <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen beiden ausgewählten Städten erfolgreich war,<br />
und <strong>in</strong> Sebnitz um fast sieben Punkte auf 13,2%. Dass <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> nicht nur <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen<br />
zeigt das Resultat des Landkreises <strong>in</strong>sgesamt, nach dem sich <strong>die</strong> NPD um<br />
beiden ausgewählten rund drei Punkte Städten auf erfolgreich 4,3 % verbessern war, zeigt konnte das Resultat (vgl. des Abb. Landkreises 24). <strong>in</strong>sgesamt, nach<br />
dem sich <strong>die</strong> NPD um gut drei Punkte auf 4,3% verbessern konnte (vgl. Abb. 24).<br />
25,0%<br />
Abb. 24: Stimmenanteil der NPD bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> den<br />
Städten Königste<strong>in</strong> und Sebnitz sowie im Landkreis Sächsische<br />
Schweiz<br />
20,0%<br />
15,0%<br />
10,0%<br />
5,0%<br />
0,0%<br />
Königste<strong>in</strong> Sebnitz Sächsische Schweiz<br />
1999 11,8% 6,5% 1,2%<br />
2004 21,1% 13,2% 4,3%<br />
Bezogen 46auf <strong>die</strong> dargestellten Strukturdaten konnte <strong>die</strong> NPD ansche<strong>in</strong>end sowohl von der s<strong>in</strong>kenden<br />
Wahlbeteiligung als auch von der hohen Arbeitslosigkeit und der äußerst negativen Bevölkerungsentwicklung<br />
<strong>in</strong> der Sächsischen Schweiz profitieren. Ebenso wie <strong>in</strong> der Pfalz waren
Bezogen auf <strong>die</strong> dargestellten Strukturdaten konnte <strong>die</strong> NPD ansche<strong>in</strong>end<br />
sowohl von der s<strong>in</strong>kenden Wahlbeteiligung als auch von der hohen<br />
Arbeitslosigkeit und der äußerst negativen Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong><br />
der Sächsischen Schweiz profitieren. Ebenso wie <strong>in</strong> der Pfalz waren hier<br />
<strong>die</strong> Sozialdemokraten <strong>die</strong> großen Verlierer der Kommunalwahlen 2004.<br />
Die Unzufriedenheit <strong>in</strong> der Bevölkerung mit der rot-grünen Koalition <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong> und dabei <strong>in</strong>sbesondere mit den „Hartz-IV-Gesetzen“ der Schröder-Regierung<br />
führten auch <strong>in</strong> Sachsen zu massiven Stimmenverlusten<br />
der SPD, <strong>die</strong> weder PDS noch CDU auffangen konnten. In Königste<strong>in</strong><br />
erhielt <strong>die</strong> SPD knapp 19 Prozentpunkte und damit vier Mandate weniger<br />
als noch bei der Kommunalwahl 1999. Die NPD bekam da<strong>gegen</strong> mehr<br />
Sitze zugesprochen, als sie Kandidaten aufgestellt hatte, und konnte somit<br />
nicht alle drei Mandate ausfüllen. Im Stadtrat verfügt <strong>in</strong>folgedessen<br />
<strong>die</strong> CDU über e<strong>in</strong>en Sitz mehr als alle anderen Fraktionen zusammen<br />
32<br />
Tab. 5: Wahlergebnisse der Kommunalwahlen 1999 und 2004<br />
<strong>in</strong> der Stadt Königste<strong>in</strong><br />
2004<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
1999<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
CDU 38,8 (6) 37,9 (6) +0,9 (±0)<br />
NPD 21,1 (3 [2]) 11,8 (2) +9,3 (+1)<br />
VBI 18,7 (3) 12,5 (2) +6,2 (+1)<br />
SPD 16,2 (2) 35,1 (6) -18,9 (-4)<br />
FDP 5,1 (0) 2,8 (0) +2,3 (±0)<br />
(vgl. Tab. Tab. 5). 6: Auch Wahlergebnisse <strong>in</strong> Sebnitz der hält Kommunalwahlen <strong>die</strong> CDU (wie 1999 bisher) und 2004 <strong>die</strong> absolute<br />
Mandatsmehrheit. Die SPD <strong>in</strong> verlor der Stadt hier Sebnitz fast sechs Prozentpunkte und hat<br />
seit der Wahl 2004 nur noch 2004e<strong>in</strong>en Sitz im 1999 Stadtrat. Jeweils Veränderung e<strong>in</strong> Mandat<br />
h<strong>in</strong>zugew<strong>in</strong>nen konnten <strong>die</strong><br />
<strong>in</strong> %<br />
Wählergeme<strong>in</strong>schaft %<br />
„Mitsprache<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
Sebnitz“<br />
(Mandate) (Mandate) (Mandate)<br />
und <strong>die</strong> Rechts<strong>extreme</strong>n der NPD. Bereits das Ergebnis der Kommunal-<br />
CDU 49,5 (10) 50,6 (13) -1,1 (-2)<br />
PDS 14,8 (2) 12,2 (3) +2,6 (-1)<br />
47<br />
NPD 13,2 (2) 6,5 (1) +6,7 (+1)<br />
Mitsprache Sebnitz 11,6 (2) 6,5 (1) +5,1 (+1)
2004<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
1999<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
CDU 38,8 (6) 37,9 (6) +0,9 (±0)<br />
wahl NPD1999 hatte gezeigt, 21,1 (3 [2]) dass <strong>in</strong> Sebnitz 11,8 e<strong>in</strong> (2) recht(sextrem)es +9,3 Wählerpotential<br />
VBI existiert. Damals 18,7 (3) kam <strong>die</strong> NPD 12,5 zusammen (2) mit der +6,2 rechtsgerich-<br />
(+1)<br />
(+1)<br />
teten SPD „Deutschen 16,2 Sozialen (2) Union“ (DSU) 35,1 (6) auf e<strong>in</strong>en Stimmenanteil -18,9 (-4) von<br />
11,8 FDP% (vgl. Tab. 6). 5,1 (0) 2,8 (0) +2,3 (±0)<br />
Tab. 6: Wahlergebnisse der Kommunalwahlen 1999 und 2004<br />
<strong>in</strong> der Stadt Sebnitz<br />
2004<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
1999<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
CDU 49,5 (10) 50,6 (13) -1,1 (-2)<br />
PDS 14,8 (2) 12,2 (3) +2,6 (-1)<br />
NPD 13,2 (2) 6,5 (1) +6,7 (+1)<br />
Mitsprache Sebnitz 11,6 (2) 6,5 (1) +5,1 (+1)<br />
SPD 5,4 (1) 11,2 (2) -5,8 (-1)<br />
FDP 5,4 (1) 7,8 (1) -2,4 (±0)<br />
DSU -- 5,3 (1) -5,3 (-1)<br />
3.4 Stralsund 3.4 Stralsund Anklam und <strong>in</strong> Anklam Vorpommern <strong>in</strong> Vorpommern (NPD)<br />
Die Hansestädte Stralsund und Anklam liegen beide im Osten des Bundeslandes Mecklenburg-<br />
Die Hansestädte Stralsund und Anklam liegen beide im Osten des<br />
Vorpommern, Bundeslandes weit entfernt Mecklenburg-Vorpommern, von der Landeshauptstadt Schwer<strong>in</strong>. weit entfernt Die kreisfreie von der Stadt Landeshauptstadt<br />
sich gut 75 Kilometer Schwer<strong>in</strong>. nordöstlich Die kreisfreie von Rostock Stadt und Stralsund ist unmittelbar bef<strong>in</strong>det am sich Strelasund gut gele-<br />
Stralsund<br />
bef<strong>in</strong>det<br />
gen, direkt 75 Kilometer <strong>gegen</strong>über der nordöstlich Insel Rügen, von <strong>die</strong> Rostock mit Bahn und oder ist unmittelbar Auto über den am Rügendamm Strelasund erreicht<br />
wird. Ungefähr gelegen, 70 direkt Kilometer <strong>gegen</strong>über südöstlich der von Insel Stralsund, Rügen, <strong>die</strong> kurz mit vor Bahn der Peenemündung, oder Auto über liegt <strong>die</strong><br />
zum Landkreis den Rügendamm Ostvorpommern erreicht gehörende wird. Kreisstadt Ungefähr Anklam, 70 Kilometer <strong>die</strong> sich auf südöstlich ihrer Internetseite von als<br />
Stralsund, kurz vor der Peenemündung, liegt <strong>die</strong> zum Landkreis Ostvorpommern<br />
gehörende Kreisstadt Anklam, <strong>die</strong> sich auf ihrer Internetseite<br />
„Tor zur Sonnen<strong>in</strong>sel Usedom“ bezeichnet (vgl. Abb. 25). Verkehrstechnisch s<strong>in</strong>d beide Städte<br />
seit e<strong>in</strong> paar Jahren durch <strong>die</strong> Fertigstellung der Bundesautobahn A 20, der sogenannten Ostseeautobahn<br />
von Lübeck über Rostock bis zur A 11 und dann weiter nach Berl<strong>in</strong> oder <strong>in</strong>s polnische<br />
als „Tor zur Sonnen<strong>in</strong>sel Usedom“ bezeichnet (vgl. Abb. 25). Verkehrs-<br />
Stett<strong>in</strong>, gut angebunden. Für Bahnreisende besteht zudem e<strong>in</strong>e Intercity-Verb<strong>in</strong>dung aus Rich-<br />
48
mittlerweile zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor <strong>in</strong> und für <strong>die</strong> Region geworden und hat den<br />
Schiffbau <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er regionalen wirtschaftlichen Bedeutung überholt und abgelöst.<br />
Abb. 25: Geographische Lage der Hansestädte Stralsund und Anklam<br />
im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern<br />
technisch s<strong>in</strong>d beide Städte seit e<strong>in</strong> paar Jahren durch <strong>die</strong> Fertigstellung<br />
Der Strukturwandel von der Schwer<strong>in</strong>dustrie h<strong>in</strong> zum <strong>die</strong>nstleistungsorientierten Tourismus hat<br />
der Bundesautobahn A 20, der sogenannten Ostseeautobahn von Lübeck<br />
<strong>die</strong> Region <strong>in</strong> den vergangenen 15 Jahren vor wirtschaftliche und soziale Herausforderungen und<br />
über Rostock bis zur A 11 und dann weiter nach Berl<strong>in</strong> oder <strong>in</strong>s polnische<br />
Probleme gestellt, <strong>die</strong> sich <strong>in</strong> der negativen Bevölkerungsentwicklung deutlich widerspiegeln. Die<br />
Stett<strong>in</strong>, gut angebunden. Für Bahnreisende besteht zudem e<strong>in</strong>e Intercity-<br />
Hansestadt<br />
Verb<strong>in</strong>dung<br />
Stralsund<br />
aus<br />
hat so<br />
Richtung<br />
im Zeitraum<br />
Hamburg<br />
1990 bis<br />
sowie<br />
2005 gut<br />
aus<br />
e<strong>in</strong><br />
Richtung<br />
Viertel ihrer<br />
Berl<strong>in</strong><br />
E<strong>in</strong>wohner<br />
zur Weiterfahrt<br />
<strong>in</strong> das sank Ostseebad von ehemals B<strong>in</strong>z fast auf 73.000 Rügen. auf Die nur mehr Ostseebäder gut 58.000 auf Personen der Insel (vgl. Abb.<br />
verloren.<br />
Die Bevölkerungszahl<br />
26). Rügen wie auch <strong>die</strong> Kur- und Badeorte entlang der vorpommerschen<br />
Küste s<strong>in</strong>d für <strong>die</strong> Region von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung. Der<br />
Tourismus ist mittlerweile zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor <strong>in</strong> der und<br />
Abb. 26: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Hansestadt Stralsund<br />
für <strong>die</strong> Region geworden und hat den Schiffbau <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er regionalen wirtschaftlichen<br />
75.000 Bedeutung überholt und<br />
1990 - 2006<br />
abgelöst.<br />
72.780<br />
70.749<br />
70.000<br />
Der Strukturwandel von der Schwer<strong>in</strong>dustrie h<strong>in</strong> zum <strong>die</strong>nstleistungsorientierten<br />
Tourismus hat <strong>die</strong> Region <strong>in</strong> den vergangenen 15 Jahren vor<br />
67.626<br />
65.000<br />
64.385<br />
wirtschaftliche und soziale Herausforderungen und Probleme gestellt, <strong>die</strong><br />
61.711<br />
60.663<br />
sich <strong>in</strong> der negativen Bevölkerungsentwicklung deutlich widerspiegeln.<br />
60.000<br />
Die Hansestadt Stralsund hat so im Zeitraum 1990 bis 59.290 200558.874<br />
gut e<strong>in</strong> Viertel<br />
55.000 ihrer E<strong>in</strong>wohner verloren. Die Bevölkerungszahl sank von ehemals<br />
58.288<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
fast 73 000 auf nur mehr rund 58 000 Personen (vgl. Abb. 26).<br />
49
Die Bevölkerungszahl sank von ehemals fast 73.000 auf nur mehr gut 58.000 Personen (vgl. Abb.<br />
26).<br />
75.000<br />
70.000<br />
Abb. 26: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Hansestadt Stralsund<br />
1990 - 2006<br />
72.780<br />
70.749<br />
67.626<br />
65.000<br />
64.385<br />
61.711<br />
60.663<br />
60.000<br />
59.290<br />
58.874 58.288<br />
55.000<br />
1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
In der Hansestadt Anklam g<strong>in</strong>g <strong>die</strong> E<strong>in</strong>wohnerzahl von mehr als<br />
18 000 im Jahr 1991 auf weniger als 14 000 Personen im Jahr 2005 zurück.<br />
Dies bedeutet e<strong>in</strong>en Rückgang von fast 35 % seit der deutschen<br />
Wiedervere<strong>in</strong>igung (Abb. 27). Im Vergleich der acht untersuchten Städte<br />
und Geme<strong>in</strong>den weist Anklam <strong>die</strong> stärkste Bevölkerungsabnahme auf<br />
und bef<strong>in</strong>det sich damit am Ende der Entwicklungsskala, gefolgt von<br />
Sebnitz (– 30,2 %), Königste<strong>in</strong> (– 27,3 %), Stralsund (– 24,9 %) und mit<br />
etwas Abstand von Pirmasens (– 13,7 %). In Ludwigshafen (+ 0,7 %) ist<br />
<strong>die</strong> E<strong>in</strong>wohnerzahl nahezu unverändert. E<strong>in</strong>e deutliche Bevölkerungszunahme<br />
ist nur für Ehr<strong>in</strong>gshausen (+ 8,6 %) und Wölfersheim (+ 18,2 %)<br />
festzustellen (vgl. Abb. 28).<br />
Der Ausländeranteil <strong>in</strong> Vorpommern fällt äußerst ger<strong>in</strong>g aus, auch<br />
wenn, statistisch gesehen, im Zeitraum 1995 bis 2004 e<strong>in</strong>e leichte Erhöhung<br />
zu verzeichnen ist. Die Zahl der Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit<br />
stieg sowohl <strong>in</strong> der Stadt Stralsund als auch im Landkreis<br />
Ostvorpommern (<strong>in</strong>klusive der Kreisstadt Anklam) ebenso wie <strong>in</strong> ganz<br />
Mecklenburg-Vorpommern ger<strong>in</strong>gfügig um noch nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Prozentpunkt<br />
und blieb somit auf niedrigem Niveau. Im Jahr 2004 lag der<br />
50
nahezu unverändert. E<strong>in</strong>e deutliche Bevölkerungszunahme ist nur für Ehr<strong>in</strong>gshausen (+8,6%)<br />
und Wölfersheim (+18,2%) festzustellen (vgl. Abb. 28).<br />
19.000<br />
18.000<br />
17.000<br />
16.000<br />
15.000<br />
14.000<br />
13.000<br />
Abb. 27: Bevölkerungsentwicklung <strong>in</strong> der Hansestadt Anklam<br />
1991- 2005<br />
18.646<br />
17.941<br />
17.076<br />
16.587<br />
15.996<br />
15.488<br />
14.939<br />
13.821<br />
1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005<br />
30,0%<br />
20,0%<br />
10,0%<br />
0,0%<br />
-10,0%<br />
-20,0%<br />
-30,0%<br />
-40,0%<br />
Abb. 28: Zu- und Abnahme der Bevölkerung <strong>in</strong> den untersuchten<br />
Städten und Geme<strong>in</strong>den<br />
18,2%<br />
(1990-2006)<br />
8,6%<br />
(1990-2006)<br />
0,7%<br />
(1990-2006)<br />
Wölfersheim<br />
Ehr<strong>in</strong>gshausen<br />
Ludwigshafen<br />
-13,7%<br />
(1990-2006)<br />
-24,9%<br />
(1990-2006) -27,3% -30,2%<br />
(1990-2006) (1990-2006) -34,9%<br />
(1991-2005)<br />
Pirmasens<br />
Stralsund<br />
Königste<strong>in</strong><br />
Sebnitz<br />
Anklam<br />
Anteil ausländischer Personen <strong>in</strong> Vorpommern wie auch im gesamten<br />
Der Ausländeranteil <strong>in</strong> Vorpommern fällt äußerst ger<strong>in</strong>g aus, auch wenn, statistisch gesehen, im<br />
Bundesland unter 2,5 %. In Stralsund betrug der Wert 1,7 %, <strong>in</strong> Ostvorpommern<br />
Zeitraum 1995 bis<br />
2,0<br />
2004<br />
%<br />
e<strong>in</strong>e<br />
und<br />
leichte<br />
im Landesdurchschnitt<br />
Erhöhung zu verzeichnen<br />
2,3 %<br />
ist.<br />
(vgl.<br />
Die<br />
Abb.<br />
Zahl<br />
29).<br />
der Personen ohne<br />
deutsche Staatsangehörigkeit stieg sowohl <strong>in</strong> der Stadt Stralsund als auch im Landkreis Ostvorpommern<br />
(<strong>in</strong>klusive Die Arbeitslosenquote der Kreisstadt Anklam) ist zwischen ebenso 2001 wie und <strong>in</strong> ganz 2005 Mecklenburg-Vorpommern im gesamten Bundesland<br />
um noch Mecklenburg-Vorpommern nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Prozentpunkt um zweie<strong>in</strong>halb und blieb somit Prozentpunkte auf niedrigem Niveau. auf Im<br />
ger<strong>in</strong>gfügig<br />
22,1 % angestiegen. Die Stadt Stralsund mit 23,9 % und der Landkreis Ostvorpommern<br />
mit 26,8 % liegen dabei deutlich über dem Landesmittel (vgl.<br />
51
land unter 2,5%. In Stralsund betrug der Wert 1,7%, <strong>in</strong> Ostvorpommern 2,0% und im Landesdurchschnitt<br />
2,3% (vgl. Abb. 29).<br />
Abb. 29: Ausländeranteil <strong>in</strong> der Hansestadt Stralsund und im<br />
Landkreis Ostvorpommern sowie im Bundesland Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
5,0%<br />
Abb. 29: Ausländeranteil <strong>in</strong> der Hansestadt Stralsund und im<br />
4,0%<br />
Landkreis Ostvorpommern sowie im Bundesland Mecklenburg-<br />
3,0%<br />
Vorpommern<br />
Die der Landkreis Arbeitslosenquote Abb. 30). Ostvorpommern Die hohe ist zwischen Arbeitslosigkeit mit 26,8% 2001 liegen und von dabei 2005 rund deutlich im e<strong>in</strong>em gesamten über Viertel dem Bundesland Landesmittel der Bevölkerung<br />
hohe sowie um Arbeitslosigkeit zweie<strong>in</strong>halb <strong>die</strong> eher e<strong>in</strong>geschränkten Punkte von rund auf 22,1% e<strong>in</strong>em beruflichen angestiegen. Viertel der Bevölkerung wie Die Stadt wirtschaftlichen Stralsund sowie <strong>die</strong> mit Zu-<br />
eher 23,9% e<strong>in</strong>ge-<br />
und<br />
Mecklenburg- (vgl. Abb.<br />
Vorpommern 30). Die<br />
der<br />
schränkten<br />
Landkreis<br />
kunftsperspektiven beruflichen<br />
Ostvorpommern<br />
wie wirtschaftlichen <strong>in</strong><br />
mit<br />
der<br />
26,8%<br />
strukturschwachen<br />
liegen<br />
Zukunftsperspektiven<br />
dabei deutlich<br />
Region<br />
über<br />
<strong>in</strong> haben<br />
dem<br />
der<br />
Landesmittel<br />
strukturschwachen seit Anfang<br />
(vgl. Abb.<br />
Region<br />
der 1990er Jahre zu e<strong>in</strong>er verstärkten Abwanderung aus Vorpommern geführt,<br />
wie <strong>die</strong> stark zurückgegangenen E<strong>in</strong>wohnerzahlen der Städte Stral-<br />
30). Die<br />
haben<br />
hohe<br />
seit<br />
Arbeitslosigkeit<br />
Anfang der 1990er<br />
von rund<br />
Jahre<br />
e<strong>in</strong>em<br />
zu e<strong>in</strong>er<br />
Viertel<br />
verstärkten<br />
der Bevölkerung<br />
Abwanderung<br />
sowie<br />
aus<br />
<strong>die</strong><br />
Vorpommern<br />
eher e<strong>in</strong>geschränkten<br />
geführt, wie<br />
beruflichen<br />
<strong>die</strong> stark zurückgegangenen<br />
wie wirtschaftlichen<br />
E<strong>in</strong>wohnerzahlen<br />
Zukunftsperspektiven<br />
der Städte<br />
<strong>in</strong> der<br />
Stralsund<br />
strukturschwachen<br />
und Anklam exemplarisch<br />
Regiosund<br />
und Anklam exemplarisch zeigen (vgl. Abb. 26 und Abb. 27).<br />
haben<br />
zeigen<br />
seit Anfang<br />
(vgl. Abb.<br />
der<br />
26<br />
1990er<br />
u. Abb.<br />
Jahre<br />
27).<br />
zu e<strong>in</strong>er verstärkten Abwanderung aus Vorpommern<br />
geführt, wie <strong>die</strong> stark zurückgegangenen E<strong>in</strong>wohnerzahlen der Städte Stralsund und Anklam exemplarisch<br />
zeigen Abb. (vgl. Abb. 30: Arbeitlosenquote 26 u. Abb. 27). <strong>in</strong> der Hansestadt Stralsund und im<br />
Landkreis Ostvorpommern sowie im Bundesland Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
30,0%<br />
Abb. 30: Arbeitlosenquote <strong>in</strong> der Hansestadt Stralsund und im<br />
20,0%<br />
Landkreis Ostvorpommern sowie im Bundesland Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
52<br />
5,0% 2,0%<br />
4,0% 1,0%<br />
3,0% 0,0%<br />
Stralsund Ostvorpommern Mecklenburg-Vorpommern<br />
2,0%<br />
1995 0,9% 1,3% 1,6%<br />
1,0%<br />
2000 1,4% 1,6% 1,9%<br />
0,0%<br />
2004 Stralsund 1,7% Ostvorpommern 2,0% Mecklenburg-Vorpommern<br />
2,3%<br />
1995 0,9% 1,3% 1,6%<br />
2000 1,4% 1,6% 1,9%<br />
2004 1,7% 2,0% 2,3%<br />
Die Arbeitslosenquote ist zwischen 2001 und 2005 im gesamten Bundesland Mecklenburg-<br />
Vorpommern um zweie<strong>in</strong>halb Punkte auf 22,1% angestiegen. Die Stadt Stralsund mit 23,9% und<br />
30,0% 10,0%<br />
20,0%<br />
Stralsund Ostvorpommern Mecklenburg-Vorpommern<br />
10,0% 2001 21,6% 21,6% 19,6%<br />
2003 24,4% 24,0% 21,7%<br />
0,0%<br />
2005 Stralsund<br />
23,9%<br />
Ostvorpommern<br />
26,8%<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
22,1%<br />
2001 21,6% 21,6% 19,6%<br />
2003 24,4% 24,0% 21,7%<br />
2005 23,9% 26,8% 22,1%
Die Wahlbeteiligung auf kommunaler Ebene ist sowohl <strong>in</strong> Stralsund<br />
36<br />
und Anklam als auch im gesamten Landkreis Ostvorpommern äußerst<br />
niedrig und damit <strong>die</strong> Bereitschaft zur politischen Partizipation nur<br />
Die Wahlbeteiligung auf kommunaler Ebene ist sowohl <strong>in</strong> Stralsund und Anklam als auch im<br />
schwach vorhanden. Bei den Kommunalwahlen 1999 gab <strong>in</strong> den beiden<br />
gesamten Landkreis Ostvorpommern äußerst niedrig und damit <strong>die</strong> Bereitschaft zur politischen<br />
Hansestädten weniger als <strong>die</strong> Hälfte der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger ihre<br />
Partizipation Stimme nur ab. schwach Im Kreis vorhanden. Ostvorpommern Bei den Kommunalwahlen waren es zwar 1999 knapp gab mehr <strong>in</strong> den als beiden <strong>die</strong> Hansestädten<br />
Hälfte noch nicht der e<strong>in</strong>mal Wahlberechtigten, <strong>die</strong> Hälfte der Bürger<strong>in</strong>nen doch rutschte und der Bürger Wähleranteil ihre Stimme fünf ab. Im Jahre Kreis Ostvorpommern<br />
später waren auch es hier zwar unter knapp <strong>die</strong> mehr Fünfzig-Prozent-Marke. als <strong>die</strong> Hälfte der Wahlberechtigten, In Stralsund doch und Anklam<br />
fünf lag im Jahre Jahr später 2004 auch <strong>die</strong> Wahlbeteiligung hier unter <strong>die</strong> Fünfzig-Prozent-Marke. nur noch bei rund 40 In % Stralsund (vgl. und<br />
rutschte der<br />
Wähleranteil<br />
Anklam Abb. lag im 31). Jahr 2004 <strong>die</strong> Wahlbeteiligung nur noch bei rund 40% (vgl. Abb. 31).<br />
100,0%<br />
Abb. 31: Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen <strong>in</strong> den<br />
Hansestädten Stralsund und Anklam sowie im Landkreis<br />
Ostvorpommern<br />
75,0%<br />
50,0%<br />
25,0%<br />
0,0%<br />
Stralsund Anklam Ostvorpommern<br />
1999 44,1% 42,0% 54,6%<br />
2004 40,5% 39,5% 48,5%<br />
Mit dem Rückgang Mit dem der Rückgang sowieso schon der sowieso ger<strong>in</strong>gen schon Wahlbeteiligung ger<strong>in</strong>gen gehen Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen<br />
2004 hen deutliche bei den Stimmengew<strong>in</strong>ne Kommunalwahlen für <strong>die</strong> 2004 NPD deutliche e<strong>in</strong>her. In Stimmengew<strong>in</strong>ne der Stadt Anklam sowie für <strong>die</strong> im Land-<br />
gekreis<br />
Ostvorpommern, NPD e<strong>in</strong>her. In wo der <strong>die</strong> Stadt NPD Anklam jeweils zum sowie ersten im Mal Landkreis antrat, kam Ostvorpommern,<br />
<strong>die</strong> Partei – gewissermaßen<br />
aus wo dem <strong>die</strong> Stand NPD – auf jeweils Stimmenanteile zum ersten von Mal 8,0% antrat, bzw. 4,2%. kam <strong>die</strong> In Stralsund Partei – gelang gewissermaßen<br />
aus von dem 1999 Stand um knapp – auf zweie<strong>in</strong>halb Stimmenanteile Punkte auf von 3,9% 8,0 zu % steigern bzw. 4,2 (vgl.%. Abb. In 32).<br />
es der NPD,<br />
ihr Wahlergebnis<br />
Stralsund gelang es der NPD, ihr Wahlergebnis von 1999 um knapp zweie<strong>in</strong>halb<br />
Prozentpunkte auf 3,9 % zu steigern (vgl. Abb. 32).<br />
10,0%<br />
7,5%<br />
Abb. 32: Stimmenanteil der NPD bei der Kommunalwahlen <strong>in</strong><br />
den Hansestädten Stralsund und Anklam sowie im Landkreis<br />
Ostvorpommern (*nicht angetreten 1999)<br />
53
ßen aus dem Stand – auf Stimmenanteile von 8,0% bzw. 4,2%. In Stralsund gelang es der NPD,<br />
ihr Wahlergebnis von 1999 um knapp zweie<strong>in</strong>halb Punkte auf 3,9% zu steigern (vgl. Abb. 32).<br />
10,0%<br />
Abb. 32: Stimmenanteil der NPD bei der Kommunalwahlen <strong>in</strong><br />
den Hansestädten Stralsund und Anklam sowie im Landkreis<br />
Ostvorpommern (*nicht angetreten 1999)<br />
7,5%<br />
5,0%<br />
2,5%<br />
0,0%<br />
Stralsund Anklam* Ostvorpommern*<br />
1999 1,5%<br />
2004 3,9% 8,0% 4,2%<br />
Die Erfolge der NPD bei den Kommunalwahlen 2004 verhalfen der<br />
Partei <strong>in</strong> beiden Hansestädten zu kommunalen Mandaten. Sowohl <strong>in</strong> der<br />
Bürgerschaft Stralsund als auch <strong>in</strong> der Stadtvertretung Anklam bekam <strong>die</strong><br />
Partei zwei Mandate zugesprochen, von denen sie <strong>in</strong> Anklam lediglich<br />
e<strong>in</strong>es besetzen konnte, da ihre Bewerberliste nur e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zigen Kandidaten<br />
aufzuweisen hatte. Gew<strong>in</strong>ner der Wahlen waren neben der NPD vor<br />
allem <strong>die</strong> beiden Wählergeme<strong>in</strong>schaften „Bürger für Stralsund“ (BfS) und<br />
„Initiativen für Anklam“ (IfA) mit Resultaten von über 10 %. In Stralsund<br />
konnten zudem FDP und Grüne, <strong>die</strong> im Jahr 2004 als „Forum Kommunalpolitik“<br />
antraten, <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bürgerschaft e<strong>in</strong>ziehen. Wahlverlierer waren<br />
CDU, SPD und PDS mit Verlusten von bis 13 %, wobei <strong>die</strong> CDU jeweils<br />
stärkste Fraktion geblieben ist (vgl. Tab. 7 und Tab. 8).<br />
54
traten, <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bürgerschaft e<strong>in</strong>ziehen. Wahlverlierer waren CDU, SPD und PDS mit Verlusten<br />
von bis 13%, wobei <strong>die</strong> CDU jeweils stärkste Fraktion geblieben ist (vgl. Tab. 7 u. Tab. 8).<br />
Tab. 7: Wahlergebnisse der Kommunalwahlen 1999 und 2004<br />
<strong>in</strong> der Hansestadt Stralsund<br />
2004<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
1999<br />
<strong>in</strong> %<br />
(Mandate)<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
CDU 29,8 (13) 42,7 (20) -12,9 (7)<br />
PDS 22,3 (10) 25,5 (12) -3,2 (2)<br />
SPD 12,8 (5) 20,0 (10) -7,2 (5)<br />
FORUM [Grüne] 10,6 (5) 4,1 (0) +6,5 (5)<br />
BfS 10,6 (5) -- +10,6 (5)<br />
Michael Adomeit 4,4 (1) 1,4 (1) +3,0 (0)<br />
NPD 3,9 (2) 1,5 (0) +2,4 (2)<br />
FDP 3,5 (1) 1,7 (0) +1,8 (1)<br />
Tab. 8: Wahlergebnisse der Kommunalwahlen 1999 und 2004<br />
<strong>in</strong> der Hansestadt Anklam<br />
2004<br />
1999<br />
Veränderung<br />
<strong>in</strong> %<br />
<strong>in</strong> %<br />
<strong>in</strong> %-Punkte<br />
(Mandate)<br />
(Mandate)<br />
(Mandate)<br />
CDU 37,9 (9) 43,6 (11) -5,7 (3)<br />
IfA 15,6 (4) -- +15,6 (4)<br />
PDS 15,5 (4) 22,5 (6) -7,0 (2)<br />
SPD 10,7 (3) 22,1 (6) -11,4 (3)<br />
UBL ’94 10,3 (3) 10,3 (2) ±0,0 (-1)<br />
NPD 8,0 (2 [1]) -- +8,0 (2) (2)<br />
FDP 2,0 (0) 1,5 (0) +0,5 (0) (0)<br />
55
4. Ergebnisse der empirischen Untersuchung<br />
Der empirische Teil ist <strong>in</strong> sieben Kapitel untergliedert, <strong>in</strong> denen <strong>die</strong><br />
<strong>in</strong> den Interviews behandelten Themenbereiche wiedergeben werden. Es<br />
wurden 16 problemzentrierte, halbstrukturierte Interviews mit <strong>in</strong>sgesamt<br />
19 Personen (darunter zwei Frauen) geführt, <strong>die</strong> als Vertreter der Fraktionsvorstände<br />
von SPD und CDU zum Auftreten sowie zum Umgang mit<br />
der Politik und den Repräsentanten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> ihrer Stadt<br />
bzw. Geme<strong>in</strong>de befragt wurden. Im Mittelpunkt der Gespräche standen<br />
<strong>die</strong> Erfahrungen, Erkenntnisse und Verhaltenskonsequenzen der Interviewpartner,<br />
<strong>die</strong> zur Entwicklung von Strategievarianten <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit dem lokalen (parlamentarischen) Rechtsextremismus geführt<br />
haben. Die Auswertung der transkribierten und teilweise redaktionell<br />
überarbeiteten Interviews erfolgt daher themen- bzw. problemorientiert<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der Präsenz und Repräsentanz der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> den<br />
untersuchten Kommunen und <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong> Umgangs- und Gegenstrategien<br />
der demokratischen Kräfte sowohl <strong>in</strong>ner- als auch außerhalb der<br />
Parlamente.<br />
Der Auswertungsprozess selbst wird anhand der oben genannten<br />
Themenbereiche mit ihren <strong>in</strong>sgesamt 21 Leitfragen vorgenommen (siehe<br />
Anhang). Die Leitfragen <strong>die</strong>nen dabei als Orientierungsrahmen und<br />
Auswertungshilfe, um aus den zusammengefassten Fragekomplexen e<strong>in</strong><br />
Kategorienschema zu entwickeln, das wiederum <strong>die</strong> Grundlage der Inhaltsanalyse<br />
darstellen soll. Die Aussagen der Interviewpartner werden<br />
nicht als thematische Parteien-, Ost-West- oder Kommunalporträts präsentiert,<br />
sondern für <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Themenbereiche und Leitfragen nach<br />
57
<strong>in</strong>haltlich-systematischen Gesichtspunkten vorgestellt sowie <strong>in</strong> Thesenform<br />
kommentiert und <strong>in</strong>terpretiert. Die themenspezifischen Auswertungskategorien<br />
werden mithilfe des „thematischen Co<strong>die</strong>rens“ auf der<br />
Basis theoretischer Vorüberlegungen, aber auch aus dem Material selbst<br />
heraus entwickelt. Diese Vorgehensweise erlaubt es zudem, e<strong>in</strong>e qualitative<br />
wie ebenso quantifizierende Datenanalyse durchzuführen, mit der<br />
sich thematische Schwerpunkte sowohl <strong>in</strong>nerhalb als auch zwischen den<br />
e<strong>in</strong>zelnen Kommunen und Regionen aufzeigen lassen (vgl. Kap. 2). Zur<br />
Verdeutlichung wichtiger Erkenntnisse werden längere Interviewpassagen<br />
angeboten. Die <strong>in</strong>terviewten Personen bleiben dabei anonym. Die Zitate<br />
s<strong>in</strong>d nahezu unverändert <strong>in</strong> der gesprochenen Form wiedergegeben,<br />
um dem Leser e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck der Gesprächssituation zu vermitteln.<br />
Verteilung und Häufigkeiten der Auswertungskategorien s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Form<br />
tabellarischer Übersichten dargestellt. Die jeweiligen Kategorien f<strong>in</strong>den<br />
sich <strong>in</strong> den Zeilen der Tabellen; <strong>die</strong> Spalten enthalten <strong>die</strong> vier Regionen<br />
Mittelhessen, Pfalz, Sächsische Schweiz und Vorpommern mit den <strong>in</strong>sgesamt<br />
acht untersuchten Kommunen, <strong>die</strong> mit folgenden Abkürzungen versehen<br />
s<strong>in</strong>d: Ehr<strong>in</strong>gshausen = EHR, Wölfersheim = WÖ, Ludwigshafen =<br />
LU, Pirmasens = PS, Königste<strong>in</strong> = KÖ, Sebnitz = SEB, Stralsund = HST,<br />
Anklam = ANK. Die Ziffern <strong>in</strong> den Tabellen geben an, ob nur e<strong>in</strong>e (= 1)<br />
oder beide (= 2) Fraktionen von SPD und CDU Angaben zur jeweiligen<br />
Kategorie gemacht haben; bleibt das Feld leer, hat sich ke<strong>in</strong> Interviewpartner<br />
zu der Frage geäußert. In den Tabellen s<strong>in</strong>d jeweils alle <strong>in</strong> den<br />
Interviews gegebenen Antworten enthalten; sie s<strong>in</strong>d lediglich zu Antwortgruppen<br />
zusammengefasst. Die Häufigkeiten der Angaben über alle acht<br />
Kommunen h<strong>in</strong>weg s<strong>in</strong>d jeweils <strong>in</strong> der letzten Spalte ausgewiesen.<br />
58
4.1 Wahlerfolg und Auftreten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der Stadt/<br />
Geme<strong>in</strong>de<br />
Frage 1.1: Wie erklären Sie es sich, dass <strong>die</strong> NPD/„Republikaner“<br />
<strong>in</strong> ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de (zum wiederholten Mal) e<strong>in</strong>en solchen Wählerzuspruch<br />
erfahren hat/haben Zum Gesprächse<strong>in</strong>stieg wurden <strong>die</strong> Interviewpartner<br />
nach den aus ihrer Sicht möglichen Ursachen des rechts<strong>extreme</strong>n<br />
Wahlerfolgs <strong>in</strong> ihrer Kommune gefragt. In fast allen Interviews<br />
wird <strong>die</strong>ser Wählerzuspruch mit e<strong>in</strong>er Protesthaltung erklärt, <strong>die</strong> sowohl<br />
e<strong>in</strong>e Unzufriedenheit mit der eigenen und/oder der allgeme<strong>in</strong>en wirtschaftlichen<br />
und sozialen Situation als auch e<strong>in</strong>e Unzufriedenheit mit der<br />
Politik und Problemlösungskompetenz der etablierten Parteien zum Ausdruck<br />
br<strong>in</strong>ge.<br />
„Also, ich glaube, es ist zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e Enttäuschung <strong>gegen</strong>über den etablierten<br />
Parteien, <strong>die</strong> dabei zum Ausdruck kommt, also e<strong>in</strong> Protestwählerverhalten,<br />
das <strong>in</strong> der Stadt nach rechts geschlagen ist, nicht nach l<strong>in</strong>ks geschlagen ist, <strong>in</strong>sbesondere<br />
<strong>in</strong> der Kommunalwahl 2004, <strong>die</strong> nun auch unter e<strong>in</strong>em besonderen<br />
bundespolitischen Aspekt stand, wie man sich vielleicht er<strong>in</strong>nert, mit e<strong>in</strong>er hohen<br />
Unzufriedenheit auch mit der Bundesregierung. Das ist, glaube ich, e<strong>in</strong> Punkt.“<br />
„Zum Großteil ist es Protest und auch nicht rational, also nach me<strong>in</strong>em Verständnis.<br />
Es ist immer <strong>die</strong> Frage, was erachtet der E<strong>in</strong>zelne als rational, aber es ist eben<br />
nicht politisch rational im S<strong>in</strong>ne von vernünftig, wenn ich ohne jetzt an e<strong>in</strong>er<br />
Sachentscheidung oder an großen D<strong>in</strong>gen zu knüpfen, an Sachthemen, e<strong>in</strong>fach<br />
sage: ‚Und <strong>die</strong>smal sollen es <strong>die</strong> Braunen se<strong>in</strong>.‘“<br />
„Ich rechne das im Wesentlichen dem Protestwahlverhalten zu und sicherlich<br />
auch e<strong>in</strong>er sich verstärkenden rechten Szene – das will ich dabei nicht ausschließen<br />
–, <strong>die</strong> wir schon beobachten und mit Sorge beobachten.“<br />
„Ich denke, das ist e<strong>in</strong>e Vielzahl von Gründen, <strong>die</strong> zu so e<strong>in</strong>em Wahlergebnis<br />
führt. Das ist zum Teil Frust- oder Protestwahl, zum Teil auch tendenziell rechte<br />
Überzeugungen, <strong>die</strong> vielleicht mit mangelndem Geschichtsbildungsstand oder<br />
mangelnden Schlussfolgerungen zusammenhängen, also dass man e<strong>in</strong>fach auch<br />
Zusammenhänge nicht sieht.“<br />
59
Die Interviewpassagen zeigen, dass <strong>die</strong> Stimmabgabe zugunsten von<br />
NPD und REP nicht oder nicht nur als e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e bzw. rationale Protestwahl<br />
erklärt wird. In den Gesprächen wird immer wieder auf <strong>die</strong> Bedeutung<br />
von (tendenziell) rechts<strong>extreme</strong>n oder zum<strong>in</strong>dest latent fremdenfe<strong>in</strong>dlichen<br />
E<strong>in</strong>stellungen für <strong>die</strong> Wahlentscheidung h<strong>in</strong>gewiesen. Der<br />
NPD-Erfolg <strong>in</strong> der mittelhessischen Geme<strong>in</strong>de Ehr<strong>in</strong>gshausen wird von<br />
beiden Interviewpartnern als Bekenntniswahl deklariert, <strong>die</strong> Ausdruck<br />
e<strong>in</strong>er ideologischen Ges<strong>in</strong>nung sei, deren nationalistischen, fremdenfe<strong>in</strong>dlichen<br />
und antisemitischen Inhalte gerade am Stammtisch, <strong>in</strong> Kneipengesprächen,<br />
im vertrauten Bekannten- und Freundeskreis mehr oder<br />
weniger offen gezeigt würden.<br />
„Wir haben bei uns <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de immer noch e<strong>in</strong>e gewisse Klientel, also auch<br />
bei älteren Leuten, bei denen <strong>die</strong>se Thesen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> vertreten, auf fruchtbaren Boden<br />
stoßen. Die sich zwar nicht offen dazu bekennen, NPD zu wählen, <strong>die</strong> aber<br />
doch gerade, was Ausländerpolitik usw. betrifft, der NPD zustimmen. Also an<br />
den Stammtischen und Biertischen wird noch fleißig gefischt von der NPD.“<br />
„Es gibt ansche<strong>in</strong>end <strong>in</strong> der Bevölkerung so <strong>die</strong>se rechten Tendenzen, genauso<br />
wie es auch immer noch, was ich hier feststelle, e<strong>in</strong>en latenten Antisemitismus<br />
gibt. Am Stammtisch dann oder <strong>in</strong> der Kneipe kommt schon hier und da mal der<br />
Spruch vom F<strong>in</strong>anzjudentum und was <strong>die</strong> Amerikaner nicht alles gemacht hätten,<br />
und der Irak-Krieg, das wäre nur <strong>in</strong>szeniert wegen der Öl<strong>in</strong>teressen usw. Also da<br />
ist schon, man merkt es – auch weil ich mich gerade so mit der jüdischen Geschichte<br />
<strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen ause<strong>in</strong>andergesetzt habe –, merkt man’s schon, dass da<br />
so hier und da das so ankl<strong>in</strong>gt. Ja, und was damals gemacht wurde und … Also,<br />
so latent ist das hier und da, ist das immer noch da.“<br />
Vornehmlich <strong>in</strong> den strukturschwachen Gebieten (Westpfalz, Sächsische<br />
Schweiz, Vorpommern) werden Unzufriedenheit und Protest, aber<br />
auch rechts<strong>extreme</strong> E<strong>in</strong>stellungen und Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit <strong>in</strong> erster<br />
L<strong>in</strong>ie auf <strong>die</strong> hohe Arbeitslosigkeit und <strong>die</strong> ebenso vielfältigen wie weitreichenden<br />
sozialen Probleme zurückgeführt. Darüber h<strong>in</strong>aus seien es<br />
Bildungsdefizite und entsprechend ger<strong>in</strong>ge Chancen auf dem Arbeits-<br />
60
markt, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Wahlentscheidung zugunsten rechts<strong>extreme</strong>r Parteien<br />
begünstigen würden. In den ostdeutschen Regionen komme außerdem bei<br />
e<strong>in</strong>igen Menschen das Gefühl h<strong>in</strong>zu, den Anforderungen des politischökonomischen<br />
Systemwechsels und den Folgen des sozialen Strukturwandels<br />
nicht gewachsen zu se<strong>in</strong>.<br />
„Das hat mit der Schwäche der anderen Parteien zu tun. Das hat mit der allgeme<strong>in</strong>en<br />
Lebenssituation hier etwas zu tun. Man hat hier aufgrund wirtschaftlicher,<br />
sozialer und auch vor allem bildungsmäßiger Verwerfung e<strong>in</strong> leichtes Feld, um<br />
Ideen, populistische Ansätze für Lösungen zu verbreiten und damit Stimmen zu<br />
gew<strong>in</strong>nen.“<br />
Zum Teil wird <strong>die</strong> Rechtswahl auch e<strong>in</strong>fach als Jugendproblem und<br />
Bildungsdefizit erklärt. E<strong>in</strong>e niedrige schulische Bildung und <strong>die</strong> damit<br />
<strong>in</strong> der Regel verbundenen schlechteren Berufsaussichten sowie e<strong>in</strong>e gewisse<br />
Unkenntnis über <strong>die</strong> Ideologie und Programmatik der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n mache gerade junge Leute für autoritär-nationalistische Parolen<br />
und populistische Lösungsangebote empfänglich. Insbesondere seien es<br />
<strong>die</strong> jungen Männer, <strong>die</strong> sich von der NPD und der rechts<strong>extreme</strong>n Szene<br />
angezogen fühlen. Zur Attraktivität der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n trage außerdem<br />
ihr verstärktes Engagement im Jugend- und Freizeitbereich bei, welches<br />
von CDU und SPD nicht geleistet werden könne, sei es nun aufgrund von<br />
„Imageproblemen“ als Regierungsverantwortliche oder bed<strong>in</strong>gt durch<br />
fehlende f<strong>in</strong>anzielle und personelle Ressourcen.<br />
„Ich denke mal, das ist e<strong>in</strong>e Unzufriedenheit <strong>in</strong> der Bevölkerung gewesen und <strong>die</strong><br />
Parolen, mit denen <strong>die</strong> Leute agieren, <strong>die</strong> s<strong>in</strong>d angenommen worden von e<strong>in</strong>er<br />
Schicht – das denke ich zum<strong>in</strong>dest –, <strong>die</strong> zum Teil Jugendliche s<strong>in</strong>d, zum Teil<br />
unzufriedene Leute s<strong>in</strong>d – mit sich selber – und <strong>die</strong> e<strong>in</strong>fach das angenommen<br />
haben, sag ich mal, und da <strong>die</strong>jenigen <strong>die</strong> Stimmen gezogen haben.“<br />
„Auf der e<strong>in</strong>en Seite gibt es <strong>die</strong> allgeme<strong>in</strong>e Entwicklung vor allem <strong>in</strong> der Jugend,<br />
der männlichen Jugend relativ viel Unzufriedenheit mit der gesamtpolitischen<br />
Situation, e<strong>in</strong>e gewisse Protesthaltung nach dem Motto: ‚Wählen wir gerade mal<br />
61
NPD.‘ Das spielt sicher e<strong>in</strong>e große Rolle. Auch fehlende Ause<strong>in</strong>andersetzung mit<br />
den H<strong>in</strong>tergründen der NPD. Das ganz sicher auch.“<br />
„Und bei jungen Leuten –, ich kenne es von me<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dern – <strong>die</strong> s<strong>in</strong>d um Gotteswillen<br />
ke<strong>in</strong>e Rechtsradikalen, <strong>die</strong> s<strong>in</strong>d eher l<strong>in</strong>ks e<strong>in</strong>gestellt –, aber sie haben<br />
da halt Bekannte und Freunde und Clubs und Treffs und was weiß ich nicht alles,<br />
und dort erzählen <strong>die</strong>, dass es also doch teilweise unter den jungen Männern e<strong>in</strong>e<br />
große Sympathie gibt für <strong>die</strong> NPD.“<br />
„Es gibt auch noch e<strong>in</strong> anderes Problem, was da sicher dah<strong>in</strong>ter steckt. Die<br />
NPD und <strong>die</strong> PDS, das s<strong>in</strong>d eigentlich <strong>die</strong> beiden Parteien, denen es gel<strong>in</strong>gt,<br />
Jugendarbeit zu machen. Das fehlt uns, der CDU. Wir haben kaum Möglichkeiten<br />
mit unserem Programm, mit unserer Geschichte, mit unserer Darstellung<br />
<strong>in</strong> der Öffentlichkeit, wie es heute Regierungsverantwortung eben ist, an<br />
junge Leute ranzukommen. Und der SPD sche<strong>in</strong>t das ähnlich zu gehen. Nach<br />
me<strong>in</strong>er Wahrnehmung ist <strong>in</strong> unserer Region noch e<strong>in</strong> bisschen Jugendarbeit für<br />
<strong>die</strong> FDP möglich. Junge Leute, <strong>die</strong> sich für Politik <strong>in</strong>teressieren ten<strong>die</strong>ren zur<br />
FDP teilweise.“<br />
„Protest, sag ich jetzt mal, e<strong>in</strong>fach mit der Unzufriedenheit, was ja eigentlich<br />
geschuldet ist ihrem Bildungsstand. Ich tue es jetzt mal auf <strong>die</strong>, <strong>die</strong> man so kennt<br />
aus der Stadt, <strong>die</strong> Leute, wo ich weiß, <strong>die</strong> gehören zu dem Kreis. Das s<strong>in</strong>d ja<br />
unbestritten viele Arbeitslose, <strong>die</strong> aber aufgrund ihres Bildungsstandes e<strong>in</strong>fach<br />
ke<strong>in</strong>e Arbeit mehr f<strong>in</strong>den, ja, das wissen wir ja, das ist nun mal so.“<br />
Die mangelnde Ause<strong>in</strong>andersetzung sowohl mit dem heutigen<br />
Rechtsextremismus als auch mit dem historischen Nationalsozialismus<br />
führe darüber h<strong>in</strong>aus zu e<strong>in</strong>er Verharmlosung, <strong>die</strong> es möglich macht,<br />
dass sich e<strong>in</strong>e nach ihrer Ideologie und Programmatik klar antidemokratische<br />
Partei wie <strong>die</strong> NPD als e<strong>in</strong>e wählbare politische Alternative<br />
darstellen kann. In den neuen Bundesländern werde daher <strong>die</strong> NPD von<br />
vielen Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern als e<strong>in</strong>e „normale demokratische“ Partei<br />
begriffen, auch weil sich dort ihre Anhänger strategisch geschickt<br />
mit neonazistischen Parolen zurückhielten. Der Umstand, dass <strong>die</strong> NPD<br />
nicht verboten ist und damit <strong>in</strong> den Augen vieler Menschen nicht oder<br />
weniger stigmatisiert sei, verh<strong>in</strong>dere zudem e<strong>in</strong>e kritische wie gleicher-<br />
62
maßen couragierte Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Rechtsextremismus <strong>in</strong><br />
Ostdeutschland.<br />
„Sicherlich auch fehlendes Geschichtsbewusstse<strong>in</strong>, das denk ich mal. Die NPD<br />
versteht es ja, sehr geschickt gewisse Stammtischparolen zu transportieren, hoffähig<br />
zu machen. Und zu Stammtischparolen gehört sicherlich auch, dass man<br />
sagt: ‚Was brauchen wir <strong>in</strong> Deutschland Ausländer‘, ‚Der Adolf war ja doch nicht<br />
so schlecht‘. Solche Sprüche gibt’s sicherlich überall <strong>in</strong> Deutschland; nicht nur<br />
<strong>in</strong> Deutschland, <strong>die</strong> gibt’s auch anderswo. Und das verkörpert <strong>die</strong> NPD letzten<br />
Endes. Und dadurch, dass sie legal wählbar ist, ist das <strong>die</strong> Möglichkeit, solchen<br />
Gedankengängen auch mal Ausdruck zu verleihen, denke ich: ‚Okay, so schlecht<br />
s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> ja gar nicht, <strong>die</strong> übrige Politik passt mir eh nicht, also wählen wir <strong>die</strong><br />
jetzt mal.‘“<br />
„Es ist e<strong>in</strong>e gewisse Normalität <strong>in</strong> unserer Gegend. NPD ist wählbar. Die s<strong>in</strong>d<br />
Leute ke<strong>in</strong>e Dummen, <strong>die</strong> sich auch zurückhalten mit Parolen.“<br />
„H<strong>in</strong>zu kommt, dass <strong>die</strong> NPD nicht <strong>in</strong> dem Maße stigmatisiert ist <strong>in</strong> den neuen<br />
Bundesländern, wie das <strong>in</strong> den alten Bundesländern der Fall ist. Also hier wird<br />
sie vielfach tatsächlich als demokratische Partei begriffen, weil sie ja nicht verboten<br />
ist und zum dritten aufgrund des Strategiewechsels der NPD, <strong>die</strong> nicht<br />
mehr martialisch, glatzköpfig durch <strong>die</strong> Straßen marschieren, sondern <strong>die</strong> nett<br />
gescheitelten blonden Jungs beg<strong>in</strong>nen jetzt, den alten Damen über <strong>die</strong> Straße zu<br />
helfen und <strong>die</strong> E<strong>in</strong>käufe nach Hause zu tragen.“<br />
„Auch was ich e<strong>in</strong>gangs sagte, <strong>die</strong> NPD ist nichts Unberührbares, dass man sagt:<br />
‚I bäh! Wollen wir nichts mit zu tun haben.‘“<br />
In vier der untersuchten Kommunen wird <strong>die</strong> Wahl der NPD vor allem<br />
als Wahl e<strong>in</strong>er bestimmten Personen erklärt, der es gelungen sei, das<br />
rechts<strong>extreme</strong> Wählerpotential – ob nun aus Protest oder aus Überzeugung<br />
– an sich zu b<strong>in</strong>den. Beispiele s<strong>in</strong>d Volker Sachs <strong>in</strong> Wölfersheim,<br />
Uwe Leichsenr<strong>in</strong>g († 30.08.2006) <strong>in</strong> Königste<strong>in</strong> und Dr. Johannes Müller<br />
<strong>in</strong> Sebnitz. Die Wahlentscheidung wird von den Interviewpartnern weniger<br />
auf <strong>die</strong> Parteizugehörigkeit als vielmehr auf <strong>die</strong> Person selbst zurückgeführt,<br />
<strong>die</strong> allerd<strong>in</strong>gs zugleich das Gesicht der NPD vor Ort ist.<br />
63
„Ja, über 20 Prozent. Ich muss allerd<strong>in</strong>gs dazu sagen, der Herr Sachs, ich sag<br />
immer nur Herr Sachs, weil der eigentlich das Leitbild der NPD <strong>in</strong> Wölfersheim<br />
ist. Es gibt ke<strong>in</strong>e mehr h<strong>in</strong>ter ihm und ke<strong>in</strong>e mehr nach ihm, so dass das Ganze<br />
steht und fällt mit dem Herrn Sachs eigentlich, und ich würde mal sagen, das ist<br />
e<strong>in</strong> Familienbetrieb.“<br />
„Es spielte hier auch <strong>die</strong> Person e<strong>in</strong>e Rolle bei der Wahl. Der Herr Leichsenr<strong>in</strong>g,<br />
der damals noch gelebt hat, der verunglückt ist letztes Jahr, den würde man als<br />
den netten Nachbarn von nebenan beschreiben. Er ist bekannt gewesen, er war<br />
Fahrschullehrer hier am Ort. Viele haben ihren Führersche<strong>in</strong> dort gemacht, haben<br />
ihn als gar nicht so als den Rechtsradikalen oder Rechts<strong>extreme</strong>n kennen gelernt,<br />
sondern eben als den netten Mitmenschen. Und das ist für viele, <strong>die</strong> haben eben<br />
nicht <strong>die</strong> NPD gewählt, sondern den Uwe, eben den Uwe Leichsenr<strong>in</strong>g. So, und<br />
der hat ja auch e<strong>in</strong> Wahlplakat gedruckt, wo nicht NPD drauf stand, sondern:<br />
UWE. Da haben mich manche gefragt, so Touristen hier <strong>in</strong> der Region, was das<br />
für e<strong>in</strong>e Partei ist, ob das e<strong>in</strong>e Umweltpartei ist, und bis sie dann dah<strong>in</strong>ter gekommen<br />
s<strong>in</strong>d, das ist ja eigentlich e<strong>in</strong> Vorname: Uwe.“<br />
„Ja, das ist ja dort so ähnlich gelaufen, so ist der Leichsenr<strong>in</strong>g, ich sag mal, über unseren<br />
Johannes Müller der Aktivposten <strong>in</strong> der Sächsischen Schweiz gewesen. Da hat<br />
er dann als E<strong>in</strong>zelperson auch unwahrsche<strong>in</strong>lich viele Stimmen auf sich gee<strong>in</strong>t.“<br />
Die <strong>in</strong>sgesamt 15 Antwortkategorien und ihre Verteilung über <strong>die</strong> acht<br />
Städte und Geme<strong>in</strong>den h<strong>in</strong>weg s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 9 dokumentiert. Der Blick<br />
auf <strong>die</strong> Tabelle zeigt, dass <strong>die</strong> Befragten den Wählerzuspruch für <strong>die</strong><br />
<strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> vor allem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mischung aus politischer Unzufriedenheit<br />
und wirtschaftlichen wie sozialen Problemlagen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
mit fremdenfe<strong>in</strong>dlichen und mitunter auch ausgeprägten rechts<strong>extreme</strong>n<br />
E<strong>in</strong>stellungen begründet sehen. In Bezug auf <strong>die</strong> Häufigkeiten der Kategorien<br />
ist zu erkennen, dass <strong>die</strong> Stimmabgabe zugunsten von NPD oder<br />
REP fast überall vornehmlich als Protestwahl erklärt wird. E<strong>in</strong>zige Ausnahme<br />
s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> beiden Interviewpartner <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen, <strong>die</strong> eher von<br />
e<strong>in</strong>er Bekenntniswahl ausgehen. Das Motiv der Unzufriedenheit f<strong>in</strong>det<br />
sich da<strong>gegen</strong> <strong>in</strong> allen acht Kommunen wieder, wenn auch nicht <strong>in</strong> allen<br />
16 Interviews. Es lässt sich somit festhalten, dass <strong>die</strong> Befragten zur Er-<br />
64
klärung der rechts<strong>extreme</strong>n Wahlerfolge auf e<strong>in</strong>en Wählertypus verweisen,<br />
der <strong>in</strong> der Wissenschaft, aber auch <strong>in</strong> der Politik und den Me<strong>die</strong>n<br />
häufig als „Modernisierungsverlierer“ bezeichnet wird. Diesen Typus<br />
charakterisiert e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle ökonomisch-soziale Benachteiligung,<br />
<strong>die</strong> sowohl real <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er objektiven Mangelersche<strong>in</strong>ung (Arbeitslosigkeit,<br />
niedriges E<strong>in</strong>kommen etc.) als auch imag<strong>in</strong>iert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er subjektiven<br />
Wahrnehmung (Zukunftspessimismus, soziale Vergleichsprozesse) begründet<br />
se<strong>in</strong> kann.<br />
43<br />
Tab. 9: Wie erklären Sie es sich, dass <strong>die</strong> NPD/„Republikaner“ <strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
(zum wiederholten Mal) e<strong>in</strong>en solchen Wählerzuspruch erfahren hat/haben<br />
Parteien Frage der 1.2: <strong>extreme</strong>n S<strong>in</strong>d <strong>Rechte</strong>n Aktivitäten fallen <strong>in</strong> den der meisten NPD/„Republikaner“ der untersuchten Städten auch und Geme<strong>in</strong>den außerhalb<br />
vor allem des durch Parlaments das Verteilen festzustellen von Flugblättern, Flyern Die oder Parteien sonstiger der Postwurfsendung <strong>extreme</strong>n auf, <strong>Rechte</strong>n<br />
wobei<br />
ihre<br />
fallen<br />
kommunalen<br />
<strong>in</strong> den<br />
Repräsentanten<br />
meisten der<br />
wenig<br />
untersuchten<br />
bis gar nicht <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung<br />
Städten und<br />
treten.<br />
Geme<strong>in</strong>den<br />
Die Verteilung<br />
der Flugblätter konzentriere sich nach Auskunft der Interviewpartner vorzugsweise auf solche<br />
vor allem durch das Verteilen von Flugblättern, Flyern oder sonstiger<br />
Gegenden oder Stadtteile, <strong>die</strong> von den Befragten als „soziale Brennpunkte“ bezeichnet werden<br />
Postwurfsendung auf, wobei ihre kommunalen Repräsentanten wenig<br />
und wo (dementsprechend) <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> ihre Wählerklientel vermute. Die ke<strong>in</strong>eswegs vorrangig<br />
kommunal- bzw. lokalpolitischen Themen und Inhalte der rechts<strong>extreme</strong>n Flugblätter<br />
bis gar nicht als Repräsentanten ihrer Partei <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten. Die<br />
Verteilung der Flugblätter konzentriere sich nach Auskunft der Inter-<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Protestwahl 2 2 2 2 2 2 2 14<br />
Unzufriedenheit 1 1 2 1 1 1 1 2 10<br />
Bekenntniswahl 2 1 1 2 1 2 1 10<br />
Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit 1 1 2 1 1 1 2 9<br />
Arbeitslosigkeit/soziale Probleme 1 2 2 1 2 8<br />
Personenwahl 2 2 2 1 7<br />
Bildungsdefizite 2 1 1 1 5<br />
NPD als „normale“ Partei 2 1 1 4<br />
Ängste als „Wendefolgen“ 1 2 3<br />
Probleme mit Systemanpassung 2 2<br />
Ländliche Struktur 2 2<br />
Jugendphänomen 2 2<br />
Jugendarbeit der <strong>Rechte</strong>n 1 1<br />
Verharmlosung Rechtsextremismus 1 1<br />
Fehlen von Zivilcourage 1 1<br />
Frage 1.2: S<strong>in</strong>d Aktivitäten der NPD/„Republikaner“ auch außerhalb des Parlamentes festzustellen Die<br />
seien ebenso populistisch wie provokativ aufbereitet und würden <strong>in</strong> der Bevölkerung teilweise auf<br />
verdeckte, mitunter auch offene Zustimmung stoßen.<br />
„Und dann f<strong>in</strong>de ich halt ab und zu mal <strong>die</strong> Blättchen der NPD im Briefkasten, ja Das ist eigentlich das,<br />
wo der Sachs am meisten auffällt, dass er e<strong>in</strong> eifriger Verteiler von Pamphleten ist.“<br />
65
viewpartner vorzugsweise auf solche Gegenden oder Stadtteile, <strong>die</strong> von<br />
den Befragten als „soziale Brennpunkte“ bezeichnet werden und wo<br />
(dementsprechend) <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> ihre Wählerklientel vermute.<br />
Die ke<strong>in</strong>eswegs vorrangig kommunal- bzw. lokalpolitischen Themen<br />
und Inhalte der rechts<strong>extreme</strong>n Flugblätter seien ebenso populistisch<br />
wie provokativ aufbereitet und würden <strong>in</strong> der Bevölkerung teilweise auf<br />
verdeckte, mitunter auch offene Zustimmung stoßen.<br />
„Und dann f<strong>in</strong>de ich halt ab und zu mal <strong>die</strong> Blättchen der NPD im Briefkasten,<br />
ja Das ist eigentlich das, wo der Sachs am meisten auffällt, dass er e<strong>in</strong> eifriger<br />
Verteiler von Pamphleten ist.“<br />
„Sie produzieren Flugblätter und verteilen <strong>die</strong> <strong>in</strong> der ganzen Stadt. Die s<strong>in</strong>d nie<br />
aktuell <strong>die</strong> D<strong>in</strong>ger, deshalb brauchen <strong>die</strong> manchmal drei, vier Monate, bis überall<br />
<strong>die</strong>se Flugblätter landen, aber sie kommen an, und sie machen das mit ihrer<br />
Handvoll Leute, <strong>die</strong> sie haben.“<br />
„Also <strong>die</strong> Menschen mit Informationen zu versorgen, und sie scheuen auch überhaupt<br />
nicht zurück, sich mit der Presse anzulegen. Ich er<strong>in</strong>nere mich an e<strong>in</strong> Flugblatt<br />
im letzten Jahr, da stand oben drüber groß ‚Schwe<strong>in</strong>ejournalismus‘. Weil<br />
e<strong>in</strong>fach <strong>die</strong> Presse bei uns zu Hause halt auch mal aufgezeigt hat, wo <strong>die</strong> Fehler<br />
liegen des E<strong>in</strong>fachgestricktse<strong>in</strong>s, und dann wurde das als ‚Schwe<strong>in</strong>ejournalismus‘<br />
bezeichnet. Und das geht dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kommune rum, und, äh, wenn sie,<br />
äh, 20 000 <strong>die</strong>ser Flugblätter verteilen, dann stoßen sie ganz bestimmt auf 150,<br />
200 Leute, denen das gefällt, was da dr<strong>in</strong>nen steht.“<br />
„Also, der Herr Leichsenr<strong>in</strong>g hat halt Informationsarbeit geleistet, der hat halt<br />
immer mal so e<strong>in</strong>e – wie hieß das –, ja, Klartext, so e<strong>in</strong> A4-Faltblatt verteilt.<br />
[…] Nee, der hat direkt hier für <strong>die</strong> Stadt so e<strong>in</strong> Klartext, so e<strong>in</strong> Zettelchen da<br />
geschrieben und hat dann immer mal berichtet als Stadtrat oder zu Themen, <strong>die</strong><br />
hier, ich sag jetzt mal, populistisch s<strong>in</strong>d.“<br />
„Von der NPD kommen regelmäßig Flyer <strong>in</strong> alle Haushalte, <strong>die</strong> <strong>die</strong> politische<br />
Arbeit der NPD im Landtag vorstellen und <strong>in</strong> besten Worten umschreiben.“<br />
„Ich habe noch nie hier, ganz selten mal so e<strong>in</strong> Flugblatt im Briefkasten gehabt.<br />
Also sie wissen offensichtlich, wo sie h<strong>in</strong>gehen müssen, wo sie auch Anerken-<br />
66
44<br />
„Und außer <strong>die</strong>sem Flugblatt gibt es nichts, und <strong>die</strong>ses Flugblatt ersche<strong>in</strong>t so <strong>in</strong> etwa zweimal im Jahr<br />
vielleicht.“<br />
nung und e<strong>in</strong> Ohr f<strong>in</strong>den. Das ist draußen <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen Vorstädten und <strong>die</strong>sen sozialen<br />
„Also, Brennpunkten. der Herr Leichsenr<strong>in</strong>g Also hat wenn halt Informationsarbeit ich <strong>in</strong> <strong>die</strong> Kneipe geleistet, gehe, der hat ist halt das immer noch mal nie so e<strong>in</strong>e Thema – wie<br />
hieß das –, ja, Klartext, so e<strong>in</strong> A4-Faltplatt, also A3 gefaltet auf A4. […] Nee, der hat direkt hier für <strong>die</strong><br />
gewesen, weil hier e<strong>in</strong> ganz anderes Publikum ist.“<br />
Stadt so e<strong>in</strong> Klartext, so e<strong>in</strong> Zettelchen da geschrieben und hat dann immer mal berichtet als Stadtrat oder<br />
zu Themen, <strong>die</strong> hier, ich sag, so rechten Themen <strong>die</strong> so, sag jetzt mal, populistisch s<strong>in</strong>d.“<br />
„Natürlich. Dieser Herr Andrejewski, der geht, jetzt nicht mehr, weil er jetzt ja <strong>in</strong><br />
Schwer<strong>in</strong> „Von der NPD paar kommen Tage regelmäßig <strong>in</strong> der Woche Flyer <strong>in</strong> wohl alle Haushalte, auch noch <strong>die</strong> <strong>die</strong> sitzen politische muss, Arbeit und der ansonsten NPD im Landtag hat<br />
vorstellen und <strong>in</strong> besten Worten umschreiben.“<br />
man den täglich hier im Stadtbild gesehen, dass der <strong>in</strong> der Regel fast alle<strong>in</strong>e hier<br />
<strong>die</strong> Briefkästen und ähnliche D<strong>in</strong>ge mit Flugblättern und Schriften, Inselbote,<br />
„Ich habe noch nie hier, ganz selten mal so e<strong>in</strong> Flugblatt im Briefkasten gehabt. Also sie wissen offen-<br />
Anklamer Bote , so was gibt’s hier alles, versehen hat.“<br />
sichtlich, so wie Sie sagen, wo sie h<strong>in</strong>gehen müssen, wo sie auch Anerkennung und e<strong>in</strong> Ohr f<strong>in</strong>den. Das ist<br />
draußen <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen Vorstädten und <strong>die</strong>sen sozialen Brennpunkten. Also wenn ich <strong>in</strong> <strong>die</strong> Kneipe gehe, ist<br />
das noch nie Thema gewesen und so was, weil hier e<strong>in</strong> ganz anderes Publikum ist.“<br />
Wie <strong>in</strong> Tabelle 10 zu erkennen ist, werden als weitere Aktivitäten der <strong>extreme</strong>n<br />
„Natürlich. <strong>Rechte</strong>n Dieser auch Herr Andrejewski, Plakataktionen der geht, genannt, jetzt nicht mehr, <strong>die</strong> allerd<strong>in</strong>gs weil jetzt ja nur <strong>in</strong> Schwer<strong>in</strong> Wahlkampfzeiten<br />
dass der verstärkt <strong>in</strong> der Regel fast betrieben alle<strong>in</strong>e hier würden. <strong>die</strong> Briefkästen In den und ähnliche beiden D<strong>in</strong>ge vorpommerschen mit Flugblättern und Hanse-<br />
Schriften,<br />
paar Tage <strong>in</strong><br />
der Woche wohl auch noch sitzen muss, und ansonsten hat man den täglich hier im Stadtbild gesehen,<br />
Inselbote, was hier so alles, Anklamer Bote , so was gibt's hier alles, versehen hat.“<br />
städten Stralsund und Anklam sowie im pfälzischen Ludwigshafen wird<br />
von Wie Aufmärschen <strong>in</strong> Tabelle 10 zu erkennen der Rechts<strong>extreme</strong>n ist, werden als weitere berichtet, Aktivitäten wie am der 1.-Mai-Feiertag. <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n auch In<br />
Stralsund Plakataktionen verweisen genannt, <strong>die</strong> allerd<strong>in</strong>gs Befragten nur zudem <strong>in</strong> Wahlkampfzeiten auf „K<strong>in</strong>derfeste“ verstärkt betrieben der NPD, würden. <strong>die</strong> <strong>die</strong> In<br />
Partei den beiden h<strong>in</strong> und vorpommerschen wieder an öffentlichen Hansestädten Stralsund Plätzen und für Anklam Familien sowie veranstalte im pfälzischen und Ludwigshafen<br />
durchaus wird von e<strong>in</strong>er Aufmärschen regen Teilnahme der Rechts<strong>extreme</strong>n erfreuen berichtet, würden; wie der z.B. am NPD 1.-Mai-Feiertag. kommt hier In<br />
<strong>die</strong><br />
sich<br />
ansche<strong>in</strong>end Stralsund verweisen ihr vergleichsweise <strong>die</strong> Befragten zudem moderates auf „K<strong>in</strong>derfeste“ Auftreten der NPD, sowie welche ihre <strong>die</strong> <strong>in</strong> Partei Teilen h<strong>in</strong> der und<br />
Bevölkerung<br />
wieder an öffentlichen<br />
vorhandene<br />
Plätzen für<br />
Akzeptanz<br />
Familien veranstalte<br />
als „normale<br />
und <strong>die</strong><br />
Partei“<br />
sich durchaus<br />
zugute.<br />
e<strong>in</strong>er regen Teilnahme<br />
erfreuen würden; der NPD kommt hier ansche<strong>in</strong>end ihr vergleichsweise moderates Auftreten<br />
sowie zum ihre Beispiel <strong>in</strong> Teilen hier der <strong>in</strong> Bevölkerung Bodenaue, vorhandene das ist der Akzeptanz Park, den als „normale Sie hier Partei“ sehen, zugute. wenn<br />
„Also<br />
Sie aus dem Fenster gucken, da haben <strong>die</strong> regelmäßig K<strong>in</strong>derfeste durchgeführt.<br />
Die „Also netten zum Beispiel jungen hier Burschen <strong>in</strong> Bodenaue, haben das ist dann der Park, Sackhüpfen den Sie hier sehen, gemacht wenn und, Sie aus was dem weiß Fenster ich, gucken,<br />
da haben <strong>die</strong> <strong>die</strong>s, regelmäßig das und K<strong>in</strong>derfeste jenes, durchgeführt. und das fanden Die netten natürlich jungen Burschen viele Leute, haben dann <strong>die</strong> Sack-<br />
hier<br />
Malaktionen,<br />
so hüpfen sonntags gemacht durch und, was <strong>die</strong> weiß Bodenaue ich, Malaktionen, gehen, <strong>die</strong>s, um das und den jenes, K<strong>in</strong>dern und das e<strong>in</strong> fanden bisschen natürlich viele Grün Leute, zu<br />
<strong>die</strong> hier so sonntags durch <strong>die</strong> Bodenaue gehen, um den K<strong>in</strong>dern e<strong>in</strong> bisschen Grün zu zeigen, natürlich<br />
zeigen, natürlich schick, dass da irgendwas war.“<br />
schick, dass da irgendwas war.“<br />
Kategorien<br />
Tab. 10: S<strong>in</strong>d Aktivitäten der NPD/„Republikaner“ auch außerhalb<br />
des Parlamentes festzustellen<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz<br />
Sächs. Vorpommern<br />
Pfalz<br />
<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Flugblätter 2 2 1 1 2 2 10<br />
Plakate 1 1 1 1 4<br />
Aufmärsche 2 1 2 3<br />
„K<strong>in</strong>derfeste“ 2 2<br />
67
Frage 1.3: Existiert e<strong>in</strong>e sichtbare rechts<strong>extreme</strong> Szene <strong>in</strong> Ihrer Stadt/<br />
Geme<strong>in</strong>de Die Frage nach dem Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er rechts<strong>extreme</strong>n<br />
Szene <strong>in</strong> der Kommune wird von den meisten Interviewpartnern negativ<br />
beantwortet, wie <strong>in</strong> Tabelle 11 (am Ende <strong>die</strong>ses Abschnitts) zu sehen ist.<br />
Sieben Befragte schließen zwar <strong>die</strong> Existenz e<strong>in</strong>er solchen Szene nicht<br />
aus, betonen aber zugleich, dass <strong>die</strong>se noch bis vor e<strong>in</strong>igen Jahren kaum<br />
öffentlich wahrnehmbar gewesen sei. E<strong>in</strong>ige der <strong>in</strong>terviewten Kommunalpolitiker<br />
bekunden zudem freimütig ihre Unwissenheit <strong>in</strong> Bezug auf<br />
<strong>die</strong> Existenz e<strong>in</strong>er rechts<strong>extreme</strong>n Szene vor Ort.<br />
„Ja also, <strong>die</strong> gibt es, aber <strong>die</strong> ist noch sehr kle<strong>in</strong>. Sie kommen nicht so richtig<br />
hoch, sagen wir es mal so; sie soll es geben. Also ich persönlich weiß es nicht<br />
hundertprozentig, aber es soll <strong>die</strong> geben. Wie gesagt, es wird nicht so, so, so publik<br />
gemacht, dass es <strong>die</strong>se Szene gibt.“<br />
„Es gab damals auf dem Höhepunkt, so vor zehn, zwölf Jahren, gab es hier und<br />
da mal Hakenkreuz-Schmierereien, aber das war auch das E<strong>in</strong>zige.“<br />
Im Zusammenhang mit dem öffentlichen Auftreten rechts<strong>extreme</strong>r Personen<br />
und Gruppen wird darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass von den Bürger<strong>in</strong>nen und<br />
Bürgern <strong>die</strong>se Präsenz nicht als sonderlich problematisch wahrgenommen<br />
wird. Die Zugehörigkeit zur rechts<strong>extreme</strong>n Szene werde stattdessen als e<strong>in</strong><br />
Teil der Jugendkultur gesehen und als weitgehend normal empfunden.<br />
„Am Neuen Markt genau, da ist das. Da haben <strong>die</strong> ihren Laden, und das ist auch<br />
Szenetreff. Die hatten auch früher schon mal e<strong>in</strong>en Laden, der ist aber e<strong>in</strong>geschlafen<br />
wieder. Also <strong>die</strong> versuchen schon immer, sich hier zu etablieren […].<br />
Es ist andererseits, aber auch nicht stigmatisiert. Also wenn man zum Beispiel<br />
Freunde aus dem Westen zu Besuch hat, <strong>die</strong> beispielsweise aus dem Ruhrgebiet<br />
kommen, <strong>die</strong> staunen darüber, mit welcher Offenheit hier durchaus rechtsradikale<br />
Symbole, Kleidung getragen wird. Wenn der durch Gelsenkirchen gehen würde,<br />
der hätte nach zwei M<strong>in</strong>uten <strong>die</strong> Fresse dick. Das würde sich ja ke<strong>in</strong> Mensch<br />
trauen. Ja, und das ist schon so e<strong>in</strong> Unterschied. Also der geme<strong>in</strong>e Bürger nimmt<br />
das so nicht wahr, dass das wirklich, dass das rechtsradikal ist, sondern das ist<br />
halt e<strong>in</strong> Jugendlicher mit se<strong>in</strong>er für ihn typischen Kleidung. Ob das e<strong>in</strong> Punker<br />
68
ist oder e<strong>in</strong> Rechtsradikaler, da machen sich viele Leute gar ke<strong>in</strong>en Kopf drum,<br />
das unterscheiden <strong>die</strong> so nicht.“<br />
Zu e<strong>in</strong>er verstärkten Akzeptanz <strong>in</strong> Teilen der Bevölkerung verhilft<br />
den Rechts<strong>extreme</strong>n auch ihr öffentliches bzw. öffentlichkeitswirksames<br />
Auftreten als kle<strong>in</strong>- und gutbürgerliche Biedermänner. Auf <strong>die</strong>se Weise<br />
gel<strong>in</strong>gt es ihnen, e<strong>in</strong>e Art Gruppenzugehörigkeit, e<strong>in</strong>e gewisse Nähe und<br />
Vertrautheit zu den Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern herzustellen, um angebliche<br />
Geme<strong>in</strong>samkeiten und Schicksalsbezüge mit ihnen zu konstruieren.<br />
„Das war vorher schon zu spüren, dass man da also nicht <strong>die</strong>se vordergründige,<br />
doch etwas auch abstoßende, für viele abstoßende Masche gewählt hat, sondern<br />
mehr <strong>die</strong>se leise Biedermann-Geschichte. […] Das ist teilweise auch ganz gut<br />
angekommen: ‚Das s<strong>in</strong>d doch eigentlich welche von uns, <strong>die</strong> s<strong>in</strong>d doch eigentlich<br />
nicht anders, denen geht es genauso beschissen wie uns. Das s<strong>in</strong>d doch welche<br />
von uns, <strong>die</strong> sprechen auch so e<strong>in</strong> bisschen Platt.‘ Und genau bei <strong>die</strong>sen, da kommen<br />
sie am besten an.“<br />
E<strong>in</strong> erhebliches Personenpotential für <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> wird von<br />
den Interviewpartnern <strong>in</strong> Anklam gesehen. Sollte <strong>die</strong> Akzeptanz der NPD<br />
<strong>in</strong> der Bevölkerung weiter steigen, wäre es nach Me<strong>in</strong>ung der Befragten<br />
durchaus denkbar, dass sich Menschen zur NPD bekennen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s ansonsten<br />
nie getan hätten. E<strong>in</strong>e schw<strong>in</strong>dende Stigmatisierung der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n würde also <strong>die</strong> öffentliche politisch-ideologische Positionierung<br />
für <strong>die</strong> NPD erst möglich machen.<br />
„Ich sehe sogar – und ich sag das mal, ohne Namen zu nennen – sehe ich hier<br />
Leute, wenn <strong>die</strong> merken, dass <strong>die</strong> Sache – na, wie soll man das ausdrücken – erfolgreich<br />
ist, erfolgreich ist und auch, sagen wir mal, von den Menschen hier<br />
nicht – na ja, heute ist es immer so e<strong>in</strong>e gewisse Empf<strong>in</strong>dlichkeit da, ob man sich<br />
jetzt wirklich als Nazi öffentlich h<strong>in</strong>stellen würde –, dann könnten auch Leute,<br />
ich sag mal, wie ich und andere: ‚Der Das kann ja wohl nicht wahr se<strong>in</strong>.‘ Aber<br />
wie sie hoffähig hier wird, und sie ist dabei hoffähig zu werden, da spr<strong>in</strong>gen auf<br />
den Wagen … Ich könnte Ihnen Namen nennen, ich könnte <strong>die</strong> Namen …, und<br />
ich könnte <strong>die</strong> auch versiegeln.“<br />
69
In Stralsund und Anklam würden zudem Angehörige der Kommunalverwaltung<br />
heimliche Sympathien für <strong>die</strong> NPD hegen. So wird angeführt,<br />
dass Verwaltungsangestellte Informationen zu brisanten Themen an <strong>die</strong><br />
NPD weitergeleitet hätten, um <strong>die</strong>se gezielt <strong>in</strong> <strong>die</strong> öffentliche Diskussion<br />
br<strong>in</strong>gen zu können. Trifft <strong>die</strong> Behauptung zu, dann würden rechts<strong>extreme</strong><br />
Orientierungen bis <strong>in</strong> <strong>die</strong> städtische Adm<strong>in</strong>istration h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>reichen und<br />
wären nicht nur e<strong>in</strong> Phänomen sozialer Problemviertel, wie oft <strong>in</strong> den<br />
Interviews behauptet wird.<br />
„E<strong>in</strong> weiteres Beispiel: Es gab e<strong>in</strong>en Asylbewerber, der hier aufhältig war, der<br />
brauchte für e<strong>in</strong>e Erkrankung sehr, sehr teure Medikamente. Dem wurden wöchentlich,<br />
ich sag jetzt mal, dem mussten dreitausend Euro zur Verfügung gestellt<br />
werden als außerplanmäßige Leistung für medikamentöse Versorgung. Das<br />
wurde thematisiert. Ich weiß nicht, wie <strong>die</strong> drauf gekommen s<strong>in</strong>d. Man muss<br />
dazu sagen, es gibt <strong>in</strong> der Verwaltung Leute, <strong>die</strong> denen <strong>die</strong> Themen auch so zuwerfen,<br />
das soll ja nicht. So, und das haben <strong>die</strong> thematisiert.“<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus ist es <strong>in</strong> Stralsund das Verhalten der Polizei <strong>gegen</strong>über<br />
rechts<strong>extreme</strong>n Gruppierungen und Straftätern, das aus Sicht e<strong>in</strong>es Befragten<br />
genügend Anlass zur Kritik biete. Beim Thema Rechtsextremismus<br />
offenbare sich e<strong>in</strong>e Zögerlichkeit und mangelnde E<strong>in</strong>satzbereitschaft<br />
der Beamten, <strong>die</strong> es politisch motivierten Straftätern relativ leicht mache.<br />
Nach Me<strong>in</strong>ung des Interviewpartners sei <strong>die</strong> Stralsunder Polizei deshalb<br />
auch auf dem „rechten Auge bl<strong>in</strong>d“.<br />
„Ja, e<strong>in</strong> gewisses Gewaltpotential klar, aber ich würde jetzt nicht sagen – also<br />
ich mache ja selber auch viel Strafrecht –, dass das hier überdurchschnittlich ist,<br />
hier <strong>in</strong> Stralsund, oder überdurchschnittlich rechtsradikal. Ja, und ich habe mal<br />
e<strong>in</strong> persönliches Erlebnis gehabt, da habe ich noch <strong>in</strong> der Innenstadt gewohnt,<br />
und das war im Sommer. Da habe ich aus dem Fenster geschaut, und da zog so<br />
e<strong>in</strong>e Gruppe vorbei, und e<strong>in</strong>er brüllte immer ‚Heil, Hitler! Heil, Hitler! Heil,<br />
Hitler!‘ Und da habe ich gesagt, er soll <strong>die</strong> Schnauze halten, und da brüllte er<br />
immer weiter. Und da habe ich gesagt, so jetzt machste mal ernst und habe <strong>die</strong><br />
Polizei gerufen. Die kam dann auch und alle<strong>in</strong> aus der Tatsache, dass ich nie<br />
als Zeuge vernommen worden b<strong>in</strong>, unterstelle ich mal, dass <strong>die</strong> <strong>die</strong> Geschichte<br />
70
gar nicht weiterverfolgt haben. […] Ja, ja. Also das noch mal bissel zu der Ernsthaftigkeit<br />
der Arbeit der Ermittlungsbehörden. Also auf dem rechten Auge s<strong>in</strong>d<br />
<strong>die</strong> hier wirklich bl<strong>in</strong>d. Im Zweifel s<strong>in</strong>d das <strong>die</strong> eigenen Söhne, <strong>die</strong> hier rum marschieren.“<br />
Tabelle 11 zeigt <strong>die</strong> Verteilung der Antworthäufigkeiten über <strong>die</strong> acht<br />
Kommunen. Im pfälzischen Pirmasens sowie <strong>in</strong> den beiden untersuchten<br />
47<br />
Städten der Sächsischen Schweiz wird <strong>die</strong> Existenz e<strong>in</strong>er rechts<strong>extreme</strong>n<br />
Szene<br />
Tabelle 11<br />
ausdrücklich<br />
zeigt <strong>die</strong> Verteilung<br />
verne<strong>in</strong>t.<br />
der Antworthäufigkeiten<br />
Zur Begründung<br />
über<br />
wird<br />
<strong>die</strong> acht<br />
angeführt,<br />
Kommunen.<br />
dass<br />
Im pfälzischen<br />
Pirmasens <strong>Rechte</strong> sowie gerade <strong>in</strong> den dort, beiden wo untersuchten sie wahltaktisch Städten der erfolgreich Sächsischen Schweiz ist, nicht wird ne-<br />
<strong>die</strong><br />
<strong>die</strong><br />
<strong>extreme</strong><br />
gativ Existenz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er und rechts<strong>extreme</strong>n <strong>gegen</strong>über Szene der Öffentlichkeit ausdrücklich verne<strong>in</strong>t. auffallen Zur Begründung wolle und wird angeführt, aus <strong>die</strong>sem dass<br />
Grund <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> darauf <strong>Rechte</strong> bedacht gerade dort, sei, wo ihr sie „Nest wahltaktisch sauber erfolgreich zu halten“, ist, nicht so negativ <strong>die</strong> <strong>in</strong> Formulierunüber<br />
der Öffentlichkeit Interviewpartner. auffallen wolle Allerd<strong>in</strong>gs und aus <strong>die</strong>sem muss Grund auch darauf angemerkt bedacht sei, werden, ihr „Nest dass sau-<br />
und <strong>gegen</strong>-<br />
<strong>in</strong> ber den zu halten“, übrigen so <strong>die</strong> Kommunen Formulierung der <strong>die</strong> Interviewpartner. H<strong>in</strong>weise auf Allerd<strong>in</strong>gs Aktivitäten muss auch rechts<strong>extreme</strong>r<br />
angemerkt werden,<br />
dass <strong>in</strong> den übrigen ke<strong>in</strong>eswegs Kommunen so <strong>die</strong> deutlich H<strong>in</strong>weise und auf Aktivitäten ausgeprägt rechts<strong>extreme</strong>r s<strong>in</strong>d, wie Gruppierun-<br />
<strong>die</strong> Zah-<br />
Gruppierungen<br />
len gen ke<strong>in</strong>eswegs <strong>die</strong>s vermuten so deutlich lassen. und ausgeprägt s<strong>in</strong>d, wie <strong>die</strong> Zahlen <strong>die</strong>s vermuten lassen.<br />
Tab. 11: Existiert e<strong>in</strong>e sichtbare rechts<strong>extreme</strong> Szene <strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Rechts<strong>extreme</strong> Szene 1 1 2 2 1 7<br />
Verwaltung verharmlost Rechts 1 1 2<br />
Sympathisanten <strong>in</strong> der Verwaltung 1 1 2<br />
Personenpotential 2 2<br />
Auftreten als Biedermänner 1 1<br />
In Bevölkerung nicht stigmatisiert 1 1<br />
Kritik am Verhalten der Polizei 1 1<br />
4.2 Wahrnehmung der <strong>extreme</strong>n der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n im <strong>Rechte</strong>n Kommunalparlament im Kommunalparlament<br />
Frage 2.1: Welche Themen spricht <strong>die</strong> NPD/sprechen <strong>die</strong> „Republikaner“ im Parlament an Die Übersicht<br />
<strong>in</strong> Tabelle Frage 122.1: (am Ende Welche <strong>die</strong>ses Themen Anschnitts) spricht zeigt, dass <strong>die</strong> <strong>die</strong> NPD/sprechen thematische Schwerpunktsetzung <strong>die</strong> „Republikaner“<br />
rechts<strong>extreme</strong>n im Parlament Fraktionen und an Mandatsträger Die Übersicht vor allem <strong>in</strong> lokalpolitisch Tabelle 12 und (am sachorientiert Ende <strong>die</strong>ses ausge-<br />
der<br />
Abschnitts) richtet ist und sich zeigt, weniger dass an e<strong>in</strong>er <strong>die</strong> akzentuiert thematische erkennbaren Schwerpunktsetzung Ideologiefacette oder der Programmatik rechts<strong>extreme</strong>n<br />
orientiert. In Fraktionen Mittelhessen wie und auch Mandatsträger <strong>in</strong> der Sächsischen Schweiz vor allem und Vorpommern lokalpolitisch wird von und den<br />
Interviewpartnern der SPD und CDU übere<strong>in</strong>stimmend angegeben, dass <strong>die</strong> NPD-Abgeordneten<br />
vorzugsweise lokale und alltagsbezogene Sachfragen zu sozial-, verkehrs- und fiskalpolitischen<br />
Themen aufgreifen, <strong>die</strong> es ihnen erlauben, sich als „Anwälte der kle<strong>in</strong>en Leute“ und „Verteidiger<br />
deutscher Interessen“ <strong>gegen</strong> „<strong>die</strong> da oben“ zu profilieren. Bei der Themenauswahl gehe es der<br />
NPD denn auch nicht um e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Str<strong>in</strong>genz oder Qualität ihres politischen Angebots,<br />
71
sachorientiert ausgerichtet ist und sich weniger an e<strong>in</strong>er akzentuiert erkennbaren<br />
Ideologiefacette oder Programmatik orientiert. In Mittelhessen<br />
wie auch <strong>in</strong> der Sächsischen Schweiz und Vorpommern wird von den<br />
Interviewpartnern der SPD und CDU übere<strong>in</strong>stimmend angegeben, dass<br />
<strong>die</strong> NPD-Abgeordneten vorzugsweise lokale und alltagsbezogene Sachfragen<br />
zu sozial-, verkehrs- und f<strong>in</strong>anzpolitischen Themen aufgreifen, <strong>die</strong><br />
es ihnen erlauben, sich als „Anwälte der kle<strong>in</strong>en Leute“ und „Verteidiger<br />
deutscher Interessen“ <strong>gegen</strong> „<strong>die</strong> da oben“ zu profilieren. Bei der Themenauswahl<br />
gehe es der NPD denn auch nicht um e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Str<strong>in</strong>genz<br />
oder Qualität ihres politischen Angebots, sondern alle<strong>in</strong> um dessen<br />
öffentliche Wirksamkeit. Die rechts<strong>extreme</strong> Politik wird deshalb von den<br />
Befragten als vorrangig protestorientiert und ausgesprochen populistisch<br />
charakterisiert.<br />
„Ja, e<strong>in</strong> roter oder brauner Faden lässt sich da eigentlich nicht erkennen, sondern<br />
das kommt drauf an. […] <strong>in</strong>sbesondere wird halt den Volksparteien vorgeschlagen,<br />
äh, vorgeworfen, dass sie <strong>die</strong> ‚kle<strong>in</strong>en Leute‘ nicht vertreten und <strong>die</strong> ‚kle<strong>in</strong>en,<br />
dummen Deutschen‘ <strong>in</strong>sbesondere nicht.“<br />
„Also, soweit ich es mitbekommen habe, haben <strong>die</strong> bisher immer Themen besetzt,<br />
wo sie me<strong>in</strong>ten, da gibt es e<strong>in</strong>e Unzufriedenheit, und da haben <strong>die</strong> versucht,<br />
drauf zu spr<strong>in</strong>gen, allerd<strong>in</strong>gs oft <strong>in</strong> der Ausführung halt sehr dilettantisch, das<br />
muss man auch sehen.“<br />
„Ja, man greift <strong>die</strong> Themen auf, <strong>die</strong> der Bürger auf der Straße hat. Also ob jetzt<br />
der Fußweg verbreitet werden muss, weil <strong>die</strong> Frau mit dem K<strong>in</strong>derwagen nicht<br />
lang kommt.“<br />
„Sonst s<strong>in</strong>d das ganz st<strong>in</strong>knormale Themen: <strong>die</strong> Wanderwege müssen …, <strong>die</strong><br />
Bank, <strong>die</strong> verfault, muss wieder <strong>in</strong> Ordnung gebracht werden oder der Fußweg<br />
oder … Also ganz normale, ich sag jetzt mal, Sachthemen im Stadtrat.“<br />
„Er hat also sich <strong>die</strong> Themen, <strong>die</strong> sozialen Themen raus gegriffen: Straßenausbau,<br />
Beitragerhöhung, Grundsteuer, und alles solche Sachen, <strong>die</strong> notwendig<br />
s<strong>in</strong>d, damit der kommunale Haushalt funktioniert, wo auch <strong>die</strong> Rechtsaufsicht<br />
72
mit draufguckt. […] Gut, wir mussten viel e<strong>in</strong>sparen: K<strong>in</strong>dergarten, Schulessen,<br />
alles solche Sachen. Die Eltern verstehen das ja am Ende. Aber so was kann man<br />
ja mit Populismus ganz schön zum Hochkochen br<strong>in</strong>gen. Und das s<strong>in</strong>d so <strong>die</strong><br />
Themen.“<br />
„Sie haben ja so e<strong>in</strong> paar von den Themen, <strong>die</strong> Sie gesagt haben: ‚Da s<strong>in</strong>d wir als<br />
NPD da<strong>gegen</strong>.‘ Die s<strong>in</strong>d schon festgelegt, das ist zum Beispiel Thema Straßenausbaubeiträge,<br />
<strong>die</strong>ses Thema, was ja bei Instandsetzung e<strong>in</strong>er Straße auftritt, da<br />
s<strong>in</strong>d sie konsequent da<strong>gegen</strong>, und das wird auch jedes Mal, weil das Thema auch<br />
relativ oft, immer wieder re<strong>in</strong> kommt, weil dann immer e<strong>in</strong>e Satzungsänderung<br />
oder irgendwas ist, geht das jedes mal wieder los, ist es also jedes mal wieder<br />
e<strong>in</strong>e Grundsatzdiskussion im Stadtparlament dann. Das ist e<strong>in</strong> Hauptthema.“<br />
„Das s<strong>in</strong>d Themen wie der Zustand von Spielplätzen. […] Die gehen dann so <strong>in</strong><br />
<strong>die</strong>se Vororte und stellen sich da h<strong>in</strong>, und dann kommt irgendwie e<strong>in</strong>e Mutter und<br />
sagt: ‚Mensch, das ist ziemlich doof hier, dass <strong>die</strong> Hunde immer <strong>in</strong> <strong>die</strong> Sandkiste<br />
kacken.‘ So, dann: ‚Oh, das nehmen wir an.‘ Solche Alltagsthemen, und beim<br />
letzten Mal hatten sie hier etwas, da g<strong>in</strong>g es um Nutzung e<strong>in</strong>er Parkfläche e<strong>in</strong>er<br />
leer stehenden Schule, […] und dann stellen <strong>die</strong> eben so e<strong>in</strong>en Antrag und sagen:<br />
‚Wir möchten gerne, dass geprüft wird, ob man <strong>die</strong> nicht für <strong>die</strong> Nutzer der Turnhalle<br />
der Schule‘, <strong>die</strong> immer noch <strong>in</strong> Betrieb ist, ‚zur Verfügung gestellt wird.‘<br />
So Sachen, wo man auf den ersten Blick denkt: Ja Mensch, <strong>die</strong> denken sich was<br />
dabei, das kommt dem Bürger unmittelbar zu Gute.“<br />
E<strong>in</strong>zig <strong>die</strong> Stadtfraktionen der „Republikaner“ <strong>in</strong> Ludwigshafen und<br />
Pirmasens würden nach Auskunft der Interviewpartner weniger sachoder<br />
protestorientierte Themen aufgreifen. Die Politik der Partei sei stattdessen<br />
eher fremdenfe<strong>in</strong>dlich, antisemitisch und geschichtsrelativistisch<br />
ausgerichtet. Wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen anderen untersuchten Kommunen, werde<br />
auch hier der Versuch unternommen, <strong>die</strong> soziale Frage mit der nationalen<br />
zu verb<strong>in</strong>den; <strong>die</strong> ökonomisch-sozialen Problemlagen der Kommune werden<br />
ethnisch e<strong>in</strong>gefärbt und nationalistisch aufgeladen, um Sündenböcke<br />
und verme<strong>in</strong>tlich Schuldige präsentieren zu können.<br />
„Also, wahrnehmbar waren Anfragen, <strong>die</strong> sich ause<strong>in</strong>andergesetzt haben mit<br />
der Frage Migration, Ausländerpolitik, Migrationspolitik der Stadt, anfangs auf<br />
73
e<strong>in</strong>em würdelosem Niveau, teilweise von der Fragestellung her so, dass <strong>die</strong> Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit<br />
erkennbar war.“<br />
„Hartz IV und Ausländer, wobei das verknüpft wird, <strong>in</strong>dem er sagt, <strong>die</strong> Ausländer<br />
s<strong>in</strong>d dran schuld; man hat Schuldige.“<br />
„Ich sagte ja vorh<strong>in</strong> schon mal, sie haben e<strong>in</strong> Thema, was sich durch alles durchzieht,<br />
das ist <strong>die</strong> Ausländerfrage – bei jeder sich bietenden Gelegenheit.“<br />
„Manchmal, manchmal geht es auch <strong>in</strong> <strong>die</strong> Richtung antijüdisch. Also es gibt,<br />
Sie<br />
„Ich<br />
kennen<br />
sagte ja vorh<strong>in</strong><br />
<strong>die</strong>se<br />
schon<br />
Aktion<br />
mal, sie<br />
vielleicht:<br />
haben e<strong>in</strong> Thema,<br />
Stolperste<strong>in</strong>e.<br />
was sich durch<br />
[…]<br />
alles<br />
Da<br />
durchzieht,<br />
s<strong>in</strong>d sie<br />
das<br />
sehr<br />
ist<br />
da<strong>gegen</strong>,<br />
<strong>die</strong> Ausländerfrage<br />
– bei jeder sich bietenden Gelegenheit.“<br />
dass man so was macht. […] Sie sagen dann: ‚Wenn man das macht, dann wär’s<br />
doch m<strong>in</strong>destens genauso berechtigt auch für <strong>die</strong> vielen Opfer der Weltkriege, <strong>die</strong><br />
„Manchmal, manchmal geht es auch <strong>in</strong> <strong>die</strong> Richtung, äh, antijüdisch. Also es gibt, Sie kennen <strong>die</strong>se Akti-<br />
von den Alliierten zu verantworten s<strong>in</strong>d, auch e<strong>in</strong> Denkmal zu errichten.‘“<br />
on vielleicht: Stolperste<strong>in</strong>e. […] Da s<strong>in</strong>d sie sehr da<strong>gegen</strong>, dass man so was macht. […] Ja, weil e<strong>in</strong>fach,<br />
wenn man das macht, dann wär’s doch m<strong>in</strong>destens genauso berechtigt auch für <strong>die</strong> vielen Opfer der Weltkriege,<br />
<strong>die</strong> von den Alliierten zu verantworten s<strong>in</strong>d, auch e<strong>in</strong> Denkmal zu errichten.“<br />
„Es wird im Pr<strong>in</strong>zip Weltpolitik dargestellt. Also, <strong>die</strong> Juden s<strong>in</strong>d dran Schuld,<br />
<strong>die</strong> haben das Kapital, <strong>die</strong> haben das andere unterstützt, <strong>die</strong> Amerikaner haben<br />
„Es wird, im Pr<strong>in</strong>zip wird Weltpolitik dargestellt. Also, <strong>die</strong> Juden s<strong>in</strong>d dran Schuld, <strong>die</strong> haben das Kapital,<br />
Deutschland <strong>die</strong> haben das anderen zerbombt unterstützt, und, <strong>die</strong> und, Amerikaner und. haben Also Deutschland es geht überhaupt zerbombt und, nicht und, und. um Also lokale es<br />
besondere geht überhaupt Situationen, nicht um lokale <strong>die</strong> besondere werden Situationen, allenfalls <strong>die</strong> als werden Beispiel allenfalls genannt, als Beispiel um genannt, darauf um darauf<br />
h<strong>in</strong>zuweisen.“<br />
h<strong>in</strong>zuweisen.“<br />
49<br />
Tab. 12: Welche Themen spricht <strong>die</strong> NPD/sprechen <strong>die</strong> „Republikaner“ im Parlament an<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Sachorientiert/lokalpolitisch 2 2 2 2 2 2 12<br />
Protestorientiert/populistisch 1 1 2 2 1 7<br />
Rechtsextrem/fremdenfe<strong>in</strong>dlich 1 1 2 2 2 1 7<br />
Frage 2.2: Wie sieht das Verhalten, d.h. vor allem <strong>die</strong> Kommunikation und das Auftreten, der<br />
Frage 2.2: Wie sieht das Verhalten, das heißt vor allem <strong>die</strong> Kommunikation<br />
und das Auftreten, der NPD/„Republikaner“ im Parlament aus<br />
NPD/„Republikaner“ im Parlament aus Das Verhalten der rechts<strong>extreme</strong>n Mandatsträger fällt im<br />
Vergleich der acht Kommunen sehr unterschiedlich aus, wie Tabelle 13 (am Ende <strong>die</strong>ses Anschnitts)<br />
Das Verhalten<br />
zu entnehmen<br />
der<br />
ist.<br />
rechts<strong>extreme</strong>n<br />
Als verbal aggressiv<br />
Mandatsträger<br />
und konfrontativ<br />
fällt<br />
wird ihre<br />
im<br />
Kommunikation<br />
Vergleich der<br />
<strong>in</strong><br />
acht den Städten Kommunen Pirmasens sehr und unterschiedlich Stralsund sowie <strong>in</strong> den aus, mittelhessischen wie Tabelle Geme<strong>in</strong>den 13 (am Ende Ehr<strong>in</strong>gshausen <strong>die</strong>ses<br />
Abschnitts) und Wölfersheim zu (hier entnehmen zur Hochphase ist. der Als NPD verbal Anfang aggressiv der 1990er und Jahre) konfrontativ beschrieben. wird<br />
ihre Kommunikation <strong>in</strong> den Städten Pirmasens und Stralsund sowie <strong>in</strong><br />
den „Es kommt mittelhessischen natürlich an jeder Geme<strong>in</strong>den passenden und unpassenden Ehr<strong>in</strong>gshausen durchaus und mal vor. Wölfersheim Also wenn's mal (hier höher<br />
hergeht <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>devertretung, dann kriegen wir gesagt, dass wir alle <strong>die</strong> Büttel der Alliierten s<strong>in</strong>d<br />
zur Hochphase der NPD Anfang der 1990er Jahre) beschrieben.<br />
und überhaupt... den Zionismus unterstützen und Gott weiß, was alles machen. Das kommt schon an<br />
jeder passenden und unpassenden Stelle, aber hat oft so ke<strong>in</strong>en Sachbezug oder so oder wird nicht <strong>in</strong> Anträge<br />
umgesetzt, also dass <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>de bestimmte Sachen tun oder lassen sollte.“<br />
74<br />
„Die Aggressivität fällt schon massiv auf, weil man schon merkt, da ist e<strong>in</strong>e andere Qualität dah<strong>in</strong>ter an<br />
Ablehnung, nicht nur der <strong>in</strong>haltlichen Art, sondern halt wirklich bis tief <strong>in</strong>s Persönliche, weil wir eigentlich<br />
alle dauernd unterstellt bekommen, wie eigennützig zu verfahren oder uns persönlich zu bereichern oder<br />
uns <strong>gegen</strong>seitig Bauplätze zuzuschanzen […], aber solche Sachen kommen eigentlich dauernd."
„Es kommt natürlich an jeder passenden und unpassenden [Gelegenheit] durchaus<br />
mal vor. Also wenn’s mal höher hergeht <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>devertretung, dann<br />
kriegen wir gesagt, dass wir alle <strong>die</strong> Büttel der Alliierten s<strong>in</strong>d und überhaupt …<br />
den Zionismus unterstützen und Gott weiß, was alles machen. Das kommt schon<br />
an jeder passenden und unpassenden Stelle, aber hat oft so ke<strong>in</strong>en Sachbezug<br />
oder wird nicht <strong>in</strong> Anträge umgesetzt, also dass <strong>die</strong> Geme<strong>in</strong>de bestimmte Sachen<br />
tun oder lassen sollte.“<br />
„Die Aggressivität fällt schon massiv auf, weil man schon merkt, da ist e<strong>in</strong>e<br />
andere Qualität dah<strong>in</strong>ter an Ablehnung, nicht nur der <strong>in</strong>haltlichen Art, sondern<br />
halt wirklich bis tief <strong>in</strong>s Persönliche, weil wir eigentlich alle dauernd unterstellt<br />
bekommen, eigennützig zu verfahren oder uns persönlich zu bereichern oder uns<br />
<strong>gegen</strong>seitig Bauplätze zuzuschanzen […], aber solche Sachen kommen eigentlich<br />
dauernd.“<br />
„Ja, aber das war nur ’89/’90, als <strong>die</strong> Presse, Funk und Fernsehen da waren, ja, da<br />
hat er mal richtig gewettert, was wir eigentlich wollten. Die NPD wären doch <strong>die</strong><br />
Juden Deutschlands, von der jetzigen Lage her, sie würden doch nur verfolgt.“<br />
„Ja gut, das s<strong>in</strong>d, ja s<strong>in</strong>d sicherlich schon schlimme Äußerungen: ‚Multikulti ist<br />
Völkermord‘ und so was.“<br />
In den anderen Kommunen präsentiere sich <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> nach<br />
E<strong>in</strong>schätzung der Befragten eher kle<strong>in</strong>bürgerlich und bieder. Das moderate<br />
Auftreten stelle jedoch nur e<strong>in</strong> taktisches Verhalten dar, um ihr e<strong>in</strong>en<br />
„bürgerlichen Anstrich“ zu geben und auf <strong>die</strong>se Weise mehr Akzeptanz<br />
<strong>in</strong> der Bevölkerung zu erlangen. Rechts<strong>extreme</strong> Positionen und Akteure<br />
sollen damit „salonfähig“ gemacht werden und vom Rand <strong>in</strong> <strong>die</strong> Mitte der<br />
Gesellschaft rücken.<br />
„Er macht sich hier als der Biedermann, als der Soziale für <strong>die</strong> Leute E<strong>in</strong>stehende,<br />
eigentlich deutschnationale Saubermann dastehen.“<br />
„Nun muss man aber auch wissen, dass <strong>die</strong> ‚Republikaner‘ <strong>in</strong> unserem Stadtrat<br />
nicht augenfällig als ausdrücklich <strong>Rechte</strong> oder Ausländerfe<strong>in</strong>de auftreten. Sie<br />
bemühen sich immer sehr, e<strong>in</strong>en bürgerlichen Anstrich zu formulieren und sich<br />
deutlich <strong>gegen</strong>über der rechten Szene abzusetzen, ja“<br />
75
50<br />
In den anderen Kommunen präsentiere sich <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> nach E<strong>in</strong>schätzung der Befragten<br />
eher kle<strong>in</strong>bürgerlich und biedermännisch. Das moderate Auftreten stelle jedoch nur e<strong>in</strong> taktisches<br />
ist Verhalten eben eher dar, <strong>die</strong>se um ihr Strategie, e<strong>in</strong>en „bürgerlichen e<strong>in</strong> stückweit, Anstrich“ wenn zu geben man und Stellung auf <strong>die</strong>se genommen Weise mehr<br />
„Es<br />
hat, Akzeptanz das zu <strong>in</strong> der nutzen, Bevölkerung um eben zu erlangen. rüber zu Rechts<strong>extreme</strong> br<strong>in</strong>gen: Die Positionen ‚Republikaner‘ und Akteure seien sollen damit e<strong>in</strong>e<br />
normale „salonfähig“ Partei, gemacht und werden es sei und ganz vom normal, Rand <strong>in</strong> <strong>die</strong> dass Mitte <strong>die</strong> der Republikaner Gesellschaft rücken. im Stadtrat sitzen.<br />
Beispielsweise hat auch der frühere Fraktionsvorsitzende, eben um <strong>die</strong>s zu<br />
dokumentieren, immer so e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>iversion des Grundgesetztes mit schwarz-rotgoldenem<br />
E<strong>in</strong>band dabei gehabt und das demonstrativ vor sich aufs Pult gelegt,<br />
„Er macht sich hier als der Biedermann, als der Soziale für <strong>die</strong> Leute E<strong>in</strong>stehende, eigentlich deutschnationale<br />
Saubermann dastehen.“<br />
das war dann se<strong>in</strong> Erkennungszeichen.“<br />
„Nun, muss man aber auch wissen, dass <strong>die</strong> ‚Republikaner’ <strong>in</strong> unserem Stadtrat nicht augenfällig als aus-<br />
„Der drücklich ist <strong>Rechte</strong> also auch oder Ausländerfe<strong>in</strong>de ganz ‚gentlemanlike‘, auftreten. Sie würde bemühen man sich sagen. immer sehr, Würden e<strong>in</strong>en bürgerlichen Sie nie denken,<br />
dass das e<strong>in</strong> <strong>Rechte</strong>r ist, würden Sie nie denken, also wenn Sie den<br />
Anstrich<br />
zu formulieren und sich deutlich <strong>gegen</strong>über der rechten Szene abzusetzen, ja“<br />
erleben.“<br />
„Es eben eher <strong>die</strong>se Strategie, e<strong>in</strong> stückweit, wenn man Stellung genommen hat, das zu nutzen, um eben<br />
rüber zu br<strong>in</strong>gen: Die ‚Republikaner’ se<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e normale Partei, und es sei ganz normal, dass <strong>die</strong> Republika-<br />
In der Sächsischen Schweiz sowie <strong>in</strong> der Hansestadt Anklam wird<br />
ner im Stadtrat sitzen. Beispielsweise hat auch der frühere Fraktionsvorsitzende, eben um <strong>die</strong>s zu dokumentieren,<br />
Auftreten hat er immer der NPD-Abgeordneten so e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>iversion des Grundgesetztes als ruhig mit und schwarz-rot-goldenem sachlich bezeichnet. E<strong>in</strong>band<br />
das<br />
dabei gehabt und das demonstrativ vor sich aufs Pult gelegt, das war dann se<strong>in</strong> Erkennungszeichen.“<br />
Schließlich könnte verbale Aggressivität auch negativ für Wahlerfolg und<br />
Ansehen „Der ist also e<strong>in</strong>es auch ganz Fahrschullehrers, ‚gentlemanlike’, würde Arztes man sagen. oder Würden Juristen Sie nie denken, se<strong>in</strong>. dass das e<strong>in</strong> <strong>Rechte</strong>r<br />
ist, würden Sie nie denken, also wenn Sie den erleben.“<br />
„Für mich war jedenfalls der Herr Leichsenr<strong>in</strong>g – im Vergleich zu manch anderen,<br />
<strong>die</strong> ich im rechten Lager beobachtet habe –, war er eher soft, würde ich mal<br />
In der Sächsischen Schweiz sowie <strong>in</strong> der Hansestadt Anklam wird das Auftreten der NPD-<br />
Abgeordneten als ruhig und sachlich bezeichnet. Schließlich könnte verbale Aggressivität auch<br />
so sagen. Aber das kann auch täuschen.“<br />
negativ für Wahlerfolg und Ansehen e<strong>in</strong>es Fahrschullehrers, Arztes oder Juristen se<strong>in</strong>.<br />
„Also ganz freundlich, nett, sachlich. Das liegt sicherlich auch e<strong>in</strong> bisschen an<br />
der „Also Person. jedenfalls Der war für Herr mich Dr. der Müller Herr Leichsenr<strong>in</strong>g ist ganz – sicherlich im Vergleich nicht zu manch der anderen, typische <strong>die</strong> ich NPD-Vertreter,<br />
im rechten<br />
Lager beobachtet<br />
wie man<br />
habe<br />
das<br />
–,<br />
so<br />
war<br />
erwartet eher soft,<br />
und<br />
würde<br />
wie<br />
ich<br />
man<br />
mal so<br />
das<br />
sagen.<br />
aus<br />
Aber<br />
den<br />
das<br />
Me<strong>die</strong>n<br />
kann auch<br />
und<br />
täuschen.“<br />
eben auch<br />
aus dem Sächsischen Landtag kennt.“<br />
„Also ganz freundlich, nett, sachlich. Das liegt sicherlich auch e<strong>in</strong> bisschen an der Person. Der Herr Dr.<br />
Müller ist ganz sicherlich nicht der typische NPD-Vertreter, wie man das so erwartet und wie man das aus<br />
„Aber den Me<strong>die</strong>n im und Stadtparlament, eben auch aus dem muss Sächsischen man sagen, Landtag da kennt.“ tritt er ruhig auf, sachlich auf, bescheiden<br />
auf, nicht so wie man das so von Sachsen sieht oder so, und ist ja auch<br />
Volljurist „Aber im Stadtparlament, und tritt auch muss sachlich man sagen, fun<strong>die</strong>rt da tritt ruhig auf, auf, begründet sachlich auf, auch bescheiden viele auf, Sachen nicht so gut wie<br />
man das so von Sachsen sieht oder so, und ist ja auch Volljurist und tritt auch, ich sag mal, sachlich fun-<br />
und hat sich eigentlich e<strong>in</strong>e heimliche Anerkennung erworben.“<br />
<strong>die</strong>rt auf, begründet auch viele Sachen gut und hat sich eigentlich e<strong>in</strong>e heimliche Anerkennung erworben.“<br />
Tab. 13: Wie sieht das Verhalten, d.h. vor allem <strong>die</strong> Kommunikation und das Auftreten,<br />
der NPD/„Republikaner“ im Parlament aus<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Verbal aggressiv/konfrontativ 1 2 2 2 7<br />
Kle<strong>in</strong>bürgerlich/biedermännisch 1 2 1 2 1 7<br />
Ruhig/sachlich 2 2 2 6<br />
76
Frage 2.3: Lässt sich bei der NPD/den „Republikanern“ e<strong>in</strong>e kommunalpolitische<br />
Kompetenz feststellen oder nutzt/nutzen sie das Parlament<br />
lediglich als „Bühne“ zur politischen Selbst<strong>in</strong>szenierung In<br />
sieben der acht untersuchten Städten und Geme<strong>in</strong>den wird <strong>die</strong> kommunalparlamentarische<br />
Repräsentanz der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n vornehmlich<br />
als e<strong>in</strong>e politische Selbst<strong>in</strong>szenierung bewertet. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche politische<br />
Arbeit, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> Lösung kommunaler Probleme ausgerichtet<br />
ist, leisteten weder <strong>die</strong> NPD-Abgeordneten noch <strong>die</strong> Mandatsträgern<br />
der „Republikaner“. Nach Erfahrung der Befragten <strong>die</strong>ne das Parlament<br />
den Rechts<strong>extreme</strong>n <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie als „Bühne“, um sich den anderen<br />
Fraktionen populistisch und nicht selten auch mit Polemik ent<strong>gegen</strong>zustellen.<br />
„Es ist <strong>in</strong>haltlich oft überhaupt nicht begründet und das, was als Antragstext vorgelegt<br />
ist, ist zum e<strong>in</strong>en mit Grundregeln der deutschen Sprache oft nicht vollständig<br />
vere<strong>in</strong>bar. […] Also hier <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>devertretung mit Sicherheit ke<strong>in</strong>e<br />
kommunalpolitische Kompetenz.“<br />
„Es ist immer wieder e<strong>in</strong> Phänomen: Die ‚Republikaner‘ haben wohl überhaupt<br />
ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> <strong>die</strong> Situation e<strong>in</strong>er Kommune. Es <strong>in</strong>teressiert sie auch nicht.“<br />
„Wir haben das große Glück <strong>in</strong> Stralsund – wir haben zwar das Pech, dass wir<br />
zwei dr<strong>in</strong> haben <strong>in</strong> der Bürgerschaft, aber das große Glück –, dass es zwei Blödköpfe<br />
s<strong>in</strong>d.“<br />
„Also, wie gesagt, ich muss immer wieder darauf zurückkommen, <strong>die</strong> NPD <strong>in</strong><br />
me<strong>in</strong>en Augen: Parolen und das war’s dann aber auch. So richtige Sacharbeit<br />
wird man mit denen, jedenfalls mit den beiden, <strong>die</strong> wir hier bei uns <strong>in</strong> der Bürgerschaft<br />
haben, werden <strong>die</strong> nicht leisten können.“<br />
In Königste<strong>in</strong> und Sebnitz, wo <strong>die</strong> NPD als „E<strong>in</strong>-Mann-Aktivitäten“<br />
<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung tritt, wird da<strong>gegen</strong> den Fraktionsvorsitzenden (beide auch<br />
Mitglieder des Kreis- und Landtages) von allen vier Befragten e<strong>in</strong>e mehr<br />
oder weniger ausgeprägte kommunalpolitische Kompetenz attestiert.<br />
77
„Man hat ja <strong>in</strong> dem Moment, wo man sich e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt <strong>in</strong> Sacharbeit, <strong>in</strong>dem man<br />
Themen besetzt, macht man ja auch Parteiarbeit, weil <strong>die</strong> Partei das Thema durch<br />
<strong>die</strong> Person besetzt. Da hat Leichsenr<strong>in</strong>g sich immer e<strong>in</strong>gebracht zu Tagesordnungspunkten,<br />
da war er schon aktiv.<br />
„Und hat, ja, Anträge gestellt und ist auch …, relativ schnell hat er auch, hat er<br />
sich auch <strong>in</strong> <strong>die</strong> Materie re<strong>in</strong>gearbeitet, weil er war ja auch neu im Stadtrat und<br />
[…], was ich sagen wollte, der Leichsenr<strong>in</strong>g hat sich schon, hat das gemerkt, der<br />
war auch ehrgeizig, er wollte auch sich mit der Geme<strong>in</strong>de, hat sich auch mit dem<br />
Haushaltsrecht befasst, er wollte auch den Haushaltsplan verstehen können und …<br />
Da war schon auch der Intelligenzgrad da, den Sachverhalt schnell zu erfassen.“<br />
„Na ja, muss man schon sagen, dass <strong>die</strong> natürlich – am Anfang war das nicht so,<br />
ist ja klar, wie jeder, der anfängt ist man … –, aber das wächst jetzt ganz e<strong>in</strong>fach<br />
dadurch, dass er, er ist ja e<strong>in</strong> Profipolitiker geworden. Er ist Mitglied des Stadtparlaments,<br />
er ist Mitglied des Kreisparlaments und Mitglied des Sächsischen<br />
Landtags, und wenn ich <strong>in</strong> allen drei Ebenen b<strong>in</strong>, dann brauche ich ja nur immer<br />
bloß zuzuhören, und erfahre vieles an Fakten, sagen wir mal aus dem Land, das<br />
erfahr ich schon mal nie, also wenn mir das nicht irgendwie durch irgendwelche<br />
anderen L<strong>in</strong>ien mal auf mich zukommt. Aber er hat’s halt nah, und da bildet sich<br />
automatisch e<strong>in</strong>e gewisse Kompetenz <strong>in</strong> gewissen Sachen.“<br />
Wie <strong>in</strong> Tabelle 14 zu erkennen ist, s<strong>in</strong>d sich <strong>die</strong> Interviewpartner von<br />
SPD und CDU <strong>in</strong> Anklam nicht e<strong>in</strong>ig, wenn es um <strong>die</strong> Bewertung der<br />
kommunalpolitischen Kompetenz des NPD-Stadtverordneten Michael<br />
Andrejewski geht, der zugleich Abgeordneter se<strong>in</strong>er Partei <strong>in</strong> Kreis- und<br />
Landtag ist. Während der SPD-Fraktionsvorsitzende dem aus Baden-<br />
Baden stammenden Andrejewski e<strong>in</strong>e solche Kompetenz vor allem aufgrund<br />
dessen fehlender persönlicher Beziehung zu Stadt und Region<br />
abspricht, hebt der CDU-Fraktionsvorsitzende <strong>die</strong> politische Arbeit des<br />
NPD-Politikers <strong>in</strong> der Stadtvertretung hervor und besche<strong>in</strong>igt ihr e<strong>in</strong>e<br />
ebenso formale wie <strong>in</strong>haltliche Qualität. Die unterschiedliche Schwerpunktsetzung<br />
der Interviewpartner <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong> Kompetenze<strong>in</strong>schätzung<br />
legt <strong>die</strong> Vermutung nahe, dass bei den Befragten der kritische Blick<br />
auf <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> <strong>in</strong> der Kommune unterschiedlich akzentuiert ist.<br />
78
Stadtverordneten Michael Andrejewski geht, der zugleich Abgeordneter se<strong>in</strong>er Partei <strong>in</strong> Kreisund<br />
Landtag ist. Während der SPD-Fraktionsvorsitzende dem aus Baden-Baden stammenden<br />
Andrejewski e<strong>in</strong>e solche Kompetenz vor allem aufgrund dessen fehlender persönlicher Beziehung<br />
zu Stadt und Region abspricht, hebt der CDU-Fraktionsvorsitzende <strong>die</strong> politische Arbeit<br />
„Es des NPD-Politikers ist e<strong>in</strong>deutig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e der Stadtvertretung Frage der politischen hervor und Selbst<strong>in</strong>szenierung besche<strong>in</strong>igt ihr e<strong>in</strong>e ebenso mit formale dem Ziel wie<br />
praktisch, weiterh<strong>in</strong> erfolgreich se<strong>in</strong> zu können. E<strong>in</strong>e tiefgründige kommunalpolitische,<br />
örtliche Kenntnis kann er gar nicht haben. Der ist ja hier praktisch<br />
<strong>in</strong>haltliche Qualität. Die unterschiedliche Schwerpunktsetzung der Interviewpartner <strong>in</strong> Bezug auf<br />
kurz <strong>die</strong> Kompetenze<strong>in</strong>schätzung vor der Wahl, e<strong>in</strong> Jahr legt vor <strong>die</strong> Vermutung der Wahl, nahe, hergeordert dass bei werden. Befragten Er hat der sich kritische ja auch Blick<br />
selbst auf <strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>extreme</strong> e<strong>in</strong>em <strong>Rechte</strong> Interview, <strong>in</strong> der Kommune noch <strong>in</strong> der unterschiedlich Berl<strong>in</strong>er Zeitung, akzentuiert als ist. ‚Berufsrevolutionär‘<br />
bezeichnet.“<br />
„Es ist e<strong>in</strong>deutig e<strong>in</strong>e Frage der politischen Selbst<strong>in</strong>szenierung mit dem Ziel praktisch, weiterh<strong>in</strong> erfolgreich<br />
se<strong>in</strong> zu können. E<strong>in</strong>e tiefgründige kommunalpolitische, örtliche Kenntnis kann er gar nicht haben.<br />
„Es will ke<strong>in</strong>er mit ihm … und ich auch nicht mit ihm. Doch wenn er sachlich<br />
Der ist ja hier praktisch kurz vor der Wahl, e<strong>in</strong> Jahr vor der Wahl, hergeordert werden. Er hat sich ja auch<br />
redet, selbst <strong>in</strong> dann e<strong>in</strong>em spitzen Interview, sie noch <strong>die</strong> <strong>in</strong> Ohren, der Berl<strong>in</strong>er weil Zeitung, er im als ‚Berufsrevolutionär’ Grunde ke<strong>in</strong>en Stuss bezeichnet.“ [redet] …, wenn<br />
um Kommunalpolitik, da geht es ja <strong>in</strong> der Regel nicht um, um, um das Weltbild<br />
der „Es NPD, will ke<strong>in</strong>er dann mit geht ihm… es und ja ich um auch Probleme nicht mit ihm. vor Doch Ort, wenn und da er sachlich hat er redet, oft e<strong>in</strong>e dann ordentliche<br />
spitzen sie <strong>die</strong><br />
oder Ohren, e<strong>in</strong>e weil sachkundige er im Grunde ke<strong>in</strong>en Me<strong>in</strong>ung, Stuss…, <strong>die</strong> wenn man um nicht Kommunalpolitik, immer teilen da geht muss, es ja aber <strong>in</strong> der es Regel ist ke<strong>in</strong> nicht<br />
Schnee. um, um, um […] das Also Weltbild als der Bühne, NPD, dann nee, geht direkt es ja um nicht. Probleme Ich vor denke, Ort, und da da ist hat er er nicht oft e<strong>in</strong>e der ordentliche<br />
oder e<strong>in</strong>e sachkundige Me<strong>in</strong>ung, <strong>die</strong> man nicht immer teilen muss, aber es ist ke<strong>in</strong> Schnee. […] Also<br />
Typ.<br />
Als Bühne nicht.“<br />
als Bühne, nee, direkt nicht. Ich denke, da ist er nicht der Typ. Als Bühne nicht.“<br />
Tab. 14: Lässt sich bei der NPD/den „Republikanern“ e<strong>in</strong>e kommunalpolitische<br />
Kompetenz feststellen oder nutzt/nutzen sie das Parlament lediglich als<br />
„Bühne“ zur politischen Selbst<strong>in</strong>szenierung<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Kategorien<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
<strong>Politische</strong> Selbst<strong>in</strong>szenierung 1 1 1 2 1 2 1 9<br />
Kommunalpolitische Kompetenz 2 2 1 5<br />
4.3 Umgang der der demokratischen demokratischen Parteien mit Parteien der <strong>extreme</strong>n mit <strong>Rechte</strong>n der <strong>extreme</strong>n im Parlament <strong>Rechte</strong>n<br />
im Parlament<br />
Frage 3.1: Besteht e<strong>in</strong> differenziertes Verhalten <strong>gegen</strong>über der NPD/den „Republikanern“, <strong>in</strong>dem z.B. ihren<br />
Anträgen zugestimmt wird oder ihre Themen aufgegriffen werden Die von den Befragten angesprochene<br />
Sach-<br />
Frage<br />
und Protestorientierung<br />
3.1: Besteht e<strong>in</strong><br />
der<br />
differenziertes<br />
rechts<strong>extreme</strong>n Fraktionen<br />
Verhalten<br />
und<br />
<strong>gegen</strong>über<br />
Mandatsträger<br />
der<br />
bei der<br />
NPD/<br />
Auswahl<br />
ihrer „Republikanern“, Themen (vgl. Tab. 12) <strong>in</strong>dem macht zum es für Beispiel <strong>die</strong> demokratischen ihren Parteien Anträgen schwierig, zugestimmt <strong>in</strong>sbeson-<br />
den<br />
wird dere Vorschläge oder ihre oder Themen Anträge aufgegriffen zu sozial- und verkehrspolitischen werden Die von Problemen, den Befragten <strong>die</strong> vielleicht angesprochene<br />
<strong>in</strong>standhaltungs- Sach- und/oder und sicherheitsrelevant Protestorientierung s<strong>in</strong>d, zu ignorieren der rechts<strong>extreme</strong>n oder e<strong>in</strong>fach abzulehnen. Fraktionen Dies<br />
noch<br />
und würde Mandatsträger nach Me<strong>in</strong>ung der Interviewpartner bei der Auswahl zu e<strong>in</strong>em ihrer berechtigten Themen Unverständnis (vgl. Tab. und 12) Missmut macht <strong>in</strong><br />
es für <strong>die</strong> demokratischen Parteien schwierig, <strong>in</strong>sbesondere Vorschläge<br />
oder Anträge zu sozial- und verkehrspolitischen Problemen, <strong>die</strong> vielleicht<br />
noch <strong>in</strong>standhaltungs- und/oder sicherheitsrelevant s<strong>in</strong>d, zu ignorieren<br />
oder e<strong>in</strong>fach abzulehnen. Dies würde nach Me<strong>in</strong>ung der Interviewpartner<br />
79
zu e<strong>in</strong>em berechtigten Unverständnis und Missmut <strong>in</strong> der Bevölkerung<br />
führen und der NPD somit erst recht Aufw<strong>in</strong>d geben. Wie <strong>die</strong> quantifizierende<br />
Auswertung des Interviewmaterials <strong>in</strong> Tabelle 15 zeigt, kommt<br />
es <strong>in</strong> Königste<strong>in</strong> und Sebnitz vor, dass man (kommunale) Themen der<br />
NPD aufgreift und ihren Anträgen teilweise sogar zustimmt. Der vertiefende<br />
Blick <strong>in</strong>s Material gibt jedoch zu erkennen, dass von den demokratischen<br />
Parteien <strong>die</strong> Themen und Anträge der Rechts<strong>extreme</strong>n nicht e<strong>in</strong>fach<br />
auf- bzw. h<strong>in</strong>genommen werden, sondern versucht wird, <strong>die</strong>se Themen und<br />
Anträge selbst und <strong>in</strong> abgewandelter bzw. erweiterter Form (später) <strong>in</strong>s Plenum<br />
e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen, um somit der NPD ke<strong>in</strong>e öffentliche Darstellung ihres<br />
politischen Erfolgs zu ermöglichen. Mit etwas populistischem Geschick<br />
könnte <strong>die</strong>ser schließlich als e<strong>in</strong> „Erfolg für <strong>die</strong> Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger<br />
der Stadt“ präsentiert werden, der alle<strong>in</strong> der NPD zu verdanken sei.<br />
„Also nach Möglichkeit nicht, aber wenn es D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong> offensichtlich<br />
s<strong>in</strong>d oder <strong>die</strong> sowieso dran gewesen wären, dann ist es manchmal nicht zu<br />
vermeiden. Also wir versuchen dann schon – auch durch e<strong>in</strong>en kurzen Draht<br />
zum Bürgermeister –, solchen D<strong>in</strong>gen zuvorzukommen und dann vielleicht<br />
den eigenen CDU-Antrag da<strong>gegen</strong> zu setzen oder e<strong>in</strong>en drauf zu setzen, also<br />
dass wir unseren Antrag dann beschließen können und den anderen ablehnen<br />
können. Das funktioniert meistens aber nicht immer, muss man fairerweise<br />
sagen, weil es halt letztlich um sachliche Themen geht. Und wenn’s halt darum<br />
geht, dass e<strong>in</strong>e Straße anders gebaut werden soll, weil <strong>die</strong> Anwohner das anders<br />
verlangen, und man feststellt, dass vielleicht <strong>die</strong> Verwaltung an der Stelle<br />
über das Ziel h<strong>in</strong>ausgeschossen ist – hatten wir halt im vergangenen Jahr so<br />
e<strong>in</strong>en Fall: <strong>die</strong> wollten da e<strong>in</strong>e Straße mit abgesenktem Bürgersteig bauen, und<br />
<strong>die</strong> ist sehr schmal, und da haben <strong>die</strong> Leute sich halt unsicher gefühlt –, da<br />
mussten wir dann letzten Endes das revi<strong>die</strong>ren. Dann muss man halt letzten<br />
Endes, um den Bürgerwillen zu erfüllen, natürlich <strong>die</strong> Sache aufgreifen, und<br />
wir haben das dann <strong>in</strong> den CDU-Antrag ummünzen können, aber sicher wird’s<br />
da den e<strong>in</strong> oder anderen Bürger geben, der dann sagen wird: ‚Die NPD hat mir<br />
geholfen.‘“<br />
„Also, ich sag jetzt mal, wenn jemand sagt, da ist, also wenn, wenn, wenn jetzt<br />
von der NPD jemand sagt, was weiß ich: ‚Das Geländer ist kaputt, da besteht<br />
Absturzgefahr.‘ Da werd’ ich nicht sagen: ‚Nee, ihr könnt es kaputt lassen.‘<br />
Dann würde ich auch sagen: ‚Klar, dass muss <strong>in</strong> Ordnung gebracht werden.‘<br />
80
e<strong>in</strong>en kurzen Draht zum Bürgermeister –, solchen D<strong>in</strong>gen zuvor zu kommen und dann vielleicht den<br />
eigenen CDU-Antrag da<strong>gegen</strong> zu setzen oder e<strong>in</strong>en drauf zu setzen, also das wir unseren Antrag dann<br />
beschließen können und den anderen ablehnen können. Das funktioniert meistens aber nicht immer,<br />
muss man fairer Weise sagen, weil es halt letztlich um sachliche Themen geht. Und wenn’s halt darum<br />
geht, dass e<strong>in</strong>e Straße anders gebaut werden soll, weil <strong>die</strong> Anwohner das anders verlangen, und man feststellt,<br />
dass vielleicht <strong>die</strong> Verwaltung an der Stelle über das Ziel h<strong>in</strong>ausgeschossen ist – hatten wir halt im<br />
vergangenes Jahr so e<strong>in</strong>en Fall: <strong>die</strong> wollten da e<strong>in</strong>e Straße mit abgesenktem Bürgersteig bauen, und <strong>die</strong> ist<br />
So. sehr Wenn schmal, und jemand da haben sagt: <strong>die</strong> Leute ‚Mir sich ist halt zugetragen unsicher gefühlt worden, –, da mussten das Geländer wir dann letzten ist kaputt‘, Endes das<br />
ich revi<strong>die</strong>ren. nehme Dann das muss Beispiel man halt jetzt letzten mal, Endes an, um was den Bürgerwillen weiß ich, zu an erfüllen, der Biela, natürlich das <strong>die</strong> ist Sache so e<strong>in</strong> aufgreifen,<br />
und wir haben das dann <strong>in</strong> den CDU-Antrag ummünzen können, aber sicher wird’s da den e<strong>in</strong><br />
Fluss,<br />
oder anderen<br />
der durch<br />
Bürger geben,<br />
Königste<strong>in</strong><br />
der dann sagen<br />
fließt.<br />
wird:<br />
So,<br />
‚Die<br />
und<br />
NPD<br />
der<br />
hat<br />
Bürgermeister<br />
mir geholfen.’“<br />
sagt: ‚Ich werde<br />
das prüfen.‘ So, dann sage ich als Stadtrat, als SPD-Stadtrat, halt vielleicht, so,<br />
um jetzt mal <strong>die</strong> Situation zu konstruieren, sage ich: ‚Ich fordere <strong>die</strong> Stadtverwaltung<br />
was weiß ich: auf ‚Das zur Geländer Beseitigung ist kaputt, der da Gefahrenquelle, besteht Absturzgefahr’. sie Da s<strong>in</strong>d werd ich Ortspolizeibehörde<br />
nicht sagen: ‚Nee, ihr<br />
„Also, ich sag jetzt mal, wenn jemand sagt, da ist, also wenn, wenn, wenn jetzt von der NPD jemand sagt,<br />
als könnt Ortsbürgermeister.‘ es kaputt lassen.’ Dann würde Also, ich ich auch br<strong>in</strong>ge sagen: ‚Klar, dann dass auch muss das <strong>in</strong> Ordnung fun<strong>die</strong>rter; gebracht ich werden.’ nehme So.<br />
ihn<br />
Wenn<br />
nämlich<br />
jemand sagt:<br />
dort<br />
‚Mir<br />
<strong>in</strong><br />
ist<br />
<strong>die</strong><br />
zugetragen<br />
Pflicht,<br />
worden,<br />
<strong>die</strong><br />
das<br />
Gefahr<br />
Geländer<br />
unverzüglich<br />
ist kaputt’, nehme<br />
zu beseitigen<br />
das Beispiel<br />
und<br />
jetzt mal,<br />
im<br />
an, was weiß ich, an der Biela, das ist so e<strong>in</strong> Fluss, der durch Königste<strong>in</strong> fließt. So, und der Bürgermeister<br />
nächsten<br />
sagt: ‚Ich werde<br />
Stadtrat<br />
das prüfen.’<br />
darüber<br />
So, dann<br />
zu<br />
sage<br />
berichten.<br />
ich als Stadtrat,<br />
Verstehen<br />
als SPD-Stadtrat,<br />
Sie den<br />
halt<br />
Unterschied<br />
vielleicht, so, um<br />
Also,<br />
jetzt<br />
ich mal b<strong>in</strong> <strong>die</strong> Situation dann verb<strong>in</strong>dlicher, zu konstruieren, sage dass ich: ich ‚Ich vielleicht fordere <strong>die</strong> Stadtverwaltung so e<strong>in</strong> Thema auf aufgreife, zur Beseitigung wenn der ich Gefahrenquelle,<br />
kenne. Manchmal sie s<strong>in</strong>d Ortspolizeibehörde ist es ja so, als dass Ortsbürgermeister.’ ich es parallel Also, mir ich br<strong>in</strong>ge auch dann auf auch e<strong>in</strong>en das fun<strong>die</strong>r-<br />
Zettel<br />
es<br />
ter; ich nehme ihn nämlich dort <strong>in</strong> <strong>die</strong> Pflicht, <strong>die</strong> Gefahr unverzüglich beseitigen und im nächsten<br />
geschrieben habe, dass bloß – je nachdem, wer gerade zuerst ans Wort kommt<br />
Stadtrat darüber zu berichten. Verstehen Sie den Unterschied Also, ich b<strong>in</strong> dann verb<strong>in</strong>dlicher, dass ich<br />
… vielleicht Das so kann e<strong>in</strong> Thema man also, aufgreife, das wenn kann ich es man kenne. jetzt Manchmal nicht ist so es allgeme<strong>in</strong> ja so, dass ich sagen, es parallel also mir dass auch<br />
jetzt auf e<strong>in</strong>en nur Zettel ständig geschrieben von der habe, NPD dass bloß Themen – je nachdem, kommen, wer gerade würden zu erst <strong>die</strong> ans anderen Wort kommt… aufgreifen,<br />
kann so man ist also, es das auch kann nicht, man jetzt das nicht ist so dann allgeme<strong>in</strong> eher sagen, zufällig also das mal.“ jetzt nur ständig von der NPD<br />
Das<br />
Themen<br />
kommen, würden <strong>die</strong> anderen aufgreifen, so ist es auch nicht, das ist dann eher zufällig mal.“<br />
Tab. 15: Besteht e<strong>in</strong> differenziertes Verhalten <strong>gegen</strong>über der NPD/den „Republikanern“,<br />
<strong>in</strong>dem z.B. ihren Anträgen zugestimmt wird oder ihre Themen aufgegriffen werden<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Themen werden aufgegriffen 1 1 2<br />
Anträgen wird zugestimmt 1 1<br />
Frage 3.2: Wie sieht Ihr persönlicher Umgang mit den/der/dem Abgeordneten<br />
der NPD/„Republikaner“ aus Angaben zum eigenen Verhalten<br />
der Befragten <strong>gegen</strong>über den Mandatsträgern der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> 14 der <strong>in</strong>sgesamt 16 Interviews; <strong>in</strong> zwei Gesprächen<br />
(CDU Ehr<strong>in</strong>gshausen und CDU Pirmasens) wurde auf <strong>die</strong>se Frage nicht<br />
e<strong>in</strong>gegangen. Wie Tabelle 16 (am Ende <strong>die</strong>ses Abschnitts) zu entnehmen<br />
ist, geben neun der befragten Fraktionsvorstände von SPD und CDU an,<br />
dass sich ihr persönlicher Umgang mit den Mitgliedern der NPD- bzw.<br />
REP-Fraktion auf formale Gesten und Verhaltensweisen, wie zum Beispiel<br />
e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>-höfliches Begrüßen oder Türaufhalten, beschränke;<br />
darüber h<strong>in</strong>aus gäbe es ke<strong>in</strong>en Kontakt mit den Rechts<strong>extreme</strong>n. Betrachtet<br />
man <strong>die</strong> Antwortkategorie unter dem Aspekt der Parteizugehörigkeit,<br />
81
dann ist anhand der Tabelle festzustellen, dass es sich bei der CDU um<br />
alle Befragten (außer <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen und Pirmasens), bei der SPD um<br />
<strong>die</strong> Befragten <strong>in</strong> Königste<strong>in</strong> und Sebnitz sowie um e<strong>in</strong>en der beiden Gesprächspartner<br />
<strong>in</strong> Wölfersheim handelt.<br />
„Aber, wie gesagt, me<strong>in</strong> persönlicher Umgang beschränkt sich eigentlich darauf:<br />
Ich biete ihm <strong>die</strong> Zeit: guten Morgen, guten Tag, guten Abend; und das war’s<br />
eigentlich. Also privat möchte ich mit <strong>die</strong>sen Leuten – sage ich ganz ehrlich<br />
– nichts zu tun haben.“<br />
„Man streitet nicht, man sagt sich ‚Guten Tag‘, man spricht auch mite<strong>in</strong>ander,<br />
und dann geht man halt wieder.“<br />
„Ich sag mal nur, was jetzt me<strong>in</strong>e Person oder me<strong>in</strong>e Fraktion anbelangt, nur<br />
das, was, ich sag mal, M<strong>in</strong>destmaß an Höflichkeit ist, aber auch da sag ich: stark<br />
e<strong>in</strong>geschränkt. Ich me<strong>in</strong>e, Höflichkeit über das, was normal ist im Mite<strong>in</strong>ander,<br />
dass man sich vielleicht zunickt und begrüßt, okay. […] Dieses M<strong>in</strong>imalgebot<br />
der Höflichkeit, dass man sich wenigstens per Zunicken grüßt, kann man e<strong>in</strong>halten,<br />
aber weitergehende Kommunikation, geschweige denn Kontakt <strong>in</strong> allen<br />
politischen D<strong>in</strong>gen f<strong>in</strong>det nicht statt.“<br />
„Also, ich habe ihn nicht gemieden, wir haben uns begrüßt und e<strong>in</strong>en guten Tag<br />
gewünscht, und dann war’s das, sag ich mal so. Also ich b<strong>in</strong> ihm freundlich <strong>gegen</strong>übergetreten,<br />
habe ihn nie unbed<strong>in</strong>gt so gemieden oder irgendwas, aber wir<br />
waren auch ke<strong>in</strong>e Freunde.“<br />
„Ja, es ist nicht ganz so e<strong>in</strong>fach, der Umgang. Auf der e<strong>in</strong>en Seite muss man<br />
schon akzeptieren, sie sitzen nun mal im Stadtrat, s<strong>in</strong>d gewählt, also muss ich<br />
ihm auch ‚Guten Tag‘ sagen, wenn ich ihnen über den Weg laufe, denke ich jedenfalls,<br />
[…]. Also, so versucht man das Verhältnis nicht eskalieren zu lassen, so<br />
würde ich es mal beschreiben. Andererseits gehe ich auch nicht bewusst h<strong>in</strong> und<br />
reich denen <strong>die</strong> Hand, um ‚Guten Tag‘ zu sagen.“<br />
„Also, ich gebe ihm dann auch <strong>die</strong> Hand. Er ist auch da re<strong>in</strong> gewählt worden.“<br />
Mit Ausnahme der drei oben erwähnten SPD-Vertreter geben <strong>die</strong> anderen Sozialdemokraten<br />
an, sie würden <strong>die</strong> Mandatsträger von NPD und REP entweder kon-<br />
82
sequent ignorieren oder demonstrativ ausgrenzen, wobei es auch e<strong>in</strong>e Mischung<br />
<strong>die</strong>ser beiden Umgangsformen gibt.<br />
„Ich habe noch nie dem Herrn Sachs <strong>die</strong> Hand gegeben. Ich mache da e<strong>in</strong>en<br />
großen Bogen rum; alles, was da rundherum hängt.“<br />
„Also, mir persönlich ist wichtig, überhaupt ke<strong>in</strong>en Umgang mit denen zu<br />
haben.“<br />
„Ganz kurz und bündig: Ich lasse, wenn’s irgendwie geht, e<strong>in</strong>fach l<strong>in</strong>ks liegen.“<br />
„Ich ignoriere sie, ich habe da e<strong>in</strong>e hohe Distanz, weil ich e<strong>in</strong> sehr klares antifaschistisches<br />
Leitbild habe.“<br />
„Also, bei uns gibt’s e<strong>in</strong>en Konsens: Wir reden mit denen nicht. Also, wenn mir<br />
jemand <strong>die</strong> Tür öffnet oder so von denen, dann sage ich danke, aber mehr auch<br />
nicht. Also, ich denke, das b<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong>fach me<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>derstube schuldig, aber ich<br />
grüße <strong>die</strong> nicht und nehme <strong>die</strong> auch nicht wahr.“<br />
In e<strong>in</strong>igen Kommunen wird von den Befragten zudem darauf h<strong>in</strong>gewiesen,<br />
dass sowohl Abgeordnete anderer demokratischer Parteien als<br />
auch Mitarbeiter der Kommunalverwaltung weder e<strong>in</strong> distanziertes noch<br />
e<strong>in</strong> distanzierendes Verhalten <strong>gegen</strong>über den rechts<strong>extreme</strong>n Mandatsträgern<br />
zeigen würden, wie zum Beispiel <strong>in</strong> Pirmasens und Anklam. Folgt<br />
man den Ausführungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden <strong>in</strong> der Hansestadt,<br />
dann werde sogar e<strong>in</strong> persönlicher Umgang zwischen Mitgliedern<br />
der CDU-Fraktion und dem NPD-Abgeordneten Michael Andrejewski<br />
gepflegt, der zuvor im Gespräch mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden<br />
jedoch nicht erwähnt wurde.<br />
„Nee, aber für mich persönlich g<strong>in</strong>g das schon damit los, dass ich eigentlich<br />
überhaupt ke<strong>in</strong>en Grund sehe, <strong>die</strong> zu begrüßen, denen, irgendjemand von denen<br />
<strong>die</strong> Hand zu geben, wie das e<strong>in</strong>e ganze Reihe der Verwaltungsspitze macht und<br />
auch e<strong>in</strong>ige von den anderen Fraktionen. Dazu habe ich überhaupt ke<strong>in</strong>e Veranlassung.“<br />
83
zuvor im Gespräch mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden jedoch nicht erwähnt wurde.<br />
„Nee, aber für mich persönlich g<strong>in</strong>g das schon damit los, dass ich eigentlich überhaupt ke<strong>in</strong>en Grund<br />
sehe, <strong>die</strong> zu begrüßen, denen, irgendjemand von denen <strong>die</strong> Hand zu geben, wie das e<strong>in</strong>e ganze Reihe der<br />
Verwaltungsspitze macht und auch e<strong>in</strong>ige von den anderen Fraktionen. Dazu habe ich überhaupt ke<strong>in</strong>e<br />
Veranlassung.“<br />
„Ich sage ihm nicht ‚Guten Tag‘, ich tr<strong>in</strong>ke ke<strong>in</strong>en Kaffee mit ihm, ich nehme ihn<br />
auch nicht <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em privaten Auto mit – alles macht aber <strong>die</strong> CDU. Die sitzen<br />
regelmäßig<br />
„Ich sage ihm nicht<br />
zusammen<br />
‚Guten Tag’,<br />
und<br />
ich<br />
tr<strong>in</strong>ken ke<strong>in</strong>en<br />
Kaffee<br />
Kaffee<br />
<strong>in</strong><br />
mit<br />
der<br />
ihm,<br />
Pause<br />
ich nehme<br />
<strong>in</strong> der<br />
ihn<br />
Stadtvertreterversammlung,<br />
man herzt sich, man schlägt sich auf <strong>die</strong><br />
auch nicht <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />
privaten Auto mit – alles macht aber <strong>die</strong> CDU. Die sitzen regelmäßig zusammen und tr<strong>in</strong>ken Kaffee <strong>in</strong><br />
Schulter.“<br />
der Pause <strong>in</strong> der Stadtvertreterversammlung, man herzt sich, man schlägt sich auf <strong>die</strong> Schulter.“<br />
Tab. 16: Wie sieht Ihr persönlicher Umgang mit den/der/dem Abgeordneten<br />
der NPD/„Republikaner“ aus<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Kategorien<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Formale Begrüßung 2 1 2 2 1 1 9<br />
Ignorieren/Ausgrenzen 1 1 1 1 1 1 6<br />
Frage 3.3: Welche Strategievarianten zum Umgang mit der NPD/den „Republikanern“ im Parlament hat Ihre<br />
Fraktion Frage entwickelt 3.3: Welche In allen untersuchten Strategievarianten Kommunen wird zum <strong>die</strong> Umgang Me<strong>in</strong>ung vertreten, mit der dass NPD/den man sich<br />
„Republikanern“<br />
mit den Mandatsträgern<br />
im<br />
der<br />
Parlament<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
hat Ihre<br />
nicht mehr<br />
Fraktion<br />
als unbed<strong>in</strong>gt<br />
entwickelt<br />
nötig ause<strong>in</strong>andersetzen<br />
In allen untersuchten<br />
Kommunen wird <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ung vertreten, dass man sich mit<br />
sollte. Ansonsten bestünde <strong>die</strong> Gefahr, den Rechts<strong>extreme</strong>n e<strong>in</strong>e erhöhte öffentliche Aufmerk-<br />
den Mandatsträgern der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n nicht mehr als unbed<strong>in</strong>gt nötig<br />
ause<strong>in</strong>andersetzen sollte. Ansonsten bestünde <strong>die</strong> Gefahr, den Rechts<strong>extreme</strong>n<br />
e<strong>in</strong>e erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit teil werden zu lassen,<br />
<strong>die</strong> ihnen e<strong>in</strong>e populistische Selbstdarstellung ermöglichen könnte. Daher<br />
zeigt sich <strong>die</strong> Mehrzahl der befragten Fraktionsvorstände von SPD und<br />
CDU darauf bedacht, nur <strong>in</strong> Ausnahmen und dann auch nur kurz und<br />
knapp auf politisch meist eher wenig gehaltvolle Beiträge der Mandatsträger<br />
von NPD und REP e<strong>in</strong>zugehen.<br />
„Wir wollen nicht noch mal Gelegenheit geben, wir antworten nicht auf <strong>die</strong> Beleidigungen<br />
mit Gegenbeleidigungen, sondern wir sagen: ‚Ihr Verhalten hier ist<br />
wieder unakzeptabel. Sie stellen sich über das Recht, und deswegen wird das<br />
abgelehnt, was Sie sagen‘, aber wirklich nur mit zwei, drei Sätzen.“<br />
„Deswegen sag ich ja auch immer wieder: So wenig wie möglich über <strong>die</strong>se<br />
Leute reden, nur mit Fakten kontern und ansonsten <strong>die</strong> Leute l<strong>in</strong>ks liegen lassen<br />
oder rechts liegen lassen.“<br />
84
„Wenn, sag ich jetzt mal, e<strong>in</strong>e Gelegenheit sich bietet <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> NPD e<strong>in</strong>en Satz<br />
zu sagen, dann sollte man das wahrnehmen, unbed<strong>in</strong>gt, auch <strong>in</strong> der Öffentlichkeit,<br />
wenn man dann h<strong>in</strong>terher auch Schelte kriegt, egal.“<br />
„Auch da ist ja eigentlich gesagt worden – das halte ich auch von der Strategie für<br />
richtig –, man soll ihnen nicht mehr politische Freiräume und Plattformen geben<br />
als nötig. Ist schon schlimm genug, dass sie da dr<strong>in</strong> sitzen und dann irgendwelche<br />
Reden halten können. Und wenn man jetzt eben sich mit so e<strong>in</strong>er Darstellung da<br />
noch öffentlich ause<strong>in</strong>andersetzt, ist ja praktisch, automatisch <strong>die</strong> Öffentlichkeit<br />
noch größer.“<br />
Tabelle 17 (am Ende <strong>die</strong>ses Abschnitts) zeigt, dass <strong>die</strong> Strategie des<br />
„Nicht mehr als unbed<strong>in</strong>gt nötig“ häufig damit e<strong>in</strong>hergeht, <strong>die</strong> Rechts<strong>extreme</strong>n<br />
mehr oder weniger konsequent zu ignorieren. Als Mittel <strong>in</strong> der<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung ist mit der Strategie des Ignorierens e<strong>in</strong>erseits geme<strong>in</strong>t,<br />
<strong>die</strong> rechts<strong>extreme</strong>n Abgeordneten „rechts liegen zu lassen“, wie es<br />
oftmals von den Interviewpartnern formuliert wurde; andererseits kann<br />
<strong>die</strong>se Strategie aber auch e<strong>in</strong>e (demonstrative) Ausgrenzung der Mandatsträger<br />
von NPD und REP bedeuten, <strong>die</strong> allerd<strong>in</strong>gs nicht mit e<strong>in</strong>er dezi<strong>die</strong>rten<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung gleichzusetzen ist.<br />
„Wir wollen den ‚Republikanern‘ ke<strong>in</strong>en Stellenwert geben, und das würden wir<br />
automatisch tun, wenn wir ihre Beiträge kommentieren würden oder uns mit<br />
ihnen ause<strong>in</strong>andersetzen würden. Unsere Politik ist so, dass wir sie ignorieren,<br />
sie nicht wahrnehmen und ihnen damit ke<strong>in</strong>e Bedeutung beimessen im Kommunalparlament.“<br />
„Das Zweite ist, dass wir politisch entschieden haben, wir ignorieren <strong>die</strong> Republikaner,<br />
um ihnen auch ke<strong>in</strong> politisches Podium zu geben, dass man sich mit<br />
ihnen ause<strong>in</strong>andersetzt.“<br />
„Ich sag mal, wir versuchen – das ist mehr oder weniger e<strong>in</strong> Abkommen mit allen<br />
Fraktionen –, der NPD ke<strong>in</strong>e Plattform zu geben. So, und das ist natürlich jetzt<br />
sehr schwierig, ihnen ke<strong>in</strong>e Plattform zu geben. Dann heißt es auch, dass man auf<br />
bestimmte Sachen nicht reagiert, weil, sonst, schaukelt man sich ja auch irgendwo<br />
hoch.“<br />
85
„Wir strafen sie eigentlich mit e<strong>in</strong>er Nichtachtung <strong>in</strong> der Bürgerschaft und versuchen<br />
wirklich, es zu vermeiden, uns oder ihnen –, ich will jetzt nicht sagen, wir<br />
versuchen es zu vermeiden, uns mit ihnen ause<strong>in</strong>anderzusetzen, ne<strong>in</strong>, um Gottes<br />
willen, das soll es damit nicht heißen, aber wir wollen ihnen ke<strong>in</strong>e Plattform geben<br />
<strong>in</strong> der Bürgerschaft.“<br />
„Also wenn der dann sagt: ‚Ja, <strong>die</strong>se Türken und <strong>die</strong>ses Pack dah<strong>in</strong>ten‘, dann<br />
sagen wir nicht: ‚Halt, halt, halt‘, sondern ist gar nichts mehr, ke<strong>in</strong>e Reaktion;<br />
weil der hat sich an uns, an unsere Reaktion, ist der immer wilder geworden, der<br />
hat sich da empor gehangelt. Und je mehr wir gesagt haben, umso mehr hat er<br />
Contra gegeben.“<br />
In drei Kommunen wird darüber h<strong>in</strong>aus <strong>die</strong> Strategie verfolgt, Anträge<br />
der NPD pr<strong>in</strong>zipiell und ohne vorherige Diskussion abzulehnen oder<br />
(wie <strong>in</strong> Stralsund) auch <strong>in</strong> <strong>die</strong> entsprechenden Ausschüsse zu verweisen,<br />
wobei <strong>die</strong>s „normalerweise Beerdigung zweiter Klasse“ sei, wie e<strong>in</strong> Interviewpartner<br />
süffisant bemerkt. Ziel der demokratischen Parteien ist es<br />
auch hier wieder, e<strong>in</strong>e öffentliche Wahrnehmung rechts<strong>extreme</strong>r Politik<br />
im Kommunalparlament zu verh<strong>in</strong>dern.<br />
„Also wir diskutieren das für jeden Antrag neu, wie wir drauf reagieren. Ob wir<br />
zum Beispiel <strong>die</strong>se Hauruckablehnung machen, e<strong>in</strong>fach sagen, das ist aus den<br />
und den Gründen nicht zu machen und wird auch nicht besser, wenn’s <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Ausschuss geht, wird auch dann nicht irgendwie konsensfähig. Das ist Regelfall,<br />
aber wir machen’s <strong>in</strong> jedem e<strong>in</strong>zelnen Fall neu.“<br />
„Wir haben eigentlich so e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terne Übere<strong>in</strong>kunft unter den demokratischen<br />
Parteien: Wenn von denen irgendwas kommt, was so <strong>in</strong> <strong>die</strong> Richtung geht – normalerweise<br />
gehen Anträge <strong>in</strong> <strong>die</strong> Ausschüsse, werden dann da behandelt –, wir<br />
haben uns jetzt darauf gee<strong>in</strong>igt, wenn von denen so e<strong>in</strong> Uns<strong>in</strong>n kommt, das wird<br />
ohne Debatte im Parlament abgelehnt.“<br />
„Dass wir irgendwann mal gesagt haben, wir befassen uns gar nicht mehr mit den<br />
Anträgen, wir lehnen sie kommentarlos ab.“<br />
„Das wird also – was ich auch richtig f<strong>in</strong>de – <strong>die</strong> Fraktionen sagen dann immer:<br />
‚Ke<strong>in</strong> Podium schaffen.‘ Also gehen dann gar nicht an oder schieben das immer<br />
86
ab <strong>in</strong> <strong>die</strong> Ausschüsse, weil, wie gesagt, <strong>die</strong> s<strong>in</strong>d zwar öffentlich, aber <strong>die</strong> Öffentlichkeit<br />
ist da kaum vertreten und so was …“<br />
In der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der Stadtratsfraktion der „Republikaner“<br />
f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> Pirmasens e<strong>in</strong>e explizite Zusammenarbeit der demokratischen<br />
Parteien statt. So haben sich <strong>die</strong> Fraktionen von CDU, SPD, FWG<br />
und Grünen darauf gee<strong>in</strong>igt, nur noch e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Stellungnahme<br />
zu den Anträgen und Anfragen der „Republikaner“ abzugeben. Im Wechsel<br />
und nach jeweils kurzer Beratung äußert sich stellvertretend für <strong>die</strong><br />
anderen nur e<strong>in</strong>er der vier Fraktionsvorsitzenden.<br />
„Und dann war <strong>die</strong> Überlegung, wir hatten uns dann mal zusammengesetzt, <strong>die</strong><br />
Fraktionsvorsitzenden, und haben eigentlich übere<strong>in</strong>stimmend gemerkt, dass wir<br />
<strong>die</strong> nur aufwerten, wenn e<strong>in</strong> Antrag der ‚Republikaner‘ da ist oder wenn e<strong>in</strong>e Wortmeldung<br />
der ‚Republikaner‘ da ist und als Antwort kommen vier andere Wortmeldungen,<br />
wird das nur aufgewertet. Deshalb haben wir uns darauf verständigt, dass<br />
nur e<strong>in</strong>er antwortet für alle. Also <strong>die</strong> vier Fraktionen machen e<strong>in</strong>e Aussage zu den<br />
Aussagen der ‚Republikaner‘ im Namen aller, und damit es hier ke<strong>in</strong>e Probleme<br />
gibt, wechseln wir uns e<strong>in</strong>fach ab.“<br />
„Wir verständigen uns vorher kurz; ist klar. Also ich würde jetzt nicht der Fraktionsvorsitzenden<br />
der CDU e<strong>in</strong>e Blankovollmacht geben und dann nichts sagen<br />
dazu. Also man verständigt sich natürlich, wie <strong>die</strong> Grundrichtung ist unserer geme<strong>in</strong>samen<br />
Position, und <strong>die</strong> wird dann vorgetragen.“<br />
Im sächsischen Königste<strong>in</strong> wird da<strong>gegen</strong> vom Interviewpartner der<br />
SPD e<strong>in</strong>e konsequente Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Mandatsträgern der<br />
NPD angemahnt. Im Ans<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>er „streitbaren und wehrhaften Demokratie“<br />
müssten sich <strong>die</strong> Demokraten erst recht <strong>die</strong>ser Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
stellen und dürften nicht davor zurückscheuen. Die politische Konfrontation<br />
mit den verschiedenen Formen des Extremismus wird hier geradezu<br />
als „Bürgerpflicht“ gesehen und gefordert.<br />
„Ich denke, nicht ausgrenzen ist der Weg, sondern ause<strong>in</strong>andersetzen. Also, wenn<br />
man <strong>die</strong> jetzt ausgrenzt und sagt, hier Fraktionsstatus, also auch nicht im Ältes-<br />
87
e<strong>in</strong>andersetzung mit den Mandatsträgern der NPD angemahnt. Im Ans<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>er „streitbaren<br />
und wehrhaften Demokratie“ müssten sich <strong>die</strong> Demokraten erst recht <strong>die</strong>ser Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
stellen und dürften nicht davor zurückscheuen. Die politische Konfrontation mit den verschiedenen<br />
Formen des Extremismus wird hier geradezu als „Bürgerpflicht“ gesehen und gefordert.<br />
tenrat vertreten, das wäre ja dann der Fall, das hieße ja: ausgrenzen. Und ich sage,<br />
wir müssen <strong>die</strong> nicht ausgrenzen, wir haben auch ke<strong>in</strong>e Angst vor denen. Warum<br />
„Ich denke, nicht ausgrenzen ist der Weg, sondern ause<strong>in</strong>andersetzen. Also, wenn man <strong>die</strong> jetzt ausgrenzt<br />
sollen wir irgendwo Angst signalisieren Wir s<strong>in</strong>d Demokraten, wir haben e<strong>in</strong>e<br />
und sagt, hier Fraktionsstatus, also auch nicht im Ältestenrat vertreten, das wäre ja dann der Fall, das hieße<br />
Auffassung ja: ausgrenzen. zu Und Themen ich sage, nee, oder wir auch müssen zu <strong>die</strong> der nicht NPD ausgrenzen, an sich wir oder haben zu auch Extremismus ke<strong>in</strong>e Angst vor generellnen.<br />
Warum und sollen wenn wir da irgendwo jemand Angst kommt, signalisieren ich Wir kann s<strong>in</strong>d mich Demokraten, doch wir damit haben ause<strong>in</strong>anderset-<br />
e<strong>in</strong>e Auffassung zu<br />
de-<br />
Themen oder auch zu der NPD an sich oder zu Extremismus generell, und wenn da jemand kommt, ich<br />
zen. Ich habe da ke<strong>in</strong>e Angst davor, ich kusche nicht vor denen.“<br />
kann mich doch damit ause<strong>in</strong>andersetzen. Ich habe da ke<strong>in</strong>e Angst davor, ich kusche nicht vor denen.“<br />
Tab. 17: Welche Strategievarianten zum Umgang mit der NPD/den „Republikanern“<br />
im Parlament hat Ihre Fraktion entwickelt<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Nicht mehr als unbed<strong>in</strong>gt nötig<br />
ause<strong>in</strong>andersetzen<br />
2 1 1 2 1 2 2 2 13<br />
Ignorieren/Ausgrenzen 1 2 2 1 1 2 9<br />
Anträge pr<strong>in</strong>zipiell ablehnen 2 1 1 4<br />
Anträge <strong>in</strong> Ausschüsse verweisen 2 2<br />
Beratung und gem. Stellungnahme<br />
der demokratischen Fraktionen<br />
2 2<br />
Konsequent ause<strong>in</strong>andersetzen 1 1<br />
Frage 3.4: Würden Sie Ihre Verhaltensweise <strong>gegen</strong>über der NPD/den „Republikanern“ als eher gelungen oder<br />
Frage 3.4: Würden Sie Ihre Verhaltensweise <strong>gegen</strong>über der NPD/den<br />
als eher weniger bzw. gar nicht gelungen bewerten Diejenigen der Befragten, <strong>die</strong> schon seit längerer Zeit<br />
„Republikanern“ als eher gelungen oder als eher weniger bzw. gar<br />
mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> ihrem kommunalen Parlament konfrontiert s<strong>in</strong>d, bewerten <strong>die</strong> entwickelten<br />
Strategievarianten im Umgang mit NPD und REP als durchaus gelungen. In <strong>die</strong>sen<br />
nicht gelungen bewerten Diejenigen der Befragten, <strong>die</strong> schon seit längerer<br />
Zeit mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> ihrem kommunalen Parlament<br />
Städten und Geme<strong>in</strong>den zeigt sich jeweils m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Interviewpartner davon überzeugt, dass<br />
konfrontiert<br />
sich <strong>die</strong> angewandte<br />
s<strong>in</strong>d,<br />
Verhaltensweise<br />
bewerten <strong>die</strong><br />
bewährt<br />
entwickelten<br />
habe. In Anklam<br />
Strategievarianten<br />
und Pirmasens gelang<br />
im<br />
der<br />
Umgang<br />
bzw. den mit „Republikanern“ NPD und REP der E<strong>in</strong>zug als <strong>in</strong>s durchaus Stadtparlament gelungen. erst(mals) In bei <strong>die</strong>sen den Wahlen Städten 2004. und<br />
NPD<br />
Geme<strong>in</strong>den zeigt sich jeweils m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Interviewpartner davon<br />
überzeugt, „Also als gelungen dass kann sich nur <strong>die</strong> angewandte bezeichnen, <strong>die</strong> wir, Verhaltensweise denk ich, von Anfang an bewährt bis heute durchgeführt habe. In<br />
haben, ganz e<strong>in</strong>fach <strong>die</strong> des Nichtbeachtens, des nicht Aufwertens, nicht mit e<strong>in</strong>beziehen mehr als nötig.“<br />
Anklam und Pirmasens gelang der NPD bzw. den „Republikanern“ der<br />
E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong>s Stadtparlament erst(mals) bei den Wahlen 2004, so dass <strong>die</strong><br />
Befragten <strong>in</strong> <strong>die</strong>sen beiden Städten ke<strong>in</strong>e Bewertung ihres Verhaltens<br />
abgeben konnten.<br />
„Also als gelungen kann ich nur <strong>die</strong> bezeichnen, <strong>die</strong> wir, denk ich, von Anfang<br />
an bis heute durchgeführt haben, ganz e<strong>in</strong>fach <strong>die</strong> des Nichtbeachtens, des nicht<br />
Aufwertens, nicht mit e<strong>in</strong>beziehen mehr als nötig.“<br />
88
„Doch, f<strong>in</strong>d ich schon, wobei … Wenn man das jetzt mit den Prozenten sieht, Wahlergebnis,<br />
kann man sagen, nicht gelungen. Aber ich denke für mich oder für uns, für<br />
den Stadtrat, ist es gelungen, weil, das merkt man jetzt ja am Ende, er hat ja nie was<br />
erreicht mit se<strong>in</strong>en Argumenten oder Sticheleien, sag ich jetzt e<strong>in</strong>fach mal.“<br />
Wie Tabelle 18 zu entnehmen ist, haben sich sechs der <strong>in</strong>sgesamt 16<br />
Fraktionsvorstände positiv über <strong>die</strong> von ihnen gewählte bzw. entwickelte<br />
Umgangsstrategie geäußert. E<strong>in</strong> Vergleich mit Tabelle 17 zeigt, dass es 59<br />
sich dabei um <strong>die</strong> Kommunen handelt, <strong>in</strong> denen <strong>die</strong> Mandatsträger von<br />
„Doch, f<strong>in</strong>d ich schon, wobei… Wenn man das jetzt mit den Prozenten sieht, Wahlergebnis, kann man<br />
NPD<br />
sagen, nicht<br />
und<br />
gelungen.<br />
REP nach<br />
Aber ich<br />
Möglichkeit<br />
denke für mich<br />
ignoriert<br />
oder für uns,<br />
und/oder<br />
für den Stadtrat,<br />
ausgegrenzt<br />
ist es gelungen,<br />
werden.<br />
weil, das<br />
Zusammen<br />
merkt man jetzt<br />
mit<br />
ja am<br />
der<br />
Ende,<br />
Strategie,<br />
er hat ja nie was<br />
nur<br />
erreicht<br />
dann<br />
mit<br />
<strong>die</strong><br />
se<strong>in</strong>en<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
Argumenten oder Sticheleien,<br />
zu<br />
sag<br />
suchen,<br />
wenn es denn unbed<strong>in</strong>gt nötig ist, wird <strong>die</strong>se Verhaltensweise, <strong>die</strong><br />
ich<br />
jetzt e<strong>in</strong>fach mal.“<br />
man Wie Tabelle auch mit 18 zu dem entnehmen Begriff ist, „differenzierendes haben sich sechs der <strong>in</strong>sgesamt Ignorieren“ 16 Fraktionsvorstände belegen könnte, positiv<br />
als über durchaus <strong>die</strong> von ihnen gelungen gewählte bzw. e<strong>in</strong>geschätzt. entwickelte Umgangsstrategie Der Blick <strong>in</strong> geäußert. Tabelle E<strong>in</strong> 18 Vergleich sowie <strong>in</strong> mit das Tabelle<br />
17 zeigt, dass es sich<br />
Interviewmaterial lässt<br />
dabei<br />
allerd<strong>in</strong>gs<br />
um <strong>die</strong> Kommunen<br />
auch erkennen,<br />
handelt, <strong>in</strong> denen<br />
dass<br />
<strong>die</strong><br />
e<strong>in</strong><br />
Mandatsträger<br />
Gesprächspartner<br />
das Verhalten der demokratischen Parteien <strong>gegen</strong>über der NPD<br />
von<br />
NPD und REP nach Möglichkeit ignoriert und/oder ausgegrenzt werden. Zusammen mit der<br />
Strategie, nur dann <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>anderzusetzung zu suchen, wenn es denn unbed<strong>in</strong>gt nötig ist, wird<br />
eher skeptisch oder zum<strong>in</strong>dest kritisch sieht, wenn auch nicht gänzlich als<br />
<strong>die</strong>se Verhaltensweise, <strong>die</strong> man auch mit dem Begriff „differenzierendes Ignorieren“ belegen<br />
misslungen bewertet.<br />
könnte, als durchaus gelungen e<strong>in</strong>geschätzt. Der Blick <strong>in</strong> Tabelle 18 sowie <strong>in</strong> das Interviewmaterial<br />
lässt allerd<strong>in</strong>gs auch erkennen, dass e<strong>in</strong> Gesprächspartner das Verhalten der demokratischen<br />
„Nun ja, es ist ja das große Streitthema. Das ist auch nicht ganz entschieden,<br />
was Parteien richtig <strong>gegen</strong>über ist: ausgrenzen der NPD eher oder, skeptisch weil oder sie zum<strong>in</strong>dest der Bürger kritisch gewählt sieht, wenn hat, auch also nicht mal gänzlich<br />
als misslungen lassen, so bewertet. tun, als wenn nichts wäre, und durch Diskussionen, äh, durch<br />
mitmachen<br />
Gespräche <strong>in</strong> den Kampf führen. Das ist ja am Ende wieder Ausgrenzung. Ich<br />
me<strong>in</strong>e, ja, kann man aber nach me<strong>in</strong>er Auffassung nur bis zu e<strong>in</strong>em gewissen<br />
„Nun ja, es ist ja das große Streitthema. Das ist auch nicht ganz entschieden, was richtig ist: ausgrenzen<br />
Grad oder, weil machen. sie der Bürger Alle<strong>in</strong> gewählt schon, hat, wenn also mal sie mitmachen den dritten lassen, so meiden, tun, als wenn ist das nichts Thema wäre, und gegessen,<br />
Diskussionen, da kann äh, ich durch machen, Gespräche was <strong>in</strong> ich den Kampf will, da führen. s<strong>in</strong>d Das sie ist e<strong>in</strong>fach ja am Ende dr<strong>in</strong>. wieder Und Ausgrenzung. letztendlich Ich<br />
durch<br />
ist me<strong>in</strong>e, es auch, ja, kann ja, man vielleicht aber nach me<strong>in</strong>er ist es Auffassung auch e<strong>in</strong> nur bissel zu k<strong>in</strong>disch.“ e<strong>in</strong>em gewissen Grad machen. Alle<strong>in</strong> schon,<br />
wenn sie den dritten meiden, ist das Thema gegessen, da kann ich machen, was ich will, da s<strong>in</strong>d sie e<strong>in</strong>fach<br />
dr<strong>in</strong>. Und letztendlich ist es auch, ja, vielleicht ist es auch e<strong>in</strong> bissel k<strong>in</strong>disch. […]“<br />
Tab. 18: Würden Sie Ihre Verhaltensweise <strong>gegen</strong>über der NPD/den „Republikanern“<br />
als eher gelungen oder als eher weniger bzw. gar nicht gelungen bewerten<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Eher bewährt 1 1 1 1 2 1 7<br />
Eher weniger/gar nicht bewährt 1 1<br />
Frage 3.5: Welche Absicht haben Sie mit Ihrem Verhalten verfolgt Wollten Sie Ihren Standpunkt zu und <strong>gegen</strong>über<br />
der NPD/den „Republikanern“ klarmachen oder wollten Sie sie ideologisch demaskieren Trotz Vorgabe<br />
zweier Antwortmöglichkeiten, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> meisten Gesprächspartner auf <strong>die</strong>se Frage nicht son-<br />
89
Frage 3.5: Welche Absicht haben Sie mit Ihrem Verhalten verfolgt<br />
Wollten Sie Ihren Standpunkt zu und <strong>gegen</strong>über der NPD/den „Republikanern“<br />
klarmachen oder wollten Sie sie ideologisch demaskieren<br />
Trotz Vorgabe zweier Antwortmöglichkeiten s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> meisten<br />
Gesprächspartner auf <strong>die</strong>se Frage nicht sonderlich e<strong>in</strong>gegangen, wie<br />
Tabelle 19 zu entnehmen ist. Dies lag jedoch weniger an e<strong>in</strong>er expliziten<br />
Verweigerung der Befragten als vielmehr daran, dass vielen entweder<br />
ihre Verhaltens<strong>in</strong>tention nicht klar war oder sie den Rechts<strong>extreme</strong>n<br />
ke<strong>in</strong> Forum zur politischen Selbstdarstellung bieten wollten. Sicherlich<br />
s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> ger<strong>in</strong>gen Fallzahlen hier im Zusammenhang mit den beiden<br />
Strategievarianten der Vermeidung öffentlicher Wahrnehmung und<br />
Aufmerksamkeit zu sehen, wie sie zu Frage 3.3 beschrieben wurden.<br />
Es zeigt sich, dass mit der Ause<strong>in</strong>andersetzung und dem Ausgrenzen<br />
der NPD <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen, Königste<strong>in</strong> und Sebnitz neben deren ideologischer<br />
Demaskierung auch das Anliegen verbunden ist, den Rechts<strong>extreme</strong>n<br />
und der kommunalen Öffentlichkeit den eigenen Standpunkt<br />
klarmachen zu wollen. Auch <strong>die</strong> Strategie e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Stellungnahme<br />
der demokratischen Parteien im Rat der Stadt Pirmasens be<strong>in</strong>halte<br />
nach Me<strong>in</strong>ung der Befragten ausdrücklich <strong>die</strong> Intention, sowohl<br />
<strong>die</strong> Anträge der „Republikaner“ ideologisch bloßzustellen als auch der<br />
Partei selbst „<strong>die</strong> Maske vom Gesicht zu reißen“.<br />
„Also normalerweise versuchen wir beides zu kommunizieren, zu sagen, dass<br />
mangels <strong>in</strong>haltlicher Substanz das nicht geht, mit Sachargumenten zu kommen,<br />
aber schon auch zu sagen: Wenn sich’s denn anbietet, also wenn man wirklich erkennt,<br />
dass irgendwie e<strong>in</strong>e Grundhaltung dah<strong>in</strong>ter steckt, <strong>die</strong> mit dem Bild der Gesellschaft,<br />
<strong>die</strong> wir wollen, jedenfalls nicht vere<strong>in</strong>bar ist, dann sagen wir das auch.“<br />
„Ich versuche, ihn da halt zu stellen und <strong>die</strong> Demokratie, me<strong>in</strong> Demokratieverständnis<br />
dem darzustellen und versuche dann also klarzumachen, dass das, was<br />
er unter Demokratie versteht, was <strong>die</strong> NPD unter Demokratie versteht – <strong>in</strong> den<br />
Programmen kann man das ja nachlesen –, dass das eigentlich gar nichts mit<br />
Demokratie im eig entlichen S<strong>in</strong>ne zu tun hat – <strong>die</strong> wollen ja e<strong>in</strong>e Elite-Regie-<br />
90
Substanz das nicht geht, mit Sachargumenten zu kommen, aber halt schon auch zu sagen: Wenn sich's<br />
denn anbietet, also wenn man wirklich erkennt, dass irgendwie e<strong>in</strong>e Grundhaltung dah<strong>in</strong>ter steckt, <strong>die</strong> mit<br />
dem Bild der Gesellschaft, <strong>die</strong> wir wollen, jedenfalls nicht vere<strong>in</strong>bar ist, dann sagen wir das auch.“<br />
„Ich versuche, ihn da halt zu stellen und <strong>die</strong> Demokratie, me<strong>in</strong> Demokratieverständnis dem darzustellen<br />
und versuche dann also klarzumachen, dass das, was er unter Demokratie versteht, was <strong>die</strong> NPD unter<br />
Demokratie versteht – <strong>in</strong> den Programmen kann man das ja nachlesen –, dass das eigentlich gar nichts mit<br />
rung<br />
Demokratie<br />
<strong>in</strong>stallieren<br />
im eigentlichen<br />
– und<br />
S<strong>in</strong>ne<br />
dass<br />
zu<br />
sie<br />
tun<br />
sich<br />
hat –<br />
eigentlich<br />
<strong>die</strong> wollen ja e<strong>in</strong>e<br />
mit<br />
Elite-Regierung<br />
dem Begriff<br />
<strong>in</strong>stallieren<br />
Demokratie<br />
– und dass<br />
gar<br />
nicht sie sich schmücken eigentlich mit dem dürfen Begriff und Demokratie können.“ gar nicht schmücken dürfen und können.“<br />
Tab. 19: Welche Absicht haben Sie mit Ihrem Verhalten verfolgt Wollten Sie<br />
Ihren Standpunkt zu und <strong>gegen</strong>über der NPD/den „Republikanern“<br />
klarmachen oder wollten Sie sie ideologisch demaskieren<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Ideologische Demaskierung 1 1 2 1 5<br />
Standpunkt klarmachen 1 1 1 3<br />
4.4 Änderungen der „parlamentarischen der Spielregeln“ Spielregeln“<br />
Frage 4.1: Wurden seit dem E<strong>in</strong>zug der NPD/„Republikaner“ <strong>in</strong>s Parlament <strong>die</strong> sog. parlamentarischen Spielregeln<br />
Frage geändert, 4.1: z.B. <strong>in</strong> Wurden Bezug auf Redezeiten, seit dem Antragstellung, E<strong>in</strong>zug Mittelflüsse, der NPD/„Republikaner“ Ämtervergabe, Besetzung von Ausschüssen<br />
In den <strong>die</strong> Satzungen sog. parlamentarischen der Kommunalparlamente Spielregeln wurden nach Auskunft geändert, Interviewpart-<br />
zum Bei<br />
<strong>in</strong>s<br />
Parlament<br />
spiel ner weder <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bezug Redezeiten auf oder Redezeiten, f<strong>in</strong>anzielle Zuschüsse Antragstellung, noch <strong>die</strong> Verfahrensweisen Mittelflüsse, zur Ämterver-<br />
Ämtervergabe,<br />
oder Antragstellung Besetzung geändert, von Ausschüssen auch weil <strong>die</strong>sbezügliche In den Reglungen Satzungen <strong>in</strong> den meisten der Kommunalparlamente<br />
nicht erst existieren. wurden Änderungen nach h<strong>in</strong>sichtlich Auskunft der Besetzung der Interviewpartner der Ausschüsse und Geme<strong>in</strong>devor-<br />
weder <strong>die</strong><br />
Fällen gar<br />
Redezeiten stände s<strong>in</strong>d jedoch oder <strong>in</strong> den f<strong>in</strong>anzielle beiden mittelhessischen Zuschüsse Kommunen noch <strong>die</strong> vorgenommen Verfahrensweisen worden. Durch zur <strong>die</strong><br />
Ämtervergabe<br />
Änderung der Hauptsatzung<br />
oder Antragstellung<br />
wurde <strong>in</strong> Wölfersheim<br />
geändert, Geme<strong>in</strong>devorstand<br />
auch weil <strong>die</strong>sbezügliche<br />
so verkle<strong>in</strong>ert, dass<br />
<strong>die</strong> kle<strong>in</strong>eren Parteien (NPD und Grüne) ke<strong>in</strong>en Sitz mehr erhielten; vertreten s<strong>in</strong>d damit <strong>die</strong><br />
Regelungen <strong>in</strong> den meisten Fällen gar nicht erst existieren. Änderungen<br />
CDU sowie SPD und FWG, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Liste gebildet haben. In Ehr<strong>in</strong>gshausen wurden<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der Besetzung der Ausschüsse und Geme<strong>in</strong>devorstände<br />
Geme<strong>in</strong>devorstand und Ausschüsse um jeweils e<strong>in</strong>en Sitz reduziert, damit man auf <strong>die</strong>se Weise<br />
s<strong>in</strong>d jedoch <strong>in</strong> den beiden mittelhessischen Kommunen vorgenommen<br />
<strong>die</strong> Mandatsträger der NPD ausschließen konnte.<br />
worden. Durch <strong>die</strong> Änderung der Hauptsatzung wurde <strong>in</strong> Wölfersheim<br />
der Geme<strong>in</strong>devorstand so verkle<strong>in</strong>ert, dass <strong>die</strong> kle<strong>in</strong>eren Parteien (NPD<br />
und Grüne) ke<strong>in</strong>en Sitz mehr erhielten; vertreten s<strong>in</strong>d damit <strong>die</strong> CDU<br />
sowie SPD und FWG, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Liste gebildet haben. In<br />
Ehr<strong>in</strong>gshausen wurden Geme<strong>in</strong>devorstand und Ausschüsse um jeweils<br />
e<strong>in</strong>en Sitz reduziert, damit man auf <strong>die</strong>se Weise <strong>die</strong> Mandatsträger der<br />
NPD ausschließen konnte.<br />
„Der Geme<strong>in</strong>devorstand wurde drastisch verkle<strong>in</strong>ert, dass <strong>die</strong> NPD und <strong>die</strong> Grünen<br />
nicht mehr re<strong>in</strong> gekommen s<strong>in</strong>d, und <strong>die</strong> FWG ist nur dank e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen<br />
91
Liste mit der SPD im Geme<strong>in</strong>devorstand. Der wurde von SPD-Seite verkle<strong>in</strong>ert, um<br />
<strong>die</strong> NPD fernzuhalten. Leider s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Grünen auch davon betroffen, aber gut.“<br />
„Ja, wir haben nach der Wahl unsere Hauptsatzung geändert. Die Hauptsatzung<br />
hat früher vorgesehen, dass der Geme<strong>in</strong>devorstand aus neun Mitgliedern plus<br />
Bürgermeister besteht. Die NPD hätte durch <strong>die</strong>ses komische Auszählungssystem<br />
bei der letzten Wahl, trotz dass sie zwei oder drei Prozent verloren haben,<br />
rechnerisch hätte denen e<strong>in</strong> Sitz im Vorstand zugestanden. Da haben wir <strong>die</strong><br />
Hauptsatzung dah<strong>in</strong>gehend geändert, dass wir den von neun auf acht reduziert<br />
haben, dass <strong>die</strong> NPD raus gefallen ist.“<br />
„Die s<strong>in</strong>d auch nicht <strong>in</strong> den Ausschüssen, das haben wir ähnlich dann gemacht<br />
wie beim Geme<strong>in</strong>devorstand, haben wir <strong>die</strong> Anzahl der Ausschussmitglieder von<br />
neun auf acht reduziert, und dadurch ist <strong>die</strong> NPD raus gefallen. Die s<strong>in</strong>d aber bei<br />
jeder Ausschusssitzung dabei, melden sich mal zu Wort.“<br />
In Sebnitz wird zurzeit das Sitzzuteilungsverfahren nach d’Hondt angewandt,<br />
nach dem – anders als das Hare-Niemeyer-Verfahren – kle<strong>in</strong>er<br />
Parteien bei der Sitzvergabe benachteiligt s<strong>in</strong>d. Um bei der Ausschussbesetzung<br />
nicht von CDU und PDS übergangen zu werden, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />
kle<strong>in</strong>eren Parteien (FDP, SPD und „Mitsprache Sebnitz“) e<strong>in</strong>e Listenverb<strong>in</strong>dung<br />
e<strong>in</strong>gegangen. Die NPD erhält damit zwar als e<strong>in</strong>zige Partei im<br />
Stadtrat ke<strong>in</strong>en „zugeteilten“ Sitz, stellt aber dennoch <strong>in</strong> den Ausschüssen<br />
e<strong>in</strong>en sogenannten „Verh<strong>in</strong>derungsvertreter“.<br />
7<br />
Beim d’Hondt-Verfahren werden <strong>die</strong> für <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Wahlvorschläge (Parteien, Listen) abgegebenen<br />
gültigen Stimmen nache<strong>in</strong>ander durch 1, 2, 3 usw. geteilt, bis aus den gewonnenen Teilungszahlen<br />
so viele Höchstzahlen ausgesondert werden können, wie Sitze zu vergeben s<strong>in</strong>d. Jeder<br />
Wahlvorschlag erhält so viele Sitze, wie Höchstzahlen auf ihn entfallen. Die Sitzverteilung kann<br />
dabei stark von der Proportionalität abweichen. Dieser Effekt wird noch gefördert durch große<br />
Unterschiede <strong>in</strong> den Parteistärken, e<strong>in</strong>e hohe Anzahl antretender Parteien und e<strong>in</strong>e niedrige Anzahl<br />
zu vergebender Sitze. Extremes Beispiel: Anzahl zu vergebender Sitze: 10, Anzahl abgegebener<br />
gültiger Stimmen: 1000. Partei A err<strong>in</strong>gt 600 Stimmen, 7 weitere Parteien err<strong>in</strong>gen zusammen<br />
400 Stimmen (darunter ke<strong>in</strong>e mehr als 59). Im Ergebnis erhält Partei A mit e<strong>in</strong>em Stimmenanteil<br />
von 60 % alle 10 Sitze. Beim Hare-Niemeyer-Verfahren wird da<strong>gegen</strong> zur Errechnung der Sitzzahl<br />
zunächst <strong>die</strong> Stimmenzahl der e<strong>in</strong>zelnen Parteien mit den zu vergebenden Parlamentssitzen<br />
multipliziert und das Produkt durch <strong>die</strong> Gesamtzahl der Stimmen aller Parteien geteilt. Die dabei<br />
verbleibenden Restsitze werden <strong>in</strong> der Reihenfolge der höchsten Zahlen h<strong>in</strong>ter dem Komma an <strong>die</strong><br />
Parteien vergeben (vgl. http://www.wahlrecht.de/verfahren/dhondt.html; http://www.wahlrecht.de/<br />
verfahren/hare-niemeyer.html; http://www.wahlaus-wertung.de/probewahl/sitzverteilung/<strong>in</strong>dex.html).<br />
92
„Ausschussbesetzungen nach d’Hondt werden bei uns vorgenommen, da gibt’s<br />
verschiedene Methoden. Aber wenn, müssen ja dann alle gewählten Vertreter<br />
grundsätzlich gleichberechtigt behandelt werden. Es ist aber möglich, dass <strong>die</strong><br />
anderen Parteien sich zusammentun und <strong>die</strong> Ausschussbesetzung absprechen. So<br />
haben wir das gemacht, dass wir das Wahlverhalten vorher, das taktische Wahlverhalten,<br />
vorher absprechen, so dass <strong>die</strong> NPD <strong>in</strong> den Ausschüssen selbst, ich<br />
glaube, immer nur als Verh<strong>in</strong>derungsvertreter vertreten ist. Also, man kann sie<br />
gar nicht wählen bei den gesetzten Ausschüssen. Man kann aber <strong>die</strong> Platzierung<br />
bee<strong>in</strong>flussen, <strong>die</strong> nach <strong>die</strong>ser d’Hondt-Regelung sich ergibt. Es ist wohl so, wenn<br />
e<strong>in</strong>e Partei, <strong>die</strong> 50 Prozent der Stimmen hat, 50 Prozent der Stadtratsitze hat, auch<br />
mit 50 Prozent <strong>in</strong> den Ausschüss en repräsentiert se<strong>in</strong> muss; so gibt’s wohl <strong>die</strong><br />
allgeme<strong>in</strong>e Regelung, so ist es uns jedenfalls erklärt worden. Und da <strong>die</strong> NPD ja<br />
sich um <strong>die</strong> zehn Prozent <strong>in</strong> Sebnitz bewegt und wir <strong>die</strong> meisten Ausschüsse nur<br />
mit fünf oder sechs Personen besetzt haben, besteht also ke<strong>in</strong> automatischer Anspruch<br />
für <strong>die</strong> NPD, mit ihren zehn Prozent den Sitz zu bekommen. Da kann man<br />
das e<strong>in</strong> bisschen steuern. Wenn <strong>die</strong> zwanzig Prozent hätten, wäre es schwieriger.<br />
Da hätten sie immer irgendwo mal e<strong>in</strong>en Sitz bekommen müssen.“<br />
„Da haben sich <strong>die</strong> anderen dann zum Teil zusammengetan, und eben <strong>die</strong> drei<br />
E<strong>in</strong>zelparteien, <strong>die</strong> haben dann eben e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Liste gemacht. […] Und<br />
haben also bei <strong>die</strong>ser Besetzung der Ausschüsse dann <strong>die</strong> Listen so geme<strong>in</strong>sam<br />
gebildet, dass das halt funktioniert hat, dass aus <strong>die</strong>ser Liste immer jemand mit<br />
<strong>in</strong> den Ausschuss kam und <strong>die</strong> NPD dann außen vor blieb.“<br />
Ebenso wie <strong>in</strong> Sebnitz wird auch <strong>in</strong> Stralsund auf das d’Hondt-Verfahren<br />
zurückgegriffen, wenn es um <strong>die</strong> Besetzung von Ausschüssen geht,<br />
von denen es <strong>in</strong> der Hansestadt dreizehn gibt. Die Anwendung <strong>die</strong>ses<br />
Sitzzuteilungsverfahrens erfolgt dabei mit dem Ziel, <strong>die</strong> beiden NPD-Abgeordneten<br />
aus den Gremien der Bürgerschaft herauszuhalten. Zwar s<strong>in</strong>d<br />
<strong>die</strong> Rechts<strong>extreme</strong>n dadurch tatsächlich <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Ausschuss oder sonstigem<br />
Gremium vertreten, doch g<strong>in</strong>g <strong>die</strong>ser Erfolg auch zu Lasten anderer<br />
kle<strong>in</strong>erer Gruppierungen im Parlament.<br />
„Ja, das war gleich nach der Kommunalwahl. Die Hauptsatzung haben wir geändert,<br />
nicht <strong>die</strong> Geschäftsordnung. […] Und <strong>die</strong> Hauptsatzung legt ja fest, wie<br />
groß <strong>die</strong>se Gremien se<strong>in</strong> müssen, ne Und das kann man ja selber bestimmen und<br />
auch, wie sie besetzt s<strong>in</strong>d, nach der Hare-Niemeyer und nach der d’Hondt. Und<br />
93
„Da haben sich <strong>die</strong> Anderen dann zum Teil zusammengetan, und eben <strong>die</strong> drei E<strong>in</strong>zelparteien, <strong>die</strong> haben<br />
dann eben e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Liste gemacht. […] Und haben also bei <strong>die</strong>ser Besetzung der Ausschüsse<br />
dann <strong>die</strong> Listen so geme<strong>in</strong>sam gebildet, dass das halt funktioniert hat, dass aus <strong>die</strong>ser Liste immer jemand<br />
mit <strong>in</strong> den Ausschuss kam und <strong>die</strong> NPD dann außen vor blieb.“<br />
Hare-Niemeyer Ebenso wie <strong>in</strong> Sebnitz begünstigt wird auch ja <strong>in</strong> immer Stralsund <strong>die</strong> auf kle<strong>in</strong>en das d’Hondt-Verfahren Fraktionen, und zurückgegriffen, das war ja se<strong>in</strong>er wenn<br />
Zeit noch Thema, wie weit sie <strong>die</strong>se Anerkennung kriegen als Fraktion, ne Um<br />
es um <strong>die</strong> Besetzung von Ausschüssen geht, von denen es <strong>in</strong> der Hansestadt dreizehn gibt. Die<br />
das eben auszukegeln, haben wir dann gesagt, wir besetzen nach d’Hondt, und<br />
damit Anwendung kamen <strong>die</strong>ses dann Sitzzuteilungsverfahrens nicht re<strong>in</strong>. Die werden erfolgt dabei erst bei mit e<strong>in</strong>er dem Ziel, Größenordnung, <strong>die</strong> beiden NPD- ich<br />
glaube, Abgeordneten bei dreizehn aus den Gremien Sitzen, der dann Bürgerschaft wären sie herauszuhalten. mit re<strong>in</strong> gekommen.“ Zwar s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Rechts<strong>extreme</strong>n<br />
dadurch tatsächlich <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Ausschuss oder sonstigem Gremium vertreten, doch g<strong>in</strong>g <strong>die</strong>ser<br />
„Ja, Erfolg wir auch haben zu Lasten e<strong>in</strong>en anderer Ausschuss kle<strong>in</strong>erer verkle<strong>in</strong>ert, Gruppierungen ansonsten im Parlament. hätten <strong>die</strong> sich re<strong>in</strong>klagen<br />
können. Wird ja nach Proporz vergeben, deswegen haben wir verkle<strong>in</strong>ert, und<br />
dadurch fielen <strong>die</strong> Kle<strong>in</strong>en dann auch raus. Ja, also das haben wir zu Beg<strong>in</strong>n der<br />
„Ja, das war gleich nach der Kommunalwahl. Die Hauptsatzung haben wir geändert, nicht <strong>die</strong> Geschäftsordnung.<br />
[…] Und <strong>die</strong><br />
Konstituierung auch<br />
Hauptsatzung<br />
so durchgesetzt,<br />
legt ja fest, wie<br />
aber<br />
groß<br />
<strong>in</strong>sgesamt<br />
<strong>die</strong>se Gremien<br />
s<strong>in</strong>d<br />
se<strong>in</strong> müssen,<br />
<strong>die</strong> <strong>in</strong><br />
ne<br />
ke<strong>in</strong>em<br />
Und das<br />
Ausschuss<br />
man ja selber dr<strong>in</strong>, bestimmen <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em und anderen auch, wie sie Gremium, besetzt s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> nach ke<strong>in</strong>em der Hare-Niemeyer Aufsichtsrat, und <strong>in</strong> nach ke<strong>in</strong>em der d’Hondt. Ver-<br />
kann<br />
waltungsrat, Und Hare-Niemeyer da haben begünstigt <strong>die</strong> ja gar immer ke<strong>in</strong>e <strong>die</strong> kle<strong>in</strong>en Infos.“ Fraktionen, und das war ja se<strong>in</strong>er Zeit noch Thema,<br />
wie weit sie <strong>die</strong>se Anerkennung kriegen als Fraktion, ne Um das eben auszukegeln, haben wir dann gesagt,<br />
wir besetzen nach d’Hondt, und damit kamen <strong>die</strong> dann nicht re<strong>in</strong>. Die werden erst bei e<strong>in</strong>er Größenordnung,<br />
ich glaube, bei dreizehn Sitzen, dann wären sie mit re<strong>in</strong> gekommen.“<br />
Tabelle 20 zeigt, dass auch <strong>in</strong> Anklam e<strong>in</strong>e Möglichkeit gefunden<br />
„Ja, wir haben e<strong>in</strong>en Ausschuss verkle<strong>in</strong>ert, ansonsten hätten <strong>die</strong> sich re<strong>in</strong> klagen können. Wird ja nach<br />
wurde, wie man <strong>die</strong> NPD bei der Besetzung von Ausschüssen außen vor<br />
Proporz vergeben, deswegen haben wir verkle<strong>in</strong>ert, und dadurch fielen <strong>die</strong> Kle<strong>in</strong>en dann auch raus. Ja,<br />
lassen also das haben kann. wir Ähnlich zu Beg<strong>in</strong>n der wie Konstituierung <strong>in</strong> Wölfersheim auch so durchgesetzt, und Sebnitz aber <strong>in</strong>sgesamt wurde s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> hier <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em das<br />
Ausschuss dr<strong>in</strong>, <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em anderen Gremium, <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Aufsichtsrat, <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Verwaltungsrat, da haben<br />
Pr<strong>in</strong>zip <strong>die</strong> gar ke<strong>in</strong>e der Infos.“ Listenverb<strong>in</strong>dung aufgegriffen. Durch den Zusammenschluss<br />
der PDS mit e<strong>in</strong>er der beiden im Parlament vertretenen Wählergeme<strong>in</strong>schaften<br />
ist es gelungen, <strong>die</strong> Berufung des NPD-Abgeordneten Michael<br />
Tabelle 20 zeigt, dass auch <strong>in</strong> Anklam e<strong>in</strong>e Möglichkeit gefunden wurde, wie man <strong>die</strong> NPD bei<br />
der Besetzung von Ausschüssen außen vor lassen kann. Ähnlich wie <strong>in</strong> Wölfersheim und Sebnitz<br />
Andrejewski <strong>in</strong> den Hauptausschuss zu verh<strong>in</strong>dern.<br />
wurde hier das Pr<strong>in</strong>zip der Listenverb<strong>in</strong>dung aufgegriffen. Durch den Zusammenschluss der PDS<br />
mit e<strong>in</strong>er der beiden im Parlament vertretenen Wählergeme<strong>in</strong>schaften ist es gelungen, <strong>die</strong> Berufung<br />
des NPD-Abgeordneten ist vielleicht auch Michael nicht Andrejewski ganz demokratisch <strong>in</strong> den Hauptausschuss gewesen, zu aber verh<strong>in</strong>dern. da haben <strong>die</strong><br />
„Im Pr<strong>in</strong>zip hat man da versucht, den Andrejewski aus dem Ausschuss raus zu<br />
kriegen,<br />
zwei Bürgerbewegungen hier, […] <strong>die</strong> haben mit der PDS, hat sich <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Bürgerbewegung<br />
„Im Pr<strong>in</strong>zip hat man zusammengeschlossen, da versucht, den Andrejewski und aus dadurch dem Ausschuss hat dann raus zu <strong>die</strong> kriegen, Bürgerbewegung<br />
ist vielleicht auch<br />
e<strong>in</strong>en nicht ganz Sitz demokratisch mehr als gewesen, ihnen aber eigentlich da haben zustand. <strong>die</strong> zwei Bürgerbewegungen […] Dadurch hier, haben […] <strong>die</strong> sie haben jetzt mit den der<br />
PDS, hat sich <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Bürgerbewegung zusammengeschlossen, und dadurch hat dann <strong>die</strong> Bürgerbewegung<br />
e<strong>in</strong>en Sitz mehr als ihnen eigentlich zustand. […] Dadurch haben sie jetzt den Andrejewski aus dem<br />
Andrejewski aus dem Hauptausschuss raus gewählt, sonst wäre der im Hauptausschuss<br />
dr<strong>in</strong> gewesen.“<br />
Hauptausschuss raus gewählt, sonst wäre der im Hauptausschuss dr<strong>in</strong> gewesen.“<br />
Tab. 20: Wurden seit dem E<strong>in</strong>zug der NPD/„Republikaner“ <strong>in</strong>s Parlament <strong>die</strong><br />
sog. parlamentarischen Spielregeln geändert, z.B. <strong>in</strong> Bezug auf Redezeiten,<br />
Antragstellung, Mittelflüsse, Ämtervergabe, Besetzung von Ausschüssen<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Kategorien<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Ausschussbesetzung 2 1 2 2 1 8<br />
94
Frage 4.2: Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> parteiübergreifende Zusammenarbeit<br />
der Demokraten <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der NPD/den „Republikanern“<br />
Der Blick auf Tabelle 21 (am Ende <strong>die</strong>ses Abschnitts) lässt<br />
erkennen, dass 14 der <strong>in</strong>sgesamt 16 befragten Fraktionsvorstände von<br />
SPD und CDU <strong>die</strong> Zusammenarbeit zwischen den demokratischen Fraktionen<br />
<strong>in</strong> den Kommunalparlamenten als eher gut bewerten, sofern es <strong>die</strong><br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Fraktionen und Mandatsträgern der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n betrifft. Viele Interviewpartner sehen <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Punkt sogar als ausgesprochen gut an. Maßstab der Bewertung<br />
ist hier <strong>die</strong> Durchsetzung der jeweils entwickelten Umgangs- und Gegenstrategien<br />
im Parlament. So geht es den Fraktionen erstens darum, den<br />
Rechts<strong>extreme</strong>n nach Möglichkeit ke<strong>in</strong>e „Bühne“ zur öffentlichen und<br />
politischen Selbstdarstellung zu geben; zweitens sollen <strong>die</strong> Mandatsträger<br />
von NPD und REP zum<strong>in</strong>dest aus den wichtigen und entscheidenden<br />
Gremien der kommunalen Politik herausgehalten werden. Überall dort,<br />
wo <strong>die</strong>se Ziele aus Sicht der Befragten weitestgehend und nach Ausschöpfung<br />
aller kommunalrechtlichen Mittel erreicht wurden, wird auch<br />
<strong>die</strong> parteiübergreifende Zusammenarbeit der demokratischen Fraktionen<br />
als äußerst gelungen bewertet.<br />
„E<strong>in</strong> Beispiel, kann man sagen, ist <strong>die</strong> Wahl zum Geme<strong>in</strong>devorstand. Da haben<br />
wir auch e<strong>in</strong>e Listenverb<strong>in</strong>dung gemacht. Dadurch ist <strong>die</strong> FWG re<strong>in</strong> gekommen,<br />
und <strong>die</strong> NPD draußen geblieben.“<br />
„Das ist das Paradoxe da dran: Dadurch, dass wir <strong>die</strong> NPD im Parlament haben,<br />
s<strong>in</strong>d eigentlich <strong>die</strong> Anderen enger zusammengerückt. […] Vor jeder Parlamentssitzung<br />
gibt es mal so e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Telefonkonferenz unter den Fraktionsvorsitzenden,<br />
dass man sich so e<strong>in</strong> bisschen abstimmt und dass man dann auch<br />
solche Sachen dann bespricht und sagt: Hier, den Antrag geben wir nicht <strong>in</strong><br />
<strong>die</strong> Ausschüsse, den lehnen wir gleich ab, mit dem Blöds<strong>in</strong>n tun wir uns nicht<br />
beschäftigen.“<br />
„Die ist, was <strong>die</strong> Republikaner anbelangt, außerordentlich gut und offen und e<strong>in</strong>vernehmlich<br />
zwischen den demokratischen Fraktionen. Da gibt es, glaube ich,<br />
95
ke<strong>in</strong>e Unterschiede <strong>in</strong> der Bewertung und auch <strong>in</strong> der Bereitschaft, sich davon<br />
abzugrenzen.“<br />
„In <strong>die</strong>ser Ause<strong>in</strong>andersetzung: ja. Also da s<strong>in</strong>d wir uns vollkommen e<strong>in</strong>ig, von<br />
den Grünen <strong>die</strong> immer so e<strong>in</strong> bisschen – ich möchte jetzt mal sagen – exotisch,<br />
sehr sympathisch, aber sehr exotisch manchmal auch Ansichten haben, aber<br />
auch bis zur SPD, <strong>die</strong> halt hier ihre Macht verloren hat, ja. Also das ist überparteilich,<br />
und zwar ohne dass man sagt: ‚Ja, aber da haben sie ja nicht unrecht.‘<br />
Es ist wirklich unisono.“<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der NPD gehen jedoch <strong>in</strong><br />
den Städten Königste<strong>in</strong> und Anklam <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ungen über <strong>die</strong> Qualität<br />
der parteiübergreifenden Zusammenarbeit ause<strong>in</strong>ander. Während von<br />
den CDU-Fraktionsvorsitzenden <strong>die</strong> Zusammenarbeit mit den anderen<br />
Parteien als eher gut bzw. durchaus gelungen bewertet wird, üben <strong>die</strong><br />
Interviewpartner der SPD zum Teil harsche Kritik am Verhalten der<br />
Christdemokraten, das nur wenig kooperativ sei. Ob <strong>die</strong>se Kritik aber<br />
damit zusammenhängt, dass <strong>die</strong> CDU <strong>in</strong> beiden Städten mit fast 40 %<br />
deutlich stärkste Partei ist und ihr im Stadtrat bzw. <strong>in</strong> der Stadtvertretung<br />
e<strong>in</strong>e gewisse Vorrangstellung zukommt, lässt sich auf Grundlage<br />
des vorliegenden Materials nicht mit Sicherheit belegen (siehe auch<br />
Kap. 3.3 und Kap. 3.4). Am Beispiel der Stadt Königste<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d jedoch<br />
<strong>die</strong> unterschiedlichen Ansichten zur Qualität der parteiübergreifenden<br />
Zusammenarbeit erkennbar, wie <strong>die</strong> ausgewählten Interviewpassagen<br />
der Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD dokumentieren.<br />
„Hm … Also mit den anderen Parteien, also mit der SPD und mit der VBI [Vere<strong>in</strong>ige<br />
Bürger<strong>in</strong>itiativen, Anm. d. Verf.] geht das schon, also versuchen wir schon<br />
den Konsens zu f<strong>in</strong>den, um mögliche Chancen der Ause<strong>in</strong>andersetzung dort zu<br />
verh<strong>in</strong>dern, beziehungsweise ich me<strong>in</strong>e, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Person oder <strong>die</strong> zwei Personen,<br />
<strong>die</strong> hätten selbst <strong>gegen</strong> uns als CDU alle<strong>in</strong>e … Mit dem Bürgermeister hätten<br />
wir ja sowieso <strong>die</strong> Mehrheit. Da wäre sowieso nichts geworden. Aber es macht<br />
immer e<strong>in</strong> besseres Bild, wenn man e<strong>in</strong>en Konsens f<strong>in</strong>det.“<br />
96
„Hm... Also mit den anderen Parteien, also mit der SPD und mit der VBI geht das schon, also versuchen<br />
wir schon den Konsens zu f<strong>in</strong>den, um mögliche Chancen der Ause<strong>in</strong>andersetzung dort zu verh<strong>in</strong>dern,<br />
beziehungsweise ich me<strong>in</strong>e, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Person oder <strong>die</strong> zwei Personen, <strong>die</strong> hätten selbst <strong>gegen</strong> uns als CDU<br />
alle<strong>in</strong>e… Mit dem Bürgermeister hätten wir ja sowieso <strong>die</strong> Mehrheit. Da wäre sowieso nichts geworden.<br />
Aber es macht immer e<strong>in</strong> besseres Bild, wenn man e<strong>in</strong>en Konsens f<strong>in</strong>det.“<br />
„Also, ich würde mal sagen, generell schlecht. Also schlecht dah<strong>in</strong>gehend, dass<br />
e<strong>in</strong>e „Also, übergreifende ich würde mal sagen, oder generell überhaupt schlecht. e<strong>in</strong>e Also fraktionsübergreifende schlecht dah<strong>in</strong> gehend, dass e<strong>in</strong>e Zusammenarbeit<br />
übergreifende oder<br />
kaum überhaupt da e<strong>in</strong>e ist. fraktionsübergreifende Es macht jede Fraktion Zusammenarbeit se<strong>in</strong>s, und kaum jede da ist. Fraktion Es macht versucht, jede Fraktion ihre se<strong>in</strong>s, Auffassung<br />
jede Fraktion durchzusetzen.“<br />
versucht, ihre Auffassung<br />
und<br />
durchzusetzen.“<br />
Tab. 21: Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> parteiübergreifende Zusammenarbeit der Demokraten <strong>in</strong> der<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der NPD/den „Republikanern“<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Eher gut/f<strong>in</strong>det explizit statt 2 2 2 2 1 2 2 1 14<br />
Eher schlecht/f<strong>in</strong>det nicht statt 1 1 2<br />
4.5 Wahrnehmung der parlamentarischen der parlamentarischen Ause<strong>in</strong>andersetzung Ause<strong>in</strong>andersetzung mit <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n mit<br />
<strong>in</strong> der Bevölkerung<br />
<strong>extreme</strong>n<br />
nach<br />
<strong>Rechte</strong>n<br />
E<strong>in</strong>schätzung der<br />
der<br />
Bevölkerung<br />
demokratischen Parteien<br />
nach E<strong>in</strong>schätzung<br />
Frage der 5.1: Wird demokratischen nach Ihrer Me<strong>in</strong>ung <strong>die</strong> Parteien parlamentarische Ause<strong>in</strong>andersetzung der demokratischen Parteien mit<br />
der NPD/den „Republikanern“ von den Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de wahrgenommen Fast<br />
alle Frage Interviewpartner 5.1: Wird s<strong>in</strong>d nach der Überzeugung, Ihrer Me<strong>in</strong>ung dass <strong>die</strong> <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung parlamentarische mit den Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
und Mandatsträgern der demokratischen der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n, Parteien aber auch jedes mit andere NPD/den politische Handeln „Republika<br />
im Kom-<br />
Fraktionen<br />
nern“ munalparlament von den sowohl Bürger<strong>in</strong>nen der Bevölkerung und Bürgern als auch <strong>in</strong> der Ihrer lokalen Stadt/Geme<strong>in</strong>de Presse auf wenig Interesse wahrgenommen<br />
stößt. Aus Sicht Fast der meisten alle Interviewpartner Befragten gibt <strong>die</strong> mangelnde s<strong>in</strong>d der Berichterstattung Überzeugung, jedoch dass nicht <strong>die</strong> nur<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung Anlass zur Kritik, sondern wird mit <strong>in</strong> den Bezug Fraktionen auf NPD und und REP Mandatsträgern auch als eher positiv denn der als <strong>extreme</strong>n<br />
negativ<br />
bewertet,<br />
<strong>Rechte</strong>n,<br />
um der<br />
aber<br />
Strategie<br />
auch<br />
entsprechend<br />
jedes andere<br />
den Rechts<strong>extreme</strong>n<br />
politische<br />
ke<strong>in</strong>e<br />
Handeln<br />
öffentliche<br />
im<br />
Aufmerksamkeit<br />
zu schenken. Die Presse wird daher nicht selten als <strong>in</strong>offizieller Verbündeter der Politik im<br />
Kommunalparlament<br />
sowohl <strong>in</strong> der Bevölkerung als auch <strong>in</strong> der lokalen Presse<br />
auf wenig Interesse stößt. Aus Sicht der meisten Befragten gibt <strong>die</strong><br />
Kampf <strong>gegen</strong> den lokalen Rechtsextremismus gesehen.<br />
mangelnde Berichterstattung jedoch nicht nur Anlass zur Kritik, sondern<br />
„Aber, wie gesagt, <strong>die</strong>se Strategie, denke ich, ist <strong>in</strong>sgesamt aufgegangen, weil, ich denke, auch für <strong>die</strong><br />
wird kommunalpolitische <strong>in</strong> Bezug Arbeit auf NPD ja unverzichtbare und REP Presse auch ist hier, als ohne eher dass positiv das offiziell bewertet, wäre oder dass um das der e<strong>in</strong><br />
förmliches Agreement wäre, <strong>die</strong> ist ähnlich auf der L<strong>in</strong>ie, dass da Berichterstattung im Rahmen der<br />
Strategie Presse eben nicht entsprechend stattf<strong>in</strong>det über <strong>die</strong> den ‚Republikaner’.“ Rechts<strong>extreme</strong>n ke<strong>in</strong>e öffentliche Aufmerksamkeit<br />
zu schenken. Die Presse wird daher nicht selten als <strong>in</strong>offizieller<br />
Verbündeter der Politik im Kampf <strong>gegen</strong> den lokalen Rechtsextremismus<br />
gesehen.<br />
„Aber, wie gesagt, <strong>die</strong>se Strategie, denke ich, ist <strong>in</strong>sgesamt aufgegangen, weil <strong>die</strong><br />
auch für <strong>die</strong> kommunalpolitische Arbeit ja unverzichtbare Presse ist hier, ohne<br />
dass das offiziell wäre oder dass das e<strong>in</strong> förmliches Agreement wäre, <strong>die</strong> ist<br />
97
ähnlich auf der L<strong>in</strong>ie, dass da e<strong>in</strong>e Berichterstattung im Rahmen der Presse eben<br />
nicht stattf<strong>in</strong>det über <strong>die</strong> ‚Republikaner‘.“<br />
„Und das ist für mich e<strong>in</strong> ganz zentraler Punkt: Wir dürfen denen <strong>die</strong>ses Podium<br />
nicht bieten, weil <strong>die</strong> Presse kann auch nur e<strong>in</strong> stückweit ignorieren. Also auf<br />
Dauer wird es ke<strong>in</strong>e Presse, ke<strong>in</strong>e Zeitung auf <strong>die</strong> Reihe kriegen, dass sie sagt,<br />
wir schreiben von denen grundsätzlich nichts.“<br />
„Die kann man ja bloß wahrnehmen, wenn man als Bürger <strong>in</strong>teressiert <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />
Ratsitzung geht. […] Presse ist auch da. Es ist mir aber jetzt auch nicht bekannt,<br />
dass <strong>die</strong> mal irgendwas geschrieben haben, wenn wir uns da <strong>gegen</strong>seitig beharkt<br />
haben, wobei das ja relativ selten vorgekommen ist.“<br />
„Die Presse berichtet auch nicht drüber, da gibt es auch so e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>offiziellen<br />
Konsens. Das funktioniert bisher ganz gut.“<br />
„Das Gute ist eben auch, es dr<strong>in</strong>gt kaum etwas nach außen, also an <strong>die</strong> Bevölkerung,<br />
dass das so richtig <strong>in</strong> der Presse ausgeschlachtet wird, wo ja eigentlich<br />
<strong>die</strong> Presse <strong>die</strong>jenigen s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong> viel raustragen, jetzt egal, ob nun <strong>Rechte</strong> oder …<br />
Also, nee, <strong>in</strong> dem Falle, muss ich ehrlich sagen, ist <strong>die</strong> Presse top, weil, man kann<br />
ja e<strong>in</strong>e Stimmung auch richtig anheizen.“<br />
„Also, wenn sie überhaupt groß wahrgenommen wird, denn das Problem ist e<strong>in</strong>fach,<br />
dass <strong>die</strong> Lokalpresse – für me<strong>in</strong>e Begriffe – rabenschlecht ist <strong>in</strong> der kommunalpolitischen<br />
Berichterstattung. Also, sie können weder sich darüber ärgern,<br />
dass <strong>die</strong> jetzt zu freundlich mit der NPD umspr<strong>in</strong>gen, noch dass <strong>die</strong> irgendwie<br />
denen zu breiten Raum <strong>in</strong> der Berichterstattung aus der Geme<strong>in</strong>devertretung e<strong>in</strong>räumen.<br />
All das f<strong>in</strong>det ja sowieso kaum statt.“<br />
Wie Tabelle 22 zeigt, wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Interviews aber auch erwähnt,<br />
dass e<strong>in</strong>e Wahrnehmung <strong>in</strong> der Bevölkerung bzw. e<strong>in</strong>e Berichterstattung<br />
<strong>in</strong> der lokalen Presse durchaus stattf<strong>in</strong>det, allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem<br />
Umfang und eher als Ausnahme- denn als Regelfall.<br />
„Das wird wahrgenommen. Also ich weiß, dass viele gesagt haben, dass so, wie<br />
wir das machen, das wir <strong>die</strong> außen vor lassen mit ihrem Mist, dass <strong>die</strong> Bevölkerung<br />
das schon sieht.“<br />
98
Wie Tabelle 22 zeigt, wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Interviews aber auch erwähnt, dass e<strong>in</strong>e Wahrnehmung <strong>in</strong><br />
der Bevölkerung bzw. e<strong>in</strong>e Berichterstattung <strong>in</strong> der lokalen Presse durchaus stattf<strong>in</strong>det, allerd<strong>in</strong>gs<br />
nur <strong>in</strong> ger<strong>in</strong>gem Umfang und eher als Ausnahme- denn als Regelfall.<br />
„E<strong>in</strong>geschränkt, partiell berichtet <strong>die</strong> Lokalpresse, aber nicht als Dauerkonflikt,<br />
ja „Das Wie wird man wahrgenommen. dann, wenn’s Also ich e<strong>in</strong>e weiß, Rolle dass viele spielt, gesagt wie haben, jetzt dass bei so, der wie Konstituierung wir das machen, das des wir<br />
<strong>die</strong> außen vor lassen mit ihren Mist, dass <strong>die</strong> Bevölkerung das schon sieht.“<br />
Rates, wo es dazu e<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>andersetzung, Bewertung gegeben hat. Aber es<br />
vermittelt sich nicht breit, weil, wo nichts ist, kann man auch nichts vermitteln.“<br />
„E<strong>in</strong>geschränkt, partiell, nicht als Dauerkonflikt, ja Wie man dann, wenn’s e<strong>in</strong>e Rolle spielt, wie jetzt bei<br />
der Konstituierung des Rates, wo es dazu e<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>andersetzung, Bewertung gegeben hat. Aber es ver-<br />
„Also, mittelt sich er nicht hat e<strong>in</strong>mal breit, weil e<strong>in</strong>e wo nichts Rede ist, gehalten kann man auch und nichts da hat vermitteln.“<br />
<strong>die</strong>sen ‚schönen‘ Satz lassen:<br />
‚Multikulti ist Völkermord.‘ Und das s<strong>in</strong>d natürlich Sachen, das spießt <strong>die</strong><br />
Presse „Also, er natürlich hat e<strong>in</strong>mal auf, e<strong>in</strong>e Rede da muss gehalten sie und dann hat drauf er <strong>die</strong>sen los, ‚schönen’ aber dann Satz werden fallen lassen: <strong>die</strong> ‚Multikulti dermaßen ist<br />
Völkermord.’ Und das s<strong>in</strong>d natürlich Sachen, das spießt <strong>die</strong> Presse natürlich, da muss sie dann drauf los,<br />
zerrissen.<br />
aber dann werden<br />
Und<br />
<strong>die</strong><br />
da<br />
dermaßen<br />
war’s auch<br />
zerrissen.<br />
so, dass<br />
Und da<br />
viele<br />
war’s<br />
Abgeordnete<br />
auch so, dass viele<br />
auch<br />
Abgeordnete<br />
raus gegangen<br />
auch raus gegangen<br />
s<strong>in</strong>d … und… Das war Das war se<strong>in</strong> se<strong>in</strong> bisher spektakulärster Auftritt.“<br />
s<strong>in</strong>d<br />
und Auftritt.“<br />
Tab. 22: Wird nach Ihrer Me<strong>in</strong>ung <strong>die</strong> parlamentarische Ause<strong>in</strong>andersetzung der<br />
demokratischen Parteien mit der NPD/den „Republikanern“ von den Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürgern Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de wahrgenommen<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Wird nicht wahrgenommen/<br />
Presse berichtet nicht<br />
1 2 2 2 1 1 2 1 12<br />
Wird wahrgenommen/<br />
Presse berichtet<br />
1 1 1 1 4<br />
Frage 5.2: Wenn es Änderungen der „parlamentarischen Spielregeln“<br />
gab, wurden <strong>die</strong>se nach Ihrer E<strong>in</strong>schätzung auch von der Öffentlichkeit<br />
wahrgenommen Die Beantwortung <strong>die</strong>ser Frage fällt <strong>in</strong> den meisten Interviews<br />
sehr knapp aus, da es entweder ke<strong>in</strong>e Regeländerungen gab oder<br />
<strong>die</strong>se nach E<strong>in</strong>schätzung der Gesprächspartner weder von der Öffentlichkeit<br />
wahrgenommen noch von der lokalen Presse thematisiert wurden.<br />
Wie Tabelle 23 ausweist, wurde lediglich aus dem mittelhessischen Ehr<strong>in</strong>gshausen<br />
berichtet, dass <strong>die</strong> Modifikation der Hauptsatzung zwar nicht <strong>in</strong><br />
der Presse, aber doch <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de selbst diskutiert und auch von den<br />
Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern begrüßt worden sei. In den anderen Kommunen<br />
wird hervorgehoben, dass e<strong>in</strong>e Berichterstattung über den parlamentarischen<br />
Umgang mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n ebenso wenig stattf<strong>in</strong>de wie<br />
dessen Wahrnehmung <strong>in</strong> der Bevölkerung. Allerd<strong>in</strong>gs wird <strong>die</strong>ser Mangel<br />
an Öffentlichkeit nicht nachteilig gesehen, sondern – auch hier wieder mit<br />
99
auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen Die Beantwortung <strong>die</strong>ser Frage fällt <strong>in</strong> den meisten Interviews<br />
sehr knapp aus, da es entweder ke<strong>in</strong>e Regeländerungen gab oder <strong>die</strong>se nach E<strong>in</strong>schätzung<br />
der Gesprächspartner weder von der Öffentlichkeit wahrgenommen noch von der lokalen Presse<br />
thematisiert wurden. Wie Tabelle 23 h<strong>in</strong>weist, wurde lediglich aus dem mittelhessischen Ehr<strong>in</strong>gs-<br />
Blick auf e<strong>in</strong>e entsprechend ausgerichtete Strategie im Parlament – ausdrücklichausen<br />
berichtet, dass <strong>die</strong> Modifikation der Hauptsatzung zwar nicht <strong>in</strong> der Presse, aber doch <strong>in</strong><br />
der Geme<strong>in</strong>de<br />
begrüßt<br />
selbst diskutiert<br />
und fast<br />
und auch<br />
schon<br />
von den<br />
als<br />
Bürger<strong>in</strong>nen<br />
e<strong>in</strong>e Art strategischer,<br />
und Bürgern begrüßt<br />
wenn<br />
worden<br />
auch<br />
sei.<br />
nicht In den öffentlicher anderen Kommunen oder wird offizieller hervorgehoben, Partnerschaft dass e<strong>in</strong>e Berichterstattung zwischen über lokaler den parlamen-<br />
Presse<br />
und kommunaler Politik <strong>in</strong>terpretiert.<br />
tarischen Umgang mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n ebenso wenig stattf<strong>in</strong>de wie dessen Wahrnehmung<br />
<strong>in</strong> der Bevölkerung. Allerd<strong>in</strong>gs wird <strong>die</strong>ser Mangel an Öffentlichkeit nicht nachteilig gesehen,<br />
„Ich sondern glaube – auch kaum. hier wieder Also mit es Blick gab auf mal e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>en entsprechend Bericht ausgerichtete <strong>in</strong> der Lokalpresse, Strategie im dass Parlament wir<br />
das halt gemacht haben, weil das auch <strong>in</strong> der konstituierenden Sitzung schon<br />
– ausdrücklich begrüßt und fast schon als e<strong>in</strong>e Art strategischer, wenn auch nicht öffentlicher<br />
Gegenstand war, der Sitz <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>devertretung, wo es ja üblich gewesen<br />
wäre, oder offizieller e<strong>in</strong>en Vorstand Partnerschaft zu zwischen wählen, lokaler und das Presse haben und kommunaler wir auf Grundlage Politik <strong>in</strong>terpretiert. der zu dem<br />
Zeitpunkt noch nicht geänderten Hauptsatzung nicht machen können, so dass<br />
aus „Ich dem glaube formalen kaum. Also Grund es gab mal zunächst e<strong>in</strong>en Bericht mal <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e der Lokalpresse, Unebenheit dass wir im das Ablauf halt gemacht war. Die haben, Leute<br />
das haben auch <strong>in</strong> sich der konstituierenden schon gefragt: Sitzung ‚Warum halt schon machen Gegenstand <strong>die</strong> war, das der nicht‘ Sitz <strong>in</strong> der Also Geme<strong>in</strong>devertretung, so e<strong>in</strong> paar<br />
weil<br />
wo es ja üblich gewesen wäre, e<strong>in</strong>en Vorstand zu wählen, und das haben wir auf Grundlage der zu dem<br />
Interessierte haben’s wahrsche<strong>in</strong>lich mitbekommen, aber durch <strong>die</strong> Lokalpresse<br />
Zeitpunkt noch nicht geänderten Hauptsatzung nicht machen können, so dass aus dem formalen Grund<br />
jedenfalls eben nicht.“<br />
zunächst mal e<strong>in</strong>e Unebenheit im Ablauf war, so zu sagen. Die Leute sich schon gefragt haben: ‚Warum<br />
machen <strong>die</strong> das nicht’ Also so e<strong>in</strong> paar Interessierte haben’s wahrsche<strong>in</strong>lich mitbekommen, aber durch<br />
<strong>die</strong> Lokalpresse jedenfalls eben nicht.“<br />
„Also <strong>die</strong> Presse, sag ich mal, gerade, was <strong>die</strong> NPD betrifft, s<strong>in</strong>d sie sehr ruhig.<br />
Sie „Also s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Presse, ja sonst sag ich nicht mal, gerade, immer was unser <strong>die</strong> NPD Freund, betrifft, <strong>die</strong> s<strong>in</strong>d Presse, sie sehr ruhig. aber Sie <strong>in</strong> s<strong>in</strong>d dem ja sonst Falle nicht […] immer<br />
unser mit Freund, ke<strong>in</strong>em <strong>die</strong> Presse, Wort aber <strong>die</strong> <strong>in</strong> NPD dem Falle erwähnt, […] wurde dass mit da ke<strong>in</strong>em überhaupt Wort <strong>die</strong> e<strong>in</strong> NPD Antrag erwähnt, gestellt dass da<br />
wurde<br />
wurde.“<br />
überhaupt e<strong>in</strong> Antrag gestellt wurde.“<br />
Kategorien<br />
Tab. 23: Wenn es Änderungen der „parlamentarischen Spielregeln“ gab, wurden <strong>die</strong>se<br />
nach Ihrer E<strong>in</strong>schätzung auch von der Öffentlichkeit wahrgenommen<br />
Wurden nicht wahrgenommen/<br />
Presse berichtet nicht<br />
Wurden wahrgenommen/<br />
Presse berichtet<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
1 1 2 1 5<br />
1 1<br />
Frage 5.3: Gibt es <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der NPD/den „Republikanern“ e<strong>in</strong>e Kooperation zwischen<br />
Frage 5.3: Gibt es <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der NPD/den „Republikanern“<br />
e<strong>in</strong>e Kooperation zwischen Parlament und Kommunalverwal<br />
Parlament und Kommunalverwaltung Folgt man den Auskünften der Interviewpartner, dann existiert<br />
<strong>in</strong> gut der Hälfte der untersuchten Städte und Geme<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e Kooperation zwischen Kommunalverwaltung<br />
bzw. (Ober-)Bürgermeister(<strong>in</strong>) auf der e<strong>in</strong>en und dem Kommunalparlament bzw.<br />
tung Folgt man den Auskünften der Interviewpartner, dann existiert <strong>in</strong><br />
gut der Hälfte der untersuchten Städte und Geme<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e Kooperation<br />
den dar<strong>in</strong> vertretenen demokratischen Fraktionen auf der anderen Seite. Der Blick auf Tabelle 24<br />
zwischen Kommunalverwaltung bzw. (Ober-)Bürgermeister(<strong>in</strong>) auf der<br />
e<strong>in</strong>en und dem Kommunalparlament bzw. den dar<strong>in</strong> vertretenen demokratischen<br />
Fraktionen auf der anderen Seite. Der Blick auf Tabelle 24 (am<br />
100
Ende <strong>die</strong>ses Abschnitts) macht deutlich, dass e<strong>in</strong>e solche Kooperation <strong>in</strong><br />
der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den rechts<strong>extreme</strong>n Fraktionen und Mandatsträgern<br />
vor allem <strong>in</strong> den vier westdeutschen Kommunen Mittelhessens<br />
und der Pfalz, aber auch im sächsischen Sebnitz vorhanden sei. Insbesondere<br />
wenn es darum gehe, <strong>die</strong> Nutzung öffentlicher E<strong>in</strong>richtungen durch<br />
NPD oder REP zu verh<strong>in</strong>dern, zeige sich <strong>die</strong> Verwaltung sehr engagiert<br />
und äußerst kooperativ.<br />
„Ja, nur dah<strong>in</strong>gehend, dass <strong>die</strong> Verwaltung, wenn sie merkt, dass irgendwelche<br />
NPD-Leute Hallen oder Säle anmieten wollen, auch sofort blockt und versucht,<br />
<strong>die</strong> raus zu halten, weil sie dann nur Ärger haben, sie haben Polizeiauflauf, sie<br />
haben sofort das Ges<strong>in</strong>del rundherum, ja“<br />
„Also, es wird wohl <strong>in</strong> der Verwaltungspraxis alles versucht, <strong>die</strong> irgendwie fernzuhalten<br />
von öffentlichen E<strong>in</strong>richtungen. Wenn’s denn wirklich zu rechtlichen Ause<strong>in</strong>andersetzungen<br />
kommt, können wir es zum Teil nicht unbed<strong>in</strong>gt verh<strong>in</strong>dern, aber <strong>die</strong><br />
Geme<strong>in</strong>de hat wohl versucht – oder mit Kautionsregelungen und F<strong>in</strong>gerspitzengefühl<br />
bei der Raumvergabe immer frühzeitig zu gucken: Könnte da so was dah<strong>in</strong>ter<br />
stecken, wenn e<strong>in</strong> Dorfgeme<strong>in</strong>schaftshaus angefragt wird. Das war <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren im Großen und Ganzen erfolgreich. Irgendwann hatte <strong>die</strong> NPD mal e<strong>in</strong>en<br />
Landesparteitag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em der hiesigen Dorfgeme<strong>in</strong>schaftshäuser. Da war’s irgendwie<br />
nicht gelungen, vorher den Strohmann als solchen zu identifizieren, aber <strong>in</strong> der Regel<br />
wird da sehr drauf geachtet.“<br />
„Ja gut, der hat <strong>die</strong> Bürgerhäuser und so weiter nicht bekommen, weil sie belegt<br />
waren zum damaligen Zeitpunkt. Hatten ja auch … Wie soll ich das sagen Der<br />
beantragt das Bürgerhaus mit Datum von heute, und dann beantragt <strong>die</strong> SPD das<br />
ganze D<strong>in</strong>g mit Datum von vorgestern.“<br />
„Der Stadtverwaltung ist es bisher gelungen, <strong>in</strong> den wenigen Fällen – vor Weilen<br />
ist das mal aktuell gewesen – dafür zu sorgen, dass <strong>die</strong> Räume vorher schon<br />
belegt wurden, <strong>die</strong> da gebraucht wurden.“<br />
Die Zusammenarbeit zwischen der Kommunalverwaltung und den demokratischen<br />
Parlamentsfraktionen wird hier <strong>in</strong> den meisten Fällen als gut<br />
bewertet. Allerd<strong>in</strong>gs wird von e<strong>in</strong>igen Gesprächspartnern darauf h<strong>in</strong>gewie-<br />
101
sen, dass <strong>die</strong> Verwaltung kommunalrechtlich dazu verpflichtet sei, <strong>die</strong> Repräsentanten<br />
von NPD und REP nicht anders zu behandeln als <strong>die</strong> übrigen<br />
demokratisch gewählten Parteien, zum<strong>in</strong>dest was kommunalpolitische und<br />
kommunalparlamentarische Prozesse und Informationen betrifft. E<strong>in</strong>e weiterreichende<br />
Gleichbehandlung der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n (zum Beispiel im persönlichen<br />
Umgang oder bei öffentlichen Anlässen und Veranstaltungen der<br />
Kommune) wie auch e<strong>in</strong>e Ungleichbehandlung der demokratischen Parteien<br />
(ent<strong>gegen</strong> zuvor getroffener Absprachen) wird <strong>in</strong>sbesondere von den SPD-<br />
Fraktionsvorsitzenden <strong>in</strong> Pirmasens und Anklam sowie <strong>in</strong> Stralsund kritisiert,<br />
wie Tabelle 24 zu erkennen gibt.<br />
„Wir müssen eben konstatieren, es ist e<strong>in</strong>e gewählte Fraktion, ja, Ausdruck des<br />
Bürgerwillens, so sehr uns das auch missfällt. Das heißt, den Rechtsrahmen haben<br />
wir zu respektieren, und den respektieren wir auch, <strong>die</strong>se Angriffsfläche bieten<br />
wir nicht. Aber <strong>die</strong> Verwaltung prüft schon sehr genau, ob wir bestimmte<br />
Aufmärsche hier zulassen. Es hat auch vielfältige Verbote von NPD-Demonstrationen<br />
und ‚Republikaner‘-Demonstrationen gegeben, weil wir e<strong>in</strong>fach gesagt<br />
haben, das wollen wir nicht <strong>in</strong> unserer Stadt. Aber Sie kennen ja auch den<br />
Rechtsrahmen, da wird dann geklagt.“<br />
„Gut, <strong>die</strong> Stadtverwaltung ist natürlich gebunden, zum Beispiel an Vorgaben der<br />
Geme<strong>in</strong>deordnung, und <strong>die</strong> werden natürlich e<strong>in</strong>gehalten, korrekt, sag ich mal,<br />
um eben auch da ke<strong>in</strong>e Flanke zu eröffnen. Aber darüber h<strong>in</strong>aus, und da ist eben<br />
auch der Konsens, wird mehr oder weniger den ‚Republikanern‘ ent<strong>gegen</strong> gebracht.<br />
Es ist also auf das M<strong>in</strong>imum wenig beschränkt, was Vorgabe ist. […]<br />
Aber über das, was aus <strong>die</strong>sem Grund geboten ist h<strong>in</strong>aus, ist auch für <strong>die</strong> Verwaltung<br />
klar nicht mehr Kooperation als wirklich rechtlich notwendigen Geboten.“<br />
„Ist schon da. Wobei <strong>die</strong> NPD … Gut, als Parlamentarier werden <strong>die</strong> genauso<br />
behandelt wie alle anderen auch, also <strong>die</strong> kriegen auch <strong>die</strong> Vorlagen dann, wann<br />
sie <strong>die</strong> anderen haben. Aber gerade dadurch, dass <strong>die</strong> Demokraten mit dem Bürgermeister<br />
schon viel länger <strong>in</strong> Kontakt s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> eigentlich außen vor.“<br />
„Die Kommunalverwaltung trennt sich <strong>in</strong> gleicher Weise <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> ‚Republikaner‘<br />
ab, wobei sie zu respektieren hat, dass sie gewählte Stadtratsmitglieder s<strong>in</strong>d.<br />
Wenn man <strong>die</strong>ses an M<strong>in</strong>destmaß an Beschäftigung mit ihnen mal abzieht, dann<br />
gibt es auch e<strong>in</strong>e klare Abgrenzung der Verwaltung.“<br />
102
Geme<strong>in</strong>same Erklärungen von Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung<br />
<strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> gibt es <strong>in</strong> Pirmasens und seit kurzem<br />
auch <strong>in</strong> Anklam. So hatte der Rat der Stadt Pirmasens bereits im Jahr<br />
2000 e<strong>in</strong>e Resolution „für Menschlichkeit, Toleranz und Gewaltfreiheit“<br />
verfasst, <strong>die</strong> 2006 noch e<strong>in</strong>mal erweitert wurde; ferner liegt <strong>die</strong> sogenannte<br />
Pirmasenser Erklärung vor, zu deren Unterzeichnern auch <strong>die</strong><br />
CDU und der Oberbürgermeister gehören. <br />
„Wir hatten damals, vielleicht kann ich das als Beispiel br<strong>in</strong>gen, <strong>die</strong> Pirmasenser<br />
Erklärung: „Mut für Mite<strong>in</strong>ander – Mut <strong>gegen</strong> rechte Parolen“. Also, da war der<br />
Unterzeichner auch <strong>die</strong> CDU Pirmasens und unser CDU-Oberbürgermeister, und<br />
da war <strong>die</strong> öffentliche Veranstaltung im Stadtzentrum.“<br />
E<strong>in</strong>e „überfraktionelle Erklärung der Fraktionen der Stadtvertretung<br />
und des Bürgermeisters der Hansestadt Anklam“ wurde im August 2007<br />
veröffentlicht: „Die Stadtvertreter und der Bürgermeister der Hansestadt<br />
Anklam br<strong>in</strong>gen ihre Betroffenheit über <strong>die</strong> Aktivitäten der NPD <strong>in</strong> unserer<br />
Stadt zum Ausdruck..“ 10 Geme<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d jedoch weniger <strong>die</strong> parlamentarischen<br />
Aktivitäten des NPD-Abgeordneten als vielmehr <strong>die</strong> Planung<br />
e<strong>in</strong>es NPD-Schulungszentrums <strong>in</strong> der Stadt.<br />
4.6 Zivilgesellschaftliches Engagement <strong>in</strong> der Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
Frage 6.1: Gibt es <strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong> zivilgesellschaftliches<br />
Engagement <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> NPD/„Republikaner“, zum Beispiel e<strong>in</strong> Bürgerbündnis<br />
oder Ähnliches Mit Ausnahme der Städte Königste<strong>in</strong> und Sebnitz<br />
gibt es nach Auskunft der Befragten <strong>in</strong> allen untersuchten Kommunen<br />
e<strong>in</strong> zivilgesellschaftliches Engagement <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong>, ob<br />
nun <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Bürgerbündnisses, e<strong>in</strong>es Bürgerforums oder anderer<br />
<br />
Vgl. <strong>die</strong> Homepage der Stadt Pirmasens (http://www.pirmasens.de).<br />
<br />
Vgl. <strong>die</strong> Homepage der CDU Pirmasens (http://www.cdu-pirmasens.de/<strong>in</strong>dex.phpid=4).<br />
10<br />
Vgl. <strong>die</strong> Homepage der Hansestadt Anklam (http://www.anklam.de).<br />
103
ürgerschaftlicher Initiativen. Die Analyse des Interviewmaterials zeigt<br />
jedoch auch, dass <strong>die</strong>ses Engagement <strong>in</strong> den meisten Fällen nur zeitlich<br />
befristet aktiv ist, das heißt, solange Rechtsextremismus als kommunales<br />
Problem <strong>in</strong> der Öffentlichkeit sowie <strong>in</strong> der medialen Berichterstattung<br />
wahrgenommen wird (Wahlerfolg, Aufmärsche, Gewalt etc.). Insbesondere<br />
<strong>die</strong> Bürgerbündnisse <strong>gegen</strong> Rechts hätten hier aber ihren Zweck erfüllt,<br />
<strong>in</strong>dem bspw. <strong>die</strong> Stimmenanteile der rechts<strong>extreme</strong>n Parteien zurückgegangen<br />
und/oder sonstige Aktivitäten rechter Gruppierungen verh<strong>in</strong>dert<br />
worden seien. Das geme<strong>in</strong>schaftliche Auftreten <strong>gegen</strong> den lokalen<br />
Rechtsextremismus hat aus Sicht der Gesprächspartner darüber h<strong>in</strong>aus<br />
sowohl den Zusammenhalt als auch e<strong>in</strong>e gewisse kollektive Identität der<br />
kommunalen Geme<strong>in</strong>schaft gestärkt bzw. erst entstehen lassen. E<strong>in</strong>en<br />
E<strong>in</strong>druck über das zivilgesellschaftliche Engagement <strong>in</strong> den untersuchten<br />
Städten und Geme<strong>in</strong>den Mittelhessens, der Pfalz und Vorpommerns geben<br />
<strong>die</strong> folgenden Interviewpassagen, <strong>die</strong> jeweils e<strong>in</strong>er der sechs Kommunen<br />
entliehen s<strong>in</strong>d; <strong>die</strong> Reihenfolge entspricht dabei der Auflistung <strong>in</strong><br />
den Auswertungstabellen (von l<strong>in</strong>ks nach rechts): Ehr<strong>in</strong>gshausen, Wölfersheim,<br />
Ludwigshafen, Pirmasens, Stralsund, Anklam.<br />
„Der Stimmenrückgang für <strong>die</strong> NPD rührt daher, dass sich damals, als <strong>die</strong> so<br />
stark wurden, es eigentlich gar niemand so richtig begriffen hat. Erst danach s<strong>in</strong>d<br />
<strong>die</strong> demokratischen Parteien, würde ich mal sagen, näher zusammengerückt und<br />
haben dann geme<strong>in</strong>sam mit Kirche, mit geme<strong>in</strong>dlichen Gremien, mit Vere<strong>in</strong>en<br />
so e<strong>in</strong>e Art Bündnis <strong>gegen</strong> Rechts gemacht. Es gab mal Lichterketten und alles<br />
Mögliche, und es gibt auch jetzt, gab vor der Kommunalwahl wieder e<strong>in</strong>en Aufruf<br />
an <strong>die</strong> Bürger, den demokratischen Parteien <strong>die</strong> Stimme zu geben und nicht<br />
<strong>die</strong> rechten Bauernfänger zu wählen. Das, denk ich mal, das hat viel bewirkt.<br />
Gerade auch, dass <strong>die</strong> Kirchen dann mit im Boot waren und <strong>die</strong> Schulen. Das<br />
Motto war quasi: ‚Wir wollen zwar streiten über alles Mögliche, politisch; aber<br />
wir wollen nicht, dass <strong>die</strong> da noch mal so stark werden <strong>in</strong> unserem Parlament.‘“<br />
„Das s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Wöbüs, Wölfersheimer Bürger <strong>gegen</strong> Extremismus. Die haben sich<br />
damals auch nach ’89 dann gegründet, wie das hier dann solche Ausmaße annahm,<br />
und versucht, D<strong>in</strong>ge anders zu machen.“<br />
104
„Wir haben e<strong>in</strong> Bürgerforum <strong>gegen</strong> Rechts, an dem wir auch beteiligt s<strong>in</strong>d – als<br />
Partei und als Fraktion –, wo sich also auf der kommunalen Ebene verschiedene<br />
Initiativen, Institutionen, Parteien zusammenf<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> sich als Zusammenhang<br />
begreifen, der sich mit den <strong>Rechte</strong>n ause<strong>in</strong>andersetzt, mit der rechten Szene.“<br />
„Und da gibt’s auch gerade mit <strong>die</strong>sem Ziel <strong>gegen</strong> Rechts e<strong>in</strong>e breite bürgerschaftliche<br />
Bewegung, wo alle vertreten s<strong>in</strong>d eigentlich; Sportvere<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d vertreten,<br />
Parteien s<strong>in</strong>d vertreten, leider nicht alle Parteien.“<br />
„Es gibt e<strong>in</strong> Bündnis <strong>gegen</strong> Rechts, getragen von den Parteien, von den Gewerkschaften,<br />
von freiwilligen Initiativen. […] Aber dadurch, dass <strong>die</strong> selber wenige<br />
Aktionen machen, also der letzte Marsch der NPD, ich weiß nicht wie lange der<br />
schon her ist, das dürfte paar Jährchen se<strong>in</strong>, und wenn so was passiert <strong>in</strong> den<br />
Gedenkveranstaltungen, dann wird das Bündnis aktiv und versucht, da irgendwas<br />
<strong>gegen</strong> zu organisieren, wobei ja <strong>die</strong> Beteiligung ist schon – ich muss mich da<br />
selber auch mit e<strong>in</strong>beziehen –, <strong>die</strong> ist leider sehr dürftig.“<br />
„Bunt statt Braun nennt sich das hier. Das ist aber, ich sage mal so, kommt so<br />
ganz aus der PDS-L<strong>in</strong>ken; und das ist dann e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>ke Sache oder fast, und<br />
da, na ja, <strong>die</strong> s<strong>in</strong>d dann auch e<strong>in</strong> bisschen halt unter sich.“<br />
Tabelle 25 zeigt, dass <strong>die</strong> Existenz e<strong>in</strong>es zivilgesellschaftlichen Engagements<br />
<strong>in</strong> Stralsund ebenso differenziert wie kritisch gesehen wird.<br />
Unterschieden wird hier zwischen dem organisierten Engagement e<strong>in</strong>es<br />
Bürgerbündnisses und dem persönlichen Engagement der Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürger, das jedoch kaum vorhanden sei. Die Kritik bezieht sich auf<br />
<strong>die</strong> mangelnde <strong>in</strong>dividuelle Bereitschaft <strong>in</strong> der Bevölkerung, sich aktiv an<br />
der politisch-sozialen Ausgestaltung des kommunalen Zusammenlebens<br />
<strong>in</strong> der Hansestadt zu beteiligen.<br />
„Es gibt <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne kaum Engagement von Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern. Das ist<br />
e<strong>in</strong> ganz großes Problem. Ich weiß nicht, wie es <strong>in</strong> anderen Geme<strong>in</strong>den ist. Also<br />
ich gehe ab und zu auch mal auf überregionale Veranstaltungen und Kongresse,<br />
und da komme ich immer ganz neidisch zurück. Es ist, also, <strong>die</strong> Leute s<strong>in</strong>d hier<br />
schon ziemlich antriebsarm, was das angeht. Die haben da sicherlich ihre Me<strong>in</strong>ung,<br />
aber bis mal e<strong>in</strong>er wirklich aufsteht und den heimischen Herd oder se<strong>in</strong>en<br />
105
Zusammenlebens <strong>in</strong> der Hansestadt zu beteiligen.<br />
„Also, es gibt <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne kaum Engagement von Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern. Das ist e<strong>in</strong> ganz großes<br />
Problem. Ich weiß nicht, wie es <strong>in</strong> anderen Geme<strong>in</strong>den ist. Also ich gehe ab und zu auch mal auf überregionale<br />
Veranstaltungen und Kongresse, und da komme ich immer ganz neidisch zurück. Es ist, also, <strong>die</strong><br />
Garten Leute s<strong>in</strong>d verlässt, hier schon um ziemlich mal antriebsarm, wirklich was Farbe das angeht. zu bekennen. Die haben da Also, sicherlich das ihre ist Me<strong>in</strong>ung, e<strong>in</strong>e ganz aber<br />
kle<strong>in</strong>e bis mal M<strong>in</strong>derheit, e<strong>in</strong>er wirklich aufsteht <strong>die</strong> das und tut.“ den heimischen Herd oder se<strong>in</strong>en Garten verlässt, um mal wirklich<br />
Farbe zu bekennen. Also, das ist e<strong>in</strong>e ganz kle<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derheit, <strong>die</strong> das tut.“<br />
Tab. 25: Gibt es <strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong> zivilgesellschaftliches Engagement <strong>gegen</strong><br />
<strong>die</strong> NPD/„Republikaner“, z.B. e<strong>in</strong> Bürgerbündnis oder Ähnliches<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Kategorien<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Engagement vorhanden 2 2 2 2 2 1 11<br />
Engagement nicht vorhanden 2 2 1 5<br />
Frage 6.2: Besteht e<strong>in</strong>e Kooperation Ihrer Partei und/oder der Kommunalverwaltung mit dem zivilgesellschaftlichen<br />
Frage Engagement 6.2: <strong>in</strong> Ihrer Besteht Stadt/Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>e Kooperation Die Auswertung Ihrer der Partei Interviews und/oder zeigt, dass der <strong>in</strong> fast Kommunalverwaltung<br />
Städten und Geme<strong>in</strong>den, mit <strong>in</strong> denen dem es zivilgesellschaftlichen e<strong>in</strong> zivilgesellschaftliches Engagement <strong>gegen</strong> Rechtsextre-<br />
<strong>in</strong> Ihrer<br />
allen<br />
Stadt/Geme<strong>in</strong>de mismus gibt, auch e<strong>in</strong>e Die Zusammenarbeit Auswertung der der gesellschaftlichen Interviews Gruppen zeigt, dass vorhanden <strong>in</strong> fast ist. allen In der<br />
Städten Ause<strong>in</strong>andersetzung und Geme<strong>in</strong>den, mit der <strong>extreme</strong>n <strong>in</strong> denen <strong>Rechte</strong>n es wird e<strong>in</strong> <strong>die</strong> zivilgesellschaftliches Kooperation zwischen Politik, Engagementung<br />
und <strong>gegen</strong> Bürger<strong>in</strong>itiative Rechtsextremismus <strong>in</strong> den vier westdeutschen gibt, auch Kommunen e<strong>in</strong>e Zusammenarbeit als gut, <strong>in</strong> Stralsund kritisch der ge-<br />
und<br />
Verwalsellschaftlichen<br />
<strong>in</strong> Anklam als eher schlecht<br />
Gruppen<br />
bewertet,<br />
vorhanden<br />
wie Tabelle 26<br />
ist.<br />
(am<br />
In<br />
Ende<br />
der<br />
<strong>die</strong>se<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
Abschnitts) dokumentiert.<br />
mit<br />
der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n wird <strong>die</strong> Kooperation zwischen Politik, Verwaltung<br />
„Das ist breit aufgestellt, das Bündnis; und gibt’s auch gute Kontakte jeweils. Wir haben auch von vorn<br />
und here<strong>in</strong> Bürger<strong>in</strong>itiative damit gearbeitet und s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> auch den durch vier entsprechende westdeutschen Personen <strong>in</strong> Kommunen dem Bündnis vertreten.“ als gut, <strong>in</strong><br />
Stralsund kritisch und <strong>in</strong> Anklam als eher schlecht bewertet, wie Tabelle<br />
26 (am Ende <strong>die</strong>ses Abschnitts) dokumentiert.<br />
„Das ist breit aufgestellt, das Bündnis; und gibt’s auch gute Kontakte jeweils. Wir<br />
haben auch von vornhere<strong>in</strong> damit gearbeitet und s<strong>in</strong>d auch durch entsprechende<br />
Personen <strong>in</strong> dem Bündnis vertreten.“<br />
„Es ist jetzt nicht so irgendwie organisiert. Es ist, es kommt halt immer nur so vor<br />
den Kommunalwahlen. Da setzt man sich halt zusammen und macht zum<strong>in</strong>dest<br />
e<strong>in</strong>en Aufruf <strong>gegen</strong> Rechts, wo halt dann alle demokratischen Kräfte plus Schule<br />
plus Kirchen plus dem parteilosen Bürgermeister dann sagen: ‚Hier Leute, wählt<br />
demokratische Parteien und nicht <strong>die</strong> rechten.‘“<br />
„Allerd<strong>in</strong>gs haben wir’s nicht so unterstützt wie <strong>die</strong> SPD, weil, ich sag mal, der<br />
Vorstand von den Wöbüs waren gleichzeitig SPD-Mitglieder, aber wir haben <strong>die</strong><br />
schon unterstützt, aber nicht so großartig, ja.“<br />
106
„Es kommt immer drauf an, wer was organisiert. Also <strong>die</strong>ses Konzert, was da jetzt<br />
organisiert wurde, was hier beim Rügendammbahnhof war, das ist nicht von der<br />
CDU organisiert worden, das ist mehr oder weniger von der PDS/Die L<strong>in</strong>ke organisiert<br />
worden. Sicherlich hat sich <strong>die</strong> Stadt mit dran beteiligt, und wenn sich <strong>die</strong> Stadt<br />
mit dran beteiligt, beteiligen sich auch alle Fraktionen mit dran. Wie gesagt, aber das<br />
wir nun direkt als CDU da aufgetreten s<strong>in</strong>d, das war nicht der Fall gewesen.“<br />
Die beiden zuletzt zitierten Interviewpassagen machen deutlich, dass<br />
e<strong>in</strong> Engagement anderer bzw. weiterer politischer Kräfte durch <strong>die</strong> Dom<strong>in</strong>anz<br />
e<strong>in</strong>er bestimmten Partei oder Gruppierung beh<strong>in</strong>dert, wenn nicht sogar<br />
verh<strong>in</strong>dert werden kann. Die CDU-Fraktionsvorsitzenden <strong>in</strong> Wölfersheim<br />
und Stralsund begründen daher das vergleichsweise ger<strong>in</strong>ge Engagement<br />
ihrer Partei im kommunalen Handeln <strong>gegen</strong> den lokalen Rechtsextremismus<br />
mit der <strong>in</strong> den Bürger<strong>in</strong>itiativen vorhandenen Dom<strong>in</strong>anz von SPD<br />
bzw. PDS (oder ihnen nahe stehenden Gruppierungen). Der CDU-Fraktionsvorsitzende<br />
<strong>in</strong> Anklam sieht sich aufgrund des starken Engagements<br />
der PDS und anderer politisch l<strong>in</strong>ks orientierter Personen dazu veranlasst,<br />
sich selbst gar nicht erst <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong> zu engagieren – außer<br />
wenn es natürlich unbed<strong>in</strong>gt erforderlich sei, was jedoch selten vorkomme<br />
(siehe auch <strong>die</strong> entsprechende Interviewpassage zu Frage 6.1).<br />
„Dazu muss ich Ihnen sagen, da ich <strong>die</strong>se ganz l<strong>in</strong>ken Ansichten auch nicht trage,<br />
da gehe ich da auch nicht h<strong>in</strong>, das <strong>in</strong>teressiert mich dann auch nicht so. […] Da<br />
s<strong>in</strong>d vielleicht paar Parteilose auch noch dr<strong>in</strong>, aber das ist eigentlich e<strong>in</strong>e Sache<br />
von der PDS, denke ich.“<br />
„Nee. Die rühren hier ja auch nicht so rum, dass man da nun aktiv <strong>gegen</strong> …, außer<br />
wenn sie mal e<strong>in</strong>en Aufmarsch machen, ich sage mal, alle zwei Jahre oder so,<br />
hier <strong>in</strong> der Stadt. Und da s<strong>in</strong>d wir uns dann ja auch e<strong>in</strong>ig, dass uns das nicht gefällt,<br />
und wie könnte man das umgehen oder …, aber so als ständiges …, nee.“<br />
Die Kooperation zwischen der SPD und dem zivilgesellschaftlichen<br />
Engagement <strong>in</strong> Anklam ist zwar vorhanden, aber nicht so stark ausgeprägt<br />
wie <strong>in</strong> Mittelhessen oder <strong>in</strong> der Pfalz. E<strong>in</strong>e Ursache dürfte hier vor<br />
107
allem dar<strong>in</strong> liegen, dass <strong>die</strong> Sozialdemokraten im Vergleich zu CDU und<br />
PDS nur über e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en aktiven Mitgliederkreis und damit weder über<br />
<strong>die</strong> personellen noch über <strong>die</strong> organisatorischen Möglichkeiten für stärkeres<br />
Engagement verfügen (siehe auch Kap. 3.4).<br />
„Wenig, muss ich auch dazu sagen. Ich b<strong>in</strong> da auch ke<strong>in</strong> Mitglied <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne.<br />
Mir reicht das, wenn ich als SPD-Mitglied zu den Veranstaltungen dah<strong>in</strong> gehe.<br />
Das ist auch ke<strong>in</strong>e Frage, auch ke<strong>in</strong>e Berührungsängste mit den Leuten, im Gegenteil.<br />
Aber so als unmittelbarer Mitkämpfer …“<br />
Während <strong>in</strong> Stralsund <strong>die</strong> Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU<br />
auf e<strong>in</strong>e Kooperation bzw. Unterstützung ihrer Parteien und Repräsentanten<br />
mit dem zivilgesellschaftlichen Engagement <strong>gegen</strong> (Rechts-)Extremismus<br />
verweisen, wird zugleich angedeutet, dass <strong>die</strong> städtische 72<br />
Adm<strong>in</strong>istration sich eher zurückhalte. Die Kommunalverwaltung wolle<br />
Während <strong>in</strong> Stralsund <strong>die</strong> Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU auf e<strong>in</strong>e Kooperation bzw.<br />
ihre gesetzmäßige Verpflichtung der Gleichbehandlung aller politischen<br />
Unterstützung ihrer Parteien und Repräsentanten mit dem zivilgesellschaftlichen Engagement<br />
Strömungen und Gruppierungen <strong>in</strong> der Hansestadt nachkommen. Diese<br />
<strong>gegen</strong> (Rechts-)Extremismus verweisen, wird zugleich angedeutet, dass <strong>die</strong> städtische Adm<strong>in</strong>istration<br />
sich eher zurückhalte.<br />
„Neutralität“ (auch <strong>gegen</strong>über<br />
Die Kommunalverwaltung<br />
der <strong>extreme</strong>n<br />
wolle ihre<br />
<strong>Rechte</strong>n)<br />
gesetzmäßige<br />
ersche<strong>in</strong>t<br />
Verpflichtung<br />
jedoch<br />
der<br />
vor Gleichbehandlung allem dann aller bedenklich, politischen wenn Strömungen sich und der Gruppierungen zu Frage 1.3 <strong>in</strong> vorgebrachte der Hansestadt Vorwurfkommen.<br />
<strong>die</strong> Diese NPD „Neutralität“ werde bei (auch der <strong>gegen</strong>über Themenf<strong>in</strong>dung der <strong>extreme</strong>n von <strong>Rechte</strong>n) Mitarbeitern ersche<strong>in</strong>t jedoch der vor Stadt-<br />
allem<br />
nachverwaltung<br />
dann bedenklich, heimlich wenn sich unterstützt, der zu Frage bestätigen 1.3 vorgebrachte sollte. Vorwurf, <strong>die</strong> NPD werde bei der<br />
Themenf<strong>in</strong>dung von Mitarbeitern der Stadtverwaltung heimlich unterstützt, bestätigen sollte.<br />
„Also man könnte ja daran denken, dass <strong>die</strong> Ordnungsverwaltung da möglicherweise<br />
auch noch irgendwie mit re<strong>in</strong> gebracht, aber <strong>die</strong> halten sich ganz streng an<br />
„Also man könnte ja daran denken, dass <strong>die</strong> Ordnungsverwaltung da möglicherweise auch noch irgendwie<br />
mit und re<strong>in</strong> gebracht, Gesetz aber und <strong>die</strong> wollen halten sich natürlich ganz streng ke<strong>in</strong>e an Recht Schlappe und Gesetz kassieren und wollen und, natürlich ja, wenn ke<strong>in</strong>e<br />
Recht<br />
<strong>die</strong> Schlappe NPD kassieren <strong>die</strong> Demo und, ja, anmeldet, wenn <strong>die</strong> NPD dann <strong>die</strong> Demo müssen anmeldet, sie …“ dann müssen sie…“<br />
Tab. 26: Besteht e<strong>in</strong>e Kooperation Ihrer Partei und/oder der Kommunalverwaltung mit<br />
dem zivilgesellschaftlichen Engagement <strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Kategorien<br />
Pfalz<br />
(n = 12)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Kooperation vorhanden/<br />
2 2 1 2 -- -- 2 9<br />
stark ausgeprägt<br />
Kooperation nicht vorhanden/<br />
-- -- 1 2 3<br />
schwach ausgeprägt<br />
108<br />
Frage 6.3: Wie sehr verspüren Sie im Parlament e<strong>in</strong>en öffentlichen Druck durch das zivilgesellschaftliche Engagement<br />
<strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de In allen sechs Kommunen mit e<strong>in</strong>em zivilgesellschaftlichen Engagement<br />
wird <strong>die</strong> Frage nach e<strong>in</strong>em dadurch entstandenen oder wahrgenommenen öffentlichen<br />
Druck auf <strong>die</strong> kommunale Politik negativ beantwortet. Schließlich sei <strong>die</strong>ses Engagement <strong>in</strong> und
Frage 6.3: Wie sehr verspüren Sie im Parlament e<strong>in</strong>en öffentlichen<br />
Druck durch das zivilgesellschaftliche Engagement <strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
In allen sechs Kommunen mit e<strong>in</strong>em zivilgesellschaftlichen Engagement<br />
wird <strong>die</strong> Frage nach e<strong>in</strong>em dadurch entstandenen oder wahrgenommenen<br />
öffentlichen Druck auf <strong>die</strong> kommunale Politik negativ beantwortet.<br />
Schließlich sei <strong>die</strong>ses Engagement <strong>in</strong> und aus der Zusammenarbeit<br />
aller demokratischen Kräfte vor Ort entstanden. E<strong>in</strong>e (aktive) politischparlamentarische<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n habe<br />
zudem schon vorher stattgefunden und sei nicht erst das Resultat e<strong>in</strong>er<br />
öffentlichen Diskussion, <strong>die</strong> mancherorts nicht so rege geführt werde, wie<br />
es aus Sicht der Befragten zu wünschen wäre.<br />
„Ne<strong>in</strong>, das haben wir eigentlich nicht. Im Parlament haben wir schon mitgeholfen,<br />
<strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schranken zu weisen, ja, nur geht es nicht so wie draußen.“<br />
„Ne<strong>in</strong>. Wie gesagt, es f<strong>in</strong>det ja nicht e<strong>in</strong>e öffentliche Diskussion zu den ‚Republikanern‘<br />
statt, weil <strong>die</strong> ja nicht <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung treten – mit Ausnahme bei der<br />
Wahl und mit bestimmten Verhaltensweisen.“<br />
„Also, da wir das schon vorher gemacht haben, <strong>die</strong> ganzen Jahre vorher, äh, ne<strong>in</strong>;<br />
spüre ich ke<strong>in</strong>en Druck. Also, ich fühle mich dazu nicht genötigt, sondern ich<br />
f<strong>in</strong>de das gut und deswegen machen wir mit.“<br />
„Ne<strong>in</strong>, leider nicht. Dazu s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> e<strong>in</strong>fach zu schwach, hier auch. Der Kopf <strong>die</strong>ses<br />
Bündnisses, sag ich e<strong>in</strong>mal so, ist auch e<strong>in</strong> bisschen gestutzt worden, sag ich e<strong>in</strong>mal.<br />
Der hatte noch e<strong>in</strong>e Anstellung über den Kreis, <strong>die</strong> ist nicht verlängert worden,<br />
hat man e<strong>in</strong>e andere Person vorgezogen, <strong>die</strong> überhaupt ke<strong>in</strong>en regionalen Bezug<br />
hier hat. Der andere hatte wenigstens schon e<strong>in</strong>ige Jahre hier e<strong>in</strong>en regionalen<br />
Bezug aufgebaut, der musste ausgewechselt werden, lässt auch tief blicken.“<br />
Wie Tabelle 27 zu entnehmen ist, wird e<strong>in</strong>zig <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen von e<strong>in</strong>em<br />
gewissen öffentlichen Druck auf <strong>die</strong> kommunale Politik berichtet, der allerd<strong>in</strong>gs<br />
weniger als Last oder Bürde denn als willkommene Unterstützung und<br />
Bestätigung des eigenen politischen Handelns <strong>gegen</strong>über der NPD empfun-<br />
109
„Ne<strong>in</strong>, leider nicht. Dazu s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> e<strong>in</strong>fach zu schwach, hier auch. Der Kopf <strong>die</strong>ses Bündnisses, sag ich<br />
e<strong>in</strong>mal so, ist auch e<strong>in</strong> bisschen gestutzt worden, sag ich e<strong>in</strong>mal, der hatte noch e<strong>in</strong>e Anstellung über den<br />
Kreis, <strong>die</strong> ist nicht verlängert worden, hat man e<strong>in</strong>e andere Person vorgezogen, <strong>die</strong> überhaupt ke<strong>in</strong>en regionalen<br />
Bezug hier hat. Der Andere hatte wenigstens schon e<strong>in</strong>ige Jahre hier e<strong>in</strong>en regionalen Bezug aufgebaut,<br />
der musste ausgewechselt werden, lässt auch tief blicken.“<br />
den Wie Tabelle wird. 27 Dieses zu entnehmen Gefühl ist, lässt wird sich e<strong>in</strong>zig auch <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen darauf zurückführen, von e<strong>in</strong>em gewissen dass öffentlichen es sich<br />
beim Druck „Ehr<strong>in</strong>gshäuser auf <strong>die</strong> kommunale Bündnis“ Politik berichtet, um e<strong>in</strong>en der allerd<strong>in</strong>gs Zusammenschluss weniger als Last oder zahlreicher Bürde denn und als<br />
unterschiedlicher willkommene Unterstützung gesellschaftlicher und Bestätigung Gruppen des eigenen handelt, politischen <strong>die</strong> Handelns wiederum <strong>gegen</strong>über e<strong>in</strong>e öffentliche<br />
NPD empfunden Aufmerksamkeit wird. Dieses Gefühl und Akzeptanz lässt sich auch generieren darauf zurückführen, und fördern dass es können, sich beim<br />
der<br />
angefangen „Ehr<strong>in</strong>gshäuser bei Bündnis“ den Kirchen um e<strong>in</strong>en und Zusammenschluss Vere<strong>in</strong>en über zahlreicher <strong>die</strong> Gewerkschaften und unterschiedlicher und gesellschaftlicher<br />
Gruppen Parteien handelt, bis <strong>die</strong> h<strong>in</strong> wiederum zum Bürgermeister e<strong>in</strong>e öffentliche Aufmerksamkeit der mittelhessischen und Akzeptanz Ge-<br />
demokratischeme<strong>in</strong>de<br />
generieren<br />
(siehe<br />
und fördern<br />
auch hier<br />
können,<br />
<strong>die</strong><br />
angefangen<br />
entsprechende<br />
bei den<br />
Interviewpassage<br />
Kirchen und Vere<strong>in</strong>en<br />
zu<br />
über<br />
Frage<br />
<strong>die</strong> Gewerk-<br />
6.1). 11<br />
schaften und demokratischen Parteien bis h<strong>in</strong> zum Bürgermeister der mittelhessischen Geme<strong>in</strong>de<br />
„Ich (siehe nehme auch hier es <strong>die</strong> an, entsprechende dass der [Druck] Interviewpassage spürbar zu war, Frage wobei 6.1). 10<br />
wir uns den ja immer gewünscht<br />
hatten. Also wir haben das, glaube ich, mehr bereichend empfunden. Es<br />
kann<br />
„Ich nehme<br />
sicherlich<br />
es an, dass<br />
se<strong>in</strong>,<br />
der<br />
dass<br />
spürbar<br />
<strong>in</strong><br />
war,<br />
der<br />
wobei<br />
e<strong>in</strong>en<br />
wir<br />
oder<br />
uns den<br />
anderen<br />
ja immer<br />
Ecke<br />
gewünscht<br />
von CDU<br />
hatten.<br />
oder<br />
Also wir<br />
Freien,<br />
haben<br />
das, als glaube Druck ich, mehr empfunden bereichend worden empfunden. ist, Es aber kann wir sicherlich empfanden se<strong>in</strong>, dass das <strong>in</strong> der natürlich e<strong>in</strong>en oder endlich anderen Ecke mal<br />
als von Rückenw<strong>in</strong>d.“<br />
CDU oder Freien, das als Druck empfunden worden ist, aber wir empfanden natürlich endlich mal als<br />
Rückenw<strong>in</strong>d.“<br />
„Na ja, schon so, dass <strong>die</strong> politische Tabuzone eben wirklich da am rechten Rand<br />
„Na ja, schon so, dass <strong>die</strong> politische Tabuzone eben wirklich da am rechten Rand jetzt ist und auch fest<br />
jetzt ist, und ist dadurch, und auch dass es fest jetzt ist, gesellschaftlich und dadurch, missbilligt dass war, es ja jetzt Und das gesellschaftlich war vorher eben nicht missbilligt so e<strong>in</strong>deutig<br />
der ja Fall.“ Und das war vorher eben nicht so e<strong>in</strong>deutig der war, Fall.“<br />
Tab. 27: Wie sehr verspüren Sie im Parlament e<strong>in</strong>en öffentlichen Druck durch<br />
das zivilgesellschaftliche Engagement <strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(n = 12)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Öffentlicher Druck nicht vorhanden 1 2 2 2 -- -- 1 1 9<br />
Öffentlicher Druck vorhanden 2 -- -- 2<br />
4.7<br />
4.7 Maßnahmen<br />
Maßnahmen<br />
<strong>gegen</strong><br />
<strong>gegen</strong><br />
<strong>die</strong> <strong>extreme</strong><br />
<strong>die</strong><br />
<strong>Rechte</strong><br />
<strong>extreme</strong><br />
aus Sicht<br />
<strong>Rechte</strong><br />
der demokratischen<br />
aus Sicht der<br />
Parteien<br />
demokratischen<br />
Parteien<br />
Frage 7.1: Was raten Sie Kommunalpolitikern, <strong>in</strong> deren Parlamente Vertreter rechtsextremistischer oder rechtspopulistischer<br />
Parteien gewählt worden s<strong>in</strong>d Zum Abschluss der Interviews wurden <strong>die</strong> 16 Fraktions-<br />
Frage 7.1: Was raten Sie Kommunalpolitikern, <strong>in</strong> deren Parlamente<br />
vorstände von SPD und CDU zunächst nach ihren Empfehlungen für andere Kommunalpolitiker<br />
gefragt, <strong>die</strong> sich <strong>in</strong> ihren Kreis-, Stadt- oder Geme<strong>in</strong>deparlamenten mit Mandatsträgern der<br />
Vertreter rechtsextremistischer oder rechtspopulistischer Parteien gewählt<br />
worden <strong>extreme</strong>n s<strong>in</strong>d <strong>Rechte</strong>n Zum konfrontiert Abschluss sehen. Die der Auswertung Interviews der wurden Interviews <strong>die</strong> zeigt, 16 dass Fraktionsvorstände<br />
von SPD und CDU zunächst nach ihren Empfehlungen für<br />
sich <strong>die</strong> Tipps<br />
andere<br />
10 Für weiterführende Informationen siehe SPD-Parteivorstand 2005, S. 14; Staud 2006, S. 145.<br />
11<br />
Für weiterführende Informationen siehe SPD-Parteivorstand 2005, S. 14; Staud 2006, S. 145.<br />
110
Kommunalpolitiker gefragt, <strong>die</strong> sich <strong>in</strong> ihren Kreis-, Stadt- oder Geme<strong>in</strong>deparlamenten<br />
mit Mandatsträgern der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n konfrontiert sehen.<br />
Die Auswertung der Interviews zeigt, dass sich <strong>die</strong> Tipps und Ratschläge<br />
der Befragten zu fünf Themenkomplexen zusammenfassen lassen, wie sie<br />
<strong>in</strong> Tabelle 28 (am Ende <strong>die</strong>ses Abschnitts) dargestellt s<strong>in</strong>d. Der Blick auf <strong>die</strong><br />
Tabelle gibt zu erkennen, dass es sich bei den empfohlenen Strategievarianten<br />
<strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit rechtsextremistischen Gruppierungen<br />
wie der NPD oder eher rechtspopulistischen Parteien wie den „Republikanern“<br />
um e<strong>in</strong>e Mischung handelt aus (1) ideologischer Demaskierung,<br />
(2) Ignorieren und Ausgrenzen, (3) Vermeidung von öffentlicher Aufmerksamkeit,<br />
(4) Reden und Aufklären sowie (5) politischer Transparenz und<br />
Alternative <strong>gegen</strong>über den demokratiekritischen wie auch dezi<strong>die</strong>rt antidemokratischen<br />
Inhalten und Zielen der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n.<br />
In sieben der acht untersuchten Kommunen wird von den Interviewpartnern<br />
der Ratschlag erteilt, selbstbewusst <strong>die</strong> dechiffrierende Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
zu suchen. H<strong>in</strong>ter der Maske des gutbürgerlichen Biedermanns<br />
soll auf <strong>die</strong>se Weise das wahre, ideologische Gesicht der Rechts<strong>extreme</strong>n<br />
gezeigt werden. Dabei geht es um e<strong>in</strong>e Ideologie der Ungleichwertigkeit<br />
bzw. um e<strong>in</strong>e Form „Gruppenbezogener Menschenfe<strong>in</strong>dlichkeit“, deren<br />
„E<strong>in</strong>stellungen und Verhaltenstendenzen <strong>die</strong> Entwicklung und Festigung<br />
e<strong>in</strong>es auf Gleichwertigkeit und Unversehrtheit ausgerichteten Lebens für<br />
alle <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Gesellschaft gefährden können“ (Schaefer/Mansel/Heitmeyer<br />
2002, S. 123). 12 Aus Sicht der Befragten solle <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
jedoch nicht auf der ideologischen Ebene, sondern anhand konkreter,<br />
kommunaler Sachthemen geführt werden, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Bürger<strong>in</strong>nen und<br />
Bürger verständlich und nachvollziehbar seien.<br />
12<br />
Zur Def<strong>in</strong>ition und Erforschung des Syndroms „Gruppenbezogener Menschenfe<strong>in</strong>dlichkeit“ im<br />
Rahmen des gleichnamigen Forschungsprojekts und Graduiertenkollegs der Universitäten Marburg<br />
und Bielefeld siehe Heitmeyer 2002 und 2006 (hier auch <strong>die</strong> weitere Ausdifferenzierung der<br />
Syndromelemente).<br />
111
„Da geht’s me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach darum, sie bloßzustellen, ihnen <strong>die</strong> Maske vom<br />
Gesicht zu reißen und jede Chance zu nutzen, den Bürgern zu vermitteln, dass<br />
das ke<strong>in</strong>e Wahl ist.“<br />
„Ne<strong>in</strong>, nicht ignorieren. Also, ich will mich persönlich und <strong>in</strong>haltlich mit denen<br />
ause<strong>in</strong>andersetzten. Ich weiß allerd<strong>in</strong>gs, bei denen wird es gar nichts bewirken,<br />
aber ich möchte vor allen D<strong>in</strong>gen <strong>in</strong> der Öffentlichkeit zeigen, es ist jemand da,<br />
der sich das nicht gefallen lässt und der sich da<strong>gegen</strong> wehrt.“<br />
„Tja, im Grundsatz, das immer darzustellen, was das Ende, das Ziel der Rechts<strong>extreme</strong>n<br />
ist, und das ist eigentlich allgeme<strong>in</strong> nicht bekannt, dass man das immer<br />
wieder raus br<strong>in</strong>gt, bei allen möglichen Diskussionen.“<br />
„Da, wo sich Ause<strong>in</strong>andersetzungspunkte bieten, muss man <strong>die</strong> offensiv führen,<br />
überhaupt gar ke<strong>in</strong>e Frage. Wenn <strong>die</strong> auftreten, e<strong>in</strong>en Antrag stellten, ich sag mal<br />
beispielsweise, den Anteil ausländischer Schüler am Gymnasium zu reduzieren,<br />
dann setzt man sich natürlich damit ause<strong>in</strong>ander, überhaupt gar ke<strong>in</strong>e Frage, dann<br />
muss man es auch öffentlich machen.“<br />
„Wenn ich das jetzt heute zu tun hätte, mich mit denen ause<strong>in</strong>anderzusetzen,<br />
ich würde <strong>die</strong> an Sachthemen festmachen und würde <strong>die</strong> versuchen, über <strong>die</strong>se<br />
Schiene zu bekommen, zu irgendwelchen Aussagen zu bewegen, <strong>die</strong> dann klar<br />
machen, welche Natur <strong>die</strong> haben.“<br />
„Ja, dass man sachlich mite<strong>in</strong>ander umgeht und eben, wenn <strong>die</strong> da e<strong>in</strong>e populistische<br />
Idee hervorbr<strong>in</strong>gen, dass man das h<strong>in</strong>terleuchtet, dass sie eben <strong>die</strong> populistische<br />
Schiene fahren und – Sie sagten vorh<strong>in</strong>, Maske vom Gesicht reißen oder so<br />
–, also dass man das dann doch erkennt und da nicht auf den Leim geht.“<br />
Ebenfalls <strong>in</strong> sieben der acht untersuchten Kommunen wird empfohlen,<br />
<strong>die</strong> Mandatsträger rechts<strong>extreme</strong>r Parteien, so weit wie es geht, zu ignorieren.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs ist mit der Strategie des Ignorierens nicht nur geme<strong>in</strong>t,<br />
dass Abgeordnete von NPD, REP oder anderen rechtsgerichteten Parteien<br />
e<strong>in</strong>fach nicht (mehr) beachtet werden sollten. Es geht hier auch um e<strong>in</strong>e<br />
klare Abgrenzung der demokratischen Fraktionen sowie um e<strong>in</strong>e demonstrative<br />
Ausgrenzung der rechts<strong>extreme</strong>rn Akteure. Sowohl das Ignorieren<br />
112
als auch das Ausgrenzen korrespon<strong>die</strong>ren dabei mit e<strong>in</strong>er Strategie, <strong>die</strong><br />
darauf zielt, sich nur dann, wenn es denn unbed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong> muss, mit der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n ause<strong>in</strong>anderzusetzen (siehe auch Tab. 17).<br />
„Also ich würde jedem raten: Soweit möglich – man kann’s natürlich nicht immer<br />
sagen, es kommen vielleicht hier und da <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de so Klops und so<br />
Anträge, da muss man draufschlagen –, aber solange da nichts ernsthaft Demokratiebedrohendes<br />
kommt: l<strong>in</strong>ks liegen lassen, bloß ke<strong>in</strong> Podium bieten, auf dem<br />
<strong>die</strong> Jungs noch tanzen können. Das wäre me<strong>in</strong> Rat.“<br />
„Das Dritte ist, wenn dann dennoch ‚Republikaner‘ <strong>in</strong>s Kommunalparlament<br />
kommen, sollte man ihnen <strong>die</strong> Möglichkeit der politischen Betätigung möglichst<br />
ger<strong>in</strong>g halten und <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit ihnen möglichst ger<strong>in</strong>g halten,<br />
weil dann gibt man ihnen auch ke<strong>in</strong> öffentliches Forum.“<br />
„Und <strong>in</strong> der direkten Ause<strong>in</strong>andersetzung ignorieren, ke<strong>in</strong> Podium zu geben, aber<br />
immer <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung um <strong>die</strong> Frage Ausländerfe<strong>in</strong>dlichkeit, Rechtsradikalismus<br />
und Neofaschismus offensiv <strong>in</strong> der Stadt führen.“<br />
„Und ich muss dann selber me<strong>in</strong>en Weg f<strong>in</strong>den, wie ich mit denen dann klarkomme,<br />
und ich habe das eigentlich, denke ich mal so, haben wir das ganz gut gelöst,<br />
dass wir versucht haben, <strong>die</strong> außen vor zu lassen, also, sie liegen zu lassen.“<br />
„Ich denke, es muss deutlich se<strong>in</strong>, dass das ke<strong>in</strong>e Partner s<strong>in</strong>d, mit denen man<br />
politischen Alltag auch nur auf kle<strong>in</strong>ster Sparflamme gestalten kann. Das muss<br />
eigentlich jede demokratische Kraft, sei sie jetzt eher aus der CDU gestrickt oder<br />
aus der SPD, deutlich machen, weil das eben so weit außerhalb des Grundkonsenses<br />
ist, dass man auch gerade <strong>in</strong> so überschaubaren kommunalen Verhältnissen<br />
mit denen nichts gestalten kann.“<br />
E<strong>in</strong>e weitere empfohlene Variante geht mit der Strategie des Ignorierens<br />
e<strong>in</strong>her und wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen der vorangestellten Interviewpassagen<br />
bereits genannt. Die Hälfte der Befragten befürwortet es, den Repräsentanten<br />
der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n ke<strong>in</strong>e Möglichkeit zur politischen Selbstdarstellung<br />
zu geben, weder <strong>in</strong>ner- noch außerhalb der Parlamente. Dem<br />
rechten Populismus dürfe ke<strong>in</strong> Podium bzw. ke<strong>in</strong>e Plattform geboten wer-<br />
113
den. E<strong>in</strong>e öffentlich vorgetragene Polemik und Provokation würde es den<br />
Demokraten eher erschweren, <strong>die</strong> Repräsentanten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
zu ignorieren, auszugrenzen oder auch ideologisch zu demaskieren.<br />
„Wir haben ihnen e<strong>in</strong>fach ke<strong>in</strong> Podium gegeben und ihnen auch ke<strong>in</strong> Podium<br />
ermöglicht. Und was im Ratssaal stattf<strong>in</strong>det, muss ja noch lange nicht <strong>in</strong> der<br />
Öffentlichkeit stattf<strong>in</strong>den.“<br />
„Also, me<strong>in</strong>es Erachtens sollte man es vermeiden, der NPD unnötige öffentliche<br />
Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Das ist der erste Punkt.“<br />
„E<strong>in</strong>fach versuchen, flexibel zu denken, e<strong>in</strong>fach zu gucken, wie kann ich mit den<br />
Mitteln, <strong>die</strong> mir zur Verfügung stehen – mit Geschäftsordnungsmaßnahmen, mit<br />
Kommunikation mit den anderen demokratischen Fraktionen –, wie kann ich<br />
erreichen, dass ich denen möglichst wenig Bühne, möglichst wenig Projektionsfläche<br />
biete, um ihre Ideen irgendwie nach außen zu transportieren.“<br />
„Ich sag mal, wir versuchen – das ist mehr oder weniger e<strong>in</strong> Abkommen mit<br />
allen Fraktionen –, der NPD ke<strong>in</strong>e Plattform zu geben. So, und das ist natürlich<br />
jetzt sehr schwierig, ihnen ke<strong>in</strong>e Plattform zu geben. Dann heißt es auch, dass<br />
man auf bestimmte Sachen nicht reagiert, weil sonst man sich ja auch irgendwo<br />
hochschaukelt.“<br />
Als e<strong>in</strong>e vierte Strategievariante wird Kommunalpolitikern vorgeschlagen,<br />
mit den Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern ihrer Stadt bzw. Geme<strong>in</strong>de<br />
über das Problem des lokalen Rechtsextremismus zu sprechen. So gehe<br />
es vor allem darum, über <strong>die</strong> Ideologie und <strong>die</strong> politischen Zielsetzungen<br />
der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n aufzuklären. Damit wird an <strong>die</strong> Kommunalpolitiker<br />
zugleich <strong>die</strong> Aufgabe gestellt, sich erst e<strong>in</strong>mal selbst über das Thema<br />
<strong>Rechte</strong>sextremismus zu <strong>in</strong>formieren (oder von fachkundiger Stelle <strong>in</strong>formieren<br />
zu lassen, wie man ergänzend h<strong>in</strong>zufügen könnte).<br />
„Ja, mit den Leuten reden, mit den Leuten reden. Versuchen, auch wenn’s manchmal<br />
schwer ist und wenn’s manchmal auch viel Zeit kostet. Es ist schneller so<br />
e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Lösung auszuplappern.“<br />
114
„Dass wir an <strong>die</strong>se Leute rankommen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Unzufriedenheit haben und uns<br />
mit denen unterhalten. Dass wir also versuchen, <strong>die</strong> Leute, <strong>die</strong> <strong>die</strong> gewählt haben,<br />
zu erreichen mit unserem Programm, also nicht sagen: ‚Ach Gott, seid ihr<br />
schlimme Leute‘ und abqualifizieren, sondern dass <strong>die</strong> sich bei den demokratischen<br />
Parteien wieder aufgehoben fühlen.“<br />
„Ja, ist doch eigentlich richtig, wir müssen an <strong>die</strong> Leute wieder ran, wir müssen<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> Vere<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>, <strong>in</strong> <strong>die</strong> Institution re<strong>in</strong>: ‚Wir s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> SPD <strong>in</strong> der Bürgerschaft.<br />
Was können wir für euch tun‘“<br />
„Ja, auf der e<strong>in</strong>en Seite muss man sich selber mit Geschichte und auch dem Anliegen<br />
der NPD, dem Programm der NPD, befassen, um <strong>die</strong> Differenz, <strong>die</strong> da ja<br />
da ist <strong>in</strong> den Argumenten nach außen und den Programmen nach <strong>in</strong>nen bei der<br />
NPD auch erst mal zu erkennen.“<br />
Reden und Aufklären gehen aus strategischer Sicht der Interviewpartner<br />
häufig damit e<strong>in</strong>her, den Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern <strong>die</strong> Politik der demokratischen<br />
Parteien (immer wieder) verständlich und nachvollziehbar<br />
zu machen. Schließlich würden <strong>die</strong> rechts<strong>extreme</strong>n Parteien ja gerade davon<br />
profitieren, dass es ihnen sche<strong>in</strong>bar gel<strong>in</strong>gt, e<strong>in</strong>fache Antworten auf<br />
komplexe Fragen zu geben. Den demokratischen Parteien müsse deshalb<br />
vor allem an der Transparenz ihrer eigenen politischen Inhalte sowie ihres<br />
eigenen politischen Handelns gelegen se<strong>in</strong>, um auch und <strong>in</strong>sbesondere für<br />
das politikverdrossene Protestpotential <strong>in</strong> der Bevölkerung (wieder) e<strong>in</strong>e<br />
wählbare politische Alternative zu den rechts<strong>extreme</strong>n Parteien darstellen<br />
zu können.<br />
„Ich würde den Kommunalpolitikern raten, ihre eigene Politik so zu übersetzen,<br />
dass sie bei den Bürgern entsprechenden Zuspruch f<strong>in</strong>det und dass solche Gruppierungen<br />
wie <strong>die</strong> ‚Republikaner‘ ke<strong>in</strong>e Lücke f<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> bei e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Wahl dann ausnutzen können.“<br />
„[…] und ansonsten e<strong>in</strong>e gute kommunale Arbeit leisten, um e<strong>in</strong>e Wahlalternative<br />
zu se<strong>in</strong>, um für den Wähler e<strong>in</strong>e Alternative zu se<strong>in</strong> und zu sagen: ‚Leute, der<br />
bewegt‘ oder ‚Die bewegen was für mich und eben nicht <strong>die</strong> NPD, weil <strong>die</strong> NPD,<br />
115
Alternative zu den rechts<strong>extreme</strong>n Parteien darstellen zu können.<br />
„Also, ich würde den Kommunalpolitikern raten, ihre eigene Politik so zu übersetzen, dass sie bei den<br />
Bürgern entsprechenden Zuspruch f<strong>in</strong>det und dass solche Gruppierungen wie <strong>die</strong> ‚Republikaner’ ke<strong>in</strong>e<br />
Lücke f<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> bei e<strong>in</strong>er bestimmten Wahl dann ausnutzen können.“<br />
mit der NPD wird nichts besser‘. Die NPD, habe ich immer gesagt, löst ke<strong>in</strong>e<br />
„[…] und ansonsten e<strong>in</strong>e gute kommunale Arbeit leisten, um e<strong>in</strong>e Wahlalternative zu se<strong>in</strong>, um für den<br />
Probleme, sie schafft Probleme.“<br />
Wähler e<strong>in</strong>e Alternative zu se<strong>in</strong> und zu sagen: ‚Leute, der bewegt’ oder ‚Die bewegen was für mich und<br />
eben nicht <strong>die</strong> NPD, weil <strong>die</strong> NPD, mit der NPD wird nichts besser’. Die NPD, habe ich immer gesagt,<br />
löst ke<strong>in</strong>e Probleme, sie schafft Probleme.“<br />
„Aber gut, man muss da<strong>gegen</strong> arbeiten, man muss <strong>die</strong> Leute versuchen zu überzeugen,<br />
„Aber gut,<br />
dass<br />
man<br />
<strong>die</strong><br />
muss<br />
NPD<br />
da<strong>gegen</strong><br />
eben<br />
arbeiten,<br />
nicht<br />
man<br />
das<br />
muss<br />
Richtige<br />
<strong>die</strong> Leute<br />
ist.<br />
versuchen,<br />
Aber das<br />
zu überzeugen,<br />
ist natürlich<br />
dass<br />
schwierig<br />
bei manchen Leuten; <strong>die</strong> wollen das gar<br />
<strong>die</strong> NPD<br />
nicht.“<br />
eben nicht das Richtige ist. Aber das ist natürlich schwierig bei manchen Leuten; <strong>die</strong> wollen das gar nicht.“<br />
Tab. 28: Was raten Sie Kommunalpolitikern, <strong>in</strong> deren Parlamente Vertreter<br />
rechtsextremistischer oder rechtspopulistischer Parteien gewählt worden s<strong>in</strong>d<br />
Kategorien<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Ideologische Demaskierung 1 1 2 2 1 2 1 10<br />
Ignorieren/Ausgrenzen 2 1 2 1 1 1 1 9<br />
Ke<strong>in</strong> Podium bieten 1 1 1 2 1 1 2 8<br />
Reden und aufklären 2 2 2 2 8<br />
Pol. Transparenz u. Alternative 1 1 1 2 2 7<br />
Frage 7.2: Was, denken Sie, müsste passieren, damit rechtsextremistische oder rechtspopulistische Parteien nicht<br />
Frage 7.2: Was, denken Sie, müsste passieren, damit rechtsextremistische<br />
oder rechtspopulistische Parteien nicht (mehr) <strong>in</strong> Kommunalpar<br />
(mehr) <strong>in</strong> Kommunalparlamente e<strong>in</strong>ziehen Die Beantwortung <strong>die</strong>ser letzten von <strong>in</strong>sgesamt 21 Interviewfragen<br />
lässt sich <strong>in</strong> acht Themenkomplexe untergliedern, <strong>die</strong> <strong>in</strong> Tabelle 29 (am Ende <strong>die</strong>ses<br />
lamente e<strong>in</strong>ziehen Die Beantwortung <strong>die</strong>ser letzten von <strong>in</strong>sgesamt 21<br />
Abschnitts) nachzulesen s<strong>in</strong>d. Am häufigsten davon genannt wird <strong>die</strong> Forderung, sowohl über <strong>die</strong><br />
Interviewfragen lässt sich <strong>in</strong> acht Themenkomplexe untergliedern, <strong>die</strong> <strong>in</strong><br />
Akteure und Organisationen als auch über <strong>die</strong> ideologischen Inhalte und politischen Ziele der<br />
Tabelle<br />
<strong>extreme</strong>n<br />
29<br />
<strong>Rechte</strong>n<br />
(am<br />
aufzuklären.<br />
Ende <strong>die</strong>ses<br />
Die Hälfte<br />
Abschnitts)<br />
der Interviewpartner<br />
nachzulesen<br />
(<strong>in</strong> sechs<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
von<br />
Am<br />
acht<br />
häufigsten<br />
untersuchten<br />
davon Kommunen) genannt setzt damit wird zur <strong>die</strong> Bekämpfung Forderung, des (organisierten) sowohl über Rechtsextremismus <strong>die</strong> Akteure und auf e<strong>in</strong>e Organisationegievariante<br />
als aus Aufklären, auch über mite<strong>in</strong>ander <strong>die</strong> ideologischen Reden und ideologischer Inhalte und Demaskierung, politischen ähnlich Ziele wie der zu-<br />
Strate-<br />
<strong>extreme</strong>n vor bei Frage <strong>Rechte</strong>n 7.2 (vgl. Tab. aufzuklären. 28). Die Hälfte der Interviewpartner (<strong>in</strong> sechs<br />
von acht untersuchten Kommunen) setzt damit zur Bekämpfung des (organisierten)<br />
Rechtsextremismus auf e<strong>in</strong>e Strategievariante aus Aufklären,<br />
mite<strong>in</strong>ander Reden und ideologischer Demaskierung, ähnlich wie zuvor<br />
bei Frage 7.1 (vgl. Tab. 28).<br />
„Das Zweite ist, ich empfehle e<strong>in</strong>e breite Bürgeraufklärung aller demokratischen<br />
Parteien, <strong>die</strong> sich dazu verhalten.“<br />
„Tja, mehr Bewusstse<strong>in</strong> bei den Wählern, welche Konsequenz aus <strong>die</strong>sen e<strong>in</strong>en<br />
Wahlakt, den man da macht, möglicherweise politisch entsteht. Das heißt, man<br />
116
muss mehr vermitteln, was steht eigentlich dah<strong>in</strong>ter, was ist gewollt, was ist geme<strong>in</strong>t<br />
und will man das eigentlich, ja“<br />
„[…] und auf der anderen Seite natürlich aufklären, was für e<strong>in</strong>e Programmatik<br />
man wählt, wenn man Republikaner wählt.“<br />
„Ich glaube <strong>die</strong> Leute müssten sich mehr mit dem H<strong>in</strong>tergrund befassen, was<br />
eigentlich jede e<strong>in</strong>zelne Partei oder gerade <strong>die</strong> NPD darstellt, oder was wirklich<br />
das Ziel ist. Sie haben das vorh<strong>in</strong> gesagt, viele wissen gar nicht, dass <strong>die</strong><br />
praktisch Holocaust, Nazis verherrlichen oder Demokratie abschaffen und was<br />
dann alles so, aber nicht <strong>in</strong> der Argumentation aus Reden von der NPD, sondern<br />
e<strong>in</strong>fach für sich selber. Das mal sich vornehmen und durchlesen und dann mal<br />
darüber nachdenken, wie <strong>die</strong> Demokratie funktioniert, was <strong>die</strong> gerade ausmacht<br />
und was <strong>die</strong> eigentlich wollen.“<br />
„Es kann eigentlich nur durch starke, andere demokratische Kräfte passieren. Mit<br />
Gewalt oder mit Verboten wird man auf Dauer <strong>die</strong>se Sache nicht verändern. Gewalt<br />
erzeugt immer Gegengewalt. […] Man muss <strong>die</strong> alle schon bei den Wurzeln<br />
fassen, den Leuten hier klar machen, dass <strong>die</strong>se Parolen hier ke<strong>in</strong>e Veränderung<br />
zum Positiven erwägen, im Gegenteil. Das ist teilweise schon deutlich geworden.<br />
Investoren haben sich hier schon aus dem Staube gemacht, als sie gehört haben,<br />
sie wollen …, wörtlich: ‚Wenn man aufpassen muss, laufend <strong>in</strong> <strong>die</strong> braune Scheiße<br />
zu treten, dann gehe ich da erst mal gar nicht h<strong>in</strong>.‘“<br />
Auch hier wird auf <strong>die</strong> Bedeutung von politischer Transparenz und Alternativen<br />
h<strong>in</strong>gewiesen. Die eigene Politik und ihre oftmals komplexen<br />
Inhalte und Verfahren müssten für <strong>die</strong> Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger (wieder)<br />
ebenso verständlich wie nachvollziehbar se<strong>in</strong> bzw. entsprechend vermittelt<br />
werden. Zudem müsse es den demokratischen Kräften (wieder) gel<strong>in</strong>gen,<br />
sich als Alternative zu rechtsextremistischen und rechtspopulistischen<br />
Parteien zu präsentieren. Kritik gibt es aber auch am Verhalten der Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürger selbst, <strong>die</strong> sich ihrerseits mehr für Politik und <strong>in</strong>sbesondere<br />
für kommunale Politik <strong>in</strong>teressieren und e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen sollten.<br />
„Populismus mag ich nicht, weil ich der Me<strong>in</strong>ung b<strong>in</strong>, Politik ist ke<strong>in</strong>e Komö<strong>die</strong>,<br />
sondern das ist …, da geht’s um ehrliche Arbeit. […] So, und dann lieber unbe-<br />
117
quem se<strong>in</strong> und auch den Leuten mal H<strong>in</strong>tergründe beleuchten, warum ich e<strong>in</strong>e<br />
sche<strong>in</strong>bar unpopuläre Maßnahme treffen muss, zum Beispiel Haushaltskonsoli<strong>die</strong>rung,<br />
dass ich eben ke<strong>in</strong>e Kredite weiter aufnehmen kann, weil wir sonst <strong>die</strong><br />
Verschuldung hochfahren und <strong>die</strong> Tilgung auf unsere nächste Generation übertragen,<br />
was auch nicht ganz fair ist.“<br />
„[…] und das andere: wach se<strong>in</strong>, aufmerksam se<strong>in</strong> und der NPD nicht <strong>die</strong> Spielräume<br />
überlassen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> natürlich auch brauchen. Also wenn Bürgerproteste da s<strong>in</strong>d,<br />
dann darf man <strong>die</strong> eben nicht der NPD überlassen, sondern muss <strong>die</strong> auch als etablierte<br />
Partei versuchen aufzugreifen, damit der Bürger also nicht den E<strong>in</strong>druck bekommt,<br />
<strong>die</strong> NPD hilft ihm, und <strong>die</strong> anderen helfen ihm nicht. Das wäre ganz fatal.“<br />
„Wenn der Wähler <strong>in</strong> <strong>die</strong> fatale Situation kommen würde, der sagt: ‚Die demokratischen<br />
Parteien, <strong>die</strong> können sie alle <strong>in</strong> <strong>die</strong> Tonne schmeißen; es bleibt ja bloß<br />
noch das kle<strong>in</strong>ere Übel NPD.‘ Also, das wäre ja schlimm! Also, das sollte jedem<br />
bewusst se<strong>in</strong>.“<br />
„Ich denke schon, dass <strong>die</strong> etablierten Parteien sich sehr von dem Menschen entfernt<br />
haben, aber auch umgekehrt. Also, ich will mal e<strong>in</strong>e Lanze für <strong>die</strong> Parteien<br />
brechen, weil es ja nicht Aufgabe der Parteien ist, den Menschen h<strong>in</strong>terher zu<br />
laufen. Die sollen natürlich was anbieten, Angebote machen, sollen <strong>die</strong> Türen<br />
aufmachen. Aber der Mensch muss schon selber dah<strong>in</strong> gehen und sagen: ‚Okay,<br />
ich <strong>in</strong>teressiere mich dafür. Und was habt ihr zu bieten‘ Und <strong>die</strong>se allgeme<strong>in</strong>e<br />
Politikverdrossenheit, also ich persönlich habe da sehr wenig Verständnis für,<br />
werde auch schnell mal böse, wenn ich da gewisse Leute höre, <strong>die</strong> sagen: ‚Ach,<br />
ist alles Quatsch‘ und ‚Die wollen sich alle nur profilieren‘ und ‚Die machen das<br />
alles für sich selbst‘. Ich b<strong>in</strong> auch nur ehrenamtlicher Politiker, und ich kann mir<br />
auch Schöneres vorstellen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Freizeit als elende Diskussionen zu führen,<br />
Nackenschläge e<strong>in</strong>zustecken.“<br />
„Das heißt, <strong>die</strong> etablierten Parteien müssen deutlicher machen, warum ihre Entscheidungen<br />
so und so gefallen s<strong>in</strong>d, also, ich sag mal, auch e<strong>in</strong> bisschen mehr<br />
dafür werben, dass Entscheidungen verstanden werden und nicht als negativ<br />
empfunden werden und mit Quittungen versehen werden.“<br />
Der wahrgenommene Mangel an e<strong>in</strong>er Problemlösungskompetenz der<br />
demokratischen Parteien führt nach Ansicht e<strong>in</strong>iger Interviewpartner zur<br />
verstärkten Akzeptanz fremdenfe<strong>in</strong>dlicher oder auch rechts<strong>extreme</strong>r Po-<br />
118
litikangebote <strong>in</strong> Teilen der Bevölkerung. E<strong>in</strong>e zentrale Rolle spiele dabei<br />
<strong>die</strong> Lösung sozio-ökonomischer Probleme. Insbesondere Arbeitslosigkeit<br />
und das Gefühl, sozial benachteiligt bzw. ungerecht behandelt zu werden,<br />
würden <strong>die</strong> H<strong>in</strong>wendung zu e<strong>in</strong>em rechten Populismus fördern, der <strong>die</strong><br />
soziale mit der nationalen Frage verb<strong>in</strong>det: „Für soziale Probleme (deutscher<br />
Unterschichten) propagiert er nationale Lösungen, <strong>die</strong> zu Lasten<br />
der Menschen- und Bürgerrechte von Nichtdeutschen gehen“ (Butterwegge/Meier<br />
1997, S. 56; vgl. auch Hafeneger 1995). Die Entwicklung<br />
von Gegenmaßnahmen orientiert sich damit an der sogenannten Modernisierungsverliererthese,<br />
wie sie von den Befragten schon zur Erklärung<br />
des kommunalen Wahlerfolgs von NPD und REP herangezogen wurde<br />
(vgl. Frage 1.1).<br />
„Also <strong>in</strong> Pirmasens b<strong>in</strong> ich überzeugt davon, wenn unsere Arbeitslosenzahl nicht<br />
15 Prozent wäre, sondern vielleicht sechs oder sieben Prozent, wäre der Spuk<br />
bald vorbei, weil <strong>die</strong> Arbeitslosigkeit bedeutet Probleme für <strong>die</strong> Menschen, und<br />
wenn Menschen Probleme haben, dann wollen sie oder s<strong>in</strong>d sie auf der Suche<br />
nach Lösungen, und <strong>die</strong>se Lösungen machen uns wohl oder viele von uns im<br />
Moment sprachlos, weil wir ke<strong>in</strong>e Lösungen haben. Die Republikaner haben Lösungen,<br />
<strong>die</strong> sie den Leuten erklären, und <strong>die</strong> Leute glauben <strong>die</strong>sen Lösungen, und<br />
deshalb s<strong>in</strong>d sie auch bereit zu unterstützen.“<br />
„Bleiben wir beim Selbstwertgefühl. Selbstbewusstse<strong>in</strong>. Also, ich denke, das ist<br />
e<strong>in</strong> alter Hut, und Udo L<strong>in</strong>denberg hat das da mal so schön <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Lied geschrieben,<br />
dass er gesagt hat: ‚Wenn du sonst nichts bist und nichts hast, du bist<br />
jedenfalls Deutscher.‘ Ja, und so denken <strong>die</strong> Leute eben: ‚Ich lebe <strong>in</strong> unangenehmen<br />
Verhältnissen, ich habe ke<strong>in</strong>e Perspektive, ich b<strong>in</strong> eigentlich arm, nach<br />
me<strong>in</strong>em eigenen Empf<strong>in</strong>den arm, ich b<strong>in</strong> Deutscher, und damit kann ich mich<br />
abgrenzen von so e<strong>in</strong>em Kümmeltürken mit se<strong>in</strong>em Dönerstand.‘“<br />
„Solange <strong>die</strong>ses Lohnniveau hier ist, dass <strong>die</strong> Leute so wenig ver<strong>die</strong>nen oder<br />
viele Leute entweder ke<strong>in</strong>e Arbeit haben oder nur so viel ver<strong>die</strong>nen wie Hartz<br />
IV hat. Denn das sehen <strong>die</strong> ja: Der kriegt <strong>die</strong> Wohnung bezahlt, der <strong>die</strong> Energie<br />
bezahlt, dann hat er noch 345, dann hat er zusammen 1.000 Euro, ja, wenn er<br />
alles zusammenrechnet, und vielleicht noch e<strong>in</strong>e Sonderzulage. So viel haben<br />
ja <strong>die</strong> anderen gar nicht. Und wer dann da ke<strong>in</strong> festes Bewusstse<strong>in</strong> hat, der fällt<br />
119
natürlich auf solche Parolen re<strong>in</strong>. Denk ich, <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong>rten eher nicht, aber das<br />
ist <strong>die</strong> wahre Ursache.“<br />
Mit dem Problem der Arbeits- und zugleich Perspektivlosigkeit geht<br />
nach Ansicht der Interviewpartner auch e<strong>in</strong> Mangel an Bildung e<strong>in</strong>her,<br />
der für e<strong>in</strong>fache, nationalistische Positionen und Parolen besonders empfänglich<br />
mache. Bildung wird dabei vor allem als kognitive Fähigkeit zum<br />
komplexen Denken verstanden, mit der sich e<strong>in</strong>e rechts<strong>extreme</strong> Orientierung<br />
bekämpfen bzw. überhaupt vermeiden ließe. Bildung und Aufklärung<br />
werden auf <strong>die</strong>se Weise mite<strong>in</strong>ander verbunden und als Bed<strong>in</strong>gung<br />
für <strong>die</strong> Akzeptanz e<strong>in</strong>er pluralistischen Gesellschaft gesehen.<br />
„Protest, sag ich jetzt mal, e<strong>in</strong>fach mit der Unzufriedenheit, was ja eigentlich<br />
geschuldet ist ihrem Bildungsstand. Ich tue es jetzt mal auf <strong>die</strong>, <strong>die</strong> man so kennt<br />
aus der Stadt, <strong>die</strong> Leute, wo ich weiß, <strong>die</strong> gehören zu dem Kreis. Das s<strong>in</strong>d ja<br />
unbestritten viele Arbeitslose, <strong>die</strong> aber aufgrund ihres Bildungsstandes e<strong>in</strong>fach<br />
ke<strong>in</strong>e Arbeit mehr f<strong>in</strong>den, ja, das wissen wir ja, das ist nun mal so.“<br />
„Bildung! Aufklärung und Weiterbildung. Und den Leuten klar machen, dass<br />
das eben nicht alles schwarz und weiß ist, dass das nicht daran liegt …, zum<br />
Beispiel, wie man sagt, hier von wegen: ‚Die oben <strong>in</strong> der Stadt …‘ und so was,<br />
‚<strong>die</strong> wollen mir das Geld nicht geben.‘ Und <strong>die</strong> NPD geht ja auf <strong>die</strong>ses Pflaster,<br />
dass <strong>die</strong> sagen von wegen: ‚Die gönnen euch das nicht‘ oder ‚Die wollen das<br />
nicht‘ oder so was, auf <strong>die</strong>se platte Form gehen <strong>die</strong> da immer und haben damit<br />
ihre Anhänger, ne Oder: ‚Die Ausländer nehmen uns <strong>die</strong> Arbeit weg‘ – blöde,<br />
platte Formel, ne“<br />
„Und <strong>die</strong>ses ganze Image, was <strong>die</strong> hier aufbauen, das muss man e<strong>in</strong>fach zerstören.<br />
Da muss man aber mit dem Kopf, man muss <strong>in</strong> <strong>die</strong> Köpfe der Leute kommen<br />
hier. Und das fängt <strong>in</strong> der Schule, das fängt <strong>in</strong> der Berufsausbildung an, vielleicht<br />
sogar schon im K<strong>in</strong>dergarten hier. Und da haben sie Defizite ohne Ende.“<br />
Als weiterer Punkt wird von e<strong>in</strong>igen Befragten <strong>die</strong> Stärkung der demokratischen<br />
Kräfte vor Ort genannt. Die politische Arbeit <strong>in</strong> den Städten<br />
und Geme<strong>in</strong>den müsse von den Parteizentralen stärker unterstützt wer-<br />
120
den, da gerade <strong>in</strong> den ostdeutschen Regionen <strong>die</strong> personellen Ressourcen<br />
oftmals nicht vorhanden seien, um der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n wirksam und<br />
nachhaltig <strong>gegen</strong>übertreten zu können. Es gehen damit Forderungen e<strong>in</strong>her,<br />
<strong>die</strong> sowohl e<strong>in</strong> größeres Interesse der Bundespolitik für <strong>die</strong> (strukturschwachen)<br />
Regionen verlangen als auch e<strong>in</strong> verstärktes Engagement<br />
der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger anmahnen. Außerdem müsse Jugendarbeit<br />
(wieder) e<strong>in</strong>e zentrale Aufgabe der demokratischen Parteien se<strong>in</strong> und dürfe<br />
nicht der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n überlassen bleiben.<br />
„Die großen Parteien müssten, müssen begreifen, dass es ke<strong>in</strong> Thema e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en<br />
Region ist und dass man da was tun muss, denn <strong>die</strong> NPD hat das begriffen,<br />
<strong>die</strong> tut was. Und <strong>die</strong> großen Parteien tun wenig, und wenn sie’s tun, machen sie’s<br />
nur kurz, und das ist nicht Erfolg versprechend.“<br />
„Ich me<strong>in</strong>e, dass man politische Arbeit vor Ort machen muss, und <strong>die</strong> NPD<br />
macht das sehr <strong>in</strong>tensiv, und <strong>die</strong> großen Parteien me<strong>in</strong>en noch, das nirgends<br />
machen zu müssen. Sie verlassen sich da e<strong>in</strong> bissel auf <strong>die</strong> Parteileute und<br />
Kommunalpolitiker vor Ort […]. An vielen Stellen s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> überfordert, gerade<br />
<strong>in</strong> so e<strong>in</strong>er Struktur, wie wir sie haben, wo mit, na ja, mit knapp 200 Leuten im<br />
Landkreis, SPD-Mitgliedern, da kann <strong>die</strong> politische Ause<strong>in</strong>andersetzung nur<br />
fragmenthaft se<strong>in</strong>.“<br />
„Ja, so wie <strong>die</strong> nachher lange im Landtag s<strong>in</strong>d oder im Bundestag […], dann<br />
sehen <strong>die</strong> nur wieder ihre Probleme, und dann bist du vor Ort wieder alle<strong>in</strong>gelassen.“<br />
„Und dann muss man natürlich auch erwarten, dass <strong>die</strong> überörtliche Politik hier<br />
nicht so nach dem Motto agiert: ‚Hier s<strong>in</strong>d so und so wenig Wähler, hier s<strong>in</strong>d sowieso<br />
wenig Menschen, hier lassen wir sie mal austoben, […] bei großen Wahlen<br />
hätte sich nicht mal h<strong>in</strong>term Komma groß was an Wählerstimmen verändert.‘<br />
Ich glaube, das ist völlig der verkehrte Weg. Brecht hat mal gesagt, glaub ich:<br />
‚Wehret den Anfängen.‘ Es kann eigentlich nur durch starke, andere demokratische<br />
Kräfte passieren.“<br />
„Es müsste, me<strong>in</strong>es Erachtens, von den etablierten Parteien, nenne ich das mal,<br />
<strong>in</strong> Sachen Jugendarbeit ganz dr<strong>in</strong>gend was getan werden, aber professionell.“<br />
121
81<br />
„Ja, so wie <strong>die</strong> nachher lange im Landtag s<strong>in</strong>d oder im Bundestag […], dann sehen <strong>die</strong> nur wieder ihre<br />
Probleme, und dann bist du vor Ort wieder alle<strong>in</strong>gelassen.“<br />
„Und Mit dann Blick muss man auf natürlich das geänderte auch erwarten, Wahlrecht dass <strong>die</strong> überörtliche <strong>in</strong> Hessen Politik hier wird nicht so zudem nach empfohlentoben,<br />
[…] bei großen Kommunalwahlen Wahlen hätte sich nicht (wieder) mal h<strong>in</strong>term e<strong>in</strong>e Komma Fünf-Prozent-Hürde groß was an Wählerstimmen verän-<br />
e<strong>in</strong>-<br />
Motto<br />
agiert: ‚Hier s<strong>in</strong>d so und so wenig Wähler, hier s<strong>in</strong>d sowieso wenig Menschen, hier lassen wir sie mal ausdert.’<br />
Ich glaube, das ist völlig der verkehrte Weg. Brecht hat mal gesagt, glaub ich: ‚Wehret den Anfängen.’<br />
[…] Es kann Der eigentlich E<strong>in</strong>zug nur durch <strong>in</strong> <strong>die</strong> starke, Kreis-, andere demokratische Stadt- und Kräfte Geme<strong>in</strong>deparlamente<br />
passieren.“<br />
zuführen.<br />
würde damit (häufig) den rechts<strong>extreme</strong>n Parteien verwehrt bleiben,<br />
„Es müsste, me<strong>in</strong>es Erachtens, von den etablierten Parteien, nenne ich das mal, <strong>in</strong> Sachen Jugendarbeit<br />
deren<br />
ganz dr<strong>in</strong>gend<br />
Stimmenanteile<br />
was getan werden, aber<br />
zum<strong>in</strong>dest<br />
professionell.“<br />
<strong>in</strong> Hessen rapide gesunken s<strong>in</strong>d, wie<br />
<strong>die</strong> Beispiele Ehr<strong>in</strong>gshausen und Wölfersheim zeigen (vgl. Kap. 3.1). 13<br />
Bezogen Mit Blick auf auf das <strong>die</strong> geänderte letzten Wahlrecht Wahlergebnisse <strong>in</strong> Hessen wird <strong>in</strong> zudem den empfohlen, acht untersuchten bei Kommunalwahlen Kommunen<br />
hätte e<strong>in</strong>e solche Sperrklausel allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen<br />
(wieder) e<strong>in</strong>e Fünf-Prozent-Hürde e<strong>in</strong>zuführen. Der E<strong>in</strong>zug <strong>die</strong> Kreis-, Stadt- und Geme<strong>in</strong>deparlamente<br />
würde damit (häufig) den rechts<strong>extreme</strong>n Parteien verwehrt bleiben, deren Stimmenanteile<br />
zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> Hessen rapide gesunken s<strong>in</strong>d, wie <strong>die</strong> Beispiele Ehr<strong>in</strong>gshausen und Wölfers-<br />
(4,9 %) und Stralsund (3,9 %) Auswirkungen gehabt, wo <strong>die</strong> NPD unterhalb<br />
der Fünf-Prozent-Marke geblieben ist, wenn auch <strong>in</strong> der mittelhessischen<br />
Geme<strong>in</strong>de 12 Bezogen auf <strong>die</strong> letzten Wahlergebnisse <strong>in</strong> den acht untersuchten<br />
heim zeigen (vgl. Kap. 3.1).<br />
nur äußerst knapp (vgl. Kap. 3).<br />
Kommunen hätte e<strong>in</strong>e solche Sperrklausel allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>in</strong> Ehr<strong>in</strong>gshausen (4,9%) und Stralsund<br />
(3,9%) Auswirkungen gehabt, wo <strong>die</strong> NPD unterhalb der Fünf-Prozent-Marke geblieben ist,<br />
„Wobei, man könnte etwas da<strong>gegen</strong> tun. Das ist natürlich auch nicht gewollt,<br />
ich wenn will auch das <strong>in</strong> der auch mittelhessischen nicht. Man Geme<strong>in</strong>de könnte nur <strong>in</strong> äußerst den Kommunalparlamenten knapp (vgl. Kap. 3). <strong>die</strong> Fünf-<br />
Prozent-Klausel wieder e<strong>in</strong>führen. Durch das Kumulieren und Panaschieren, das<br />
wird „Wobei jetzt man haben, könnte etwas kann da<strong>gegen</strong> es ja durchaus tun. Das ist natürlich passieren, auch dass nicht gewollt, jemand ich mit will 1,3, das auch 1,4 nicht. Prozent Man<br />
als könnte E<strong>in</strong>zelvertreter den Kommunalparlamenten im Parlament <strong>die</strong> Fünf-Prozent-Klausel auftaucht. Kann wieder natürlich e<strong>in</strong>führen. verstärkt Durch das <strong>in</strong> Kumulieren Hessen<br />
vorkommen,<br />
und Panaschieren,<br />
dass wird<br />
dadurch<br />
jetzt haben,<br />
eben<br />
kann<br />
<strong>Rechte</strong><br />
es ja durchaus<br />
Zugang<br />
passieren,<br />
zu den<br />
dass<br />
<strong>Parlamenten</strong><br />
jemand mit 1,3, 1,4<br />
f<strong>in</strong>den<br />
Prozent<br />
auf<br />
als<br />
E<strong>in</strong>zelvertreter im Parlament auftaucht. Kann natürlich verstärkt <strong>in</strong> Hessen vorkommen, dass durch eben<br />
kommunaler Ebene.“<br />
<strong>Rechte</strong> Zugang zu den <strong>Parlamenten</strong> f<strong>in</strong>den auf kommunaler Ebene.“<br />
Tab. 29: Was, denken Sie, müsste passieren, damit rechtsextremistische oder<br />
rechtspopulistische Parteien nicht (mehr) <strong>in</strong> Kommunalparlamente e<strong>in</strong>ziehen<br />
Mittelhessen<br />
Schweiz pommern<br />
Sächs. Vor-<br />
<br />
Kategorien<br />
Pfalz<br />
(N = 16)<br />
EHR WÖ LU PS KÖ SEB HST ANK<br />
Aufklärung über <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> 1 2 1 1 2 1 8<br />
Pol. Transparenz u. Alternative 1 1 1 1 2 6<br />
Sozio-ökonomische Problemlösung 2 1 1 1 5<br />
Stärkung der demokratischen Kräfte 2 1 3<br />
Bessere (Schul-)Bildung 1 1 2<br />
Ziviles Engagement/Jugendarbeit 1 1 2<br />
Interesse Bundespolitik für Regionen 2 2<br />
5%-Hürde bei Kommunalwahlen 1 1<br />
13 12 Für e<strong>in</strong>e Übersicht der Stimmenanteile von NPD und REP bei den hessischen Kommunalenwahlen<br />
2001 2001 und und 2006 2006 siehe siehe Hafeneger/Becker 2007, 2007, S. 26f. S. 26f.<br />
122
4.8 Fazit der empirischen Untersuchung<br />
Als Resümee der Interviewauswertung sollen <strong>die</strong> zentralen Ergebnisse<br />
der empirischen Untersuchung herausgearbeitet und <strong>in</strong> konzentrierter Form<br />
wiedergegeben werden. Die Zusammenfassung der zum Teil sehr heterogenen<br />
Befunde erfolgt unter der Leitfrage, welche Folgen <strong>die</strong> parlamentarische<br />
Präsenz der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n für <strong>die</strong> kommunale Politik und <strong>die</strong><br />
lokale Demokratie hat. H<strong>in</strong>sichtlich <strong>die</strong>ses erkenntnisleitenden Interesses<br />
der Stu<strong>die</strong> lassen sich folgende sechs Punkte nennen, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>en Überblick<br />
über <strong>die</strong> wichtigsten empirischen Ergebnisse der qualitativen Analyse liefern.<br />
Im Mittelpunkt steht dabei deren Bedeutung für <strong>die</strong> Entwicklung von<br />
Umgangs- und Gegenstrategien. Da es sich bei der vorliegenden Stu<strong>die</strong> um<br />
e<strong>in</strong> qualitatives Vorgehen handelt, s<strong>in</strong>d repräsentative Verallgeme<strong>in</strong>erungen<br />
der Ergebnisse oder e<strong>in</strong> Ost-West-Vergleich nicht möglich. Das Allgeme<strong>in</strong>e<br />
ist jedoch (fast) immer auch im Speziellen präsent, so dass <strong>die</strong> Ergebnisse<br />
<strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong> wichtige Anhaltspunkte für e<strong>in</strong>e erfolgreiche kommunalpolitische<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Rechtsextremismus geben können.<br />
1. Die Wahlentscheidung zugunsten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n wird <strong>in</strong><br />
erster L<strong>in</strong>ie mit e<strong>in</strong>er Protesthaltung erklärt, <strong>die</strong> allerd<strong>in</strong>gs weniger von<br />
rationalen bzw. wahltaktischen Überlegungen als vielmehr von e<strong>in</strong>er (tendenziell)<br />
rechts<strong>extreme</strong>n Überzeugung geprägt sei. Die Interviewpartner<br />
sehen den Wählerzuspruch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Mischung aus politischer Unzufriedenheit<br />
und wirtschaftlichen wie sozialen Problemlagen <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung<br />
mit fremdenfe<strong>in</strong>dlichen und mitunter auch ausgeprägten rechts<strong>extreme</strong>n<br />
E<strong>in</strong>stellungen begründet. Das Stimmenpotential der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
wird daher vor allem unter sogenannten Modernisierungsverlierern vermutet.<br />
Die Wahl rechts<strong>extreme</strong>r Parteien wird somit als Protestwahl gedeutet,<br />
bei der jedoch rechts<strong>extreme</strong> oder zum<strong>in</strong>dest fremdenfe<strong>in</strong>dliche<br />
E<strong>in</strong>stellungen durchaus bedeutsam seien, auch wenn sie <strong>gegen</strong>über sozioökonomischen<br />
Faktoren e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle spielen.<br />
123
2. Aktivitäten der rechts<strong>extreme</strong>n Parteien sowie <strong>die</strong> Präsenz e<strong>in</strong>er<br />
rechts<strong>extreme</strong>n Szene <strong>in</strong> den untersuchten Kommunen s<strong>in</strong>d nach Angaben<br />
der Interviewpartner kaum oder gar nicht festzustellen. Die lokalen<br />
Akteure der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n würden sich selbst häufig als gutbürgerliche<br />
Biedermänner präsentieren. Nicht selten handele es sich bei ihnen<br />
um E<strong>in</strong>zelakteure, <strong>die</strong> <strong>in</strong> der Stadt bzw. Geme<strong>in</strong>de bekannt s<strong>in</strong>d und <strong>die</strong><br />
der Partei vor Ort e<strong>in</strong> Gesicht geben. In <strong>die</strong>sen Fällen erzielt <strong>die</strong> <strong>extreme</strong><br />
<strong>Rechte</strong> also ihren Wahlerfolg über <strong>die</strong> Person und weniger über deren<br />
Parteizugehörigkeit. Die Akzeptanz der rechts<strong>extreme</strong>n Parteien und<br />
Gruppierungen <strong>in</strong> der Kommune vollzieht sich hier über <strong>die</strong> Akzeptanz<br />
ihrer Repräsentanten <strong>in</strong> (Teilen) der Bevölkerung.<br />
3. Das Auftreten der rechts<strong>extreme</strong>n Mandatsträger <strong>in</strong> den <strong>Parlamenten</strong><br />
pendelt <strong>in</strong> den untersuchten Kommunen zwischen verbal aggressiv<br />
und konfrontativ auf der e<strong>in</strong>en Seite und eher ruhig, sachlich, mitunter<br />
kle<strong>in</strong>bürgerlich und bieder auf der anderen Seite. Dementsprechend s<strong>in</strong>d<br />
<strong>die</strong> von den Rechts<strong>extreme</strong>n <strong>in</strong> <strong>die</strong> Kommunalparlamente e<strong>in</strong>gebrachten<br />
Themen vor allem protestorientiert und populistisch ausgerichtet. Deren<br />
Inhalte s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs weniger von dezi<strong>die</strong>rter Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit oder<br />
klassisch rechts<strong>extreme</strong>n Ideologiefacetten geprägt, sondern vielmehr an<br />
lokalen und alltagsbezogenen Sachfragen der kommunalen Sozial,- Verkehrs-<br />
und F<strong>in</strong>anzpolitik orientiert. E<strong>in</strong>e kommunalpolitische Kompetenz<br />
wird den Fraktionen und Mandatsträgern der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n dabei<br />
<strong>in</strong> den meisten Fällen jedoch nicht attestiert. Stattdessen würden sie <strong>die</strong><br />
Parlamente vorzugsweise als Bühne zur politischen Selbst<strong>in</strong>szenierung<br />
als Interessenvertreter der „kle<strong>in</strong>en Leute“ und öffentlichen Selbstdarstellung<br />
e<strong>in</strong>er verme<strong>in</strong>tlichen politischen Alternative (be)nutzen.<br />
4. Rechts<strong>extreme</strong> Abgeordnete werden von den Demokraten weitgehend<br />
ignoriert und im Rahmen der parlamentarischen Möglichkeiten ausgegrenzt.<br />
So werden Anträge <strong>in</strong> fast allen untersuchten Kommunen pr<strong>in</strong>zi-<br />
124
piell und ohne vorherige Parlamentsdiskussion abgelehnt oder aber <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />
jeweiligen Ausschüsse verwiesen, wo dann <strong>die</strong> Ablehnung erfolgt. Durch<br />
Verfahrensänderungen bei der Ausschussbesetzung wird zudem der Versuch<br />
unternommen, <strong>die</strong> rechts<strong>extreme</strong>n Abgeordneten, soweit es geht, außen vor<br />
zu lassen. Die Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Vertretern der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
wird von den demokratischen Fraktionen kurz und knapp gehalten, um ihnen<br />
ke<strong>in</strong>e Bühne zu bieten, und auch nur dann geführt, wenn es unbed<strong>in</strong>gt<br />
nötig ist bzw. es sich nicht anders vermeiden lässt (zum Beispiel bei rechts<strong>extreme</strong>n<br />
Verbalausfällen und persönlichen Beleidigungen oder bei der satzungsgemäßen<br />
Beantwortung von Anfragen). Für das politische Handeln der<br />
Rechts<strong>extreme</strong>n bedeutet <strong>die</strong>s, dass sie über ihre parlamentarischen <strong>Rechte</strong><br />
h<strong>in</strong>aus ke<strong>in</strong>erlei Mitgestaltungsmöglichkeiten <strong>in</strong> der Kommune haben.<br />
5. Die überparteiliche Zusammenarbeit der Demokraten im Umgang<br />
mit den rechts<strong>extreme</strong>n Fraktionen und Mandatsträgern wird <strong>in</strong> den meisten<br />
untersuchten Kommunen als gut bewertet; <strong>gegen</strong>läufige Me<strong>in</strong>ungen<br />
f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen ostdeutschen Städten. Das Interesse der kommunalen<br />
Öffentlichkeit für <strong>die</strong> parlamentarische Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n sei sowohl <strong>in</strong> der Bevölkerung als auch bei den lokalen<br />
und regionalen Me<strong>die</strong>n nur ger<strong>in</strong>g oder gar nicht vorhanden. Diese Feststellung<br />
lässt sich für <strong>die</strong> untersuchten ostdeutschen Kommunen auch <strong>in</strong><br />
Bezug auf <strong>die</strong> Existenz e<strong>in</strong>es organisierten wie e<strong>in</strong>es eher privaten, <strong>in</strong>dividuellen<br />
zivilgesellschaftlichen Engagements <strong>gegen</strong> Rechtsextremismus<br />
treffen. Da<strong>gegen</strong> ist nach Auskunft der Interviewpartner <strong>in</strong> allen betrachteten<br />
westdeutschen Städten und Geme<strong>in</strong>den e<strong>in</strong> solches zivilgesellschaftliches<br />
Engagement, zum Beispiel <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Bürgerbündnisses,<br />
vorhanden, das zudem <strong>in</strong> <strong>die</strong> kommunale Geme<strong>in</strong>schaft weit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>reicht<br />
und nahezu alle gesellschaftlichen Gruppen umfasst.<br />
6. Die Befunde zur Präsenz und Repräsentanz der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong><br />
Parlament und Kommune zeigen, dass jeweils e<strong>in</strong>e spezifische Form der<br />
125
Ause<strong>in</strong>andersetzung gefunden werden muss, <strong>die</strong> den lokalen Rechtsextremismus<br />
mit se<strong>in</strong>en jeweiligen Akteuren, Aktivitäten und Organisationsformen<br />
berücksichtigt. Die Entwicklung von angemessenen Umgangsund<br />
Gegenstrategien hat somit situationsbezogen zu erfolgen und muss<br />
sich dabei stets deren Ziele und Wirkungen bewusst se<strong>in</strong>. Entsprechend<br />
bedeutsam ist, dass sich e<strong>in</strong>e betroffene Kommune der Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit dem <strong>in</strong> ihrem Bereich auftretenden Rechtsextremismus stellt.<br />
Die empirischen Ergebnisse machen zudem deutlich, dass <strong>in</strong> den Kommunen<br />
e<strong>in</strong> Beratungsbedarf zum Thema Rechtsextremismus besteht, wobei<br />
Beratung nicht bedeutet, pauschale Lösungsangebote oder e<strong>in</strong>dimensionale<br />
Handlungsempfehlungen zu unterbreiten, sondern das geme<strong>in</strong>same<br />
Arbeiten von Kommune, Zivilgesellschaft und Experten me<strong>in</strong>t.<br />
126
5. Kommunale Politik im Umgang mit der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n. E<strong>in</strong> Leitfaden für <strong>die</strong><br />
Problemanalyse und Strategieentwicklung<br />
Aus den empirischen Befunden der Interviewauswertung lassen sich<br />
<strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem bisherigen Forschungs- und Diskussionsstand sowohl<br />
H<strong>in</strong>weise als auch konkrete Empfehlungen für e<strong>in</strong>en parlamentarisch-kommunalen<br />
Umgang mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n ableiten, der den<br />
demokratischen Parteien e<strong>in</strong>e angemessene politische Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit den Fraktionen und Mandatsträgern der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n ermöglicht.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Entwicklung politischer <strong>Strategien</strong> <strong>gegen</strong> <strong>die</strong><br />
<strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> soll deshalb e<strong>in</strong> Handlungsschema entworfen werden,<br />
das betroffenen Kommunalpolitikern e<strong>in</strong>en Leitfaden an <strong>die</strong> Hand gibt,<br />
der es ihnen situationsspezifisch sowie ergebnis- und prozessorientiert<br />
erlaubt, das Problem „ihres“ lokalen Rechtsextremismus zu analysieren<br />
und mögliche Ziele, <strong>Strategien</strong> und Kooperationen <strong>in</strong> der parlamentarisch-kommunalen<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung zu erörtern.<br />
Problemdef<strong>in</strong>ition<br />
Die Problemdef<strong>in</strong>ition unterscheidet drei Dimensionen des lokalen<br />
Rechtsextremismus, mit deren Hilfe sich <strong>die</strong> spezifische Situation <strong>in</strong> der<br />
Kommune erfassen lässt (vgl. Abb. 33). Dabei geht es um <strong>die</strong> Präsenz<br />
und Repräsentanz, das heißt um <strong>die</strong> Akteure, Aktivitäten und Organisationsformen,<br />
der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der jeweiligen Stadt, Geme<strong>in</strong>de und/<br />
oder Region. Ziel der Situationsanalyse ist <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>same Problemdef<strong>in</strong>ition<br />
auf der Basis aller drei Dimensionen des organisierten Rechts-<br />
127
es um <strong>die</strong> Präsenz und Repräsentanz, das heißt um <strong>die</strong> Akteure, Aktivitäten und Organisationsformen,<br />
der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der jeweiligen Stadt, Geme<strong>in</strong>de und/oder Region. Ziel der Situationsanalyse<br />
ist <strong>die</strong> geme<strong>in</strong>same Problemdef<strong>in</strong>ition auf der Basis aller drei Dimensionen des organisierten<br />
extremismus, Rechtsextremismus, mit denen mit denen sich <strong>die</strong> sich Akteure <strong>die</strong> Akteure der der kommunalen Demokratie – Vere<strong>in</strong>e,<br />
Verbände, – Vere<strong>in</strong>e, Kirchen, Verbände, Parteien, Kirchen, Verwaltung, Parteien, Gewerkschaften, Verwaltung, Arbeitgeber, Gewerkschaften, Initiativen – sowohl<br />
zivilgesellschaftlich<br />
Arbeitgeber, Initiativen<br />
und politisch<br />
– sowohl<br />
als auch<br />
zivilgesellschaftlich<br />
unter rechtstaatlichen<br />
und<br />
Aspekten<br />
politisch<br />
und<br />
als<br />
Kriterien<br />
auch unter rechtstaatlichen Aspekten und Kriterien ause<strong>in</strong>andersetzen<br />
ause<strong>in</strong>andersetzen müssen.<br />
müssen.<br />
(1) Der analytische Blick richtet sich zunächst auf <strong>die</strong> Akteure und<br />
das Auftreten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n im Parlament. Im Mittelpunkt <strong>die</strong>ser<br />
ersten Situationsanalyse stehen <strong>die</strong> kommunalpolitische Kompetenz der<br />
Mandatsträger und deren parlamentarische Kommunikationsformen, <strong>die</strong><br />
auf e<strong>in</strong> bestimmtes Muster e<strong>in</strong>es politisch-parlamentarischen Verhaltens<br />
h<strong>in</strong>weisen. Zur Erörterung <strong>die</strong>ser lokalen Rechtsextremismusdimension<br />
können <strong>die</strong> folgenden Fragen herangezogen werden:<br />
• Handelt es sich um e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelperson oder um e<strong>in</strong>e Gruppe<br />
• Ist <strong>die</strong>se eher passiv oder eher aktiv (Anträge, Anfragen, Reden etc.)<br />
• Handelt es sich dabei vor allem um e<strong>in</strong>e „E<strong>in</strong>-Mann-Aktivität“<br />
128
• Ist das Auftreten eher ruhig/sachlich oder eher verbal aggressiv/konfrontativ<br />
• Werden kommunale Sachthemen oder rechts<strong>extreme</strong> Ideologiefacetten<br />
angesprochen<br />
• Ist bei den/dem Akteur(en) der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n e<strong>in</strong>e kommunalpolitische<br />
Kompetenz festzustellen oder <strong>die</strong>nt das Parlament vorrangig<br />
zur politischen Selbstdarstellung<br />
(2) Die weitere analytische Betrachtung widmet sich den Aktivitäten<br />
der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n außerhalb des Parlamentes. Hier geht es um <strong>die</strong><br />
Präsenz und das (politische) Handeln von Parteien oder E<strong>in</strong>zelakteuren<br />
des organisierten Rechtsextremismus <strong>in</strong> der kommunalen Öffentlichkeit.<br />
Es gilt dabei, e<strong>in</strong> breit gefächertes Spektrum an Aktivitäten zu berücksichtigen<br />
und zu entdecken, das zugleich H<strong>in</strong>weise auf <strong>die</strong> personellen,<br />
organisatorischen und auch f<strong>in</strong>anziellen Ressourcen der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
vor Ort liefert:<br />
• Plakate und Postwurfsendungen (Gratiszeitungen, Broschüren, Flugblätter<br />
etc.)<br />
• Öffentlichkeits- und Propagandaarbeit (zum Beispiel Internetvideos)<br />
• Öffentliche Präsenz (Aufmärsche, Kundgebungen, Demonstrationen<br />
etc.)<br />
• Freizeitangebote (zum Beispiel „K<strong>in</strong>der- und Familienfeste“)<br />
• Sportveranstaltungen (zum Beispiel Fußballspiele und sportliche<br />
Wettbewerbe)<br />
• Jugendarbeit („Schulhof-CD“, Schülerzeitungen, Sportaktivitäten etc.)<br />
(3) E<strong>in</strong>e dritte Dimension des lokalen Rechtsextremismus ist <strong>die</strong><br />
Existenz e<strong>in</strong>er rechts<strong>extreme</strong>n Szene <strong>in</strong> der Kommune. Gegenstand der<br />
analytischen Betrachtung s<strong>in</strong>d hier <strong>die</strong> verschiedenen lokalen wie regionalen<br />
Akteure des eher lose organisierten und zumeist eher jugendlichen<br />
129
Rechtsextremismus. Besonderes Augenmerk gilt der Vernetzung untere<strong>in</strong>ander<br />
bis <strong>in</strong> <strong>die</strong> rechts<strong>extreme</strong>n Parteien h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. Überschneidungen<br />
mit den genannten außerparlamentarischen Aktivitäten der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n s<strong>in</strong>d durchaus möglich und ebenso wahrsche<strong>in</strong>lich (vor allem <strong>in</strong><br />
den Bereichen Freizeitangebote, Sportveranstaltungen und Jugendarbeit).<br />
In Bezug auf <strong>die</strong> Gruppierungen der rechts<strong>extreme</strong>n Szene lassen sich<br />
folgende Unterscheidungen treffen:<br />
• Neonazistische Kameradschaften (Propaganda, Demonstrationen,<br />
Gewaltdelikte etc.)<br />
• <strong>Rechte</strong> Jugendcliquen (Aussehen/Ersche<strong>in</strong>ung, Sprüche/Parolen,<br />
Gewaltdelikte etc.)<br />
➔ öffentlich (Vere<strong>in</strong>e, Jugendclubs, Bushaltestellen etc.)<br />
➔ nicht öffentlich (zum Beispiel Grill- und Hüttenfeste)<br />
• Rechts<strong>extreme</strong> Frauen- und Kulturorganisationen (zum Beispiel Ideologieschulung<br />
oder Pflege und Lehre völkischen Brauchtums)<br />
• Rechts<strong>extreme</strong> Bands, Verlage, Versandfirmen und Internetportale<br />
(Rechtsrock-Konzerte, neonazistische Broschüren und Zeitungen,<br />
Propagandamaterialien etc.)<br />
Für e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Problemdef<strong>in</strong>ition des lokalen Rechtsextremismus<br />
müssen <strong>die</strong> drei Dimensionen – quasi als e<strong>in</strong> <strong>gegen</strong>seitiges Bezugssystem<br />
– zusammen betrachtet und <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Weise auch für <strong>die</strong><br />
Entwicklung angemessener Umgangs- und Gegenstrategien berücksichtigt<br />
werden. Unberücksichtigt bleiben darf dabei jedoch nicht <strong>die</strong><br />
Resonanz des (lokalen) Rechtsextremismus <strong>in</strong> der Bevölkerung. Die<br />
Annahme ist durchaus fraglich, „dass sich e<strong>in</strong>e klare Grenze zwischen<br />
zivilgesellschaftlichen Akteuren und Institutionen sowie e<strong>in</strong>er an demokratischen<br />
Wertvorstellungen orientierten staatlichen Politik auf der<br />
e<strong>in</strong>en Seite und dem Rechtsextremismus auf der anderen Seite ziehen<br />
lässt“ (Scherr 2007, S. 94). Die <strong>in</strong>dividuellen E<strong>in</strong>stellungen der Bürge-<br />
130
<strong>in</strong>nen und Bürger, wie sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em latenten Rechtsextremismus zum<br />
Ausdruck kommen (vgl. Stöss 2005), bereiten oftmals (erst) den Nährboden<br />
für den organisierten Rechtsextremismus, für se<strong>in</strong>en politischen<br />
Aufstieg ebenso wie für se<strong>in</strong>e kommunale oder auch regionale Verankerung.<br />
Das Problem besteht somit nicht „nur“ dar<strong>in</strong>, „dass rechts<strong>extreme</strong><br />
Parteien und Gruppierungen selbst Teil der Zivilgesellschaft<br />
s<strong>in</strong>d und <strong>die</strong> Instrumente zivilgesellschaftlichen Engagements für ihre<br />
Ziele beanspruchen“ (Scherr 2007, S. 94; vgl. Staud 2006; Lynen Berg/<br />
Palloks/Steil 2007; Palloks/Steil 2007). Darüber h<strong>in</strong>aus f<strong>in</strong>den sich<br />
autoritär-nationalistische und menschenfe<strong>in</strong>dliche E<strong>in</strong>stellungen auch<br />
jenseits der Anhänger und Mitglieder rechts<strong>extreme</strong>r Gruppierungen.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d derartige E<strong>in</strong>stellungen „ke<strong>in</strong>e Sonderform für Deprivierte“<br />
(Heitmeyer 1988); sie reichen vielmehr bis weit <strong>in</strong> <strong>die</strong> (politische)<br />
Mitte der demokratischen Gesellschaft h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> (vgl. Stöss 2005;<br />
Iser/Schönfelder 2005; Decker/Brähler/Geißler 2006; Heitmeyer 2007;<br />
Schönfelder 2008).<br />
Zieldef<strong>in</strong>ition<br />
Bevor es um <strong>die</strong> Auswahl angemessener Umgangs- und Gegenstrategien<br />
gehen kann, muss zunächst geklärt werden, wen <strong>die</strong> politische Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit den Fraktionen und Mandatsträgern der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n erreichen soll. H<strong>in</strong>weise dazu f<strong>in</strong>den sich unter anderem <strong>in</strong><br />
der Problemdef<strong>in</strong>ition, <strong>die</strong> sowohl über <strong>die</strong> rechts<strong>extreme</strong>n Akteure und<br />
Akteurskonstellationen <strong>in</strong> Parlament und Kommune als auch über deren<br />
Auftreten, Kommunikation und Ressourcen <strong>in</strong>formiert. Mit der Zieldef<strong>in</strong>ition<br />
wird <strong>die</strong> Frage nach den Adressaten der parlamentarischen<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung gestellt, wobei sich drei Gruppen unterscheiden<br />
lassen (vgl. Abb. 34).<br />
131
formiert. Mit der Zieldef<strong>in</strong>ition wird <strong>die</strong> Frage nach den Adressaten der parlamentarischen Aus<br />
e<strong>in</strong>andersetzung gestellt, wobei sich drei Gruppen unterscheiden lassen (vgl. Abb. 34).<br />
(1) Soll <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den rechts<strong>extreme</strong>n Mandatsträgern gesucht werden, um durch Über<br />
(1) Soll <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den rechts<strong>extreme</strong>n Mandatsträgern<br />
deren gesucht Anzahl werden, im Parlament um durch zu Überzeugungsarbeit reduzieren Soll damit deren zugleich Anzahl der im Versuch un<br />
zeugungsarbeit<br />
ternommen Parlament werden, <strong>die</strong> zu reduzieren Akteure des Soll lokalen damit Rechtsextremismus zugleich der Versuch wieder unternommen <strong>in</strong> <strong>die</strong> „demokratisch<br />
Mehrheitsgesellschaft“ werden, <strong>die</strong> zurückzuholen Akteure des lokalen Schließlich Rechtsextremismus s<strong>in</strong>d rechts<strong>extreme</strong> wieder Parteien <strong>in</strong> <strong>die</strong> und „demokratische<br />
Mehrheitsgesellschaft“ zurückzuholen Schließlich s<strong>in</strong>d<br />
Gruppierun<br />
gen immer auch e<strong>in</strong> Teil der Zivilgesellschaft und stehen ke<strong>in</strong>eswegs außerhalb, wie häufig sugge<br />
rechts<strong>extreme</strong> Parteien und Gruppierungen immer auch e<strong>in</strong> Teil der Zivilgesellschaft<br />
Scherr 2007, und S. 94). stehen Allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong>eswegs dürfte außerhalb, es den demokratischen wie häufig suggeriert Parteien schwerlic<br />
riert wird (vgl.<br />
gel<strong>in</strong>gen, sowohl wird (vgl. den Scherr lager- und 2007, mentalitätsbezogenen S. 94). Allerd<strong>in</strong>gs dürfte E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dungen es den demokratischen<br />
als auch den langjährige<br />
Verfestigungsprozessen Parteien schwerlich und biografisch-politischen gel<strong>in</strong>gen, sowohl den Sozialisationserfahrungen lager- und mentalitätsbezogenen<br />
E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dungen als auch den langjährigen Verfestigungsprozessen<br />
im rechts<strong>extreme</strong><br />
Milieu ent<strong>gegen</strong>zuwirken. Es würden all jene Versuche am Ende solcher Entwicklungen anse<br />
und biografisch-politischen Sozialisationserfahrungen im rechts<strong>extreme</strong>n<br />
zen, <strong>die</strong> darauf abzielen, neue E<strong>in</strong>sichten und andere E<strong>in</strong>stellungen bei den Repräsentanten de<br />
Milieu ent<strong>gegen</strong>zuwirken. Es würden all jene Versuche am Ende solcher<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n Entwicklungen zu generieren ansetzen, (vgl. <strong>die</strong> Hafeneger darauf abzielen, 2000, S. 108). neue E<strong>in</strong>sichten Das Parlament und ist andere damit vor allem<br />
Ort der politischen E<strong>in</strong>stellungen Ause<strong>in</strong>andersetzung bei den Repräsentanten und weniger der <strong>extreme</strong>n e<strong>in</strong> Ort der <strong>Rechte</strong>n politischen zu generieren<br />
Aufklärung un<br />
Überzeugung rechts<strong>extreme</strong>r<br />
(vgl. Hafeneger<br />
Mandatsträger.<br />
2000, S. 108). Das Parlament ist damit vor allem Ort<br />
der politischen Ause<strong>in</strong>andersetzung und weniger e<strong>in</strong> Ort der politischen<br />
Aufklärung und Überzeugung rechts<strong>extreme</strong>r Mandatsträger.<br />
(2) Soll e<strong>in</strong>e Aufklärung der rechts<strong>extreme</strong>n Wählerschaft favorisiert werden, <strong>in</strong>dem man <strong>die</strong> menschen<br />
und demokratiefe<strong>in</strong>dlichen<br />
132<br />
Inhalte, Ziele und Logiken rechts<strong>extreme</strong>r Politik offenlegt Soll au<br />
<strong>die</strong>se Weise das Wählerpotenzial der rechts<strong>extreme</strong>n Parteien verr<strong>in</strong>gert und damit deren Stim<br />
menanteil bei den nächsten Wahlen reduziert werden Es geht zugleich um <strong>die</strong> Wahrung bzw
(2) Soll e<strong>in</strong>e Aufklärung der rechts<strong>extreme</strong>n Wählerschaft favorisiert<br />
werden, <strong>in</strong>dem man <strong>die</strong> menschen- und demokratiefe<strong>in</strong>dlichen Inhalte,<br />
Ziele und Logiken rechts<strong>extreme</strong>r Politik offenlegt Soll auf <strong>die</strong>se Weise<br />
das Wählerpotential der rechts<strong>extreme</strong>n Parteien verr<strong>in</strong>gert und damit<br />
deren Stimmenanteil bei den nächsten Wahlen reduziert werden Es geht<br />
zugleich um <strong>die</strong> Wahrung bzw. Wiederherstellung e<strong>in</strong>er kommunalen<br />
demokratischen Kultur, <strong>die</strong> den autoritär-nationalistischen Parolen und<br />
Positionen der Rechts<strong>extreme</strong>n ablehnend wie auch abwehrend <strong>gegen</strong>übersteht.<br />
(3) Soll e<strong>in</strong>e Aufklärung und Sensibilisierung der kommunalen Öffentlichkeit<br />
zum Problem des (lokalen) Rechtsextremismus stattf<strong>in</strong>den Soll<br />
e<strong>in</strong>e sukzessiv e<strong>in</strong>setzende Normalisierung und Akzeptanz der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der Bevölkerung verh<strong>in</strong>dert werden Möglichkeiten, um e<strong>in</strong>er<br />
solchen Entwicklung ent<strong>gegen</strong>zutreten, bieten unter anderem öffentliche<br />
Foren, Diskussionsveranstaltungen und Bildungsangebote (vom K<strong>in</strong>dergarten<br />
bis zur Erwachsenenbildung); es können aber auch ebenso gut zivilgesellschaftliche<br />
Aktionen <strong>gegen</strong> Rechtsextremismus e<strong>in</strong>en wertvollen<br />
Beitrag für <strong>die</strong> kommunale demokratische Kultur leisten. Im Parlament<br />
ist es Aufgabe der demokratischen Fraktionen, dessen Instrumentalisierung<br />
durch e<strong>in</strong>e ideologische Selbstdarstellung der rechts<strong>extreme</strong>n Mandatsträger<br />
zu verh<strong>in</strong>dern.<br />
Strategiedef<strong>in</strong>ition<br />
Nachdem das Problem des lokalen Rechtsextremismus erfasst und<br />
<strong>die</strong> Ziele der parlamentarisch-kommunalen Gegenaktivitäten benannt<br />
wurden, stellt sich nun <strong>die</strong> Frage nach den möglichen Strategievarianten<br />
im Umgang mit den Repräsentanten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n. Sowohl <strong>die</strong><br />
bisherigen Beobachtungen und Erfahrungen der Forschung als auch <strong>die</strong><br />
eigenen empirischen Ergebnisse verweisen dabei vor allem auf zwei Stra-<br />
133
(1) Die Strategie (1) des Die Ignorierens Strategie und des Ausgrenzens Ignorierens zielt darauf, und Ausgrenzens sich nicht mehr zielt als darauf, unbed<strong>in</strong>gt sich nötig mit<br />
den Fraktionen nicht mehr und Mandatsträgern als unbed<strong>in</strong>gt der nötig <strong>extreme</strong>n mit den <strong>Rechte</strong>n Fraktionen ause<strong>in</strong>anderzusetzen. und Mandatsträgern Im parlamenta-<br />
der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n ause<strong>in</strong>anderzusetzen. Im parlamentarischen Umgang<br />
will man sie vor allem ignorieren und „rechts liegen lassen“; man<br />
will ihnen ke<strong>in</strong>e politische Mitsprachemöglichkeit <strong>in</strong> der Kommune,<br />
ke<strong>in</strong>e Plattform und schon gar ke<strong>in</strong> Podium zur ideologischen Selbstdarstellung<br />
geben. Ihre Anträge werden entweder pr<strong>in</strong>zipiell abgelehnt<br />
oder direkt und ohne Diskussion <strong>in</strong> <strong>die</strong> Ausschüsse verwiesen, wo dann<br />
<strong>die</strong> (nicht-öffentliche) Ablehnung erfolgt. Im persönlichen Umgang<br />
der Parlamentsmitglieder wird jeglicher Kontakt mit den rechtsextrekommunalen<br />
Gegenaktivitäten benannt wurden, stellt sich nun <strong>die</strong> Frage nach den möglichen<br />
Strategievarianten im Umgang mit den Repräsentanten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n. Sowohl <strong>die</strong> bisherigen<br />
Beobachtungen und Erfahrungen der Forschung als auch <strong>die</strong> eigenen empirischen Ergebnisse<br />
verweisen tegien dabei der politisch-parlamentarischen vor allem auf zwei <strong>Strategien</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung, politisch-parlamentarischen <strong>die</strong> mit Blick Ause<strong>in</strong>andersetzung,<br />
<strong>die</strong> auf mit <strong>die</strong> Blick spezifische auf <strong>die</strong> spezifische lokale Situation lokale Situation variabel variabel angewendet angewendet werden werden können, können, so<br />
dass e<strong>in</strong> so strategischer dass e<strong>in</strong> strategischer Mix durchaus Mix möglich durchaus ist (vgl. möglich Abb. 35). ist Zudem (vgl. Abb. unterscheiden 35). Zudem<br />
unterscheiden sich <strong>die</strong> beiden Strategievarianten <strong>in</strong> der Intensität der<br />
sich <strong>die</strong><br />
beiden Strategievarianten <strong>in</strong> der Intensität der Ause<strong>in</strong>andersetzung ebenso wie <strong>die</strong> Akteure der<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung ebenso wie <strong>die</strong> Akteure der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der Intensität von politisch-parlamentarischem Handeln und Auftreten:<br />
Intensität von politisch-parlamentarischem Handeln und Auftreten: eher<br />
eher passiv<br />
passiv<br />
oder<br />
oder<br />
eher aktiv,<br />
eher aktiv,<br />
eher sachlich<br />
eher sachlich<br />
oder eher<br />
oder<br />
konfrontativ.<br />
eher konfrontativ.<br />
134
men Abgeordneten vermieden; <strong>die</strong>s sollte auch für formale Gesten und<br />
Formen der Begrüßung gelten. Nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen wird kurz und<br />
knapp auf Wortbeiträge und Anfragen der Rechts<strong>extreme</strong>n reagiert.<br />
E<strong>in</strong>e Möglichkeit für <strong>die</strong> demokratischen Parteien besteht dar<strong>in</strong>, im Rotationsverfahren<br />
e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Stellungnahme durch <strong>die</strong> Fraktionsvorsitzenden<br />
bzw. Vertreter e<strong>in</strong>er demokratischen Partei abzugeben, um<br />
damit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n nicht mehr Aufmerksamkeit zu schenken<br />
als nötig. Dieses strategische Vorgehen setzt jedoch, wie alle anderen<br />
auch, e<strong>in</strong> gutes Verständnis der demokratischen Fraktionen untere<strong>in</strong>ander<br />
und e<strong>in</strong>e ebenso gute überparteiliche Zusammenarbeit voraus. Darüber<br />
h<strong>in</strong>aus kann <strong>die</strong> Ausgrenzung rechts<strong>extreme</strong>r Mandatsträger durch<br />
Änderungen der „parlamentarischen Spielregeln“ erfolgen. Insbesondere<br />
durch Änderungen bei der Ausschussbesetzung lässt sich versuchen,<br />
<strong>die</strong> Wirksamkeit der parlamentarischen Arbeit rechts<strong>extreme</strong>r Abgeordneter<br />
zu begrenzen:<br />
• Die Anzahl der zu vergebenen Sitze wird <strong>in</strong> der Hauptsatzung bzw.<br />
Geschäftsordnung des Parlaments reduziert.<br />
• Das Sitzzuteilungsverfahren wird zugunsten größerer Parteien, das<br />
heißt <strong>in</strong> der Regel zugunsten von CDU und SPD bzw. L<strong>in</strong>kspartei,<br />
geändert (Höchstzahlverfahren nach d’Hondt).<br />
• Die demokratischen Fraktionen gehen Listenverb<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>, um<br />
mehr Sitze für sich selbst und um weniger bis gar ke<strong>in</strong>e Sitze für <strong>die</strong><br />
<strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> zu erzielen; kle<strong>in</strong>ere demokratische Parteien werden<br />
auf <strong>die</strong>se Weise bei der Sitzvergabe nicht benachteiligt.<br />
(2) Die Strategie des ideologischen Dechiffrierens und Entlarvens<br />
bezeichnet e<strong>in</strong>e aktive <strong>in</strong>haltliche Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den Logiken<br />
und Themen der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n. Ihre Anträge, Anfragen und Debattenbeiträge<br />
müssen dabei von den demokratischen Parteien im Parlament<br />
sowohl gedeutet und übersetzt als auch aufgeklärt werden. Dies<br />
135
e<strong>in</strong>haltet <strong>die</strong> Notwendigkeit, dass sich <strong>die</strong> demokratischen Fraktionen<br />
und Mandatsträger über <strong>die</strong> ideologisch-programmatischen Inhalte sowie<br />
über <strong>die</strong> Ersche<strong>in</strong>ungsformen und das Ausmaß des (lokalen) Rechtsextremismus<br />
<strong>in</strong>formieren und sich damit e<strong>in</strong>gehend beschäftigen. Das<br />
Parlament ist <strong>in</strong>folgedessen der Ort für e<strong>in</strong>en offensiven, kämpferischen<br />
und selbstbewussten Umgang, der <strong>die</strong> Themen, <strong>die</strong> ideologisch-populistischen<br />
Absichten, <strong>die</strong> (fehlende) <strong>in</strong>haltliche Qualität und <strong>die</strong> möglichen<br />
Folgen rechts<strong>extreme</strong>r Politikanforderungen und Begründungen<br />
dechiffriert. Die Debatten müssen auch deshalb hier geführt werden,<br />
weil das Wahlverhalten der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger <strong>die</strong> demokratischen<br />
Parteien zw<strong>in</strong>gt, <strong>die</strong> Politik der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> ihren Argumenten<br />
und Forderungen zu entlarven und an ihrer Stelle selbst überzeugende<br />
Antworten auf Fragen und Probleme zu geben.<br />
Kooperationsdef<strong>in</strong>ition<br />
Die Kooperationsdef<strong>in</strong>ition bezeichnet <strong>die</strong> Suche nach Partnern und<br />
Verbündeten <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem lokalen Rechtsextremismus.<br />
Kooperation me<strong>in</strong>t dabei Formen der Zusammenarbeit und Arbeitsteilung,<br />
deren Adressaten <strong>die</strong> Träger von Demokratie und Zivilgesellschaft<br />
s<strong>in</strong>d. An <strong>die</strong> Akteure kommunaler Partizipation richtet sich <strong>die</strong><br />
Forderung, geme<strong>in</strong>schaftlich <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> Kritiker und Fe<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>es friedlichen,<br />
freiheitlichen und gleichberechtigten Zusammenlebens <strong>in</strong> ihrer<br />
Stadt, Geme<strong>in</strong>de und/oder Region vorzugehen (vgl. Abb. 36).<br />
136
schaftlich <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> Kritiker und Fe<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>es friedlichen, freiheitlichen und gleichberechtigten<br />
Zusammenlebens <strong>in</strong> ihrer Stadt, Geme<strong>in</strong>de und/oder Region e<strong>in</strong>zutreten (vgl. Abb. 36).<br />
(1) Träger der (1) Demokratie Träger der s<strong>in</strong>d Demokratie zum e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> zum demokratischen e<strong>in</strong>en <strong>die</strong> demokratischen Parteien und Wählergeme<strong>in</strong>schaften<br />
<strong>in</strong> der und Kommune, Wählergeme<strong>in</strong>schaften <strong>die</strong> sowohl auf parlamentarischer <strong>in</strong> der Kommune, als <strong>die</strong> auch sowohl auf außerparlamentarischer auf parlamen-<br />
E-<br />
Parteien<br />
bene <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung tarischer als auch auf mit außerparlamentarischer der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n führen Ebene können. <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n führen können. (2) Ebenso wie für andere<br />
(2) Ebenso wie für andere<br />
bürgergesellschaftliche Akteure kann dabei <strong>die</strong> kommunale Verwaltung – im Rahmen ihrer<br />
zivilgesellschaftliche Akteure kann dabei <strong>die</strong> kommunale Verwaltung<br />
gesetzlichen Möglichkeiten – unterstützend tätig se<strong>in</strong>. (3) Gleiches gilt für <strong>die</strong> lokalen und regionalen<br />
Me<strong>die</strong>n (3) Gleiches (Zeitungen, gilt Funk, für <strong>die</strong> Fernsehen), lokalen und <strong>die</strong> regionalen zur Aufklärung Me<strong>die</strong>n und (Zeitungen, Sensibilisierung Funk, der Bevöl-<br />
– im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten – unterstützend tätig se<strong>in</strong>.<br />
kerung beitragen Fernsehen), können; <strong>die</strong> zur allerd<strong>in</strong>gs Aufklärung nur bei und e<strong>in</strong>er Sensibilisierung entsprechenden der Qualität Bevölkerung der medialen bei- Berichterstattung.<br />
tragen (4) Akteursorientierte können; allerd<strong>in</strong>gs Unterstützung nur bei e<strong>in</strong>er leisten entsprechenden (regionale) Beratungse<strong>in</strong>richtungen Qualität der me- (zum<br />
Beispiel Mobile dialen Berichterstattung. Beratungsteams), <strong>die</strong> (4) über Akteursorientierte das Thema Rechtsextremismus Unterstützung <strong>in</strong>formieren leisten (regionale)<br />
Beratungse<strong>in</strong>richtungen (zum Beispiel Mobile Beratungsteams),<br />
und darüber<br />
h<strong>in</strong>aus helfen können, lokale sowie (über-)regionale Netzwerke zu bilden. (5) Begünstigt<br />
<strong>die</strong> über das Thema Rechtsextremismus <strong>in</strong>formieren und darüber h<strong>in</strong>aus<br />
wird <strong>die</strong> Zusammenarbeit der demokratischen Kräfte vor Ort durch e<strong>in</strong> weitreichendes kommu-<br />
helfen können, lokale sowie (über-)regionale Netzwerke zu bilden. (5)<br />
Begünstigt wird <strong>die</strong> Zusammenarbeit der demokratischen Kräfte vor Ort<br />
durch e<strong>in</strong> weitreichendes kommunales zivilgesellschaftliches Engagement<br />
(wie zum Beispiel <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Bürgerbündnisses) als Ausdruck<br />
der demokratisch-partizipatorischen Kultur e<strong>in</strong>erseits und als Beleg der<br />
137
„demokratischen Wehrhaftigkeit“ andererseits. Die Entwicklung von politischen<br />
<strong>Strategien</strong> <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> <strong>in</strong> Parlament und Kommune<br />
lässt sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schema wie folgt darstellen (vgl. Abb. 37). 95<br />
138
6. Lokale Demokratie als politisch-sozialer<br />
Interaktionsraum. E<strong>in</strong> Ausblick<br />
auf kommunale Handlungsoptionen<br />
Kommunale Demokratie – demokratische Kommune<br />
Abschließend sollen <strong>die</strong> Handlungsoptionen von Kommunen <strong>in</strong> der<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem Rechtsextremismus skizziert werden. Dabei<br />
werden <strong>die</strong> empirischen Ergebnisse <strong>die</strong>ser Untersuchung mit den Erkenntnissen<br />
der Fachliteratur zu <strong>die</strong>ser Frage <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung gesetzt. Die<br />
Auswertung des Interviewmaterials gibt für <strong>die</strong> Entwicklung von kommunaler<br />
Demokratie bzw. demokratischer Geme<strong>in</strong>de- und Stadtkultur<br />
zahlreiche H<strong>in</strong>weise und Anknüpfungspunkte. Dabei können <strong>die</strong> lokalen<br />
Diskurse und kann <strong>die</strong> kommunale Ause<strong>in</strong>andersetzung mit „ihrem“ lokalen<br />
Rechtsextremismus und den jeweils unterschiedlichen Ausprägungen<br />
nicht isoliert betrachtet werden. Sie ist immer e<strong>in</strong>gebunden und verwoben<br />
mit der Politik bzw. politischen Kultur auf der jeweiligen regionalen<br />
(Nachbargeme<strong>in</strong>den und Landkreisen) und nationalen Ebene sowie mit<br />
den Zuständigkeiten auf Länder- und Bundesebene. Bei der Kommune<br />
liegt vor allem <strong>die</strong> politisch-konzeptionelle Verantwortung und sie hat<br />
jenseits von Aktionismus und lediglich anlassbezogenem Handeln vielschichtige<br />
und flexible sowie langfristig angelegte Gestaltungsspielräume.<br />
Diese s<strong>in</strong>d mit den jeweiligen politischen, rechtlichen, polizeilichen Kompetenzen<br />
und Zuständigkeiten der Kreis- und Landesbehörden kontextsensibel,<br />
arbeitsteilig und kooperativ abzustimmen und zu koord<strong>in</strong>ieren.<br />
Im Rahmen e<strong>in</strong>er Skizze werden fünf Aspekte – als Elemente e<strong>in</strong>er aktiven<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem lokalen Rechtsextremismus – hervor-<br />
139
gehoben, <strong>die</strong> sich auf kommunale parlamentarische und außerparlamentarische<br />
Umgangsformen und <strong>Strategien</strong> beziehen. Ihre jeweilige praktische<br />
Ausformung – h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er aktiven partizipativen und lebendigen<br />
kommunalen Kultur – erfahren sie vor dem H<strong>in</strong>tergrund der konkreten<br />
lokalen Phänomene sowie den spezifischen Kontextbed<strong>in</strong>gungen.<br />
Parteien als kommunale Me<strong>in</strong>ungsbildner<br />
Die demokratischen Parteien s<strong>in</strong>d zentrale Akteure und Gestalter der<br />
kommunalen Politik und somit wichtige Me<strong>in</strong>ungsbildner (Stichwortgeber)<br />
im mentalen Haushalt, dem Sprachgebrauch, der Kommunikation<br />
mit den Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern sowie dem (konkurrierenden) R<strong>in</strong>gen<br />
um <strong>die</strong> Lösung kommunaler Probleme. Sie bestimmen durch ihr Verhalten,<br />
ihre Rhetorik, ihre Thematisierungsstrategien des lokalen Rechtsextremismus<br />
sowie ihren Lösungsangeboten für kommunale Probleme<br />
wesentlich mit, welche politische, öffentlich-mediale Kultur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Geme<strong>in</strong>de entsteht und sich etabliert. Dabei geht es um e<strong>in</strong>e Kultur, <strong>in</strong><br />
der <strong>die</strong> demokratischen Parteien im Rahmen des „Modells e<strong>in</strong>er pluralistischen<br />
Gesellschaft“ (Strobl/Würtz/Klemm 2003) <strong>die</strong> Bereitschaft zur<br />
Konkurrenz von Positionen und Konfliktaustragung haben; sie gleichzeitig<br />
aber trotz ihrer unterschiedlichen politischen Ausrichtung e<strong>in</strong>en demokratischen<br />
Grundkonsens (demokratische Werteorientierungen) teilen.<br />
In der Ause<strong>in</strong>andersetzung der demokratischen Parteien mit dem lokalen<br />
Rechtsextremismus gilt es auf folgende Bed<strong>in</strong>gungen zu achten:<br />
• <strong>in</strong> <strong>die</strong> eigenen Strukturen, Organisationen und ihre Mitgliedschaft h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>zuwirken<br />
wie auch <strong>in</strong> Kooperation mit anderen Parteien und Gruppen<br />
(zum Beispiel Bürger<strong>in</strong>itiativen) das Thema über Fortbildungen,<br />
Workshops und Ähnliches aufnehmen und sich kompetent zu machen;<br />
• sich aufklärend und me<strong>in</strong>ungsbildend auf <strong>die</strong> kommunale und mediale<br />
Öffentlichkeit zu beziehen, Positionen und Aktivitäten zu begründen,<br />
<strong>die</strong> e<strong>in</strong>deutig s<strong>in</strong>d und Signalfunktion haben;<br />
140
• e<strong>in</strong>e kommunale Gesamtpolitik anzubieten, <strong>die</strong> deutlich macht, wie<br />
<strong>die</strong> Parteien vertrauensbildend, zuhörend, dialogorientiert und partizipationsgeleitet<br />
<strong>die</strong> Probleme und Sorgen (wie Abstiegsängste, Arbeitslosigkeit,<br />
Armut) der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger sehen, annehmen<br />
und zu lösen versuchen;<br />
• <strong>die</strong> Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger zu ermuntern, sich zu engagieren und hier<br />
durch <strong>die</strong> eigene Beteiligung selbstbewusst und sichtbar e<strong>in</strong> „Vorbild“<br />
zu se<strong>in</strong>;<br />
• den Rechts<strong>extreme</strong>n ke<strong>in</strong>e Freiräume überlassen, bspw. <strong>in</strong> der politischen<br />
Jugendarbeit.<br />
Mit der Thematisierung des lokalen Rechtsextremismus muss es<br />
den demokratischen Parteien zugleich mit überzeugenden Argumenten<br />
um <strong>die</strong> Entlarvung und Dechiffrierung der Ideologie- und Politikmuster<br />
(Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit, Rassismus, Antisemitismus etc.) und der parlamentarischen<br />
wie auch außerparlamentarischen Strategievarianten der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n (Parlament als Bühne und Inszenierung, Ethnisierung<br />
des Sozialen etc.) gehen.<br />
Parlament als Ort streitbarer Demokratie<br />
Die kommunalen Parlamente s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> orig<strong>in</strong>ären Orte und öffentlichen<br />
„Bühnen“ von Demokratie, Streitkultur und Kompromiss. 14 Hier<br />
diskutiert <strong>die</strong> Kommune öffentlich – vertreten durch ihre Repräsentanten<br />
– über sich selbst; dabei geht es immer auch um das Selbstverständnis<br />
und <strong>die</strong> Kultur des Zusammenlebens sowie um e<strong>in</strong>e kommunale „Grundstimmung“,<br />
dann um <strong>die</strong> Integrationsangebote <strong>in</strong> das Geme<strong>in</strong>wesen und<br />
14<br />
Der kommunalen Politik stehen im Umgang mit den außerparlamentarischen Aktivitäten der<br />
<strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n im öffentlichen Raum – Demonstration, Versammlungen, Infostände und Aufmärsche<br />
– auch zahlreiche rechtliche Instrumentarien zur Verfügung (zu den unterschiedlichen<br />
Handlungsmöglichkeiten siehe Friedrich-Ebert-Stiftung 2007 sowie Bündnis für Demokratie und<br />
Toleranz 2007).<br />
141
den Umgang der Kommune mit „ihren“ Ausprägungen des Rechtsextremismus.<br />
In ihnen wird – der Verfassung verpflichtet und nach den Regeln<br />
und Gepflogenheiten der parlamentarischen Demokratie – um <strong>die</strong> besten<br />
politischen Lösungen kommunaler Probleme gerungen. Parlament, Politik<br />
und Verwaltung tragen <strong>die</strong> Verantwortung für <strong>die</strong> Sichtbarkeit und<br />
Attraktivität e<strong>in</strong>er demokratischen Kultur, demokratischer Strukturen und<br />
Aktivitäten, <strong>die</strong> dem Rechtsextremismus „das Wasser abgräbt“ und ke<strong>in</strong>e<br />
Chance lässt. 15<br />
Die parlamentarische Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n<br />
– den Fraktionen und ihren Akteuren – realisiert das Pr<strong>in</strong>zip der „streitbaren<br />
und wehrhaften Demokratie“ und bedeuten unter anderem,<br />
• den Rechtsextremismus klug und kont<strong>in</strong>uierlich zu e<strong>in</strong>em öffentlichen<br />
Thema zu machen;<br />
• auf Pr<strong>in</strong>zipien der Menschenwürde, Toleranz und der historischen<br />
Wahrheit bestehen;<br />
• sich Themen nicht vorgeben lassen, sondern <strong>die</strong> Agenda der Politik<br />
selbst bestimmen;<br />
• im klugen Abwägen <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> zugleich zu ignorieren und<br />
ihre Anträge, Beiträge, Rhetorik mit Blick <strong>in</strong> <strong>die</strong> kommunale Öffentlichkeit<br />
zu dechiffrieren;<br />
• <strong>die</strong> Anträge der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n konsequent abzulehnen, damit ihnen<br />
ke<strong>in</strong> politischer Gestaltungsspielraum e<strong>in</strong>geräumt wird;<br />
• im formellen wie <strong>in</strong>formellen parlamentarischen Umgang und der<br />
Kommunikation <strong>die</strong> notwendige Distanz zu wahren und deutlich<br />
Grenzen zu markieren;<br />
• <strong>die</strong> kommunalen E<strong>in</strong>richtungen, Initiativen und Personen <strong>in</strong> ihrer<br />
Thematisierung und Ause<strong>in</strong>andersetzung zu ermuntern und zu un-<br />
15<br />
Neben der Herausforderung des parlamentsorientierten Rechtsextremismus geht es <strong>in</strong> Kommunen<br />
vielfach auch um <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem aktions- und/oder diskursorientierten Rechtsextremismus.<br />
142
terstützen, deren Attraktivität, Akzeptanz und Anerkennung <strong>in</strong> der<br />
Kommune zu fördern.<br />
<strong>Politische</strong> Geme<strong>in</strong>de und Zivilgesellschaft<br />
Die Zivilgesellschaft ist mit ihren vielen (ehrenamtlichen) Organisationen<br />
und Initiativen, Projekten und Personen <strong>in</strong> Kooperation mit der politischen<br />
Geme<strong>in</strong>de und den kommunalen Verantwortungsträgern „soziales<br />
Kapital“ (Putnam) und e<strong>in</strong> zentrales Akteursfeld kommunalpolitischer Gestaltung.<br />
Deren Potentiale und Ressourcen für lokales bürgerschaftliches<br />
Engagement s<strong>in</strong>d voraussetzungsreich; sie können mit ihrer Lebendigkeit<br />
lokale Demokratie realisieren, dem als e<strong>in</strong> politisches und soziales Lernund<br />
Bildungsfeld e<strong>in</strong>e erhebliche und prägende kommunale Integrationsund<br />
Regulationskraft im republikanischen Geme<strong>in</strong>wesen zukommt. Zivilisatorische<br />
Standards <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er aufgeklärten Gesellschaft und e<strong>in</strong>em demokratischen<br />
Geme<strong>in</strong>wesen müssen – als Demokratiepolitik von Kommune<br />
und Zivilgesellschaft – sowohl von der politischen Geme<strong>in</strong>de als auch<br />
von der Zivilgesellschaft getragen werden. Das gilt für alle Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürger wie auch für <strong>die</strong> unterschiedlichen sozialen Infrastrukturen,<br />
<strong>in</strong>termediären Organisationsbereiche und Sozialformen der Vere<strong>in</strong>e und<br />
Verbände, <strong>die</strong> schulischen und außerschulischen E<strong>in</strong>richtungen der Erziehung,<br />
Schule und Bildung, <strong>die</strong> Kirchen, Bürger<strong>in</strong>itiativen und auch für <strong>die</strong><br />
Wirtschaft. 16 E<strong>in</strong> zivilgesellschaftlicher Ansatz birgt das Potential,<br />
• „soziokulturelle Vielfalt zu befördern;<br />
• <strong>die</strong> Entwicklung e<strong>in</strong>er demokratischen Kultur auf der Ebene von Kommunen<br />
im ländlichen Raum zu unterstützen;<br />
• <strong>die</strong> Kompetenz der kommunalen Verantwortungsträger <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit Rechtsextremismus, Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit und Gewalt<br />
zu stärken“ (Lynen von Berg/Palloks/Steil 2007, S. 341).<br />
16<br />
Möglichkeiten und Formen des zivilgesellschaftlichen Engagements zeigt am Beispiel des Bundeslandes<br />
Hessen der Sammelband von Frölich, Hafeneger, Kaletsch und Oppenhäuser (2007).<br />
143
Die Forderung nach freiwilligem und vernetztem bürgerschaftlichen<br />
Engagement ist verbunden mit der Forderung nach unterstützender Professionalität,<br />
Expertenkontakte und Strukturen (Her<strong>in</strong>g 2007). Überhöhte<br />
Erwartungen an Ehrenamtlichkeit gilt es allerd<strong>in</strong>gs zu vermeiden sowie<br />
<strong>die</strong> „organisierte Unverantwortlichkeit“ zu überw<strong>in</strong>den, bspw. durch den<br />
Ansatz des „Community Coach<strong>in</strong>g“, bei dem basierend auf e<strong>in</strong>er Kommunalanalyse<br />
nachhaltige Strukturen mit konkreter Aufgabenverteilung,<br />
Ressourcenbündelung und entsprechender Begleitung geschaffen werden<br />
sollen (vgl. Borstel/Wagner 2006).<br />
In den alten und neuen Formen des zivilgesellschaftlichen Engagements<br />
geht es <strong>in</strong> genereller Perspektive um „e<strong>in</strong>e Grundorientierung der<br />
Übernahme geme<strong>in</strong>samer Verantwortung für <strong>die</strong> unmittelbare soziale Gestaltung<br />
im lokalen Umfeld“ (Böhnisch/Schröer 2002, S. 214f.). Die Bereitschaft<br />
zum gesellschaftlichen Engagement wird – wie Stu<strong>die</strong>n belegen<br />
– <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit und Jugendzeit erworben; wer sich als Erwachsener<br />
stark engagiert, hat bereits <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit und Jugend entsprechende Aktivitäten<br />
entwickelt. Daher kommt der Förderung von bürgerschaftlichem<br />
Engagement und Partizipation <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dertagesstätten, der Grundschule,<br />
der außerschulischen K<strong>in</strong>der- und Jugendarbeit e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung<br />
zu, denn für das Geme<strong>in</strong>wesen engagierte Menschen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> aller<br />
Regel weniger anfällig für rechts<strong>extreme</strong> E<strong>in</strong>stellungen. 17<br />
17<br />
Bisherige Erfahrungen zeigen zugleich <strong>die</strong> Schwierigkeiten und Probleme der Kooperation im<br />
Geme<strong>in</strong>weisen. So schreiben Palloks/Steil (2007) vor dem H<strong>in</strong>tergrund des CIVITAS-Programms<br />
(Förderzeitraum des Bundesprogramms waren <strong>die</strong> Jahre 2001 bis 2006): „Zivilgesellschaftlich orientierte<br />
Projektarbeit steht im ländlich-kle<strong>in</strong>städtischen Raum vor denkbar widrigen Bed<strong>in</strong>gungen.<br />
Immer wieder müssen Projektakteure <strong>die</strong> Erfahrung machen, dass sich ihre Adressaten dort dem<br />
Projektanliegen verweigern. Immer wieder wird auch von Erfahrungen des Scheiterns berichtet.<br />
Insbesondere <strong>die</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung mit Rechtsextremismus und Fremdenfe<strong>in</strong>dlichkeit trifft auf<br />
starke Blockaden. Häufig lehnen kommunale Verantwortungsträger <strong>die</strong> öffentliche Thematisierung<br />
rechts<strong>extreme</strong>r und fremdenfe<strong>in</strong>dlicher Vorfälle rundweg ab – sei es, weil ihnen jede Probleme<strong>in</strong>sicht<br />
fehlt, sei es, dass sie den Imageverlust für ihre Geme<strong>in</strong>de befürchten. Wer <strong>die</strong>se Vorfälle dann <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />
Öffentlichkeit trägt, sieht sich leicht mit dem Vorwurf der Nestbeschmutzung konfrontiert. Auch Berater<br />
und Vernetzer s<strong>in</strong>d nicht immer willkommen. Beratung setzt voraus, dass ihr Adressat für sich<br />
dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Bedarf erkennen kann, was wiederum e<strong>in</strong> entwickeltes Problembewusstse<strong>in</strong> voraussetzt.<br />
Vernetzungsangebote treffen auf <strong>in</strong>nere Konflikte <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de oder <strong>die</strong> konkurrieren mit den<br />
<strong>in</strong>formellen Netzwerken der Kommune“ (Palloks/Steil 2007, S. 15; vgl. auch Staud 2007).<br />
144
Partizipation und Infrastruktur<br />
Vor allem im Umgang mit der jungen Generation, aber auch der gesamten<br />
Bürgergesellschaft s<strong>in</strong>d Demokratie fördernde und entwickelnde<br />
Formen und Verfahren der Partizipation mit der zugehörigen Infrastruktur<br />
(als kont<strong>in</strong>uierliche Grundausstattung und Regelangebot, nicht nur als<br />
Sonderprogramme) von präventiver Bedeutung. Wirklich erfahrene und<br />
gelebte Demokratie im kommunalen Geme<strong>in</strong>wesen kann Anfälligkeiten<br />
verh<strong>in</strong>dern und immunisieren helfen (vgl. Krafeld 2007). Konkret wird<br />
<strong>die</strong>s weniger <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „Jugendarbeit <strong>gegen</strong> …“, sondern vielmehr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
„Jugendarbeit für …“ im lebensweltlichen und biografischen Kontext<br />
der jeweilig konkreten Jugendlichen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Jugendlichen <strong>in</strong> ihrem Bewältigungsverhalten<br />
begleitet und sich <strong>in</strong> <strong>die</strong> komplexen und (teilweise)<br />
problematischen Lebenswelten und Übergänge des Aufwachsens konstruktiv<br />
e<strong>in</strong>mischt. Wenn K<strong>in</strong>dern, Jugendlichen und Erwachsenen – ohne<br />
Fixierung auf den Rechtsextremismus – ermöglicht wird, <strong>in</strong> ihren Kommunen<br />
attraktive demokratische Lebensformen zu erfahren, wiederholt<br />
und kont<strong>in</strong>uierlich Erfahrungen der Anerkennung, Zugehörigkeit und des<br />
Gebrauchtwerdens. Zugleich „überlässt“ <strong>die</strong> Kommune ihre Bürger<strong>in</strong>nen<br />
und Bürger nicht den Angeboten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n. Mit dem Erfahrungsh<strong>in</strong>tergrund<br />
von gelungener Partizipation „entwickeln Personen, <strong>die</strong><br />
sich ehrenamtlich engagieren, nicht zufällig e<strong>in</strong>e höhere Lebenszufriedenheit<br />
und e<strong>in</strong>en positiven Zukunftsbezug“ (Strobl/Würtz/Klemm 2003,<br />
S. 39; vgl. auch Möller/Schumacher 2007).<br />
Mit <strong>die</strong>ser Biografie begleitenden und sozial<strong>in</strong>tegrativen Funktion, verbunden<br />
mit sozialen Anerkennungs- und Selbstwirksamkeitserfahrungen<br />
kann Jugendarbeit (wie auch <strong>die</strong> Arbeit <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dertagesstätten, Schulen,<br />
beruflicher Ausbildung) e<strong>in</strong> wichtiger bildender und sozialemotionaler<br />
Ort und Raum se<strong>in</strong> für Selbst- und Subjektbildung sowie biografischen<br />
Halt und Sicherheit <strong>in</strong> Zeiten gesellschaftlicher und biografischer Unge-<br />
145
wissheiten und Unsicherheiten geben. Kerngedanke ist, Jugendliche <strong>in</strong><br />
fördernden Sozialisationsumgebungen mit Hilfe ihrer eigenen Ressourcen<br />
– und professionell gestützt und beraten – <strong>in</strong> <strong>die</strong> Lage zu versetzen,<br />
ihre Handlungsoptionen zu erweitern, neue und <strong>in</strong>teressante Erfahrungen<br />
zu machen, Probleme und Ambivalenzen konstruktiv zu bewältigen und<br />
Entscheidungen, <strong>die</strong> ihr Leben betreffen, selbstwirksam anzugehen. Dazu<br />
gehören Räume wie Schule und Jugendarbeit, <strong>in</strong> denen Jugendliche vor<br />
negativen E<strong>in</strong>flüssen wie rechts<strong>extreme</strong> Ideologie und Gewalt geschützt<br />
werden müssen, gleichzeitig aber auch positive Unterstützungsnetzwerke,<br />
Beratungsmöglichkeiten und Gelegenheitsstrukturen für positives Engagement<br />
zur Verfügung stehen sollten. Gefühle von Hilflosigkeit, Überflüssigse<strong>in</strong><br />
und Kontrollverlust <strong>in</strong> der eigenen Lebensführung sowie Unsicherheit<br />
und Ungewissheit über den eigenen Lebenslauf verweisen auf<br />
<strong>die</strong> Suche nach e<strong>in</strong>fachen und verme<strong>in</strong>tlich klaren Lösungen – und können<br />
als Bewältigungsversuche bei rechts<strong>extreme</strong>n Ideologien und dem<br />
Beitritt <strong>in</strong> entsprechende Gruppierungen enden.<br />
Prävention, Intervention und Repression<br />
Auf der kommunalen Ebene s<strong>in</strong>d drei Dimensionen der Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
und des Umgangs zu differenzieren: Prävention, Intervention<br />
und Repression. Mit <strong>die</strong>ser Differenzierung wird markiert, auf welchen<br />
Ebenen <strong>die</strong> Probleme und Herausforderungen angemessen gesehen und<br />
welche gut begründeten Impulse im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es „kommunalen Aktionsplans“<br />
gesetzt werden. Hier wird <strong>die</strong> Prävention vor allem von der<br />
schulischen und außerschulischen K<strong>in</strong>der-/Jugend-, Bildungs- und Sozialarbeit<br />
geleistet. E<strong>in</strong>e Kultur der Förderung, Partizipation und Anerkennung<br />
ist e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e und zielgruppenunspezifische Präventionsmaßnahme<br />
<strong>in</strong> Kommunen, <strong>die</strong> unabhängig von Gefährdungen, Vorfällen und<br />
Gruppen als kont<strong>in</strong>uierliche und langfristige Strategie verstanden wird,<br />
<strong>die</strong> demokratische Potentiale stärken und <strong>die</strong> Entwicklung rechtsextre-<br />
146
mer Aff<strong>in</strong>itäten unwahrsche<strong>in</strong>licher machen. Das gilt nicht nur für <strong>die</strong><br />
vielschichtigen Angebote, Projekte und Praxisansätze für K<strong>in</strong>der und Jugendliche,<br />
wie sie <strong>in</strong> den bisherigen und aktuellen Förderprogrammen<br />
des Bundes differenziert (und zum Teil bereits evaluiert) worden s<strong>in</strong>d,<br />
sondern auch für bisher kaum entwickelten Zugänge und Angebote von<br />
generationsübergreifenden Ansätzen mit Erwachsenen (Elternberatung, -<br />
bildung, Fortbildung von pädagogischen Fachkräften). Auch der „stille“<br />
Rechtsextremismus unter Erwachsenen, der den mental-kulturellen Stimmungsh<strong>in</strong>tergrund<br />
für den „erkennbaren“ und auch „lautstarken“ jugendlichen<br />
Rechtsextremismus bildet, wäre <strong>in</strong> Kommunen zu thematisieren.<br />
Unterschiedliche Lern- und Erfahrungsangebote sowie Formen der<br />
Intervention beziehen sich auf potentiell gefährdete Zielgruppen und Jugendliche<br />
<strong>in</strong> der Szene bzw. aus deren Umfeld. Auch hier ist vor allem<br />
auf <strong>die</strong> Bedeutung von kompetenter Professionalität, Langfristigkeit und<br />
Vernetzung h<strong>in</strong>zuweisen, wenn Interventionsansätze und -strategien gel<strong>in</strong>gen<br />
sollen (vgl. Glaser/Rieker 2006; Lynen von Berg/Palloks/Steil<br />
2007). Im Zusammenhang von Bedrohungen, Gefährdungen und Gewalt<br />
(Straftaten) s<strong>in</strong>d – <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der Polizei – unterschiedliche<br />
Formen der Repression (Verbote, Zeugenaussagen, Anzeigen etc.) auszuschöpfen,<br />
<strong>die</strong> sich vor allem aus dem Opferschutz begründen und e<strong>in</strong>deutige<br />
Grenzen markieren.<br />
Sollen <strong>die</strong> skizzierten H<strong>in</strong>weise im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es engagierten Netzwerks<br />
ihr Demokratie förderndes Handlungspotential <strong>in</strong> Kommunen entfalten,<br />
dann s<strong>in</strong>d zwei Aspekte für alle Akteursgruppen von besonderer Bedeutung.<br />
Das ist zunächst <strong>die</strong> Verständigung von Akteuren aus unterschiedlichen<br />
sozialen Nahbereichen über e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same – von möglichst<br />
vielen getragene – gesellschaftliche und politische Diagnose, Sicht bzw.<br />
Rahmung des Problems und se<strong>in</strong>es Stellenwerts <strong>in</strong> der Kommune; dann<br />
<strong>die</strong> Bereitschaft mit „langem Atem“ e<strong>in</strong>ander zuzuhören und sich auf<br />
147
Dynamiken (auch Konflikte) und langwierige Lernprozesse e<strong>in</strong>zulassen.<br />
E<strong>in</strong>e politische oder unpolitische Rahmung zeigt, welches „Demokratieverständnis<br />
<strong>in</strong> der Kommune h<strong>in</strong>sichtlich des Umgangs mit öffentlichen<br />
Konflikten“ dom<strong>in</strong>iert (Strobl/Würtz/Klemm 2003, S. 161). Dabei kommt<br />
es immer auch auf Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, anerkannte<br />
lokale Schlüsselpersonen (Vertreter aus Parteien, Verwaltung, Kirchen,<br />
Behörden, aus Vere<strong>in</strong>en und Verbänden, der Schule und Wirtschaft, der<br />
Jugend- und Sozialarbeit) an, <strong>die</strong> Garanten für e<strong>in</strong>e vertrauensvolle und<br />
tragfähige Kommunikation und politisch-öffentliche Thematisierung<br />
s<strong>in</strong>d. Dabei „sollten lokale Verantwortungsgeme<strong>in</strong>schaften entstehen, <strong>die</strong><br />
zukünftig e<strong>in</strong>e demokratische und partizipative politische Kultur <strong>in</strong> den<br />
Geme<strong>in</strong>wesen garantieren können“ (Palloks/Steil 2007, S. 43). 18<br />
Für e<strong>in</strong>e erfolgreiche und lebendige Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem lokalen<br />
Rechtsextremismus ist es wichtig (und Voraussetzung) möglichst<br />
alle relevanten <strong>in</strong>stitutionellen Akteure und möglichst viele engagierte<br />
Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger <strong>in</strong> e<strong>in</strong> dauerhaftes Kooperationsnetz bzw. bürgerschaftliches<br />
Netzwerk, e<strong>in</strong>e dialogische Kultur der Zusammenarbeit<br />
und e<strong>in</strong> optimistisches Klima e<strong>in</strong>zubeziehen – h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>wesenorientierten<br />
Gesamtkultur.<br />
18<br />
Auf H<strong>in</strong>dernisse, Herausforderungen und Klärungen, vor allem <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>wesen des ländlichkle<strong>in</strong>städtischen<br />
Raums, verweisen <strong>die</strong> beiden Autoren. Dazu zählen das Bild harmonischer und zu<br />
Loyalität verpflichteter Geme<strong>in</strong>schaftlichkeit des Geme<strong>in</strong>wesens, e<strong>in</strong>e Mentalität des Lokalismus,<br />
Konformitätsdruck (-erwartungen) und Widersprüchlichkeiten: „Das lokalistische Wertsystem gerät<br />
<strong>in</strong> der Konfrontation mit Rechtsextremismus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Selbstwiderspruch: Für <strong>die</strong> Bewohner<br />
ländlicher Räume ist der Rechts<strong>extreme</strong> immer auch Nachbar. Wer lokalistisch denkt, steht vor<br />
e<strong>in</strong>em Dilemma: Dieser Nachbar tut moralisch Verwerfliches und dennoch bleibt man den nachbarschaftlichen<br />
Loyalitätsregeln verpflichtet“ (Palloks/Steil 2007, S. 26).<br />
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154
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Scherr, Albert: Rechtsextremismus, <strong>die</strong> Mitte der Gesellschaft und <strong>die</strong><br />
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155
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156
8. Anhang<br />
Interviewleitfaden<br />
1. Wahlerfolg und Auftreten der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der Stadt/<br />
Geme<strong>in</strong>de<br />
1.1 Wie erklären Sie es sich, dass <strong>die</strong> NPD/„Republikaner“ <strong>in</strong> Ihrer<br />
Stadt/Geme<strong>in</strong>de (zum wiederholten Mal) e<strong>in</strong>en solchen<br />
Wählerzuspruch erfahren hat/haben<br />
1.2 S<strong>in</strong>d Aktivitäten der NPD/„Republikaner“ auch außerhalb des<br />
Parlaments festzustellen<br />
1.3 Existiert e<strong>in</strong>e sichtbare rechts<strong>extreme</strong> Szene <strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
2. Wahrnehmung der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n im Kommunalparlament<br />
2.1 Welche Themen spricht <strong>die</strong> NPD/sprechen <strong>die</strong> „Republikaner“<br />
im Parlament an<br />
2.2 Wie sieht das Verhalten, das heißt vor allem <strong>die</strong> Kommunikation<br />
und das Auftreten, der NPD/„Republikaner“ im Parlament aus<br />
2.3 Lässt sich bei der NPD/den „Republikanern“ e<strong>in</strong>e kommunalpolitische<br />
Kompetenz feststellen oder nutzt/nutzen sie das<br />
157
Parlament lediglich als „Bühne“ zur politischen Selbst<strong>in</strong>szenierung<br />
3. Umgang der demokratischen Parteien mit der <strong>extreme</strong>n<br />
<strong>Rechte</strong>n im Parlament<br />
3.1 Besteht e<strong>in</strong> differenziertes Verhalten <strong>gegen</strong>über der NPD/den<br />
„Republikanern“, <strong>in</strong>dem zum Beispiel ihren Anträgen zugestimmt<br />
wird oder ihre Themen aufgegriffen werden<br />
3.2 Wie sieht Ihr persönlicher Umgang mit den/der/dem Abgeordneten<br />
der NPD/„Republikaner“ aus<br />
3.3 Welche Strategievarianten zum Umgang mit der NPD/den<br />
„Republikanern“ im Parlament hat Ihre Fraktion entwickelt<br />
3.4 Würden Sie Ihre Verhaltensweise <strong>gegen</strong>über der NPD/den<br />
„Republikanern“ als eher gelungen oder als eher weniger bzw.<br />
gar nicht bewerten<br />
3.5 Welche Absicht haben Sie mit Ihrem Verhalten verfolgt<br />
Wollten Sie Ihren Standpunkt zu und <strong>gegen</strong>über der NPD/den<br />
„Republikanern“ klarmachen oder wollten Sie sie ideologisch<br />
demaskieren<br />
4. Änderungen der „parlamentarischen Spielregeln“<br />
4.1 Wurden seit dem E<strong>in</strong>zug der NPD/„Republikaner“ <strong>in</strong>s Parlament<br />
<strong>die</strong> sog. parlamentarischen Spielregeln geändert, zum<br />
158
Beispiel <strong>in</strong> Bezug auf Redezeiten, Antragstellung, Mittelflüsse,<br />
Ämtervergabe, Besetzung von Ausschüssen<br />
4.2 Wie beurteilen Sie <strong>die</strong> parteiübergreifende Zusammenarbeit der<br />
Demokraten <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der NPD/den „Republikanern“<br />
5. Wahrnehmung der parlamentarischen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit der <strong>extreme</strong>n <strong>Rechte</strong>n <strong>in</strong> der Bevölkerung nach E<strong>in</strong>schätzung<br />
der demokratischen Parteien<br />
5.1 Wird nach Ihrer Me<strong>in</strong>ung <strong>die</strong> parlamentarische Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
der demokratische Parteien mit der NPD/den „Republikanern“<br />
von den Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern Ihrer Stadt/<br />
Geme<strong>in</strong>de wahrgenommen<br />
5.2 Wenn es Änderungen der „parlamentarischen Spielregeln“<br />
gab, wurden <strong>die</strong>se nach Ihrer E<strong>in</strong>schätzung auch von der Öffentlichkeit<br />
wahrgenommen<br />
5.3 Gibt es <strong>in</strong> der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit der NPD/den „Republikanern“<br />
e<strong>in</strong>e Kooperation zwischen Parlament und Kommunalverwaltung<br />
6. Zivilgesellschaftliches Engagement <strong>in</strong> der Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
6.1 Gibt es <strong>in</strong> Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong> zivilgesellschaftliches Engagement<br />
<strong>gegen</strong> <strong>die</strong> NPD/„Republikaner“, zum Beispiel e<strong>in</strong><br />
Bürgerbündnis oder Ähnliches<br />
159
6.2 Besteht e<strong>in</strong>e Kooperation Ihrer Partei und/oder der Kommunalverwaltung<br />
mit dem zivilgesellschaftlichen Engagement <strong>in</strong><br />
Ihrer Stadt/Geme<strong>in</strong>de<br />
6.3 Wie sehr verspüren Sie im Parlament e<strong>in</strong>en öffentlichen Druck<br />
durch das zivilgesellschaftliche Engagement <strong>in</strong> Ihrer Stadt/<br />
Geme<strong>in</strong>de<br />
7. Maßnahmen <strong>gegen</strong> <strong>die</strong> <strong>extreme</strong> <strong>Rechte</strong> aus Sicht der demokratischen<br />
Parteien<br />
7.1 Was raten Sie Kommunalpolitikern, <strong>in</strong> deren Parlamente Vertreter<br />
rechtsextremistischer oder rechtspopulistischer Parteien<br />
gewählt worden s<strong>in</strong>d<br />
7.2 Was, denken Sie, müsste passieren, damit rechtsextremistische<br />
oder rechtspopulistische Parteien nicht (mehr) <strong>in</strong> Kommunalparlamente<br />
e<strong>in</strong>ziehen<br />
160
Die Autoren der Stu<strong>die</strong><br />
Benno Hafeneger, Dr. phil., Professor für Erziehungswissenschaft<br />
an der Philipps-Universität Marburg. Forschungsschwerpunkte:<br />
Geschichte der Jugendarbeit, Professionalisierung und Professionalität<br />
<strong>in</strong> der Jugendarbeit/-bildung, Jugendkulturen, Jugend – Gewalt<br />
– Rechtsextremismus, Bildung und Partizipation von Jugendlichen.<br />
Sven Schönfelder, Dr. phil., wiss. Mitarbeiter am Institut für Erziehungswissenschaft<br />
an der Philipps-Universität Marburg, ehem.<br />
Promotionsstipendiat im DFG-Graduiertenkolleg „Gruppenbezogene<br />
Menschenfe<strong>in</strong>dlichkeit: Ursachen, Phänomenologie und Konsequenzen“<br />
der Universitäten Marburg und Bielefeld. Forschungsschwerpunkte:<br />
Rechtsextremismus Rechtspopulismus, <strong>in</strong>dividuelle<br />
E<strong>in</strong>stellungen und politische Orientierungen.<br />
161
www.fes.de/rechtsextremismus<br />
ISBN: 978-3-89892-831-1