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Das Wichtigste aus den neuen Leitlinien Leitlinie Polytrauma - agnnw

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<strong>Das</strong> <strong>Wichtigste</strong> <strong>aus</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>neuen</strong> <strong><strong>Leitlinie</strong>n</strong><br />

<strong>Leitlinie</strong> <strong>Polytrauma</strong>:<br />

Konsequenzen für <strong>den</strong> Notarzt<br />

H. Lemke<br />

Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie<br />

Zentrum für Schwerbrandverletzte, Intensiv- und Notfallmedizin<br />

Klinikum Dortmund gGmbH<br />

Ärztlicher Leiter Rettungsdienst


Fakten zum <strong>Polytrauma</strong><br />

Der typische Schwerverletzte:<br />

männlich<br />

VU mit stumpfen Traumata, davon ~ 50% SHT<br />

Die durchschnittliche präklinische Versorgungs-<br />

zeit bundesweit beträgt ca. 72 Minuten (vom<br />

Unfallereignis bis Eintreffen im Krankenh<strong>aus</strong>)<br />

Die durchschnittliche Schockraumversorgung<br />

beträgt bundesweit ca. 80 Minuten<br />

Traumaregister der DGU


Fakten zum <strong>Polytrauma</strong><br />

Unfälle sind die häufigsten Todesursachen in der<br />

Altersgruppe um 40 Jahre [1]<br />

Ca. 30.000 Schwerstverletzte wer<strong>den</strong> pro Jahr in<br />

deutschen Kliniken behandelt [1]<br />

<strong>Das</strong> Verbluten ist mit 40% neben dem SHT die häufigste<br />

Todesursache beim <strong>Polytrauma</strong> [2]<br />

Mehr als 80% der traumabedingten Toten im OP<br />

versterben an <strong>den</strong> Folgen einer Hämorrhagie [2]<br />

Trotz Gabe scheinbar <strong>aus</strong>reichender Mengen von FFP,<br />

Thombozyten und Gerinnungsfaktoren wird die Stabili-<br />

sierung des Gerinnungsprozesses oft nicht erreicht [2]<br />

[1] R. Lefering. <strong>Das</strong> schwere Trauma, Notfall Rettungsmed 2008, 11:373 11:373-376 376<br />

[2] H.Lier. Hypothermie und die tödliche Triade. Notfall Rettungsmed 2008, 11:377 11:377-380 380


Atemwegsmanagement, Beatmung und<br />

Notfallnarkose<br />

Die endotracheale Intubation und Beatmung und<br />

damit die definitive Sicherung der Atemwege mit<br />

dem Ziel der bestmöglichen Oxygenierung bildet<br />

eine zentrale therapeutische Maßnahme<br />

<strong>Das</strong> „A“ für Atemweg (Airway) und das „B“ für<br />

Atmung (Breathing) fin<strong>den</strong> sich in etablierten<br />

Standards zur Traumaversorgung als erste<br />

Maßnahmen<br />

In der Gewichtung haben diese Maßnahmen einen<br />

ganz besonderen Stellenwert sowohl präklinisch<br />

als auch im frühen innerklinischen Management


Schlüsselempfehlungen (1)<br />

Atemwegsmanagement, Beatmung u. Notfallnarkose<br />

Beim <strong>Polytrauma</strong> mit Apnoe oder Schnappatmung (AF 29)<br />

Nach mehr als drei Intubationsversuchen sollen alternative<br />

Metho<strong>den</strong> zur Beatmung bzw. Atemwegssicherung in Betracht<br />

gezogen wer<strong>den</strong>.


Schlüsselempfehlungen (2)<br />

Atemwegsmanagement, Beatmung u. Notfallnarkose<br />

Zur Narkoseeinleitung, endotrachealen Intubation<br />

und Führung der Notfallnarkose soll der Patient<br />

mittels EKG, RR RR-Messung, Messung, Pulsoxymetrie und<br />

Kapnographie überwacht wer<strong>den</strong><br />

Es sollte eine Normoventilation durchgeführt wer<strong>den</strong><br />

Etomidat als Einleitungshypnotikum sollte aufgrund<br />

der assoziierten Nebenwirkungen auf die Neben-<br />

nierenfunktion vermie<strong>den</strong> wer<strong>den</strong><br />

(gute Alternative = Ketamin)


Ein essentieller Aspekt<br />

Kontrolle der<br />

starken<br />

Blutung


Schlüsselempfehlungen<br />

Extremitäten<br />

Stark blutende Verletzungen der Extremitäten,<br />

welche die Vitalfunktion beeinträchtigen können,<br />

sollen mit Priorität versorgt wer<strong>den</strong><br />

Die Versorgung von Verletzungen der Extremität soll<br />

weitere Schä<strong>den</strong> vermei<strong>den</strong> aber die Gesamt-<br />

rettungszeit bei Vorliegen weiterer bedrohlicher<br />

Verletzungen nicht verzögern<br />

Grob dislozierte Frakturen und Luxationen sollten,<br />

wenn möglich und insbesondere bei begleitender<br />

Ischämie der betroffenen Extremität präklinisch<br />

annähernd reponiert wer<strong>den</strong>


Schlüsselempfehlungen<br />

Extremitäten<br />

Aktive Blutungen sollten gemäß eines Stufen-<br />

schemas behandelt wer<strong>den</strong>:<br />

Manuelle Kompression / Druckverband<br />

(Hochlagerung)<br />

Tourniquet<br />

Indikation für <strong>den</strong> sofortigen Gebrauch der<br />

Tourniquet / Blutsperre können sein:<br />

Lebensgefährliche Blutungen / multiple Blutungs-<br />

quellen an einer Extremität<br />

Keine Erreichbarkeit der eigentlichen Verletzung<br />

Mehrere Verletzte mit Blutungen (z.B. MANV)


Beispiel Beckentrauma<br />

• Mortalität bis 30%<br />

• 50% Hämorrhagie < 24h<br />

• 50% sekundär (Sepsis / Infekt)<br />

• Präsakraler Plexus + Spongiosa<br />

• Frühe Stabilisierung senkt<br />

Mortalität (26% 6%)! (Riemer 1993)<br />

Gustavo, 2000; Seekamp, 2004; Keel, 2005; John, 2005


Beckenverletzungen<br />

- Transport immer mit Vakuummatratze –<br />

(Stecklaken / TT-POD<br />

POD / umgekehrtes KED KED-System System etc.)


Schlüsselempfehlungen<br />

Beckentrauma


Volumentherapie<br />

Ende der 90 90-er er Jahre durchschnittliches präkl.<br />

Volumengabe ca. 2.000 ml, ca. ⅓ davon als<br />

Kolloide<br />

Heute durchschnittliche Volumengabe ca. 1.200 ml<br />

mit rückläufigen Anteilen kolloider Lösungen<br />

Hierzu beigetragen hat unter anderem die Bickell Bickell-<br />

Studie, die bei penetrieren<strong>den</strong> Torsoverletzungen<br />

signifikante Vorteile für die Volumengabe erst im<br />

Krankenh<strong>aus</strong> nachweisen konnte<br />

Bickell WH, Wall MJ jr, Pepe PE et al.(1994) Immediate versus delayed fluid resuscitation for hypotensive<br />

patients with penetrating torso injuries. N Engl J Med 331:1105 331:1105-1109 1109


Schlüsselempfehlungen<br />

Volumentherapie<br />

Bei schwer verletzten Patienten sollte eine Volumen-<br />

therapie eingeleitet wer<strong>den</strong>, die bei unkontrollierten<br />

Blutungen in reduzierter Form durchgeführt wer<strong>den</strong><br />

sollte, um <strong>den</strong> Kreislauf auf niedrig niedrig-stabilem stabilem Niveau<br />

zu halten und die Blutung nicht zu verstärken.<br />

Bei hypotensiven Patienten mit SHT sollte eine<br />

Volumentherapie mit dem Ziel der Normotension<br />

durchgeführt wer<strong>den</strong>.<br />

Normotensive Patienten bedürfen keiner Volumen-<br />

therapie, es sollten jedoch venöse Zugänge gelegt<br />

wer<strong>den</strong>


Schlüsselempfehlungen<br />

Kristalloide versus Kolloide<br />

Zur Volumentherapie bei Traumapatienten sollten<br />

Kristalloide eingesetzt wer<strong>den</strong><br />

Isotone Lösungen sollten nicht verwendet wer<strong>den</strong>.<br />

Ringer Ringer-Malat, Malat, Ringer Ringer-Acetat Acetat oder Ringer Ringer-Lactat Lactat<br />

sollten bevorzugt wer<strong>den</strong>.<br />

Humanalbumin soll nicht zur präklinischen<br />

Volumentherapie herangezogen wer<strong>den</strong>.<br />

Wer<strong>den</strong> bei hypotensiven Traumapatienten<br />

kolloide Lösungen eingesetzt, sollte HAES 130/0,4<br />

bevorzugt wer<strong>den</strong>.


Schlüsselempfehlungen<br />

Hypertone Lösungen<br />

Beim polytraumatisierten Patienten nach stumpfem<br />

Trauma mit hypotonen Kreislaufverhältnissen<br />

können hypertone Lösungen verwendet wer<strong>den</strong>.<br />

Bei penetrierendem Trauma sollten hypertone<br />

Lösungen verwendet wer<strong>den</strong>, sofern hier eine<br />

präklinische Volumentherapie durchgeführt wird.<br />

Bei hypotonen Patienten mit schwerem SHT kann<br />

eine hypertone Lösung verwendet wer<strong>den</strong>.


Volumentherapie<br />

Komplikationen bei der scheinbar nebenwirkungs-<br />

freien „aggressiven Volumentherapie“ der letzten<br />

Jahre:<br />

Hämodilution<br />

Dilutionsazidose<br />

Hypothermie<br />

Ausdruck schwerer<br />

Gerinnungsstörungen


Ein weiterer essentieller Aspekt<br />

Vermeidung der<br />

schweren Hypothermie


Die tödliche Trias<br />

Hypothermie<br />

Patient<br />

Koagulopathie Azidose


<strong>Das</strong> Problem „Koagulopathie“<br />

Vier Risikofaktoren für das frühe Auftreten<br />

einer lebensbedrohlichen Koagulopathie:<br />

ISS > 25<br />

Systolischer RR < 70 mmHg<br />

(Aber: Aber: keine aggressive Volumengabe! MAP von ≥ 65<br />

mmHg oder syst. RR von 90 mmHg anstreben !)<br />

Körperkerntemperatur < 34 34°C C (Temperaturabnahme um<br />

1°C C => Abnahme der Gerinnungsproteasen um 10%)<br />

Azidose (pH (pH-Wert Wert < 7,1 => Thrombin um 50% reduziert)<br />

H. Lier, Notfall Rettungsmed 2008; 11:377-380


Mortalität Mortalität (%) (%)<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

<strong>Das</strong> Problem „Hypothermie“<br />

Hypothermie<br />

Mortalität<br />

0<br />

27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40<br />

Temperatur (C (C°)<br />

Martin, R.S., et al. Injury Injury-Associated Associated Hypothermia: an Analysis of the 2004 National Data<br />

Bank. SHOCK, Vol. 24, No. 2 pp. 114 114-118, 118, 2005


Tage Tage<br />

Hypothermie und ihre Folgen<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Beatmungstage<br />

9,5<br />

+ 52 %<br />

14,4<br />

> 35 35°C < 35 35°C<br />

Martin, R.S., et al. Injury Injury-Associated Associated Hypothermia: an Analysis of the 2004 National Data<br />

Bank. SHOCK, Vol. 24, No. 2 pp. 114 114-118, 118, 2005


Tage Tage<br />

Hypothermie und ihre Folgen<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

ITS ITS-Verweildauer<br />

Verweildauer<br />

9,1<br />

+ 41 %<br />

12,8<br />

> 35 35°C < 35 35°C<br />

Martin, R.S., et al. Injury Injury-Associated Associated Hypothermia: an Analysis of the 2004 National Data<br />

Bank. SHOCK, Vol. 24, No. 2 pp. 114 114-118, 118, 2005


Tage Tage<br />

Hypothermie und ihre Folgen<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Verweildauer im Krankenh<strong>aus</strong><br />

17,1<br />

+ 31 %<br />

22,4<br />

> 35 35°C < 35 35°C<br />

Martin, R.S., et al. Injury Injury-Associated Associated Hypothermia: an Analysis of the 2004 National Data<br />

Bank. SHOCK, Vol. 24, No. 2 pp. 114 114-118, 118, 2005


Schlüsselempfehlungen<br />

Hypothermie<br />

Dringende<br />

Vermeidung der<br />

schweren Hypothermie


Gesicherte Erkenntnis der letzten Jahre<br />

Die Versorgung von<br />

schwerstverletzten<br />

Patienten<br />

überfordert viele Notärzte !


Empfehlung<br />

PHTLS ® oder ähnlich strukturiertes Vorgehen<br />

Standardisiertes, prioritätenorientiertes<br />

präklinisches Traumamanagement mit dem Ziel:<br />

<strong>den</strong> Patientenzustand schnell und genau einzuschätzen<br />

<strong>den</strong> „kritischen“ Patienten schnell zu i<strong>den</strong>tifizieren<br />

der leichteren Entscheidung der Vor Vor-Ort Ort-Behandlung Behandlung oder des<br />

sofortigen Transportes<br />

Ziel des standardisierten Vorgehens ist:<br />

Sekundärschä<strong>den</strong> zu vermei<strong>den</strong><br />

die Zeit nicht <strong>aus</strong> dem Auge zu verlieren<br />

die gleichbleibende Qualität der Versorgung zu sichern<br />

C.G. Wölfl, B. Bouillon, C.K. Lackner, A. Wentzensen, B.Gliwitzky, B. Groß, J. Brokmann, T.<br />

Hauer. Prehospital Trauma Life Support ® (PHTLS ® ). ). Unfallchirurg Unfallchirurg 2008, 111:688 111:688-694 694


<strong>Leitlinie</strong> <strong>Polytrauma</strong>: Konsequenzen für <strong>den</strong> Notarzt<br />

Zusammenfassung<br />

Besonderer Stellenwert von Atemwegs-<br />

management, Beatmung und Notfallnarkose<br />

Darstellung der differenzierten Volumen-<br />

therapie<br />

Wichtigkeit der Kontrolle der starken Blutung<br />

Strukturiertes Vorgehen aller beteiligten<br />

„Retter“ (Rettungsassistenten und Notärzte)<br />

(z.B. PHTLS ® )<br />

Die zeitkritische Versorgung


<strong>Leitlinie</strong> <strong>Polytrauma</strong>: Konsequenzen für <strong>den</strong> Notarzt<br />

Welche Fragen bleiben ?<br />

Welche präklinischen Schlüssel-<br />

empfehlungen wer<strong>den</strong> für das schwere<br />

Beckentrauma gegeben?

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