Festschrift - Historischer Verein Lebach EV
Festschrift - Historischer Verein Lebach EV Festschrift - Historischer Verein Lebach EV
- Seite 3 und 4: Impressum Festschrift 800 Jahre Nie
- Seite 5 und 6: Vorwort Erste urkundliche Erwähnun
- Seite 7 und 8: Patrik Lauer, Landrat des Landkreis
- Seite 9 und 10: Werner Schmidt, Ortsvorsteher Liebe
- Seite 11 und 12: Das Jubiläumskomitee Alt, Engelber
- Seite 13 und 14: Das so genannte „Unterdorf“, ei
- Seite 15 und 16: Die freien Bauern sind seit dem Fr
- Seite 17 und 18: Luftbildaufnahme von 1953 © Geobas
- Seite 19 und 20: Subsistenzwirtschaft Die bäuerlich
- Seite 21 und 22: Niedersaubach in der Vierherrschaft
- Seite 23 und 24: urgische Meierei Bettingen gehöre
- Seite 25 und 26: Angesichts der geringen Abgabe von
- Seite 27 und 28: Einwanderung aus Luxemburg und dem
- Seite 29 und 30: ein Fass und ein Vierling an Korn u
- Seite 31 und 32: Streit um die Banngrenzen 1715-1760
- Seite 33 und 34: Grenzstein zwischen Gresaubach und
- Seite 35 und 36: Anschließend wurden sie ausgeliefe
- Seite 37 und 38: 16 Brommer Peter. Die Ämter Kurtri
- Seite 39 und 40: Dankbar betonte Pastor Grohs späte
- Seite 41 und 42: Heimatforscher und Archäologe Im Z
- Seite 43 und 44: Erinnerungsalbum für Schneidersch
- Seite 45 und 46: Der “Burren” um 1940; Blick nac
- Seite 47 und 48: 3. „Alt-Peters“ hier steht die
- Seite 49 und 50: 8. Neu-Peters mit den Kästen-Bäum
- Seite 51 und 52: 12. Schommersch, Neipler, Schmitz,
Impressum<br />
<strong>Festschrift</strong><br />
800 Jahre Niedersaubach<br />
© Prof. Ivica Maksimovic<br />
<strong>Festschrift</strong> zum 800. Geburtstag<br />
eines kleinen, moselfränkischen Dorfes namens Saubach,<br />
erst viel später Niedersaubach genannt,<br />
im Jahr des Herrn 2012<br />
Herausgeber:<br />
Ortsvorsteher Werner Schmidt<br />
Steinheckstr. 13, 66822 <strong>Lebach</strong>-Niedersaubach<br />
Redaktion:<br />
Lothar Schmidt<br />
Am Schützenberg 34, 66822 <strong>Lebach</strong><br />
Layout und Druck:<br />
Caroline Heinrich<br />
Media-Design GmbH · Tholeyer Str. 58, 66822 <strong>Lebach</strong><br />
• Grafi k-Design<br />
• Drucksachen<br />
• Beschilderungen<br />
• Fahrzeugbeschriftungen<br />
• Digitaldrucke<br />
• Textildrucke
Danke<br />
Danken möchten wir den Sponsoren, welche die Erstellung der <strong>Festschrift</strong> und die<br />
Durchführung der Festtage „800 Jahre Niedersaubach“ fi nanziell unterstützen:<br />
Die levoBANK, die Sparda Bank Südwest, SAARTOTO, die <strong>Lebach</strong>er Lionshilfe, die Brennerei<br />
Hermann Penth, die Karlsberg-Brauerei und die Kreissparkasse Saarlouis haben sich sehr<br />
großzügig gezeigt. Dafür herzlichen Dank!<br />
Gedankt sei auch den vielen Helferinnen und Helfern, die zum Gelingen unseres Jubiläumsfestes<br />
beigetragen haben. Man darf stolz sein auf die Lebendigkeit unserer Dorfgemeinschaft.<br />
Dr. Johannes Schmitt (Hüttersdorf), Klaus Feld (Landsweiler) und Josef Heinrich<br />
(Niedersaubach) haben in der <strong>Festschrift</strong> die Geschichte unseres Dorfes aus sehr<br />
unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Viele wertvolle Hinweise kamen dabei von<br />
Johannes Naumann (Thalexweiler). Die Lektüre der Artikel ist für unser Selbstverständnis<br />
sehr aufschlussreich. Liebe Freunde, das habt Ihr richtig gut gemacht. Danke!<br />
Richard Wagner (<strong>Lebach</strong>) hat uns bei der Bebilderung unserer <strong>Festschrift</strong><br />
viel geholfen. Dafür sind wir Dir, lieber Richard, zu großem Dank verpfl ichtet.<br />
Hinweis:<br />
Das Bild auf dem Einband der <strong>Festschrift</strong> (© Richard Wagner, <strong>Lebach</strong> 2012) wurde 1954<br />
von Toni Grohs (Neipler) gezeichnet; es ist auf Stoff gemalt worden und diente dem<br />
Niedersaubacher Theaterverein viele Jahre im Gasthaus Krohnen als Bühnenbild.<br />
Später wurde es im Antoniusheim aufgehängt, bedarf aber nun wegen eines Wasserschadens<br />
der Renovierung, die noch in diesem Jahr erfolgen soll.<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort ...........................................................................................................................................................................5<br />
Grußworte .....................................................................................................................................................................7<br />
Festveranstaltungen ..............................................................................................................................................10<br />
Niedersaubach, das Dorf im 13. Jahrhundert .............................................................................................12<br />
Niedersaubach in der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> ...........................................................................................21<br />
Ein Gang durchs Dorf im Jahr 1959 mit Neipler Nekel ............................................................................38<br />
Die Opfer der Weltkriege 1914-1918 und 1939-1945 .................................................................................57
Vorwort<br />
Erste urkundliche Erwähnung unseres Dorfes aus dem Jahr 1212<br />
Schon in der Ortschronik wird vom ersten eigenen Dorfschullehrer in Niedersaubach<br />
und Rümmelbach, Peter Adam, einleitend (Eintrag 1905) behauptet, Niedersaubach sei<br />
schon 1212 urkundlich erwähnt worden: “Das Filialdorf Niedersaubach liegt am trüben<br />
und schlammigen ‘Saubach’, welcher in früheren Zeiten als Schwemme für ‘Säue’ gedient<br />
haben soll, daher Saubach. Niedersaubach zum Unterschied von Gresaubach.<br />
Niedersaubach wird schon im Jahr 1212 erwähnt, da nämlich ein Graf ‘Albertus von<br />
Sygusbergh’ sein Allodium hierselbst dem Erzbischof von Trier verkauft haben soll.<br />
Das ursprüngliche Dorf soll nördlich von dem jetzigen in dem Wiesental zwischen Rümmelbach<br />
und dem jetzigen Niedersaubach gelegen haben und im Dreißigjährigen Krieg zerstört<br />
worden sein. Wie ältere Leute mir erzählten, sollen an jener Stelle noch Fundamentmauern<br />
stehen.”<br />
Wir befragten den Regionalhistoriker Johannes Naumann aus Thalexweiler, ob denn diese<br />
Legende irgendwie überprüfbar sei. Johannes Naumann war sich ganz sicher, dass die<br />
genannte Adelsfamilie erst viel später gelebt habe. Aber die Jahresangabe schien ihm<br />
irgendwie überprüfenswert. Deshalb forschte er in den Regesten (lateinisch für die<br />
„getanen Dinge”; in der Geschichtswissenschaft meint ein Regest die gerichtsfesten<br />
Zusammenfassungen von mittelalterlichen Urkunden) der Abtei Tholey nach einem<br />
urkundlichen Eintrag des Dorfes Niedersaubach.<br />
Zur Erklärung: Als in den 1770er Jahren Lothringen schon französisch geworden war<br />
(das Amt Schaumburg und damit die Abtei Tholey lag damals in Lothringen), versuchte<br />
Frankreich, sich über die Besitzverhältnisse in Lothringen Klarheit zu verschaffen. Das betraf<br />
natürlich auch die ehedem mächtige und reiche Abtei Tholey, an deren Einkünften z.B. aus<br />
Schuldverschreibungen der König von Frankreich teilhaben wollte. Deshalb schickte er seine<br />
Staatskommissare aus, um die alten Urkunden zu sichten und die Eigentumsverhältnisse<br />
zu klären. Die Tholeyer Mönche waren den französischen Staatsbeamten aus verständlichen<br />
Gründen nicht gerade behilfl ich, aber konnten die Aufarbeitung doch nicht verhindern.<br />
Man muss wissen, dass Johannes Naumann im Hauptstaatsarchiv in München die Regesten<br />
der Abtei Tholey wiederentdeckt und ausgewertet hat. Leider sind die Originale, auf die in<br />
den Regesten Bezug genommen wird, in den Wirren der Französischen Revolution zerstört<br />
worden. Aber ein Amtmann konnte während des revolutionären Aufruhrs, bei dem die Klöster<br />
eine Zielscheibe der Brandschatzung waren, die Regesten über Zweibrücken und<br />
Mannheim nach München retten (wenige Jahre, von 1787 bis 1793, gehörte das Amt<br />
Schaumburg zu Pfalz-Zweibrücken; der Herzog von Pfalz-Zweibrücken wurde nach seiner Flucht<br />
später König von Bayern).<br />
5
Paul Mattick, Josef Heinrich, Werner Schmidt und Lothar Schmidt halten<br />
im Juni 2009 eine Kopie der Saubacher Schuldverschreibung in Händen.<br />
Und tatsächlich: Unter Artikel Nr. 1861 erfassten die französischen Ermittler eine Urkunde<br />
aus dem Jahr 1212, die Niedersaubach betrifft (Übersetzung von Johannes Naumann<br />
aus dem Französischen ins Deutsche): „Schuldverschreibung. Thilmann, offi cier de<br />
Vinterberg, nimmt eine Schuldverschreibung über 100 Pfund Trierer Geldes bei der<br />
Abtei Tholey auf und überlässt ihr dafür eine jährliche Rente über 10 Pfund selben<br />
Geldes, welche er als Lehen der Abtei in den Dörfern <strong>Lebach</strong> und Saubach innehat.<br />
Einzelstück, Ausfertigung, Pergament, das ehemals Siegel ist verloren, Latein,<br />
Urkunde löchrig.”<br />
Wegen der engen herrschaftlichen Verbundenheit mit der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> kann<br />
man ganz sicher sein, dass hier Niedersaubach gemeint ist (und nicht etwa Gresaubach,<br />
das im Gegensatz zu Niedersaubach eine völlig andere Herrschaftsgeschichte hat).<br />
Damit darf Niedersaubach zu Recht im Jahr 2012 seinen 800. Geburtstag feiern – und das<br />
werden wir auch ausgiebig tun.<br />
Lothar Schmidt, Redaktion der <strong>Festschrift</strong><br />
Blick ins Saubachtal vom Wingert her bei Rauhen Wäldchen<br />
nach Nordwesten Richtung Tanneck im März 2012<br />
6
Patrik Lauer, Landrat des Landkreises Saarlouis<br />
Die 800 Einwohner des <strong>Lebach</strong>er Stadtteils Niedersaubach-<br />
Rümmelbach haben guten Grund zum Feiern:<br />
Die erste urkundliche Erwähnung ihres Dorfes im Jahre 1212.<br />
Dieses Jubiläum zeigt, wie wichtig Heimatforschung ist und welche<br />
große Bedeutung bei der Entwicklung der dörfl ichen Struktur<br />
den <strong>Verein</strong>en zukommt. Wo die ersten Bewohner von Niedersaubach<br />
siedelten, lässt sich nur noch erahnen. Wie so oft haben Kriegswirren<br />
steinerne Zeugnisse zerstört.<br />
Ein kleines Schriftstück, eine Schuldverschreibung von 1212, begründet das 800-jährige<br />
Jubiläum von Niedersaubach. Niedersaubach ist gerüstet.<br />
Damit der achthundertste Geburtstag noch lange in Erinnerung bleibt, hat das<br />
Festkomitee ein Logo kreieren lassen, T-Shirts gedruckt und einen hochprozentigen<br />
Birnenschnaps zum Festbrand gekürt.<br />
Dank der Mitwirkung der Ortsvereine fi nden in den nächsten Monaten eine Reihe von<br />
kulturellen Veranstaltungen statt. 800 Jahre Vergangenheit gilt es, in besonderer Weise<br />
zu erleben und zu erfahren. Gerne habe ich die Schirmherrschaft für das 800-jährige Jubiläum<br />
übernommen.<br />
Ich bedanke mich bei allen, die zur Ausrichtung des Jubiläums beigetragen haben,<br />
dessen Erfolg ganz bestimmt in unsere neuzeitliche Geschichte eingeht.<br />
Den Niedersaubacher und Rümmelbacher Bürgern danke ich ganz herzlich.<br />
Ihr Bekenntnis zur Dorfgemeinschaft und ihre Bereitschaft zum Mitgestalten des Ortes<br />
haben die Entwicklung dieses schönen Stadtteils von <strong>Lebach</strong> geprägt.<br />
Herzlichen Glückwunsch<br />
zum Jubiläum!<br />
Ein herzliches Willkommen<br />
allen Festgästen.<br />
Ein Zeichen des Aufbruchs<br />
der Dörfer Rümmelbach<br />
und Niedersaubach in die<br />
Moderne ist die Errichtung<br />
der eigenen Volksschule,<br />
wobei sich dafür die beiden<br />
Dörfer richtig krumm legen<br />
mussten:<br />
Rümmelbach hatte die<br />
stattliche Summe von 6.000<br />
Mark und Niedersaubach<br />
von 12.000 Mark aufzubringen.<br />
© Robert Schmidt (Rauen)<br />
Grußworte<br />
7
Arno Schmidt, Bürgermeister der Stadt <strong>Lebach</strong><br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
zum 800-jährigen Jubiläum von Niedersaubach meine herzlichen<br />
Glückwünsche.<br />
Für einen vergleichsweise kleinen Ort ist eine so lange Tradition eher<br />
ungewöhnlich. Man kann sich das heutzutage als „moderner“<br />
Mensch gar nicht vorstellen, wie es war in der Zeit des frühen Mittelalters,<br />
wie die politischen Zustände waren, wie das Leben insgesamt<br />
in dieser Zeit gewesen sein muss. Fernab von Maschinen,<br />
schnellen Fortbewegungsmitteln und elektronischer Kommunikation herrschte zur Zeit<br />
der erstmaligen urkundlichen Erwähnung Niedersaubachs eine für unsere Verhältnisse<br />
wohl kaum nachvollziehbare Gottes- und vor allem Kirchengläubigkeit. Nicht anders<br />
sind schlimme Dinge wie der Kinderkreuzzug oder die beginnende so genannte<br />
„heilige“ Inquisition zu erklären. Harte Arbeit im Frondienst oder der Leibeigenschaft war<br />
keine Seltenheit, ebenso wenig Krankheiten und Hungersnöte. Der Tod war allgegenwärtig.<br />
Doch alledem konnte der kleine Ort Niedersaubach im Laufe der acht Jahrhunderte<br />
trotzen. Weder die Pest noch die vielen Kriege konnten verhindern, dass der Ort<br />
und die Menschen sich entwickelten und sie zu dem wurden, was wir heute feiern<br />
dürfen. Niedersaubach präsentiert sich heute als ein kleiner, aber feiner Ort. Er verfügt<br />
über eine für seine Größe gute Infrastruktur, die keinen Vergleich scheut.<br />
Vor allem aber hat sich im Laufe der vielen Jahre eines nicht verändert: die örtliche<br />
Gemeinschaft. Nach wie vor hilft man sich gegenseitig, wenn Not am Mann ist, und nach<br />
wie vor tragen viele Hände dazu bei, den Ort zu verschönern, wenn es erforderlich ist.<br />
Ich wünsche Niedersaubach sowie seinen Bürgerinnen und Bürgern auch weiterhin eine<br />
gute Entwicklung und vor allem auch weiterhin eine so gute örtliche Gemeinschaft.<br />
8<br />
Am 15. April 1901 eröffnen Niedersaubach<br />
und Rümmelbach gemeinsam<br />
am Kalkofen ihre erste<br />
eigene (einklassige) Volksschule:<br />
28 Buben und 33 Mädchen<br />
werden vom ersten Dorfschullehrer,<br />
Peter Adam, unterrichtet.<br />
© Johanna Schäfer (Homes)
Werner Schmidt, Ortsvorsteher<br />
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, verehrte Gäste!<br />
Im Jahr 2012 steht unser Niedersaubach im Zeichen der Zahl 8.<br />
Unser kleines Dorf feiert mit seinen 800 Einwohnern das<br />
800-jährige Jubiläum seiner urkundlichen Ersterwähnung.<br />
In einem großen Kreis engagierter Mitarbeiter wurde beschlossen,<br />
dieses Jubiläum in 8 unterschiedlichsten Veranstaltungen gebührend<br />
zu feiern. Im Verlaufe der Vorbereitung entwickelte sich ein<br />
sehr ambitioniertes Festprogramm. Wir konnten glücklicherweise<br />
in allen Bereichen auf sehr kompetente Fachleute zurückgreifen.<br />
Ob Historiker oder Heimatforscher gefragt waren, ob Mundartautoren oder Theaterspieler,<br />
ob Medienexperten oder Musikfachleute, stets waren da die richtigen Ansprechpartner<br />
auch aus Nachbardörfern, um unserem großen Projekt allmählich Inhalt, Form und Farbe<br />
zu verleihen.<br />
Zu meiner Freude erkannte ich, dass im Verlaufe unserer Zusammenarbeit immer<br />
deutlicher eine große Lust zu spüren war, dem Wort von Stefan Zweig nachzuspüren,<br />
der da sagt „Wer seine Wurzeln nicht kennt, kennt auch keinen Halt.“<br />
Mit Interesse und Neugier wurden die Ergebnisse der Recherchen über die verschiedenen<br />
Zeiträume unserer Vergangenheit von den Mitarbeitern der unterschiedlichen Arbeitskreise<br />
wahrgenommen und begrüßt. Wir werden übers Jahr versuchen, zumindest<br />
ansatzweise Antworten auf beispielsweise folgende Fragen zu fi nden: „Wie muss<br />
man sich vorstellen, dass unsere Vorfahren Im Mittelalter gelebt haben Wie mag<br />
unser Dorf zur Zeit der Vierherrschaft ausgesehen haben Wie weit reichen die Spuren<br />
einzelner Familien in die Vergangenheit Welche Schicksale haben sich abgespielt<br />
Worüber haben sich unsere Vorfahren gefreut, worunter hatten sie zu leiden“<br />
Doch richten wir den Blick auch nach vorne! Insbesondere durch die neuen Medien<br />
hat sich das Gemeinschaftsleben nicht nur in unserem Dorf verändert. Die Identifi kation<br />
einer Dorfgemeinschaft über seine <strong>Verein</strong>e ist nicht mehr so ausgeprägt wie noch<br />
vor zwei Jahrzehnten. Traditionelle <strong>Verein</strong>e lösen sich auf, manche lieb gewonnenen<br />
Bräuche und Lebensgewohnheiten verschwinden, dafür entstehen neue. Neue Mitbürger<br />
haben sich bei uns angesiedelt, die sich auch einbringen wollen.<br />
Unerlässlich für eine lebendige Dorfgemeinschaft ist, dass sich Junge und Ältere für Projekte,<br />
die ihnen am Herzen liegen, engagieren und begeistern. Aus der Erfahrung, die wir<br />
in den beiden letzten Jahren machen konnten, darf man schließen, dass unser Dorf<br />
keiner öden Zukunft entgegengeht.<br />
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, freuen Sie sich und feiern Sie mit uns ein ereignisreiches<br />
Jubiläumsjahr. Zu allen Veranstaltungen begrüßen wir auch gerne Gäste von außerhalb<br />
in unserer Mitte.<br />
9
Festveranstaltungen zum 800. Geburtstag<br />
unseres Heimatdorfes<br />
Der Jubiläumsausschuss hat ein Festprogramm ausgearbeitet, das sehr ambitioniert ist:<br />
800 Jahre Niedersaubach sollen in 8 Festveranstaltungen gefeiert werden. Mit zwei Ausnahmen<br />
ist der Eintritt zu allen Veranstaltungen frei. Änderungen sind natürlich nicht<br />
ausgeschlossen; die Veranstaltungen werden rechtzeitig und ausführlich angekündigt.<br />
Eröffnung der Veranstaltungsreihe am Samstag, dem 12. Mai, 17:30 Uhr: Fassanstich im<br />
Festzelt vor dem Antoniusheim, anschließend Dämmerschoppenkonzert im Festzelt,<br />
es spielt die Oldtimer Band aus Gresaubach, 19:00 Uhr: Historienabend in der Antoniushalle<br />
„Saubach im Wandel der Zeit“. Sonntag, 13. Mai, 09:30 Uhr: Festgottesdienst in der<br />
Antoniuskapelle, begleitet vom <strong>Lebach</strong>er Kirchenchor, anschl. Frühschoppenkonzert im Festzelt<br />
mit dem Großen Orchester Gresaubach, 12:00 Uhr: Mittagessen im Festzelt, 15:00 Uhr:<br />
Kinderfest und Kaffee und Kuchen im Festzelt, 19 Uhr: Mundartabend in der Antoniushalle.<br />
Am Sonntag, dem 27. Mai (Pfingstsonntag), wird in Rümmelbach ein historisches<br />
Brunnenfest gefeiert. Im Rahmen des Festes wird ab 09:30 Uhr eine Wanderung<br />
über den Rümmelbach-Humberg-Weg durch die alten Erzfelder geführt und eine<br />
Ausstellung von Fossilien aus der Sammlung von Egon Gross vorgestellt.<br />
Am Sonntag, dem 17. Juni, wird unsere Antoniuskirmes mit dem Kirchweihgottesdienst<br />
in der Antoniuskapelle eingeläutet. Im Anschluss führt der Fanfarenzug „Särkower“<br />
aus Hilbringen die Gäste zum Festplatz (Nähe Sportplatz), auf dem über den Tag<br />
ein zünftiges Kirmestreiben mit vielen Attraktionen stattfi ndet.<br />
Am Samstag, dem 30. Juni, treten bekannte junge Künstler aus Niedersaubach zu einem<br />
Konzert im Antoniusheim auf. Die jungen Leute wollen ihren Beitrag zu unserem<br />
Jubiläum leisten, damit wir wieder ein Fest der Generationen feiern können.<br />
Am Samstag, dem 25. August, und Sonntag, dem 26. August, sind wir zu Gast am<br />
Eibacher Weiher beim Angelsportverein. Am Samstagabend wird die Attraktion<br />
„Weiher in Flammen“ sicher viele Gäste anlocken.<br />
Am Sonntag, dem 16. September, wird in der Antoniuskapelle unter Leitung unseres<br />
Kantors Jürgen Fröhlich „Das Kirchenkonzert im Wandel der Zeit“ aufgeführt.<br />
Einen Höhepunkt unserer Heimatkultur werden wir am Samstag, dem 20. Oktober, im Antoniusheim<br />
erleben können. Dann wird das Theaterstück „Die Schlacht aan der Wolweskoaul“<br />
unter Regie von Helga Kron aufgeführt. Unser Heimatdichter Josef Schäfer, Grawe Jupp,<br />
hat dieses Volksstück verfasst, das bereits im Jahre 1955 als Hörspiel von Radio<br />
Saarbrücken gesendet wurde.<br />
Die Veranstaltungsreihe wird am 18. November (Volkstrauertag) in der Antoniuskapelle<br />
beendet. Dort wollen wir der Opfer der beiden Weltkriege in einer würdevollen Feier gedenken.<br />
10
Das Jubiläumskomitee<br />
Alt, Engelbert ..............................Vorsitzender Seniorenverein, Ressortleiter „Bühnenbau“<br />
Alt, Irene ........................................Ressortleiterin „Kaffee u. Kuchen“<br />
Bohlen, Edmund .......................Vorsitzender SVN, Ressortleiter „Großplakate“<br />
Buchheit, Frank ..........................Organisator „Brunnenfest Rümmelbach“<br />
Demuth, Hiltrud ..........................Ressortleiterin „Essen“<br />
Fröhlich, Jürgen .........................Musikalischer Leiter „Kirchenkonzert“, Leiter „Kirchenchor“<br />
Heinrich, Josef ............................Koautor „<strong>Festschrift</strong>“<br />
Heinrich, Petra ............................Leiterin der Somebodys<br />
Herrmann, Adalbert................Ressortleiter „Grillen“<br />
Kron, Helga ..................................Spielleiterin „Theater“, Mundartautorin<br />
Mattick, Paul ...............................Historische Rundwanderung, Fotodokumentation<br />
Maksimovic, Ivica .....................Künstlerischer Berater, mediale Gestaltung, PR<br />
Neugebauer, Gunter .............Hausmeister des Antoniusheimes, Plakatierung, Logistik<br />
Nimmesgern, Walter ...............Musikalischer Berater, Musikbeiträge<br />
Noss-Schedler, Silke .................Organisatorin „Antoniuskirmes“, Versicherungsfragen<br />
Oster, Rudolf ................................Feuerwehr, Logistik<br />
Schaefer, Arnold .......................Festwirt<br />
Schmidt, Lothar .........................Öffentlichkeitsarbeit, Redaktion der <strong>Festschrift</strong><br />
Schmidt, Werner .......................Gesamtleitung<br />
Schmitz, Hans .............................Finanzen, PR<br />
Schneiders, Alois .......................Vorsitzender ASV, Technik, Organisator „Weiher in Flammen“<br />
Steimer, Siggi...............................Organisator „Rümmelbacher Brunnenfest“<br />
Thewes, Daniel ...........................Beschallung<br />
Wagner, Florian .........................Feuerwehr, Logistik<br />
Warken, Elli ...................................Ressortleiterin „Kinderfest“<br />
Warken, Manfred .....................Ressortleiter „Festschmuck“<br />
Der Festausschuss tagt Anfang Januar 2012 im Gasthaus Homes.<br />
Ich danke allen Beteiligten herzlich und freue mich auf unsere Festtage!<br />
Werner Schmidt, Ortsvorsteher und Veranstalter<br />
11
Vom Ende…<br />
Niedersaubach - das Dorf im 13. Jahrhundert<br />
Autor: Dr. Johannes Schmitt, Hüttersdorf<br />
Im Dezember 1791 wurde im Beisein der Meier und Schöffen eine statistische Aufnahme der<br />
Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> angefertigt und bezeugt. Zu der Vierherrschaft, die wohl schon seit<br />
dem 13./14. Jahrhundert bestand, gehörten die Orte: <strong>Lebach</strong>, Landsweiler, Niedersaubach,<br />
Rümmelbach, Hahn, Jabach und Greinhof. Die Vierherrschaft hatte eine Fläche von<br />
2.607 Hektar. Niedersaubach selbst mit einem Bannumfang von 530 Hektar besaß nach dieser<br />
statistischen Aufnahme, Knechte und Mägde (insgesamt 12) nicht mitgerechnet, 27 Haushaltungen<br />
mit 125 Personen, die wohl in 16 Häusern lebten. Im Jahre 1783, und das bestätigt<br />
in etwa diese Zahlen, waren 15 Feuerstätten und 136 Seelen gezählt worden.<br />
Laut dem regionalhistorischen Komitee Lothringen hat eine Versailler Ingenieursfamilie Naudin von<br />
1728 bis 1739 aus militärpolitischen Gründen die linksrheinischen Gebiete, auf die Frankreich<br />
Anspruch erhob bzw. durchgesetzt hatte, kartografi sch vermessen. Interessant auf „unserer“<br />
Naudin-Karte ist die Bezeichnung „Thuillerie“ an der östlichen Banngrenze zu Bubach: „Ziegelbrennerei“.<br />
Wir kennen noch die Flurbezeichnung „Ziegelsgraben“.<br />
© Bibliothèques-Médiathèques de Metz/Département Patrimoine<br />
Der Bann von Niedersaubach verlief wie heute etwa in Nord-Süd-Richtung entlang des<br />
Saubaches in dem Wiesental von <strong>Lebach</strong> im Süden bis nach Rümmelbach, in östlicher<br />
Richtung von den beiden Siedlungskernen aus dem Talgrund über den Hang nach Bubach<br />
und Aschbach, im Westen über den Berg nach <strong>Lebach</strong> und Hahn. Größere zusammenhängende<br />
Waldgebiete lagen im Nordwesten in Richtung der heutigen Straße <strong>Lebach</strong>-<br />
Schmelz, im Norden und Nordosten Richtung Rümmelbach und Aschbach. Die Siedlung<br />
Niedersaubach, erst seit dem 18. Jahrhundert wird diese Bezeichnung zur Unterscheidung<br />
zu Gresaubach gebraucht, war deutlich zweigeteilt:<br />
12
Das so genannte „Unterdorf“, ein Weiler mit etwa 6 Häusern, darunter auch eine Mühle,<br />
ist auf der „Naudin-Karte“, einer französischen Militärkarte der ersten Hälfte des 18.<br />
Jahrhunderts, zwischen der Straße von <strong>Lebach</strong> nach Rümmelbach und dem Bachlauf<br />
gut erkennbar. Es ist deutlich geschieden von dem „Oberdorf“, das sich an der Straße<br />
nach Rümmelbach den Hang aufwärts mit fast der gleichen Anzahl von Häusern<br />
gebildet hatte.<br />
Nach der statistischen Erfassung waren alle Haushaltvorstände, die das Gemeinderecht<br />
besaßen, Besitzer von Vogteien, anderenorts auch Schaftgüter oder Stockgüter genannt,<br />
also Abhängige in einer Grundherrschaft und damit auch Leibeigene. Das Kurfürstentum<br />
Trier hatte sechzehn Vogteien, das Kloster Tholey vier und der Freiherr von Hagen<br />
zur Motten drei vergeben. Zwei Haushaltungen besaßen als so genannte Hintersassen keine<br />
Vogteien, also auch nicht das Gemeinderecht.<br />
Diese statistische Erhebung<br />
von 1791 beschreibt<br />
zugleich, und das konnten<br />
die Zeitgenossenn nicht<br />
wissen, den Endzustand<br />
der Gemeinde Niedersaubach,<br />
wie sie sich seit<br />
dem Hochmittelalter herausgebildet<br />
und wie sie<br />
ihre Grundzüge noch,<br />
wie zu zeigen ist, bis zur<br />
Französischen Revolution<br />
bewahrt hatte.<br />
Erst infolge der Französischen<br />
Revolution, in der<br />
Saarregion ab 1797/98,<br />
begann die „Modernisierung“<br />
dadurch, dass die<br />
Grundherrschaft und die<br />
Leibeigenschaft beseitigt,<br />
die Bauern auch in Niedersaubach<br />
per Gesetz volles<br />
Eigentum im modernen<br />
Sinne ohne Entschädigung<br />
der Grundherren<br />
und persönliche Freiheit<br />
und Freizügigkeit erhielten.<br />
Laut Landesamt für Kataster-, Vermessungs- und Kartenwesen (LKVK)<br />
wurden die saarländischen Gebiete zwischen 1803 und 1813 im Auftrag<br />
der napoleonischen Armee unter Leitung von Oberst Tranchot vermessen;<br />
nachdem nach den Napoleonischen Kriegen unser Gebiet<br />
preußisch geworden war, wurde die Vermessungsarbeit vom<br />
preußischen Generalmajor von Müffl ing 1820 abgeschlossen.<br />
© Geobasisdaten, LKVK des Saarlandes, Lizenz-Nr. 19061/2011<br />
13
…zu den Anfängen<br />
Diese Geschichte beginnt mit der Frankenzeit, in der die Fundamente zur europäischen<br />
Geschichte gelegt wurden. Denn damals entstand die von der Aristokratie, dem Adel,<br />
beherrschte ständische Gesellschaft, die mit und in der Grundherrschaft die bäuerliche<br />
Gesellschaft „beherrschte“. Beide, Adel und Grundherrschaft, hatten ihren Anfang in einer<br />
großen und nachhaltigen Migrationsbewegung im Rahmen der „Völkerwanderung“.<br />
Seit der Mitte des 5. Jahrhunderts brach die römische Herrschaft im mittleren und nördlichen<br />
Gallien zusammen, und vom Nieder- und Mittelrhein drangen die Franken, nun nicht mehr<br />
raubend und plündernd wie im Jahrhundert zuvor, sondern siedelnd, Zug um Zug in das<br />
heutige Frankreich bis zur Loire vor. Diese so genannte „fränkische Landnahme“ setzte sich<br />
auch noch kontinuierlich fort, als Chlodwig um 500 die Franken einte, sich zum römischkatholischen<br />
Christentum bekannte und aus christlichen, germanischen und römischen<br />
Elementen Leitlinien eine Staates schuf, an denen entlang sich Europa bis zur Moderne<br />
entwickelte. Entlang der Mosel und der Saar und ihrer Nebenfl üsse siedelten die Franken<br />
wohl in stärkerem Maße erst in der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts. Dies geht aus archäologischen<br />
Belegen direkt hervor, erschlossen indes aus Patrozinien, also über die<br />
Heiligen, denen die ersten Kirchen geweiht waren, und aus Ortsnamen, Toponymen.<br />
Denn manche der heutigen Ortsnamen auf -dorf, etwa Hüttersdorf, sind wohl von fränkischen<br />
Personennamen, meistens dem des Siedlungsgründers, abgeleitet. Das nachhaltigste<br />
Ergebnis der fränkischen Landnahme ist die schon im 9. Jahrhundert sich herausbildende<br />
Sprachgrenze zwischen germanischen Dialekten und der französischen Sprache.<br />
Sie verläuft bis heute von Belgien quer durch Lothringen bis zu dem Vogesenkamm.<br />
Die Saarregion indes wird bis heute durch die Grenze zwischen dem Moselfränkischen<br />
und Rheinfränkischen geteilt. Ob diese, nicht weit entfernt von Niedersaubach, mit der<br />
Siedlungsgeschichte zusammenhängt, ist bis heute nicht nachgewiesen.<br />
Aber wer waren nun diese fränkischen Siedler Die fränkischen Volksrechte kannten bis<br />
in die karolingische Spätzeit keinen Adel im Rechtssinn, also als Rechtsstand, wie er in der<br />
Französischen Revolution aufgehoben wurde. Und dennoch gab es de facto seit der frühen<br />
Merowingerzeit eine führende Schicht, eine soziale und politische Elite gewissermaßen, die in<br />
unterschiedlichen Reichsteilen über weitgestreuten Grundbesitz verfügte, die unter- und<br />
miteinander konkurrierte, wenn es galt, etwa das Amt eines Grafen zu erhalten oder als Äbte<br />
und Bischöfe zu fungieren, mit der Tendenz sogar, die erworbenen Ämter in der Familie zu<br />
vererben. In der merowingischen Spätzeit, dem quellenarmen 7. Jahrhundert, übernahmen<br />
Adelsfamilien als Hausmeier die politische Herrschaft, und im 8. Jahrhundert verdrängte der<br />
Hausmeier Pippin, der dieses Amt von seinem Vater Karl Martell ererbt hatte,<br />
den letzten Merowingerkönig, ließ sich zum König wählen und salben und begründete<br />
die Dynastie der Karolinger. Die in der Frankenzeit entstandene Aristokratie wurde<br />
ein konstitutives Element der europäischen Verfassungsgeschichte, in Deutschland sogar<br />
über die Französische Revolution hinaus bis ins 20. Jahrhundert. Freie Bauern gab es bestimmt<br />
in größerer Zahl zur Zeit der fränkischen Landnahme, aber schon in der Regierungszeit<br />
Karls des Großen werden sie in der Gesetzgebung angesprochen, und Maßnahmen zum<br />
Schutz scheinen nötig, denn der König verbietet weltlichen und geistlichen Großen,<br />
die verarmten Freien zu unterdrücken und zu verknechten. Gegen Ende des 9. Jahrhunderts<br />
sind sie wohl im fränkischen Kerngebiet gänzlich verschwunden. Nur in Randzonen,<br />
etwa in Norddeutschland und in der Schweiz, haben sie sogar das Mittelalter überlebt.<br />
14
Die freien Bauern sind seit dem Frühmittelalter in einer rechtlichen und sozialökonomischen<br />
Institution aufgegangen, die im Frankenreich entstand und erst in der<br />
Französischen Revolution durch die Bauernbefreiung aufgehoben und beseitigt wurde:<br />
in der so genannten Grundherrschaft. Sie formte und prägte fundamental die ländliche<br />
Gesellschaft Mittel- und Westeuropas über 1.000 Jahre bis zur Französischen Revolution.<br />
Grundherrschaft, so hat die Wissenschaft defi niert, ist Herrschaft des Adels, aber auch<br />
kirchlicher Institutionen, etwa von Abteien und Bischofskirchen, über Land und Leute:<br />
Der Grundherr ist Obereigentümer des Grund und Bodens, der an die Bauern als Untereigentümer<br />
verliehen ist und von diesen vererbt und mit Zustimmung des Grundherrn sogar<br />
verkauft werden kann. Der Grundherr ist Leibherr, seine Grundholden sind Leibeigene, die,<br />
schollenpfl ichtig, keine Freizügigkeit besitzen und selbst zur Heirat den Konsens des Leibherrn<br />
brauchen. Der Grundherr ist Schutzherr, er soll, und das war in Kriegs- und Krisenzeiten ein<br />
besonderes Motiv, die Freiheit aufzugeben, Leib und Leben seiner Grundholden schützen<br />
und sie auch nach außen vor einem Gericht vertreten. Innerhalb der Grundherrschaft<br />
sprach der Grundherr Recht über den Verband seiner „familia“, die je ein eigenes Hofrecht<br />
ausbilden konnte, das zuweilen auch schriftlich fi xiert war. Schließlich konnte der Grundherr<br />
auf seinem Grund und Boden eine Kirche bauen lassen; dann durfte er den Priester einsetzen<br />
und beanspruchte einen Teil des Zehnten, der Abgabe der Mitglieder einer Pfarrei.<br />
Für all diese Rechte standen dem Grundherrn Abgaben und Dienste, also Fronen, zu, zumal<br />
Fronen dann, wenn der Grundherr in der Grundherrschaft selbst einen Hof bewirtschaften ließ.<br />
Ansonsten waren die Dienste in Geld ablösbar, dann spricht man von einer Rentengrundherrschaft;<br />
aber diese fi nden wir verstärkt erst sei dem Hochmittelalter.<br />
Konfl iktreich konnte die Situation sich gestalten, wenn in einem Dorf mehrere Grundherren<br />
sich die Herrschaft teilten und folglich nur Teile einer Herrschaft besaßen.<br />
…in das 13. Jahrhundert<br />
Besiedlung<br />
Geht man von den historisch belegbaren Fakten aus, dass der Pfarreiort der Vierherrschaft<br />
<strong>Lebach</strong>, also <strong>Lebach</strong> selbst, für das 9. Jahrhundert schon erwähnt ist, dass das den <strong>Lebach</strong>er<br />
Raum gewissermaßen im Hochmittelalter beherrschende Adelsgeschlecht der Herren von<br />
Hagen erst seit dem 12. Jahrhundert urkundlich nachgewiesen ist, so kommt man in eine arge<br />
Erklärungsnot, wenn die Zeit, die Zusammenhänge und die Umstände der Entstehung des<br />
Ortes Niedersaubach „aufzuklären“ sind. In weitestem Umfang sind wir auf Spekulationen und<br />
Vermutungen angewiesen: Die Gründung Niedersaubachs erfolgte wohl zwischen dem<br />
10. und 13. Jahrhundert, allgemein für unsere Region eine Phase des Landesausbaus, einer<br />
zweiten „Landnahme“ gewissermaßen. In ihr soll sich die Bevölkerung, wie angenommen<br />
wird, verdoppelt haben.<br />
Niedersaubach ist vermutlich die grundherrschaftlich organisierte Doppel-Siedlung<br />
(Oberdorf/Unterdorf) des Adelsgeschlechts, das allodiale, d.h. eigentümliche Güter im<br />
<strong>Lebach</strong>er Raum besaß und aus dem das spätere Geschlecht derer von Hagen, das sich<br />
nach der Burg auf dem „Hahn“ benannte, hervorging.<br />
15
So entstand in dem Tal des Saubaches eine bäuerliche Lebenswelt, und die Niedersaubacher<br />
Bauern blieben deutlich als „Stand“ bis zum Ende des 18. Jahrhunderts getrennt<br />
von der adlig-ritterlichen Lebenswelt, in unserer Region repräsentiert durch die Herren<br />
von Hagen, und von der klerikal-kirchlichen Lebenswelt, etwa dem nahen Benediktinerkloster<br />
in Tholey, das wie die Hagener Grundherr in Niedersaubach war und blieb<br />
und von den Einkünften dieser Grundherrschaft bis zum Ende der Feudalzeit lebte.<br />
Menschen<br />
Ein wesentlicher Grund für die weitgehende Stabilität und Kontinuität dieser wirtschaftlichgesellschaftlichen<br />
Verhältnisse ist die Bevölkerungsentwicklung. Sie wies ebenfalls seit der<br />
fränkischen Zeit gewisse Konstanten auf: Die Bevölkerung wuchs, abgesehen vom 11. bis zum<br />
14. Jahrhundert, nur gering oder kaum. Es gab zwar eine hohe Geburtsrate, aber auch eine<br />
fast gleich hohe Kindersterblichkeit. Die Heirat erfolgte in der Regel sehr spät, war zudem<br />
häufi g an die Übernahme einer Hofstelle, allerdings erst nach Genehmigung durch den<br />
Leibherrn, gebunden. Aus einer Ehe gingen, statistisch gesehen, 2 bis 3 überlebende Kinder<br />
hervor. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag wegen der hohen Kindersterblichkeit noch<br />
unter 40 Jahren. Zudem dezimierten Seuchen, Kriege und Hungersnöte gewissermaßen die<br />
Bevölkerung und schmolzen so einen möglichen demografi schen Zuwachs ab. Beispiele dafür<br />
sind auch in unserer Gegend die Pest im 14. Jahrhundert und der 30-jährige Krieg im 17.<br />
Jahrhundert. Erst seit dem 18. und vollends dem 19. Jahrhundert vollzog sich aus vielerlei<br />
Gründen eine demografi sche Entwicklung, die man nun als „Bevölkerungsexplosion“<br />
qualifi zieren muss.<br />
Häuser<br />
Schon bei der Gründung des Dorfes kann man von der erst später erkennbaren Trennung des<br />
„Oberdorfes“ vom „Unterdorf“ ausgehen, aber Reste dieser Häuser haben sich nicht erhalten,<br />
waren diese Häuser doch sehr kurzlebige Holzpfosten-Häuser ohne Fundament mit<br />
Lehm-Flechtwerk und Strohdach, in der Regel mit einem oder allenfalls zwei Räumen<br />
und mit einfachster Ausstattung. Je nach Größe des Hofes gab es, separat und ähnlich<br />
einfach gebaut, Stall und Scheune.<br />
Erst seit dem 18. Jahrhundert wurde in unserer Region das so genannte „südwestdeutsche<br />
Quereinhaus“ vorherrschend, das Wohnteil, Stall und Scheune nun in einem quer zur Straße<br />
stehenden Gebäude vereinte und das je nach Größe des Hofes ein- oder zweigeschossig,<br />
und zwar als Stein- bzw. Fachwerkbau, errichtet war.<br />
16
Luftbildaufnahme von 1953 © Geobasisdaten, LKVK des Saarlandes, Lizenz-Nr. 19061/2011<br />
Agrargemeinde<br />
Eng mit der Grundherrschaft als Herrschaftssystem verbunden und verzahnt war das wirtschaftliche<br />
System, das sich ebenfalls in fränkischer Zeit herausbildete und auch bis zur<br />
Französischen Revolution Bestand hatte. Über 90 Prozent der mittelalterlichen Menschen lebten<br />
in Dörfern und kleineren Weilern und nutzten die örtlich vorhandenen ökonomischen<br />
Ressourcen individuell und genossenschaftlich. Die Dörfer, auch Niedersaubach im 13. Jahrhundert,<br />
bildeten die so genannte „Agrargemeinde“, die Weide, Wald und Wasser genossenschaftlich<br />
besaß. Die einzelnen Häuser hatten neben den individuell bebauten Gärten um<br />
ihre Häuser und den dorfnahen Sonderkulturen für Obst, Wein (noch heute zeugt ein Flurname<br />
„Wingert“ in Niedersaubach davon), Flachs, Hanf, Erbsen, Bohnen und Kohl Anteile<br />
unterschiedlicher Größe an der Feldfl ur:<br />
17
Diese war im Rahmen der Zwei- oder Dreifl urenwirtschaft einem festgelegten Nutzungsrhythmus<br />
unterworfen. Jährlich wechselte der Anbau von Sommergetreide und Wintergetreide,<br />
in Niedersaubach wohl überwiegend Roggen und Hafer.<br />
In jeder dieser Fluren bebauten die einzelnen Bauern ihren Anteil. Im dritten Jahr lag dann<br />
die Flur insgesamt brach, konnte sich gewissermaßen erholen. Dann aber wurde das Vieh<br />
des Dorfes zur Weide auf die Brache geführt, und dieses düngte dann noch das Brachfeld.<br />
Diese Dreifl urenwirtschaft hatte gemeinschaftliche Regelungen und Festlegungen zur<br />
Bedingung, so etwa musste gleichzeitig gepfl ügt, eingesät oder geerntet werden. In Dorfversammlungen<br />
wurden diese Regelungen gefunden. Genossenschaftlich wurde auch die<br />
Allmende zur Weide genutzt, oft war das weniger fruchtbares oder nur mit Schwierigkeiten zu<br />
bebauendes Buschgelände, meistens in steiler Hanglage. Auch die Wiesen, in Niedersaubach<br />
in der Talaue gelegen, waren privat genutzt, konnten durch den Bach be- und entwässert<br />
werden, standen aber nach der Grummeternte allen Dorfbewohnern als Weide zur Verfügung.<br />
Der Wald indes, der zu jedem Dorf gehörte, ja gehören musste, war von unschätzbarem<br />
Wert in diesem bäuerlichen ökonomischen System. Er lieferte das Bauholz zur Herstellung der<br />
Häuser. Steinbauten, meistens die Kirchen, waren im Dorf unserer Region bis in die Neuzeit<br />
eher eine Ausnahme. Im Wald wurde das Nutzholz gewonnen. Aus diesem stellten die Bauern<br />
ihre Gerätschaften meistens selbst her. Das Brennholz kam fast ausschließlich aus dem Wald,<br />
dieser war also der Hauptenergielieferant bis weit in das Industriezeitalter. Frauen und Kinder<br />
sammelten im Wald Beeren, Pilze, Wildfrüchte, Nüsse und Buchecker zur Ölherstellung und Laub,<br />
das im Winter als Viehstreu im Stall verwendet wurde. Schließlich diente der Wald als Viehweide,<br />
vor allem im Herbst zur Mast der dörfl ichen Schweineherde durch Eicheln und Buchecker.<br />
Das Jagdrecht stand den Bauern im Wald, auch wenn er der Dorfgenossenschaft<br />
selbst gehörte, nicht zu, sondern exklusiv dem Adel, ebenso das Fischen im Saubach.<br />
Von der Bedeutung des Waldes für die dörfl ich-bäuerliche Ökonomie her ist erklärlich,<br />
dass Auseinandersetzungen um den Wald zwischen adligen Grundherren und leibeigenen<br />
Bauern innerhalb eines Dorfes fast zur Regel gehörten, ja oft sogar zu massiven Konfl ikten<br />
und Prozessen führen konnten wie im nicht weit entfernten Hüttersdorf und Buprich.<br />
Deshalb schienen Bemühungen erforderlich, in Weistümern die Rechte und Pfl ichten der<br />
Kontrahenten auf Dauer festzulegen.<br />
In dem Altsiedelland, also auch in Niedersaubach, war es infolge des geringen Bevölkerungswachstums<br />
seit dem 14. Jahrhundert nicht nötig, neue Äcker durch Roden, also auf Kosten<br />
des Waldes, anzulegen, sodass dieser seinen ökonomischen Nutzen verloren hätte.<br />
Es schien auch nicht nötig, die Höfe infolge des Erbrechts so aufzuteilen, dass sie unrentabel<br />
geworden wären. Denn in der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> galt anders als in den meisten Orten der<br />
Umgebung das von den Herrschaften durchgesetzte Recht der Unteilbarkeit der Vogteien.<br />
Nur ein Nachkomme konnte den Hof erben, musste allerdings dann aufgrund des geltenden<br />
fränkischen Erbrechts seine Miterben abfi nden, häufi g mit Geld, was zur Verschuldung des<br />
Vogteierben führen konnte. Dieses Prinzip sollte auf lange Zeit die Rentabilität der Höfe,<br />
auch damit eine Stetigkeit der Renten und Gefälle aus der Sicht und dem Kalkül der Grundherren,<br />
garantieren.<br />
18
Subsistenzwirtschaft<br />
Die bäuerliche Wirtschaft war – und auch dies ist eine Konstante seit der fränkischen Zeit –<br />
bis weit in die Neuzeit eine Subsistenzwirtschaft, die in der Regel die in der Landwirtschaft,<br />
also durch Ackerbau und Viehzucht produzierten Güter, selbst konsumierte, also auch nicht<br />
oder kaum für einen Markt Nahrungsmittel erzeugte, sondern nur so viel, dass die Bauern –<br />
und das ist der Quellenausdruck dafür – eine „auskömmliche Nahrung“ besaßen und<br />
daneben die herrschaftlichen und kirchlichen Abgaben zumeist als Naturalien leisten<br />
konnten. Kleidung aus Wolle und Leinen, Schuhwerk, Einrichtungsgegenstände und Ackergerät,<br />
auch Wagen, Eggen und Pfl üge, wurden, vielleicht abgesehen von Eisenteilen<br />
von einem Schmied, im bäuerlichen Haushalt im Winter angefertigt.<br />
Stellt man in Rechnung, dass die jährliche Aussaat allenfalls einen vierfachen Ertrag brachte<br />
und dass, wie errechnet wurde, die Abgaben an den Grundherren davon ein Drittel oder<br />
sogar die Hälfte ausmachen konnten, so bewegten sich viele Bauernwirtschaften, zumal<br />
unter klimatisch schlechteren Bedingungen, am Rande der Existenz. Hungersnöte und damit<br />
einhergehende Anfälligkeiten für Krankheiten und Seuchen waren somit keine Seltenheit.<br />
Gemeindekarte Niedersaubach von 1845, © LKVK des Saarlandes, Lizenz-Nr. 19061/2011<br />
19
Herrschaft<br />
Man kann davon ausgehen, dass die drei gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Niedersaubach<br />
präsenten Grundherren: die Freiherren von Hagen, das Kloster Tholey und der Kurfürst von Trier<br />
auch schon im 13. Jahrhundert als Grund- und auch als Gerichtsherren selbst oder durch<br />
Vögte noch unmittelbar Herrschaft ausübten. Seit dem 14. Jahrhundert bis zum Ende der<br />
Feudalzeit wurde in der „Vierherrschaft“ eine neue gemeinsame Gerichtsordnung etabliert.<br />
Auch bleibt undeutlich, ob im 13. Jahrhundert diese Grundherren noch in Niedersaubach<br />
einen „Herrenhof“ betrieben, auf dem die jeweils leibeigenen Bauern Fronen vielfältiger Art<br />
zu leisten hatten.<br />
Kirche<br />
Auch im 13. Jahrhundert gehörten die Einwohner Niedersaubachs wie die der anderen Orte<br />
der späteren Vierherrschaft zur Pfarrei <strong>Lebach</strong>. Sie besuchten dort an Sonn- und Feiertagen<br />
nach langem Kirchgang die <strong>Lebach</strong>er Pfarrkirche, wurden dort auch beerdigt und leisteten<br />
zum Unterhalt der Kirche und des Pfarrers den Zehnten, also den zehnten Teil der Feldfrüchte,<br />
an den Kirchenherrn.<br />
Literatur:<br />
Volkshochschule <strong>Lebach</strong> (Hg.), Vierherrschaft <strong>Lebach</strong>, <strong>Lebach</strong> 1991.<br />
Johannes Naumann, Die Freiherrn von Hagen zur Motten. Ihr Leben und Wirken<br />
in der Saar-Mosel-Region, Blieskastel 2000.<br />
Werner Rösener, Bauern im Mittelalter, München 1985.<br />
Gemeindekarte Rümmelbach von 1845, © Lizenz-Nr. 19061/2011<br />
20
Niedersaubach in der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong><br />
Autor: Klaus Feld, Landsweiler<br />
Der Name „Niedersaubach“ ist eine Erfi ndung der Neuzeit. Er entstand im benachbarten<br />
Oberamt Schaumburg zur Unterscheidung zum lothringischen Ort Gresaubach.<br />
In den Urkunden des Hochmittelalters wie in den Akten der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> ist<br />
immer nur von „Saubach“ die Rede. Erst im Güterverzeichnis des Klosters Tholey von 1707<br />
fi ndet sich die heute gebräuchliche Bezeichnung „Niedersaubach“ 1 . Die herrschaftlichen<br />
Verhältnisse im Saubach des Hochmittelalters liegen wegen fehlender Quellen im Dunkeln.<br />
Erst spätere Urkunden lassen gewisse Rückschlüsse zu. Danach könnten, bei aller Vorsicht<br />
mit historischen Annahmen, die Herrschaftsverhältnisse des Ortes folgendermaßen ausgesehen<br />
haben: Zur Zeit der Ersterwähnung der Herren von Hagen um das Jahr 1158 gehörten<br />
Saubach und Rümmelbach diesen wohl alleine. Ob es Eigengut war oder ein Lehen,<br />
muss offen bleiben. Bei der Ersterwähnung von Saubach 1212 hatte sich bereits<br />
die hagische Seitenlinie der Herren von Schwarzenberg herausgebildet 2 . Im Raum <strong>Lebach</strong><br />
wurden diese vornehmlich mit Gütern in Saubach ausgestattet. Daneben besaßen sie<br />
einen Siedlungsplatz am Steinberg, den Greinhof. 1270 verkaufte der Ritter Gerlach Crippin<br />
von Schwarzenberg seine Besitzungen am Steinberg und im Dorf <strong>Lebach</strong> für 52 trierische<br />
Pfund an das Nonnenkloster Fraulautern 3 . Den weiteren Schwarzenberger Besitz in<br />
Saubach und <strong>Lebach</strong> verkaufte Thilmann von Schwarzenberg 1332 aus fi nanzieller<br />
Not für 400 Pfund an den Erzbischof Balduin von Trier 4 . In einer anderen Urkunde<br />
vom September 1357 bestätigt ein Peter Bartholomäus, dass er sein Gut zu „Subach“,<br />
bestehend aus 10 Morgen Feld, vier Morgen Gebüsch, zwei Fuder Heu und<br />
einem Garten, jetzt vom Erzstift Trier zu Lehen erhalten habe. Seine Eltern hatten die<br />
Güter noch von den Herren von Schwarzenberg zu Lehen empfangen 5 . Von der<br />
Größenordnung her entspricht das Gut des Peter Bartholomäus einer Bauernvogtei<br />
in der späteren Vierherrschaft <strong>Lebach</strong>.<br />
Neben den Herren von Schwarzenberg verfügten auch die Herren von Hagen zur Motten<br />
über eigenen Besitz in Niedersaubach. Im Jahr 1346 verkaufte Werner von Hagen<br />
seinen Anteil an das Kloster Tholey, das damals vom Abt Philipp von Hagen geleitet<br />
wurde 6 . In den beiden großen Papsturkunden von 1248 und 1272, die dem Kloster<br />
seine Besitzungen bestätigten, werden allerdings keine Güter in Saubach und Rümmelbach<br />
aufgeführt. In einer fi nanziellen Notsituation verkauften die Vettern Johann und<br />
Nikolaus von Hagen im Jahr 1333 ebenfalls ihren gesamten Besitz in <strong>Lebach</strong>,<br />
Niedersaubach und Umgebung an den trierischen Erzbischof Balduin und erhielten ihn<br />
wieder als Lehen zurück 7 . Darin waren auch die Rodungssiedlungen rund um<br />
Saubach und Rümmelbach, vergleichbar den heutigen landwirtschaftlichen Aussiedlerhöfen,<br />
enthalten. Genannt werden neben dem erwähnten Greinhof die Siedlungsstellen<br />
Obersaubach an der Banngrenze zu Rümmelbach und der Hof Merscheid an der Grenze<br />
zu <strong>Lebach</strong>, an den die Gewannbezeichnung Hofl and erinnert 8 , sowie das Pützenbacher<br />
Gut in Rümmelbach. Die meisten dieser Siedlungsstellen mussten im 14. Jahrhundert<br />
aufgegeben werden und sind wüst gefallen. Grund war meist das Versiegen der<br />
Trinkwasserbrunnen wegen eines eingetretenen Klimawandels. Lediglich der Greinhof<br />
bei Rümmelbach, der über einen stark fl ießenden Brunnen verfügte, hielt sich bis ins 20.<br />
Jahrhundert. Die Bewohner der Rodungssiedlungen ließen sich am Rande des Ortszentrums<br />
21
Das Hofl and, Blick in Richtung Nordwesten nach Tanneck,<br />
© Thomas Daub, <strong>Lebach</strong>, Sommer 2009<br />
Niedersaubach gehörte stets zur Pfarrei <strong>Lebach</strong>, deren Existenz bereits 1268 bestätigt wurde 9 .<br />
Die Vierherrschaft <strong>Lebach</strong>, die innerhalb der Grenzen der Pfarrei entstand, ist jüngeren<br />
Datums. Ihre Entstehung ist in die Jahre nach 1333 anzusetzen, nachdem Erzbischof Balduin<br />
von Trier die Anteile der Herren von Hagen und von Schwarzenberg aufgekauft hatte.<br />
Fortan hatte das Erzbistum Trier in der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> mit seinem Anteil von zwei Siebteln<br />
die führende Rolle. Kleinster Anteilseigner an der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> war mit einem<br />
Siebtel das Frauenkloster Fraulautern. Daneben hatten die Herren von Hagen einen Anteil von<br />
zwei Siebteln ebenso wie die Herren von Siersberg. Während die drei erstgenannten Anteile<br />
bis zur französischen Revolution in der gleichen Hand blieben, hatte der Siersberger Besitz eine<br />
wechselvolle Geschichte. Im <strong>Lebach</strong>er Weistum von 1550 wird noch Ladwein von Siersberg<br />
als einer der Gemeinherren von <strong>Lebach</strong> angegeben. Nach seinem Tod ging der Siersberger<br />
Anteil um 1570 an dessen Neffen Alexander von Braubach über. Dessen Enkel Wilhelm Marzloff,<br />
Baron von Braubach und Herr zu Dillingen, vertauschte 1613 seinen Teil der Vierherrschaft<br />
<strong>Lebach</strong> mit Herzog Heinrich II von Lothringen gegen andere Güter 10 . Lothringen ließ seinen<br />
<strong>Lebach</strong>er Anteil dann vom Amtmann zu Schaumburg verwalten. Als im Jahr 1737 Herzog<br />
Franz-Stephan von Lothringen Maria Theresia von Österreich heiratete, trat er sein Stammland<br />
an Frankreich ab. Formal wurde das Herzogtum von Stanislaus Lescynski regiert.<br />
Letztlich war das Land jedoch unter französische Verwaltung gestellt. Nach dem Tod Stanislaus<br />
Lescynskis im Jahr 1766 fi el Lothringen und das gesamte Oberamt Schaumburg mit<br />
dem Anteil an der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> auch staatsrechtlich an Frankreich. Zur Schaffung<br />
klarer Grenzen und zur Beseitigung von territorialen Exklaven verständigte sich das<br />
Königreich im Jahr 1787 mit dem Herzogtum Pfalz-Zweibrücken auf einen Gebietsaustausch.<br />
Im Tausch mit zwei Ämtern im Nordelsass erhielt Pfalz-Zweibrücken das Amt Schaumburg<br />
mit dem Anteil an der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> 11 . Sechs Jahre später war mit dem Einmarsch<br />
der französischen Revolutionsarmee die Feudalzeit in der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> zu Ende.<br />
Da es in Niedersaubach und Rümmelbach keine Siersberger bzw. lothringischen Untertanen<br />
gab, hatten die Herrschaftswechsel keine unmittelbaren Auswirkungen. Vom so<br />
genannten Lothringer-Haus in Rümmelbach wird 1791 gesagt, dass es in die Schaumvon<br />
Saubach nieder und bewirtschafteten<br />
ihre Äcker und<br />
Wiesen von dort aus. Die Erinnerung<br />
an die alten Siedlungsplätze<br />
hat sich in der Saubacher<br />
Bevölkerung erhalten<br />
und wurde von Lehrer Adam<br />
am Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
in der Schulchronik<br />
niedergeschrieben.<br />
Mit dem Kurfürstentum Trier,<br />
dem Kloster Tholey und den<br />
Herren von Hagen zur Motten<br />
sind die drei Grundherren<br />
benannt, die fortan bis zur<br />
Französischen Revolution die<br />
Geschicke der Bewohner in<br />
Niedersaubach und Rümmelbach<br />
bestimmten.<br />
Entstehung der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong><br />
22
urgische Meierei Bettingen gehöre 12 . Das Haus wurde 1731 von der lothringischen Verwaltung<br />
dem Peter Schäfer aus Rümmelbach zum Wiederaufbau in Erbbestand gegeben 13 .<br />
Die Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> gehörte zum kurtrierischen Amt St. Wendel und wurde<br />
von dort aus verwaltet. Der Amtmann von St. Wendel war als ranghöchster<br />
kurtrierischer Beamter zugleich für die Herrschaft <strong>Lebach</strong> zuständig. Teil seiner Vergütung<br />
waren die Einkünfte von zwei Bauerngütern in Niedersaubach, die er von seinem<br />
Dienstherrn zu Lehen trug, die so genannten Glockengüter. Sie hatten ihren Namen<br />
bekommen von einer Familie Klock von Oberstein, deren Vertreter im 14. Jahrhundert<br />
Amtleute in St. Wendel waren. Die Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> war ein Kleinstaat im Staatenbund<br />
des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Seine Lage als Puffer zwischen den<br />
drei großen Regionalmächten Erzbistum Trier, Herzogtum Lothringen und Grafschaft<br />
Nassau-Saarbrücken garantierte den Bestand während der gesamten Feudalzeit bis zur<br />
Französischen Revolution. Gewissermaßen als Verfassung der Vierherrschaft dienten die beiden<br />
<strong>Lebach</strong>er Weistümer von 1550 und 1563. Darin sind die Grenzen der Herrschaft beschrieben,<br />
die Rangfolge der einzelnen Herren und die Vorgaben für die Gerichtsbarkeit festgelegt 14 .<br />
In der Regel hielt das Hochgericht einmal im Jahr eine Gerichtstagung ab, meist zur Zeit<br />
des Maria Geburts-Marktes.<br />
Dabei waren regelmäßig die Amtleute der vier Herren anwesend. Verhandelt wurden<br />
überwiegend Streitigkeiten zwischen den Einwohnern, Erbschafts- und Vormundschaftsangelegenheiten<br />
sowie kleinere Vergehen wie Beleidigungen und Eigentumsdelikte. Dafür<br />
wurden meist Bußgelder verhängt, die so genannten Frevel. Sie fi elen den vier Herren im Verhältnis<br />
ihrer Anteile zu. Auch für Kriminalsachen war das Hochgericht zuständig. Sie kamen<br />
aber selten vor. Erst ab dem 16. Jahrhundert gibt es schriftliche Belege über die<br />
Einwohnerschaft der Vierherrschaft. Im <strong>Lebach</strong>er Schöffenweistum von 1550 werden Mütschen<br />
Claßen von Saubach und Maußen Peter von Rümmelbach als Hochgerichtsschöffen<br />
genannt 15 . Einen ersten Gesamtüberblick vermittelt das so genannte Feuerbuch von 1563.<br />
Darin werden alle kurtrierischen Ämter beschrieben, darunter auch das Amt St. Wendel.<br />
Für Saubach werden 17 Feuerstätten als Sollbestand angegeben. Gezählt werden an<br />
leibeigenen Untertanen aber nur 13 Familien: fünf Leibeigene von Kurtrier, eine leibeigene<br />
Familie der Herren von Hagen zur Motten und sieben leibeigene Familien des Klosters Tholey.<br />
Dem Abt von Tholey gehörten zusätzlich noch drei leibeigene Familien in Rümmelbach 16 .<br />
Die Aufl istung von 1563 diente als Grundlage zur Erhebung der Türkensteuer, einer Abgabe zur<br />
Finanzierung eines Krieges gegen die Türken. In der Übersicht sind leider noch keine<br />
Namen genannt.<br />
Erste schriftlich erwähnte Einwohner<br />
Ältester, noch heute gebräuchlicher Familienname in Niedersaubach ist der Name Schäfer.<br />
1589 berichtet ein Schäfer Peter aus Rümmelbach, mit 82 Jahren der älteste Schöffe<br />
zu <strong>Lebach</strong>, dass er in seiner Jugend Schafhirt gewesen sei. Davon habe er den<br />
Zunamen Schäfer Peter erhalten 17 . Aus dem „Schäfer Pittchen“ wurde recht schnell der<br />
Hausname „Scheppes“, der 1664 in Rümmelbach bereits gebräuchlich war. Aus den<br />
Jahren 1600 bis 1611 liegen mehrere kurtrierische Steuerlisten für Saubach vor, von<br />
denen beispielhaft die Listen von 1600 und 1609 dargestellt werden 18 :<br />
23
1600<br />
Hachen Nickel, Meyer 2½ Reichsthaler<br />
Weber Wilhelm 3 Reichsthaler<br />
Johan Lauwer 3 Reichsthaler<br />
Schneiders Claus 1½ Reichsthaler<br />
Bartels Hans, jetzt Treinen Theis von <strong>Lebach</strong> 1 Orth<br />
Noch ein Haus, so unterschiedliche Erben zustehet 1 Orth<br />
1609<br />
Hachen Nickel und Schmidts Cläßgen zu <strong>Lebach</strong> 1 Reichsthaler 19 Albus<br />
Weber Wilhelm 1 Reichsthaler 9 Albus<br />
Johann Lauwer 1 Reichsthaler 9 Albus<br />
Schneiders Cloß 19 Albus<br />
Schuh Nickel zu Saubach 7 Albus<br />
Groß Peter von Ließdorff 9 Albus<br />
Aus diesen Anfängen der Namensaufzeichnungen haben sich die Hausnamen Hachen<br />
und Lauersch sowie der Familienname Groß in Niedersaubach bis heute erhalten.<br />
Aus dem Jahr 1625 gibt es eine weitere Steuerliste der kurtrierischen Untertanen 19 :<br />
Groß Petter 1 Gulden 1 Albus<br />
Schmidts Clesgen 13 Albus<br />
Kiefer Hans 22 Albus<br />
Hachen Nickel 2 Gulden 6 Albus<br />
Johann Lauwer 2 Gulden 2 Albus<br />
Lauwers Johannes Michel 18 Albus<br />
Die hagischen Güter in Niedersaubach<br />
waren vor dem Dreißigjährigen<br />
Krieg das “Linden-<br />
Matheisen-Gut“, das von Johann<br />
Lauer und seiner Frau Sophia bewirtschaftet<br />
wurde. Das Gut war ihnen<br />
1610 von den Erben des Linden<br />
Matheis verpfändet worden 20 . Daneben<br />
gab es das Schäfer-Thielen-<br />
Gut. Es wurde von Schäfer Thiel und<br />
seiner Frau Anna bewirtschaftet.<br />
Schäfer Thiel starb 1614. Er hinterließ<br />
einen Sohn Peter, der im Haus<br />
wohnte, und eine Tochter Otilie,<br />
die in zweiter Ehe mit Peter Groß<br />
verheiratet war 21 , der als trierischer<br />
Untertan erwähnt wird.<br />
Kartenskizze von Rümmelbach vom 7. März 1730 (Ausschnitt).<br />
Eingetragen sind die drei damals bestehenden Häuser<br />
„Scheppes-Haus“ (Anwesen Schäfer), „Meysen-Haus“<br />
(Anwesen Ney) und „Hänges-Haus“. Die Häuser tragen<br />
die Namen der Bewohner von 1620. Der Standort des<br />
„Hänges-Hauses“ ist heute nicht mehr zu ermitteln.<br />
© Landesarchiv Saarbrücken. Best. Schloss Münchweiler,<br />
Akten Nr. 321<br />
Das dritte hagische Gut, das „Schneider-Closen und Hargen-Micheln-Gut“, ist nur in<br />
den Abgabenlisten verzeichnet. Der Name des Gutes geht zurück auf Clas Schneider,<br />
dem 1591 zusammen mit seiner Frau Merg das Gut von der Herrschaft Motten verliehen wird 22 .<br />
24
Angesichts der geringen Abgabe von jeweils fünf Viertel Fass Hafer und Korn 23 kann es nur<br />
von einem anderen Hof mitbewirtschaftet worden sein. Für Rümmelbach werden für das<br />
Jahr 1620 folgende vier Untertanen des Gotteshauses Tholey genannt: Schep Peters Johan,<br />
Henges Nickel, Maussen Jost und Schoumachers Johan 24 . Die alten Namen haben<br />
sich in den Flurbezeichnungen „Hinter Schoeppes Haus“ und „Im Hänches Garten“ sowie<br />
in den Hausnamen „Scheppes“ und „Meisen“ erhalten.<br />
Dreißigjähriger Krieg<br />
In unserer Region setzte der Dreißigjährige Krieg eher verhalten ein. In den Anfangsjahren<br />
zogen nur vereinzelt Kriegsvölker durch. So berichtet das Fronverzeichnis der Herrschaft<br />
Motten, dass die hagischen Untertanen wegen Kriegsvolk vom 1. bis zum 8. September<br />
1622 im Haus Motten gewacht haben. Noch einmal, am 4. Juli 1628, wird erwähnt, dass die<br />
Untertanen vom Hahn und einer von Saubach im Haus Motten gewacht haben. Daneben<br />
berichtet das Fronbuch immer wieder von Bautätigkeiten auf der Motte. So auch im Januar<br />
1627, als der Lauer von Saubach fünf Fuhren Steine „zu der Mauren beim alten Haus“ geführt<br />
hatte 25 . Mit dem Jahr 1630 enden die Aufzeichnungen im Fronregister der Herrschaft Motten.<br />
Ein lothringischer Bericht von 1633 hält fest, dass „in <strong>Lebach</strong> kein Salzmagazin mehr besteht,<br />
da dieses Dorf von den Kriegsleuten in Brand gesteckt und zerstört worden ist, so dass kein<br />
Salz mehr nach Schaumburg geliefert wurde“ 26 . Im Sommer des Jahres 1635 kam es dann<br />
für unsere Region zur Katastrophe. Nach der Niederlage bei Nördlingen zogen sich im Juli<br />
Teile des schwedischen Heeres unter Führung des Generals Bernhard von Weimar durch die<br />
Pfalz und über Saarbrücken bis Merlebach zurück. Sie wurden verfolgt von dem kaiserlichen<br />
General Gallas, der mit 30.000 Mann nach Westen vorrückte. Bernhard von Weimar<br />
hatte zwischenzeitlich Unterstützung durch französische Truppen unter La Valette erhalten.<br />
Ein Teil des französisch-schwedischen Heeres begann darauf unverzüglich einen Vormarsch<br />
über Wallerfangen, <strong>Lebach</strong> und Tholey in Richtung Mainz. Ziel war die Befreiung der<br />
belagerten Stadt Frankfurt am Main. Als dies nicht gelang, versuchte General Gallas<br />
von Süden her, dem französisch-schwedischen Heer den Rückzug an die Saar abzuschneiden.<br />
Das Vorhaben glückte nicht vollständig. Am 26. September 1635 überschritten die Franzosen<br />
und Schweden wieder bei Wallerfangen die Saar. Nur wenige Stunden später trafen die<br />
kaiserlichen Truppen an der Saar ein. Die Operationen des Jahres 1635 hatten keinen Einfl uss<br />
auf den Kriegsverlauf, brachten aber der Zivilbevölkerung große Verluste. Der zweimalige<br />
Rückzug Bernhards von Weimar und das jeweilige Nachstoßen der kaiserlichen Truppen<br />
verwüsteten unser Land nachhaltig. <strong>Lebach</strong> lag zweimal in der Hauptachse der Truppenbewegungen.<br />
Gegen eine solche Truppenanhäufung konnte auch das kleine Haus Motten<br />
keinen Schutz bieten. In diesem Fall konnten die Bewohner nur ihr Heil in der Flucht suchen.<br />
Gegenstände von Wert wurden vergraben oder in einem Hehlwinkel versteckt. Vor allem<br />
der überstürzte zweite Rückzug der vereinigten Franzosen und Schweden mobilisierte offensichtlich<br />
die Bewohner, sich ihnen anzuschließen. Auch ihr Fluchtziel lag zunächst im<br />
Westen, im Saargau, und anschließend weiter nördlich im heutigen Luxemburg, das damals<br />
zu den spanischen Niederlanden gehörte.<br />
25
Wiederbesiedlung ab 1650<br />
Wir müssen davon ausgehen, dass Niedersaubach ab 1635 etwa 20 Jahre lang nicht<br />
dauerhaft bewohnt war. Im Einwohnerverzeichnis der Herrschaft Motten vom November<br />
1652 werden bereits für fast alle hagischen Häuser in <strong>Lebach</strong>, Hahn und Jabach die Haushaltsvorstände<br />
genannt. Für Niedersaubach fehlt eine entsprechende Eintragung 27 . Erst 1658<br />
berichten die Aufzeichnungen des Klosters Fraulautern, dem in Niedersaubach das<br />
Zehntrecht zustand, dass diese Steuer wieder erhoben wurde. Der <strong>Lebach</strong>er Pfarrer Nikolaus<br />
Leimbach gab in der Versteigerung das höchste Gebot ab mit 17 Malter Korn und Hafer 28 .<br />
Die Rümmelbacher 1895 bei der Einweihung ihres ersten Dorfbrunnens,<br />
links im Hintergrund das Meisen-Haus, Fotoarchiv: Paul Mattick<br />
Ebenso hatte Velten Schmidt aus Niedersaubach den Zehnten in Landsweiler ersteigert.<br />
Sein Bürge war Hans Schäfer aus dem „Scheppes-Haus“ in Rümmelbach 29 . 1659 bestätigte<br />
Johann Heinrich von Hagen, dass Schuh Hans von Saubach die Linden-Matheisen-Güter als<br />
nächster Erbe von der Herrschaft angenommen habe. Schuh Hans versprach, die auf den<br />
Gütern lastenden Abgaben zu leisten und die Frondienste zu erbringen 30 . Ab 1667 beteiligte sich<br />
sein Miterbe Kiefers Johann an der Nutzung der Güter, aber auch an der Steuerlast und den<br />
Frondiensten 31 . Ebenfalls 1659 wurden Nicolaus Groß von Saubach, der <strong>Lebach</strong>er Hochgerichtsmeyer,<br />
und Caspar Kerlinger von Saubach vom Schultheiß und den Schöffen der Stadt<br />
St. Wendel in das kurtrierische Steuerregister aufgenommen. Beide waren bisher steuerfrei<br />
gewesen. Als Anreiz für den Wiederaufbau gewährten die Herrschaften regelmäßig zwei<br />
bis vier Jahre Steuerfreiheit 32 . Nicolaus Groß ist vermutlich der Sohn des 1628 genannten<br />
Peter Groß aus Saubach. Caspar Kerlinger stammte dagegen aus Hemmersdorf auf<br />
dem Saargau. 1630 ist er Diener der Herren Zandt von Merl auf der Siersburg. 1645 gibt<br />
seine Frau Maria Eberhardt aus Hemmersdorf an, dass ihr Mann „dem Krieg nach zieht“ 33 .<br />
Von 1659 bis 1665 wird das Ehepaar in Niedersaubach erwähnt. Um die gleiche Zeit<br />
überließ der Probst des Klosters Fraulautern „unseren freyen adelichen Hoff“ Greinhof dem<br />
Caspar Schäfer von Rümmelbach in der Weise, dass dieser den Hof auf seine Kosten<br />
wieder aufbauen und Haus und Hof in guten Stand bringen sollte. Im Gegenzug wurden<br />
ihm vier Jahre Steuerfreiheit gewährt 34 .<br />
26
Einwanderung aus Luxemburg und dem Saargau<br />
In den Jahren von 1660 bis 1669 machten die kriegerischen Auseinandersetzungen eine<br />
Pause, eine kurze Phase des Wiederaufbaus setzte ein. Weitere Zuwanderer kamen<br />
nach Niedersaubach, vornehmlich aus den Gebieten, in denen die Niedersaubacher<br />
Einwohner Zufl ucht vor dem Krieg gesucht haben. Ab 1675 wird Haupert Buchheit aus<br />
Hemmersdorf in Niedersaubach erwähnt. Er heiratete Angela Kerlinger, die Tochter von<br />
Caspar Kerlinger und Maria Eberhardt 35 und wurde damit der Stammvater der<br />
Buchheit-Familien rund um Niedersaubach. Ebenfalls in dieser Zeit zugewandert ist die<br />
Familie Brendel. Als erster Vertreter dieser Familie wird Hans Caspar Brendel in den Unterlagen<br />
des Klosters Fraulautern ab 1673 genannt. Seine Herkunft ist unklar. 1669 ging die kurze<br />
Friedenszeit mit der Besetzung Lothringens durch französische Truppen zu Ende. Im<br />
Folgejahr begann Ludwig XIV. den Krieg gegen Holland. Im Rahmen der Sicherungsmaßnahmen<br />
an der Ostgrenze Frankreichs wurde ab 1680 die Festung Saarlouis gebaut. In diesem<br />
Zusammenhang wurde auch die Straße von Saarlouis über den Hoxberg nach <strong>Lebach</strong><br />
und weiter nach Tholey mit der wichtigen Theelbrücke ausgebaut. Aus den Unterlagen des<br />
Klosters Fraulautern geht hervor, dass das Leben trotz der Kriegsgefahr noch wenig beeinträchtigt<br />
war. Saubach lieferte im Jahr 1673 von 180 Lämmern 13, Rümmelbach von<br />
170 Lämmern 12 Tiere an das Kloster. Von den Abgaben erhielt der <strong>Lebach</strong>er Pastor<br />
ein Drittel 36 . Auch das Kloster Tholey bemühte sich um den Wiederaufbau seiner Vogteien.<br />
Im Jahr 1689 überließ es einen Hausplatz an Nicolas Schaeffer aus Niedersaubach 37 .<br />
Leider ist das Archiv der Abtei Tholey weitgehend untergegangen, sodass kaum<br />
Eintragungen zu seinen Niedersaubacher und Rümmelbacher Untertanen zu fi nden sind.<br />
Durch den Frieden von Ryswick wurde 1697 der Pfälzische Erbfolgekrieg zwischen<br />
Frankreich und der Allianz der europäischen Großmächte beendet.<br />
In unserer Region setzte ein deutlicher Wiederaufbau ein. Insbesondere die herrschaftlichen<br />
Verwaltungen begannen wieder zu arbeiten. Das Kloster Tholey beispielsweise setzte sich<br />
in einem Rechtsstreit vom Juli 1697 wegen der Steuern und Abgaben gegen seine Untertanen<br />
in Niedersaubach und Rümmelbach durch. In einem Vergleich vom September<br />
1697 verpfl ichteten sich die Besitzer der tholeyischen Güter zu folgenden Abgaben<br />
und Leistungen:<br />
1. Rümmelbach an Getreide 5 Malter, zwei Teile Hafer, ein Teil Korn,<br />
Niedersaubach 3 Malter 4 Fass an gewöhnlichem Schafft, jährlich auf Martini lieferbar<br />
2. Rümmelbach an Geld 38 Albus 2 Pfennig, Niedersaubach 1 ½ Taler<br />
3. an Kappes ein Quantum von insgesamt 100 Kappesköpfen<br />
4. eine von zwei Landfuhren bis zu 6 Meilen Entfernung<br />
5. jährliche Holzfuhren für den Konvent, davon drei im Mai und zwei im Herbst<br />
6. 4 Hühner jährlich abzuliefern, womit sie dieses Jahr wieder beginnen sollen, da sie einige<br />
Jahre nachlässig gewesen waren<br />
7. 40 Eier pro Fass Frucht<br />
8. an Frongeld sollen sie jährlich 4 Albus pro Gespannbesitzer und 2 Albus pro<br />
Einspännigen zahlen.<br />
9. Die Leibeigenen der Abtei Tholey verpfl ichten sich zu allen notwendigen Baufronden.<br />
27
Für Rümmelbach unterschrieben: Hans Peter Scherer, Nikolaus Schäfer, Leibeigener,<br />
und Matthias Egler, Leibeigener, wegen seiner Frau Schue Maria.<br />
Für Niedersaubach unterschrieben Hans Nikolaus Groß, Trierischer Meier, nicht leibeigen,<br />
leistet keine Baufron und kein Besthaupt, Nikolaus Groß, Schmied zu Niedersaubach, Leibeigener,<br />
Wilhelm Britz, Leibeigener, Martin Küffer, Johannes Schmidt und Hans Jakob Brendell 38 .<br />
Auch die Herren von Hagen zur Motten bemühten sich um diese Zeit, ihre Einnahmen zu<br />
verbessern und ihre desolate Finanzlage zu bereinigen. In Niedersaubach besaßen sie, wie<br />
erwähnt, drei Bauernvogteien. Das Linden-Matheisen-Gut wurde seit 1659 von Schuh Hans<br />
bewirtschaftet. Seit 1667 war sein Miterbe Johann Kiefer beteiligt. Am 10. Dezember 1700 lud<br />
Franz Anton von Hagen die Nachkommen der beiden, Wilhelm Britz und Martin Kiefer von<br />
Niedersaubach, in das Schloss Motten vor. Beide versprachen freiwillig, innerhalb eines Jahres<br />
auf dem zu Saubach gelegenen Linden Matheißen Hausplatz ein ansehnliches, zur ehelichen<br />
Wohnung taugliches Haus auf ihre Kosten aufzubauen und die darauf haftenden Beschwernisse<br />
zu entrichten. Für das Jahr 1701 wurden sie deswegen von allen Frondiensten und dem<br />
Schaftgeld befreit. 1702 stand das Haus aber noch nicht. Darauf angesprochen, gaben sie<br />
an, sie seien durch den letzten französischen Krieg ausgeschöpft und verdorben worden,<br />
sodass sie sich seit dem letzten Frieden nicht genug hätten erholen und ausreichende Mittel<br />
zur Erfüllung ihres Versprechens beibringen können. Sie durften die Güter weiter bewirtschaften,<br />
mussten aber ab sofort die üblichen Abgaben und Fronleistungen erbringen. Zusätzlich<br />
mussten sie jährlich so lange vier Gulden zahlen, bis sie das Haus erbauen würden 39 .<br />
Das Haus wurde dann von Peter Britz vermutlich nach 1710 erbaut. Nach ihm trug das<br />
Haus den Hausnamen „Peters“, heute „Alt-Peters“.<br />
Die Erben des als Schäfer-Thielen-<br />
Gut bezeichneten Hauses waren die<br />
Nachkommen des Peter Groß, der von<br />
1609 bis 1625 in den kurtrierischen<br />
Abgabenlisten auftauchte. Sie ließen<br />
sich von der Herrschaft Motten wegen<br />
der nahen Verwandtschaft in das<br />
Schäfer-Thielen-Gut einsetzen.<br />
Aufgebaut hat das Haus vermutlich<br />
Philipp Groß. In einem undatierten<br />
Schriftstück heißt es: „Schäffer Thielen<br />
betreffend, auf dessen Hobstatt anjetzo<br />
der Philipps Groß wohnt“ 40 .<br />
Von diesem Philipp Groß trägt das<br />
Anwesen bis heute den Hausnamen<br />
„Lepsen“. Den Besitz des Schneider-<br />
Clasen und Hargen-Micheln-Gutes teilten<br />
sich 1734 zwei Familienstämme,<br />
nämlich Matthias Schäfer von <strong>Lebach</strong><br />
und Hanns Adam Schäfer von Niedersaubach<br />
zur einen Hälfte sowie die<br />
Brendels Erben zur anderen Hälfte.<br />
Die Schaftabgaben betrugen jeweils<br />
Altpedersch-Haus an der Säkaul, Blickrichtung Unterdorf<br />
von der Antoniuskapelle aus, abgerissen in den<br />
60er Jahren, © Edith Spaniol, Niedersaubach 1959<br />
28
ein Fass und ein Vierling an Korn und Hafer und 15 Albus an Geld. Während Mathias und<br />
Hans Adam Schäfer ihren Teil entrichteten, waren die Brendels Erben mit ihrem Anteil seit 1710<br />
im Rückstand. Die hagische Verwaltung wollte wegen dieses Rückstandes das Gut einziehen<br />
41 . Bis 1747 war aber noch nichts geschehen. Die Brendels Erben weigerten sich, ihren<br />
Anteil zu bezahlen. Als solche werden genannt Adam Brendel und Mathias Warcken 42 .<br />
Ab dem Jahr 1700<br />
liegen mehrere Frondienst-Listen<br />
von der<br />
Hand des Meyers Hans<br />
Nickel Groß für die<br />
Kellerei in St. Wendel<br />
vor. 1702 waren folgende<br />
Haushalts-Vorstände<br />
frondienstpfl<br />
ichtig:<br />
Aus Saubach Hans<br />
Nicklos Groß, Meyer,<br />
ist frei, Martin Kieffer,<br />
Johannes Schmidt,<br />
Mathias Warcken;<br />
Hans Adam Scheffer,<br />
alle kurtrierische Leibeigene.<br />
Hans Caspar<br />
Groß, Wilhelm Britz,<br />
Dieses Lepsen-Haus erbaute Jakob Schäfer 1915 oberhalb des alten<br />
Lepsen-Hauses; hier befi ndet sich jetzt die Brennerei „Hermann Penth“;<br />
unterhalb, im alten Lepsen-Haus, wohnt jetzt Familie Kolbus; in der<br />
ehemaligen Scheune befi ndet sich heute die NABU-Landesgeschäftsstelle,<br />
© Oskar Schäfer (Lepsen)<br />
tholeyische Leibeigene 43 . Aus Rümmelbach Hans Peter Scherer, Niclos Scheffer, Mathias Egler,<br />
alle tholeyische Leibeigene 43 . Von den trierischen Untertanen sind Akten zu Güterübertragungen<br />
bisher nicht bekannt.<br />
Die vorgenannten Frondienst- und weitere Abgabenlisten lassen aber Rückschlüsse zu.<br />
So kommt es 1702/1703 zu einer Teilung im Hause Brendel. Die Witwe Christina Brendel,<br />
die 1701 noch als trierische Fronpfl ichtige erscheint, wird 1702 abgelöst durch ihren Schwiegersohn<br />
Mathias Warcken. Die tholeyischen Güter der Familie übernahm ab 1703 der Sohn Hans<br />
Jacob Brendel 44 . Der Vorgang belegt, dass die Bauernfamilien regelmäßig Güter mehrerer<br />
Grundherren bewirtschafteten. Ausschlaggebend für die Hauptzuordnung der Familie war,<br />
welchem Grundherrn der Grund und Boden gehörte, auf dem der Hof der Familie stand. Die<br />
Güter wurden in der Familie immer nur an ein Kind weitergegeben. Andere Kinder<br />
blieben entweder ledig im Haus oder wurden mit Geld abgefunden. Neubauten von Häusern<br />
erfolgten immer auf dem gleichen Hausplatz als Ersatz für bisher schon bestehenden Gebäude.<br />
Als Ausnahme hatte Mathias Warcken 1721 von seinem kurtrierischen Grundherrn<br />
die Erlaubnis erhalten, am Saubach eine Mühle zu errichten. Dagegen gab es<br />
Widerspruch von den anderen Grundherren. Trotzdem wurde die Mühle wohl gebaut.<br />
In dem bereits zitierten Moser- Bericht von 1791 ist von einer Mahlmühle die Rede, die in die<br />
trierische Vogtei gehört 45 . Daneben liegt aus dem Jahr 1715 eine Liste der trierischen<br />
und tholeyischen Steuerpfl ichtigen zu Saubach und Rümmelbach. Im Unterschied zu den<br />
kurtrierischen Untertanen zahlten die Inhaber der tholeyischen Vogteien kein Wächtergeld.<br />
29
Die „Mill“ in den 1940er Jahren; im Vordergrund die letzte Müllerin, Angelika Engel<br />
© Adalbert Herrmann (Krohnen Buwi)<br />
Saubach<br />
1. Item Mathes Warcken gibt Schaftgeld 20 Alb 2 ½ Pfg; Wächtergeld 6 Alb;<br />
Haber 11 ½ Fass 2 Milster<br />
2. Item Hans Mathes Hein Schaftgeld 10 Alb 1 Pfg; Wächtergeld 6 Alb;<br />
Haber 5 ½ Fass 4 ½ Milster<br />
3. Item Merten Kiefer Schaftgeld 19 Alb 6 Pfg; Wächtergeld 6 Alb; Haber 6 Fass 3 ½ Milster<br />
4. Item Caspar Buchheit 45 Alb 1 ½ Pfg; Wächtergeld 6 Alb; Haber10 ½ Fass 1 Milster<br />
5. Item Hans Adam Schäfer Schaftgeld 26 Alb 2 Pfg; Wächtergeld 6 Alb;<br />
Haber 6 Fass 6 ½ Milster<br />
6. Item Hans Niclas Groß Schaftgeld 49 Alb 2 ½ Pfg; Wächtergeld 6 Alb;<br />
Haber 12 Fass 12 Milster<br />
7. Item Johanes Neuses Schaftgeld 10 Alb 1 Pfg; Haber 5 ½ Fass 4 ½ Milster<br />
8. Item Hans Jacob Brendel Schaftgeld 10 Alb 1 Pfg; Haber 5 ½ Fass 4 ½ Milster<br />
9. Item Willem Britz Schaftgeld 14 Alb ½ Pfg; Haber 4 ½ Fass 6 Milster<br />
10. Item Hans Caspar Groß 20 Alb 1 Pfg; Haber 5 Fass 4 ½ Milster<br />
Rümmelbach<br />
1. Item Matzes Egeler Schaftgeld 6 Alb; Haber 2 Fass<br />
2. Item Nicklas Schäfer Schaftgeld 11 Alb; Haber 3 Fass<br />
3. Item Hans Peter Scherer Schaftgeld 8 Alb; Haber 2 ½ Fass 46<br />
In dieser Steuerliste tauchen mit den Namen Neuses/Neisius und Hein weitere Namen auf,<br />
deren Herkunft auf dem Saargau zu suchen ist.<br />
30
Streit um die Banngrenzen 1715–1760<br />
Um 1720 ist der Wiederaufbau nach den langen Kriegen des 17. Jahrhunderts weitgehend<br />
abgeschlossen. Alle Bauerngüter in Niedersaubach und Rümmelbach wurden bewirtschaftet.<br />
Auf den letzten vormals verfallenen Hausplätzen standen wieder neue Häuser. Möglichkeiten,<br />
zusätzliche Acker- und Wiesenfl ächen zu gewinnen, um wirtschaftlich besser über die<br />
Runden zu kommen, gab es kaum. In dieser Situation gerieten die Banngrenzen zu den<br />
Nachbargemeinden, insbesondere zu Gresaubach, verstärkt ins Blickfeld. Die Banngrenze<br />
war durch das alte <strong>Lebach</strong>er Schöffenweistum von 1550 recht allgemein<br />
beschrieben. Die Grenzmarken waren vor allem alte Eichenbäume, die an exponierten Stellen<br />
standen und besonders gekennzeichnet waren. Diese Grenzmarken konnten leicht manipuliert<br />
werden. Die alten Bäume konnten gefällt und die Grenzmarkierungen an anderen<br />
Bäumen angebracht werden. Dies war später ein großer Streitpunkt in der Auseinandersetzung<br />
mit den Einwohnern von Gresaubach, das zum lothringischen Amt Schaumburg<br />
gehörte. Neben der eigentlichen Banngrenze gab auch die Nutzung des Waldes sowie<br />
der Wiesen und Felder in der Nähe der Banngrenze immer wieder Anlass zu Streit. Wegen<br />
der üblichen Drei-Felderwirtschaft waren die Ackerfl ächen nicht jedes Jahr bepfl anzt.<br />
Beide Gemeinden machten Eigentumsrechte an den Grundstücken geltend. Die Bauern, die<br />
das Land im Frühjahr mit Getreide bestellten, konnten im Sommer nicht sicher sein, auch die<br />
Ernte einzufahren. Daneben stritten die Bewohner der Nachbargemeinden um das allgemeine<br />
Weiderecht nach der Ernte. In dieser Gemengelage kam es immer wieder zu Übergriffen<br />
von beiden Seiten. Die Streitigkeiten sind nur teilweise in den Archivakten überliefert.<br />
Dargestellt sind sie bisher vor allem aus <strong>Lebach</strong>er Sicht. Die Verwaltung der Vierherrschaft<br />
konnte wegen ihrer komplizierten Entscheidungswege nur selten zeitnah auf die Provokationen<br />
reagieren. Der lothringische Amtmann Caspar Le Payen zu Tholey, zugleich Vertreter<br />
seiner Herrschaft in der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong>, ließ seine Untertanen in Gresaubach<br />
weitgehend gewähren. Der kurtrierische Amtmann Dhame aus St. Wendel versuchte mit<br />
großem Einsatz, den Status quo an der umstrittenen Banngrenze zu erhalten. Darauf hatten<br />
sich die Parteien um 1725 grundsätzlich verständigt 47 . Nach 1737 wurde die <strong>Lebach</strong>er Position<br />
noch deutlich schwieriger. Hinter dem Herzogtum Lothringen stand jetzt das Königreich<br />
Frankreich. Auch der Trierer Kurfürst und Erzbischof war wenig geneigt, wegen der Banngrenze<br />
bei Rümmelbach einen politischen Streit mit dem großen Nachbarn zu beginnen.<br />
1757 wurde eine Einigung versucht. Das streitige Gebiet wurde von dem lothringischen<br />
Geometer Henry le Cleve aus Hestroff bei Bousonville vermessen.<br />
Zusätzlich fertigte er eine große Karte an. Danach waren 326 Morgen Ackerland<br />
und 10 „Mannsmähd“ Wiesen zwischen Gresaubach und Rümmelbach strittig 48 . Auch<br />
wurden die von den beiden Parteien angegebenen Grenzverläufe im Beisein eines<br />
Notars begangen. Die Vertreter des Hochgerichts setzten dabei zur Kennzeichnung der<br />
„Schiedung“ Holzpfähle 49 . Eine Einigung konnte jedoch nicht erreicht werden. Erst 1791 kam es<br />
unter der Vermittlung des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken zwischen den beiden Orten<br />
zu einer Verständigung über den Grenzverlauf. Dieser wurde dauerhaft mit Grenzsteinen<br />
markiert, die noch heute zu fi nden sind. Im Unterschied dazu kam es bereits am<br />
5. Mai 1769 mit dem Hochgericht Eppelborn zu einer Einigung über die Banngrenze<br />
bei Niedersaubach. Unterhalb des Ortes bildete der Saubach „mit seinen Buchten und<br />
Krümmen“ auf einer Länge von 220 Ruthen die Schiedung zwischen den Niedersaubacher<br />
und Bubacher Wiesen.<br />
31
Grenzstreit 1757 zwischen Rümmelbach und Gresaubach, Topografi sche Karte,<br />
© Landeshauptarchiv Koblenz Best. 702 Nr. 6727<br />
Legende, in der erstmals der Ortsname „Nidersaubach“ auftaucht (zur Abgrenzung von Gresaubach;<br />
davor war unser Ort immer „Saubach“ genannt worden):<br />
„Topographische Karte deren streitbahren Orthen zwischen denen Gresaubacher Lotharinger und<br />
denen Einwohnern von Nidersaubach und Remelbach, Kayserlich Römisch Reichs Unterthanen,<br />
auf dem Grund abgezogen durch mich Henry le Cleve, Rearpenteur, wohnhaft zu Hestroff,<br />
von einem löblichen Maitrise oder Forstamt der Wässern und Waltungen in Lotharingen,<br />
aufgericht und sesshaft zu Busendorf, nachdem ich meinen dazu nothwendigen Eydt<br />
in Gegenwarth deren Herren Commissariis den 1. Augusti 1757 abgelegt.<br />
Zu wissen: Rückweisung, nach Angebung deren Einwohner zu Nidersaubach und Remelbach<br />
des Hochgerichts <strong>Lebach</strong>.<br />
Die rote Linie zeiget den Unterschied, wann man anfängt beim Buchstaben X, welcher<br />
im Anfang dem Graben mit Namen Dörrenbach. Ist auch zu beobachten, dass alle andere<br />
Observationes mit Ziffern gezeicht bis zum Endt dieser benannten Karten.<br />
1. Ist ein in Grund geschlagener Pfahl, im Anfang dieser Dörrenbach bey dem Buchstaben X.<br />
2. Ist ein anderer Pfahl, welcher 15 Schue weiter zu der Höhe, wo man angibt eine alte<br />
gewesene Brücke namens Schlumbrück, über der Saubach gelegen auf 18 Klafter gegen der Höhe.<br />
3. Ist ein Pfahl an einem Platz, wo jemahlen ein alter Baum gewesen.<br />
Von da auf 6 Klafter gegen der Höhe am Ufer des Grabens Saubach.“<br />
Von dem „Anstoß von Calmesweiler Feldland“ wurde die Banngrenze mit 9 Sandsteinen,<br />
die drei bis vier Schuh hoch und 10 zu 24 Zoll vierkantig in der Länge und Breite waren,<br />
bis zur Banngrenze mit Aschbach im Beisein der Vertreter der beiden Hochgerichte Eppelborn<br />
und <strong>Lebach</strong> eindeutig verzeichnet. Aus Niedersaubach unterschrieb Johannes Gensen<br />
im Namen seines kranken Schwiegervaters Peter Groß, des kurtrierischen Grundmeyers,<br />
die Urkunde über den Grenzverlauf. 50<br />
32
Grenzstein zwischen Gresaubach und Rümmelbach aus dem Jahr 1791, Foto aus dem Frühjahr<br />
2012, Blickrichtung von Gresaubach aus (am Nordring) nach Südost Richtung Niedersaubach<br />
Auswanderung nach Ungarn<br />
Der Streit um die Banngrenzen entspannte sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts aus mehreren<br />
Gründen. Zum einen wurde die Landwirtschaft ertragreicher durch neue Anbaumethoden.<br />
Zum anderen reisten Agenten durchs Land und warben für die Auswanderung ins österreichisch-ungarische<br />
Banat. Nicht zuletzt nahm die Erzgräberei auf dem Rümmelbacher<br />
und Greinhofer Bann einen deutlichen Aufschwung. In der Landwirtschaft wurde zwar die<br />
jahrhundertealte Drei-Felder-Wirtschaft weiter praktiziert. Allmählich setzte sich die Praxis<br />
durch, auf dem Brachland Rotklee oder Rüben auszusäen. Durch den Stickstoffeintrag wurde<br />
die Bodenqualität nachhaltig verbessert und ein hochwertiges Viehfutter erzeugt. Auch die<br />
Einführung der Kartoffel verbreiterte das Nahrungsmittelangebot für die Familien erheblich.<br />
Beim Grenzbegang zwischen Rümmelbach und Gresaubach im Jahr 1757 wurde festgestellt,<br />
dass die Gresaubacher im umstrittenen Bezirk beinahe einen halben Morgen Land<br />
mit Kartoffeln („Grundbirnen“) bepfl anzt hatten 51 . Für Kinder aus Bauernfamilien, die ohne<br />
eigenen Grundbesitz und ohne Kapital in ihrer Heimat wenige Chancen sahen, bot die<br />
Auswanderung eine Alternative. Die österreichische Regierung warb gezielt Siedler an, um<br />
das in den Türkenkriegen entvölkerte Land an ihrer Südost-Grenze wieder zu besiedeln.<br />
Als Anreiz winkten ein Zuschuss zu den Reisekosten, Land zur Bewirtschaftung und Steuerfreiheit.<br />
Die Felder und Wiesen musste allerdings erst urbar gemacht werden. Auch aus<br />
dem Saarland machten sich viele Siedler auf den weiten und beschwerlichen Weg.<br />
Aus der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> sind vier Auswandererfamilien bekannt, davon drei aus<br />
Niedersaubach und Rümmelbach. Am 26. April 1771 wanderte Peter Buchheit aus<br />
Niedersaubach mit seiner Frau Angela Schäfer aus Landsweiler nach Sackelhausen bei<br />
Temesvar aus 52 . Drei Jahre später stiftete der Schwager Jakob Hoffmann aus Landsweiler für<br />
die Familie des Peter Buchheit eine jährliche Messe über 15 Reichsthaler in der <strong>Lebach</strong>er<br />
Pfarrkirche 53 .<br />
33
Der Schneidermeister Nikolaus Schäfer aus Rümmelbach war bereits vor 1761<br />
nach Weißkirchen im südlichen Banat an der Grenze zu Rumänien aufgebrochen. Dort<br />
heiratete er eine Elisabeth Caspar, die vermutlich ebenfalls aus dem Saarland stammte 54 .<br />
Für Verheiratete fi el die staatliche Unterstützung großzügiger aus. Auch Nikolaus Britz, der<br />
aus Bettingen stammte, in erster Ehe mit Maria Schmid aus Niedersaubach verheiratet<br />
war und in Rümmelbach lebte, wagte im Alter von über 50 Jahren mit seiner zweiten<br />
Ehefrau Agnes Perges und vielen Kindern den Neuanfang, ebenfalls in Weißkirchen 55 . Für<br />
das Ehepaar wurde 1771 von Johannes und Peter Trenz von Aschbach ein Jahrgedächtnis<br />
in die <strong>Lebach</strong>er Kirche gestiftet 56 . Daneben fi nden sich im <strong>Lebach</strong>er Kirchenbuch<br />
weitere Familien, bei denen es über den Verbleib der Eltern und Kinder keine Hinweise<br />
gibt. Eine Auswanderung kann hier nicht ausgeschlossen werden.<br />
Erzgräberei und wirtschaftlicher Aufschwung<br />
Wann im Raum Niedersaubach-Rümmelbach erstmals systematisch nach Eisenerz gegraben<br />
wurde, ist nicht mehr zu ermitteln. Einen ersten konkreten Hinweis gibt es aus dem Jahr<br />
1731. Am 28. August 1731 meldete der <strong>Lebach</strong>er Hochgerichtsmeier Nicolaus Schäfer, dass<br />
der Dillinger Hüttenmeister Leclerc auf Rümmelbacher und Saubacher Bann unerlaubt<br />
nach Erz graben ließ 57 . Leclerc hatte jedoch nur die Erlaubnis, eine Probe zu nehmen.<br />
Daher wurde er vom Hochgericht zum Schadensersatz nebst den Unkosten verurteilt. Der<br />
Vorgang steht im Zusammenhang mit der um 1710 gegründeten Bettinger Schmelze. Sie war<br />
als Nebenwerk der Dillinger Hütte errichtet worden, um den Toneisenstein der so genannten<br />
<strong>Lebach</strong>er Schichten auszubeuten. Die Erze aus dem Toneisenstein hatten einen Eisengehalt<br />
von 20 bis 25 Prozent. Das daraus gewonnene Eisen ließ sich zudem besonders gut verarbeiten.<br />
Ein weiterer Vorteil lag darin, dass das Erz nesterweise dicht unter der Oberfl äche lag und<br />
daher im Tagebau gefördert werden konnte. Wegen ihrer Form wurden die Erzklumpen<br />
„<strong>Lebach</strong>er Eier“ genannt. Das Erz wurde in der Regel von den Arbeitern der Eisenwerke<br />
gegraben. Den Transport zu den Hüttenplätzen übernahmen die einheimischen Bauern<br />
mit ihren Fuhrwerken. So hatte beispielsweise Peter Schäfer aus dem Lothringer Haus<br />
in Rümmelbach im Jahr 1736 zwei Wagen und 14 Ochsen auf der Schmelz in<br />
Nunkirchen stehen 58 . Die Ausbeutung der Erze gehörte als so genanntes „Bergregal“ zu<br />
den Hoheitsrechten der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong>.<br />
Nur das gemeinsame Gericht konnte dieses Recht vergeben. Dies geschah in Form von<br />
befristeten Pachtverträgen. Neben dem Eisenwerk in Bettingen bemühten sich auch die<br />
Schmelzen in Nunkirchen, Münchweiler, Geislautern, Fischbach und St. Ingbert um die<br />
Schürfrechte. Das Hochgericht <strong>Lebach</strong> machte regelmäßig die Aufl age, dass für den Erztransport<br />
vorrangig einheimische Fuhrleute eingesetzt und die dem Land zugefügten Schäden<br />
vergütet werden sollten. Dies ist an anderer Stelle ausführlich dargestellt worden 59 . Das Entgelt<br />
aus der Erzkonzession war für die Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> ein beträchtlicher Teil der Gesamteinnahmen.<br />
Machten die Einnahmen 1756 noch 81 Reichsthaler im Jahr aus, so stiegen die<br />
Einnahmen 1768 bereits auf 226 Reichsthaler. Als die Äbtissin von Fraulautern 1784 die Erträge<br />
aus den Gruben am Steinberg bei ihrem Hof Greinhof nicht mehr in die Kasse der Vierherrschaft<br />
ablieferte, sondern für den Eigenbedarf verwandte, sanken deren Einnahmen erheblich.<br />
Gegen die Praxis der Äbtissin legten die übrigen Herren Protest ein, dem diese sich letztendlich<br />
beugte 60 . Die Erzmengen wurden im so genannten „Steigerhaus“ in Rümmelbach erfasst.<br />
34
Anschließend wurden sie ausgeliefert. Die Bauern in Niedersaubach, Rümmelbach und<br />
Umgebung transportierten das Erz mit ihren Pferdefuhrwerken zu den Eisenschmelzen.<br />
Auf diese Weise profi tierten sie vom Erzabbau. Für die einfache Fahrt waren sie zwischen einer<br />
Stunde nach Bettingen und sechs Stunden nach St. Ingbert unterwegs. Für die Fahrt zur<br />
Fischbacher Schmelze wurden 1758 beispielsweise 39 ½ Kreuzer erzielt. Zusätzlich konnten<br />
die Bauern in den werkseigenen Läden preiswert Lebensmittel für ihre Familien besorgen 61 .<br />
Abzulesen ist die wirtschaftliche Bedeutung der Transportleistungen am Pferdebestand in<br />
Niedersaubach und Rümmelbach. Wurden 1745 in Niedersaubach 19 Pferde und in<br />
Rümmelbach 6 Pferde gezählt, so hatte sich ihre Zahl 1791 in Niedersaubach mit 52 Tieren<br />
mehr als verdoppelt und in Rümmelbach auf 10 Zugtiere erhöht 62 . In der napoleonischen<br />
Zeit nahm die Erzgräberei nochmals einen deutlichen Aufschwung, bedingt vor<br />
allem durch die hohe Nachfrage des Militärs nach Eisen. Viele Einwohner von Rümmelbach<br />
und Niedersaubach betätigten sich als Betreiber von Eisensteingruben 63 . Ein Ergebnis<br />
dieser wirtschaftlich günstigen Situation ist sicher auch der Bau der ersten Antonius-Kapelle<br />
am Anfang des 19. Jahrhunderts an der Säkaul in Niedersaubach.<br />
Einwohnerliste von 1791<br />
Die Einwohnerliste vom 7. Dezember 1791 ist die einzige statistische Vollerhebung der Vierherrschaft<br />
<strong>Lebach</strong>. Der gesamte Kleinstaat hatte zu diesem Zeitpunkt 859 Einwohner.<br />
In Niedersaubach wohnten 96 Erwachsene und Kinder in 16 Häusern, in Rümmelbach 33<br />
Personen in 6 Häusern. Hinzu kam in Niedersaubach ein Viehbestand von 52 Pferden, 23<br />
Ochsen, 61 Kühen, 40 Rindern, 365 Schafen und 198 Schweinen. In Rümmelbach wurden<br />
10 Pferde, 20 Ochsen, 23 Kühe, 14 Rinder, 200 Schafe und 82 Schweine gezählt 64 .<br />
Einmarsch der Französischen Revolutionsarmee 1793<br />
Mit dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen im Sommer 1793 wurde die alte feudale<br />
Struktur der Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> beseitigt. Zunächst übernahm das Militär die Herrschaft,<br />
die für die Bevölkerung mit ziemlichem Schrecken verbunden war. „Diese Gemeinde<br />
ist schon dreimal durch das Militär ausgeplündert worden und Tag für Tag mit schweren<br />
Lieferungen an Fourage und Fleisch geplagt“, beschweren sich 1796 der <strong>Lebach</strong>er Bürgermeister<br />
und die Schöffen, darunter Nikolaus Scherer aus Rümmelbach und Mathias Altmayer<br />
aus Niedersaubach 65 . Mit der Französischen Revolution wurde aber auch die Leibeigenschaft<br />
aufgehoben. Zudem wurden die bisherigen Inhaber der Bauerngüter auch zu deren<br />
Eigentümern.<br />
<strong>Lebach</strong>er Soldaten unter Napoleon<br />
Mit dem Frieden von Luneville fi el 1801 das gesamte linksrheinische Gebiet staatsrechtlich<br />
an Frankreich. Damit galt auch in der ehemaligen Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> die allgemeine<br />
Wehrpfl icht in der französischen Armee. Da in der napoleonischen Zeit fast ständig Krieg geführt<br />
wurde, war der Bedarf an Soldaten groß. Im <strong>Lebach</strong>er Familienbuch von Gerhard Storb werden<br />
16 Soldaten aus der Vierherrschaft genannt. Vermerkt sind vornehmlich die jungen Männer,<br />
die von den Feldzügen nicht mehr zurückkamen.<br />
35
Allein beim Russlandfeldzug Napoleons von<br />
1812 kamen fünf <strong>Lebach</strong>er Soldaten ums Leben.<br />
Nur bei einem wird angegeben, dass er zurückkehrte.<br />
Aus Niedersaubach und Rümmelbach werden<br />
angegeben:<br />
• Schmit Nikolaus, *25.12.1791 Niedersaubach,<br />
„Napoleone secutus, in Rußia disparuit“<br />
(verschollen in Russland); Nikolaus Schmi(d)t<br />
stammte aus Hachen<br />
• Schneider Johann Mathias, *01.08.1781 Niedersaubach,<br />
„+ Miles in Rußia sub Napoleone“<br />
• Hoffmann Jacob, *02.02.1787 Rümmelbach,<br />
„Napoleone secutus, disparuit 66 “<br />
An Jacob Hoffmann erinnert das so genannte<br />
Napoleonskreuz in der Rümmelbacher Hügelstraße<br />
im Garten des Hauses Ney 67 . Mit der Abdankung<br />
Napoleons 1815 endete auch die Zeit des großen<br />
politischen und sozialen Umbruchs, die mit der<br />
Revolution von 1789 begonnen hatte. Die Vierherrschaft<br />
<strong>Lebach</strong> war untergegangen.<br />
Im Rahmen der Eingliederung unserer Region<br />
in die preußische Rheinprovinz wurde sie durch<br />
die Bürgermeisterei <strong>Lebach</strong> als neue Verwaltungseinheit<br />
abgelöst.<br />
Napoleonskreuz, errichtet 1809, zwecks<br />
Restaurierung abgebaut im Rahmen der<br />
Dorfbrunnensanierung 2009<br />
© Richard Wagner, <strong>Lebach</strong> 2008<br />
1<br />
Archiv der Abtei Tholey. Salbuch von 1707, S. 196. Der Verfasser dankt Herrn Johannes Naumann für die zur<br />
Verfügung gestellten Informationen<br />
2<br />
Die Herren von Schwarzenberg benannten sich nach ihrer gleichnamigen Burg bei Lockweiler<br />
3 Jungk August. Regesten zur Geschichte der ehemaligen Nassau-Saarbrückischen Lande bis 1381, in:<br />
Mitteilungen des Historischen <strong>Verein</strong>s für die Saargegend Nr. 13, 1914, S. 148<br />
4 v. Briesen Constantin. Urkundliche Geschichte des Kreises Merzig. Unveränderter Nachdruck Dillingen 1980, S. 261<br />
5 Landeshauptarchiv Koblenz. Bestand 51, 13 Nr. 5<br />
6<br />
Naumann Johannes. Die Freiherren von Hagen zur Motten. Blieskastel 2000, S. 56<br />
7 ebenda S. 60<br />
8<br />
Staerk Dieter. Die Wüstungen des Saarlandes. Saarbrücken 1976<br />
9<br />
Pauly Ferdinand. Das Landkapitel Merzig. Trier 1967. S. 171 ff.<br />
10<br />
Repplinger F. R., Arnold J. Vierherrschaft <strong>Lebach</strong>. <strong>Lebach</strong> 1991. S. 9<br />
11<br />
Hoppstädter K. und Herrmann H. W. Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes Bd. 2. Saarbrücken 1977. S. 467<br />
12<br />
Das Oberamt Schaumburg nach dem Bericht des Oberamtmanns Moser vom Jahr 1791<br />
Veröffentlichungen des <strong>Verein</strong>s für Naturschutz und Heimatpfl ege im Kreise Ottweiler. Ottweiler 1930. Heft 1, S. 45<br />
13<br />
LHA Koblenz. Bestand 24, Nr. 1787, S. 15<br />
14<br />
abgedruckt bei Repplinger F. R., Arnold J. a.a.O. S. 97 ff.<br />
15 Repplinger F. R., Arnold J. a.a.O. S. 97<br />
36
16<br />
Brommer Peter. Die Ämter Kurtriers. Edition des so genannten Feuerbuchs. Mainz 2003. S. 582 f.<br />
17 LA Saarbrücken. Bestand Schloss Münchweiler, Akten Nr. 327 S. 98<br />
18 Gerber Rudolf, Die Einwohner von St. Wendel bis 1700. Fotokopiertes Manuskript in der Stadtbibliothek Saarbrücken,<br />
Landeskundliche Abteilung<br />
19<br />
LHA Koblenz. Bestand 1 E Nr. 1316<br />
20<br />
LA Saarbrücken. Best. Schloss Münchweiler, Akten Nr. 380 S. 13 ff.<br />
21<br />
ebenda S. 41 ff.<br />
22<br />
ebenda S. 32<br />
23<br />
LA Saarbrücken. Best. Schloss Münchweiler, Akten Nr. 356 S. 37<br />
24<br />
Archiv der Abtei Tholey. Salbuch von 1707, S. 195<br />
25<br />
LA Saarbrücken. Bestand Schloss Münchweiler, Akten Nr. 347, S. 57<br />
26<br />
Marxen Willi. Brand des Dorfes <strong>Lebach</strong> – 1633. Saarbrücker Zeitung Mai 1950<br />
27<br />
LA Saarbrücken. Bestand Schloss Münchweiler, Akten Nr. 347 S. 49<br />
28<br />
LA Saarbrücken. Bestand Kloster Fraulautern Nr. 419, S. 76<br />
29<br />
LA Saarbrücken. Bestand Kloster Fraulautern Nr. 419, S. 76<br />
30<br />
LA Saarbrücken. Bestand Schloss Münchweiler, Akten Nr. 380 S. 18<br />
31<br />
ebenda S. 25<br />
32<br />
Stadtarchiv St. Wendel. Bestand A 48, S. 32 – 33<br />
33<br />
Deynet A. Tabellionsakten Lothringischer Notare. Bd. 1 S. 49, 60, 62, 66 und 124<br />
34<br />
LA Saarbrücken. Bestand Kloster Fraulautern, Bl. 74<br />
35<br />
Deynet A. Tabellionsakten Lothringischer Notare. Bd. 5, S. 80<br />
36<br />
LA Saarbrücken. Bestand Kloster Fraulautern, Bl. 75<br />
37<br />
Naumann J. Das verlorene Archiv der Abtei Tholey. Tholey 2004. S. 203<br />
38<br />
LHA Koblenz. Bestand 182 Nr. 108, S. 19 ff.<br />
39<br />
LA Saarbrücken. Bestand Schloss Münchweiler, Akten Nr. 380 S. 1 ff.<br />
40<br />
ebenda S. 46<br />
41<br />
LA Saarbrücken. Bestand Schloss Münchweiler, Akten Nr. 321. S. 1-4<br />
42<br />
LA Saarbrücken. Bestand Schloss Münchweiler, Akten Nr. 249. S. 39<br />
43<br />
LHA Koblenz. Bestand 1 C 6608, S. 447<br />
44<br />
ebenda<br />
45<br />
Heinrich Josef. Die Niedersaubacher Mühle. In: <strong>Historischer</strong> Kalender <strong>Lebach</strong> 2010 und das Oberamt Schaumburg<br />
nach dem Bericht des Oberamtmanns Moser vom Jahr 1791, a.a.O. S. 45<br />
46 LHA Koblenz. Bestand 1 C 416, S. 5 ff.<br />
47 vgl. die Darstellung des Grenzstreites bei Repplinger F. R., Arnold J. a.a.O. S. 41 ff.<br />
48<br />
LHA Koblenz. Bestand 702 Nr. 6727<br />
49<br />
LHA Koblenz. Bestand 51.13 Nr. 4, S. 1 - 32<br />
50<br />
LHA Koblenz. Bestand 51.13 Nr. 5, S. 11 ff.<br />
51<br />
LHA Koblenz. Bestand 51.13 Nr. 4, S. 28<br />
52<br />
Storb Gerhard. Die Familien in der katholischen Pfarrei Hl. Dreifaltigkeit und St. Marien <strong>Lebach</strong>. Saarlouis 1986. Teil 2, Nr. 75<br />
53<br />
Pfarrarchiv <strong>Lebach</strong>, Pfarrregister S. 143.<br />
54<br />
Storb Gerhard. a.a.O. Teil 1, Nr. 523<br />
55<br />
Storb Gerhard. a.a.O. Teil 1, Nr. 81<br />
56<br />
<strong>Historischer</strong> Kalender <strong>Lebach</strong> 1999, Blatt März 1999<br />
57<br />
Winter-Emden Ilse. Geschichte der <strong>Lebach</strong>er Erzgruben. Saarbrücken 1995. S. 93<br />
58<br />
LA Saarbrücken, Bestand Notariat Schaumberg. Bd. 4 . S. 830<br />
59<br />
Winter-Emden Ilse. a.a.O. S. 96<br />
60<br />
ebenda<br />
61<br />
ebenda S. 117 f.<br />
62<br />
LHA Koblenz. Bestand 1C 7527 und F. R. Repplinger, J. Arnold. a.a.O. S. 126 ff.<br />
63<br />
Winter-Emden Ilse. a.a.O. S. 135<br />
64<br />
abgedruckt bei Repplinger F. R., J. Arnold. a.a.O. S. 126 ff.<br />
65<br />
ebenda S. 171<br />
66<br />
Wagner Albert. Soldaten unter Napoleon. <strong>Historischer</strong> Kalender <strong>Lebach</strong> 1999. Storb G. a.a.O. Teil 2 Nr. 378, Nr. 386 und 179.<br />
67<br />
Wagner Richard. Wegekreuze und Bildstöcke in <strong>Lebach</strong>. <strong>Lebach</strong> 2007. S. 70<br />
37
Neipler Nekel<br />
Nikolaus Grohs als Sanitätssoldat<br />
im 1. Weltkrieg © Edith Spaniol<br />
(Neipler)<br />
Hinweis: auch die Verwertungsrechte<br />
der folgenden Bilder gehören,<br />
soweit nichts anderes<br />
beschrieben wird, Edith Spaniol<br />
(Nichte und Patentochter von<br />
Nikolaus Grohs)<br />
Ein Gang durchs Dorf mit Neipler Nekel<br />
Autor: Josef Heinrich, Niedersaubach<br />
Ältere Niedersaubacher werden sich noch erinnern, wie<br />
Neipler Nekel (Nikolaus Grohs, Pastor in Losheim) regelmäßig<br />
seine Ferien in Niedersaubach verbrachte. Er<br />
wohnte dann in seinem Elternhaus (Neipler), hielt morgens<br />
die heilige Messe in der Kapelle und war tagsüber unterwegs<br />
im Dorf und den angrenzenden Wiesen, Feldern und Wäldern:<br />
oft mit einer großen Pfeife im Mund, manchmal auch mit<br />
einem Gewehr auf dem Rücken.<br />
Es soll mitunter auch vorgekommen sein, dass er morgens<br />
nach der Messe einem Messdiener einen Frankenschein<br />
in die Hand drückte mit dem Auftrag, zu Schneidersch Pitt<br />
(dem Jagdpächter) zu gehen und den am Vortag<br />
„gewilderten“ Hasen zu bezahlen.<br />
Neipler Nekel liebte sein Heimatdorf, er kannte es wie<br />
kein Zweiter: Er kannte jedes Haus und jeden Winkel,<br />
er kannte jeden Baum im Dorf, und er wusste von jedem<br />
Obstbaum den Sortennamen, und er wusste, wie<br />
seine Früchte schmeckten. Diese Kenntnisse verdanke er<br />
seinem guten Gedächtnis und, wie er selbst versicherte,<br />
den eigenen Erfahrungen in seiner Kindheit und Jugend.<br />
Sein Interesse galt der Heimatgeschichte: Er schrieb auf, was er<br />
selbst aus der Zeit seiner Kindheit und Jugend erinnerte<br />
und auch, was er noch aus den Erzählungen Älterer wusste. Er hat eine Menge Aufzeichnungen<br />
hinterlassen über Bodenbeschaffenheit und Gewässer, darüber, wie die Menschen<br />
hier früher lebten und arbeiteten, und über frühgeschichtliche Funde. So berichtete er,<br />
dass er zusammen mit seinem Bruder Alois, Amtsvorsteher in Eppelborn, im Ziegelgraben einen<br />
alten römischen Brennofen ausgegraben habe. Auch berichtete er über Ausgrabungen<br />
in Rümmelbach, wo er „hinter Osters“ auf die Fundamente einer römischen Villa gestoßen sei.<br />
Lebensweg<br />
Nikolaus Grohs wurde am 10.03.1893 in Neipel, in der so genannten Thiesenmühle, geboren.<br />
Seine Mutter, Anna Grohs, geb. Thies (1869–1944), stammte aus Neipel, sein Vater, Johann<br />
Matthias Grohs (1864–1937), aus Niedersaubach. Nachdem seine Familie in den Heimatort<br />
des Vaters zurückgekehrt war, erlebte Nikolaus seine Jugend in Niedersaubach. Er besuchte<br />
die neu errichtete Dorfschule und wurde dann zusammen mit einigen anderen Saubacher<br />
Buben in die „Lateinschule“ bei Pastor Pfeifer aufgenommen. Pastor Pfeifer wollte mit<br />
seinem privaten Unterricht begabte Jungen auf den Besuch eines Gymnasiums vorbereiten.<br />
38
Dankbar betonte Pastor Grohs später: „Nicht Herr Dechant Schneider, sondern Pastor Pfeifer<br />
hat mir den Weg zum Priestertum geebnet.“ Beim Kapellenbau 1909/1910 beauftragte<br />
Pfarrer Pfeifer den Gymnasiasten Grohs mit der Organisation des Fahrdienstes an der Baustelle.<br />
So konnte Nikolaus Grohs später aus eigener Anschauung über die Arbeiten beim Kapellenbau<br />
berichten.<br />
Nach dem Abitur am<br />
Gymnasium in St. Wendel<br />
studierte Grohs Philosophie<br />
und Theologie in<br />
Trier. Am 8. August 1920<br />
wurde er im Hohen Dom<br />
zu Trier von Bischof Franz-<br />
Rudolf Bornewasser zum<br />
Priester geweiht. Seine<br />
Primiz feierte er am 15.<br />
August in der Pfarrkirche<br />
in <strong>Lebach</strong>. Von 1920 bis<br />
1922 wirkte er als Kaplan<br />
in Güchenbach und von<br />
1922 bis 1928 in Bitburg.<br />
1928 wurde er Pastor in<br />
Seesbach (Soonwald).<br />
1938 wurde ihm die Pfarrstelle<br />
in Losheim übertragen,<br />
wo er bis zu seiner<br />
Emeritierung am 28.04.1968<br />
seinen Dienst versah.<br />
Seinen zunächst noch<br />
sehr aktiven Ruhestand<br />
(Aushilfe in der Seelsorge<br />
und umfangreiche archäologische<br />
Arbeiten) verbrachte<br />
er in Hausbach,<br />
wo er die leerstehende<br />
Lehrerdienstwohnung bezog.<br />
Er starb am 18.09.1981<br />
und wurde in der Pfarrkirche<br />
in Losheim begraben.<br />
Familie Grohs in Kewersch Garten hinter dem Neipler Haus während<br />
des 1. Weltkriegs mit dem später gefallenen Sohn, Johann Grohs,<br />
der am 2. Mai 1915 als Kriegsfreiwilliger im Alter von 18 Jahren<br />
in der 2. Flandernschlacht während eines Sturmangriffs bei Ypern<br />
(Belgien) fi el; von links nach rechts hintere Reihe: Anna, Martha,<br />
Nikolaus, Johann, Peter; vordere Reihe: Klara, Anna und Maria, Alois,<br />
Johann und Emil, Josef und Toni.<br />
Prozession zur Primizfeier in der <strong>Lebach</strong>er Pfarrkirche etwa in Höhe<br />
der alten Post in der Tholeyer Straße, wo sich heute das Kino befi ndet<br />
39
Pastor in Kriegszeiten und Kirchenneubau<br />
Als Pastor und Heimatforscher hat sich Nikolaus Grohs den Respekt und die Liebe seiner Mitbürger<br />
und Pfarrkinder in Losheim erworben. Besonders hoch angerechnet wurde ihm sein<br />
Einsatz in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges, als Losheim zur Frontlinie gehörte.<br />
Am 03. Dezember 1944 ging ohne Fliegeralarm ein Bombenteppich auf Losheim nieder,<br />
Pfarrer Grohs öffnete sein Pfarrhaus für die Verwundeten. „Als in den letzten Kriegswochen<br />
die Geißel des Krieges und der Zerstörung noch gräßlicher über Losheim hereinbrach, brachte<br />
er die heilige Kommunion zu den Menschen in den Stollen und sprach ihnen Trost und<br />
Mut zu, auch im kriegszerstörten Krankenhaus den Verletzten und den Flüchtlingen. Selbst bei<br />
starkem Artilleriefeuer, Bombenangriff und Bordwaffenbeschuss wurden von ihm die Toten jener<br />
Tage mit kirchlichen Ehren auf den Friedhof zur letzten Ruhe gebettet.“ (Nikolaus Grohs,<br />
Pfarrer, Heimatforscher und Archäologe, S. 13) Er selbst erzählte später im Ruhestand seinem<br />
Nachbarn und Freund Ludwig Schmal, wie er bei diesen gefährlichen Seelsorgegängen,<br />
bei denen er das Allerheiligste zu den Sterbenden trug, gebetet hat: „Lieber Gott und Vater, hilf<br />
mir und gib acht, dass ich nicht falle, und denke daran, wenn ich falle, fällst du mit!“ (ebd. S. 21)<br />
Am 16. März 1945 wurde die alte Losheimer Pfarrkirche zerstört. Sobald die Waffen schwiegen,<br />
begann Pastor Grohs mit seinen Pfarrkindern, den Schutt wegzuräumen, um den Neubau<br />
einer Kirche in Angriff zu nehmen. Zunächst wurde 1948/1949 ein neues Kirchenschiff<br />
errichtet. 1953 wurde der Glockenturm hinzugefügt, und am 26.08.1956 konnten die neuen<br />
Kirchenglocken eingeweiht werden.<br />
Als Pfarrer war Nikolaus Grohs ein richtiger „Häär“ (Pfarr-Herr) alten Zuschnitts, konservativ,<br />
aber volkstümlich und mit Humor. Einige seiner „Mucken“, wie man in Losheim sagte,<br />
blieben noch lange in Erinnerung. So bestand er unter allen Umständen darauf, dass Neugeborene<br />
innerhalb einer Woche zur Taufe gebracht wurden. Und besonderen Wert legte<br />
er auf die Einhaltung des Sonntags-Heumach-Verbots. Eine alte Losheimerin erzählte:<br />
„Wenn die Bauern dagegen verstießen, dann fuhr er mit ihnen von der Kanzel direkt in die Hölle.“<br />
Er selbst erzählte, wie eine alte Frau sich bei ihm über die Lausbuben beschwerte, die<br />
ihr das Obst in ihrem Garten stibitzten, und meinte, es sei doch Aufgabe des Pastors,<br />
gegen diese Unsitte einzuschreiten. Da sei er ein bisschen nachdenklich geworden und<br />
habe der guten Frau gesagt: „E so schlemm Sind (Sünde) es dat ach nommo net, domet<br />
kennen se emmerhin noch<br />
Paschtor genn. De Henner<br />
hauen derfen der en ewer–<br />
wenn der se grein. Dat hat us<br />
Motter met us ach emmer<br />
gemach.“<br />
So sah Niedersaubach Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts aus; Unterund<br />
Oberdorf sind noch<br />
deutlich getrennt; das Schulhaus<br />
steht schon am Kalkofen,<br />
aber die neue Antoniuskapelle<br />
ist noch nicht gebaut (1910)<br />
Fotoarchiv: Paul Mattick<br />
40
Heimatforscher und Archäologe<br />
Im Zuge des Wiederaufbaus der kriegszerstörten Kirche stieß man auf dem Kirchenhügel<br />
auf archäologische Funde. Trotz der damit verbundenen Zeitverzögerung beim Kirchenbau<br />
bestand Pfarrer Grohs auf einer fachgemäßen Durchforschung des Kirchengeländes.<br />
Er rief das Konservatoramt zu Hilfe, das mit seinem Facharchäologen auch bei der Veröffentlichung<br />
der Grabungsergebnisse behilfl ich war. Dann richtete sich das Interesse des Heimatforschers<br />
Nikolaus Grohs auf vor- und frühgeschichtliche Plätze in der Umgebung Losheims.<br />
Zusammen mit dem Konservatoramt führte er umfangreiche Ausgrabungen durch und dokumentierte<br />
die Forschungsergebnisse in zahlreichen Fachveröffentlichungen.<br />
Sein archäologisches Interesse war angeregt worden durch die Ausgrabung der Villa<br />
„Weinheck“ in <strong>Lebach</strong> (1938). Damals verfolgte er die Ausgrabungen als interessierter<br />
Beobachter. Dabei beschrieb und zeichnete er, was er beobachtete.<br />
Als später die Unterlagen des Konservatoramtes im Krieg verbrannten, wurden diese<br />
Aufzeichnungen zu wichtigen Dokumenten über die Grabungskampagne in <strong>Lebach</strong>.<br />
(Nikolaus Grohs. Pfarrer, Heimatforscher und Archäologe S. 43)<br />
Ehrungen<br />
1963 feierte Nikolaus Grohs sein silbernes<br />
Jubiläum als Pastor in Losheim. Bei diesem<br />
Fest wurde ihm in Anerkennung seiner<br />
Verdienste um Losheim von der Gemeinde<br />
die Ehrenbürgerwürde verliehen.<br />
In seiner Dankesrede sagte er:<br />
„Mir hat die Arbeit als Pastor stets Freude<br />
gemacht, und Gott gab mir zudem die<br />
Gnade, dass ich keinen Tag in all den 25<br />
Jahren meines Wirkens krank war.“<br />
Er schloss – typisch für Pastor Grohs –<br />
mit den Worten: „Ich bin da für alle,<br />
die ‚Andersgläubigen‘ nicht ausgenommen.“<br />
(ebd. S. 41)<br />
1968 wurde Pastor Grohs das Bundesverdienstkreuz<br />
verliehen. Dieses wurde<br />
ihm am 28.04.1968 bei seiner Verabschiedung<br />
in den Ruhestand vom damaligen<br />
Ministerpräsidenten, Dr. Franz-Josef Röder,<br />
überreicht. In seiner Laudatio würdigte<br />
der Ministerpräsident besonders die Verdienste<br />
des Geehrten um die Sicherung<br />
und Bewahrung des heimischen Kulturgutes.<br />
Pastor Grohs erhält das Bundesverdienstkreuz aus den<br />
Händen von Ministerpräsident Franz-Josef Röder<br />
41
Schneidersch Schwester<br />
Elisabeth Thewes verließ Niedersaubach<br />
1904; sie wurde Ordensschwester Alfonsina<br />
bei den Redemptoristinnen, zuletzt<br />
in Wien, wo sie 1966 verstarb<br />
© Klara Ney (Schneidersch)<br />
Pastor Nikolaus Grohs verband eine Jahrzehnte<br />
währende (Brief-) Freundschaft mit der Klosterschwester<br />
Maria Alfonsina, Elisabeth Thewes<br />
(Schneidersch Schwester), aus dem Orden der<br />
Redemptoristinnen.<br />
Elisabeth Thewes wurde 1877 in Niedersaubach<br />
geboren. Ihre Eltern waren Peter Thewes (1840–1921)<br />
und Catharina Thewes, geb. Schweizer (1840–1902).<br />
Am 25.11.1904 trat sie als Novizin in das Kloster<br />
der Redemptoristinnen in Namur/Belgien ein.<br />
Die Redemptoristinnen waren (damals) ein sehr<br />
strenger Klausurorden. Einen Heimaturlaub gab es<br />
für die Ordensmitglieder nicht.<br />
Auch als sie 1915 (1. Weltkrieg) als Deutsche aus<br />
Belgien ausgewiesen und ins Kloster Mariental<br />
(Niederlande) versetzt wurde wie auch 1921,<br />
bei ihrer Versetzung nach Wien-Mauer, blieb ihr<br />
ein Heimatbesuch verwehrt; es gab nur den<br />
direkten Umzug von einem Kloster ins andere.<br />
Von 1923 bis 1926 und dann wieder von 1929<br />
bis 1964 war sie Oberin ihres Konvents.<br />
Sie starb am 18.01.1966 in Wien-Mauer und wurde auf dem von ihr angelegten Klosterfriedhof<br />
beigesetzt. Pastor Grohs hielt über Jahre briefl ichen Kontakt zur Schneidersch<br />
Schwester und unterstützte den (in den 1920er und 1940er Jahren sehr) armen Konvent<br />
mit regelmäßigen Spenden.<br />
Schneidersch-Haus oberhalb von Schmitz und Hachen in der Lach um 1900; es wurde<br />
nach dem 2. Weltkrieg abgerissen; das neue Schneidersch-Haus steht ganz oben<br />
in der Heck; © Klara Ney (Schneidersch)<br />
42
Erinnerungsalbum für Schneidersch Schwester<br />
In den 50er Jahren erstellte Pastor Grohs für Schneidersch Schwester ein Album über Niedersaubach.<br />
Er ging mit einem Fotografen durch den Ort und ließ Häuser und Straßen, Bäume<br />
und Landschaft aus allen Blickwinkeln fotografi eren. Diese Bilder klebte er in ein großes Heft<br />
und versah sie mit ausführlichen Erklärungen. Dazwischen schrieb er Erinnerungen und Geschichten<br />
von früher. Er erzählte von Kindheits- und Jugenderlebnissen, er berichtete über<br />
Saubacher Leute und über das Leben von damals. In einer launigen Geschichte erzählte<br />
er z. B. vom „Laxemkochen“, er berichtete über die Wegekreuze und ihre Bedeutung.<br />
Kurz, er entwarf ein Bild von Saubach, wie es die Schwester aus ihrer Jugend in Erinnerung hatte,<br />
um dann auch über die Veränderungen seit ihrem Weggang zu berichten. Auf die Frontseite<br />
des Albums hat er als Widmung geschrieben: „Der ersten Gottes-Braut unseres lieben<br />
Heimat-Dorfes Niedersaubach, der Ehrwürdigen Priorin und Jubel-Schwester Alfonsa,<br />
geb. Elisabeth Thewes, im Kloster der Redemptoristinnen Wien XXIII-Mauer, die nach 55-jähriger<br />
Abwesenheit der Heimat in tiefer Treue die Anhänglichkeit bewahrt – gewidmet von dem<br />
„Saubacher Kend“ Neipeler Nekel, Pastor in Losheim. Weihnachten 1959.“<br />
Weihnachtsgrüße 1959 von Neipler Nekel an Schneidersch Schwester<br />
Schwester Alfonsa bedankte sich überschwänglich. In der Sorge, dieses wertvolle Dokument<br />
der geliebten Heimat könnte „in einem eventuellen Trubel, was leicht könnte sein, verlorengehen“,<br />
schickte sie das Album nach Losheim zurück: „Sobald sich eine günstige Gelegenheit<br />
fi ndet, wird mein Kleinod die Reise zu Dir unternehmen, aber mit der deutschen Post.“<br />
(Schwester Alfonsina traute der politischen Lage in Österreich nicht: „Es ist unser mächtiger<br />
Nachbar hinter dem Eisernen Vorhang, dessen angebliche Sympathie uns kein Vertrauen<br />
einfl ößt. Unser Kloster erregt auch noch anderen Appetit, es zu besitzen.“)<br />
Aus dem Nachlass von Pastor Grohs gelangte das Album später in den Besitz von Edith Spaniol,<br />
der Nichte und Patentochter von Pastor Grohs, und wurde so zu einem wichtigen Dokument<br />
der Geschichte unseres Dorfes.<br />
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Literatur:<br />
Nikolaus Grohs. Pfarrer, Heimatforscher und Archäologe, Losheimer Reihe zur Heimatgeschichte<br />
I, 1999<br />
Losheim einst und jetzt. Losheimer Festtage vom 10. - 14.09.1971<br />
Ernst Kohr. Elisabeth Thewes. Aus der Lebensgeschichte der Klosterfrau Maria Alfonsina<br />
aus Niedersaubach bei <strong>Lebach</strong>, Band 19 (2006) der Schriftenreihe des Heimatkundlichen<br />
<strong>Verein</strong>s Köllertal<br />
Neipler Nekel war unzählige Male im Dorf unterwegs, um auf Zeichnungen festzuhalten,<br />
wie sich die Situation verändert hat; hier die vergangenen Verhältnisse am “Burren”<br />
44
Der “Burren” um 1940; Blick nach Osten Richtung Aschbach; Fotoarchiv: Paul Mattick<br />
Blick ins Oberdorf: Lauersch-Haus mit Zehntscheune sowie Schmitz-Haus; Fotoarchiv: Paul Mattick<br />
45
Gang durch Niedersaubach 1959<br />
Im Folgenden sind einige Bilder abgedruckt aus Neipler Nekels Album für Schneidersch<br />
Schwester mitsamt seinen Erklärungen.<br />
1. Kreuz unter den Linden auf dem „Grohsen Door“, um 1950. Vor diesem Kreuz habe ich als<br />
Kind oft gekniet und habe um meinen Beruf gebetet. Ich glaube, auch Du hast es oft getan.<br />
Weißt Du noch, wie wir immer mit den Toten auf dem Bauern-Wagen hier und an allen<br />
Wegkreuzen hielten und für ihre Seelen-Ruhe beteten Heute stehen hinter und unter<br />
der Linde und auch davor schon Häuser; die Schutthaufen hinter den Bäumen sind Abraum<br />
für die Neubauten. Saubach und <strong>Lebach</strong> stoßen hier zusammen.<br />
2. Dorfeingang. Neue Straße! Bambachs (rechts), Neu-Zappen (links), Peters Schopp -<br />
hier stand die alte Kapelle. Die Früh-Wendels-Bieren stehen noch – oben am Hang.<br />
46
3. „Alt-Peters“ hier steht die Zeit still,<br />
wie in deiner Jugend noch<br />
Peters Schweinestall und Mistkaul.<br />
Der alte Zucker-Bieren- und Kirchen-<br />
Bieren-Baum gegenüber der Säkaul<br />
in Müllers Garten sind auch gefallen.<br />
Heute steht ein Haus da;<br />
Hirten Maria hat es gebaut.<br />
4. Alt-Brendels, Neu-Brendels. Brendels<br />
Fritz und sei Ammei tot, Weg zur<br />
Mühle, Mühle steht heute<br />
still, Engels Garten.<br />
5. Schäwersch Haus im Unterdorf,<br />
Rauen-Haus. Genau wie in unserer<br />
Jugend.<br />
47
6. Unterdorf: Wirtschaft Homes, neues Haus Heinrich, Rauen, Rauen Lies dud de Mescht aus.<br />
7. Alt-Beitzer Scheuer, Freisen-Haus, Freisen-Wäldchen.<br />
48
8. Neu-Peters mit den<br />
Kästen-Bäumen,<br />
neue Straße 2 Meter<br />
gehöht, Peters Garten<br />
mit den alten<br />
Bäumen.<br />
9. Kapelle von der Säkaul aus.<br />
49
10. Lepsen-Berg mit neuen<br />
Häusern, Lepsen-Jäb, Lepsen-Handchen,<br />
Villa von<br />
Direktor Riehm, Sohn von<br />
Lepsen-Handchen, Lepsen-<br />
Hand lebt noch.<br />
11. Blick vom Lepsen-Berg<br />
nach Kreuzwiesersch, hier<br />
stand die alte Schmiede,<br />
alle Häuser neu – schade!<br />
Hier stand die alte Eiche<br />
– musste der Autostraße<br />
weichen.<br />
50
12. Schommersch,<br />
Neipler, Schmitz, Hirten-<br />
Lies lebt noch, ist aber<br />
vorige Woche versehen<br />
worden.<br />
13. Aufnahme 1940: Altes<br />
Hirten-Haus, steht nicht<br />
mehr, heute steht an<br />
dieser Stelle die Milch-<br />
Sammelstelle.<br />
51<br />
14. Mein Vaterhaus<br />
nach dem Umbau.<br />
Durch Kriegseinwirkung<br />
war die Vorderfront<br />
baufällig,<br />
musste ganz herausgenommen<br />
werden. Früher<br />
stand das Haus<br />
1 ½ Meter über<br />
der Straße, heute<br />
ist die Straße<br />
mit Hofgering<br />
gleich, dadurch<br />
ist der Vorgarten<br />
verschwunden.
15. „Euer Wies“, schade um die alte Mauer, auf der wir so schön springen konnten,<br />
Breggelchen, altes Steingeländer verschwunden, Transformatoren-Haus neu.<br />
16. Ewai gehen mer ent ewerscht Dorf, da sen mir zwei Saubacher Kenner ganz dahemm.<br />
Kewersch ihr Wies, elo hat der alt Kelter-Bierenbam gestann, der es net mer do,<br />
ach die zween anner Bäm,<br />
Jagersch-Bieren bei Lauersch<br />
sen erem gehau.<br />
Kewersch Haus es ach<br />
em gebaut, der Petter<br />
es schon lang dot, ach sein<br />
Frau es dot, die Kinder<br />
sind fort. Haus im Besitz<br />
von Lottringersch „Hüwel-<br />
Bäwel“ aus Remmelbach.<br />
52
17. Neu-Meiersch, Neubau, Kronen unverändert, Alt-Kronen wie früher, neue Wirtschaft.<br />
Wie scheen wor et freiher, als der alt Kronen-Pit und sein Frau noch do woren, scheene<br />
Erinnerungen an den alten Lorentius-Bieren-Bam on den Garten met den Beien;<br />
eich wor gär beim alten Pit, wenn er an de Beien geschafft hat. Wat wor dat emmer<br />
en Spaß, wenn de Beien geschwärmt han, wenn dann Kronen-Bas met der Pann<br />
gekläppert hat, on der alt Pit de Schwarm en de Bämen gefänkt hat. Nebendran wor dat<br />
Grohs „Meschden-Puddels“-Loch in eurer Wies – lang ist’s her, et wor scheen!!<br />
18. Blick von Hachen of de Dewels-Grawen on et Eichelchen on de Heck. Hachen-Käth hatte ich<br />
als Kind immer besonders gern, es hot mer emmer, wenn eich em en<br />
Kreizwiesers-Budik käfen gang sen, en Appelklotz gebackt.<br />
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19. Lauersch Haus, genau wie früher: der Stall on de Scheier on der Schopp on der Garten.<br />
Ich weiß noch gut, Du sicher auch, wie die alte Scheune, die quer zur Straße stand,<br />
abgerissen wurde. Dort hatten die Seiltänzer immer ihr Gestell aufgestellt, wenn sie abends<br />
ihre Vorstellungen gaben.<br />
20. Derhemm! Alt Thewes-Haus,<br />
genannt Schneidersch,<br />
um 1900.<br />
54
21. Schmitz-Haus, malerischer Winkel, Durchblick zu eurem Haus. Em Fenster: Schmitz<br />
Maria. Vor dem Haus: der Kläs und ich und die Enkel aus dem Hause; vier Generationen,<br />
die ich kenne.<br />
Als ich Maria sagte: Wir machen Aufnahmen für Schneiders Lies, sagte Maria ganz<br />
aufgeregt die gerade aus dem Schweinestall kam: Jemen neijes, dann moss<br />
eich ewer noch en fresch Schürz andun on meich wäschen on de Hoor machen!<br />
Schade, der schöne alte Überbau ist nicht mehr da. Das Dach verbrannte vor einigen<br />
Jahren, da hat man die Front vorgezogen. Der stille Platz, Neststätte von über 100<br />
Schwalben, ist nicht mehr! Wie oft saß ich an stillen Sommernachmittagen bei der guten<br />
Grohs und dem Großvater als kleiner Junge dort und sah mit Entzücken den Vögeln zu.<br />
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22. Die alte Linde mit dem trauten Kreuz. Was könnte sie erzählen!!<br />
Hier habe ich sehr oft gebetet als Kind, wenn ich mit den Kühen von der Weide<br />
kam von den Schotten vor dem Bilde der schmerzhaften Mutter,<br />
das das gute „Kreuzwieser Len“ hatte anbringen lassen, innig gebetet um meinen Beruf<br />
in aussichtsloser Zeit; Gott hat mein Gebet erhört und Maria, als er 1907<br />
uns Pfarrer Pfeifer schickte. Gedankt habe ich am 15. August 1920 der<br />
Gottesmutter morgens um ½ 6 an dieser hl. Stelle. In stiller Betrachtung ging ich bei<br />
strahlender Sonne über den Dompenberger Weg nochmals den liebsten Weg meiner<br />
Kindheit; mit Dank gegen Gott und Maria habe ich hier an der Linde unter dem Kreuz<br />
gesessen eine ganze Stunde, und ich ging dann tief beglückt heim (zur Feier der Primiz<br />
in der <strong>Lebach</strong>er Pfarrkirche).<br />
56
Die Opfer der Weltkriege 1914-1918 und 1939-1945<br />
Autor: Lothar Schmidt, Hachen/Kreuzwies<br />
Ursprünglich wollte ich hier in der <strong>Festschrift</strong> ausführlicher über die Schicksale unserer Weltkriegsopfer<br />
berichten. Dafür steht mir nun aus drucktechnischen Gründen nicht mehr der<br />
nötige Platz zur Verfügung. Allerdings werden wir an unserer Gedenkveranstaltung am<br />
Volkstrauertag 2012 in der Antoniuskapelle an unsere jungen Männer erinnern, die in den<br />
Weltkriegen umgekommen sind; vergessen wollen wir dabei nicht, dass es während des<br />
2. Weltkrieges neben den militärischen auch zivile Todesopfer zu beklagen gab. Sehr ausführlich<br />
kann man sich über diese Einzelschicksale informieren auf unserer Internetseite:<br />
www.unser-niedersaubach.de: 16 Tote des 1. und 31 Tote des 2. Weltkrieges sollen nicht<br />
vergessen sein.<br />
Wunderbar begründet hat diese friedensstiftende Idee des Nicht-Vergessen-Dürfens der<br />
luxemburgische Premier, Jean-Claude Juncker, in seiner Gedenkrede vor dem deutschen<br />
Bundestag in Berlin am Volkstrauertag 2008: „Wer an Europa zweifelt, wer an<br />
Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen! Nirgendwo besser, nirgendwo<br />
eindringlicher, nirgendwo bewegender ist zu spüren, was das europäische Gegeneinander an<br />
Schlimmstem bewirken kann. Das Nicht-Zusammenleben-Wollen und das Nicht-Zusammenleben-Können<br />
haben im 20. Jahrhundert 80 Millionen Menschen das Leben gekostet.<br />
Jede Stunde des Zweiten Weltkrieges hat 1.045 Tote gebracht.“ Seinem Appell sollten<br />
wir unbedingt folgen.<br />
Im Artikel von Klaus Feld über die Vierherrschaft <strong>Lebach</strong> wurden schon die Gefallenen<br />
der Napoleonischen Kriege (1801–1815) genannt: Nikolaus Schmi(d)t (Hachen), geb.:<br />
25.12.1792 in Niedersaubach, Johann Mathias Schneider, geb.: 01.08.1781 in Niedersaubach<br />
und Jakob Hoffmann, geb.: 02.02.1787 in Rümmelbach.<br />
Die Gefallenen des 70er Krieges (Deutsch-Französischer Krieg 1870–1871) haben wir noch<br />
nicht herausfi nden können. Wir haben zwar die Liste der Mitglieder des Niedersaubacher<br />
Kriegervereins im Kaiserreich (1871–1919) im <strong>Lebach</strong>er Stadtarchiv gefunden (Albert Wagner,<br />
<strong>Lebach</strong>, hat uns dabei geholfen); aber die Namen der Gefallenen, die es sicherlich auf<br />
den lothringischen Schlachtfeldern bei den Rheinischen Infanterieregimentern, wo unsere<br />
jungen Männer normalerweise dienten, gegeben hatte, müssen wir noch im Metzer Militärarchiv<br />
suchen, wo eine Kopie der verlorenen Liste der deutschen Gefallenen dieses Krieges,<br />
die im Ossarium in Gravelotte (Lothringen) aufbewahrt worden war, liegen soll.<br />
Die Schicksale der Gefallenen und der zivilen Todesopfer der beiden Weltkriege konnte unsere<br />
Arbeitsgruppe ziemlich gut aufarbeiten. Ich will nun versuchen, wenigstens einen kleinen<br />
Überblick über die Verluste zu geben, die unsere beiden Dörfern zu beklagen haben.<br />
57
1. Weltkrieg<br />
Franz Alt (*28.10.1894/† 01.11.1915), Homes (Lach), Eltern: Jacob Alt und Louise, geb. Jank,<br />
Kanonier im lothringischen Fußartillerie-Regiment Nr. 16 (in der 5. Batterie des II. Bataillons),<br />
Todesort: Kevevara (jetzt: Kovin, Vojvodina, Serbien), Todesursache: Typhus, keine bekannte<br />
Grablage.<br />
Nikolaus Alt (*08.01.1897/†unbekannt), Homes (Lach), Mutter: Elisabeth Alt, am 12. März 1916<br />
als Rekrut an die Ostfront eingezogen, Einheit nicht bekannt, keine bekannte Grablage.<br />
Johann Austgen (*11.10.1885/†23.03.1918), Schäppes (Rümmelbach), Eltern: Michel Austgen<br />
und Maria, geb. Hoffmann, Fahrer beim Fußartillerieregiment 18 (das Thüringische),<br />
7. Reservebataillon, Grablage in Mennevret (Frankreich), Block 1, Grab 125.<br />
Nikolaus Biesel (*13.08.1894/†24.06.1916), Schommersch (Unterdorf), Eltern: Peter Biesel und<br />
Barbara, geb. Bettscheider, Kanonier im Feldartillerie-Regiment von Holtzendorff (1. Rheinisches)<br />
Nr. 8, Grablage: Mazuty in den Masuren (Ermland), jetzt: Mażucie, Polen, beglaubigt von<br />
Baptist Schäfer (Grawen Battis) aus Niedersaubach, der dort ebenfalls beim Kampf um<br />
Warschau und Brest-Litowsk im Einsatz war und sein Grab besuchte, Grablage beim Volksbund<br />
nicht bekannt.<br />
Wilhelm Brill (*01.12.1892/†22.11.1914), Greinhof, Eltern: Johann Brill und Elisabeth, geb.: Quinten,<br />
Einheit: nicht bekannt, keine bekannte Grablage.<br />
Peter Britz (*29.03.1894/†04.01.1915), Freisen (Unterdorf), Eltern: Peter Britz und Maria, geb. Lehnert,<br />
Musketier in der 11. Kompanie des Königlich-Preußischen Infanterie-Regimentes Nr. 161,<br />
gefallen bei einem Sturmangriff in der Nähe von Sennheim (Cernay) im Oberelsass, Grablage<br />
(vermutlich) in Breitenbach (Département Haut-Rhin).<br />
Nikolaus Brück (*01.12.1893/†21.04.1915), Diwer (Lach), Eltern: Nikolaus und Maria, geb. Biesel,<br />
Einheit: 86. Infanteriebrigade (Saarlouis), vermisst (vermutlich) während der 2. Flandernschlacht<br />
im Argonnerwald.<br />
Johann Grohs (*01.04.1897/†02.05.1915), Neipler, Eltern: Johann Grohs und Anna, geb.Thies,<br />
Gymnasiast, Einjähriger Kriegsfreiwilliger im Königlich-Preußischen Reserve-Infanterie-Regiment<br />
(RIR) 213 (dort im Maschinengewehr-Zug 35), Verletzung durch einen Granatschuss<br />
bei einem Sturmangriff bei Ypern (Het Sas) am 28. April 1915 während der<br />
2. Flandernschlacht in Belgien, verstarb im Lazarett in Thourout (Flandern), Grablage:<br />
Hooglede (nordwestlich von Roeselare in Flandern, Belgien).<br />
Johann Heinrich (*26.12.1889/ †07.02.1915), Hirten (Lach), Eltern: Jacob Heinrich und Margaretha,<br />
geb. Rau, Einheit: Reservist, 1. Kompanie des 4. Bataillons im Infanterie-Regiment 67 (das Madgeburgische),<br />
gefallen bei Sturmangriff im Argonnerwald in der Nacht vom 5.<br />
auf den 6. Februar 1915, Grablage auf dem deutschen Sammelfriedhof in Consevoye<br />
(Département Meuse): Block 3/Grab 1475.<br />
Peter Kuhn (*13.03.1895/†06.05.1917), Grawen (Heck), Eltern: Jacob Kuhn und Katharina,<br />
geb. Becker, Einheit: San-Uffz in Sanitätskompanie 619, Ersatz-Abteilung: Train, Abteilung 1,<br />
Cossel, Grablage: Aussonce (Frankreich), Block 1, Grab 441.<br />
58
Johann Riehm (*14.02.1889/†1914 oder 1915), Rauen (Unterdorf), Eltern: Peter Riehm und Maria,<br />
geb. Baus, Einheit: Reservist bei Landwehr an der Ostfront, (vermutlich) gefallen<br />
in den Karpaten (jetzt: Rumänien).<br />
Johann Schäfer (*29.12.1894/†25.03.1918), Brendels (Unterdorf), Eltern: Wilhelm Schäfer<br />
und Johanna, geb. Schwinn, Einheit: Einjähriger Kriegsfreiwilliger, Vizefeldwebel und<br />
Offi ziersanwärter, 1. Maschinengewehr-Kompanie des Feldartillerie-Regiments 67 (das 2. Unterelsässische),<br />
Grablage: Nampcel (Frankreich), Block 3, Grab 54.<br />
Wilhelm Schäfer (*10.03.1886/†unbekannt), Brendels (Unterdorf), Eltern: Mathias Schäfer<br />
und Maria, geb. Thewes, Einheit: (verm.) Musketier beim 8. Rheinischen Infanterie-Regiment<br />
Nr. 70 (9. Kompanie des II. Bataillons), Todesort: (verm.) Crémery (Frankreich).<br />
Jakob Schmidt (*11.08.1899/†25.08.1918), Bejtzer (Unterdorf), Eltern: Peter Schmidt und<br />
Katharina, geb. Kallenborn, Einheit: Stab/Landwehr Fuss-Art. Btl. 41, Grablage: Bousbeque/<br />
Frankreich (franz. Flandern), Block 3 , Grab 915.<br />
Johann Schmitt (*22.08.1890/†10.11.1914), Lacher, Eltern: Nicolaus Schmitt und Maria, geb.<br />
Schäfer, Einheit: Gefreiter, Infanterieregiment 67, 11. Kompanie, Auszeichnung: EK 2, Todesort:<br />
Montblainville (Argonnerwald), Grablage: Consenvoye (Frankreich), Endgrablage: Block 3,<br />
Grab 1812.<br />
Michael (Michel) Schmidt (*13.08.1884/†11.05.1915), Neu-Schmitz (Oberdorf), verheiratet nach<br />
Aschbach mit Philomena, geb. Kühn, Einheit: 7. Kompanie des 2. Ersatzbataillons des IR 67,<br />
vermisst an der Ostfront, am 21.01.1921 für tot erklärt worden.<br />
2. Weltkrieg<br />
Bernhard Adam (*25.03.1911/†18.08.1943), Sohn vom Dorfschullehrer, Eltern: Peter Adam und<br />
Anna, geb. Böttel, Einheit: Obergefreiter des Sicherungsbataillons 791 (221. Sicherungs-Division),<br />
Todesursache: Eisenbahnunfall, Todesort: Buinitschi (Weißrussland), Grablage: Mogilew<br />
(Weißrussland).<br />
Josef Adam (*17.02.1908/†14.04.1945), Sohn vom Dorfschullehrer, Eltern: Peter Adam<br />
und Anna, geb. Böttel, Einheit: Panzergrenadier in der 15. Kompanie des Panzergrenadierregimentes<br />
51 (18. Panzergrenadierdivision), Todesort: in Bergen bei Celle durch einen<br />
Bauchschuss umgekommen, Grablage: in Lohheide (Block links, Reihe 2, Grab Nr. 4)<br />
Karl Adam (*10.04.1901 in Sinspelt/†03.05.1942), Sohn vom Dorfschullehrer, Eltern: Peter Adam<br />
und Anna, geb. Böttel, Einheit: Uffz in der 3. Kompanie des Infanterieregimentes 503<br />
(290. ID), Todesort: am Waldrand westlich von Nikolskoje (50 km südöstlich von St. Petersburg)<br />
Todesursache: Kopfschuss, Grablage: Nikolskoje.<br />
Matthias Adam (*09.03.1906/†14.01.1945), Sohn vom Dorfschullehrer, Eltern: Peter Adam<br />
und Anna, geb. Böttel, Einheit: Panzergrenadier in der 8. Kompanie des Panzergrenadierregimentes<br />
125 (21. Panzerdivision), Todesort: Rittershoffen, Nieder-Elsass, Bas-Rhin, Frankreich,<br />
Grablage: Bad Niederbronn (Unter-Elsass): Block 39, Reihe 12, Grab 404.<br />
Alois Britz (*12.04.1924/†02.02.1943), Neu-Schmitz (Oberdorf), Eltern: Nikolaus Britz und Katharina,<br />
geb. Schmidt, Einheit: Grenadier in der 7. Kompanie des Grenadierregimentes 620<br />
(382. Infanterie-Feldausbildungsdivision), Todesort: Makaroff, Yas, Donez (Ukraine),<br />
59
Todesursache: Kopfschuss, unbekannte Grablage.<br />
Nikolaus Brück (*03.12.1900/†12.05.1941), aus der Holdt, Eltern: Nikolaus und Margaretha,<br />
geb. Johäntgen, verheiratet nach Püttlingen, lebte mit seiner Frau Regina, geb. Blum,<br />
in Paris, wo er als Elektroingenieur eine Firma hatte, wurde am 13.12.1940 in Metz in Schutzhaft<br />
genommen und als Regimegegner im KZ Dachau umgebracht.<br />
Günter Engel (*02.05.1927/†03.04.1945), Millersch (Unterdorf), Eltern: Peter Engel und Angelika,<br />
geb. Schäfer, Einheit: Obergrenadier im Flieger-Ersatzbataillon VII, Todesort: Birgte/Tecklenburg<br />
im Teutoburger Wald, Grablage: Hörstel, Riesenbeck-Birgte, Friedhof Brumleytal (Deutschland),<br />
Endgrablage: Reihe 2, Grab 4.<br />
Alois Feld (*01.06.1910 in Bettstatt, jetzt: Nalbach/†19.07.1944), verheiratet mit Maria, geb. Eckert<br />
(Diwer), Einheit: Uffz in Sturmgeschützabteilung 1175 (75. Infanterie-Division), Auszeichnung: EK 1,<br />
Todesort: bei Wymystowka (Raum Tarnopol/Ternopil); Todesursache: in seinem Panzer verbrannt;<br />
Grablage: Wymystowka/Ternopil (Ukraine).<br />
Karl Geber (*24.01.1910 in Püttlingen/†02.09.1944), verheiratet mit Hildegard, geb. Britz<br />
(Neuschmitz), Einheit: Obergefreiter im Pionierersatz- und Pionierausbildungsbataillon<br />
34 (172. Division), Todesort: (vermutlich) Budapest (Ungarn).<br />
Franz Hassel (*05.12.1912/†22.09.1944), Burren (Heck), Eltern: Johann und Margaretha,<br />
geb. Grohs, verheiratet mit Christine, geb. Warken, Einheit: Obergefreiter in der 2. Batterie<br />
des Artillerieregiments 21 (21. ID), Todesort: Bruksis, Smiltene (Lettland), dort<br />
Einzelgrab am Wegesrand bei Aussiedlerhof Bruksis, Todesursache: PAK-Volltreffer.<br />
Josef Hassel (*12.07.1907/†23.04.1945), Burren (Heck), Eltern: Johann und Margaretha, geb.<br />
Grohs, verheiratet mit Hilde (Bettingen), Einheit: unbekannt, Todesort: Reservelazarett<br />
Gottleuba (Sachsen), Grablage: Ehrenhain Gottleuba, Reihe 2, Kameradengrab 4.<br />
Bernhard Heinrich (*05.06.1922/†27.08.1943), Homes (Unterdorf), Eltern: Mathias Heinrich und<br />
Johanna, geb. Schäfer, Einheit: Gefreiter in der 1. Kompanie des Pionierbataillons 355<br />
(355. Infanterie-Division), Todesort: (vermutlich) Kampfgebiet „Charkow“ (Ukraine), unbekannte<br />
Grablage.<br />
Josef Heinrich (*14.03.1925/† 30.06.1944), Homes (Unterdorf), Eltern: Mathias Heinrich und<br />
Johanna, geb. Schäfer, Einheit: Obergefreiter bei dem Grenadier/Ersatz- und Ausbildungsbataillon<br />
134 (verm. 389. ID), Todesort: (verm.) Kampfgebiet „Polozk“ (Weißrussland),<br />
unbekannte Grablage.<br />
Josef Herrmann (*30.01.1925/†19.10.1943), Kreuzwies, Eltern: Peter und Maria Warken, Einheit:<br />
Grenadier der 4. Kompanie des Panzergrenadierregimentes 2 (Fallschirm-Panzerdivision<br />
„Hermann Göring“), Todesort: östlich von Pignatara/Italien (Monte Cassino), Grablage:<br />
Friedhof Cassino/Italien.<br />
Alois Klauck (*01.09.1906 in Aschbach/†17.01.1943), Jagersch (Oberdorf, Schmittenberg),<br />
Eltern: Jakob Klauck und Barbara, geb. Lösch, verheiratet mit Anna Biesel (<strong>Lebach</strong>),<br />
Einheit: Gefreiter in der 4. Komp. des Baubataillons 161 (6. Armee), Todesort: Kriegslazarett<br />
bei Schachty (Südrussland), Grablage: Schachty<br />
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Reinhold Kronenberger (*14.11.1914 in Altenkessel/†16.01.1945), verheiratet mit Johanna,<br />
geb. Schmidt (Hachen), Einheit: Uffz in der Artillerie-Ersatzabteilung 257 (383. ID), Todesort:<br />
Heinrichskapelle (Henri Chapelle, Belgien), Auszeichnung: EK 2, Todesursache: Gewehrschuss,<br />
Grablage: Lommel/Belgien (Platz 12, Reihe 16, Grab Nr. 639).<br />
Herbert Neis (*07.01.1930/†18.03.1945), Lebsen, verunglückte tödlich, als er am frühen Morgen<br />
des 18. März 1945 (als deutsche Artillerie beim Einmarsch der Amerikaner von Tanneck her<br />
unser Dorf Richtung Aschbach fl uchtartig verließ) auf einem Geschütz vor Schedlersch-Haus<br />
in der Heck spielte, das die fl iehenden deutschen Soldaten von Eibach her in die Luft<br />
sprengten, Todesursache am späten Vormittag des gleichen Tages: faustgroßer Metallsplitter<br />
hatte sein Gehirn zerfetzt.<br />
Johann Neu (*11.11.1908 in Falscheid/†14.11.1943), verwandt mit Rauen (sein verwaister Sohn<br />
Lothar ist in Rauen aufgewachsen), Eltern: Aloysius Neu und Barbara, geb. Loew,<br />
aus Falscheid, Einheit: Grenadier im Grenadierregiment 30 (18. mot. ID, Armeegruppe<br />
„Seydlitz“, Entsatz im Kessel von Demjansk); Todesort: Chandozi am Redja-Fluss<br />
(Grenzgebiet Russland/Weißrussland), unbekannte Grablage.<br />
Paul Riehm (*13.11.1921/†03.11.1943), Über-Schommersch, Eltern: Peter Riehm und Anna,<br />
geb. Bauer, Einheit: Gefreiter in der 2. Kompanie der schnellen Panzerjäger-Abteilung 377<br />
(377. ID), Todesort (vermisst): Krugi in der Nähe von Woronesch im Verwaltungsbezirk Lipetsk<br />
(Russland), genannt: Krugi-Petrovskiye, unbekannte Grablage.<br />
Johann Schäfer (*10.03.1920/†14.07.1940), Kläsen (Heck), Eltern: Johann Schäfer und Anna,<br />
geb. Schirra, Einheit: Arbeitsmann im Reichsarbeitsdienst (K 4-44), Todesort: Ortslazarett Lisieux<br />
(F), Todesursache: Infektion, Grablage: La Combe/Calvados (Normandie), Block 36, Grab 14.<br />
Joseph Schäfer (*05.09.1912 in <strong>Lebach</strong>/†07.02.1944), Spetzen (<strong>Lebach</strong>), verheiratet mit<br />
Maria Michaely (Knorschder Maria), Eltern: Johann Schäfer und Angela, geb. Engel,<br />
Einheit: Uffz in der 7. Batterie, Artillerie-Regiment 11 (11. ID), Todesort: Sparwischtsche, Raum<br />
Pleskau (Pskov), Peipussee, Grenzgebiet: Russland/Lettland, Grablage: Sparwischtsche.<br />
Adolf Scherer (*10.05.1935/†01.05.1945), aus der Holdt, Eltern: Johann Scherer und Anna,<br />
geb. Riehm, verunglückte in etwa dort, wo jetzt das Antoniusheim steht, beim Spielen mit<br />
Kriegsmunition tödlich, die in der Nähe wohnende Maria Willms (Matzen) soll die zerstreuten<br />
Leichtenteile auf einer Wolldecke eingesammelt und zu seinen Eltern in die Holdt getragen<br />
haben.<br />
Josef Urban Scherer (*31.01.1933/†1944), aus der Holdt, Eltern: Johann Scherer und Anna,<br />
geb. Riehm, fi el dem Euthanasieprogramm der Nazis zum Opfer, wurde in der Tötungsanstalt<br />
Hadamar (Westerwald) ermordet, seinen Namen müsste man noch in der Antoniuskapelle<br />
nachtragen.<br />
Eduard Schmidt (*03.06.1908/†09.03.1944), Holdter, verheiratet mit Veronika Klauck (Homes),<br />
Eltern: Johann Schmidt und Maria, geb. Dörr, Einheit: Grenadier im 1. Schwadron des Divisions-<br />
Füsilier-Bataillons 11 (11. ID), Todesort: Jorodenka, Raum Leningrad, Grablage: Narva (Estland),<br />
Block 2, Reihe 10, Grab Nr. 228.<br />
Leo Schmidt (*02.02.1922/†19.02.1943), Molersch (Heck), Eltern: Jakob Schmidt und Philomena,<br />
geb. Kühn, Einheit: Gefreiter in der 4. Kompanie des Grenadierregiments 437 (132. ID), Todesort:<br />
Ramtsy, Ladogasee, Nordrussland, Todesursache: Kopfschuss, Grablage: Ramtsy.<br />
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Nikolaus Schmidt (*12.07.1915/†25.10.1944), Bejtzer (Unterdorf), Eltern: Peter Schmidt und<br />
Katharina, geb. Kallenborn, verheiratet nach Wadern, Einheit: Gefreiter in der 1. Kompanie<br />
des Grenadierregimentes 1024 (15. Armee), Todesort: Herzogenbosch (Holland), Grablage:<br />
Ysselsteyn (Holland, Eiselstein am Eiselmeer), Block BE, Reihe 11, Grab 273.<br />
Wilhelm Schmidt (*27.01.1917/†01.02.1942), Holdter, Eltern: Johann Schmidt und Maria, geb.<br />
Dörr, Einheit: Obergefreiter in der 6. Kompanie des Infanterieregiments 253 (34. ID),<br />
Auszeichnung: Kriegsverdienstkreuz, 2. Kl., Todesursache: Rückenschuss, Todesort: Krjukowo<br />
bei Juchnow-Medyn in der Nähe von Rudenka, Großraum Rshew (Rzhev), etwa 200 km<br />
westlich von Moskau, unbekannte Grablage (Schneegrab).<br />
Josef Simonis (*24.08.1914 in Oberscheidweiler, Wittlich/†05.10.1944), verheiratet mit Cäcilia,<br />
geb. Klauck (Jagersch Zilla), Einheit: Uffz in der 4. Kompanie, Reserve-Pionierbataillon 213<br />
(16. Volksgrenadierdivision), Todesort: Kampfverbandplatz St. Dié (Elsass), Todesursache:<br />
Lungensteckschuss, Grablage: ursprünglich St. Dié, Anfang der 70er Jahre von seiner Frau<br />
auf den neu eröffneten Friedhof in Niedersaubach heimgeholt.<br />
Alex Thewes (*18.09.1916/†22.07.1941), Schneidersch (Oberdorf), Eltern: Peter Thewes und<br />
Rosalina, geb. Folz, Einheit: Obergefreiter in der 4. Kompanie des Infanterieregimentes 70<br />
(111. ID), Todesort: Naliwajkowka oder Nalyvaikivka bei Makariv in der Nähe von Kyiv (Kiew,<br />
Ukraine), Todesursache: Kopf- und Hüftschuss, Grablage: linke Straßenseite in Naliwajkowka.<br />
Jakob Thewes (*27.12.1913/†13.07.1944), Schmitz (Oberdorf), Eltern: Nikolaus Thewes und Maria,<br />
geb. Schäfer, Einheit: Obergefreiter in der 2. Kompanie des Grenadierregimentes 273 (93.<br />
ID), Auszeichnung: Kriegsverdienstkreuz 2. Kl., Todesort: Opotschka an der russisch-estischen<br />
Grenze, Todesursache: Fliegerangriff, Grablage: (verm.) Sammelfriedhof Sebesch bei<br />
Pleskau (Pskov).<br />
Josef Wender (*15.11.1908 in Saarbrücken/†16.05.1942), seine Witwe Therese, geb. Ensch, lebte<br />
als Flüchtlingsfamilie nach dem Krieg mit ihren Kindern einige Jahre bei Lebsen<br />
Zilla (Cäcilia Neis), Einheit: Uffz in der 7./Inf.-Regiment 506 (291. ID), Todesort:<br />
Tschudowo (Chudovo, Russland) an der Kerest, einem Nebenfl uss des Wolchow,<br />
Todesursache: Brustverletzung, Grablage: Mostki<br />
(südlich von St. Petersburg).<br />
Wir trauern um sie und verneigen uns vor ihnen.<br />
Wir wollen ihr Andenken bewahren.<br />
P.S.: Was also ist unsere Aufgabe nun angesichts dieses unermesslichen<br />
Leids Ich möchte antworten frei nach Jürgen Habermas<br />
(Erkenntnis und Interesse, Frankfurt/M. 1968):<br />
Die Macht der Vergangenheit zu brechen durch zukunftsgerichtete<br />
Erinnerung!<br />
Gedenkstätte in der Antoniuskapelle vor der Renovierung Anfang<br />
der 1980er Jahre, Fotoarchiv: Robert Schmidt (Rauen)<br />
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