Contactuell Bern Nr. 10 - Contact Netz
Contactuell Bern Nr. 10 - Contact Netz
Contactuell Bern Nr. 10 - Contact Netz
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02/2013 <strong>Nr</strong>.<strong>10</strong><br />
Editorial<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Ein Dach über dem Kopf ist ein<br />
Grundbedürfnis und zudem die<br />
existenzielle Grundlage, um weitere<br />
Schritte umsetzen zu können.<br />
In dieser Ausgabe des<br />
<strong><strong>Contact</strong>uell</strong> stellen wir Ihnen die<br />
Angebote vor, die <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong><br />
Obdach suchenden Menschen<br />
bietet. Sehr junge Leute und<br />
mehr und mehr ältere Suchtmittelabhängige<br />
benötigen Wohnhilfe,<br />
um möglichst selbständig<br />
und autonom zu wohnen.<br />
Das <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> verabschiedet<br />
sich nach 30 Jahren vom Therapieangebot<br />
Prisma. Wir bedanken<br />
uns bei den engagierten<br />
MitarbeiterInnen und den Gastfamilien.<br />
Oberstes Ziel war es,<br />
die Therapieplätze im Kanton zu<br />
erhalten – dies ist gelungen.<br />
Die Testarbeitsplätze werden<br />
kantonal ausgebaut. Die <strong>Bern</strong>er<br />
Arbeitsangebote sind allgemein<br />
gut ausgelastet und entwickeln<br />
sich stetig. Ein paar Einblicke in<br />
die Bereiche zeigen Ihnen wie.<br />
Am Schluss dieses <strong><strong>Contact</strong>uell</strong><br />
gewähren wir Ihnen einen Einblick<br />
in den Alltag von La Strada,<br />
der mobilen Anlaufstelle für drogenabhängige<br />
Sexarbeiterinnen.<br />
Das Angebot ist vielseitig und<br />
erfordert Flexibilität und Professionalität<br />
in vielen Belangen.<br />
Wir freuen uns, auch im 2013<br />
wieder auf Ihre Unterstützung<br />
zählen zu dürfen.<br />
Ines Bürge, Leiterin<br />
Regionalstelle <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong><br />
<strong>Bern</strong> – Schadensminderung,<br />
für die Regionalstellen <strong>Bern</strong><br />
Wohnen - ein Grundbedürfnis<br />
Kann ein Mensch tagsüber arbeiten<br />
gehen, wenn er nachts kein<br />
Dach über dem Kopf hat Ist es<br />
möglich, mit einer suchtmittelabhängigen<br />
Person längerfristige<br />
Perspektiven zu entwickeln,<br />
wenn sie bereits am Abend wieder<br />
auf der Suche nach einer<br />
Bleibe für die Nacht ist<br />
Einen Ort zu haben, der es erlaubt<br />
zur Ruhe zu kommen, der<br />
das täglich Erlebte auch mal<br />
vergessen lässt oder an dem<br />
einfach die Türe geschlossen<br />
werden kann: Dies ist nicht nur<br />
eine Wohltat, es ist ein Grundbedürfnis.<br />
Oft ist ein solcher Ort für<br />
die Betroffenen überdies die<br />
Voraussetzung für die Entwicklung<br />
vieler weiterer Schritte. Kein<br />
Wunder also, dass <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong><br />
auch im Bereich Wohnen einen<br />
Schwerpunkt setzt.<br />
Auf vier Stufen wird Menschen<br />
Hilfe bei Wohnproblemen angeboten.<br />
Notschlafplätze für die<br />
akute Intervention bei Obdachlosigkeit,<br />
teilbetreutes oder betreutes<br />
Wohnen zum Erlangen<br />
grundlegender Wohnkompetenzen,<br />
begleitetes Wohnen in<br />
Mietwohnungen des <strong>Contact</strong><br />
<strong>Netz</strong> zum Training grösserer<br />
Autonomie und schliesslich<br />
Wohnbegleitung in Klientenwohnungen<br />
als letzter Schritt hin zum<br />
selbständigen Wohnen. <strong>Contact</strong><br />
<strong>Netz</strong> ist auf verschiedenen Stufen<br />
mit bedarfsgerechten Angeboten<br />
vertreten.<br />
In Langenthal betreiben wir das<br />
teilbetreute Wohnen TBW für<br />
acht BewohnerInnen. Täglich ist<br />
das Team präsent, jedoch nicht<br />
für 24 Std. Das (Wieder-) Erlangen<br />
von Wohnkompetenz und<br />
der Aufbau einer geregelten<br />
Tagesstruktur stehen im Mittelpunkt<br />
des Geschehens. Hier können<br />
die BewohnerInnen zur<br />
Ruhe kommen und zielführende<br />
Perspektiven entwickeln. Im<br />
begleiteten Wohnen besuchen<br />
die MitarbeiterInnen des Wohnnetz<br />
Aare-Emme rund 80 Klient-<br />
Innen in Mietwohnungen des<br />
<strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong>. In wöchentlichen<br />
Hausbesuchen wird an der grossen<br />
Herausforderung des verantwortungsvollen,<br />
autonomen<br />
Lebens gearbeitet und gefeilt.<br />
Eine Wohnbegleitung in der<br />
eigenen Wohnung erhalten<br />
schliesslich ca. 25 Personen im<br />
Wohnnetz Aare-Emme und 20<br />
Personen im Wohnnetz Interlaken.<br />
Auf dieser obersten Stufe<br />
der Wohnhilfe geht es hauptsächlich<br />
darum, durch regelmässige<br />
Besuche die aktuelle Wohnform<br />
erhalten zu können.<br />
© Alessandro Zocc/shutterstock.com<br />
Als Partner für zuweisende Institutionen<br />
wie Sozialdienste, psychiatrische<br />
Kliniken, Substitution,<br />
Entzug, Gefängnisse usw. sind<br />
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CONTACTUELL - Regionalstellen <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> <strong>Bern</strong> 02/2013 <strong>Nr</strong>. <strong>10</strong><br />
wir bestrebt, unsere Angebote<br />
immer wieder dem aktuellen<br />
Bedarf anzupassen. Die Ansprüche<br />
und Problemlagen verändern<br />
sich stetig. Derzeit sind zwei<br />
Trends erkennbar, auf die wir<br />
reagieren: Junge Erwachsene<br />
benötigen Wohnhilfe, weil sie die<br />
Basis der Wohnkompetenzen<br />
noch nicht kennen, aber möglichst<br />
früh viel Autonomie leben<br />
wollen. (Wir berichteten im letzten<br />
<strong><strong>Contact</strong>uell</strong> darüber). Zweiter<br />
Trend in unserem Feld sind<br />
chronifizierte Suchtmittelabhängige,<br />
die langfristig eine Wohnbegleitung<br />
benötigen, um vor<br />
einer Verwahrlosung und Vereinsamung<br />
geschützt zu werden.<br />
Hierbei stellt sich zusätzlich vermehrt<br />
die Problematik der Pflegebedürftigkeit.<br />
Eine enge Zusammenarbeit<br />
mit der Spitex<br />
sowie mit Wohn- und Pflegeheimen<br />
ist somit unabdingbar. Diesen<br />
neuen Herausforderungen<br />
stellen wir uns gerne.<br />
Othmar Steiner, Leiter Wohnnetz<br />
Aare-Emme<br />
Prisma – Therapieplätze<br />
bei Gastfamilien<br />
Der Abschied<br />
Das <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> musste sich<br />
Ende 2012 von Prisma, dem<br />
stationären Therapieangebot bei<br />
Gastfamilien, verabschieden.<br />
Wie wir in den letzten Ausgaben<br />
des <strong><strong>Contact</strong>uell</strong> berichteten, hatte<br />
die Gesundheits- und Fürsorgedirektion<br />
GEF Ende 2011 aufgrund<br />
der rückläufigen Belegungszahlen<br />
die Bedingung einer<br />
höheren Auslastung gestellt. Wir<br />
investierten daraufhin gezielt auf<br />
eine nachhaltige Zukunftsperspektive<br />
hin. Dank engagiertem<br />
Einsatz des Teams, der Gastfamilien<br />
und der Führung steigerten<br />
sich die Belegungszahlen in<br />
der ersten Jahreshälfte deutlich.<br />
Somit waren sowohl der Bedarf<br />
nach diesem Therapieangebot<br />
ausgewiesen wie auch die finanziellen<br />
Ziele erreicht. Die Vorgaben<br />
konnten dennoch nicht eingehalten<br />
werden, da dem Prisma<br />
auch Behandlungstage gestrichen<br />
worden waren. Die Entwicklung<br />
der heutigen stationären<br />
Therapieangebote im Kanton<br />
<strong>Bern</strong> zeigte zudem, dass kleinere<br />
Angebote wie das Prisma eine<br />
nachhaltigere Chance zum Weiterbestehen<br />
haben, wenn sie<br />
sich grösseren Anbietern anschliessen.<br />
Die GEF entschied im Juli, den<br />
Leistungsvertrag Familienplätze<br />
mit der Stiftung <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong><br />
definitiv nicht mehr zu erneuern.<br />
Wie von uns vorgeschlagen wurden<br />
die acht Therapieplätze des<br />
Prisma an die beiden anderen<br />
Anbieter Terra Vecchia und Projekt<br />
Alp übergeben.<br />
© Rolf Weiss<br />
Das Therapieangebot Prisma<br />
bestand 30 Jahre lang. Die qualitativ<br />
hochstehende Arbeit des<br />
Teams und der Gastfamilien hat<br />
vielen Klientinnen und Klienten<br />
neue Lebensperspektiven eröffnet.<br />
Während ihres Aufenthaltes<br />
in den Gastfamilien fanden sie<br />
die Kraft und die Unterstützung,<br />
ihre Suchtmittelabhängigkeit zu<br />
überwinden und neue Wege zu<br />
gehen. Das <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> bedankt<br />
sich bei den Gastfamilien<br />
für ihren jahrelangen, engagierten<br />
Einsatz.<br />
Erfreulich ist, dass sich einige<br />
Gastfamilien entschliessen konnten,<br />
mit einem der anderen Anbieter<br />
weiterzuarbeiten. Somit<br />
bleibt ihre wertvolle Mitarbeit im<br />
Rahmen der Therapie für ausstiegswillige<br />
Klientinnen und<br />
Klienten erhalten.<br />
Christian Wysser, Mitarbeiter des<br />
Prisma, konnte bereits im<br />
November eine Stelle ausserhalb<br />
von <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> antreten. Mit<br />
viel Engagement und der Unterstützung<br />
von Barbara Uetz (Administration)<br />
war es der noch<br />
anwesenden Mitarbeiterin Sabine<br />
Rust möglich, die Übergabe- und<br />
Abschlussarbeiten termingerecht<br />
per Ende 2012 abzuschliessen.<br />
© Rolf Weiss<br />
Das <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> verabschiedete<br />
sich Ende 2012 von Prisma<br />
mit dem Bedauern, sich von geschätzten,<br />
engagierten und professionellen<br />
Mitarbeitenden und<br />
Gastfamilien trennen zu müssen.<br />
Jedoch auch mit der Überzeugung,<br />
dass der Entscheid richtig<br />
war, um die Gastfamilienplätze<br />
zu erhalten und somit Betroffenen<br />
eine Therapie weiterhin zu<br />
garantieren.<br />
Ines Bürge, Roberto Carnibella,<br />
Carl Müller, Leiter Regionalstellen<br />
<strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> <strong>Bern</strong><br />
Aus der Region <strong>Bern</strong><br />
Arbeitsagebote in <strong>Bern</strong><br />
Betreffend die KlientIinnenzahlen<br />
zeigt das Jahrescontrolling beim<br />
Bauprojekt, dem Triva und dem<br />
LoLa gegenüber den Vorjahren<br />
eine leichte Erhöhung. Die Nachfrage<br />
in den Angeboten Citypflege<br />
und La Gare ist gleich<br />
hoch wie in den Jahren zuvor.<br />
Das JobTact musste aufgrund<br />
der einmonatigen Schliessung<br />
der Recyclingwerkstatt im Rahmen<br />
des Umzuges leichte Einbussen<br />
hinnehmen. Die Betriebe<br />
funktionieren insgesamt gut, was<br />
auch entsprechende Rückmeldungen<br />
von KlientInnen, Kunden<br />
und Vernetzungspartnern bestätigen.<br />
Zusammenlegung von<br />
Bauprojekt und JobTact<br />
Das Bauprojekt und das JobTact<br />
wurden bereits am 1. Januar<br />
2009 räumlich und strukturell<br />
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CONTACTUELL - Regionalstellen <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> <strong>Bern</strong> 02/2013 <strong>Nr</strong>. <strong>10</strong><br />
zusammengelegt. Mittlerweile<br />
sind die beiden Angebote auch<br />
inhaltlich so zusammengewachsen,<br />
dass es keinen Grund mehr<br />
gibt, sie als zwei verschiedene<br />
Betriebe zu führen. Deshalb entschied<br />
das <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong>, sie<br />
unter dem Namen „Bauwerk“<br />
auch namentlich zu vereinen.<br />
Carl Müller, Leiter Regionalstelle<br />
<strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> <strong>Bern</strong> – Arbeit<br />
Testarbeitsplätze - und es geht<br />
weiter<br />
Seit 2011 führt die Stiftung<br />
<strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> die Testarbeitsplätze<br />
TAP im Auftrag der Stadt<br />
<strong>Bern</strong>. Die Arbeitsplätze sind ein<br />
bewährtes Mittel, um die Arbeitsfähigkeit<br />
und Arbeitswilligkeit von<br />
SozialhilfebezügerInnen zu prüfen.<br />
Das Pilotprojekt in <strong>Bern</strong> wurde<br />
2011 erfolgreich abgeschlossen.<br />
Der Kanton entschied in der<br />
Folge, dass die Testarbeitsplätze<br />
auch in der Region <strong>Bern</strong>, in Biel-<br />
Seeland, in Thun–Oberland und<br />
in Oberaargau-Emmental eingeführt<br />
werden sollen. Als Konsequenz<br />
davon hat das <strong>Contact</strong><br />
<strong>Netz</strong> per 1. Februar 2013 neu<br />
den Auftrag des AMI Ittigen erhalten,<br />
nebst den städtischen<br />
Testarbeitsplätzen auch diejenigen<br />
für die Region <strong>Bern</strong> zu führen.<br />
Konkret heisst das, dass wir das<br />
Angebot von <strong>10</strong> auf 18 Plätze<br />
ausbauen werden. Der Ausbau<br />
wird einerseits im Rahmen der<br />
bestehenden und allenfalls zusätzlichen<br />
Reinigungsaufträge inund<br />
ausserhalb der Stadt <strong>Bern</strong><br />
umgesetzt. Andererseits werden<br />
wir das bestehende Recyclingangebot<br />
der Stiftung <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong><br />
um die TAP Arbeitsplätze erweitern.<br />
Carl Müller, Leiter Regionalstelle<br />
<strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> <strong>Bern</strong> - Arbeit<br />
Zentrum Ambulante<br />
Suchtbehandlung <strong>Bern</strong> (ZAS)<br />
Aktuell werden im ZAS 278 Patienten<br />
(253 Patienten mit Methadon<br />
und 25 Patienten mit Subutex)<br />
behandelt. Dies bedeutet<br />
eine leichte Zunahme von sechs<br />
Substitutionsprogrammen gegenüber<br />
dem Vorjahr.<br />
Das Angebot der somatischen<br />
Sprechstunde, welche die Fachpersonen<br />
der Infektiologie des<br />
Inselspitals im ZAS durchführen,<br />
wurde an einer Sitzung Ende<br />
Oktober 2012 ausgewertet. Die<br />
gute Zusammenarbeit wird von<br />
den Kooperationspartnern geschätzt.<br />
Das Sprechstundenangebot<br />
wird mit einer Änderung<br />
weitergeführt (Neu: Sprechstunde<br />
einmal wöchentlich am Dienstag,<br />
abwechselnd vormittags<br />
und abends zu den Abgabezeiten).<br />
Ziel der Anpassung ist es,<br />
eine bessere Auslastung der<br />
Sprechstunde zu erreichen.<br />
Roberto Carnibella, Leiter<br />
Regionalstelle <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong><br />
<strong>Bern</strong> – ZAS Beratung Bildung<br />
Kontakt- und Anlaufstelle,<br />
Spritzenumtausch und<br />
La Strada<br />
Bis auf den 1. Januar 2013 war<br />
die Kontakt- und Anlaufstelle<br />
K+A auch über die Feiertage<br />
durchgehend geöffnet. Dank<br />
einer grosszügigen Spende von<br />
Coop konnten wir den Benutzerinnen<br />
und Benutzern an Weihnachten<br />
ein Festessen offerieren,<br />
was sehr geschätzt wurde. Die<br />
Situation in und um die K+A war<br />
in den letzten Monaten unproblematisch,<br />
was auch die Kantonspolizei<br />
<strong>Bern</strong> und Pinto bestätigen.<br />
Im Dezember führten wir auf<br />
Initiative des Leiters der Einsatzgruppe<br />
Krokus einen Wettbewerb<br />
durch. Vorgängig hängten wir in<br />
der K+A von der Kantonspolizei<br />
gemachte Fotos mit herumliegendem<br />
Spritzenmaterial in der<br />
Öffentlichkeit auf. Die K+A-<br />
BenutzerInnen waren aufgefordert,<br />
dazu einen passenden Slogan<br />
zu verfassen. Die besten<br />
drei wurden honoriert. Die so<br />
entstandenen Plakate werden<br />
nun in der K+A sowie in anderen<br />
Angeboten des <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong><br />
aufgehängt. Ziel dieser Aktion ist<br />
die Sensibilisierung auf die Problematik<br />
und letztlich auch zu<br />
verhindern, dass Drogenabhängige<br />
ihr Spritzenmaterial in der<br />
Öffentlichkeit liegen lassen.<br />
Eines der<br />
Gewinnerplakate<br />
© KP <strong>Bern</strong><br />
Die im letzten <strong><strong>Contact</strong>uell</strong> erwähnte<br />
Gassenpräsenz des La<br />
Strada-Teams im Herbst ist beendet.<br />
Das Fazit der Auswertung<br />
ist, dass La Strada am richtigen<br />
Ort zur richtigen Zeit ist, und<br />
dass die Sexarbeiterinnen das<br />
Angebot in der bestehenden<br />
Form kennen und schätzen.<br />
Ines Bürge, Leiterin<br />
Regionalstelle <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong><br />
<strong>Bern</strong> – Schadensminderung<br />
Betriebsalltag bei La Strada<br />
La Strada an<br />
der Taubenstrasse<br />
© Rolf Weiss<br />
20:25h: Der Camper von La<br />
Strada trifft neben der Strichzone<br />
bei der kleinen Schanze in <strong>Bern</strong><br />
ein.<br />
20:30h: Zwei Mitarbeiterinnen<br />
des Teams sind in den folgenden<br />
4.5 Stunden bereit, den Klientinnen<br />
zuzuhören, sie zu beraten,<br />
ihnen Hilfe anzubieten, zu vermit-<br />
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CONTACTUELL - Regionalstellen <strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong> <strong>Bern</strong> 02/2013 <strong>Nr</strong>. <strong>10</strong><br />
teln und ihren vielfältigen Anliegen<br />
gerecht zu werden. Draussen<br />
ist es kalt. Minus sieben<br />
Grad Celsius, die Frauen sind<br />
froh, sich im Bus aufwärmen zu<br />
können. Drinnen duftet es nach<br />
frischem Kaffee.<br />
Pause im Bus<br />
© Rolf Weiss<br />
20:40h: S.: „Gut, dass ihr heute<br />
Abend da seid. Mir sind die Kondome<br />
ausgegangen. Gibst du mir<br />
bitte zwei blaue“ L.: „Sicher.<br />
Willst du auch noch alte Spritzen<br />
gegen neue umtauschen“ S.:<br />
„Ne, das hab’ ich schon in der<br />
K+A gemacht.“ L: „Schau dir hier<br />
noch die Freierwarnungen an,<br />
bevor du arbeiten gehst. Es hat<br />
gestern eine neue gegeben. Haben<br />
wir dir eigentlich schon ein<br />
paar Wendo-Techniken gezeigt“<br />
S: „Nein, was ist denn das“ L:<br />
„Das ist eine Selbstverteidigungstechnik<br />
für Frauen. Komm,<br />
ich zeige dir mit meiner Arbeitskollegin<br />
gleich ein paar Griffe vor,<br />
und anschliessend kannst du sie<br />
gleich selber üben, damit du dich<br />
im Notfall verteidigen kannst<br />
Warte, ich hole dafür noch<br />
schnell den Schlafsack hervor.“<br />
Wenig später kommt eine andere<br />
Sexarbeiterin in den Bus.<br />
C.: „Hallo zusammen, darf ich<br />
einen Kaffee mit Zucker und<br />
Milch haben, bitte“ L.: „Sicher,<br />
setz dich doch. Wie geht es dir“<br />
C.: „Mir geht es nicht gut. Ich<br />
habe Schmerzen im Unterarm.<br />
Schau mal, wie geschwollen und<br />
heiss er ist.“ L.: „Ja, ich schaue<br />
mir den Arm mal an. Hast du<br />
Fieber“ C.: „Weiss ich nicht. Ich<br />
habe keinen Thermometer zu<br />
Hause.“ L. nimmt einen Fieberthermometer<br />
aus der Schublade<br />
und gibt diesen C.<br />
So oder ähnlich beginnt eine<br />
Busschicht bei La Strada. Frauen,<br />
welche an der Taubenstrasse<br />
auf dem Strich arbeiten, schätzen<br />
die verschiedenen Angebote<br />
von La Strada sehr. Sich vor den<br />
Blicken der Freier zurückziehen<br />
zu können und einen Moment<br />
Pause machen, ist für die Sexarbeiterinnen<br />
genauso wichtig wie<br />
der Austausch untereinander<br />
oder mit den Mitarbeiterinnen<br />
von La Strada. Sie schätzen die<br />
Möglichkeit, etwas essen und<br />
trinken zu können. Auch das<br />
Beratungs- und Triageangebot<br />
wird rege genutzt: „Wo kann ich<br />
heute Nacht schlafen Ich kann<br />
nicht mehr nach Hause, weil ich<br />
massive Probleme mit meiner<br />
Wohnpartnerin habe.“ „Das Kondom<br />
ist gerissen. Was mache ich<br />
jetzt bloss“ „Ich werde von einem<br />
Freier dauernd belästigt.<br />
Wie kann ich mich wehren“<br />
Spritzenumtausch<br />
© Rolf Weiss<br />
Kein Abend im Bus verläuft wie<br />
der andere. Fragen und Probleme<br />
aus den unterschiedlichsten<br />
Themenbereichen werden an<br />
das Team von La Strada herangetragen.<br />
Diese Ausschnitte aus dem<br />
Betriebsalltag von La Strada<br />
zeigen, dass es verschiedene<br />
Fähigkeiten braucht, die vielfältige<br />
und oft anspruchsvolle Arbeit<br />
bei La Strada fachkundig und<br />
kompetent auszuführen. Aufmerksame<br />
Wahrnehmung, hohe<br />
Flexibilität, praktisches Können<br />
und fundierte Fachkenntnisse in<br />
diversen Themenbereichen sind<br />
gefragt.<br />
Karin Würsch, Leiterin La Strada<br />
Impressum<br />
Herausgeber/Kontakt:<br />
<strong>Contact</strong> <strong>Netz</strong><br />
Regionalstellen <strong>Bern</strong><br />
<strong><strong>Contact</strong>uell</strong><br />
Hodlerstrasse 22<br />
3011 <strong>Bern</strong><br />
Tel. 031 3<strong>10</strong> 06 52<br />
contactuell.bern@contactmail.ch<br />
www.contactnetz.ch<br />
<strong><strong>Contact</strong>uell</strong> erscheint zwei Mal jährlich.<br />
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