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Leistungsverzeichnis - Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

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Entwurf für ein <strong>Leistungsverzeichnis</strong> zur Erstellung einer denkmalkundlichen<br />

HISTORISCHEN GEMEINDETOPOGRAPHIE<br />

Vorbemerkung<br />

Die Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange bei der Bauleitplanung nach Art. 3 (2)<br />

BayDSchG sowie § 1 (5) 4 und 5 Baugesetzbuch ist nicht auf die Erhaltung der durch Landesrecht<br />

geschützten Baudenkmäler und baulichen Anlagen zu begrenzen. Die siedlungsgeschichtliche<br />

Entwicklung, die baugeschichtlichen, städtebaulichen und kulturlandschaftlichen Überlieferungen<br />

im Verfahrensgebiet sind Ausdruck geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher<br />

Verflechtung der Baudenkmäler und baulichen Anlagen mit charakteristischen Straßen-, Ortsund<br />

Landschaftsbildern. Die Erstellung der Historischen Gemeindetopographie dient zur Verkürzung<br />

der Prüfungszeit und unterstützen die Abwägung denkmalpflegerischer Belange in der Bauleitplanung.<br />

Sie bereitet darüber hinaus "die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen<br />

eines Vorhabens auf (...) 2. Kultur- und sonstige Sachgüter" nach § 2 (1) 2 Gesetz<br />

über die Umweltverträglichkeitsprüfung vor und berücksichtigt den Grundsatz der Raumordnung<br />

zur Erhaltung der Kulturlandschaft "mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern" nach § 2 (2) 13<br />

Raumordnungsgesetz.<br />

Das <strong>Leistungsverzeichnis</strong> baut zum einen auf dem denkmalpflegerischen Erhebungsbogen zur<br />

Dorferneuerungsplanung der Orte im Gemeindegebiet auf und wendet sich zum anderen der<br />

durch den Menschen im Verlauf vieler Jahrhunderte geprägten Kulturlandschaft zu. Fast alle E-<br />

lemente und Strukturen der Kulturlandschaft wurden in historischer Zeit geprägt und zeichnen<br />

sich daher durch Formen und Erscheinungsbilder aus, die heute so nicht mehr neu entstehen würden.<br />

Diesen Ausprägungen vergangener Kulturlandschaften kommt ein geschichtlicher Zeugniswert<br />

zu. Sie besitzen nicht nur geschichtlichen Wert, zugleich haben sie häufig herausragende<br />

Bedeutung für die Ökologie und das Landschaftsbild, in manchen Fällen auch für den Fremdenverkehr<br />

und die Naherholung. Sind in einem Landschaftsausschnitt zahlreiche vernetzte Einzelelemente<br />

und Strukturen erhalten, kann man von einer historischen Kulturlandschaft sprechen,<br />

die sich bei besonders hoher Überlieferungs- und Bedeutungsdichte als "Denkmallandschaft"<br />

bezeichnen läßt.<br />

Hauptsächliches Ziel der Historischen Gemeindetopographie ist die Ermittlung der historischen<br />

Strukturen der Siedlungseinheiten sowie der umgebenden Kulturlandschaft der Gemeinde oder<br />

Stadt im weitesten Sinne und das Festmachen dieser Strukturen am heutigen Bestand. Damit soll<br />

die Ablesbarkeit von Geschichte an Baubestand, Siedlungsstruktur und Kulturlandschaft und<br />

deren Erlebbarkeit für den heutigen Bewohner ermöglicht werden. Die Historische Gemeindetopographie<br />

macht keine direkten Aussagen zu konkreten Planvorhaben. Sie ist mit knappen<br />

Texten, einem Bestandskatalog und zwei Bestandskarten so angelegt, dass im Rahmen der Bauleitplanung<br />

den Beteiligten Informationen zur geschichtlichen Überlieferung angeboten werden,<br />

die neben anderen informellen Planungen in das weitere Verfahren einfließen können. Die Analyse<br />

soll Klarheit schaffen, wo empfindliche Bereiche innerhalb des Untersuchungsgebietes bestehen,<br />

damit im Fortgang der Planung diesen Bereichen besondere Aufmerksamkeit gewidmet<br />

werden kann.<br />

Dieses <strong>Leistungsverzeichnis</strong> dient als Grundlage zum Abschluss von Verträgen zur Erstellung<br />

von Historischen Gemeindetopographien in Form von Auftragsgutachten. Das Bayerische <strong>Landesamt</strong><br />

für <strong>Denkmalpflege</strong> überprüft jede auf diese Weise erstellte Historische Gemeindetopographie.


Historische Gemeindetopographie<br />

Die Historische Gemeindetopographie besteht aus einem Erläuterungsbericht mit katalogartig<br />

aufgebauten Erhebungsbögen der Denkmäler, der ortsbildprägenden Bauten und Räume sowie<br />

der historischen Kulturlandschaftselemente und aus zwei Bestandskarten Historische Kulturlandschaft.<br />

Diese Bestandteile werden nach wissenschaftlichen Standards erarbeitet, es müssen<br />

bestimmte Archivalien, Kartenwerke, ausgewählte Fachliteratur und - falls vorliegend - der denkmalpflegerische<br />

Erhebungsbogen zur Dorferneuerungsplanung herangezogen werden.<br />

Der Erläuterungsbericht ist in sechs Textkapitel und einen Satz Erhebungsbögen untergliedert:<br />

- Naturraum und Lage<br />

- Siedlungs- und Kulturlandschaftsgeschichte<br />

- Historische Dorfstruktur der Siedlungseinheiten<br />

- Historische Flurstruktur<br />

- Historisches Verkehrsnetz<br />

- Erhebungsbögen der Denkmäler, der ortsbildprägenden Bauten und Räume sowie der historischen<br />

Kulturlandschaftselemente<br />

- Gesamtschau der historischen Kulturlandschaft im Gemeinde- oder Stadtgebiet<br />

Die Erstellung der Historischen Gemeindetopographie gliedert sich arbeitsmethodisch in drei<br />

Schritte:<br />

- Archiv- und Literaturarbeit<br />

- Bestandsaufnahme vor Ort<br />

- Textliche, dokumentatorische und kartographische Aufarbeitung<br />

Archiv- und Literaturarbeit<br />

- Archivstudien in Orts- und/oder Staatsarchiv (Standard der Archivstudien sind die Grundsteuerkataster<br />

der Orte der zu untersuchenden Gemarkung und die Durchsicht der Findbücher<br />

"Karten- und Plansammlung" des jeweiligen Staatsarchivs. Darüber hinaus sind die Findbücher<br />

im Staatsarchiv "Repetitorien/Landratsamt" bzw. im Ortsarchiv durchzusehen. Weitere Quelleneinsicht<br />

ist nur bei vielversprechendem Material nötig. Die "Eindringtiefe" der Analyse ist<br />

begrenzt. Die Grundsteuerkataster werden vor allem hinsichtlich historischen Nutzungen (Flurnamen,<br />

Wegenamen, Namen und Nutzungsarten der Feld- und Flurstücke) ausgewertet. Die Ergebnisse<br />

werden auf der Grundlage des zugehörigen Extraditionsplans dargestellt.<br />

- Auswertung vorliegender denkmalpflegerischer Erhebungsbögen zur Dorferneuerungsplanung<br />

- Auswertung der heimatkundlichen Literatur<br />

- Befragungen ortskundiger Personen (Pfarrer, Lehrer, ältere Bewohner, "Heimatforscher")<br />

Bestandsaufnahme vor Ort<br />

- Kartieren aller historischen Kulturlandschaftselemente im Gelände<br />

Der Wald wird nur in der saumartigen Übergangs- und Kontaktzone Feld/Wald bearbeitet, sowie<br />

linienhaft entlang bedeutsamer Wege. Die Untergrenze der noch zu erfassenden Elemente<br />

legt der Bearbeiter nach dem Standard der Gemarkung fest. Hierbei ist die Frage nach der his-


torischen Zeugniskraft des individuell ansprechbaren oder in einer Struktur eingebettet liegenden<br />

Elements für die Landschaftsentwicklung leitend. Bei verstreut liegenden oder gehäuft auftretenden<br />

Einzelelementen ist eine Generalisierung sinnvoll (Beispiel: statt Einzelbäumen:<br />

Obstbaumwiese).<br />

- Photographieren aller historischen Kulturlandschaftselemente<br />

- Übernahme entsprechender Unterlagen aus dem denkmalpflegerischen Erhebungsbogen<br />

Textliche, dokumentatorische und kartographische Aufarbeitung<br />

Naturraum und Lage<br />

Knapper Überblick über Geologie, Klima, Böden und Gewässernetz, sowie über die morphologischen<br />

und topographischen Verhältnisse des Untersuchungsgebietes im Hinblick auf die Entwicklungspotentiale<br />

seiner Siedlung- und Kulturlandschaftsgeschichte.<br />

Siedlungs- und Kulturlandschaftsgeschichte<br />

Nennung der Phasen der Siedlungsgeschichte, der Agrargeschichte, der Flurgenese, der politisch-territorialen<br />

und kirchlichen Geschichte im Untersuchungsgebiet.<br />

Historische Dorfstruktur der Siedlungseinheiten<br />

Querschnittliche Betrachtung der historischen Raum-, Sozial- und Wirtschaftsstruktur auf der<br />

Basis des Extraditionsplans und des Grundsteuerkatasters. Wenn der denkmalpflegerische Erhebungsbogen<br />

vorhanden ist, kann dieser Leistungsteil aus dem Erhebungsbogen übernommen<br />

werden.<br />

Historische Flurstruktur<br />

Querschnittliche Aussagen zur historischen Flurform des Untersuchungsgebietes auf der Basis<br />

der Momentaufnahme im Extraditionsplan, nach der Terminologie von Martin Born.<br />

Historische Flächennutzungen<br />

Querschnittliche Betrachtung auf der Basis des Extraditionsplans und des Grundsteuerkatasters<br />

zum historischen Agrarnutzungssystem und zu Nutzungen. Erweiterung durch weitere Quellen<br />

sinnvoll.<br />

Historisches Verkehrsnetz<br />

Querschnittliche Analyse auf der Basis des Extraditionsplans und des Grundsteuerkatasters. Weitere<br />

Quellen zur überörtlichen Einbindung sollen herangezogen werden.<br />

Erhebungsbögen der Denkmäler, der ortsbildprägenden Bauten und Räume sowie<br />

der historischen Kulturlandschaftselemente<br />

Eine Auswahl in Bayern vorkommender Elemente der historischen Kulturlandschaft folgt im<br />

Anhang. Sie kann als Richtschnur dienen, erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.<br />

Die Erfassungsgliederung ist funktional und physiognomisch:<br />

- Denkmäler, Ensembles, Bodendenkmäler (nachrichtliche Übernahme der Denkmalliste)<br />

- Bereich Siedlung (punktuelle, linienhafte und flächenhafte Elemente)<br />

- Bereich Landwirtschaft (punktuelle, linienhafte und flächenhafte Elemente)<br />

- Bereich Gewerbe (punktuelle, linienhafte und flächenhafte Elemente)


- Bereich Verkehr (punktuelle, linienhafte und flächenhafte Elemente)<br />

- Bereich Freizeit (punktuelle, linienhafte und flächenhafte Elemente)<br />

- Bereich Religion, Staat, Militär (punktuelle, linienhafte und flächenhafte Elemente)<br />

- Assoziative Kulturlandschaft (Sichtbezüge, Raumbildungen, immaterielle historische Stätten<br />

wie Bedeutungs- und Erinnerungslandschaft)<br />

Der Erfassung folgt die formale Beschreibung, die Würdigung und Bewertung der einzelnen E-<br />

lemente sowie die Eintragung der Ergebnisse in Erhebungsbögen (vgl. beiliegendes Musterblatt)<br />

mit textlicher Beschreibung, Photo und Karte/ Plan/Skizze. Inhalte der Erhebungsbögen sollten<br />

in Datenbanken übertragbar sein. Grundkategorien:<br />

- Denkmäler<br />

- Ortsbildprägende Bauten und Räume<br />

- Historische Kulturlandschaftselemente<br />

Gesamtschau der historischen Kulturlandschaft im Gemeindegebiet<br />

Hierzu erfolgt die Untersuchung der Vernetzungen der einzelnen Elemente und der Wirkungszusammenhänge<br />

der Einflußfaktoren im Rahmen einer historisch-geographischen Analyse. Gliederungspunkte<br />

sind:<br />

- Baudenkmal [Beschreibung der Denkmäler (aktuelle Denkmalliste), der Nähebereiche und der<br />

geschichtlichen Bedeutung in Hinblick auf § 1 (5) 5 BauGB und § 2 (1) 2 UVPG]<br />

- Ortsbild und Städtebau [Beschreibung der Ortsentwicklungen mit Darstellung ortsbildprägender<br />

Bauten und Räume in Hinblick auf § 172 BauGB]<br />

- Kulturlandschaft [Beschreibung der geschichtlichen Entwicklung und Gestaltung der Ortsund<br />

Landschaftsbilder in Hinblick auf § 1 (5) 4 BauGB]<br />

Zuletzt ist die typische Ausformung der Kulturlandschaft des Untersuchungsgebietes in "Kulturlandschaftstypen"<br />

wie beispielsweise Klosterlandschaft, Herrschaftslandschaft, Haufendorf mit<br />

Gewannflur im Altsiedelland, voralpine Haglandschaft etc. zu beschreiben.<br />

Erstellung einer Erfassungskarte Historische Kulturlandschaft auf der Basis des Extraditionsplans<br />

1:5000 oder bei größeren Gemarkungen im Maßstab 1:10.000, mit Eintragung der<br />

historischen Landnutzung und des historischen Verkehrsnetzes, mit Legende.<br />

Erstellung einer Bestandskarte Historische Kulturlandschaft mit Eintragung aller Elemente<br />

aus den Bereichen Siedlung (rot), Landwirtschaft (grün), Gewerbe (Wasserbau blau), Verkehr,<br />

Freizeit, sowie Religion / Staat / Militär auf dem aktuellen Flurplan 1:5000 oder bei größeren<br />

Gemarkungen analog dem Landschaftsplan im Maßstab 1:10.000, mit Legende.<br />

Einbindung in den Landschaftsplan und die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

Damit die erfaßten Kulturlandschaftselemente in den Landschaftsplan und in die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

einbezogen werden können, ist es notwendig, die Erfassung auf das System<br />

des Landschaftsplans und der UVP abzustimmen (Weiterverarbeitung der Ergebnisse in einem<br />

Geographischen Informationssystem, Abstimmung mit dem Erhebungsbogen Landschaftsplan, -<br />

Bewertung der Elemente im Hinblick auf ihre Erhaltungsnotwendigkeit, Konfliktanalyse). Die<br />

Bearbeiter sollen Vorschläge in Bezug auf die genannten Punkte machen.<br />

Bürgerbeteiligung und Akzeptanz


Das Thema historische Kulturlandschaft erscheint besonders geeignet, das Verständnis bei den<br />

Bürgern für ihre Landschaft zu wecken und somit Akzeptanz für die Landschaftsplanung zu<br />

schaffen, da hier das Zusammenwirken von Mensch und Natur deutlich wird. Aus diesem Grund<br />

sollen Vorschläge formuliert werden, wie das Thema "Historische Kulturlandschaft" im Rahmen<br />

der Bürgerbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit vermittelt werden könnte.<br />

Der Bearbeiter stellt abschließend in geeigneter Weise (Abendveranstaltung, Vortrag, Rundgang<br />

oder Ausstellung) Inhalte der fertiggestellten Historischen Gemeindetopographie vor Ort in der<br />

Gemeinde oder der Stadt vor.

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