Quelle 1 - LiN
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<strong>Quelle</strong> 1
Weiterbildung für Intensivpflege und Anästhesie<br />
Kurs 2005/2007<br />
Abschlussarbeit<br />
Betreuender Dozent: Harry Wolpert<br />
Abgabetermin: 31. Januar 2007<br />
Lagerung in Neutralstellung (<strong>LiN</strong>)<br />
Vorgelegt von: Ina Ree Keller am 30. Januar 2007
Gliederung<br />
Einleitung Seite 1<br />
1.0 Was bedeutet Lagerung im pflegerischen Alltag Seite 2<br />
1.1 Was bedeutet Lagerung im therapeutischen Alltag Seite 3<br />
1.2 Gemeinsame Zielsetzung verschiedener Berufsgruppen Seite 3<br />
2.0 Entwicklung der Lagerung in Neutralstellung Seite 5<br />
2.1 Grundprinzipien von <strong>LiN</strong> Seite 5<br />
2.2 Ziele der Lagerung in Neutralstellung auf einen Blick Seite 8<br />
2.3 Umsetzen von <strong>LiN</strong> in die Praxis Seite 9<br />
2.4 Bei welchen Patienten kann <strong>LiN</strong> angewendet werden Seite 10<br />
3.0 Beispiele für <strong>LiN</strong> auf einer Intensivstation Seite 10<br />
3.1 Erstes Praxisbeispiel für <strong>LiN</strong>, die 30° Seitenlagerung Seite 10<br />
3.2 Zweites Praxisbeispiel für <strong>LiN</strong>, das Sitzbett Seite 15<br />
4.0 Pro und Contra der Lagerungsmethode Seite 20<br />
Fazit Seite 21<br />
Erklärung der Verfasserin<br />
Literaturnachweis
Einleitung<br />
Im Laufe der Jahre wurde eine Vielzahl an verschiedenen Lagerungsmethoden<br />
(z.B. die Mikrolagerung) entwickelt, die in der Praxis mehr oder weniger<br />
zum Einsatz kommen. Sie beziehen sich entweder auf therapeutisch wichtig<br />
erscheinende Aspekte oder aber auf pflegerelevante Situationen.<br />
In dieser Facharbeit soll auf die durch Heidrun Pickenbrock im Jahre 2000<br />
anhand ihrer Studien entwickelte Lagerungsmethode, der Lagerung in Neutralstellung<br />
(nachfolgend auch <strong>LiN</strong> genannt), näher eingegangen werden.<br />
Diese Arbeit soll helfen, pflegerische und therapeutische Ziele näher zu betrachten<br />
und miteinander zu vereinen.<br />
Um die Anwendung der <strong>LiN</strong> in der Praxis zu erleichtern, sind die von ihr<br />
erarbeiteten physiologischen Stellungen, klar aufgezeigt und erklärt.<br />
In dieser Facharbeit werden zwei praktische Fallbeispiele vorgestellt, die auf<br />
der Intensivstation 3 A des Klinikums Ludwigsburg durchgeführt wurden.<br />
Die Fallbeispiele sollen den positiven Effekt der <strong>LiN</strong> auf den Patienten verdeutlichen<br />
und zur Umsetzung der Methode anregen.<br />
1
1.0 Was bedeutet Lagerung im pflegerischen Alltag<br />
Lagern ist insbesondere bei Menschen wichtig, die aufgrund krankheitsbedingter<br />
Prozesse oder degenerativer Veränderungen nicht selbständig dazu in<br />
der Lage sind ihre Position eigenständig zu verändern.<br />
Die Lagerung ermöglicht es, gleichzeitig viele Ziele zu erreichen. Sie sollte<br />
dem Patienten eigene Bewegung ermöglichen, Muskelspannung positiv beeinflussen<br />
und vor allem bequem sein.<br />
Klassische Indikationsstellungen, die ein regelmäßiges Umlagern beispielsweise<br />
erfordern sind die Dekubitusprophylaxe, Pneumonieprophylaxe und<br />
Kontrakturenprophylaxe. Speziellere Indikationsstellungen, die zur Tonusregulation<br />
beitragen, die den spastischen Mustern bei Patienten mit Hemiplegie,<br />
MS o.ä. entgegenwirken, dürfen ebenso wenig vergessen werden wie die<br />
Thromboseprophylaxe und die Anregung des Kreislaufes.<br />
In den gebräuchlichen Büchern der Krankenpflege (9) werden die meisten<br />
Informationen zur Lagerung unter den Rubriken ATL sich Bewegen/ Dekubitus-/<br />
Kontrakturenprophylaxe behandelt. Auf Sonderformen wie Kopfoder<br />
Beinhoch-/ tieflange, V-, A-, T-, I- Lagerungen, Dehnlagerungen bei<br />
verschiedenen chirurgischen und internistischen Krankheitsbildern soll in<br />
dieser Facharbeit nicht eingegangen werden. Alle Herausgeber (1, 9, 10)<br />
sind sich jedoch darüber einig, dass so wenig Lagerungsmaterial wie möglich<br />
verwendet werden sollte, damit der Patient in seinen Bewegungen nicht<br />
behindert wird.<br />
Auch wenn eine Reihe von verschiedenen Lagerungsformen geschult werden,<br />
finden sich in der Praxis nach meiner Erfahrung die meisten Patienten<br />
in Rückenlage, 30° Seitenlagerung oder Oberkörperhochlagerung. Im Bett<br />
könnten Patienten jedoch auch in die 90°- Seitenlagerung, 135°-Lage oder<br />
Bauchlage gebracht werden.<br />
2
1.1 Was bedeutet Lagerung im therapeutischen Alltag<br />
Die Lagerung soll das Erreichen von therapeutischen Zielen sichern bzw. die<br />
bisher erreichten Ziele festigen. So zieht ein Therapeut die Lagerung von<br />
neurologischen Patienten in der Früh-Rehabilitation, Patienten im Wachkoma,<br />
aber auch von geriatrisch, internistisch und intensivmedizinisch versorgten<br />
Patienten heran, um für diese eine qualifizierte und angemessene<br />
Lagerung, d.h. durch günstige Stellung der Körperabschnitte, eine normale<br />
Beweglichkeit des Patienten zu erhalten. Die Lagerung kommt im therapeutischen<br />
Alltag leider viel zu kurz.<br />
Durch eine entsprechende Lagerung zu Beginn einer Therapiesitzung, kann<br />
der Patient aktiviert, durch Umlagerung die Wahrnehmung des Körpers verbessert<br />
und eine gute Ausgangsposition für therapeutische Maßnahmen geschaffen<br />
werden. Am Ende einer Therapiesitzung sollte der Patient so gelagert<br />
werden, dass die erreichten Ziele gesichert und die selbst erlernten Fertigkeiten<br />
ermöglicht werden. Die Lagerung sollte dem Patienten weiter eine<br />
Möglichkeit für die Wahrnehmung des eigenen Körpers bieten.<br />
Die bekannteste Lagerungsform in Deutschland ist sicherlich die nach dem<br />
Bobath-Konzept, welche die Pflegende zum Teil in ihrer Ausbildung erlernen.<br />
Diese hat das Ziel die tonische Reflexaktivität durch Lagerung in Seitenlage<br />
zu vermeiden und somit eine frühzeitige Mobilisation zu ermöglichen<br />
(14). Auf diese Methode soll im Rahmen dieser Facharbeit jedoch nicht<br />
näher eingegangen werden.<br />
1.2 Gemeinsame Zielsetzung verschiedener Berufsgruppen<br />
Die Lagerung ist somit eine pflegerische und therapeutische Maßnahme einerseits<br />
zur Prophylaxe, andererseits zur Unterstützung und Sicherung von<br />
Therapieerfolgen.<br />
Aufgrund der momentan immer knapper werdenden personellen Besetzung<br />
impflegerischen sowie auch im therapeutischen Bereich des Gesundheits-<br />
3
systems, bleibt zunehmend weniger Zeit für die Patienten zu sorgen. Daher<br />
wird eine sinnvolle Gestaltung der therapie-/pflegefreien Zeit immer bedeutungsvoller.<br />
Der Patient sollte daher so gelagert werden, dass es in dieser<br />
Zeit nicht zu sekundären Problemen kommt. Die Lagerung sollte dem Patienten<br />
eigene Bewegung ermöglichen, Muskelspannung positiv beeinflussen<br />
und vor allem bequem sein. Dadurch ist es für Pflegende und Therapeuten<br />
möglich, den Patienten besser aktiv in den Alltag zu integrieren.<br />
Abbildung 1<br />
4
2.0 Entwicklung der Lagerung in Neutralstellung<br />
H. Pickenbrock, Physiotherapeutin und Bobath-Instruktorin der IBITA (International<br />
Bobath Instructors Training Assoziation), hat die sogenannte<br />
„Lagerung in Neutralstellung“ aus folgenden Überlegungen heraus entwickelt<br />
(11, 12, 13)<br />
- Beim aufrecht stehenden Menschen befinden sich alle Gelenke in<br />
Neutralstellung.<br />
- Die Körperabschnitte sind weder in Beugung noch in Streckung.<br />
- Aus der Neutralstellung heraus kann man sich in alle Richtungen<br />
leicht bewegen.<br />
- Legt sich der Mensch ins Bett, so muss sich sein Körper an das Bett<br />
anpassen. Er verlässt also die Neutralstellung bedingt durch die<br />
Schwerkraft. Die meisten Körperteile werden durch die liegende<br />
Körperposition in Streckstellung gebracht. Die Beine fallen oft nach<br />
außen, die Arme sind meist abgespreizt, der Rumpf wird im Bauchmuskelbereich<br />
lang. Dadurch werden die Bauchmuskeln eher überdehnt.<br />
Der Rumpf verliert damit seine muskuläre Grundspannung.<br />
Jede Bewegung von Extremitäten erfordert aber zwingend Halteaktivität<br />
im Rumpf.<br />
- Jede eigene Bewegung im Bett und jede Umlagerung erfordert eine<br />
Beugeaktivität der Muskulatur. Diese Bewegung wird dadurch erschwert,<br />
dass sich der Patient in vielen Körperabschnitten eher in<br />
Streckung befindet.<br />
2.1 Grundprinzipien von <strong>LiN</strong><br />
Nun stellt sich die Frage, wie sich die von H. Pickenbrock aufgestellten<br />
Überlegungen auf Lagerungen übertragen lassen!<br />
5
Körperabschnitte müssen stabilisiert werden; Halt geben<br />
Durch pathologische oder degenerative Prozesse, z.B. des zentralen Nervensystems,<br />
kann es zunächst zu einer schlaffen Lähmung der Muskulatur<br />
kommen, die sich in vielen Fällen zu einer spastischen Lähmung entwickeln.<br />
Beides führt jedoch dazu, dass der Patient in seiner Bewegung sehr eingeschränkt<br />
ist und vielleicht sogar völlig unfähig ist sich zu halten. Der gesunde<br />
Körper ist immer dazu bestrebt gegen die Schwerkraft zu wirken und<br />
sich wieder aufzurichten. So kann sogar ein sekundärer Hypertonus allein<br />
durch das Bestreben sich immer halten zu müssen auftreten.<br />
Tonusregulation<br />
betroffener Mensch<br />
Normaler Tonus<br />
0 % 100 %<br />
hypoton Bewegungs-Haltungstonus- hyperton<br />
Regulation möglich<br />
• Bewegungstonus: Muskelspannung niedrig genug für Bewegung<br />
• Haltetonus: Muskelspannung hoch genug für Haltung<br />
Der betroffene Mensch kann den Bewegungs- und Haltetonus schwer regulieren.<br />
Er springt zwischen Hypotonus und Hypertonus hin und her.<br />
Muskelgruppen die zuwenig Aktivität aufweisen müssen aufgefunden werden,<br />
um der Schwerkraft entgegenwirken zu können. Die Muskeln, die ein<br />
6
zuviel an Tonus aufweisen müssen stabilisiert werden, um nachlassen zu<br />
können.<br />
Das bedeutet, von “außen“ muss diesen Körperabschnitten Halt gegeben<br />
werden, um Verkürzung oder Überdehnung zu vermeiden. Eine bessere<br />
Stellung der Körperabschnitte wird erreicht und somit letztendlich ein sekundärer<br />
Hypertonus reduziert oder verhindert. Dies kann man erreichen,<br />
indem man Lagerungsmaterial fest an den Körper anmodeliert, Körperhöhlen<br />
ausfüllt und die Körperabschnitte durchgehend unterstützt.<br />
Körperabschnitte müssen günstig zueinander gestellt werden; Körpersenkrechte<br />
und Körperwaagrechte beachten<br />
Werden einzelne Körperabschnitte ungünstig zueinander positioniert, so<br />
kann es bei einem passiven Patienten schnell zu einer Verkürzung oder<br />
Überdehnung einzelner Muskelabschnitte führen. Es können z. B.<br />
Spannungen aufgebaut oder aber auch der Tonus der Muskulatur dadurch<br />
erhöht werden. Da ein gesunder Mensch über eine normale Muskelaktivität,<br />
Sensorik und einen normalen Muskeltonus verfügt, wird er selbstverständlich<br />
seine Lage verändern, wenn sie ihm unbequem erscheint. Dies ist einem<br />
schwerstbetroffenen Patienten meist nicht möglich.<br />
Um dem o.g. Prozess entgegenzuwirken, sollten die Körperabschnitte und<br />
die Gelenke in Neutralstellung gelagert werden. Das entspricht einer<br />
Stellung zwischen Extension und Flexion, Innen- und Außenrotation, Abund<br />
Adduktion. Die Neutralstellung stimmt somit mit der Körperhaltung<br />
eines aufrecht stehenden Menschen überein.<br />
Neutralstellung modifizieren<br />
Wichtig ist ebenfalls, eine Lagerung in Neutralstellung nicht zu erzwingen,<br />
sondern dem Patienten individuell anzupassen. Auch ist es generell möglich,<br />
bereits bekannte Lagerungsformen mit <strong>LiN</strong> zu kombinieren. Beispielsweise<br />
7
können ältere Menschen unter Veränderungen der Wirbelsäule oder aber<br />
auch unter Kontrakturen die innerhalb eines Krankheitsverlaufes entstanden<br />
sind, leiden. Hier kann nur soweit wie es möglich ist, die Lagerung in Neutralstellung<br />
angewandt werden. Zwei bedeutende Punkte, die eingehalten<br />
werden sollten, sind hier zu erwähnen:<br />
- Das Knie immer nur so weit beugen, dass das Bein in gerader Linie<br />
gelagert werden kann<br />
- Den Ellenbogen nur so weit beugen, dass der Arm in gerader Linie<br />
gelagert werden kann<br />
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Lagerung bequem sein muss, der Patient<br />
sich wohl und sicher fühlt.<br />
Der Körper passt sich nicht mehr an die Unterlage an, sondern die Unterlage<br />
wird individuell dem Körper angepasst (8)!<br />
Wirbelsäule stützen<br />
Die Wirbelsäule sollte in ihrer physiologischen Stellung auch im Liegen und<br />
im Sitzen gestützt werden, d.h. in liegender Position sollte soweit wie möglich<br />
die doppel-S-förmige und in sitzender Position soweit möglich die stabförmige<br />
Haltung der Wirbelsäule erreicht werden. Es darf zu keiner seitlichen<br />
oder translatorischen Abweichung kommen.<br />
2.2 Ziele der Lagerung in Neutralstellung auf einen Blick<br />
1. Die Lagerung soll Wohlbefinden vermitteln, bequem sein.<br />
2. Vor Dekubitus schützen, die Atmung unterstützen.<br />
3. Der Tonus soll reguliert werden. Am Rumpf den Tonus aufbauen und<br />
an den Extremitäten vor spastischen Mustern bewahren.<br />
4. Dem Körper halt geben, um eine Bewegung zu ermöglichen und die<br />
Bewegung erleichtern.<br />
8
5. Der Mensch soll leichter zur Ruhe kommen.<br />
6. Eine Verminderung von Schulterbeschwerden soll erreicht werden.<br />
7. Vitalparameter sollen stabilisiert werden.<br />
2.3 Umsetzen von <strong>LiN</strong> in die Praxis<br />
Die vorgefundene Patientensituation muss zuerst einmal analysiert werden.<br />
Eine Befundaufnahme des Krankheitsverlaufs ist hiefür von Bedeutung. Dadurch<br />
sollte man folgende Fragen für sich beantworten können:<br />
Was sind die Ressourcen des Patienten<br />
Wo liegen die Probleme des Patienten<br />
Was ist meine Zielsetzung<br />
Für die Lagerung selbst benötigt man Steppdecken und Kissen. Die Anzahl<br />
des Lagerungsmaterials hängt vom Grad der Körperfunktionsstörung, der<br />
Körperfülle, der Körpergröße des Patienten sowie die Beschaffenheit der<br />
verwendeten Matratze ab. Grundsätzlich gilt: Je größer und schwerer der<br />
Patient von seiner körperlichen Konstitution ist, je betroffener er durch den<br />
Krankheitsverlauf ist und je weicher die Unterlage ist, desto mehr Lagerungsmaterial<br />
wird benötigt (16).<br />
Zwischenzeitlich existiert eine Vielfalt von verschiedenem Lagerungsmaterial<br />
auf dem Markt. Ob diese bei einer Lagerung in Neutralstellung sinnvoll<br />
erscheinen, ist immer an der individuellen Situation abzuklären.<br />
In bestimmten Situationen ist es obligat den Oberkörper des Patienten hoch<br />
zu lagern, wie z. B. bei der Gabe von Sondenkost oder während einer Hirndrucktherapie.<br />
Diese Lage ermöglicht es dem Patienten auch den Kontakt zu<br />
seiner Umwelt besser aufzubauen. Hierfür sollte, wenn die Kreislaufsituation<br />
des Patienten es zulässt, nicht das Kopfteil des Bettes abgeknickt sondern<br />
eine Kopfhoch-/Fußtief-Stellung des Bettes vorgenommen werden. Um ein<br />
Rutschgefühl sowie mögliche Scherkräfte zu vermeiden, sollten dazu die<br />
Füße stabilisiert bzw. abgestützt werden.<br />
9
Beim Bewegen in die Lagerung sollten Elemente der Kinästhetik (5), der<br />
Basalen Stimulation (2) oder dem Bobath-Konzept (3, 4, 6, 8) zur Anwendung<br />
kommen.<br />
2.4 Bei welchen Patienten kann <strong>LiN</strong> angewendet werden<br />
Primär ist <strong>LiN</strong> für schwerbetroffene Patienten entwickelt worden. Die Bewegungsfähigkeit<br />
dieser extrem instabilen Menschen soll nicht eingeschränkt,<br />
sondern unterstützt und erleichtert werden.<br />
Man kann sagen, dass sich im Prinzip diese Lagerungsform für jeden Patienten<br />
eignet. Es sollte immer die individuelle Situation des Menschen in<br />
Betracht gezogen werden um dann abzuwägen ob die gesteckten Ziele durch<br />
<strong>LiN</strong> auch tatsächlich erreicht werden.<br />
3.0 Beispiele für <strong>LiN</strong> auf einer Intensivstation<br />
3.1 Erstes Praxisbeispiel für <strong>LiN</strong>, die 30° Seitenlagerung<br />
Vorgefundene Patientensituation<br />
<strong>Quelle</strong> 2<br />
10
<strong>Quelle</strong> 2<br />
Kurze Patienteninformation<br />
Frau A, Z. n. Ileus, Hysterektomie und Hemikolektomie. Frühe Extubation<br />
scheitert aufgrund einer respiratorischen Insuffizienz. Zusätzlich ist Frau A<br />
stark adipös.<br />
Möglichkeiten von Fr. A<br />
Patientin ist schwach sediert, nonverbale Kommunikation ist möglich. Sie<br />
kann ihre Arme leicht anheben und den Kopf etwas zur Seite drehen.<br />
Probleme von Fr. A<br />
Die Bewegungsmöglichkeit ist aufgrund der Sedierung stark eingeschränkt.<br />
Weitere Probleme sind die fehlende Stabilität im Rumpf und eine Einschränkung<br />
der Atmung.<br />
Pflegerische Zielsetzung:<br />
Stabilität im Rumpf<br />
Atmung verbessern<br />
11
Analyse der vorgefundenen Seitenlagerung<br />
<strong>Quelle</strong> 2<br />
Körpersenkrechte Körperwaagrechte Rumpf u. Körperstamm<br />
(Schulter / Becken) (Ober-/ Unterschenkel) hängt durch<br />
Die Körperabschnitte stehen weder waagrecht noch senkrecht zueinander.<br />
Der Körperstamm hat keinerlei Stabilität. Eine Möglichkeit zur Bewegung<br />
ist hier mit großem Kraftaufwand verbunden.<br />
12
Möglichkeit der 30° Lagerung nach <strong>LiN</strong><br />
(Die Abduktion des rechten Oberarms musste abweichend von <strong>LiN</strong> angepasst<br />
werden)<br />
<strong>Quelle</strong> 2<br />
Die Körperabschnitte wurden günstig zueinander gestellt. Unterstützung des<br />
Bauches, der Extremitäten und die Stabilisierung des Rumpfes mit Hilfe 3<br />
großer Steppdecken und großer Kissen. Wobei 2 dieser Decken stufenförmig<br />
an die Doppel-S-Form im Rücken an die Wirbelsäule anmodeliert wurden..<br />
Der Kopf wurde auf ein großes Kopfkissen gelagert, die Halswirbelsäule gut<br />
stabilisiert und der Kopf in Neutralstellung gebracht.<br />
Um die stark hypotone Bauchmuskulatur zu unterstützen wurde eine weitere<br />
Decke unter den Bauch gelagert. Um auch das rechte Bein der Patientin in<br />
Neutralstellung zu bringen, konnte diese Decke weiter am ganzen Körper<br />
anmodeliert werden. Aufgrund ihrer großen Körperoberfläche musste dementsprechend<br />
viel Lagerungsmaterial verwendet werden. Dies scheint auf<br />
den ersten Blick für den Pflegenden als störend. Doch anhand der Vitalparameter,<br />
die auf der Intensivstation kontinuierlich am Monitor überwacht<br />
werden, konnte eine Senkung der Herzfrequenz und des Blutdruckes erzielt<br />
werden.<br />
13
Frau A hat nun eher die Möglichkeit die Arme frei zu bewegen und den<br />
Kopf beliebig zu drehen.<br />
<strong>Quelle</strong> 2<br />
14
3.2 Zweites Praxisbeispiel für <strong>LiN</strong>, das Sitzbett<br />
<strong>Quelle</strong> 2<br />
Kurze Patienteninformation:<br />
Hr. B, nach Stammganglienblutung, wirkt zeitweise desorientiert zu Ort und<br />
Zeit; ist in der Weaning-Phase<br />
Möglichkeiten von Hr. B:<br />
Nonverbale Kommunikation, Drehung des Kopfes möglich, kann alle 4 Extremitäten<br />
bewegen;<br />
15
Probleme von Hr. B:<br />
Er drückt auf die linke Körperseite, in der er eine leichte Tonusminderung<br />
hat.<br />
Außerdem erschöpft er sich respiratorisch schnell, die Beine sind nach außen<br />
rotiert.<br />
<strong>Quelle</strong> 2<br />
Pflegerische Zielsetzung:<br />
Hr. B. soll sicher im Bett sitzen um Bewegungen zu ermöglichen. Er soll<br />
Kontakt zu seiner Umwelt aufnehmen können.<br />
16
Möglichkeit des Sitzbetts nach <strong>LiN</strong><br />
<strong>Quelle</strong> 2<br />
17
<strong>Quelle</strong> 2<br />
(Außenrotation der Beine bestimmt rechts noch besser<br />
möglich)<br />
Hr. B sitzt sicher in seinem Bett. Kann sich durch Drehung des Kopfes eine<br />
bessere Orientierung im Raum verschaffen und versucht zu kommunizieren.<br />
Die Atemfrequenz verlangsamt sich, er wirkt entspannter.<br />
Die hier verwendeten Materialien sind 3 große Steppdecken, ein großes und<br />
ein kleines Kopfkissen sowie ein Handtuch.<br />
2 große Decken wurden jeweils an der linken und rechten Körperseite anmodeliert.<br />
Um sie besser zu fixieren, wurden sie fest unter den Körper gesteckt.<br />
Die 3. Decke dient zur Absicherung, um ein Hinunterrutschen im<br />
Sitzen und somit auftretende Scherkräfte, zu vermeiden. Das große Kissen<br />
dient zur Ablage seiner Arme, um ihm dadurch Halt und Bequemlichkeit zu<br />
vermitteln.<br />
18
Um einen Zug durch die Trachealkanüle zu verhindern, wurde diese mit einem<br />
Handtuch fixiert. Das Bett wurde insgesamt in Kopfhoch-/Fußtief-<br />
Stellung gebracht.<br />
Bei der Oberkörperhochlagerung (siehe Schema 1) kommen weitere Überlegungen<br />
auf, die z. T. auch schon in THIEMEs Pflege (10) zu finden sind.<br />
Eine wichtige Voraussetzung für diese Lagerung ist, dass eine Beugung im<br />
Hüftgelenk und nicht im Rumpf stattfinden soll.<br />
Eine „Rutschbremse“, beispielsweise in Form einer Decke, wird in Höhe der<br />
Sitzbeinhöcker eingearbeitet um ein Hinunterrutschen zu vermeiden. Die<br />
Arme werden gut unterlagert und nehmen dem Brustkorb Gewicht ab.<br />
Die Knie werden gebeugt, damit die hintere Oberschenkelmuskulatur nicht<br />
unter Spannung gerät. Eine Druckentlastung des Steißbereichs kann man<br />
durch Kippen des gesamten Bettes erreichen, der Schwerpunkt verteilt sich<br />
auf die weniger gefährdeten Oberschenkel (siehe Schema 1c).<br />
Diese Form der Oberkörperhochlagerung (Schema 1c) bietet Vorteile wie<br />
eine sichere Nahrungsaufnahme, die Möglichkeit zur erleichterten, aktivierenden<br />
Grundpflege, atemunterstützende Effekte, Bequemlichkeit und Kontaktaufnahme<br />
mit der Umwelt (12).<br />
Abbildung 2<br />
19
4.0 Pro und Contra der Lagerung in Neutralstellung<br />
Diese Art der Lagerung bietet Vor- und Nachteile. Das benötigte Lagerungsmaterial<br />
steigt im Verhältnis zu herkömmlichen Lagerungen stark<br />
an. Hinzu kommen beim Versuch der Umsetzung sowohl finanzielle als auch<br />
räumliche Probleme die auftreten können. Die benötigten Lagerungsmaterialien<br />
müssen schließlich bei dem Patienten verbleiben, auch wenn sie nicht<br />
immer alle eingesetzt werden.<br />
Kritiker merken an, dass Patienten mit neuralen Problemen die in Neutralstellung<br />
gelagert werden, einem dauerhaftem Stress unterzogen werden. Dies<br />
würde sich durch Unruhe und Schwitzen bemerkbar machen. Auch Patienten<br />
mit Kontrakturen könnten nicht mehr in Neutralstellung gebracht werden.<br />
Letztlich muss jede Lagerung individuell an den Patienten angepasst werden,<br />
es gibt keine Vorgaben, die unbedingt eingehalten werden müssen. Die bereits<br />
vorhandenen Defizite sollten jedoch nicht verstärkt sondern verbessert<br />
werden und dies schließt <strong>LiN</strong> nicht aus.<br />
Den Zeitaufwand, den man anfänglich für die Lagerung mehr aufwenden<br />
muss als für die geläufigen Lagerungsformen, ist nicht abzustreiten. Jedoch<br />
relativiert sich dieser, umso mehr Übung und Planung man erlangt hat.<br />
Nicht für jeden Patienten eignet sich das Lagern in neutraler Stellung. Bei<br />
manchen steht der zeitliche Aufwand nicht in Relation zum Nutzen, z. B. bei<br />
sehr aktiven Patienten. (Es würde sich dennoch anbieten z. B. einzelne Körperabschnitte<br />
in Neutralstellung zu lagern.)<br />
Häufig kommt im Rahmen dieser Lagerungsmethode der Einwand, dass bei<br />
so vielen Decken der Patient schwitzt. Wenn jedoch gut gelagert wird, zeigt<br />
sich in der Praxis genau das Gegenteil. Patienten, die kommunizieren<br />
können, geben häufig an, dass diese Art der Lagerung als sehr bequem<br />
20
empfunden wird. Patienten werden ruhiger, können in dieser Position entspannen<br />
und einschlafen.<br />
Die Dauer, die der Patient in einer bestimmten Lage verbleibt, ist abhängig<br />
vom Hautzustand und der Lungenfunktion. Generell sollte jedoch in größeren<br />
Zeitabschnitten gelagert werden, um ein Tag-Nacht-Rhythmus beizubehalten.<br />
Fazit<br />
<strong>LiN</strong> ist eine Lagerungsmethode, die bei den meisten Patienten als angenehm<br />
und bequem empfunden wird. In einer Studie (15) konnte sogar nachgewiesen<br />
werden, dass sich die Lagerung günstig auf die Vitalparameter und die<br />
Beweglichkeit der Patienten auswirkt. Eine professionelle Lagerung ist ein<br />
wichtiger Baustein in der Versorgung von schwerpflegebedürftigen Menschen<br />
im Bett sowie auch im Rollstuhl.<br />
Die Lagerung in Neutralstellung zeigt eine Möglichkeit, wie Patienten in<br />
ihrer therapie-/pflegefreien Zeit vor sekundären Komplikationen geschützt<br />
werden können und gleichzeitig für maximale Bequemlichkeit sorgt.<br />
21
Erklärung der Verfasserin<br />
Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit zum Thema<br />
Lagerung in Neutralstellung<br />
selbständig verfasst habe. <strong>Quelle</strong>n und Materialien sind als solche<br />
gekennzeichnet und nachgewiesen.<br />
Ich habe keine anderen Materialien als die angegebenen Hilfsmittel benutzt.<br />
Remseck, den 30. Januar 2007
Literaturnachweis<br />
(1) Bazlen, U.; Kommerell, T.; Menche, N<br />
Pflege Heute<br />
Urban & Fischer; 3. Auflage 2004<br />
(2) Bienstein, Christel; Fröhlich, Andreas<br />
Basale Stimulation in der Pflege<br />
Düsseldorf, Verlag Selbstbestimmtes Leben, 13. Auflage; 1991<br />
(3) Bobath, Berta<br />
Die Hemiplegie Erwachsener. Befundaufnahme, Beurteilung und<br />
Behandlung.<br />
Stuttgart: Thieme; 1970<br />
(4) Carr, Janet; Shepherd, Roberta<br />
A Motor Relearning Programme for Stroke.<br />
London: William Heinemann Medical Books; 1982<br />
(5) Citron, Ina<br />
Kinästhetik - Kommunikatives Bewegungslernen<br />
Thieme; 2. Auflage 2004<br />
(6) Davies, Patricia<br />
Hemiplegie. Anleitung zu einer umfassenden Behandlung von Patienten mit<br />
Hemiplegie.<br />
Berlin: Springer Verlag; 1985
(7) Freivogel, Susanna<br />
Motorische Rehabilitation nach Schädelhirntrauma.<br />
Klinik - Grundlagen - Therapie.<br />
München: Pflaum Verlag; 1997<br />
(8) Hartnick, Angela<br />
Halt und Beweglichkeit für neurologische Patienten<br />
Die Schwester Der Pfleger 45.Jahrgang 2006/09<br />
(9) Juchli, Liliane<br />
Praxis und Theorie der Gesundheits- und Krankenpflege<br />
Thieme; 8. überarbeitete Auflage 1997<br />
(10) Kellnhauser, E.; Schewior-Popp, S.; Sitzmann, F.; Geißner, U.;<br />
Gümmer, M.<br />
THIEMEs Pflege<br />
Thieme Verlag; 10. Auflage 2004<br />
(11) Krasser, Doris<br />
Lagerung – ein Thema auch für Ergotherapeuten<br />
Ergotherapie & Rehabilitation 2006 / 06, Seite 6-9<br />
(12) Pickenbrock, Heidrun<br />
Lagern – eine Übersicht über lang Bewährtes und neue Entwicklungen<br />
Magazin Stoma und Inkontinenz (2003) 32, Seite 31-33<br />
(13) Pickenbrock, Heidrun<br />
Lagern in Neutralstellung – Praktisches Vorgehen am Beispiel einer<br />
geriatrischen Patientin<br />
Magazin Stoma + Inkontinenz (2003) 33, Seite 9-13
(14) Pickenbrock, Heidrun<br />
Rund um die Uhr gut gelagert<br />
Physiopraxis 4 (2), Seite 23-26<br />
(15) Pickenbrock, Heidrun; Oelmann, H.<br />
Lagerung in Neutralstellung verändert Beweglichkeit bei Patienten mit<br />
zentral-neurologischen Störungen<br />
Posterpräsentation auf dem DGNR – Jahreskongress;<br />
Gailingen 2001<br />
(16) Pickenbrock, Heidrun<br />
Das Bobath-Konzept heute<br />
Handbuch der Intensivpflege<br />
Ecomed Medizin; 19. Erg. Lfg. 11/05<br />
Weitere Informationen und Kontakt<br />
www.lin-arge.de, lin-arge@web.de<br />
Bildquellen<br />
<strong>Quelle</strong> 1<br />
www.lin-arge.de<br />
<strong>Quelle</strong> 2<br />
Fotoaufnahmen von Harry Wolpert<br />
Abbildung 1 Literaturstelle (14)<br />
Abbildung 2 Literaturstelle (12)