retail 2/2013 - Wiener Zeitung
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etail___auslage<br />
Für den Händler steigt dabei die<br />
Chance, die Kunden an sich zu binden<br />
und einen größeren Anteil ihres Geldes<br />
zu ergattern. Konkret: Bei Galeria<br />
Kaufhof kauften mehr als zehn Prozent<br />
der online-affinen Stammkunden<br />
innerhalb einer Woche sowohl online<br />
als auch in einer der realen Filialen ein.<br />
Zudem steigerten viele neue Onlinekunden,<br />
die bisher nur stationär eingekauft<br />
hatten, ihre Gesamtausgaben um<br />
mehr als 25 Prozent. Das Warenhausunternehmen<br />
konnte seinen Online-<br />
Umsatz im vergangenen Jahr verdoppeln;<br />
auch der Umsatz im stationären<br />
Handel entwickelte sich erfreulich.<br />
Nahezu alle großen Handelskonzerne,<br />
die als stationäre Händler begannen,<br />
suchen zurzeit nach Lösungen,<br />
wie sie ihre oft mäßig erfolgreichen<br />
Online-Angebote besser mit ihren Offline-Shops<br />
verzahnen können. Vielversprechend<br />
sind die Ansätze von<br />
Walmart, Tesco und den großen französischen<br />
Handelsketten, die ihren<br />
Kunden beim Lebensmitteleinkauf den<br />
Weg mit dem Einkaufswagen durch<br />
das Geschäft ersparen. Registrierte<br />
Stammkunden klicken sich durch das<br />
Sortiment und bezahlen auch direkt<br />
im Netz. Ein oder zwei Stunden später<br />
fahren sie beim Markt vor, und ein<br />
Mitarbeiter stellt den Einkauf direkt in<br />
den Kofferraum.<br />
Während deutsche Supermarktketten<br />
vergleichbare Ideen bestenfalls<br />
in Pilotprojekten testen, hat ein<br />
Düsseldorfer Start-up den Mehrkanal-Verkauf<br />
zum Kern des eigenen<br />
Geschäftsmodells gemacht. Emmas<br />
Enkel nennt sich ein kleiner Innenstadtsupermarkt,<br />
gut sichtbar an einer<br />
Hauptverkehrsstraße gelegen. Dort<br />
findet der Kunde eine Café-Lounge<br />
mit hauseigenen iPads vor, auf denen<br />
er seinen Einkaufszettel einfach<br />
digital abarbeiten kann. Ist der Kaffee<br />
ausgetrunken, überreicht ihm ein<br />
Mitarbeiter an der Kasse die Tüte mit<br />
den Bestellungen. Kunden können<br />
aber auch am Rechner einkaufen und<br />
dann mit dem Wagen vorfahren. Oder<br />
sie bestellen gegen Gebühr mit Lieferung:<br />
Dann kommt am selben Tag<br />
zu einem fest vereinbarten Zeitpunkt<br />
ein Lieferwagen vorbei, und der Fahrer<br />
schleppt die Ware bis zur Haustür<br />
oder, wenn gewünscht, auch mal bis<br />
zum Kühlschrank.<br />
„Als wir vor zwei Jahren an dem<br />
Konzept herumdachten, war uns gar<br />
nicht so richtig klar, wie stark das Thema<br />
die ganze Branche bewegt“, sagt<br />
der Mitgründer Sebastian Diehl. Gut<br />
ein Jahr nach der Eröffnung freut er<br />
sich nun über „Umsätze, die deutlich<br />
über den Erwartungen aller Beteiligten<br />
liegen“. Der 30-Jährige bekommt<br />
inzwischen reihenweise Anfragen von<br />
Kaufleuten, die in anderen Städten<br />
eine Filiale eröffnen möchten. Den<br />
Begriff Franchise mag Diehl nicht so<br />
gern, er nennt das lieber „privilegierte<br />
Partnerschaft“. Gerade eröffnet in Essen<br />
der zweite Laden.<br />
Auch Kommunen, in denen vorwiegend<br />
Ältere leben, fragen regelmäßig<br />
nach, ob Emmas Enkel nicht zu ihnen<br />
an den Ort kommen wollen. Im<br />
Grunde regionalisiert das Konzept den<br />
Onlinehandel und macht damit den<br />
Vertrieb von Lebensmitteln über das<br />
Netz für ganz neue Kundengruppen<br />
attraktiv.<br />
IV. Online mit eigenen<br />
Waffen schlagen<br />
„Die Nutzung von PCs zu Hause am<br />
Schreibtisch geht zurück. Die Nutzung<br />
von mobilen Tablets und Smartphones<br />
nimmt stark zu. Das ist eine Riesenchance<br />
für den stationären Handel“,<br />
sagt Carsten Linz. Der Wirtschaftsingenieur<br />
ist Business Development Officer<br />
beim Software-Riesen SAP und<br />
beschäftigt sich mit der Frage: Wie<br />
werden Händler künftig Geld verdienen<br />
Denn alle Großen in der westlichen<br />
Welt sind SAP-Kunden. Wenn Linz<br />
durch deren Brille schaut, sieht er Menschen<br />
in großen Supermärkten, die ein<br />
Smartphone in der Hand halten, das sie<br />
beim Kauf berät. „Wir haben die technische<br />
Möglichkeit, in das physische<br />
Geschäft zu tragen, was Onlinemarketing<br />
und -verkauf erfolgreich macht“,<br />
sagt er. Ziel müsse es sein, die Anonymität<br />
des Kunden im Supermarkt<br />
2/<strong>2013</strong>___9