retail 2/2013 - Wiener Zeitung
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etail___auslage<br />
Foto: ddp<br />
Zukunftshoffnung No-Line Bei Emmas<br />
Enkel kauft man ein, wie man<br />
will: online im Laden, von unterwegs,<br />
von zuhause aus, mit und ohne Lieferung<br />
oder ganz altmodisch im Laden.<br />
Emmas Enkel ist seit der Gründung<br />
vor zwei Jahren in Düsseldorf rasant<br />
gewachsen und liefert inzwischen<br />
Deutschlandweit. Bei der CeBIT in<br />
Hannover in diesem Jahr machte sich<br />
die deutsche Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel selbst ein Bild des Handels von<br />
morgen. Im Bild v.l.n.r.: Peter Walz<br />
(Vodafone), Angela Merkel, Emmas<br />
Enkel-Gründer Sebastian Diehl und<br />
Benjamin Brüser.<br />
Dort erschien 2009 die Studie: „Sales<br />
Design – vom Point of Sale zum<br />
Point of Interest“, deren Fazit Steinle<br />
so zusammenfasst: „Natürlich ist das<br />
Theater bei Hollister oder Abercrombie<br />
& Fitch für mich persönlich nicht<br />
von Interesse. Aber die Zielgruppe<br />
steht Schlange, um in den Laden zu<br />
dürfen.“<br />
Wer älter als 30 Jahre ist und jemals<br />
durch die Türen der genannten Modeläden<br />
gelinst hat, weiß, was Steinle<br />
meint: Die Musik dort ist so laut, dass<br />
ein Verkaufsgespräch zum Verkaufsgeschrei<br />
würde. Aber zur Beratung<br />
sind die hübschen, halbnackten Store-<br />
Models, so heißt dort das Verkaufspersonal,<br />
auch gar nicht da. Sie freuen<br />
sich, wenn sich Kunden mit ihnen<br />
fotografieren lassen, auch wenn das<br />
bei der in den Läden herrschenden<br />
Dunkelheit und dem beißenden Trockennebel<br />
nicht ganz einfach ist. „Das<br />
ist eine extreme Inszenierung für eine<br />
Zielgruppe, die Extreme mag“, stellt<br />
Steinle fest.<br />
Extrembeispiele, sagt er, zeigten<br />
besonders gut, worum es eigentlich<br />
gehe: dem Kunden eine für ihn überdurchschnittlich<br />
attraktive Umgebung<br />
zu bieten. So wendet sich Hollister an<br />
14- bis 18-jährige Jugendliche, die sich<br />
in den Geschäften fühlen wie in einem<br />
besonders angesagten Club, in den sie<br />
eigentlich nicht hineindürfen.<br />
Einen ähnlich hohen emotionalen<br />
Anreiz für die Kunden einer Haushaltswarenabteilung<br />
zu schaffen ist<br />
zweifellos eine Herausforderung. Die<br />
Galeria Kaufhof lud in Kooperation<br />
mit dem Topfhersteller Fissler zu einer<br />
Kunstausstellung, in der Kochgeschirr<br />
und Bratpfannen zu riesigen<br />
Skulpturen zusammengebaut wurden<br />
– in Frankfurt am Main zog das Massen<br />
an. Und weil es nur auf wenige<br />
Einzelstücke Rabatte gab, stimmte am<br />
Ende auch die Kasse. Dabei muss die<br />
emotionale Inszenierung des Verkaufs<br />
nicht immer Event-Charakter haben.<br />
Sie kann auch dezentes Handwerk<br />
sein, wie in den dm-Drogeriemärkten.<br />
Dank einem warmen, wechselnden<br />
Licht, passender Musik, angenehm wirkender<br />
Innenarchitektur und lächelnder<br />
Mitarbeiter fühlen sich Kunden im<br />
Laden wohl. Zu IKEA wiederum kommen<br />
viele ältere Kunden, weil sie gern<br />
Rentier-Ragout essen, und Eltern, weil<br />
sie ihre Kinder im Bällebad parken<br />
können. In Apple Stores werden unter<br />
anderem Computerkurse für kreative<br />
Freiberufler angeboten, die viel Zeit allein<br />
vor dem Rechner verbringen.<br />
„Im Idealfall werden Ladenflächen<br />
zu Treffpunkten, zu sogenannten dritten<br />
Orten“, sagt Steinle. Also zu Orten,<br />
die weder Zuhause noch Arbeitsplatz<br />
sind und an denen Menschen<br />
gern Zeit verbringen, weil sie dort die<br />
Chance auf Begegnung, Austausch<br />
und Überraschung haben. „Dort kaufen<br />
wir dann, weil wir uns so wohlfühlen“,<br />
sagt Steinle. „Und der Preis rückt<br />
in den Hintergrund.“<br />
Sein Lieblingsbeispiel hierfür ist eine<br />
Art Gegenentwurf zu Hollister. Das<br />
„Kauf dich glücklich“ in Berlins Prenzlauer<br />
Berg begann als Secondhand-Möbelladen<br />
– nur kam leider keiner und<br />
kaufte. Also backten die Betreiber Waffeln,<br />
und der Duft zog die Kunden vom<br />
Bürgersteig ins Ladenlokal. Die Leute<br />
setzten sich an die Tische im Laden,<br />
aßen ihre Waffeln, waren glücklich –<br />
und kauften nun auch Möbel.<br />
II. Beratung, Verfügbarkeit, Sortiment<br />
Wenn in Deutschland mal wieder<br />
ein Kaufhaus schließt, lautet die erste<br />
Frage: Wo Wenn dann der Ort genannt<br />
und das Problem analysiert ist,<br />
sind sich schnell alle einig: An solch<br />
einem Standort lässt sich ein Kaufhaus<br />
heute gar nicht mehr profitabel führen.<br />
In den Vereinigten Staaten und<br />
in Großbritannien hingegen lautet die<br />
erste Frage: Warum Denn die angelsächsischen<br />
Kaufhausketten haben<br />
trotz Online-Booms überdurchschnittlich<br />
gute Jahre hinter sich.<br />
Wie so oft hat wirtschaftlicher Erfolg<br />
bei scheinbar ungünstigen Rahmendaten<br />
auch hier mehrere Gründe,<br />
6___2/<strong>2013</strong>