retail 2/2013 - Wiener Zeitung
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etail___international<br />
geben oder selbst durchführen. Zudem<br />
kreiert Lush seit Jahren Produkte<br />
weitgehend ohne Konservierungsstoffe,<br />
verzichtet auf Palmöl und versucht,<br />
sparsam mit Verpackung umzugehen.<br />
Rund zwei Drittel der Produkte werden<br />
in Papier eingewickelt, der Rest<br />
wird in Flaschen und Dosen aus zu<br />
hundert Prozent recyceltem Kunststoff<br />
verkauft. Alle Lush-Produkte sind vegetarisch,<br />
80 Prozent sogar komplett<br />
ohne tierische Inhaltsstoffe. Insgesamt<br />
41 angemeldete Patente sprechen für<br />
den lebendigen Innovationsgeist des<br />
Kosmetikunternehmens. Die Logistik<br />
ist bei frischen Kosmetikartikeln natürlich<br />
besonders heikel. Erst wenn Lush-<br />
Shops Bestellungen aufgeben, beginnt<br />
die jeweilige Manufaktur zu produzieren.<br />
Rund zwei Wochen später treffen<br />
die Produkte in den Läden ein – Vorabproduktion<br />
oder Zwischenlager gibt<br />
es nicht, die Haltbarkeit beträgt in der<br />
Regel 14 Monate.<br />
Klassiker des Lush-Sortiments sind<br />
die sprudelnden Badekometen –<br />
eine Erfindung von Mo Constantine<br />
– sowie die Schaumbäder und Gesichtsmasken,<br />
die jede Woche frisch<br />
hergestellt werden. Mark Constantine<br />
war mit seinen ökologischen Produkten<br />
allerdings bei der Gründung<br />
von Lush nicht nur dem Zeitgeist<br />
voraus, sondern erkannte auch, dass<br />
der persönliche Kontakt mit den<br />
Kunden ein wichtiger Faktor für den<br />
Erfolg ist. Und wahrscheinlich die<br />
einzige Möglichkeit, sich von der<br />
Konkurrenz abzuheben. Constantine<br />
fand eine originelle Methode,<br />
seinen Produkten den persönlichen<br />
Stempel zu geben: Auf vielen Artikeln<br />
finden die Kunden einen Aufkleber<br />
mit Gesicht und Namen derjenigen<br />
Mitarbeiter, die den Artikel<br />
hergestellt, abgefüllt oder verpackt<br />
haben. Die Produkte tragen Namen,<br />
die alle Wohligkeit und die Aura des<br />
Selbstgemachten verströmen: Honey,<br />
I washed the kids (Seife), Cupcake<br />
(Gesichtsmaske) oder Happy<br />
Happy Joy Joy (Shampoo). Für diese<br />
Wohligkeit sind die Kunden auch<br />
bereit, etwas mehr zu zahlen. Lush-<br />
Produkte sind preislich bei weitem<br />
nicht im Luxussegment, aber im soliden<br />
mittleren Bereich angesiedelt.<br />
Körperlotionen kosten zum Beispiel<br />
um die zwanzig Euro.<br />
Marketing als Bewusstseinsbildung<br />
Lush bedeutet üppig, opulent, trunken.<br />
Man kann das Wort für betrunkene<br />
Menschen ebenso verwenden<br />
wie für saftige Wiesen. Eben diese<br />
sinnlichen Assoziationen hatte auch<br />
Constantine im Sinn: „Lush kann grün<br />
bedeuten und dich an den Regenwald<br />
denken lassen, oder an eine Zeile eines<br />
Gedichts, ein Musikstück oder an<br />
eine betrunkene Frau. Das Wort hat<br />
einfach eine anziehende Note.“ Das<br />
wirkt auch bei den Kunden: Lush ist<br />
ein großer Player auf dem globalen<br />
Markt für Naturkosmetikprodukte, der<br />
jährlich um etwa ein Drittel wächst.<br />
Neben dem zunehmenden Umweltbewusstsein<br />
der Konsumenten spielt<br />
dabei auch die steigende Zahl von Allergien<br />
eine Rolle. Lush setzt bei der<br />
Sensibilität der Kunden für Umweltbelange<br />
an und scheut dabei auch politischen<br />
Aktivismus nicht. Gemeinsam<br />
mit kleinen NGOs und Grassroots-Bewegungen<br />
setzt sich das Kosmetikunternehmen<br />
gegen die Fuchsjagd, das<br />
Töten von Haien, gegen Folter und<br />
den Klimawandel sowie für die Rechte<br />
von Flüchtlingen ein. Dabei werden<br />
auch schon einmal die Auslagen oder<br />
gleich der ganze Shop für Kampagnen<br />
genutzt. Für Aufsehen sorgten in<br />
den letzten Jahren Aktionen wie der<br />
„Frag mich warum ich nackt bin“-Tag<br />
bei Lush. Nur mit Verkaufsschürzen<br />
bekleidete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
informierten die Passanten<br />
über den Verzicht auf Verpackungen<br />
bei Lush. „Wir haben eine Leidenschaft<br />
für unsere Produkte und unsere<br />
Prinzipien. Diese wollen wir durchaus<br />
auf ungewöhnliche Weise vermitteln“,<br />
beschreibt Mo Constantine die Idee<br />
dahinter. Seit 2012 vergibt das Unternehmen<br />
außerdem den mit umgerechnet<br />
rund 300.000 Euro dotierten „Lush<br />
Prize“ an Organisationen oder Einzelpersonen,<br />
die sich gegen Tierversuche<br />
engagieren.<br />
Herz von Lush ist und bleibt aber<br />
eben dieses Lush-Gefühl: Wohlbefinden<br />
und Üppigkeit auf allen Ebenen.<br />
2009 wurde das erste Lush Spa in der<br />
Londoner Kings Road aus der Taufe<br />
gehoben. Bei traditioneller englischer<br />
Musik, einer guten Tasse Tee und Vogelgezwitscher<br />
genießen Kunden dort<br />
Massagen und Kosmetikbehandlungen.<br />
Es folgten Spas in Poole, Leeds,<br />
Edinburgh, Liverpool und Kingston.<br />
Im Dezember 2010 wurde das Konzept<br />
international ausgeweitet - mittlerweile<br />
gibt es die Spas auch in Paris,<br />
Tokio und Südkorea. Die Eröffnung<br />
einer weiteren Wellness-Einrichtung<br />
auf der Upper East Side in New York<br />
ist für dieses Jahr geplant: eine grüne,<br />
frischen und nachhaltige Oase in einer<br />
hektischen Welt.<br />
Stephan Wabl<br />
Mark und Mo Constantine haben<br />
einen guten Riecher für die Wünsche<br />
ihrer Kunden und verkaufen mit den<br />
Kosmetikprodukten gleich auch das<br />
Bewusstsein, etwas für Natur und<br />
Nachhaltigkeit zu tun. Das Ehepaar<br />
gründete Lush Handmade Cosmetics<br />
1995 in Poole.<br />
Lush Fresh Handmade<br />
Cosmetics<br />
Gründung: 1995 in Poole,<br />
Großbritannien<br />
Mitarbeiter: über 5000<br />
(etwa 70 in Österreich)<br />
Shops: 856 in 51 Ländern<br />
(sechs in Österreich)<br />
Umsatz 2012: 380 Millionen Euro<br />
Lush produziert seine Produkte im<br />
Hauptquartier in Poole sowie in<br />
Japan, Australien, Kanada, Kroatien<br />
und Chile<br />
Gehälter: Bezahlt wird nach Kollektivvertrag<br />
plus Bonussystem<br />
www.lush.com<br />
Foto: Lush<br />
2/<strong>2013</strong>___39