retail 2/2013 - Wiener Zeitung
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etail___international<br />
Mmh, Lush …<br />
Ein unorthodoxer Gründer, eine klare Firmenphilosophie und Lehren aus schwierigen<br />
Zeiten: Das britische Naturkosmetikunternehmen Lush hat sich in wenigen Jahren zu<br />
einer der erfolgreichsten Marken der Branche entwickelt.<br />
Wenn die Küche das Herz<br />
eines jeden Haushalts ist,<br />
so ist der große Kühlraum<br />
im Hauptsitz von Lush in Poole an<br />
der Südküste Englands das Herz des<br />
Kosmetikunternehmens. Im Kühlraum<br />
stapeln sich Zitrusfrüchte, Mangos, Papayas,<br />
Kiwis, Ananas, Fenchel, Knoblauch,<br />
frische Meeresalgen, Bananen<br />
und viele weitere Köstlichkeiten. Als<br />
Basis der Cremes, Lotions, Seifen, Öle<br />
und Shampoos sorgt dieses täglich frische<br />
Obst und Gemüse für den konstanten<br />
Aufstieg von Lush zu einem<br />
der erfolgreichsten Kosmetikhersteller<br />
der Welt. 1995 gegründet, unterhält<br />
das Unternehmen mittlerweile 856 Geschäfte<br />
in 51 Ländern – von Südafrika<br />
über den Libanon bis nach Dubai. In<br />
Österreich gibt es fünf Lush-Shops –<br />
drei in Wien, zwei in Graz und einen<br />
in Innsbruck. Jedes Jahr werden rund<br />
25 Tonnen Biofrüchte sowie 50 Tonnen<br />
frisches Obst und Gemüse aus<br />
konventionellem Anbau zu Kosmetika<br />
verarbeitet. Allein 20 Millionen sizilianische<br />
Zitronen und 30 Millionen Oliven<br />
werden jährlich für wohlduftende<br />
Öle verwendet.<br />
Aufstieg nach Konkurs<br />
Der Weg zum Erfolg war für Lush<br />
aber nicht immer einfach. 1977 gründete<br />
der Haarforscher Mark Constantine<br />
gemeinsam mit seiner Frau Mo und<br />
der Kosmetikerin Elizabeth Weir das<br />
auf innovative Schönheitsartikel spezialisierte<br />
Unternehmen Constantine<br />
and Weir. Ihr Hauptkunde war der zu<br />
jener Zeit neu gegründete Body Shop,<br />
der schließlich sieben Jahre später<br />
den drei Tüftlern die Rezepte für ihre<br />
Produkte für umgerechnet dreizehn<br />
Millionen Euro abkaufte. Constantine<br />
investierte das Geld in seine neue<br />
Unternehmung Cosmetics to Go, einen<br />
Versandhandel für die von ihm und<br />
seinen Geschäftspartnerinnen hergestellten<br />
Kosmetika. Die Nachfrage war<br />
gut, aber der teure Versand und verlorene<br />
Pakete bescherten Cosmetics to<br />
Go hohe Verluste. Nach wenigen Jahren<br />
war Schluss, Constantine musste<br />
1994 Konkurs anmelden. „Es war hart<br />
und auch persönlich eine schwierige<br />
Phase. Aber wir haben durch den<br />
Rückschlag viel gelernt. Im Nachhinein<br />
sehe ich das als durchwegs positiv“,<br />
sagt der heute 61-jährige Brite über<br />
das jähe Ende. „Wir wurden damals<br />
gezwungen, uns auf unsere Kernkompetenz<br />
zu fokussieren: innovative und<br />
natürliche Kosmetikprodukte“, meint<br />
Mo Constantine. Die beiden gaben<br />
nicht auf. Ein paar Monate nach dem<br />
Konkurs eröffneten sie gemeinsam mit<br />
fünf Partnern ein neues Geschäft: Lush<br />
Fresh Handmade Cosmetics in Poole.<br />
Knapp 20 Jahre später beschäftigt das<br />
Unternehmen weltweit rund 5000 Mitarbeiter,<br />
davon 70 in Österreich, und<br />
erwirtschaftet jährlich umgerechnet<br />
rund 380 Millionen Euro Umsatz – wobei<br />
die Märkte in Japan, den USA und<br />
Europa die drei stärksten sind.<br />
Ein Erfolgsrezept mit drei Zutaten<br />
Das Geheimnis des Erfolges hat<br />
sich seit dem ersten Tag nicht geändert:<br />
innovative natürliche Kosmetikprodukte,<br />
die dem Käufer vermitteln,<br />
sie seien ganz persönlich nur für ihn<br />
oder sie bestimmt; zielgenaue Positionierung<br />
der Produkte bei den umweltbewussten<br />
Konsumenten über Shops<br />
auf leicht erreichbaren und stark frequentierten<br />
Einkaufsstraßen und ein<br />
Marketing, das auf die Kommunikation<br />
von ethischen Werten setzt und das<br />
spezielle persönliche Lush-Lebensgefühl<br />
vermittelt:<br />
Die Badekugeln und -barren zum<br />
Beispiel sind einzeln von Hand geformt,<br />
die Seifen von Hand gegossen<br />
und in Stücke geschnitten. Die Früchte<br />
werden manuell gepresst. Das sagt<br />
den Kunden: Lush ist kein gesichtsloser<br />
Konzern, hier gibt es keine standardisierte<br />
Ware. „Wir kümmern uns um<br />
Deine Haut“, heißt es im Online-Shop.<br />
Bei Lush werden die Kunden geduzt.<br />
Auch von den Cremetiegeln: „Eine<br />
Creme, um Deine Stimmung aufzuhellen<br />
und Deine Haut zu glätten.“ Stationäre<br />
Lush-Filialen gleichen eher einem<br />
Delikatessenladen als einem Kosmetikgeschäft<br />
oder einer Drogerie. Nicht<br />
umsonst vergleicht Mark Constantine<br />
sein Geschäftsmodell mit dem eines<br />
Greißlers:„Mir hat die Art und Weise,<br />
wie Obst und Gemüse in Greißlerläden<br />
feilgeboten werden, immer sehr<br />
gefallen“, sagt er. „Aufbau und Design<br />
unserer Shops sind inspiriert von Käseverkaufsständen,<br />
Gemüseläden und<br />
Geschäften für frischen Fisch.“ Lush<br />
vermittelt persönliches Service – und<br />
das in allen Filialen. Die Expansion<br />
wurde über die letzten Jahre konsequent<br />
vorangetrieben. Potenzielle<br />
Partner können sich bei Lush bewerben<br />
und werden nach persönlichen<br />
Gesprächen ausgewählt. Zusätzlich<br />
unterhält das Unternehmen ein Team,<br />
das international für die Erschließung<br />
neuer Märkte und die Eröffnung neuer<br />
Filialen zuständig ist. Die Umsetzung<br />
erfolgt nach entsprechenden Marktanalysen<br />
gemeinsam vor Ort. „Wir<br />
suchen uns zumeist Standorte auf bekannten<br />
Shoppingstraßen aus, weil für<br />
uns Laufkundschaft sehr wichtig ist“,<br />
erklärt Lush-Pressesprecherin Karen<br />
Huxley.<br />
Innovativ und persönlich<br />
Der Dreh- und Angelpunkt von Firmenphilosophie<br />
und Marketing sind<br />
die Themen Umweltschutz und Tierversuche.<br />
Lush testet keine Produkte<br />
oder Rohstoffe an Tieren und arbeitet<br />
grundsätzlich nicht mit Zulieferern zusammen,<br />
die Tierversuche in Auftrag<br />
38___2/<strong>2013</strong>