Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Referat der Jahreshauptversammlung<br />
von Hauptmann Josef Schneider<br />
<strong>Die</strong> Geistbühelkapelle<br />
Am östlichen Dorfrand, zwischen dem Weingarten und dem Steinbruch, erhebt sich der<br />
Geistbühel auf dem die nach ihm benannten Pestkapelle steht.<br />
Der Rundhügel des sogenannten Geistbühels wurde von einem Heimatforscher als ein riesiger<br />
Grabhügel gedeutet. Nach ähnlichen Schutt- und Erdkegeln in Oberperfuß und Inzing<br />
vermutete man in ihnen Hügelgräber von Fürsten oder Stammeshäuptlingen aus vorrömischer<br />
Zeit. Heute ist es völlig sicher, daß der Rundhügel eine Gletschermoräne ist. Auch Sagen<br />
ranken sich um diese Erhebung. <strong>Die</strong> bekannteste davon berichtet, daß sich zur Pestzeit<br />
<strong>Zirl</strong>er aus Furcht vor einer Ansteckung, in die Nähe dieses Hügels geflüchtet hatten. Eines<br />
Abends ist ihnen auf diesem Hügel eine Gestalt erschienen, die ihnen laut zugerufen haben<br />
soll:<br />
„Iß Kranebitbeer und Bibernell, dann kommt der Tod nicht so schnell“<br />
Sie und die <strong>Zirl</strong>er Bevölkerung befolgten diesen Rat, worauf die Pest bald geendet haben soll.<br />
Seit dieser Zeit heißt dieser Hügel „Geistbühel“. Zum Dank erbauten die Überlebenden eine<br />
Pestkapelle darauf, die im Volksmund heute noch die „Geistbühelkapelle genannt wird.<br />
<strong>Die</strong> Geistbühelkapelle ist in <strong>Zirl</strong> das einzige noch erhaltene Mahnzeichen aus der Pestzeit. <strong>Die</strong><br />
im Barockstil erbaute Kapelle ist den Pestheiligen Sebastian, Blasius und Rochus geweiht. Ihr<br />
Bau wird um 1650 vermutet. Am schlimmsten hauste nämlich die Pest in Tirol zur Zeit des<br />
„Dreißigjährigen Krieges“. Allein im Jahre1634 soll die Pest in Tirol 16.000 Manschen dahingerafft<br />
haben. In <strong>Zirl</strong> sollen ganze Häuserzeilen ausgestorben sein. <strong>Die</strong> meisten Pestfriedhöfe<br />
und Pestkapellen in Tirol stammen daher aus dieser Zeit. Der <strong>Zirl</strong>er Pestfriedhof soll im Bereich<br />
der heutigen Sportplatzsiedlung angelegt gewesen sein. <strong>Die</strong> Menschen dieser Zeit waren<br />
dieser Krankheit hilflos ausgeliefert. Allerorts betrachtete man das Auftreten der Pest als<br />
Strafe Gottes. Deshalb gelobte sie Bittprozessionen und die Überlebenden errichteten Pestkreuze<br />
und bauten Pestkapellen.<br />
Auch die Sebastiansprozession wurde um diese Zeit gelobt. 1667 wird bereits die Teilnahme<br />
der <strong>Zirl</strong>er Schützen an der Sebastiansprozession urkundlich erwähnt.<br />
<strong>Die</strong> Sebastians-Prozession gestaltete man früher viel feierlicher. Wenn es die Witterung erlaubte<br />
rückte damals auch die Musik aus und die großen Kirchenfahnen wurden mitgetragen.<br />
Auch wurde sie am Sebastianstag, am 20. Jänner gehalten. Seit 1953 wird sie auf den Sonntag<br />
vor oder nach dem Sebastianstag verschoben.<br />
<strong>Die</strong> Pflege der „Geistbühelkapelle“ und des „Sebastian-Farggela“ oblag bis 1938 dem Junggesellenbund.<br />
Nach der Auflösung dieses Bundes in der NS-Zeit wurde die Kapelle von der<br />
Pfarre und später von Komm. Rat Karl Reinhart betreut. Das Patronat über das„Sebastian-<br />
Farggela“ hat bereits nach dem II. Weltkrieg die Schützenkompanie übernommen.<br />
Da sich die Schützenkompanie auch um die Aufrechterhaltung der Sebastiansprozession vor<br />
Jahren sehr bemüht und eingesetzt hat und den Hl. Sebastian als Schutzpatron auf ihrer<br />
Fahne trägt, ist es nur verständlich, daß sich die Schützen der Bitte der Pfarre, die Pflege der<br />
Geistbühelkapelle zu übernehmen, nicht verschließen konnten und auch nicht wollten. Daher<br />
betreut sie heuer erstmals offiziell die Schützenkompanie.<br />
Leider ist außer dem barocken Hauptaltar mit dem Bild der Pestheiligen, Sebastian, Blasius<br />
und Rochus und den zwei Flankenbildern die Soldatenheiligen St. Martin und Florian darstellen,<br />
an Kostbarem in der Kapelle nichts mehr vorhanden. Früher war auf der rechten Seite ein<br />
Seite 1 von 2
Referat der Jahreshauptversammlung<br />
von Hauptmann Josef Schneider<br />
Seitenaltar mit dem Bildnis der schmerzhaften Muttergottes, eine Stiftung des Michael Pämbgartner<br />
(Baumgartner), das 1733 von seinem Nachkommen Daniel renoviert wurde. Weiters<br />
waren früher zwei Büsten, die den Hl. Blasius und den Hl. Kassian darstellten, vorhanden.<br />
Auch die beiden Ölbilder, eines zeigt den dornigen Weg in den Himmel, das zweite aus dem<br />
Jahre 1694, zeigt eine Szene aus dem 30jährigen Krieg, wurden entfernt. Auch das Votivbild<br />
aus dem Jahr 1693, das in einem Rondell oberhalb des Kapelleneinganges angebracht war,<br />
ist nicht mehr vorhanden. Vielleicht wäre es möglich, das eine oder anderen sakrale Kleinod<br />
an die ursprüngliche Stätte wieder zurück zu bringen.<br />
Abschließend möchte ich an alle Schützenkameraden appellieren, das Bekenntnis zu unserem<br />
Schutzpatron, dem Hl. Sebastian, auch in Zukunft beizubehalten, da auch die Menschen<br />
heute heimtückischen Krankheiten so wie damals machtlos gegenüberstehen.<br />
Josef Schneider, Schützenhauptmann<br />
Seite 2 von 2