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W 4 K 07.1422 - Bayerische Verwaltungsgerichtsbarkeit - Bayern

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Gericht: VG Würzburg<br />

Aktenzeichen: W 4 K <strong>07.1422</strong><br />

Sachgebiets-Nr: 920<br />

Rechtsquellen:<br />

§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO;<br />

§ 42 Abs. 2 VwGO;<br />

Art. 71 Satz 1 BayBO;<br />

§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB;<br />

§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB;<br />

Nr. 4.8 TA Luft;<br />

Anhang 1 Abbildung 4 der TA Luft;<br />

VDI Richtlinie 3471;<br />

Geruchsimmissions-Richtlinie, GIRL;<br />

Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG;<br />

Art. 4 Abs. 1, 2 GG;<br />

Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 WRV;<br />

Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BestG;<br />

§ 14 Abs. 3 BauGB;<br />

Hauptpunkte:<br />

baurechtliche Nachbarklage;<br />

baurechtlicher Vorbescheid:<br />

Klagebefugnis;<br />

Mastschweinestall im Außenbereich;<br />

Beeinträchtigung der Wasserversorgung durch Schweine-Intensivhaltung;<br />

schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniakeintrag in den Wald;<br />

Geruchsimmissionen im Bereich der Wohnbebauung;<br />

Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen auf jüdischem Friedhof;<br />

Geruchsausbreitungsrechnung nach GIRL;<br />

Kaltluftabflüsse;<br />

Übertragung der Daten einer anderen Wetterstation auf den Standort;<br />

Durchführung konkreter Wettermessungen;<br />

Mastschweinestall in der Nähe des Denkmals jüdischer Friedhof (verneint);<br />

Glaubens- und Glaubensbetätigungsfreiheit;<br />

„schickliche Grabpflege“;<br />

Veränderungssperre;


Leitsätze:<br />

2<br />

1. Der an ein emittierendes Vorhaben angrenzende Waldeigentümer kann geltend<br />

machen, durch eine Ammoniakbelastung in seinen durch das Rücksichtnahmegebot<br />

(§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB: „schädliche Umwelteinwirkungen“) geschützten<br />

Rechten verletzt zu sein, wenn der Mindestabstand nach den Ziffern<br />

4.4.2 i.V.m. 4.8 i.V.m. Abbildung 4 des Anhangs 1 der TA Luft unterschritten wird.<br />

2. Zur Beantwortung der Frage, wann die von einem Schweinestall ausgehenden<br />

Geruchsemissionen als schädliche Umwelteinwirkungen i.S.v. § 35 Abs. 3 Satz 1<br />

Nr. 3 BauGB zu qualifizieren sind, kann auch bei einem Vorhaben unterhalb der<br />

Schwelle der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht die Geruchsimmissions-Richtlinie<br />

(GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 neben der VDI-<br />

Richtlinie 3471 (Immissionsminderung Tierhaltung – Schweine) als Entscheidungs-<br />

und Orientierungshilfe herangezogen werden.<br />

3. Für Übergangsbereiche von der geschlossenen Bebauung zum Außenbereich<br />

kann im Einzelfall der in der GIRL für Wohngebiete angesetzte Immissionswert<br />

von 0,10 (Jahresstunden-Geruchshäufigkeit) überschritten werden bis zu dem für<br />

Dorfgebiete zulässigen Wert von 0,15 (Jahresstunden-Geruchshäufigkeit).<br />

4. Einem im Außenbereich gelegenen jüdischen Friedhof ist wegen seiner religiösen<br />

Bedeutung als heiliger Ort hinsichtlich der von einem ebenfalls im Außenbereich<br />

vorgesehenen Mastschweinestall ausgehenden Geruchsimmissionen ein<br />

höherer Schutzanspruch als einem christlichen Friedhof zuzubilligen. Dieser<br />

Schutzanspruch ist auch unter Berücksichtigung des kollektiven Grundrechts aus<br />

Art. 4 Abs. 1, 2 GG wie auch des Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 WRV jedenfalls<br />

dann gewahrt, wenn der nach der GIRL für ein Wohngebiet anzusetzende Immissionswert<br />

von 0,10 (Jahresstunden-Geruchshäufigkeit) eingehalten wird. Ein<br />

Anspruch auf völlige Geruchsfreiheit besteht auch für einen jüdischen Friedhof<br />

nicht.<br />

---------------------------------------------------------------------------------------------------<br />

Urteil der 4. Kammer vom 19. Oktober 2010


Nr. W 4 K <strong>07.1422</strong><br />

<strong>Bayerische</strong>s Verwaltungsgericht Würzburg<br />

In der Verwaltungsstreitsache<br />

1. **** ******** *** *** ** *************<br />

*********** *** ***** ********<br />

2. Gemeinde N******* ********<br />

********** ***** *** ** *************<br />

*********** ** ***** *********<br />

3. ************* *** **************<br />

**************** ** ******<br />

********** ***** *** ************<br />

*********** *** ***** *******<br />

4. Gemeinde W*******<br />

********** ***** *** ** *************<br />

********** *** ***** ******* ********<br />

5. Wasserzweckverband<br />

W********* ******<br />

********** ***** *** ************<br />

********** *** ***** ******* ********<br />

zu 1 bis 4 bevollmächtigt:<br />

Rechtsanwälte ******* *** ********<br />

******** *** ***** ********<br />

Freistaat <strong>Bayern</strong><br />

vertreten durch:<br />

Landratsamt Rhön-Grabfeld<br />

Spörleinstr.11, 97616 Bad Neustadt<br />

Im Namen des Volkes<br />

gegen<br />

- Kläger -<br />

- Beklagter -


eigeladen:<br />

******** *******<br />

********* *** ***** ********<br />

bevollmächtigt:<br />

Rechtsanwälte *** **** *** *****<br />

***************** ** ***** ********<br />

Bauvorbescheids (Aufhebung)<br />

2<br />

wegen<br />

erlässt das <strong>Bayerische</strong> Verwaltungsgericht Würzburg, 4. Kammer<br />

durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Heilek,<br />

die Richterin am Verwaltungsgericht Graf,<br />

den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Weinmann,<br />

den ehrenamtlichen Richter Hofmann,<br />

den ehrenamtlichen Richter Kaup<br />

aufgrund mündlicher Verhandlung am 19. Oktober 2010<br />

folgendes<br />

Urteil:<br />

I. Die Klagen werden abgewiesen.<br />

II. Die Klägerinnen zu 2) und 4) haben jeweils 4/11,<br />

die übrigen Kläger haben jeweils 1/11 der Kosten<br />

des Verfahrens einschließlich der außergerichtli-<br />

chen Aufwendungen des Beigeladenen zu tra-<br />

gen.<br />

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-<br />

streckbar. Die Kläger können die Vollstreckung<br />

durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu voll-<br />

streckenden Betrages abwenden, wenn nicht der<br />

jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Hö-<br />

he Sicherheit leistet.<br />

* * *


3<br />

Tatbestand:<br />

Die Kläger wenden sich gegen den Vorbescheid des Landratsamtes Rhön-<br />

Grabfeld vom 22. Oktober 2007 i.d.F. der Ergänzungsbescheide vom 5. Au-<br />

I.<br />

gust 2008 und vom 20. März 2009. Diesem liegt zugrunde eine Bauvoranfra-<br />

ge des Beigeladenen für einen geplanten Mastschweinestall auf dem Grund-<br />

stück Fl.Nr. *83 der Gemarkung Ne********* (Baugrundstück), Gemeinde<br />

No****** **** ****.<br />

1.<br />

Das Baugrundstück, das in Ost-West-Richtung eine Länge von ca. 140 m<br />

und in Nord-Süd-Richtung eine Breite von ca. 100 m aufweist, grenzt mit sei-<br />

ner Nordseite an die in Ost-West-Richtung verlaufende Kreisstraße N** *2<br />

und im Osten an einen in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Flurweg<br />

(Fl.Nr. *34 der Gemarkung W*******) an, der die Gemeindegrenze zur Ge-<br />

meinde W****** markiert. Auf der anderen (östlichen) Seite des Weges befin-<br />

det sich die Hofstelle des Vaters des Beigeladenen (Grundstück Fl.Nr. *33<br />

der Gemarkung W*****). Dieser betreibt hier seit Mitte der 60er Jahre des<br />

letzten Jahrhunderts (Baugenehmigung des Landratsamtes M************<br />

vom 30. Juli 1964) einen landwirtschaftlichen Aussiedlerhof (Vollbauern-<br />

Stelle) mit Stallungen für Rinder- und Kälberhaltung, Fahrsilo, Güllegrube,<br />

Wirtschaftsgebäude und einem Wohnhaus.<br />

Nördlich der Kreisstraße liegt zunächst ein ca. 1,8 ha großes Ackergrund-<br />

stück (Fl.Nrn. *04 und *05). Dahinter befindet sich der jüdische Friedhof<br />

Ne******* (Fl.Nrn. *01 und *02 der Gemarkung Ne*******), der im Eigentum<br />

des Klägers zu 3) steht. Der Friedhof, der über einen Feldweg von der Kreis-<br />

straße erschlossen ist, ist von einer Mauer umgeben und mit Büschen und<br />

Bäumen eingewachsen. Der (geringste) Abstand zwischen dem Baugrund-<br />

stück (Nord-Ost-Ecke) und dem Friedhof (Süd-Spitze) beträgt ca. 150 m. Un-<br />

ter Beachtung der vom Landratsamt Rhön-Grabfeld gesetzten Vorgaben be-<br />

trägt der Abstand zwischen dem jüdischen Friedhof und dem Emissions-


schwerpunkt des Stalles ca. 185 m. In westlicher Richtung beginnt in einer<br />

Entfernung von ca. 850 m der Ortsrand von Ne*******, ein Ortsteil der Ge-<br />

meinde No************* (Klägerin zu 2). Die Entfernung zu den in östlicher<br />

Richtung befindlichen, nächstgelegenen (Wohn-) Anwesen in W***** (Ge-<br />

4<br />

meinde W*****, Klägerin zu 4) beträgt ca. 380 m, der Abstand zu dem bisher<br />

im Flächennutzungsplan dargestellten Mischgebiet beträgt 335 m. In östli-<br />

cher Richtung befindet sich, in einem Abstand von ca. 170 m, auf dem<br />

Grundstück Fl.Nr. *32 ein ehemaliger Aussiedlerhof, der noch bewohnt ist<br />

(Aussiedlerhof T******). Südlich bzw. südwestlich grenzt, in einem Abstand<br />

von ca. 70 m vom Standort des Bauvorhabens eine Waldfläche an (Fl.Nr. *91<br />

der Gemarkung Ne*******), die im Eigentum des Klägers zu 1) steht. In südli-<br />

cher Richtung beginnt in einem Abstand von 300 m das amtlich festgesetzte<br />

Wasserschutzgebiet der „W************quelle“, das für die Trinkwasserver-<br />

sorgung der Gemeinde S******** genutzt wird. Hieran Richtung Süden an-<br />

grenzend beginnt das Wasserschutzgebiet des Wasserzweckverbandes<br />

„W*****er Gruppe“ (Kläger zu 5), der in einem Abstand von ca. 560 m zum<br />

geplanten Schweinestall ein Wasserwerk betreibt.<br />

Das Baugrundstück selbst fällt ganz leicht Richtung Norden und Osten, jen-<br />

seits der Kreisstraße ist das Gelände bis zum jüdischen Friedhof nahezu<br />

eben. Richtung Westen (nach Ne*******) steigt das Gelände ganz leicht an,<br />

während es Richtung Osten (nach W*****) kontinuierlich abfällt, um dann jen-<br />

seits des Ortes zügig anzusteigen.<br />

2.<br />

Mit Bauvoranfrage vom 7. Juli 2005 hatte der Beigeladene einen Vorbe-<br />

scheid für den „Neubau eines Mastschweinestalles mit Güllegruben für 1.500<br />

Mastschweine“ auf dem Grundstück Fl.Nr. *29 der Gemarkung W*****, das<br />

südlich an die Hofstelle (Fl.Nr. *33 der Gemarkung W*****) angrenzt, bean-<br />

tragt. Die im Rahmen dieses Verfahrens durchgeführte immissionsschutz-<br />

fachliche Prüfung kam zu dem Ergebnis, dass an dem beantragten Standort<br />

ein Mastschweinestall mit 1.500 Plätzen auf Grund der nahen Siedlung nicht<br />

möglich sei. Das Amt für Landwirtschaft und Forsten Bad Neustadt a.d. Saa-<br />

le erläuterte in seiner Stellungnahme vom 19. September 2005, dass das


Vorhaben bzgl. der NH3-Emissionen gemäß TA-Luft einen Mindestabstand<br />

von 262 m zu empfindlichen Ökosystemen (Wald) einzuhalten habe. Der<br />

5<br />

vorhandene Abstand zu der auf Fl.Nr. *91 der Gemarkung Ne******* befindli-<br />

chen und vom beantragten Standort nur durch den Flurweg Fl.Nr. *34 der<br />

Gemarkung W***** getrennten Waldfläche unterschreite den errechneten<br />

Mindestabstand erheblich, so dass dem Stall an dieser Stelle nicht zuge-<br />

stimmt werden könne. Die Gemeinde W***** verweigerte das gemeindliche<br />

Einvernehmen. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 zog der Beigeladene<br />

seine Bauvoranfrage zurück. Auf Anfrage teilte das Landratsamt Rhön-<br />

Grabfeld – Sachgebiet Immissionsschutz – dem Beigeladenen mit Schreiben<br />

vom 27. Oktober 2006 mit, dass aber eine Bebauung der Grundstücke<br />

Fl.Nrn. *83, *83/1 und *83/2 der Gemarkung Ne******* mit einem Mast-<br />

schweinestall in der beantragten Größe aus immissionsschutzfachlicher Sicht<br />

möglich sei.<br />

3.<br />

Daraufhin beantragte der Beigeladene mit Bauvoranfrage vom 4. Dezember<br />

2006 einen Vorbescheid für den Neubau eines Mastschweinestalles mit Gül-<br />

legruben auf dem Grundstück Fl.Nr. *83 der Gemarkung Ne*******. Im An-<br />

tragsvordruck findet sich hinsichtlich der Bezeichnung des Vorhabens die<br />

Angabe „für 1.500 Mastschweine“. Dem Antrag ist ein Lageplan (Maßstab<br />

1:1.000) mit der Einzeichnung des Standortes des Gebäudes und der Gülle-<br />

grube beigefügt. Danach soll sich das Vorhaben im südlichen Grund-<br />

stücksteil befinden. Die in der Bauakte befindlichen Antragsunterlagen ent-<br />

halten keinen Eingangsvermerk der Gemeinde.<br />

Der Gemeinderat der Gemeinde No************* befasste sich in seiner Sit-<br />

zung vom 25. Januar 2007 mit der Bauvoranfrage mit folgendem Ergebnis:<br />

„Der Gemeinderat beschließt, vorerst keine Baufreigabe zu befürworten, da<br />

das Bauvorhaben erst durch das Landratsamt Rhön-Grabfeld zu prüfen ist“.<br />

Der Niederschriftauszug datiert vom 22. Februar 2007. Laut Eingangsstem-<br />

pel sind die Antragsunterlagen mit der Stellungnahme der Gemeinde<br />

No************* am 28. Februar 2007 beim Landratsamt Rhön-Grabfeld ein-<br />

gegangen. Nachdem das Landratsamt Rhön-Grabfeld mit Schreiben vom


3. Mai 2007 der Gemeinde No************* das Ergebnis der Trägerbeteili-<br />

gung mitgeteilt hatte, befasste sich diese in der Sitzung des Gemeinderats<br />

erneut mit der Angelegenheit und lehnte die Bauvoranfrage mit Beschluss<br />

vom 24. Mai 2007 ab. Dieser Beschluss wurde dem Landratsamt Rhön-<br />

6<br />

Grabfeld mit Kurzmitteilung vom 28. Juni 2007 (Eingang am 29.06.2007) zu-<br />

geleitet. Mit Schreiben des Landratsamts vom 4. Juli 2007 wurde die Ge-<br />

meinde No****** auf die Rechtsfolgen einer rechtswidrigen Versagung des<br />

Einvernehmens hingewiesen und gebeten, nochmals über die Erteilung des<br />

Einvernehmens zu entscheiden. Daraufhin wurde in der Sitzung des Ge-<br />

meinderats vom 26. Juli 2007 die Bauvoranfrage ausführlich beraten und das<br />

Einvernehmen erneut verweigert.<br />

Am 22. Oktober 2007 beschloss der Gemeinderat der Gemeinde<br />

No*************, für das Gebiet um das Baugrundstück einen Bebauungsplan<br />

aufzustellen und eine Veränderungssperre zu erlassen. Ziel der Planung ist<br />

„die Regelung gegenseitiger Interessen der Land-, Forst- und Wasserwirt-<br />

schaft, des Fremdenverkehrs und Berücksichtigung der Belange der öffent-<br />

lich rechtlichen Religionsgesellschaften, sowie der Belange des Umwelt- und<br />

Naturschutzes.“ Die Satzung über die Veränderungssperre wurde im Mittei-<br />

lungsblatt der Verwaltungsgemeinschaft F******** vom 3. November 2007<br />

bekannt gemacht.<br />

Am 29. November 2007 erließ die Gemeinde No************* eine Satzung<br />

„zum Erhalt des Denkmals und Begräbnisstätte jüdischer Friedhof (Fl.Nr. *02<br />

der Gemarkung Ne*******) und dessen näherer Umgebung“, in dessen Gel-<br />

tungsbereich das Baugrundstück einbezogen wurde. Diese wurde am 23.<br />

August 2008 im Mitteilungsblatt der Verwaltungsgemeinschaft F******** be-<br />

kannt gemacht.<br />

Die als Eigentümerin des an das Baugrundstück angrenzenden Weges<br />

Fl.Nr. *036 (jetzt: *34) vom Landratsamt Rhön-Grabfeld am Verfahren betei-<br />

ligte Gemeinde W***** machte mit Schreiben vom 2. August 2007 u.a. Be-<br />

denken hinsichtlich der Geruchsbelastung im Ortsteil W***** sowie der Ge-<br />

fährdung der Trinkwasserversorgung geltend. Im Übrigen wurde vorgebracht,


7<br />

dass der gemeindliche Feld- und Waldweg Fl.Nr. *036 nicht als befahrbar im<br />

Sinne von Art. 4 Abs. 3 <strong>Bayerische</strong>r Bauordnung angesehen werden könne.<br />

Der Wasserzweckverband „W*****er Gruppe“ sprach sich in seiner Sitzung<br />

vom 18. Oktober 2007 gegen das Bauvorhaben aus und machte Einwendun-<br />

gen geltend u.a. wegen der Gefahr von Einträgen von Ammoniak über die<br />

Luft in das Trinkwasser und des Schutzes der Einzugsgebiete. Einwendun-<br />

gen machte auch der Eigentümer des angrenzenden Waldes geltend; er be-<br />

fürchtet eine Schädigung durch die von dem Schweinestall ausgehende<br />

Ammoniakbelastung. Der als Träger öffentlicher Belange gehörte Landes-<br />

verband der Israelitischen Kultusgemeinden in <strong>Bayern</strong> nahm in seiner Stel-<br />

lungnahme vom 20. August 2007 vollinhaltlich Bezug auf ein Schreiben der<br />

Israelitischen Gemeinde W*******. Diese kam zu der Bewertung, dass es un-<br />

zweifelhaft nicht mit der jüdischen Ethik vereinbar sei, wenn in der Umge-<br />

bung des Friedhofs ein Schweinemastbetrieb errichtet werde.<br />

Der Umweltingenieur des Landratsamtes Rhön-Grabfeld beurteilte das Pro-<br />

jekt mit Stellungnahmen vom 10. April und 5. September 2007 und führte<br />

hierbei aus, dass der Abstand zwischen dem vorgesehenen Standort auf<br />

dem Grundstück Fl.Nr. *83 und der nächstgelegenen Bebauung der<br />

Ne*******er Siedlung etwa 850 m betrage, zu der im Flächennutzungsplan als<br />

M-Gebiet deklarierten Siedlungserweiterung von W***** seien es 370 m. Laut<br />

VDI-Richtlinie 3471 betrage der Mindestabstand eines solchen Stalles zu ei-<br />

nem Wohngebiet 300 bis 340 m. Würde man den ungünstigsten Fall anneh-<br />

men und das bisher noch nicht existierende Siedlungsgebiet als WA-Gebiet<br />

betrachten, müsste der geplante Stall so ausgestattet sein, dass er mit min-<br />

destens 60 Punkten zu bewerten sei, damit der gegebene Abstand ausrei-<br />

che. Berücksichtige man den Standort im Bereich von zeitweiligen Kaltluftzu-<br />

flüssen nach W***** mit dem maximal möglichen Abzug von 20 Punkten, wä-<br />

ren für den Stallbau selbst 80 Punkte notwendig. Bereits in der Stellungnah-<br />

me vom 10. April 2007 sei dem Vorhaben zugestimmt worden, sofern der<br />

Stall dem Stand der Technik entspreche, also mindestens 90 Punkte nach<br />

VDI-Richtlinie 3471 erreicht würden. Daraus sei ersichtlich, dass selbst bei<br />

einer Berücksichtigung der Siedlungserweiterung als WA-Gebiet und un-


günstiger Standorteinflüsse der gegebene Abstand von etwa 370 m ausrei-<br />

che.<br />

4.<br />

Mit Vorbescheid vom 22. Oktober 2007 stellte das Landratsamt Rhön-<br />

Grabfeld dem Beigeladenen eine Baugenehmigung u.a. unter folgenden<br />

„Voraussetzungen“ in Aussicht:<br />

„1. Die Erschließung des zur Bebauung vorgesehenen Grundstückes<br />

muss gesichert sein.<br />

…<br />

8<br />

8. Der Stall muss dem Stand der Technik entsprechen, also mindestens<br />

90 Punkte nach der VDI-Richtlinie 3471.<br />

…<br />

11. Zum Schutz des angrenzenden Waldes vor NH3-Immissionen ist der<br />

Mastschweinestall mit Güllegruben soweit wie möglich im nordöstlichen<br />

Grundstücksbereich anzuordnen. Hierbei sind die Anbauverbotszone<br />

zur Straße (Fl.Nr. *82) und die Vorgaben zur Eingrünung zu beachten.<br />

12. (…). Da es sich um einen Mastschweinestall mit einem Bestand von<br />

ca. 1500 Tieren handeln wird, unterliegt der Betrieb zukünftig den in<br />

§ 3 Abs. 3 i.V.m. Anlage 3 der o. g. Verordnung gestellten Anforderungen<br />

(Einfriedung, Hygieneschleuse, Isolierstall etc.).“<br />

Dem geplanten Vorhaben stünden keine öffentlichen Belange im Sinne von<br />

§ 35 Abs. 2 BauGB entgegen. Durch das beantragte Vorhaben entstünden<br />

keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1<br />

Nr. 3 BauGB, die geeignet seien, einen entgegenstehenden öffentlichen Be-<br />

lang zu begründen. Das Amt für Landwirtschaft und Forsten B** ******** ****<br />

***** habe ausgeführt, dass die durch das Vorhaben entstehenden NH3-<br />

Emissionen (Ammoniak-Emissionen) zu empfindlichen Ökosystemen, wie<br />

z.B. Wald, einen Mindestabstand von 262 m erforderten, den das geplante<br />

Vorhaben jedoch nicht einhalte. Wie das Amt für Landwirtschaft und Forsten<br />

weiter ausführe, ergebe sich eine Waldfläche von 0,5 ha, die einer Belastung<br />

über dem Grenzwert von 10 µg NH3/m³ ausgesetzt werde. Aus diesem Grun-


9<br />

de sei dem Bauherrn aufgegeben worden, das Bauvorhaben soweit wie mög-<br />

lich vom angrenzenden Wald abzurücken. Auf Grund der Tatsache, dass die<br />

betroffene Waldfläche außer den dem Wald regelmäßig zukommenden<br />

Funktionen keine hervorzuhebenden Funktionen habe, seien hier die Belan-<br />

ge des Bauherrn höher zu gewichten gewesen als die allgemein bestehende<br />

Verpflichtung, den Wald vor Schadstoffbelastungen zu bewahren. Durch das<br />

Vorhaben würden auch keine unwirtschaftlichen Aufwendungen für den<br />

Straßenbau im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB verursacht. Es<br />

werde auch nicht der Erholungswert der Landschaft beeinträchtigt und auch<br />

eine Gefährdung der Wasserwirtschaft sei nicht gegeben. Auch sonstige Be-<br />

lange, wie etwa solche des Denkmalschutzes und die Belange der anerkann-<br />

ten Religionsgemeinschaften, stünden dem geplanten Vorhaben nicht entge-<br />

gen. Der jüdische Friedhof werde durch die zu erwartenden Emissionen nicht<br />

unzumutbar beeinträchtigt. Nachdem die Voraussetzungen für die Erteilung<br />

eines positiven Vorbescheides gegeben seien, habe auch das notwendige<br />

Einvernehmen der Gemeinde No****** ersetzt werden können.<br />

1.<br />

Die Kläger ließen am 22. November 2007 Klage erheben, mit dem<br />

A n t r a g,<br />

den Vorbescheid des Landratsamtes Rhön-<br />

Grabfeld vom 22. Oktober 2007 aufzuheben.<br />

II.<br />

Zur Begründung wurde zunächst mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten<br />

vom 4. Februar 2008 im Wesentlichen ausgeführt:<br />

Der Vorbescheid sei rechtswidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten.


Der Kläger zu 1) werde durch die Ansiedlung des Mastschweinestalls als<br />

10<br />

Waldbesitzer in erheblichem Maß beeinträchtigt. Sein nahe gelegener Wald<br />

mit einem hohen Fichtenanteil sei sehr empfindlich. Schon jetzt sei die Belas-<br />

tungsgrenze von 10 bis 15 kg Ammoniak pro Jahr überschritten. Liege der<br />

Normpegel schon jetzt an der kritischen Belastungsgrenze, müsse jede wei-<br />

tere Belastung als schädlich angesehen werden. Durch diese schädlichen<br />

Umwelteinwirkungen würden auch private Belange des Klägers zu 1) beein-<br />

trächtigt. Als Waldbesitzer könne er sich zudem auf das Gebot der Rück-<br />

sichtnahme als subjektiv-öffentliches Recht berufen. Sowohl von der Lage<br />

des Stalles als auch von seiner Größe und seinem Umfang sei davon auszu-<br />

gehen, dass er negative Auswirkungen auf den angrenzenden Wald haben<br />

werde. Der durch Schweineställe erhöhte Ammoniakeintrag führe in der Luft<br />

zu einem „Silbrig-Werden“ der Nadeln bei Nadelbäumen sowie zu einem<br />

„Braun-Werden“ der Blätter bei Laubbäumen. Letztlich führe dies zu einem<br />

Absterben der Bäume.<br />

Die individuelle Betroffenheit der Klägerin zu 2) ergebe sich aus Folgendem:<br />

Der Rastplatz am W*****er Eck sei fertig gestellt. Der Ortsteil Ne******* der<br />

Gemeinde No************* stelle mit dem Schloss, den Kolonistenhäusern und<br />

dem Potential seiner Ortsgeschichte eine Besonderheit dar; Wohnqualität<br />

und Erholungswert seien wegen des nahen Waldes hervorragend. Bei Ver-<br />

wirklichung des Bauvorhabens sei bei ungünstiger Witterungslage in den na-<br />

hen Ortschaften mit sehr starken Geruchsbelästigungen zu rechnen. Das<br />

Vorhaben verstoße gegen die am 29. November 2007 erlassene Satzung zur<br />

Erhaltung des Denkmals und Begräbnisstätte „Jüdischer Friedhof“ wie auch<br />

gegen den am 22. Oktober 2007 beschlossenen Bebauungsplan.<br />

Die individuelle Betroffenheit des Klägers zu 3) sei auf Grund der geringen<br />

Entfernung des Mastschweinestalles zum jüdischen Friedhof von ca. 150 m<br />

gegeben. Damit liege dieser mit größter Wahrscheinlichkeit in einem Areal,<br />

welches permanent größte Geruchsbelästigungen erfahren werde. Der<br />

Friedhof sei eingetragenes Baudenkmal. Hier sei der Stall wegen seiner<br />

Größe als „in der Nähe“ des Friedhofs befindlich anzusehen. Auch werde das<br />

Erscheinungsbild des Friedhofs nachdrücklich durch die ausgesprochene


11<br />

Nähe des vorgesehenen Stalls gemindert. Bei Andachten oder sonstigen Be-<br />

suchen auf dem Baudenkmal „Jüdischer Friedhof“ wäre daher jederzeit eine<br />

Geräusch- und Geruchsbelästigung vorhanden. Der Rechtsprechung sei<br />

auch zu entnehmen, dass das Erscheinungsbild eines denkmalgeschützten<br />

jüdischen Friedhofs, der in der Vergangenheit aus einer intoleranten Geis-<br />

teshaltung heraus weitab von der Wohnbebauung errichtet werden musste,<br />

beeinträchtigt werden kann, wenn die Wohnbebauung bis auf wenige Meter<br />

an ihn heranrückt. Das Landesamt für Denkmalpflege sei am Verfahren nicht<br />

beteiligt worden, obwohl sich dies wegen der besonderen Bedeutung der Sa-<br />

che aufgedrängt habe. Des Weiteren sei auch auf Art. 26 BayDSchG betref-<br />

fend kirchlicher Denkmäler hinzuweisen. Schließlich sei der jüdische Friedhof<br />

ein heiliger Ort für jeden Juden. Die Halacha, das jüdische Religionsgesetz,<br />

verurteile die Missachtung der Ehre der Toten wie auch eines heiligen Ortes<br />

auf das Schärfste. Es werde auf dem heiligen Ort gebetet und mit dem Kad-<br />

disch-Gebet gepriesen. Es sei unzweifelhaft nicht mit der jüdischen Ethik<br />

vereinbar, dass in der Umgebung des Friedhofs ein Schweinemastbetrieb er-<br />

richtet werde.<br />

Die individuelle Betroffenheit der Klägerin zu 4) ergebe sich daraus, dass das<br />

Baugrundstück nur wenige hundert Meter von den Ortseingängen Ne*******<br />

und W***** entfernt liege. Da beide Ortschaften in Talkesseln lägen, sei bei<br />

ungünstiger Wetterlage mit sehr starken Geruchsbelästigungen zu rechnen.<br />

Das Baugrundstück liege ca. 400 m westlich des Siedlungsplatzes W*****,<br />

500 m südlich befinde sich das Wasserwerk der „W*****er Gruppe“ und 150<br />

m nördlich der unter Denkmalschutz stehende jüdische Friedhof. Im Hinblick<br />

auf die zu erwartenden schädlichen Umwelteinwirkungen sei insbesondere<br />

auf das 550 m bzw. 650 m östlich entfernt liegende und im Eigentum der<br />

Klägerin stehende Dorfgemeinschaftshaus mit Dorfladen bzw. Dorfgasthaus<br />

abzustellen. Hier könnten die Gerüche die Kunden verschrecken und damit<br />

die Pächter zur Aufgabe zwingen, mit der Folge, dass die Klägerin keine<br />

Pachteinnahmen mehr verzeichnen könne. Hinzuweisen sei auch auf das<br />

500 m östlich vom Baugrundstück entfernt liegende Grundschulgebäude.


12<br />

Die individuelle Betroffenheit des Klägers zu 5) ergebe sich aus Folgendem:<br />

In etwa 370 m Luftlinie Entfernung zur vorgesehenen Schweinemastanlage<br />

befinde sich das Wasserwerk der „W*****er Gruppe“. Bei entsprechender<br />

(nördlicher) Windrichtung bestehe daher jederzeit die Möglichkeit, dass die<br />

Gase, die aus der Mastanlage emittiert würden, in das Trinkwasser im Was-<br />

serwerk eingetragen werden und so die Qualität nachhaltig mindern würden.<br />

Das Wasserwerk sei verkehrsmäßig über den Gemeindeweg Fl.Nr. *036 der<br />

Gemeinde W***** erschlossen, der durch schwere Fahrzeuge beschädigt<br />

werden könne. Ebenso werde die Beschädigung der im Weg verlegten Was-<br />

serleitungen befürchtet. Der Wasserzweckverband sei gesetzlich verpflichtet,<br />

Wasser keimfrei und in bestmöglicher Qualität an die Gemeinden des Ver-<br />

bandes und damit an deren Einwohner abzugeben. Der Landwirt werde im<br />

Mastbetrieb erhebliche Mengen Gülle produzieren und diese auf seinen ei-<br />

genen bzw. gepachteten Grundstücken ausbringen. Diese Grundstücke lä-<br />

gen im Einzugsbereich der Wasserquellen des Zweckverbandes. Bei Auftre-<br />

ten von Starkregen könne die aufgebrachte Gülle aus den gedüngten<br />

Grundstücken ausgeschwemmt und über das Oberflächenwasser dem Bach<br />

Sulz und über diesen den Trinkwasserquellen zugeführt werden. Die Fäkal-<br />

keime würden demnach den Trinkwasserquellen zugeführt und das Wasser<br />

verkeimen.<br />

Die Rechtswidrigkeit des Vorbescheids ergebe sich bereits daraus, dass das<br />

Landratsamt Rhön-Grabfeld die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen<br />

und die Erteilung des Vorbescheids allein auf der Grundlage baurechtlicher<br />

Vorschriften vorgenommen habe. Sowohl der Sachverhaltsdarstellung als<br />

auch den Hinweisen zum Vorbescheid sei zu entnehmen, dass ein Stall für<br />

1.500 Mastschweine beantragt worden sei. Unter Berücksichtigung dieser<br />

Tierzahl sei jedoch ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren<br />

durchzuführen. Damit richteten sich die Voraussetzungen für die Erteilung<br />

eines Vorbescheids nicht nach Art. 75 BayBO, sondern nach § 9 BImSchG.<br />

§ 9 BImSchG schließe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-<br />

richts die Erteilung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften aus. Im<br />

Ergebnis sei festzuhalten, dass der Beklagte die Voraussetzungen und An-<br />

forderungen des Immissionsschutzrechts komplett außer acht gelassen ha-


13<br />

be, so dass der Bescheid bereits aus diesem Grunde rechtswidrig sei. Dar-<br />

über hinaus handele es sich bei dem beantragten Vorhaben um ein UVP-<br />

pflichtiges Vorhaben. Denn gemäß Ziffer 7.7.2 der Anlage 1 zum UVPG un-<br />

terliege die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur Intensivhaltung oder<br />

–aufzucht von Mastschweinen mit 1.500 bis weniger als 2.000 Plätzen der<br />

UVP-Pflicht. Da der Beklagte nicht einmal ansatzweise die Umweltverträg-<br />

lichkeitsprüfung abgearbeitet habe und auch nicht die notwendige standort-<br />

bezogene Vorprüfung durchgeführt habe, sei der Vorbescheid auch aus die-<br />

sem Grund rechtswidrig. Darüber hinaus enthalte der angegriffene Vorbe-<br />

scheid auch keine konkrete Standortausweisung. Der konkrete Standort sei<br />

jedoch für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens und damit der<br />

Frage nach der Genehmigungsfähigkeit unerlässlich. Da sich die Zulässigkeit<br />

von Immissionen u.a. nach der Entfernung zwischen Immissionsschwelle und<br />

Immissionsort richte, sei ein konkreter Standort erforderlich. Dem Beklagten<br />

sei daher die Prüfung und Bewertung, ob von dem Vorhaben schädliche<br />

Umwelteinwirkungen ausgehen, nicht möglich gewesen. Damit entbehre die<br />

getroffene Aussage, dass dem geplanten Vorhaben keine öffentlichen Be-<br />

lange entgegenstünden, jeglicher Grundlage. Des Weiteren werde auch der<br />

vom Amt für Landwirtschaft geforderte Mindestabstand von 262 m zum an-<br />

grenzenden Wald nicht eingehalten. Das Amt für Landwirtschaft habe in sei-<br />

ner Stellungnahme auf die durch das Vorhaben hervorgerufenen NH3-<br />

Immissionen und auf die Empfindlichkeit des Ökosystems hingewiesen. Im<br />

Übrigen widerspreche das Vorhaben der städtebaulichen Entwicklung der<br />

Gemeinde No*************. Bereits mit Schreiben vom 16. Oktober 2007 habe<br />

diese gegenüber dem Beklagten die Aufstellung eines Bebauungsplans und<br />

den Erlass einer Veränderungssperre für den Bereich des Baugrundstücks<br />

angekündigt; die entsprechenden Beschlüsse habe der Gemeinderat am 22.<br />

Oktober 2007 gefasst. Im Hinblick auf die mit dem Vorhaben verbundenen<br />

schädlichen Einwirkungen auf das Grundwasser und damit auf die Wasser-<br />

versorgung seien die Ausführungen des Beklagten nicht schlüssig; insbe-<br />

sondere werde angezweifelt, dass hier eine den rechtlichen Anforderungen<br />

genügende Prüfung vorgenommen worden sei. Nach der Trinkwasserverord-<br />

nung sei Trinkwasser „genusstauglich“ an den Bürger abzugeben, was nicht<br />

möglich sei, wenn aus dem Schornstein des Mastschweinestalls über die Luft


14<br />

Ammoniak, Keime oder geruchsintensive Gase in das Wasserwerk gelang-<br />

ten. Am Wasserwerk würden für die Zubereitung des Wassers in drei Ar-<br />

beitsgängen täglich erhebliche Mengen Luft von außen angesogen. Bei ent-<br />

sprechender Windrichtung bestehe daher jederzeit die Möglichkeit, dass Ga-<br />

se, die aus der Schweinemastanlage emittiert werden, in das Trinkwasser im<br />

Wasserwerk eingetragen würden und so die Qualität des Wassers nachhaltig<br />

gemindert, ja sogar die Wasserversorgung gefährdet werde. Schließlich er-<br />

weise sich auch die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens als<br />

rechtswidrig, da die rechtlichen Voraussetzungen zur Erteilung des Vorbe-<br />

scheides nicht gegeben gewesen seien und deshalb die Gemeinde<br />

No************* ihr gemeindliches Einvernehmen zu Recht versagt habe.<br />

2.<br />

Der Beklagte beantragte,<br />

die Klage abzuweisen.<br />

Die Klage sei unbegründet. Das geplante Vorhaben sei als privilegiertes Vor-<br />

haben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich zulässig. Öf-<br />

fentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB stünden dem Vorhaben<br />

nicht entgegen. Das geplante Vorhaben sei nach den Verfahrensvorschriften<br />

des Baurechts und nicht des Immissionsschutzrechts zu würdigen. Denn auf<br />

Grund der Vorgespräche mit dem Bauherrn sei der Genehmigungsbehörde<br />

bekannt gewesen, dass ein Mastschweinestall geplant sei, der unterhalb der<br />

Schwelle der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht liege. Die<br />

insoweit anders lautende Erklärung in den Bauvorlagen sei analog § 133<br />

BGB dahingehend auszulegen, dass ein Mastschweinestall mit einer Größe<br />

von unter 1.500 Plätzen geplant sei. Daraus folge, dass eine Umweltverträg-<br />

lichkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Für ein Vorbescheidsverfahren sei<br />

nicht erforderlich, dass ein konkreter Standort im Sinne einer genau einge-<br />

messenen Fläche zur Beurteilung vorgelegt werde. Die Bindungswirkung ei-<br />

nes Vorbescheides sei abhängig von der Detailliertheit der vom Bauherrn der<br />

Baugenehmigungsbehörde vorgelegten Fragen. Vorliegend habe sich die


Anfrage auf die generelle Standorteignung des Baugrundstücks bezogen.<br />

Sinn und Zweck der Vorgaben, aus denen sich der vorgeschriebene Min-<br />

15<br />

destabstand zum Wald ergebe, sei es, die genannten Schutzgüter wie emp-<br />

findliche Ökosysteme vor übermäßigem Ammoniakeintrag und den daraus<br />

resultierenden Schädigungen zu schützen. Dies konkretisiere einen öffentli-<br />

chen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, der aber im kon-<br />

kreten Fall dem geplanten Vorhaben nicht entgegenstehe. Denn angesichts<br />

des geringen Flächenanteils, für den eine Grenzwertüberschreitung beim<br />

Ammoniakeintrag prognostiziert werde, sei der Belang nicht so stark zu ge-<br />

wichten, dass er dem Vorhaben entgegenstehen könnte. Im Übrigen handele<br />

es sich auch um einen rein öffentlichen Belang, auf den sich ein Nachbar<br />

grundsätzlich nicht berufen könne. Des Weiteren könne der Beschluss zur<br />

Aufstellung eines Bebauungsplans vom 22. Oktober 2007 und die hierzu er-<br />

lassene Veränderungssperre, die mit ihrer Veröffentlichung am 3. November<br />

2007 in Kraft getreten sei, dem – früher erteilten – Vorbescheid des Land-<br />

ratsamts vom 22. Oktober 2007 nicht entgegen gehalten werden. Darüber<br />

hinaus sei man der Ansicht, dass die Veränderungssperre einer gerichtlichen<br />

Kontrolle nicht Stand halten würde. Denn die Voraussetzung, dass die zu si-<br />

chernde Planung im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Verände-<br />

rungssperre bereits eine Stand erreicht habe, der ein Mindestmaß des In-<br />

halts der beabsichtigten Planung erkennen lasse, sei vorliegend nicht gege-<br />

ben. Der Gemeinde No****** fehle es auch für die meisten der in der Pla-<br />

nung genannten Belange an der Kompetenz, diese Angelegenheiten zu re-<br />

geln; es fehle auch an der Erforderlichkeit der Planaufstellung im Sinne von<br />

§ 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Hinsichtlich der Befürchtungen der Verschlechte-<br />

rung der Wasserqualität sei das Gesundheitsamt gehört worden, das in sei-<br />

ner Stellungnahme vom 24. August 2007 zum Ergebnis gekommen sei, dass<br />

geruchliche Beeinträchtigungen im Bereich des Wasserwerks nur bei einer<br />

invasiven nördlichen Luftströmung auftreten könnten. In der Stellungnahme<br />

finde sich dagegen keine Aussage darüber, ob geruchliche und geschmackli-<br />

che Beeinträchtigungen durch gelegentlich auftretende Geruchsimmissionen<br />

entstehen können. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Abstand des ge-<br />

planten Stalles zum Wasserwerk so groß sei, dass nach den einschlägigen<br />

technischen Regelwerken in diesem Bereich nicht (mehr) von schädlichen


16<br />

Umwelteinwirkungen in Folge von Geruchs- oder sonstigen Emissionen aus-<br />

zugehen sei. Bei Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen zum Schutz<br />

des Grundwassers und zum Betrieb der entsprechenden Anlagen sei eine<br />

unmittelbare Gefährdung des Grundwassers auszuschließen. Die generell<br />

geäußerten Befürchtungen, wonach von der Gülleausbringung eine Gefähr-<br />

dung des Grundwassers ausgehen könne, sei ein Belang, der nicht dem<br />

Vorhaben als solches, sondern der Landbewirtschaftung allgemein entge-<br />

gengehalten werden müsste. Das Landratsamt habe das fehlende Einver-<br />

nehmen vorsorglich ersetzt, weil nicht mit letztendlicher Sicherheit habe ge-<br />

klärt werden können, ob die Einvernehmensfiktion eingetreten sei. Der An-<br />

trag des Bauherrn trage das Datum 4. Dezember 2006, enthalte aber entge-<br />

gen der üblichen Verwaltungspraxis keinen Eingangsvermerk. Jedenfalls ha-<br />

be sich der Gemeinderat in seiner Sitzung vom 25. Januar 2007 erstmals mit<br />

dem Vorbescheidsantrag befasst, und zwar nur zur „Kenntnisnahme“, eine<br />

Entscheidung über das gemeindliche Einvernehmen sei an diesem Tag nicht<br />

ergangen. Erst in seiner Sitzung vom 24. Mai 2007 habe der Gemeinderat<br />

das gemeindliche Einvernehmen verweigert, so dass konkrete Anhaltspunkte<br />

vorlägen, dass die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB ein-<br />

getreten sei. Im Übrigen sei die Entscheidung der Gemeinde No****** auch<br />

rechtswidrig, so dass das Landratsamt das Einvernehmen habe ersetzen<br />

können. Der jüdische Friedhof des Klägers zu 3) werde durch das geplante<br />

Vorhaben nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt. Die Einschätzung der<br />

Klägerseite, wonach der Friedhof mit größter Wahrscheinlichkeit innerhalb<br />

des Areals liegen würde, welches permanent größte Geruchsbelästigungen<br />

erfahren werde, werde nicht geteilt. Da der Friedhof nicht in der Hauptwind-<br />

richtung zum geplanten Stallgebäude liege, sei nur mit gelegentlichen Ge-<br />

ruchseinwirkungen zu rechnen. Ebenso wenig stünden dem Vorhaben Be-<br />

lange des Denkmalschutzes entgegen. Denn auf Grund der relativ großen<br />

Entfernung des geplanten Stalles von 150 m bis 250 m zum Friedhof sei<br />

nicht mehr von einem Vorhaben in der Nähe eines ausgewiesenen Denkmals<br />

auszugehen. Das Erscheinungsbild des jüdischen Friedhofs werde durch das<br />

geplante Vorhaben nicht tangiert.


3.<br />

Der Beigeladene beantragte ebenfalls,<br />

die Klage abzuweisen.<br />

17<br />

Der Beigeladene sehe es nicht als seine Aufgabe an, die richtigen Darstel-<br />

lungen in der Klageerwiderung des Beklagten zu wiederholen, sondern zu<br />

speziellen Themen eine Stellungnahme abzugeben. Es bestünden bereits<br />

Zweifel an der Zulässigkeit der Klage, da nicht sicher sei, ob es den Klägern<br />

gelinge, eine Klagebefugnis geltend zu machen. So sei festzuhalten, dass<br />

die Bauvoranfrage am 25. Januar 2007 dem Gemeinderat vorgelegt worden<br />

und in dieser Sitzung beschlossen worden sei, vorerst keine Baufreigabe zu<br />

befürworten. Die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens sei erst-<br />

malig in der Sitzung vom 24. Mai 2007 erfolgt, so dass das gemeindliche<br />

Einvernehmen auf Grund des Ablaufs der Zwei-Monatsfrist als erteilt gelte.<br />

Jedenfalls seien die Klagen unbegründet, da dem privilegierten Vorhaben öf-<br />

fentliche Belange nicht entgegenstünden. Die Erklärung in den Bauvorlagen,<br />

wonach ein Stall für 1.500 Mastschweine erstrebt werde, sei auslegungsfähig<br />

und auslegungsbedürftig. Der Beigeladene habe nur soviel Mastplätze pla-<br />

nen und sich genehmigen lassen wollen, dass er unterhalb der Grenze der<br />

immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht und der UVP-Pflicht blei-<br />

be. Dies sei der Genehmigungsbehörde und dem Amt für Landwirtschaft be-<br />

kannt gewesen. Soweit ein fehlender Mindestabstand zum Wald gerügt wer-<br />

de, werde Bezug genommen auf die Stellungnahmen des Amtes für Land-<br />

wirtschaft. Dieses lehne den Standort nicht ab, sondern lege der Genehmi-<br />

gungsbehörde den Sachverhalt zur Abwägung und Entscheidung vor. Dieser<br />

öffentliche Belang stehe dem Vorhaben nicht entgegen. Die Satzung zum<br />

Denkmalschutz (Judenfriedhof) stehe dem Vorhaben nicht entgegen. Die<br />

Aufstellung einer Erhaltungssatzung sei nur vorgeschoben und solle der Ver-<br />

hinderung des Bauvorhabens des Beigeladenen dienen. Der Friedhof werde<br />

durch das geplante Vorhaben nicht in unzulässiger Weise beeinträchtigt. Da<br />

der Friedhof nicht in Hauptwindrichtung liege, sei nur mit gelegentlichen Ge-<br />

ruchseinwirkungen zu rechnen, wie sie im ländlichen Raum allgemein üblich


18<br />

seien. Geruchsfreiheit könne auf dem Friedhof nicht verlangt werden. Schäd-<br />

liche Umwelteinwirkungen kämen grundsätzlich erst bei Unterschreitung des<br />

¼-Abstandes der VDI-Richtlinie 3471 in Betracht. Belange des Denkmal-<br />

schutzes stünden ebenfalls nicht entgegen. Aufgrund der relativ großen Ent-<br />

fernung sei nicht mehr von einem Vorhaben in der Nähe des Baudenkmals<br />

auszugehen. Hinzu komme, dass der Friedhof eingegrünt sei und auch der<br />

künftige Stall einer Begrünungspflicht unterliege. Die Lage des Friedhofs im<br />

Außenbereich bringe es nun einmal mit sich, dass ein solcher die Nachbar-<br />

schaft eines privilegierten Außenbereichsvorhabens hinnehmen müsse. Das<br />

Dorfgemeinschaftshaus, das Wasserwerk, das Grundschulgebäude und das<br />

Dorfgasthaus der Klägerin zu 4) lägen in einer Entfernung von deutlich über<br />

340 m zum geplanten Bauvorhaben entfernt, weshalb schädliche Umwelt-<br />

einwirkungen in Form von Gerüchen für die genannten Anlagen auszuschlie-<br />

ßen seien. Die städtebauliche Entwicklung der Klägerin zu 2) sei durch das<br />

geplante Vorhaben nicht beeinträchtigt. Weder der Bebauungsplan noch die<br />

Veränderungssperre könnten dem Vorhaben entgegen gehalten werden, da<br />

der Vorbescheid vor der Veränderungssperre erlassen worden sei. Im Übri-<br />

gen vertrete man die Auffassung, dass die Veränderungssperre einer gericht-<br />

lichen Überprüfung nicht standhalten würde.<br />

4.<br />

Mit Beschluss der Kammer vom 23. November 2007 wurde die zunächst von<br />

den Klägern gemeinsam erhobene Klage in jeweils eigene Verfahren abge-<br />

trennt und weitergeführt: Kläger zu 1): W 4 K <strong>07.1422</strong>, Klägerin zu 2): W 4 K<br />

07.1435, Kläger zu 3): W 4 K 07.1436, Klägerin zu 4): W 4 K 07.1437 und<br />

Kläger zu 5): W 4 K 07.1438.<br />

5.<br />

Mit Schriftsätzen vom 29. Mai sowie vom 5. und 21. August 2008 erwiderte<br />

der Klägerbevollmächtigte auf das Vorbringen des Beklagten und des Beige-<br />

ladenen und ergänzte sein bisheriges Vorbringen:<br />

Die vom Beklagten wie auch vom Beigeladenen vertretene Auffassung, der<br />

Gemeinderat der Gemeinde No****** habe in seiner Sitzung vom 25. Januar


19<br />

2007 das Einvernehmen nicht verweigert, sei nicht zutreffend. Insoweit bleibe<br />

festzuhalten, dass das gemeindliche Einvernehmen in allen drei Sitzungen,<br />

nämlich am 25. Januar, am 24. Mai und am 26. Juli 2007 verweigert worden<br />

sei. Die Stellungnahme der Gemeinde vom 23. Februar 2007, in welcher<br />

ausdrücklich angekreuzt gewesen sei, dass das gemeindliche Einvernehmen<br />

nicht erteilt wird, sei am 28. Februar 2007 beim Landratsamt Rhön-Grabfeld<br />

eingegangen, so dass die Einvernehmensfiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2<br />

BauGB nicht eingetreten sei. Die Behauptungen des Beklagten und des Bei-<br />

geladenen, der Bauherr habe keinen Schweinestall für 1.500 Mastschweine<br />

beantragt, sondern nur für 1.499 Mastschweineplätze, seien nicht haltbar.<br />

Die Zahl von 1.500 Mastschweinen ergebe sich eindeutig aus dem Vorbe-<br />

scheidsantrag, sie sei dort zweimal gleichlautend genannt worden. Einer<br />

Auslegung sei diese eindeutige Formulierung nicht zugänglich. Denn wenn<br />

die Erklärung nach Wortlaut und Zweck einen eindeutigen Inhalt habe, sei für<br />

eine Auslegung kein Raum. Damit unterfalle das Vorhaben dem immissions-<br />

schutzrechtlichen Verfahren und sei auch UVP-pflichtig. Ob der Beigeladene<br />

bereit und in der Lage sei, durch eine teilweise Rücknahme des Antrags das<br />

gesamte Verfahren auf 1.499 Plätze zu beschränken, sei irrelevant. Zudem<br />

stünde dem dann zu erlassenden Bescheid die Veränderungssperre entge-<br />

gen. Die Auffassung, dass die Nichtberücksichtigung von Verfahrensrecht<br />

unbeachtlich sei, sei nicht haltbar. Hierbei sei auf die so genannte Wells-<br />

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs hinzuweisen. Mit dieser Ent-<br />

scheidung habe der Europäische Gerichtshof dem Einzelnen ausdrücklich<br />

das Recht zugesprochen, sich auf das Unterlassen einer Umweltverträglich-<br />

keitsprüfung zu berufen. Damit könnten sich auch die Kläger darauf berufen,<br />

dass vorliegend nicht die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung durch-<br />

geführt worden sei. Das Amt für Landwirtschaft und Forsten habe in beiden<br />

Stellungnahmen Bedenken hinsichtlich der Nichteinhaltung des Mindestab-<br />

standes zum Wald geäußert, jedenfalls sei dem inzident zu entnehmen, dass<br />

es offensichtlich erhebliche Bedenken gegen das beantragte Vorhaben ge-<br />

hegt habe. Bei der von der Genehmigungsbehörde zu entscheidenden Fra-<br />

ge, ob wegen der Nichteinhaltung des erforderlichen Mindestabstandes dem<br />

beantragten Vorhaben öffentliche Belange im Sinn von § 35 Abs. 3 BauGB<br />

entgegenstehen, sei nicht korrekt entschieden worden, da sie nicht beachtet


habe, dass der Wald grundsätzlich vielerlei lebensnotwendige Funktionen<br />

20<br />

wahrnehme und demgemäß besonders zu schützen sei. Zu beachten sei zu-<br />

dem, dass Wald und jüdischer Friedhof in entgegen gesetzter Richtung lä-<br />

gen, mit der Folge, dass je weiter der Schweinestall vom Friedhof wegrut-<br />

sche, umso näher er am Wald sein werde, und umgekehrt. Das streitgegen-<br />

ständliche Vorhaben stehe auch im Widerspruch zur Bauleitplanung der Ge-<br />

meinde No******. Diese sei auch insoweit maßgeblich, als ein baurechtlicher<br />

Vorbescheid gerade nicht habe erlassen werden dürfen, und für den Fall,<br />

dass ein anderer Vorbescheid noch beantragt werde, dessen Erteilung die<br />

Veränderungssperre entgegenstehe. Diese sei auch wirksam, denn die vom<br />

Gemeinderat vorgesehenen Regelungen des Bebauungsplans (Regelung<br />

gegenseitiger Interessen der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft, des Frem-<br />

denverkehrs und Berücksichtigung der Belange öffentlich-rechtlicher Religi-<br />

onsgemeinschaften sowie der Belange des Umwelt- und Naturschutzes) un-<br />

terfielen auch der Kompetenz einer Gemeinde zur Regelung im Rahmen ei-<br />

nes Bebauungsplans. Dadurch, dass insbesondere das Baudenkmal „Jüdi-<br />

scher Friedhof“ sowie Freizeiteinrichtungen der Gemeinde und das Grund-<br />

wasser durch die Festsetzungen des Bebauungsplans geschützt werden sol-<br />

len, könne auch nicht die Auffassung vertreten werden, dass die Planung<br />

nicht erforderlich oder nicht hinreichend konkret sei. Außerdem könne der<br />

gemeindlichen Planung auch kein Abwägungsfehler entgegen gehalten wer-<br />

den. Die Planung entspreche der am 29. November 2007 zur Aufstellung be-<br />

schlossenen Satzung „zum Erhalt des Denkmals und Begräbnisstätte Jüdi-<br />

scher Friedhof“. Des Weiteren seien die Belange des jüdischen Friedhofs<br />

vom streitgegenständlichen Vorhaben in unzulässiger Weise beeinträchtigt.<br />

Auf Grund der sehr geringen Entfernung von 150 m bis 250 m sei der Stall<br />

auf Grund seiner Größe und Lage immer vom Friedhof aus sichtbar und die<br />

daraus resultierenden Gerüche dort wahrnehmbar. Dass nur ein 1/4-Abstand<br />

nach der VDI-Richtlinie 3471 ausreichen würde, sei dieser Richtlinie nicht zu<br />

entnehmen. Dass der vorgesehene Standort für den Mastschweinestall auf-<br />

grund der Nähe zum jüdischen Friedhof ungeeignet sei, werde bestätigt<br />

durch ein Schreiben des <strong>Bayerische</strong>n Landesamtes für Denkmalpflege vom<br />

6. Dezember 2007. Hinzuweisen sei auch auf Art. 149 BV.


6.<br />

21<br />

Mit Bescheid vom 5. August 2008 ergänzte das Landratsamt Rhön-Grabfeld<br />

den Vorbescheid vom 22. Oktober 2007, indem es nach Ziffer I.8. folgende<br />

Auflage einfügte:<br />

„8 a) Die Höchsttierzahl wird auf maximal 1.499 Schweine beschränkt.“<br />

Zur Begründung wurde angeführt, dass der Bevollmächtigte des Antragstel-<br />

lers mit Schreiben vom 20. Juni 2008 mitgeteilt habe, dass er auf die rechtli-<br />

chen Wirkungen des Vorbescheids bzgl. eines Mastschweineplatzes verzich-<br />

te; er nehme insoweit seinen Antrag auf Vorbescheid zurück und sei damit<br />

einverstanden, dass der Vorbescheid durch eine Klarstellung ergänzt werde,<br />

dass dieser Vorbescheid nur für einen Antrag auf Vorbescheid für einen<br />

Mastschweinestall mit 1.499 Mastplätzen Gültigkeit besitzen solle. Der Be-<br />

vollmächtigte habe um den Erlass eines entsprechenden Ergänzungsbe-<br />

scheides gebeten. Die vom Landratsamt nachträglich eingefügte Auflage<br />

diene in erster Linie der Klarstellung dessen, was die Genehmigungsbehörde<br />

zugelassen habe. Da nach dem bisherigen Sach- und Streitstand Unklarheit<br />

darüber geherrscht habe, wie weit die Bindungswirkung reiche, sei die Aufla-<br />

ge auch erforderlich, um die Bindungswirkung des im baurechtlichen Verfah-<br />

ren erteilten Vorbescheids klarzulegen. Insoweit habe dem Begehren des<br />

Antragstellers auf entsprechende klarstellende Bescheidsergänzung stattge-<br />

geben werden können.<br />

7.<br />

Mit Schriftsatz vom 21. August 2008 erklärte der Bevollmächtigte der Kläger,<br />

dass der Ergänzungsbescheid vom 5. August 2008 ausdrücklich in die Klage<br />

miteinbezogen und zum Gegenstand der Klage gemacht werde. Es sei fest-<br />

zustellen, dass der Beigeladene nicht auf die rechtlichen Wirkungen eines<br />

Vorbescheids verzichten könne. Der Beigeladene habe mit seinem Schrei-<br />

ben vom 20. Juni 2008 seinen Antrag auf immissionsschutzrechtlichen Vor-<br />

bescheid zurückgenommen und zu erkennen gegeben, dass er einen bau-<br />

rechtlichen Vorbescheid für einen Mastschweinestall mit 1.499 Mastplätzen<br />

stellen möchte. Insoweit sei eine Teilerledigung des Rechtsstreits in dem


22<br />

Umfang eingetreten, in dem der Beigeladene eine Verzichtserklärung abge-<br />

geben habe. Im Hinblick auf die Reichweite der Erklärung sei zu beachten,<br />

dass diese nicht nur einen einzigen Mastschweineplatz betreffe, sondern den<br />

immissionsschutzrechtlichen Verfahrensantrag und damit den ursprünglichen<br />

Prüfungsgegenstand. Da mit der Rücknahmeerklärung sich das ursprüngli-<br />

che immissionsschutzrechtliche Verfahren erledigt habe, sei der jetzt erlas-<br />

sene Ergänzungsbescheid formell und materiell rechtswidrig, da er einen un-<br />

selbständigen Regelungsakt zu einem ansonsten unangetastet gebliebenen<br />

unwirksamen oder zumindest rechtswidrigen Vorbescheid hinzufüge. Bei ei-<br />

ner richtigen Würdigung hätte das Landratsamt als Immissionsschutzbehörde<br />

den Vorbescheid vom 22. Oktober 2007 für unwirksam erklären und sodann<br />

durch die Baugenehmigungsbehörde mit der Änderung in Ziffer I. 8., also mit<br />

einer neuen Fassung neu erlassen müssen. Im Übrigen sei davon auszuge-<br />

hen, dass der Beigeladene auf seiner Hofstelle, die in engem räumlichen und<br />

betrieblichen Zusammenhang mit dem geplanten Vorhaben stehe, schon<br />

bisher 60 Schweine halte. Damit unterfiele das Gesamtvorhaben mit insge-<br />

samt 1.560 bzw. 1.559 Schweinen noch immer dem § 4 Abs. 1 BImSchG; es<br />

hätte sich also durch die Änderung der Stückzahl im Mastschweinestall be-<br />

züglich der geplanten Anlage nichts geändert. Gerade auch im Hinblick auf<br />

den Ergänzungsbescheid vom 5. August 2008 werde deutlich, dass das ge-<br />

plante Vorhaben durch die Veränderungssperre, die am 3. November 2007 in<br />

Kraft getreten sei, berührt werde. Denn maßgebliches Datum sei der Zeit-<br />

punkt der letzten Behördenentscheidung, und an diesem sei die Verände-<br />

rungssperre schon lange in Kraft getreten gewesen.<br />

8.<br />

Der Beigeladene brachte mit Schriftsatz vom 6. August 2008 vor, dass er als<br />

Bauantragsteller in jeder Lage des Verfahrens berechtigt sei, seinen ur-<br />

sprünglichen Antrag zu verändern, einzuschränken oder zurückzunehmen.<br />

Dies habe er getan. Mit dem Ergänzungsbescheid seien alle Argumente, ein<br />

immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren sei erforderlich gewe-<br />

sen und eine Umweltverträglichkeitsprüfung habe stattfinden müssen, hinfäl-<br />

lig.


9.<br />

23<br />

Mit Schriftsätzen vom 25. August, 9. und 10. September 2008 ergänzte die<br />

Klägerseite ihr Vorbringen. Die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB<br />

sei nicht gegeben. Denn hierfür sei u.a. erforderlich, dass das Vorhaben ei-<br />

nem landwirtschaftlichen Betrieb diene und nur einen untergeordneten Teil<br />

der Betriebsfläche einnehme; dies sei hier nicht der Fall. Voraussetzung hier-<br />

für wäre, dass die Tierhaltung unter den Begriff Landwirtschaft i.S.d. § 201<br />

BauGB zu subsumieren sei. Dies erfordere aber die zwingend zu ermittelnde<br />

Tatsache, dass das Futter für die Tierhaltung überwiegend auf den zum<br />

landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen<br />

erzeugt werde. Entscheidend sei, ob genügend landwirtschaftlich genutzte<br />

Flächen, die zum landwirtschaftlichen Betrieb gehören, zur überwiegenden<br />

Futtererzeugung vorhanden seien und auch genutzt würden. Um die dauer-<br />

hafte landwirtschaftliche Nutzung sicherzustellen, müsse die Genehmi-<br />

gungsbehörde dem Bauherrn vor Erteilung der Baugenehmigung zudem den<br />

Nachweis gemäß § 201 BauGB abverlangen, dass die überwiegend eigene<br />

Futterversorgung möglich sein werde. Der Vorbescheid enthalte keine dies-<br />

bezügliche Regelung; das Landratsamt habe das Merkmal der überwiegen-<br />

den landwirtschaftlichen Futterversorgung nicht ordnungsgemäß geprüft.<br />

10.<br />

Aufgrund Beweisbeschlusses der Kammer vom 10. Juli 2008 wurde am<br />

16. September 2008 durch die Kammer ein Augenschein über die örtliche<br />

Lage des Baugrundstücks und seine Umgebung durchgeführt, bei dem durch<br />

den Berichterstatter eine Reihe von Lichtbildern gefertigt wurde. Hierbei wur-<br />

de auch der jüdische Friedhof in Augenschein genommen. Wegen des Ab-<br />

laufs des Augenscheins vom 16. September 2008 wird auf die Niederschrift<br />

verwiesen.<br />

In der sich an den Augenscheintermin anschließenden mündlichen Verhand-<br />

lung vom 16. September 2008 wurde das Verfahren W 4 K <strong>07.1422</strong> mit den<br />

Verfahren W 4 K 07.1435, W 4 K 07.1436, W 4 K 07.1437 und W 4 K<br />

07.1438 zur gemeinsamen Verhandlung verbunden und die Sach- und<br />

Rechtslage mit den Beteiligten ausführlich erörtert. Der Beigeladene erklärte


auf Nachfrage des Gerichts, dass er nicht mehr sagen könne, wann er die<br />

24<br />

Bauvoranfrage vom 4. Dezember 2006 bei der Gemeinde eingereicht habe.<br />

Er teilte des Weiteren mit, dass der benachbarte ehemalige Aussiedlerhof<br />

T****** etwa im Jahre 2002 aufgegeben worden sei und nur noch vom Eigen-<br />

tümer und dessen Sohn bewohnt werde. Der 1. Bürgermeister der Klägerin<br />

zu 4) erläuterte, dass für die im Flächennutzungsplan als M-Gebiet darge-<br />

stellte Fläche noch kein Bebauungsplan aufgestellt worden sei; es sei noch<br />

nicht klar, wie diese Fläche entwickelt werden solle. Er erklärte weiter, dass<br />

es im ganzen Ort W***** keine landwirtschaftlichen Hofstellen mehr gebe.<br />

Die Vertreter des Amtes für Landwirtschaft und Forsten B** ******** **** *****<br />

erklärten, dass die Ammoniakausbreitungsrechnung nach TA Luft aufgrund<br />

einer Sonderbeurteilung angefertigt worden sei; sie erläuterten, dass eine<br />

Fläche von 0,5 ha Wald als gefährdet angesehen werde. Der Beweisantrag<br />

des Klägerbevollmächtigten, ein Sachverständigengutachten zu der Behaup-<br />

tung einzuholen, dass der Waldbesitz des Klägers zu 1) auf einer Fläche von<br />

3 ha durch Ammoniakimmissionen unzumutbar geschädigt werde, wurde von<br />

der Kammer mit der Begründung abgelehnt, dass aufgrund der vom Amt für<br />

Landwirtschaft und Forsten angenommenen Schadensfläche von 0,5 ha<br />

nach Auffassung der Kammer bereits § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zu<br />

Lasten des Klägers zu 1) verletzt sei.<br />

In der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2008 stellte der Bevoll-<br />

mächtigte der Kläger den<br />

A n t r a g,<br />

den Vorbescheid des Landratsamtes Rhön-<br />

Grabfeld vom 22. Oktober 2007 und den Ergän-<br />

zungsbescheid vom 5. August 2008 aufzuheben.<br />

Der Klägerbevollmächtigte erklärte:


25<br />

Für den Fall, dass das Gericht durch Umstellung<br />

des Vorbescheidantrages von 1.500 auf 1.499<br />

Schweine von einer Erledingung ausgeht, wird<br />

hilfsweise der Rechtsstreit in der Hauptsache für<br />

erledigt erklärt und beantragt, der Gegenseite die<br />

Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.<br />

Der Vertreter des Beklagten stellte den<br />

A n t r a g,<br />

die Klage abzuweisen.<br />

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen stellte den<br />

A n t r a g,<br />

die Klage abzuweisen.<br />

Die anderen Beteiligten gingen nicht von einer Erledigung des Rechtsstreits<br />

aus.<br />

Daraufhin erklärte der Beigeladenenbevollmächtigte, dass der Antrag auf Er-<br />

teilung eines Vorbescheides hinsichtlich der Tierzahl auf 1.000 Mastschwei-<br />

ne reduziert werde. Er stellte den Beweisantrag, ein Sachverständigengut-<br />

achten zu der Behauptung einzuholen, dass bei einer Reduzierung der Tier-<br />

zahl auf 1.000 Schweine und einem günstigen Standort auf dem Baugrund-<br />

stück sowie beim Einbau eines Abluftfilters sich schädliche Umwelteinwir-<br />

kungen zu Lasten des Klägers zu 1) vermeiden ließen. Daraufhin fasste die<br />

Kammer den Beschluss, die Streitsache zu vertagen.


26<br />

Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2008<br />

im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.<br />

1.<br />

III.<br />

Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 20. November 2008 beantragte<br />

der Beigeladene beim Landratsamt Rhön-Grabfeld die Erteilung eines Er-<br />

gänzungsbescheides für einen Mastschweinstall mit einer (reduzierten) Tier-<br />

zahl von 1.000 Mastschweinen. Er verzichte auf die rechtlichen Wirkungen<br />

des Vorbescheides vom 22. Oktober 2007, soweit dieser die Baugenehmi-<br />

gung für ein Stallgebäude mit mehr als 1.000 Mastschweineplätzen in Aus-<br />

sicht stelle.<br />

2.<br />

Dem Antrag war in Anlage eine Ammoniakimmissionsprognose des Ingeni-<br />

eurbüros L******* **** * *** **, K********, vom November 2008 (Ammoniak-<br />

immissionsprognose) beigefügt, die dieses im Auftrag des Beigeladenen er-<br />

stellt hatte. Die Ausbreitungsrechnung sei mit dem Lagrangemodell nach An-<br />

hang 3 der TA Luft unter Verwendung der übertragenen Windstatistik der<br />

Wasserkuppe (als der nächstgelegenen repräsentativen Windmessung)<br />

durchgeführt worden. Der Mastschweinehaltung sei ein Emissionsfaktor von<br />

3,64 kg NH3 je Tierplatz und Jahr bei Zwangsentlüftung und Flüssigmistver-<br />

fahren zugeordnet worden. Aufgrund der N-angepassten Fütterung sei eine<br />

mittlere Reduktion um 20 % angesetzt worden. Damit errechne sich für den<br />

Mastschweinestall eine jährliche Ammoniakemission von: 1.000 Tierplätzen<br />

(TP) x 3,64 kg NH3 (TP a) = 2.912 kg. Entsprechend Anhang 1 der TA Luft<br />

ergebe sich daraus ein Mindestabstand zu empfindlichen Pflanzen und Öko-<br />

systemen von 348 m. Entsprechend den Vorgaben der TA Luft sei bei Unter-<br />

schreiten des Mindestabstandes nach Abbildung 4, Anhang 1, der neue Min-<br />

destabstand anhand der 3 µg/m³-Isolinie aus Ausbreitungsrechnungen


– wie hier geschehen – zu bestimmen. Dabei hätten sich die höchsten Im-<br />

missionen mit ca. 26,4 µg /m³ östlich der Quellen auf dem geplanten Be-<br />

triebsgelände berechnet. Die Zusatzbelastung von 3 µg/m³ werde auf der<br />

27<br />

beurteilungsrelevanten Waldfläche nicht überschritten. Auch die nördlich ge-<br />

legenen Biotope lägen darunter. Folglich werde die in der TA Luft angegebe-<br />

ne Grenze, bei deren Überschreitung Anhaltspunkte für das Vorliegen erheb-<br />

licher Nachteile gegeben seien, auf allen Beurteilungsflächen nicht über-<br />

schritten. Damit sei für die umliegenden Biotope bzw. empfindlichen Ökosys-<br />

teme, d.h. auch für den südlich gelegenen Wald kein Anhaltspunkt zum Vor-<br />

liegen erheblicher Nachteile oder Schädigungen durch die Abluft des Stalles<br />

gegeben. Die Gesamtbelastung für Ammoniak, ab der Anhaltspunkte für das<br />

Vorliegen erheblicher Nachteile gegeben seien (10 µg/m³), werde auch bei<br />

Berücksichtigung einer Vorbelastung (ca. 3 µg/m³) nicht erreicht.<br />

3.<br />

Der Umweltingenieur des Landratsamtes Rhön-Grabfeld beurteilte das redu-<br />

zierte Projekt in seiner Stellungnahme vom 17. Dezember 2008 und errech-<br />

nete mit den Eingangsgrößen 140 Großvieheinheiten und 80 Punkte nach<br />

der VDI-Richtlinie 3471 eine Mindestentfernung von 295 m zu einem Wohn–<br />

oder Mischgebiet bzw. von 150 m (gerundet) zu einem Dorfgebiet. Damit sei<br />

sowohl der Abstand zu den vorhandenen oder im Flächennutzungsplan dar-<br />

gestellten Baugebieten von W***** und Ne******* als auch der Abstand zu<br />

dem Wohnhaus auf dem Aussiedlerhof eingehalten.<br />

4.<br />

Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2009 wandte sich der Klägerbevollmächtigte<br />

an das Landratsamt Rhön-Grabfeld und rügte den vom Gutachter vorge-<br />

nommen 20 %igen Abschlag, da es sich bei der Erklärung, dass nitratarmes<br />

Futter verwendet werde, nur um eine unverbindliche Absichtserklärung han-<br />

dele. Die Übertragbarkeit der Windverhältnisse der Wasserkuppe auf den<br />

Standort des Bauvorhabens sei nicht gegeben und die Ammoniakimmissio-<br />

nen seien nicht realistisch prognostiziert worden, wie sich aus der in Anlage<br />

beigefügten Stellungnahme des Herrn Dipl.-Meteorologen R****** (iMA) er-<br />

gebe. Das Gutachten enthalte keine Angaben darüber, wie stark die Ge-


uchsbelästigung in der Umgebung der Schweinemastanlage sein werde.<br />

28<br />

Schließlich ergebe sich aus der ebenfalls beigefügten gutachterlichen Stel-<br />

lungnahme des Dipl.-Ing. ***** K**** zum Thema „Ammoniak und Natur-<br />

stein“, dass durch den Betrieb der Schweinemastanlage eine erhöhte Am-<br />

moniakbelastung in der Umgebung vorhanden sein werde und diese zu er-<br />

heblichen Auswirkungen auf die Grabmäler des jüdischen Friedhofs und zur<br />

Zerstörung dieses Kulturdenkmals führen werde. Die Mastanlage in unmittel-<br />

barer Nähe zum Friedhof sei als Angriff auf dessen sakrale Integrität zu ver-<br />

stehen. Insoweit werde hingewiesen auf die Studie von Prof. Dr. ******** H***<br />

mit dem Thema „Totenruhe und Tiermast“, die ebenfalls beigefügt sei.<br />

5.<br />

Der Dipl.-Meteorologe ************ R****** (iMA R****** * ****** **** * *** **,<br />

F*******) kommt in der vom Kläger zu 1) in Auftrag gegebenen Prüfung der<br />

Ammoniakimmissionsprognose vom 27. Januar 2009 zu der Aussage, dass<br />

die Übertragung der meteorologischen Statistik der Wasserkuppe auf das<br />

Untersuchungsgebiet – auch bei Anwendung eines Windfeldmodells – mit<br />

großen Unsicherheiten behaftet sei. Mathematische Modelle hätten in der<br />

Regel Schwierigkeiten, die Windverhältnisse in Topographien, wie sie hier<br />

vorlägen (mehrer Täler), nachzubilden. So weise der Windrosenatlas von<br />

Hessen, der auch das Untersuchungsgebiet umfasse, eine abweichende<br />

Verteilung auf. Bereits kleine Änderungen in der Häufigkeit der Windrich-<br />

tungsverteilung könnten zu erheblichen Änderungen der Immissionen führen.<br />

Es werde daher empfohlen, eine temporäre Windmessung vor Ort durchzu-<br />

führen und zusätzlich ein Gutachten des Deutschen Wetterdienstes (Qualifi-<br />

zierte Prüfung der Übertragbarkeit einer Windmessstation) erstellen zu las-<br />

sen. Kaltluftabflüsse könnten für den Judenfriedhof von Bedeutung sein, falls<br />

sie sich in Richtung Nordosten bewegten. Gemäß den Anforderungen in An-<br />

hang 3 der TA Luft seien Gebäudeeinflüsse zu berücksichtigen, wenn die<br />

Schornsteinbauhöhe weniger als das 1,7-fache der Gebäudehöhe betrage.<br />

Hier betrage sie nur das 1,25-fache, so dass höhere Immissionen zu erwar-<br />

ten seien.<br />

6.


29<br />

Mit Ergänzungsbescheid des Landratsamtes Rhön-Grabfeld vom 20. März<br />

2009 erhielt Ziffer I. 8 a) des Vorbescheids vom 22. Oktober 2007 in der Fas-<br />

sung des Ergänzungsbescheids vom 5. August 2008 folgende Fassung:<br />

„8 a) Die Höchsttierzahl wird auf maximal 1.000 Schweine beschränkt.“<br />

Nach Ziffer I. 8 a) wurden folgende weitere Auflagen eingefügt:<br />

„b) Das Bauvorhaben muss so ausgeführt werden, dass es ohne<br />

den negativen Standorteinfluss Kaltluftabfluss 100 Punkte nach<br />

VDI erreicht (mit negativen Standorteinfluss 80 Punkte).<br />

c) Der Emissionsschwerpunkt des Bauvorhabens (in der Regel die<br />

Kamine) muss einen Abstand von mindestens 150 m zum<br />

Wohnhaus des Aussiedlerhofes T****** auf dem Grundstück<br />

Fl.Nr. *32 einhalten.<br />

d) Der Emissionsschwerpunkt des Bauvorhabens (in der Regel die<br />

Kamine) muss einen Abstand von mindestens 300 m zu vorhandenen<br />

oder in den Flächennutzungsplänen von W***** und<br />

Ne******* dargestellten, geplanten Baugebieten einhalten.<br />

e) Die Haltung hat im Flüssigmistverfahren bei Stickstoff angepasster<br />

Fütterung zu erfolgen.<br />

f) Es ist eine Zwangsentlüftung mit Zentralabluft einzubauen.<br />

g) Die Abluftkamine des Schweinestalles müssen mindestens<br />

1,5 m über First errichtet werden.“<br />

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nach dem bisherigen Sach- und<br />

Streitstand Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass das Vorhaben in sei-<br />

ner ursprünglichen Form (1.499 Schweineplätze) schädliche Umwelteinwir-<br />

kungen hervorrufen könne. Nach der durchgeführten Beteiligung der Träger<br />

öffentlicher Belange sei das Landratsamt zu dem Ergebnis gelangt, dass von<br />

dem geänderten Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen (mehr)<br />

ausgingen. Nach der Ammoniakimmissionsprognose werde der angrenzende<br />

Wald nur mit 1 bis 2 µg/m³ zusätzlich belastet und damit die Zusatzbelastung<br />

von 3µg/m³ nicht überschritten, so dass eine nachhaltige Schädigung des<br />

Waldes ausgeschlossen werden könne. Des Weiteren würden nach den Be-


30<br />

rechnungen des Immissionsschutzes die nach der VDI-Richtlinie 3471 erfor-<br />

derlichen Abstände zur Wohnbebauung eingehalten.<br />

Der Ergänzungsbescheid vom 20. März 2009 wurde dem Bevollmächtigten<br />

der Kläger am 25. März 2009 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.<br />

1.<br />

Hiergegen ließen die Kläger am 27. April 2009 mit Schriftsatz ihres Bevoll-<br />

IV.<br />

mächtigten vom gleichen Tage erklären, dass sich die bereits anhängige Kla-<br />

ge auch auf den Ergänzungsbescheid des Landratsamtes Rhön-Grabfeld<br />

vom 20. März 2009 beziehe. Soweit sich der Vorbescheid vom 22. Oktober<br />

2007 durch den Ergänzungsbescheid erledigt habe, werde die Erledigung<br />

des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt und beantragt, gemäß § 161<br />

Abs. 2 VwGO die Kosten dem Beklagten und dem Beigeladenen aufzuerle-<br />

gen.<br />

2.<br />

Mit Schreiben vom 25. Mai 2009, eingegangen bei Gericht am 27. Mai 2009,<br />

teilte der Kläger zu 5) mit, dass er ab sofort nicht mehr durch seinen früheren<br />

Bevollmächtigten vertreten werde.<br />

Auf Anfrage der Klägerin zu 4) teilte das <strong>Bayerische</strong> Landesamt für Umwelt<br />

mit Schreiben vom 25. Mai 2009 mit, dass eine überschlägige Ausbreitungs-<br />

berechnung ergeben habe, dass durch die Schweine-Intensivhaltung am<br />

Standort der Trinkwasseraufbereitungsanlage nur geringe Anhebungen der<br />

Schadstoffkonzentrationen zu erwarten seien, so dass sich die allgemeine<br />

Hintergrundkonzentration insgesamt nur unwesentlich erhöhe. Die Konzent-<br />

ration von Bioaerosolen nehme mit zunehmender Entfernung rasch ab, so<br />

dass bei der hier gegebenen Entfernung kein Gefährdungspotential gesehen<br />

werde. Eine wesentliche Änderung der Kontaminationsgefahr durch Auflö-<br />

sung von Schadstoffen im Wasser und damit eine mikrobiologische oder ge-<br />

schmackliche Beeinträchtigung des Trinkwassers werde nicht gesehen. Eine


31<br />

Abluftreinigungsanlage am Schweinestall, die bis zu 90 % der Schadstoffe<br />

aufnehme, führe wegen der geringen Erhöhung der Schadstoffkonzentration<br />

zu keiner anderen Betrachtungsweise.<br />

3.<br />

Mit Beweisbeschluss vom 25. Juni 2009 beauftragte die Kammer die TÜV<br />

Süd Industrie Service GmbH, M******* (TÜV Süd GmbH), mit der Erstellung<br />

einer Geruchsausbreitungsrechnung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie<br />

(GIRL) zur Frage, ob von dem Vorhaben des Beigeladenen schädliche Um-<br />

weltauswirkungen durch Geruchsimmissionen ausgehen, wobei auf Kaltluft-<br />

abflüsse besonderes Augenmerk zu legen sei. Da für die Ausbreitungsrech-<br />

nung Angaben über die meteorologischen Gegebenheiten benötigt wurden,<br />

beauftragte die TÜV Süd GmbH am 15. September 2009 den Deutschen<br />

Wetterdienst (DWD), eine Qualifizierte Prüfung der Übertragbarkeit einer<br />

Zeitreihe von Ausbreitungsklassen (AKTerm) für das Baugrundstück durch-<br />

zuführen.<br />

In seinem amtlichen Gutachten vom November 2009 (DWD-Gutachten) hat<br />

der Deutsche Wetterdienst eine für den Standort geeignete Ausbreitungszeit-<br />

reihe mit Hilfe einer Qualifizierten Prüfung ermittelt. Darin wird die Ausbrei-<br />

tungsklassenzeitreihe der Windmessstation Würzburg als übertragbar festge-<br />

legt. Als geeigneter Standort wird der nahegelegene H***berg angesehen.<br />

Die Windverteilung am Standort sei durch die Tallage geprägt. Am häufigsten<br />

träten Winde aus Südwest bis West auf, ein weiteres ausgeprägtes Maxi-<br />

mum sei aus Südost, ein kleineres Nebenmaximum aus Richtung Nordost zu<br />

finden. Der Einfluss lokaler Windsysteme auf die Windverhältnisse in mehr<br />

als 1 m über Grund werde als nicht relevant eingeschätzt, allenfalls in unmit-<br />

telbarer Bodennähe würden sich schwache Kaltluftabflüsse entwickeln.<br />

Die TÜV Süd GmbH kommt in ihrem Gutachten vom 8. Februar 2010 (Ge-<br />

ruchsimmissionsprognose) zu folgender Einschätzung: Zur Verifikation der<br />

Aussagen des DWD sei eine Kaltluftsimulation durchgeführt worden, die er-<br />

geben habe, dass am Standort keine relevanten Kaltluftabflüsse aufträten.<br />

Die Geschwindigkeit des Kaltluftabflusses sei äußerst gering. Da diese


32<br />

Rechnung die Aussage des DWD-Gutachtens bestätige, werde kein Einfluss<br />

der Kaltluft in der weiteren Berechnung berücksichtigt. Die Ausbreitungs-<br />

rechnung sei gemäß TA Luft, Anhang 3, mit dem Modell AUSTAL2000 er-<br />

folgt. Die Auswertung der Rechenergebnisse erfolge gemäß GIRL auf Flä-<br />

chen mit einer Seitenlänge von 50 m x 50 m. Bei der Ermittlung der Gesamt-<br />

belastung sei die Vorbelastung mit berücksichtigt worden. Dabei zeige sich<br />

im Umfeld des geplanten Schweinestalles die größte Häufigkeit (57,1 % Häu-<br />

figkeit von Geruchsstunden pro Jahr). Am Ortsrand von Ne******* lägen die<br />

Werte unterhalb von 10 %. Das Wohnhaus T****** liege auf zwei Flächen (19<br />

% und 16 %). Da das Haus im Außenbereich liege, könne eine Häufigkeit<br />

von bis zu 25 % nach GIRL angesetzt werden. Am Ortsrand von W***** seien<br />

Häufigkeiten von maximal 12 % der Jahresstunden berechnet worden. Somit<br />

werde der Beurteilungswert von 15 % für Dorfgebiete nicht überschritten. Im<br />

größten Teil von W***** werde sogar der Beurteilungswert für Wohn- und<br />

Mischgebiete von 10 % der Jahresstunden eingehalten. Am jüdischen Fried-<br />

hof seien maximal 8 % Geruchshäufigkeiten berechnet worden. Der Gutach-<br />

ter kommt zu dem Ergebnis, dass die Immissionswerte der GIRL an allen re-<br />

levanten Beurteilungsflächen eingehalten seien, so dass aus fachtechnischer<br />

Sicht mit keinen schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß § 1 BImSchG zu<br />

rechnen sei.<br />

4.<br />

Mit Schriftsatz vom 20. April 2010 äußerte sich der Klägerbevollmächtigte<br />

zum DWD-Gutachten und zur Geruchsimmissionsprognose: Eine erste Über-<br />

prüfung habe gezeigt, dass bei der Erstellung beider Gutachten zahlreiche<br />

handwerkliche, aber auch methodische Fehler unterlaufen seien. Bereits aus<br />

dem DWD-Gutachten selbst ergebe sich, dass die Erstellung einer Ausbrei-<br />

tungsklassenzeitreihe nur bedingt und nur unter besonderer Berücksichti-<br />

gung der lokalen Gegebenheiten vorgenommen werden könne. Es liege auf<br />

der Hand, dass die Winddaten der Messstation Würzburg auf den H***berg<br />

nicht 1 zu 1 übertragen werden könnten. Eine zumindest einjährige Messung<br />

der Kaltluftabströme könne durch die Übertragung der Daten nicht ersetzt<br />

werden. Da der Ersteller des Gutachtens eine mehrjährige Messung nicht<br />

habe durchführen wollen, habe er ohne weitere Erklärung ein numerisches


Simulationsmodell eingesetzt. Die Aussage, dass diese Simulation am<br />

33<br />

Standort keine relevanten Kaltluftabflüsse ergeben habe, könne so nicht als<br />

Feststellung stehen bleiben. Der Gutachter habe nur untersucht, inwieweit<br />

Kaltluft sich auf die Luftschichten in 2 m und darüber auswirke. Es hätten<br />

aber die Kaltluftströme unterhalb von 2 m Höhe intensiver untersucht werden<br />

müssen. Das Gutachten sei insoweit absolut unzureichend und in seinen<br />

Schlussfolgerungen fehlerhaft. Es sei nicht ersichtlich, dass der Gutachter<br />

des TÜV Süd die vom DWD-Gutachter angesprochene spürbare lokale Be-<br />

einflussung des Windfeldes aufgegriffen und Schlussfolgerungen daraus ge-<br />

zogen habe. Die Ausführungen des TÜV-Süd erschienen so, als wenn die<br />

Messdaten der Station Würzburg unverändert auf den Standort W***** an-<br />

gewendet worden wären. Der Rechnung der Geruchemissionen fehle eine<br />

Begründung, wie dieser GE-Wert zustande gekommen sei. Dass eine nähere<br />

Begründung notwendig sei, ergebe sich daraus, dass es hier einen methodi-<br />

schen Spielraum gebe. Kritisch zu betrachten sei auch die Ansetzung des<br />

GV-Wertes von 0,14. Das TÜV-Gutachten gehe darüber hinaus an mehreren<br />

Stellen von bloßen Annahmen aus, die im Bescheid nicht geregelt seien. So<br />

wenn für die Abdeckung der Güllegrube ein Minderungsfaktor berücksichtigt<br />

oder eine Quellhöhe von 7,5 m angenommen oder die umliegende Bebauung<br />

nicht berücksichtigt werde. Der Gutachter setze seine festgestellten Ge-<br />

ruchsstundenhäufigkeiten in Beziehung zu den Gebietstypen nach BauNVO.<br />

Hierfür fehle ihm zum einen die Kompetenz und zum anderen sei die Einord-<br />

nung nicht richtig. Denn bei dem Ortsrand von W*****, für den eine Geruchs-<br />

stundenhäufigkeit von 12 % festgestellt worden sei, handele es sich nicht um<br />

ein Dorfgebiet, sondern um ein Mischgebiet. Zur Substantiierung dieses Vor-<br />

trags werde eine Katasterkarte mit Eintragungen vorgelegt. Damit sei der<br />

Beurteilungswert nach GIRL für Mischgebiete aber überschritten. Zu dem jü-<br />

dischen Friedhof werde in dem Gutachten lediglich kurz festgestellt, dass ei-<br />

ne Zuordnung des Beurteilungswertes nach GIRL nicht erfolgen könne. In-<br />

soweit unterlasse der Gutachter fehlerhaft die Beurteilung der Geruchsim-<br />

mission. Die GIRL sehe aber in Punkt 5 die Beurteilung im Einzelfall vor, die<br />

dann vorzunehmen sei, wenn eine „ungewöhnliche“ Nutzung gegeben sei.<br />

Dies sei hier wegen des besonderen Schutzes des jüdischen Friedhofs der<br />

Fall. Im Bereich der Zuwegung zum Friedhof sei eine Geruchsstundenhäu-


figkeit von 10 % bis 18,5 % zu erwarten. Der Wald sei in der Immissions-<br />

34<br />

prognose nicht bewertet worden. Der vom Kläger zu 1) beauftragte Diplom-<br />

forstingenieur ****** S******** komme in seiner, in Anlage beigefügten, fach-<br />

lichen Stellungnahme zu dem Schluss, dass eine Schädigung des Waldes<br />

nur bei einer Tierzahl von unter 200 Stück abgewendet werden könne.<br />

Schließlich sei aufgrund des DWD-Gutachtens die Ammoniak-Immissions-<br />

prognose vom November 2008 nicht mehr aussagekräftig.<br />

5.<br />

Das Landratsamt Rhön-Grabfeld erwiderte mit Schreiben vom 16. März,<br />

30. April und 1. Juli 2010: Die Geruchsimmissionprognose des TÜV Süd<br />

komme – wie auch die vorangegangenen einfacheren Voraussagen des<br />

Technischen Immissionsschutzes auf Basis der VDI 3471 – zu dem Ergeb-<br />

nis, dass der geplante Stallneubau keine unzulässigen Geruchsimmissionen<br />

mit sich bringen werde. Soweit der Klägerbevollmächtigte behaupte, die<br />

Ausbreitung der geruchsbeladenen Stallabluft werde überwiegend in einer<br />

Höhe von unter 2 m stattfinden, sei dies nicht nachzuvollziehen. Vielmehr<br />

werde die Abluft über einen Abluftkamin in mehreren Metern Höhe abgege-<br />

ben, steige aufgrund der vom Ventilator erzeugten Strömungsgeschwindig-<br />

keit und Thermik noch ein Stück auf und breite sich dann aus. Von Anfang an<br />

sei nach Rücksprache mit dem Beigeladenen ein Wert von 0,14 GV je Mast-<br />

schwein angesetzt worden. Dies entspreche einem Schwein, das von 25 kg<br />

auf 115 kg gemästet werde. Damit liege man auf der sicheren Seite, da das<br />

Schlachtgewicht der Schweine sich bisher üblicherweise zwischen 105 kg<br />

und 110 kg bewegt habe. Abgesehen davon werde die GV-Zahl von 0,14 in<br />

eine Baugenehmigung aufgenommen werden. Das Mastendgewicht für bay-<br />

erische Ferkel von 116,3 kg, das der Klägerbevollmächtigte heranziehe, sei<br />

nicht der Maßstab der vorliegenden Planung. Im Übrigen errechne sich bei<br />

gleichem Anfangsgewicht von 25 kg eine GV-Zahl von 0,1413, gerundet<br />

0,14. Das Abdecken der Güllegrube bei Stallungen dieser Größenordnung<br />

sei Standard, ohne diese Maßnahme sei eine Stallbewertung von 100 Punk-<br />

ten nach VDI 3471 nicht erreichbar. Damit ergebe sich die Annahme bereits<br />

aus der entsprechenden Auflage. Detaillierte Auflagen könnten erst im Bau-<br />

genehmigungsverfahren formuliert werden.


6.<br />

35<br />

Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2010 vertrat der Bevollmächtigte des Beigelade-<br />

nen die Auffassung, dass durch die Ammoniak-Immissionsprognose des In-<br />

genieurbüros L*******, der Immissionsprognose des TÜV-Süd und der nun in<br />

Anlage beigefügten ergänzenden Stellungnahme des Ingenieurbüros<br />

L******* vom 8. Juni 2010 fest stehe, dass die immissionsschutzrechtlichen<br />

Bedenken der Klägerseite unbegründet seien.<br />

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. Juni 2010 wies das Ingenieur-<br />

büro L******* darauf hin, dass sich bei der von ihr bzw. dem DWD verwende-<br />

te Windstatistik hinsichtlich der Windgeschwindigkeit in einer Messhöhe von<br />

10 m eine gute Übereinstimmung zeige (L*******: 3,3 m/s, DWD: 3,5 m/s).<br />

Gleiches gelte für die Verteilung der Stabilitätsklassen, auch hier stimmten<br />

die Meteorologiedatensätze gut überein, es zeige sich jeweils ein Maximum<br />

bei der Ausbreitungsklasse III/1. Einzig bei der Windrichtungsverteilung er-<br />

gäben sich gewisse Abweichungen. Das Hauptmaximum liege übereinstim-<br />

mend im Sektor West bis Südwest. Es ergebe sich aber eine Abweichung<br />

beim sekundären Maximum (L*******: Ost, DWD: Südost). Die vom Gutach-<br />

ten des Ingenieurbüros L******* verwendete Windrichtungsverteilung werde<br />

als geeigneter eingeschätzt. Der Meteorologiedatensatz des DWD lasse<br />

bzgl. der Beurteilung des Waldes südlich des Standorts sehr ähnliche Ergeb-<br />

nisse erwarten, die ebenfalls auf keine Überschreitung der zulässigen Zu-<br />

satzbelastung gemäß Anhang 1 der TA Luft schließen ließen. Herr S********<br />

leite sein Fazit, nämlich die maximale Tierzahl von 200, anhand der Ab-<br />

standsformel nach TA Luft bzw. der <strong>Bayerische</strong>n Mindestabstandsformel ab.<br />

Sowohl die TA Luft als auch die Handreichung des Bayer. Ministeriums für<br />

Landwirtschaft und Forsten ermögliche aber die Unterschreitung des Min-<br />

destabstands mittels Ausbreitungsrechnungen nach Anhang 3 der TA Luft. In<br />

diesen könnten lokale Gegebenheiten, wie beispielsweise Windverteilung<br />

und Topographie am Untersuchungsstandort, besser berücksichtigt werden<br />

als in den pauschalierten Abstandsformeln. Eine solche Ausbreitungsrech-<br />

nung sei mit dem Gutachten des Büros L******* vorgelegt worden und zeige<br />

bei einer Tierzahl von 1.000 eine maximale Ammoniakimmission (Zusatzbe-


trag) von 3µg/m³. Rechne man die in <strong>Bayern</strong> anzusetzende Vorbelastung<br />

36<br />

von 3µg/m³ hinzu, addiere sich die Gesamtbelastung auf 6µg/m³ am Wald-<br />

rand. Folglich unterschreite die berechnete Gesamtbelastung die in der TA<br />

Luft angegebene Grenzbelastung von 10µg/m³ deutlich.<br />

7.<br />

Auf Anfrage des Gerichts legte der TÜV Süd unter dem 14. Juni 2010 eine<br />

ergänzende Stellungnahme zum Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom<br />

20. April 2010 vor: Bei einer Qualifizierten Prüfung werde in den seltensten<br />

Fällen eine exakte Übereinstimmung mit den Erwartungswerten gefunden.<br />

Ziel sei es vielmehr, eine geeignete Wetterstation zu finden, die auf den Ziel-<br />

standort übertragen werden könne. Dies sei hier bei der Station Würzburg<br />

der Fall gewesen. Dabei seien die Koordinaten umgerechnet worden. Die<br />

Winddaten seien auch nicht 1 zu 1 übertragen worden. Vielmehr sei die<br />

Orographie und Rauhigkeit in der Ausbreitungsrechnung selbst berücksich-<br />

tigt worden. Dem Rechenlauf liege ein digitales Geländemodell zugrunde.<br />

Die Ermittlung der Kaltluftabflüsse mittels einer Modellsimulation könne nur<br />

unter Berücksichtigung der orographischen Gegebenheiten erfolgen, so dass<br />

dies nicht extra erwähnt worden sei. Die Mündung der Schornsteine befinde<br />

sich über Dach, in einer Höhe von 7,5 m. Da aufgrund der geringen Turbu-<br />

lenz der Strömungen kein Austausch mit anderen Luftschichten stattfinde,<br />

könne der Geruch nicht in die Kaltluftströmung eingemischt werden. In 2 m<br />

und darüber seien Kaltluftströmungen nicht relevant. Die Kaltluft in 1 m Höhe<br />

werde nicht mit Geruch beladen. Die Vorgaben des DWD-Gutachtens seien<br />

sachgerecht umgesetzt worden. Die Beeinflussungen der Windrichtungen<br />

aufgrund der Tallage würden durch das Windfeldmodell berücksichtigt. Auf<br />

Seite 10 der Immissionsprognose werde die Quelle für die Emissionsfaktoren<br />

für die Geruchsstoffe genannt. Hierbei sei auf die sog. Cloppenburg-Liste zu-<br />

rückgegriffen worden, mit deren Werten bisher gute Ergebnisse erzielt wor-<br />

den seien. Dort sei der Wert von 40 GE/GVs für Mastschweine genannt. Der<br />

GV-Wert von 0,14 sei dem Ergänzungsbescheid vom 20. März 2009 ent-<br />

nommen worden. Da es sich um eine Bauvoranfrage ohne detaillierte Pla-<br />

nungen handele, müsse sich das Gutachten auf Annahmen stützen, da sonst<br />

keine Immissionsprognose erstellt werden könne. Hierbei seien hinsichtlich


37<br />

der Abluftführung und der Güllegrube Annahmen getroffen worden, die den<br />

Erfahrungen von anderen Anlagen entsprächen. Bei der Höhe von 7,5 m sei<br />

das Kriterium der TA Luft für eine freie Abströmung nicht erfüllt, so dass der<br />

Gebäudeeinfluss berücksichtigt werden müsse. Im größten Teil von W*****<br />

und im ganzen Ortsbereich von Ne******* liege die Jahreshäufigkeit von Ge-<br />

ruchsstunden unter bzw. bei maximal 10 %. Daher sei es unerheblich, ob<br />

Wohn-/Mischgebiet oder Dorfgebiet angesetzt werde. Der Bereich mit höhe-<br />

ren Werten liege am Ortsrand im Übergangsbereich zum Außenbereich. Da-<br />

her seien hier höhere Werte bis 15 % möglich. Die Beurteilung des jüdischen<br />

Friedhofs sei nicht – fehlerhaft – unterlassen worden, vielmehr werde im<br />

Gutachten explizit die Häufigkeit von Geruchsereignissen genannt. Da der<br />

Friedhof nicht einem Immissionsort gemäß GIRL entspreche, sei eine Beur-<br />

teilung nicht erfolgt.<br />

8.<br />

Mit Schriftsatz vom 20. September 2010 legte der Klägerbevollmächtigte ei-<br />

ne, im Auftrag der Klägerin zu 4) gefertigte, gutachterliche Stellungnahme<br />

(Prüfung) des Dipl.-Meteorologen ***** ****** R****** (iMA) vom 16. Septem-<br />

ber 2010 zur Geruchsimmissionsprognose des TÜV Süd vor. Dieser kommt<br />

hinsichtlich der Übertragung der meteorologischen Daten zu der Einschät-<br />

zung, dass die gewählte Vorgehensweise bei Immissionsprognosen üblich<br />

sei, wobei der DWD auch auf die Unsicherheiten verweise, die bei Verwen-<br />

dung der Station Würzburg bestünden. Im Gutachten des DWD werde die<br />

Mächtigkeit der Kaltluftabflüsse als gering eingeschätzt, weil sich in höheren<br />

Lagen Wald befinde und von dort keine Kaltluft abfließe. In der Literatur wer-<br />

de aber in bewaldeten Gebieten von hohen Kaltluftproduktionsraten ausge-<br />

gangen. Aufgrund der Topographie empfehle er, einen höheren Kaltluftein-<br />

zugsbereich anzusetzen als vom Gutachter des TÜV Süd geschehen. Die<br />

von ihm durchgeführten Modellrechnungen sowie die qualitative Messung,<br />

die von ihm während der Abend- und frühen Nachtstunden bei einer wolken-<br />

armen Wetterlage durchgeführt worden seien, zeigten, dass Kaltluftabflüsse<br />

bei der Immissionsprognose zu berücksichtigen seien. Bei dieser hätten sich<br />

kurz nach Einsetzen der Kaltluftabflüsse flache Hangabwindsysteme ausge-<br />

bildet, die eine vertikale Mächtigkeit von wenigen Metern besäßen. Nach 30


Minuten sei die mittlere Windgeschwindigkeit am Standort des geplanten<br />

38<br />

Stalles zurückgegangen und die vertikale Mächtigkeit des Kaltluftabstroms<br />

auf ca. 20 m und im weiteren Verlauf der Nacht auf über 50 m angestiegen.<br />

Die Windrichtung schwanke zunächst zwischen West und Westnordwest,<br />

später überwiege Wind aus nordwestlichen Richtungen. In der ersten Phase<br />

bilde sich eine Geruchsfahne in Richtung Nordosten aus, danach folge sie<br />

dem Kaltluftabfluss aus dem Streutal und werde in Richtung Südosten verla-<br />

gert. In der Immissionsprognose verblieben Unsicherheiten, die v.a. durch<br />

die topographische Situation bedingt seien. Es sei zwar nach der Modell-<br />

rechnung im Verlaufe der Nacht mit Windströmung aus Nordwest zu rech-<br />

nen, jedoch nicht auszuschließen, dass Teile der westlichen Wohnbebauung<br />

von W***** von der Geruchsfahne betroffen würden. Für den Judenfriedhof<br />

könnten Kaltluftabflüsse von Bedeutung sein. Es erscheine angebracht, eine<br />

mehrmonatige Messung am Standort durchzuführen. Die Emissionen der<br />

Güllegrube würden in der Immissionsprognose des TÜV Süd plausibel abge-<br />

schätzt. Die Vorgehensweise bei der Ermittlung der Emissionen aus dem<br />

Mastschweinestall werde begründet, jedoch sei zu empfehlen, eine weitere<br />

Berechnung mit dem Emissionsfaktor von 50 GE/(m²/s) durchzuführen. Fer-<br />

ner sei darauf hinzuweisen, dass die Windgeschwindigkeiten der Station<br />

Würzburg geringer seien, als die bei der Ammoniakimmissionsprognose an-<br />

gesetzten Daten der Wasserkuppe. Bei Verwendung der Daten von Würz-<br />

burg könnten höhere Immissionen in den empfindlichen Ökosystemen be-<br />

rechnet werden, so dass die Unterschreitung der Irrelevanzschwelle nicht<br />

mehr sichergestellt sei.<br />

Der Klägerbevollmächtigte kommt in seinem Schriftsatz vom 20. September<br />

2010 zu der Einschätzung, dass als Fazit der Prüfung des Dipl.-Meteoro-<br />

logen R****** festgehalten werden könne, dass eine konkrete Untersuchung<br />

der Kaltluftabflüsse ergeben habe, dass sowohl der Judenfriedhof als auch<br />

die Wohnbereiche der Klägerin zu 4) in wesentlichen Teilen von Kaltluftab-<br />

strömen erfasst würden. Des Weiteren sei der Emissionsfaktor von 50<br />

GE/m²s anzusetzen und die Ergebnisse der Ammoniak-Immissionsprognose<br />

dürften nicht mit den Ergebnissen der Geruchsimmissionsprognose in Bezie-<br />

hung gesetzt werden. Die Unterschreitung der Irrelevanzschwelle von 3µg/m³


39<br />

sei nicht mehr sichergestellt. Letztlich seien die Ausgangswerte der Geruchs-<br />

immissionsprognose nicht mehr sichergestellt und die Berechnungen des Bü-<br />

ros L******* würden an einem systematischen Fehler leiden. Der angegriffene<br />

Vorbescheid sei darüber hinaus wegen fehlender ausreichender Berücksich-<br />

tigung der Belange der Glaubens- und Glaubensbetätigungsfreiheit (Art. 4<br />

Abs. 1, 2 GG) sowie der Gewährleistung nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 138<br />

WRV mit dem Einrichtungs- und Nutzungsinteresse des Beigeladenen auf<br />

jeden Fall rechtswidrig. Der jüdische Friedhof unterliege als Kirchengut dem<br />

Schutz von Art. 4 Abs. 1, 2 und Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 2 WRV. Der<br />

jüdische Friedhof W***** stehe im Eigentum des Klägers zu 3). Er sei auch<br />

als Kirchengut und Ort der Religionsausübung einzuordnen. Der Kläger zu 3)<br />

könne sich auch auf den Schutz der kollektiven Religionsfreiheit nach Art. 4<br />

Abs. 1, 2 GG berufen. Die in dem angegriffenen Vorbescheid enthaltene Ge-<br />

nehmigung führe zu einem grundrechtlich relevanten Eingriff. Die verbindli-<br />

che Zusage des Beklagten, den Schweinemastbetrieb an der vorgesehenen<br />

Stelle errichten zu können, werde dazu führen, dass der Geruch und der<br />

Lärm von Schweinen auf dem Friedhof wahrnehmbar seien. Dies allein sei<br />

schon eine schwerwiegende Beeinträchtigung in den Religionsausübungsab-<br />

sichten des einzelnen Friedhofsgänger jüdischen Glaubens, aber auch eine<br />

Missachtung des Klägers zu 3). Die Häufigkeit von Kaltluftströmen betrage<br />

über das Jahr verteilt ca. 20 %. Die Geruchsbelastung werde in jedem Fall<br />

dann mehr als 10 % betragen. Die Belästigung des jüdischen Friedhofs<br />

durch Schweinegeruch könne auch nicht durch Bestandsschutz gerechtfertigt<br />

werden. Die Wirkung des Schweingeruchs sei als Eingriff in das Recht auf<br />

Religionsausübung anzusehen. Denn im jüdischen Glauben sei das Beten in<br />

Anwesenheit von „schlechtem Geruch“ verboten. Es existiere sogar eine<br />

„Abstandsregel“ hierfür, um dieses Verbot in der Realität handhabbar zu ma-<br />

chen. Bereits die Nähe des Schweinestalls führe wegen ihres Symbolcharak-<br />

ters zu einer Entwürdigung dieses heiligen Ortes. Denn alles, was in der<br />

Synagoge wegen Respektlosigkeit verboten sei, sei auch am Friedhof verbo-<br />

ten. Die Friedhöfe seien gerade in ihrem geschlossenen Zustand Zeugen der<br />

untergegangenen jüdischen Kultur. Zu verweisen sei auch auf die negative<br />

Bedeutung des Schweinefleischs und des Schweins für den jüdischen Glau-<br />

ben. Unbedeutend sei, dass es sich um einen mittelbaren Grundrechtseingriff


durch den Beklagten handele. Es gebe auch keine verfassungsrechtliche<br />

Rechtfertigung für den Eingriff. Die Glaubensbetätigungsfreiheit könne nur<br />

40<br />

durch kollidierendes Verfassungsrecht beschränkt werden. Die Eigentums-<br />

gewährleistung des Beigeladenen werde durch eine Verlegung des Vorha-<br />

bens an einen anderen, geeigneten Standort nur relativ gering beschränkt,<br />

weil der Schweinemastbetrieb nicht standortabhängig sei. Im Unterschied<br />

zum Stall bestehe der Friedhof schon seit langer Zeit. Die nach dem Grund-<br />

satz der praktischen Konkordanz geboten gewesene Abwägung des grund-<br />

rechtlich besonders geschützten Interesses an dem Schutz des Friedhofs vor<br />

Schweinegerüchen mit dem Interesse des Beigeladenen habe der Beklagte<br />

nicht in ausreichendem Maße vorgenommen. Es sei hier von einem eklatan-<br />

ten unheilbaren Abwägungsdefizit auszugehen. Der Bescheid könne auch<br />

nicht damit gerechtfertigt werden, dass die Besuche auf dem jüdischen<br />

Friedhof seltener stattfänden als auf den sonstigen Friedhöfen. Die gegentei-<br />

lige Auffassung ließe die Rechtsprechung zu den rechtlichen Auswirkungen<br />

des Holocaust auf das deutsche Recht außer Acht. Dieser Abwägungsman-<br />

gel sei auch kausal für die getroffene Entscheidung.<br />

9.<br />

Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2010 erwiderte der Beklagte, dass die gutach-<br />

terliche Stellungnahme des Büros iMA vom 16. September 2010 nicht geeig-<br />

net sei, die Gutachten des Büros L******* und des TÜV Süd zu entkräften.<br />

Die Belange der Glaubens- und Glaubensbetätigungsfreiheit sowie die Ge-<br />

währleistung nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 WRV würden nicht beeinträch-<br />

tigt. Der Status des jüdischen Friedhofs als religiöse Einrichtung und als Ort<br />

der Religionsausübung werde von keiner Seite in Frage gestellt. Die Religi-<br />

onsfreiheit gelte nicht grenzenlos, vielmehr sei hierbei auf andere Belange,<br />

zu denen die Entwicklungsmöglichkeiten eines im Außenbereich existieren-<br />

den landwirtschaftlichen Betriebes gehöre, Rücksicht zu nehmen. Hinzu<br />

komme, dass der jüdische Friedhof aufgrund seiner ortsfesten Lage ver-<br />

schiedenen Einflüssen unterliege. Die vom TÜV Süd ermittelten Werte lägen<br />

sogar unter den in einem Wohngebiet zulässigen Werten. Die räumliche<br />

Trennung zwischen Friedhof und Bauvorhaben werde durch die Kreisstraße


verstärkt; durch den Verkehrslärm ergebe sich auch eine akustische Tren-<br />

nung.<br />

10.<br />

41<br />

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2010 wurde mit den Betei-<br />

ligten die Sach- und Rechtslage umfassend erörtert. Der vom Gericht mit der<br />

Erstellung der Geruchsimmissionsprognose beauftragte Gutachter, Herr<br />

Dipl.-Met. W***** (TÜV Süd GmbH), erläuterte in der mündlichen Verhand-<br />

lung das von ihm erstellte Gutachten und wurde zu den technischen Fragen<br />

angehört. Der vom Beigeladenen mit der Erstellung der Ammoniakimmissi-<br />

onsprognose beauftragte Sachverständige Dr. Ing. L******* und Dipl.-<br />

Geoökologin Sö**** (Büro L*******) sowie der von der Klägerin zu 4) mit der<br />

Erstellung einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragte Sachverständige<br />

Dipl.-Met. R****** (iMA) erläuterten ebenfalls ihre Gutachten und wurden zu<br />

technischen Fragen angehört. Gehört wurden auch der vom Kläger zu 1)<br />

beigezogene Diplomforstingenieur S******** sowie der von dem Kläger zu 3)<br />

beigezogene Rabbiner E****. Der vom Klägerbevollmächtigten gestellte Be-<br />

weisantrag, es möge Beweis erhoben werden durch Einholung eines Sach-<br />

verständigengutachtens zu der Frage, welche Geruchsbelästigungen auf die<br />

Gemeinde W*****, die Gemeinde No******/Ortsteil Ne******* und auf den jüdi-<br />

schen Friedhof zu erwarten sind, und zwar unter Zugrundelegung von kon-<br />

kreten Messungen der Kaltluftströme, deren Mächtigkeit, deren Fließrichtung<br />

und deren Fließgeschwindigkeit, wurde von der Kammer abgelehnt.<br />

Der Vertreter der Beklagtenseite wie auch der Bevollmächtigte des Beigela-<br />

denen erklärten ihre Zustimmung zur Erledigungserklärung des Klägerbe-<br />

vollmächtigten, soweit sich der Rechtsstreit durch den Ergänzungsbescheid<br />

vom 20. März 2009 erledigt hatte.<br />

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2010 stellte die Klägerseite<br />

übereinstimmend den<br />

A n t r a g,


42<br />

den streitgegenständlichen Vorbescheid vom<br />

22. Oktober 2007 i.d.F. der Bescheide vom<br />

5. August 2008 und vom 20. März 2009 aufzuhe-<br />

ben.<br />

Der Vertreter des Beklagten stellte den<br />

A n t r a g,<br />

die Klagen abzuweisen.<br />

Der Bevollmächtigte des Beigeladenen stellte den<br />

A n t r a g,<br />

die Klagen abzuweisen.<br />

Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2010 im<br />

Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.<br />

Mit Beschlüssen der Kammer wurde aufgrund mündlicher Verhandlung vom<br />

19. Oktober 2010 von der Verwaltungsstreitsache W 4 K <strong>07.1422</strong> (Kläger zu<br />

1) der Teil des Rechtsstreits abgetrennt, der sich durch den Ergänzungsbe-<br />

scheid des Landratsamtes Rhön-Grabfeld vom 20. März 2009 erledigt hat<br />

und unter dem Aktenzeichen W 4 K 10.1124 weitergeführt. Ein gleichlauten-<br />

der Beschluss wurde jeweils im Verfahren W 4 K 07.1435 (Klägerin zu 2)<br />

– neues Aktenzeichen W 4 K 10.1120), im Verfahren W 4 K 07.1436 (Kläger<br />

zu 3) – neues Aktenzeichen W 4 K 10.1121), im Verfahren W 4 K 07.1437<br />

(Klägerin zu 4) – neues Aktenzeichen W 4 K 10.1122) und im Verfahren W 4<br />

K 07.1438 (Kläger zu 5) – neues Aktenzeichen W 4 K 10.1123) gefasst.


43<br />

Mit weiterem Beschluss der Kammer wurden die Verfahren W 4 K <strong>07.1422</strong>,<br />

W 4 K 07.1435, W 4 K 07.1436, W 4 K 07.1437 und W 4 K 07.1438, soweit<br />

sie nicht erledigt sind, zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und unter<br />

dem Aktenzeichen W 4 K <strong>07.1422</strong> weitergeführt.<br />

11.<br />

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die<br />

zahlreichen und (teilweise) umfangreichen Schriftsätze mit einer Vielzahl von<br />

Anlagen sowie auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.<br />

Entscheidungsgründe:<br />

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Vorbescheid vom 22. Oktober 2007<br />

I.<br />

i.d.F. der Bescheide vom 5. August 2008 und vom 20. März 2009, mithin der<br />

baurechtliche Vorbescheid für einen Stall mit 1.000 Mastschweinen.<br />

Der Klägerbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 27. April 2009 die Erledi-<br />

gung des Rechtsstreits in der Hauptsache erklärt, soweit sich der Vorbe-<br />

scheid vom 22. Oktober 2007 durch den Ergänzungsbescheid vom 20. März<br />

2009 (1.000 Schweine) erledigt habe. Der Vertreter des Beklagten und der<br />

Bevollmächtigte des Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung<br />

vom 19. Oktober 2010 hierzu ihre Zustimmung erklärt. Mit dem Ergänzungs-<br />

bescheid vom 20. März 2009 wurde der ursprüngliche Genehmigungsumfang<br />

um etwa ein Drittel reduziert. Insoweit ist hinsichtlich der Tierzahl von 499<br />

Schweinen eine Erledigung der Hauptsache eingetreten. Aufgrund der Teiler-<br />

ledigung war es sachgerecht, den erledigten Teil des Rechtsstreits abzutren-<br />

nen (§ 93 VwGO).<br />

Die Klagen sind zulässig.<br />

II.


1.<br />

44<br />

Den Klägern steht – entgegen der Rechtsauffassung des Bevollmächtigten<br />

des Beigeladenen – auch eine Klagebefugnis zu. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist<br />

die Klage grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend macht,<br />

durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein.<br />

Die Klagebefugnis des Klägers zu 1) ergibt sich daraus, dass er geltend<br />

macht, der Wald, der auf dem an das Baugrundstück angrenzenden Grund-<br />

stück Fl.Nr. *91 der Gemarkung Ne******* vorhanden ist, könne durch die von<br />

dem künftigen Mastschweinestall ausgehenden Ammoniakbelastungen ge-<br />

schädigt werden. Anders als das Verwaltungsgericht Ansbach (U.v.<br />

07.10.2009, AN 11 K 09.01439, ), das Verwaltungsgericht München<br />

(U.v. 16.10.2007, M 1 K 07.2892, ) und das Verwaltungsgericht Ol-<br />

denburg (U.v. 10.03.2010, 5 A 1375/09, ) geht die Kammer davon aus,<br />

dass die Ziffern 4.4.2 i.V.m. 4.8 i.V.m. Abbildung 4 des Anhangs 1 der TA<br />

Luft (Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissions-<br />

schutzgesetz – Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – vom 24. Juli<br />

2002) i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB Rechte Einzelner begründen<br />

und folglich zur Begründung einer Klagebefugnis herangezogen werden kön-<br />

nen. Der Eigentümer eines an ein emittierendes Vorhaben angrenzenden<br />

Waldgrundstücks kann geltend machen, durch eine Ammoniakbelastung<br />

handgreiflich in seinen durch das Rücksichtnahmegebot vermittelten Rechten<br />

verletzt zu sein, wenn der Mindestabstand unterschritten wird. Nach Lage der<br />

Dinge wird in Bezug auf die zu erwartenden Ammoniak-Emissionen dem<br />

Kläger zu 1) die für den Nachbarschutz notwendige Qualifizierung, Individua-<br />

lisierung und Eingrenzung bewirkt.<br />

Die Klagebefugnis des Klägers zu 3) ergibt sich daraus, dass er als Eigentü-<br />

mer des Friedhofs geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu<br />

sein. Der Kläger zu 5) kann geltend machen, in der satzungsgemäß festge-<br />

legten Aufgabe der Trinkwasserversorgung beeinträchtigt zu sein. Die Kläge-<br />

rinnen zu 2) und 4) bringen vor, in ihrer Planungshoheit verletzt zu sein und<br />

machen Belange des Denkmalschutzes und des Bestattungsrechts geltend.


Des Weiteren wird durch die Klägerin zu 4) eine Geruchsbeeinträchtigung<br />

kommunaler Gebäude gerügt.<br />

2.<br />

45<br />

Die Klagebefugnis der Klägerin zu 2) ist auch nicht wegen einer Einverneh-<br />

mensfiktion entfallen. Mit Erteilung des Einvernehmens kann nicht mehr gel-<br />

tend gemacht werden, durch den Vorbescheid in eigenen Rechten verletzt zu<br />

sein. Wer einem Bauvorhaben zustimmt – sei es als Nachbar oder als Ge-<br />

meinde –, begibt sich seines Anfechtungsrechts gegen die Genehmigung<br />

dieses Bauvorhabens. Dies gilt auch dann, wenn die Zustimmung kraft Ge-<br />

setzes fingiert wird (BayVGH, B.v. 27.10.2000, 1 ZS/CS 00.2727). Das ge-<br />

meindliche Einvernehmen gilt gemäß § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB als erteilt,<br />

wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Einreichung des Bauantrags bzw.<br />

der Voranfrage bei der Gemeinde verweigert wird. Die Frist des § 36 Abs. 2<br />

Satz 2 BauGB beginnt mit dem Eingang der vollständigen Bauvoranfrage bei<br />

der Gemeinde zu laufen. Die Versagung des Einvernehmens muss innerhalb<br />

von zwei Monaten der Bauaufsichtsbehörde zugehen.<br />

Der Gemeinderat der Gemeinde No************* befasste sich in seiner Sit-<br />

zung vom 25. Januar 2007 „zur Kenntnisnahme“ mit der Bauvoranfrage des<br />

Beigeladenen vom 4. Dezember 2006, und zwar mit folgendem Ergebnis:<br />

„Der Gemeinderat beschließt vorerst keine Baufreigabe zu befürworten, da<br />

das Bauvorhaben erst durch das Landratsamt Rhön-Grabfeld zu prüfen ist“.<br />

Der Niederschriftauszug, der vom 22. Februar 2007 datiert, ist laut Ein-<br />

gangsvermerk am 28. Februar 2007 bei der Bauaufsichtsbehörde eingegan-<br />

gen. Nachdem das Landratsamt Rhön-Grabfeld mit Schreiben vom 3. Mai<br />

2007 der Klägerin zu 2) das Ergebnis der Trägerbeteiligung mitgeteilt hatte,<br />

befasste sich diese in der Sitzung vom 24. Mai 2007 erneut mit der Angele-<br />

genheit und „lehnte (…) die Bauvoranfrage ab“. Ein diesen Beschluss wie-<br />

dergebender Niederschriftauszug wurde dem Landratsamt Rhön-Grabfeld<br />

mit Kurzmitteilung vom 28. Juni 2007 (Eingang am 29.06.2007) zugeleitet.<br />

Hinsichtlich des erstgenannten Beschlusses bestehen erhebliche Unklarhei-<br />

ten, ob insoweit von einer Versagung des Einvernehmens ausgegangen<br />

werden kann. Das Schriftstück, das den zweitgenannten Beschluss wieder-


46<br />

gibt, ist eindeutig erst nach Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB an<br />

die Bauaufsichtsbehörde weitergeleitet worden. Allerdings wurde hier dem<br />

Landratsamt Rhön-Grabfeld am 28. Februar 2007 – zusammen mit dem Pro-<br />

tokollbuchauszug über die Sitzung vom 25. Januar 2007 – eine formblattmä-<br />

ßige Stellungnahme der Gemeinde No************* übermittelt, in der die<br />

Schlussfeststellung enthalten war, dass das gemeindliche Einvernehmen<br />

nicht erteilt werde. Im Vordruck findet sich ein Kreuz im Kästchen „nein“ bei<br />

der Angabe „Das gemeindliche Einvernehmen wird erteilt“. Entscheidend für<br />

die Frage, ob das gemeindliche Einvernehmen verweigert wurde oder nicht,<br />

ist der Inhalt dieser Stellungnahme. Die Versagung des Einvernehmens zu<br />

einem Bauvorhaben ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung der Ge-<br />

meinde, die erst wirksam wird, wenn sie der Bauaufsichtsbehörde zugeht<br />

(BayVGH, B.v. 27.10.2000, a.a.O.). Damit wäre aber die Zwei-Monats-Frist<br />

des § 36 Abs. 2 BauGB nur überschritten, wenn die Bauvoranfrage vor dem<br />

28. Dezember 2006 bei der Gemeinde No************* eingereicht worden wä-<br />

re. Dies ließ sich im gerichtlichen Verfahren aber nicht aufklären, was aber<br />

nicht zu Lasten der Gemeinde gehen darf. Der Antrag des Bauherrn trägt das<br />

Datum 4. Dezember 2006, enthält aber entgegen der üblichen Verwaltungs-<br />

praxis keinen Eingangsvermerk. Eine vom Gericht angeforderte Stellung-<br />

nahme der Gemeinde No************* vom 9. September 2008 hat auch keine<br />

Klarheit schaffen können. Die Gemeinde hat nämlich mitgeteilt, dass nicht<br />

mehr nachvollzogen werden könne, wann der Antrag auf Vorbescheid des<br />

Beigeladenen bei der Verwaltungsgemeinschaft F******** eingegangen ist.<br />

Die Bauvoranfrage sei vom Beigeladenen an den damaligen Bürgermeister<br />

übergeben worden. Der Verwaltungsgemeinschaft F******** sei erst mit der<br />

Sitzungsladung am 19. Januar 2007 bekannt geworden, dass es eine Bauvo-<br />

ranfrage für den Neubau des Schweinestalles in Ne******* gebe. Bauvoran-<br />

fragen würden nicht im Eingangsbuch erfasst und die gelbe Bauplanmappe<br />

sei nicht mehr vorhanden. Zu den Umständen der Antragseinreichung wurde<br />

der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2008<br />

befragt. Er konnte hierzu jedoch keine konkreten Angaben machen, er konn-<br />

te insbesondere auf Nachfrage des Gerichts nicht angeben, wann er die<br />

Bauvoranfrage vom 4. Dezember 2006 bei der Gemeinde No*************<br />

bzw. bei deren 1. Bürgermeister abgegeben hat. Damit lässt sich aber nicht


47<br />

belegen, dass die Voranfrage vom 4. Dezember 2006 vor dem 28. Dezember<br />

2006 bei der Gemeinde eingereicht wurde. Damit muss aber davon ausge-<br />

gangen werden, dass die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 BauGB im<br />

vorliegenden Fall nicht eingetreten ist.<br />

3.<br />

Der dem Beigeladenen erteilte Vorbescheid des Landratsamtes Rhön-<br />

Grabfeld vom 22. Oktober 2007 i.d.F. der Bescheide vom 5. August 2008<br />

und vom 20. März 2009 ist auch nicht zwischenzeitlich unwirksam geworden,<br />

mit der Folge, dass die Klagen mangels Rechtsschutzbedürfnisses unstatt-<br />

haft (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 42, RdNr. 58) und damit unzu-<br />

lässig geworden wären. Gemäß Art. 75 Abs. 1 Satz 2 der <strong>Bayerische</strong>n Bau-<br />

ordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. August 1997 (GVBl<br />

S. 433 – BayBO 1998) bzw. Art. 71 Satz 2 der <strong>Bayerische</strong>n Bauordnung in<br />

der Fassung vom 14. August 2007 (GVBl S. 588 – BayBO 2008) gilt der Vor-<br />

bescheid drei Jahre, wenn er nicht kürzer befristet ist bzw. soweit in ihm kei-<br />

ne andere Frist bestimmt ist. Nun hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof die<br />

bislang umstrittene Frage dahin entschieden (U.v. 15.03.2010, 1 BV 08.3157;<br />

), dass die Einlegung eines Rechtsbehelfs den Lauf der Geltungsfrist<br />

nicht hemmt. Die Frist beginnt grundsätzlich mit der Bekanntgabe an den An-<br />

tragsteller (Art. 41 BayVwVfG). Dabei dürfte es hier aus Sicht der Kammer<br />

nicht auf den Vorbescheid vom 22. Oktober 2007, sondern auf den Ergän-<br />

zungsbescheid vom 20. März 2009 ankommen. Letztlich kann die Frage, ob<br />

es insoweit auf den ursprünglichen Vorbescheid oder auf den Ergänzungs-<br />

bescheid ankommt, hier offenbleiben, da der Vorbescheid vom 22. Oktober<br />

2007 dem Beigeladenen am 26. Oktober 2007 gegen Empfangsbekenntnis<br />

zugestellt wurde, so dass die Drei-Jahres-Frist zum Zeitpunkt der Entschei-<br />

dung des Gerichts nicht abgelaufen ist.<br />

Die Klagen sind aber nicht begründet.<br />

III.


48<br />

Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor. Der<br />

Vorbescheid des Landratsamtes Rhön-Grabfeld vom 22. Oktober 2007 i.d.F.<br />

der Bescheide vom 5. August 2008 und vom 20. März 2009, mithin der bau-<br />

rechtliche Vorbescheid für einen Stall mit 1.000 Mastschweinen, ist nicht<br />

rechtswidrig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1<br />

Satz 1 VwGO).<br />

Ein Nachbar, der eine Baugenehmigung anficht, kann mit seiner Klage nur<br />

dann Erfolg haben, wenn er durch die Genehmigung in seinen subjektiven<br />

Rechten verletzt wird, wenn also öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt<br />

sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn es das Vorhaben an der<br />

gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses<br />

Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. Der streitgegenständliche Vor-<br />

bescheid des Landratsamtes Rhön-Grabfeld vom 22. Oktober 2007 i.d.F. der<br />

Bescheide vom 5. August 2008 und vom 20. März 2009 für einen Stall mit<br />

1.000 Mastschweinen verletzt aber schon keine öffentlich-rechtlichen Vor-<br />

schriften; es besteht ein Rechtsanspruch des Beigeladenen auf Erteilung<br />

dieses Vorbescheids. Im Einzelnen:<br />

Nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO 1998 kann vor Einreichung eines Bauan-<br />

trags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmi-<br />

gung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbe-<br />

scheid) erteilt werden. Entsprechendes gilt nach Art. 71 Satz 1 BayBO 2008.<br />

Für das Verfahrensrecht folgt aus dem Grundsatz des intertemporalen Ver-<br />

fahrensrechts, dass dasjenige Recht anzuwenden ist, das zum Zeitpunkt der<br />

jeweiligen Entscheidung Geltung beansprucht. Eine Änderung des Verfah-<br />

rensrechts gilt grundsätzlich ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen<br />

Rechts und erfasst auch bereits anhängige Verfahren, nicht jedoch bereits<br />

abgeschlossene Verfahren. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Gesetz<br />

eine abweichende Regelung trifft, insbesondere eine Übergangsregelung, die<br />

etwas anderes anordnet (vgl. Simon/Busse, BayBO, Mai 2010, Art. 83,<br />

RdNr. 4). Eine solche Übergangsregelung enthält Art. 83 Abs. 1 BayBO für<br />

das Baugenehmigungsverfahren. Kein Baugenehmigungsverfahren ist je-


49<br />

doch das Verfahren auf Erteilung eines Vorbescheides (vgl. Simon/Busse,<br />

Art. 83, RdNr. 9), so dass hier im gerichtlichen Verfahren das Verfahrens-<br />

recht des Art. 71 BayBO 2008 einer Entscheidung zu Grunde zu legen ist.<br />

1.<br />

Formelle Rechtmäßigkeit:<br />

Der Vorbescheid des Landratsamtes Rhön-Grabfeld vom 22. Oktober 2007<br />

i.d.F. der Bescheide vom 5. August 2008 und vom 20. März 2009 enthält kei-<br />

ne Verfahrensfehler.<br />

Von Klägerseite wird zunächst bemängelt, dass für den Antrag des Beigela-<br />

denen ein immissionsschutzrechtliches Verfahren und nicht ein baurechtli-<br />

ches Vorbescheidsverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Es sei mit-<br />

hin das falsche Verfahren gewählt worden und die notwendige Umweltver-<br />

träglichkeitsprüfung unterblieben.<br />

1.1.<br />

Gemäß Ziffer 7.1 Buchst. g) Spalte 2 des Anhangs zur Vierten Verordnung<br />

zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über<br />

genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) i.d.F. der Bekanntmachung<br />

vom 14. März 1997, zuletzt geändert am 6. Januar 2004, ist für Anlagen mit<br />

1.500 bis weniger als 2.000 Mastschweineplätzen ein immissionsschutz-<br />

rechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen. Auch unter Berücksich-<br />

tigung des Gesetzes zur Reduzierung und Beschleunigung von immissions-<br />

schutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vom 23. Oktober 2007 sowie der<br />

letzten Änderung der 4. BImSchV durch Art. 13 RechtsbereinigungsG Um-<br />

welt vom 11. August 2009 bleibt es dabei, dass Anlagen mit 1.500 bis weni-<br />

ger 2.000 Mastschweineplätzen dem Immissionsschutzrecht unterliegen.<br />

Mit baurechtlichem Vorbescheid vom 22. Oktober 2007 hat hier das Land-<br />

ratsamt Rhön-Grabfeld auf den Antrag des Beigeladenen vom 4. Dezember<br />

2010 einen Vorbescheid für 1.499 Mastschweine erteilt, was mit Ergän-<br />

zungsbescheid vom 5. August 2008 klargestellt wurde.


50<br />

Für die Auslegung des Antrags auf Erteilung einer Bauvoranfrage wie auch<br />

für die Auslegung des Verwaltungsaktes zur Bestimmung seines Inhalts gilt<br />

§ 133 BGB entsprechend. Hinsichtlich des Antrags ist der erklärte Wille<br />

maßgeblich, wie ihn die Behörde als Empfängerin bei objektiver Würdigung<br />

verstehen konnte. Etwas im Bauantrag nicht oder anders Bezeichnetes ist<br />

nicht maßgeblich, wenn sich durch objektive Umstände eine anderweitige<br />

Deutung ergibt. Dabei kann der Wortlaut hinter Sinn und Zweck der Erklä-<br />

rung zurücktreten. Für die Auslegung sind auch weitere Erklärungen und<br />

Umstände heranzuziehen und es ist auf das erkennbar verfolgte Rechts-<br />

schutzziel abzustellen (Simon/Busse, Art. 64, RdNrn. 13 ff.). Auch für die<br />

Auslegung des Verwaltungsaktes kommt es grundsätzlich auf den Empfän-<br />

gerhorizont an, d.h. darauf, wie Adressaten und Drittbetroffene den Verwal-<br />

tungsakt nach Treu und Glauben verstehen mussten bzw. verstehen durften.<br />

Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung. Soweit dies mit diesem<br />

Grundsatz vereinbar ist, ist davon auszugehen, dass die Behörde den Ver-<br />

waltungsakt im Zweifel im Einklang mit dem Gesetz, das sie zum Erlass des<br />

Verwaltungsaktes ermächtigt, und mit sonstigen einschlägigen Rechts-<br />

grundsätzen verstanden wissen wollte (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Aufl.,<br />

§ 35, RdNr. 55).<br />

Der Vorbescheid vom 22. Oktober 2007 enthält weder im Tenor noch im<br />

Betreff einen Ausspruch zu der Frage, für wie viele Mastschweineplätze die<br />

Baugenehmigung in Aussicht gestellt wurde. In Ziffer 12 der Nebenbestim-<br />

mungen ist von „ca. 1500 Tiere“ die Rede. Der Sachverhaltsdarstellung zum<br />

Vorbescheid ist zu entnehmen, dass ein Stall für „1.500 Mastschweine“ be-<br />

antragt worden sei. In der Voranfrage vom 4. Dezember 2006 ist von „1.500<br />

Mastschweine“ die Rede. Mit dem Ergänzungsbescheid vom 5. August 2008<br />

wird auf Antrag des Beigeladenen eine Auflage eingefügt, wonach die<br />

Höchsttierzahl auf „maximal 1.499 Schweine“ beschränkt wird. Zur Begrün-<br />

dung dieses Bescheids wird u.a. angeführt, dass der Bevollmächtigte des<br />

Antragstellers mit Schreiben vom 20. Juni 2008 mitgeteilt habe, dass er da-<br />

mit einverstanden sei, dass der Vorbescheid durch eine Klarstellung ergänzt<br />

werde, dass dieser Vorbescheid nur für einen Antrag auf Vorbescheid für ei-


51<br />

nen Mastschweinestall mit 1.499 Mastplätzen Gültigkeit besitzen solle. Der<br />

Bevollmächtigte habe um den Erlass eines entsprechenden Ergänzungsbe-<br />

scheides gebeten. Aus dem Bescheid des Landratsamtes vom 5. August<br />

2008 ergibt sich, dass die nachträglich eingefügte Auflage in erster Linie der<br />

Klarstellung dessen diene, was die Genehmigungsbehörde zugelassen habe.<br />

Da nach dem bisherigen Sach- und Streitstand Unklarheit darüber geherrscht<br />

habe, wie weit die Bindungswirkung reiche, sei die Auflage auch erforderlich,<br />

um die Bindungswirkung des im baurechtlichen Verfahren erteilten Vorbe-<br />

scheids klarzulegen. Beantragt war ursprünglich die Durchführung eines<br />

Vorbescheidverfahrens nach der <strong>Bayerische</strong>n Bauordnung. Gewollt war,<br />

dass die Schwelle der Genehmigungsbedürftigkeit nach dem Bundesimmis-<br />

sionsschutzgesetz bzw. der 4. BImSchV unterschritten wird. Diese liegt bei<br />

1.500 Mastschweinen. Das Landratsamt Rhön-Grabfeld hat hier ein bau-<br />

rechtliches Verfahren und kein immissionsschutzrechtliches Verfahren<br />

durchgeführt. Es hat den Antrag des Beigeladenen – ohne dies deutlich aus-<br />

zudrücken – so verstanden, dass dieser ein baurechtliches Verfahren unter-<br />

halb der Grenze eines immissionsschutzrechtlichen Verfahrens durchgeführt<br />

haben möchte, also ein Verfahren für einen Mastschweinestall mit 1.499<br />

Mastschweineplätzen. Nur so macht sowohl der Antrag wie auch der Vorbe-<br />

scheid einen Sinn. Demgegenüber würde es der Verwaltungspraxis voll-<br />

kommen widersprechen, wegen eines einzigen zusätzlichen Mastschweine-<br />

platzes ein aufwändigeres Verfahren zu beantragen. Die mit dem Ergän-<br />

zungsbescheid eingefügte „Auflage“ dient der Klarstellung dessen, was die<br />

Genehmigungsbehörde mit dem Vorbescheid vom 22. Oktober 2007 zuge-<br />

lassen hat. Sie wollte damit die verbliebenen Unklarheiten ausräumen.<br />

Soweit der Kläger vorbringt, dass Hinweise vorlägen, dass der Beigeladene<br />

auf seiner Hofstelle, die in engem räumlichen und betrieblichen Zusammen-<br />

hang mit dem geplanten Vorhaben stehe, schon bisher 60 Schweine halte,<br />

und das Gesamtvorhaben mit insgesamt 1.560 bzw. 1.559 Schweinen damit<br />

auf jeden Fall sich als immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig dar-<br />

stelle, kann er hiermit nicht durchdringen.


Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 der 4. BImSchV liegen die im Anhang bestimmten<br />

52<br />

Voraussetzungen auch vor, wenn mehrere Anlagen derselben Art in einem<br />

engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen (gemeinsame<br />

Anlagen) und zusammen die maßgebenden Leistungsgrenzen oder Anla-<br />

gengrößen erreichen oder überschritten werden. Ob mehrere Anlagen der-<br />

selben Art vorliegen, ist auf Grund einer Betrachtung von Beschaffenheit und<br />

Betriebsweise der Anlagen selbst und nicht des mit ihnen angestrebten wei-<br />

teren Zwecks zu entscheiden. Es liegen hier nicht „mehrere Anlagen“, son-<br />

dern nur eine Anlage vor, die die entscheidende Anlagengröße (1.500 Mast-<br />

schweineplätze) nicht erreicht. Denn der Bauherr hat erklärt, dass nach dem<br />

Stallneubau der Bestand auf der Hofstelle aufgelöst wird (siehe Stellung-<br />

nahme des Landratsamtes Rhön-Grabfeld vom 03.09.2008 unter Bezug-<br />

nahme auf die Erklärung des Beigeladenen vom 02.08.2007): „Der Tierbe-<br />

stand auf oben genanntem Hofgrundstück wird mit Bau des beantragten<br />

Mastschweinestalles reduziert und damit die Schweinehaltung auf dem Hof-<br />

grundstück eingestellt“.<br />

Nach allem stellt sich hier das baurechtliche Vorbescheidsverfahren als das<br />

„richtige“ Verfahren dar, ein immissionsschutzrechtliches Verfahren war nicht<br />

erforderlich.<br />

Aus diesem Grunde war auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach Zif-<br />

fer 7.7.3 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

(UVPG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. Februar 2010 (bzw. Ziffer 7.7.2.<br />

der Anlage 1 zum UVPG i.d.F. der Bekanntmachung vom 25.06.2005) erfor-<br />

derlich.<br />

1.2.<br />

Von Seiten des Klägerbevollmächtigten wird gerügt, dass der angegriffene<br />

Vorbescheid auch keine konkrete Standortausweisung enthalte. Der konkrete<br />

Standort sei jedoch für die Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens und<br />

damit der Frage nach der Genehmigungsfähigkeit unerlässlich.


53<br />

Der Vorbescheidsantrag muss hinreichend bestimmt sein. Das folgt aus der<br />

Formulierung „zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens“. Inhalt des Vorbe-<br />

scheidsantrags sind somit bestimmte Fragen der Zulässigkeit des Vorha-<br />

bens, wobei der Dispositionsbefugnis des Bauherrn nur durch die Beschrän-<br />

kung des Prüfungsumfangs Grenzen gesetzt sind (vgl. auch BayVGH, U.v.<br />

14.10.2008, 2 BV 04.863, ; s.a. Simon/Busse, Art. 71, RdNr. 34).<br />

Der Vorbescheidsantrag des Beigeladenen enthält unter Ziffer 7 die Frage,<br />

über die im Vorbescheid entschieden werden soll. Der Antragsteller wollte<br />

die Frage geklärt haben, ob auf dem Grundstück Fl.Nr. *83 der Gemarkung<br />

Ne******* generell ein derartiger Mastschweinestall zulässig ist. Dies ist<br />

durchaus eine zulässige Frage für einen Vorbescheid. Die Angabe eines ge-<br />

nauen Standortes auf dem Grundstück ist nicht erforderlich. Im Übrigen hat<br />

der Beigeladene in dem beigefügten Lageplan hinsichtlich des Standortes ei-<br />

ne gewisse Festlegung getroffen, nämlich diesen im südlichen Bereich des<br />

Grundstücks eingezeichnet. Das Landratsamt hat in Ziffer 11 des Tenors des<br />

Vorbescheides vom 22. Oktober 2007 eine Festlegung des Standortes ge-<br />

troffen. Nach allem ist hier von einer hinreichenden Bestimmtheit auszuge-<br />

hen.<br />

2.<br />

Der streitgegenständliche Vorbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Im Ein-<br />

zelnen:<br />

Nach Art. 71 Satz 1 BayBO 2008 (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayBO 1998) kann<br />

vor Einreichung eines Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu<br />

einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein<br />

schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erteilt werden.<br />

Der Vorbescheid ist ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt, der nur auf<br />

ausdrücklichen Antrag des Bauherrn erteilt wird. Inhalt des Vorbescheidsan-<br />

trags sind bestimmte Fragen zur Zulässigkeit des Vorhabens, wobei der Dis-<br />

positionsbefugnis des Bauherrn kaum Grenzen gesetzt sind. So kann sich<br />

der Vorbescheidsantrag auch auf die Frage der grundsätzlichen baupla-


54<br />

nungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens (sog. Bebauungsgenehmi-<br />

gung) beschränken, auch wenn es nur in groben Umrissen nach Art und Um-<br />

fang bestimmt ist und seine Ausführung im Einzelnen einer späteren Prüfung<br />

vorbehalten bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 23.05.1975, IV C 78.72, BVerwGE 48,<br />

242; U.v. 03.04.1987, 4 C 41/84, NVwZ 1987, 884). Als feststellender Ver-<br />

waltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherrn gestellten<br />

Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vor-<br />

schriften, die Gegenstand der Prüfung sind, fest; er hat insoweit während<br />

seiner Geltungsdauer „Bindungswirkung“: D.h. die Vereinbarkeit des Vorha-<br />

bens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Baugenehmigungsverfah-<br />

ren ist nicht mehr zu prüfen, soweit die Feststellungswirkung des Vorbe-<br />

scheids reicht (vgl. Schwarzer/König, BayBO, 3. Aufl., 2000, Art. 75,<br />

RdNr. 5).<br />

Die Nachbarklage ist nur dann erfolgreich, wenn der angefochtene Vorbe-<br />

scheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Nach<br />

Art. 71 Satz 4 i.V.m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO 2008 (bzw.<br />

Art. 75 Abs. 2 i.V.m. Art. 72 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO 1998) ist der<br />

Vorbescheid zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen<br />

Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen<br />

sind. Stehen derartige öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Bauvorhaben<br />

nicht entgegen, besitzt der Bauherr also einen Rechtsanspruch auf Erteilung<br />

des Vorbescheids. Dies entsprach trotz der Formulierung „kann“ in Art. 75<br />

Abs. 1 Satz 1 BayBO 1998 auch schon der bisherigen herrschenden Mei-<br />

nung (vgl. Simon/Busse, Art. 71, RdNr. 79).<br />

Als solche öffentlich-rechtliche Vorschriften kommen hier nur solche des<br />

Bauplanungsrechts in Betracht.<br />

Nach § 35 Abs. 1 BauGB ist im Außenbereich ein Vorhaben nur zulässig,<br />

wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschlieä-<br />

ßung gesichert ist und wenn es sich um ein privilegiertes Vorhaben i.S.d. Zif-<br />

fern 1 bis 7 handelt.


3.<br />

Privilegierung des Vorhabens:<br />

55<br />

Mit Schriftsatz vom 10. September 2008 wird von der Klägerseite erstmals<br />

die Privilegierung des Vorhabens des Beigeladenen in Frage gestellt, indem<br />

gerügt wird, dass das Landratsamt das Merkmal der überwiegenden land-<br />

wirtschaftlichen Futterversorgung nicht ordnungsgemäß geprüft habe.<br />

Bei dem Mastschweinestall des Beigeladenen handelt es sich um ein nach<br />

§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiertes Vorhaben, nämlich um ein Vorhaben,<br />

das einem landwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten<br />

Teil der Betriebsfläche einnimmt. Die Voraussetzungen der Landwirtschaft<br />

i.S.v. § 201 BauGB sind gegeben. Nach dieser Begriffsbestimmung, die im<br />

Rahmen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB heranzuziehen ist, ist Landwirtschaft<br />

im Sinne des Baugesetzbuchs u.a. die Wiesen- und Weidewirtschaft ein-<br />

schließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirt-<br />

schaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen er-<br />

zeugt werden kann. Die mit dem EAG-Bau (BGBl I 2004, S. 2414) eingeführ-<br />

te Neuregelung des § 201 BauGB hält daran fest, dass Landwirtschaft i.S.d.<br />

§ 201 BauGB im Zusammenhang mit Tierhaltung und Tierzucht nur vorliegt,<br />

wenn sie auf „überwiegend eigener Futtergrundlage“ erfolgt. Sie stellt aber<br />

auch klar, dass es bei Tierhaltungsbetrieben nicht erforderlich ist, dass das<br />

selbst erzeugte Futter im eigenen Betrieb tatsächlich auch verfüttert wird,<br />

sondern dass es ausreichend ist, wenn genügend landwirtschaftlich genutzte<br />

Flächen, die zum landwirtschaftlichen Betrieb gehören, zur (überwiegenden)<br />

Futtererzeugung vorhanden sind (so die Begründung zum Gesetzentwurf der<br />

Bundesregierung, BT-Drucks. 15/2250, S. 62). Maßgeblich ist also nicht, ob<br />

das Futter für die gehaltenen Tiere tatsächlich aus dem Betrieb kommt, wenn<br />

es nur dort erzeugt werden kann (Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BauGB -<br />

BauNVO, 5. Aufl. 2007, § 201 BauGB, RdNr. 4). Aus der Stellungnahme des<br />

Amtes für Landwirtschaft und Forsten Bad Neustadt a.d. Saale vom 26. April<br />

2007 ergibt sich eindeutig, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb mit 194 ha<br />

landwirtschaftlicher Fläche vorhanden ist und das geplante Bauvorhaben<br />

nach seiner Art, Größe und Umfang dem landwirtschaftlichen Betrieb dient.


56<br />

Nach den Äußerungen der Fachbehörde konnte die Baugenehmigungsbe-<br />

hörde davon ausgehen, dass ausreichend landwirtschaftliche Flächen vor-<br />

handen sind, um Futter für die Tiere erzeugen zu können. Entgegen der Auf-<br />

fassung des Klägerbevollmächtigten kommt es nicht darauf an, ob das Futter<br />

für die Tiere überwiegend auf den Flächen des Beigeladenen erzeugt wird.<br />

4.<br />

Beeinträchtigung der Wasserversorgung:<br />

4.1.<br />

Geruchliche Beeinträchtigungen des Trinkwassers im Wasserwerk des Was-<br />

serzweckverbandes W*****er Gruppe:<br />

Der Kläger zu 5) wie auch die Klägerin zu 4) haben die Befürchtung geäu-<br />

ßert, dass bei entsprechender Windrichtung die Möglichkeit bestehe, dass<br />

Gase, die aus der Schweinemastanlage emittiert würden, in das Trinkwasser<br />

im Wasserwerk eingetragen würden und so die Qualität des Wassers nach-<br />

haltig gemindert, ja sogar die Wasserversorgung gefährdet werde.<br />

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher<br />

Belange u.a. dann vor, wenn das Vorhaben die Wasserwirtschaft gefährdet.<br />

Dieser öffentliche Belang hat insbesondere Bedeutung zur Vermeidung<br />

schädlicher Verunreinigungen des Grundwassers oder sonstiger nachteiliger<br />

Veränderungen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB – BauNVO,<br />

Juni 2010, § 35 BauGB, RdNr. 102). Die Unzulässigkeit eines Vorhabens wä-<br />

re daher anzunehmen bei einer Gefahr für die Trinkwasserversorgung. Da<br />

die Reinhaltung des Grundwassers zum Schutz der gegenwärtigen oder<br />

künftigen Trinkwasserversorgung eine überragend wichtige Gemeinwohlauf-<br />

gabe ist, genügt für die Annahme einer Gefahr schon die sehr geringe Wahr-<br />

scheinlichkeit eines Schadenseintritts.<br />

Allerdings führt zur Überzeugung der Kammer das Vorhaben des Beigelade-<br />

nen nach den vorliegenden fachbehördlichen Stellungnahmen zu keiner Be-<br />

einträchtigung der Trinkwassergewinnungsanlage des Klägers zu 5). So lässt


sich der Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 24. August 2007 ent-<br />

57<br />

nehmen, dass nicht bekannt sei, inwieweit am Wasserwerk eine Geruchseli-<br />

mination erfolge. Es sei allerdings davon auszugehen, dass durch entspre-<br />

chend aufwändige Filter auch Geruchsimmissionen zu verhindern seien.<br />

Nach der Stellungnahme des Amtes für Landwirtschaft und Forsten B**<br />

******** **** ***** vom 24. August 2007 bestehen hinsichtlich der Wasserauf-<br />

bereitung keine Bedenken. Der Umweltingenieur des Landratsamtes Rhön-<br />

Grabfeld hat in der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2008 eben-<br />

falls darauf aufmerksam gemacht, dass keine Erkenntnisse über die behaup-<br />

tete Gefährdung des Trinkwassers vorlägen.<br />

Aus Sicht der Kammer ist Folgendes festzuhalten: Der tatsächliche Abstand<br />

zwischen dem vorgesehenem Standort für den Mastschweinestall und dem<br />

Wasserwerk beträgt ca. 560 m. Damit ist der vom Umweltingenieur des<br />

Landratsamtes Rhön-Grabfeld ermittelte volle Abstand nach der VDI Richtli-<br />

nie Emissionsminderung Tierhaltung Schweine (VDI 3471) von 295 m hier<br />

deutlich eingehalten, es liegt fast der doppelte Abstand vor. Dabei markiert<br />

die Geruchsschwelle (dies entspricht schon dem halben Abstand), die kleins-<br />

te Konzentration eines gasförmigen Stoffes oder eines Stoffgemisches, bei<br />

der die menschliche Nase einen Geruch (noch) wahrnimmt (vgl. hierzu die<br />

Ausführungen unter Ziffer 6.2.). Es ist bei Einhaltung des hier gegebenen<br />

Abstandes, der fast das 4-fache der Geruchsschwelle beträgt, davon auszu-<br />

gehen, dass keine wahrnehmbaren Gerüche aus der Schweinehaltung im<br />

Bereich des Wasserwerks vorliegen und in das Trinkwasser eingetragen wer-<br />

den.<br />

Schließlich hat das <strong>Bayerische</strong> Landesamt für Umwelt auf Anregung der Klä-<br />

gerin zu 4) eine überschlägige Ausbreitungsrechnung bezüglich der von die-<br />

ser angegebenen Parameter Ammoniak, Schwebstaub, Methan und Schwe-<br />

felwasserstoff durchgeführt. Diese erbrachte das Ergebnis, dass durch die<br />

Schweine-Intensivhaltung am Standort der Trinkwasseraufbereitungsanlage<br />

nur geringe Anhebungen der Schadstoffkonzentrationen zu erwarten seien,<br />

so dass sich die allgemeine Hintergrundkonzentration insgesamt nur unwe-<br />

sentlich erhöhe. Die Konzentration von Bioaerosolen nehme mit zunehmen-


der Entfernung rasch ab, so dass bei der hier gegebenen Entfernung kein<br />

Gefährdungspotential gesehen werde. Trinkwasseraufbereitungsanlagen<br />

seien generell so einzurichten und zu betreiben, dass die Wasserqualität<br />

58<br />

nicht nachteilig beeinträchtigt werden könne. Die Anforderungen an die ein-<br />

zusetzenden Filter seien unabhängig von der Kontaminationsgefahr von au-<br />

ßen nach der DIN EN 7789 in verschiedene Filterklassen eingeteilt. Eine we-<br />

sentliche Änderung der Kontaminationsgefahr durch Auflösung von Schad-<br />

stoffen im Wasser und damit eine mikrobiologische oder geschmackliche<br />

Beeinträchtigung des Trinkwassers werde nicht gesehen. Eine Abluftreini-<br />

gungsanlage am Schweinestall, die bis zu 90 % der Schadstoffe aufnehme,<br />

führe wegen der geringen Erhöhung der Schadstoffkonzentration zu keiner<br />

anderen Betrachtungsweise.<br />

Der 1. Bürgermeister der Klägerin zu 4) hat erstmals in der mündlichen Ver-<br />

handlung vom 19. Oktober 2010 die Befürchtung geäußert, dass coliforme<br />

Keime, die den Stall über die Abluft verließen, durch die Luft weitergetragen<br />

würden und so in das Wasserwerk eingetragen werden könnten. Dafür, dass<br />

sich coliforme Keime über einen derart weiten Weg in der Luft bis hin zum<br />

Wasserwerk ausbreiten würden, sind aber nicht die geringsten Anhaltspunkte<br />

ersichtlich. So hat denn auch der Vertreter des Beklagten hierzu vorgebracht,<br />

dass der Eintrag coliformer Keime über den Boden in das Grundwasser we-<br />

sentlich wahrscheinlicher sei. Dies zeigt auch die Aussage des Staatlichen<br />

Gesundheitsamtes vom 24. August 2007, wonach der vom Wasserwerk der<br />

W*****er Gruppe genutzte Grundwasserleiter punktuell mikrobiologisch ver-<br />

unreinigt und mit Fäkalkeimen belastet ist.<br />

4.2.<br />

Gefährdung des Grundwassers durch Gülleausbringung:<br />

Die Klägerseite hat des Weiteren die Befürchtung geäußert, dass bei Auftre-<br />

ten von Starkregen die auf den landwirtschaftlichen Flächen im Einzugsbe-<br />

reich der Trinkwasserquellen des Zweckverbandes aufgebrachte Gülle aus<br />

den gedüngten Grundstücken ausgeschwemmt und über das Oberflächen-<br />

wasser dem Bach S*** und über diesen den Trinkwasserquellen zugeführt


59<br />

werden könne. Dies kann jedoch nicht dem Bauvorhaben des Beigeladenen<br />

entgegen gehalten werden. Denn es handelt sich hierbei um eine Fragestel-<br />

lung, die sich ganz allgemein in der Landbewirtschaftung stellt und die im<br />

Rahmen der Ausweisung eines (Wasser-)Schutzgebietes, also beim Erlass<br />

der entsprechenden Rechtsverordnung, einer Lösung zuzuführen ist. So hat<br />

denn auch das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen in seiner Stellungnah-<br />

me vom 30. Juli 2007 geäußert, dass die Ausbringung von organischem<br />

Dünger in den Wasserschutzgebieten in den jeweiligen Schutzgebietsver-<br />

ordnungen geregelt und zu beachten sei. Wenn hier die von Klägerseite vor-<br />

getragenen Bedenken gerechtfertigt sein sollten, wären gegebenenfalls die<br />

Grenzen des Wasserschutzgebietes weiter zu ziehen oder die erforderlichen<br />

Beschränkungen in die Verordnung aufzunehmen.<br />

4.3.<br />

Beschädigung des Weges bzw. der Leitungen:<br />

Schließlich wird von Seiten der Kläger zu 4) und 5) noch vorgebracht, dass<br />

das Wasserwerk verkehrsmäßig über den Gemeindeweg Fl.Nr. *036 der<br />

Gemeinde W***** erschlossen sei und bei einer Benutzung durch schwere<br />

Fahrzeuge der Weg, wie auch die im Weg verlegten Wasserleitungen schwer<br />

beschädigt werden könnten. Hierzu bleibt lediglich festzuhalten, dass es sich<br />

bei der Beschädigung des Weges bzw. der Leitungen nicht um ein öffentlich-<br />

rechtliches, sondern um ein zivilrechtliches Problem handelt. Im Übrigen darf<br />

der gemeindliche Weg entsprechend seiner straßenrechtlichen Klassifizie-<br />

rung benutzt werden.<br />

5.<br />

Schädliche Umwelteinwirkungen durch Ammoniak:<br />

Von Seiten des Klägers zu 1) wird im Wesentlichen eine Schädigung des in<br />

ca. 70 m in südlicher bzw. südwestlicher Richtung an das geplante Bauvor-<br />

haben anschließenden Waldgrundstücks durch Ammoniakeintrag befürchtet.<br />

5.1.


60<br />

Die einem privilegierten Vorhaben entgegenstehenden öffentlichen Belange<br />

können sich aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB ergeben, wenn das Vorha-<br />

ben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Schädliche Umwelt-<br />

einwirkungen liegen auch dann vor, wenn die von dem Stall ausgehende<br />

Ammoniakbelastung den in der Nähe befindlichen Wald schädigen kann.<br />

Es kann hier offen bleiben, ob im Rahmen des Vorbescheidsverfahrens für<br />

eine Bebauungsgenehmigung der Anwendungsbereich der TA Luft eröffnet<br />

ist. Nach Nr. 1 Abs. 5 der TA Luft sollen die in Nr. 4 festgelegten Grundsätze<br />

zur Ermittlung und Maßstäbe zur Beurteilung von schädlichen Umwelteinwir-<br />

kungen herangezogen werden, soweit im Hinblick auf die Pflichten der<br />

Betreiber von nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen nach § 22 Abs. 1 Nrn.<br />

1 und 2 BImSchG zu beurteilen ist, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch<br />

Luftverunreinigungen vorliegen. Soweit jedenfalls in verwaltungsrechtlichen<br />

Vorschriften Begriffe verwandt werden, die in der TA Luft konkretisiert wer-<br />

den, beispielsweise der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 35<br />

Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, kann die TA Luft herangezogen werden. Ziffer 4<br />

enthält eine „auch die Gerichte bindende Konkretisierung des Begriffs der<br />

schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen“ (so Land-<br />

mann/Rohmer, Umweltrecht, 2010, TA Luft Nr. 1, RdNr. 16; Hansmann, Die<br />

neue TA Luft, NVwZ 2003, 268).<br />

5.2.<br />

Ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher<br />

Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die<br />

Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, ist dabei gemäß Nr. 4.4.2<br />

(Satz 3) der TA Luft nach Nr. 4.8 der TA Luft zu prüfen, da in Nr. 4.4 der<br />

TA Luft für Ammoniak kein Immissionswert festgelegt ist.<br />

Nach Nr. 4.8 der TA Luft ist eine Prüfung, ob schädliche Umwelteinwirkungen<br />

hervorgerufen werden können, erforderlich, wenn hierfür hinreichende An-<br />

haltspunkte bestehen. Gemäß Absatz 5 Satz 1 der Nr. 4.8 der TA Luft ist bei<br />

der Prüfung, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung<br />

empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoni-


61<br />

ak gewährleistet ist, Anhang 1 Abbildung 4 der TA Luft heranzuziehen. Die<br />

Berechnung des nötigen Abstandes zwischen dem Mastschweinestall und<br />

dem Wald wurde hinsichtlich des ursprünglichen Antrags von 1.499 Mast-<br />

schweinen vom Amt für Landwirtschaft und Forsten B** ******** **** *****<br />

vorgenommen. Dieses kommt in der Stellungnahme vom 26. April 2007 be-<br />

reits unter Berücksichtigung der bayerischen Mindestabstandsformel dazu,<br />

dass bei „dem geplanten Stallneubau mit ca. 1.499 Schweinemastplätze“ ein<br />

Mindestabstand von 262 m zu empfindlichen Ökosystemen (Wald) einzuhal-<br />

ten sei. Es berechne sich eine Waldfläche von 0,5 ha, welche einer Belas-<br />

tung mit mehr als 10 µg/m³ ausgesetzt wäre. Hinsichtlich des geänderten An-<br />

trags, nämlich bei einer Tierzahl von 1.000 Mastschweinen errechnet sich<br />

nach Anhang 1 Abbildung 4 der TA Luft ein Mindestabstand von 348 m zu<br />

empfindlichen Ökosystemen. Tatsächlich wird aber nur ein Abstand von ca.<br />

70 m zum Wald des Klägers zu 1) eingehalten.<br />

Die Unterschreitung dieses Mindestabstandes gibt somit zunächst einen An-<br />

haltspunkt für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch die Schädigung<br />

empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoni-<br />

ak (vgl. Ziffer 4.8., Absatz 5 Satz 2 der TA Luft).<br />

5.3.<br />

Derartige Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile sind gemäß<br />

Absätzen 1 und 2 zu Anhang 1 Abbildung 4 der TA Luft trotz Unterschreitens<br />

dieses Mindestabstandes gleichwohl dann nicht gegeben, wenn über eine<br />

Ausbreitungsrechnung nach Anhang 3 der TA Luft unter Berücksichtigung<br />

der Haltungsbedingungen nachgewiesen wird, dass bei einem geringeren als<br />

nach Abbildung 4 des Anhang 1 zu ermittelnden Abstand an keinem maß-<br />

geblichen Beurteilungspunkt eine Zusatzbelastung für Ammoniak von<br />

3 µg/m³ und eine Gesamtbelastung an Ammoniak von 10 µg/m³ nicht über-<br />

schritten wird.<br />

Diesen Verfahrensschritt hat der Klägerbevollmächtigte im Schriftsatz vom<br />

20. April 2010 sowie der vom Kläger zu 1) mit der Erstellung einer fachlichen<br />

Stellungnahme beauftragte Diplomforstingenieur ****** S******** nicht gese-


hen. Denn diese leiten die maximale Tierplatzzahl von 200 bei einem Ab-<br />

stand von 90 m zum Wald anhand der Mindestabstandsformel nach Abbil-<br />

62<br />

dung 4 des Anhangs 1 der TA Luft bzw. der „<strong>Bayerische</strong>n Mindestabstands-<br />

formel“ (vgl. Schreiben des Bayer. Staatsministeriums für Landwirtschaft und<br />

Forsten vom 26.02.2004 und vom 29.10.2003) ab. Sowohl nach der TA Luft<br />

(Abbildung 4 des Anhangs 1) als auch nach der dem Schreiben vom 29. Ok-<br />

tober 2003 in Anlage beigefügten „Handreichung des <strong>Bayerische</strong>n Staatsmi-<br />

nisteriums für Landwirtschaft und Forsten, Referat Landtechnik, Bauen und<br />

Energieversorgung in Zusammenarbeit mit der <strong>Bayerische</strong>n Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft, Institut für Landtechnik, Bauwesen und Umwelttechnik<br />

und dem <strong>Bayerische</strong>n Landesamt für Umweltschutz“ (Handreichung) zur An-<br />

wendung der TA Luft in <strong>Bayern</strong> bei Stellungnahmen zum Waldabstand ge-<br />

genüber landwirtschaftlichen Tierhaltungsanlagen ist bei einer Nichteinhal-<br />

tung der Mindestabstände nach der Abstandsformel bzw. der Bayer. Min-<br />

destabstandsformel eine Ausbreitungsrechnung nach Anhang 3 der TA Luft<br />

bzw. Schritt 5 des Ablaufschemas der „Handreichung“ der letzte Schritt zur<br />

Ermittlung schädlicher Umwelteinwirkungen durch Ammoniak. Dieser letzte<br />

Schritt wurde hier vom Kläger zu 1) und von dem von ihm mit der Erstellung<br />

einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragten Diplomforstingenieur<br />

S******** nicht erkannt, wie sich in der mündlichen Verhandlung vom<br />

19. Oktober 2010 deutlich gezeigt hat.<br />

5.4.<br />

Das Ingenieurbüro L******* hat mit seinem Gutachten vom November 2008<br />

eine solche Ausbreitungsrechnung nach Anhang 3 der TA Luft vorgelegt.<br />

Diese zeigt bei einer Tierzahl von 1.000 Mastschweinen, dass eine Zusatz-<br />

belastung (also eine maximale Ammoniakimmission durch das Vorhaben des<br />

Beigeladenen) von 3 µg/m³ an keinem maßgeblichen Bezugspunkt, auch<br />

nicht im Wald des Klägers zu 1), überschritten wird. Unter Berücksichtigung<br />

der in <strong>Bayern</strong> anzusetzenden Vorbelastung von 3 µg/m³ (vgl. Ziffer 5 der<br />

„Handreichung“) und der mittels Ausbreitungsrechnung bestimmten maxima-<br />

len Zusatzbelastung von 3 µg/m³ errechnet sich eine maximale Gesamtbe-<br />

lastung von maximal 6 µg/m³ am Waldrand, so dass auch die in der TA Luft<br />

vorgegebene Gesamtbelastung von 10 µg/m³ unterschritten wird. Damit sind


63<br />

aber nach den Absätzen 1 und 2 der Abbildung 4 des Anhangs 1 der TA Luft<br />

keine Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädi-<br />

gung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von<br />

Ammoniak gegeben.<br />

5.5.<br />

Die von der Klägerseite gegen Inhalt und Methode der Ammoniakimmissi-<br />

onsprognose erhobenen Einwände, so im Wesentlichen in den Schriftsätzen<br />

des Klägerbevollmächtigten vom 30. Januar 2009 und vom 20. April 2010<br />

und in der gutachterlichen Stellungnahme durch den Dipl.-Meteorologen<br />

R****** (iMA) vom 27. Januar 2009 und vom 16. September 2010 können<br />

das vom Büro L******* erstellte Gutachten nicht erschüttern. Das Büro<br />

L******* hat unter dem 8. Juni 2010 und unter dem 7. Oktober 2010 ergän-<br />

zende Stellungnahmen abgegeben. Die Anhörung der Gutachter Dr. Ing.<br />

L******* und Dipl.-Geoökologin Sö**** sowie Dipl.-Meteorologen R****** in<br />

der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2010 haben nach Überzeu-<br />

gung der Kammer ergeben, dass keine Zweifel an der Ammoniakimissi-<br />

onsprognose angebracht sind. Im Einzelnen:<br />

5.5.1<br />

Die Kammer teilt die Bedenken des Klägerbevollmächtigten nicht, dass ein<br />

20 %iger Abschlag wegen Stickstoff angepasster Fütterung nicht gerechtfer-<br />

tigt sei und dass es sich insoweit um eine bloße Absichtserklärung des Bei-<br />

geladenen handele und der Vorbescheid insoweit nicht hinreichend bestimmt<br />

sei.<br />

Die Ammoniakemissionen errechnen sich aus den Angaben der Tabelle 11 in<br />

Anhang 1 der TA Luft. Bei einer Mastschweinehaltung mit Zwangsentlüftung<br />

und Flüssigmistverfahren – wie hier vorgesehen – wird ein Emissionsfaktor<br />

von 3,64 kg NH3 je Tierplatz und Jahr zugrunde gelegt. Nach der amtlichen<br />

Anmerkung hierzu können auf der Grundlage plausibler Begründungen (z.B.<br />

Messberichte, Praxisuntersuchungen) abweichende Emissionsfaktoren zur<br />

Berechnung herangezogen werden, wenn die Anlagen zum Halten oder zur<br />

Aufzucht von Nutztieren wesentlich in Bezug auf Tierart, Nutzungsrichtung,


64<br />

Aufstallung, Fütterung oder Wirtschaftsdüngerlagerung von den in Tabelle 11<br />

genannten Verfahren abweichen. Nach der Studie des Kuratoriums für Tech-<br />

nik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) „Handhabung der TA Luft<br />

bei Tierhaltungsanlagen“ wird bei einer Stickstoff angepassten Fütterung in<br />

Mehrphasenfütterung eine mittlere Reduktion von 20 % zugrundegelegt. Dies<br />

wird auch bestätigt durch das Schreiben des <strong>Bayerische</strong>n Staatsministeriums<br />

für Landwirtschaft und Forsten vom 29. Oktober 2003, das in der als Anlage<br />

beigefügten Handreichung „Minderungspotentiale für Ammoniakemissionen<br />

aus Schweineställen bezogen auf die Emissionsfaktoren – aus KTBL 2003,<br />

ergänzt“ aufgezeigt hat und hierbei ebenfalls von einem 20 %igen Abschlag<br />

ausgeht. Dass das Gutachterbüro L******* diesen Abschlag hier bei der Be-<br />

rechnung der Ammoniakemissionen zu Grunde gelegt hat, ist mithin nicht zu<br />

beanstanden.<br />

Die weiteren Bedenken des Klägerbevollmächtigten sind bereits deshalb<br />

nicht berechtigt, weil der Ergänzungsbescheid vom 20. März 2009 unter Zif-<br />

fer 8. Buchst. e) explizit die Auflage enthält, dass die Haltung „bei Stickstoff<br />

angepasster Fütterung zu erfolgen“ habe. Von einer bloßen Absichtserklä-<br />

rung oder mangelnden Bestimmtheit kann mithin nicht gesprochen werden.<br />

5.5.2.<br />

Der Klägerbevollmächtigte hat schriftsätzlich erhebliche Zweifel an der Über-<br />

tragbarkeit der Windverhältnisse von der Wasserkuppe auf das Untersu-<br />

chungsgebiet geäußert und des Weiteren vorgebracht, dass die Ammoniak-<br />

immissionen in der Umgebung nicht realistisch prognostiziert worden seien,<br />

insbesondere die Immissionen für den südlich gelegenen Wald deutlich un-<br />

terschätzt und der Einfluss von Kaltluftabflüssen auf den Wald nicht geprüft<br />

worden sei.<br />

Die Kammer teilt – unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahmen<br />

des Gutachterbüros L******* und der Anhörung der Gutachter L*******, Sö****<br />

und R****** in der mündlichen Verhandlung – die Bedenken der Klägerseite<br />

nicht. Es kann hier nicht davon gesprochen werden, dass die Winddaten von<br />

der Wasserkuppe 1 zu 1 übertragen worden seien, diese wurden vielmehr


65<br />

auf die örtliche Situation angepasst, die Topographie und die geringere Höhe<br />

wurden berücksichtigt. Der vom Kläger zu 1) beauftragte Gutachter, Herr<br />

R******, hat im Übrigen in seiner schriftlichen Stellungnahme lediglich darge-<br />

legt, dass mathematische Modelle in der Regel Schwierigkeiten hätten, To-<br />

pographien, wie hier gegeben, nachzubilden. Er hat dabei auf den Windro-<br />

senatlas von Hessen Bezug genommen, der eine abweichende Verteilung<br />

der Windrichtungen aufweise, nämlich aus Südost bzw. Nordwest, während<br />

nach den vom Büro L******* verwendeten Daten die Hauptwindrichtung bei<br />

Winden aus Südwest und ein zweites Maximum bei Winden aus Osten lä-<br />

gen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 8. Juni 2010 hat das Ingeni-<br />

eurbüro L******* darauf hingewiesen, dass sich bei der von ihm bzw. vom<br />

Deutschen Wetterdienst (DWD) verwendeten Windstatistik hinsichtlich der<br />

Windgeschwindigkeit in einer Messhöhe von 10 m eine gute Übereinstim-<br />

mung gezeigt habe (L*******: 3,3 m/s, DWD: 3,5 m/s). Gleiches gelte für die<br />

Verteilung der Stabilitätsklassen. Einzig bei der Windrichtungsverteilung hät-<br />

ten sich gewisse Abweichungen ergeben. Das Hauptmaximum liege überein-<br />

stimmend im Sektor West bis Südwest. Es ergebe sich aber eine Abwei-<br />

chung beim sekundären Maximum (L*******: Ost, DWD: Südost). Die vom<br />

Gutachten des Ingenieurbüros L******* verwendete Windrichtungsverteilung<br />

werde als geeigneter eingeschätzt. Der Meteorologiedatensatz des DWD<br />

lasse bzgl. der Beurteilung des Waldes südlich des Standorts sehr ähnliche<br />

Ergebnisse erwarten, die ebenfalls auf keine Überschreitung der zulässigen<br />

Zusatzbelastung gemäß Anhang 1 der TA Luft schließen ließen. Mit ergän-<br />

zender Stellungnahme vom 7. Oktober 2010 machte das Büro L******* darauf<br />

aufmerksam, dass eine weitere Ausbreitungsrechnung unter Verwendung<br />

der Ausbreitungszeitreihe Würzburg ergeben habe, dass am Waldrand und<br />

in den nördlichen Biotopen (am jüdischen Friedhof) die Irrelevanzschwelle<br />

einer Zusatzbelastung von 3 µg/m³ nicht überschritten werde. Herr R******<br />

erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass durch diese zwischenzeitlich<br />

vorliegenden ergänzenden Äußerungen seine ursprünglichen Bedenken be-<br />

züglich der Übertragbarkeit der Windverhältnisse der Wasserkuppe auf das<br />

hier maßgebliche Gebiet ausgeräumt seien und er eine Notwendigkeit zu<br />

temporären Windmessungen wegen der Ammoniakbelastung nicht (mehr)<br />

sehe. Schließlich hat Herr R****** auf Frage des Gerichts erklärt, dass ihm


Kaltluftabflüsse Richtung Süden bzw. Südwesten, also zum Wald des Klä-<br />

gers zu 1) als „eher nicht denkbar“ erschienen. Auch vom Gutachter Dipl.<br />

66<br />

Met. W***** (TÜV Süd) wurde diese Einschätzung bestätigt.<br />

5.5.3<br />

Auch die zunächst von Herrn R****** geäußerten Bedenken dahingehend,<br />

dass die Gebäudeeinflüsse auf die Ausbreitung nicht berücksichtigt worden<br />

seien, sind zwischenzeitlich ausgeräumt.<br />

Nach Ziffer 10 Satz 1 des Anhangs 3 der TA Luft sind Einflüsse von Bebau-<br />

ung auf die Immission im Rechengebiet zu berücksichtigen. Beträgt die<br />

Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,2 fache, aber weniger als das 1,7 fache<br />

(wie hier: Gebäudehöhe 6 m, Schornsteinbauhöhe: 7,50 m) und ist eine freie<br />

Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnosti-<br />

schen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Zif-<br />

fer 10 Satz 2 Buchst. b). Hier hat Herr R****** in seiner gutachterlichen Stel-<br />

lungnahme vom 27. Januar 2009 darauf hingewiesen, dass die vier Abluft-<br />

kamine im Modell als Punktquellen, die eine Höhe von 7,5 m besäßen, be-<br />

rücksichtigt worden seien, was sich aus der log-Datei auf Seite 16 des Gut-<br />

achtens L******* und hier der Zeile „>hq“ ergebe. Zwischenzeitlich hat aber<br />

das Büro L******* mit Stellungnahme vom 7. Oktober 2010 mitgeteilt, dass<br />

eine weitere Ausbreitungsrechnung unter sog. „Quellverschmierung“ (d.h.<br />

Quellhöhe 0 m und Quellerstreckung von 0 m bis 7,5 m) vorgenommen wor-<br />

den sei. Diese Quellverschmierung stelle – so übereinstimmend Frau Sö****<br />

wie auch Herr R****** in der mündlichen Verhandlung – einen konservativen<br />

Ansatz der Quellenmodellierung dar. Auch bei diesem konservativen Ansatz<br />

werde – so Frau Sö**** – am Waldrand die Irrelevanzschwelle von 3 µg/m³<br />

nicht überschritten. Frau Sö**** hat in der mündlichen Verhandlung weiter er-<br />

läutert, dass durch die Kombination von vier Schornsteinen eine höhere ef-<br />

fektive Schornsteinhöhe erreicht werde als die Bauhöhe. Schließlich hat der<br />

vom Kläger zu 1) beauftragte Gutachter R****** in der mündlichen Verhand-<br />

lung erklärt, dass aus seiner Sicht die zunächst geäußerten Bedenken hin-<br />

sichtlich der Nichtberücksichtigung der Gebäudeeinflüsse ausgeräumt seien.


6.<br />

Schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen (Ortslagen<br />

Ne******* und W*****):<br />

67<br />

Von den Klägerinnen zu 2) und 4) werden unzumutbare Geruchsbeeinträch-<br />

tigungen in den Ortslagen von Ne******* und W***** und insbesondere in den<br />

dort vorhandenen kommunalen Gebäuden befürchtet.<br />

6.1.<br />

Maßgebliche Norm des Bauplanungsrechts ist insoweit § 35 Abs. 3 Satz 1<br />

Nr. 3 BauGB. Der Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen in der Nr. 3<br />

ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, welcher der Konkretisierung bedarf. Ob-<br />

jektive gesetzliche Regelungen, die verbindlich zu beachten wären, gibt es<br />

zu der Frage, wann ein Geruch eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellt,<br />

nicht. Für die Ermittlung und Bewertung, ob eine nicht genehmigungspflichti-<br />

ge Anlage, für die die TA Luft deshalb nicht gilt, unzumutbare Gerüche emit-<br />

tiert, gibt es auch keine untergesetzlich zwingend zu beachtenden Vorschrif-<br />

ten. Die Verwaltungspraxis und auch die <strong>Verwaltungsgerichtsbarkeit</strong> ziehen<br />

deshalb unter Beachtung der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls<br />

rechtlich unverbindliche technische Regelwerke heran, die das Spannungs-<br />

feld zwischen hinzunehmenden Beeinträchtigungen und erheblichen Belästi-<br />

gungen regeln (vgl. OVG Münster, U.v. 28.10.2005, 7 D 17/04.NE; OVG Lü-<br />

neburg, U.v. 12.11.2008, 12 LB 17/07; beide ).<br />

6.2<br />

Hierzu zählt vorrangig – soweit es Geruchsimmissionen aus Schweineställen<br />

anbetrifft – die VDI-Richtlinie 3471 (Emissionsminderung Tierhaltung –<br />

Schweine). Diese enthält nähere Vorgaben, und in Ziffer 3.2 Mindestab-<br />

standsregelungen für den von der Anlage zur nächsten Wohnbebauung ein-<br />

zuhaltenden Abstand.<br />

Das Vorgehen bei der Prüfung von emittierenden Tierhaltungsanlagen, die<br />

nicht nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungspflichtig sind,<br />

besteht darin, die zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch


Gerüche erforderlichen Mindestabstände zur nächsten Wohnbebauung zu<br />

68<br />

ermitteln. Dies erfolgt bei der Schweinehaltung auf der Basis der Richtlinie<br />

VDI 3471. Die Richtlinie ist so konzipiert worden, dass unter Einsatz entspre-<br />

chend geeigneter Probanden die Wahrnehmungsschwelle der Gerüche be-<br />

stimmt wurde und die so ermittelten Abstände verdoppelt wurden. Daher<br />

sieht sie ohne Verminderung des Schutzniveaus eine mögliche Halbierung<br />

des ermittelten Mindestabstandes gegenüber Dorfgebieten und Wohnhäu-<br />

sern im Außenbereich vor (Nr. 3.2.3.2). Die Einhaltung der Abstände ist in<br />

der Regel ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen auf-<br />

treten.<br />

Die in dieser VDI-Richtlinie vorgeschriebenen Mindestabstände zur Wohnbe-<br />

bauung bezeichnen die Zumutbarkeitsgrenze. Die VDI-Richtlinie sieht in Zif-<br />

fer 3.2.1 unter Absatz 5 bei besonderen Standorteinflüssen einen Zu- oder<br />

Abschlag von insgesamt höchstens 20 Punkten vor. Der Umweltingenieur<br />

des Landratsamtes Rhön-Grabfeld hat das auf 1.000 Mastschweine reduzier-<br />

te Projekt in seiner Stellungnahme vom 17. Dezember 2008 beurteilt und mit<br />

den Eingangsgrößen 140 Großvieheinheiten und 80 Punkte (unter Berück-<br />

sichtigung von Kaltluftabflüssen) nach der VDI 3471 eine Mindestentfernung<br />

von 295 m zu einem Wohn- oder Mischgebiet, bzw. von 150 m (gerundet) zu<br />

einem Dorfgebiet errechnet. Damit sei sowohl der Abstand zu den vorhande-<br />

nen oder im Flächennutzungsplan dargestellten Baugebieten von W***** und<br />

Ne******* als auch der Abstand zu dem Wohnhaus auf dem Aussiedlerhof<br />

eingehalten. Hier beträgt der Abstand zwischen dem geplanten Vorhaben<br />

und der nächsten Bebauung in Ne******* ca. 850 m, zu der nächsten Bebau-<br />

ung in W***** ca. 380 m, zu dem im Flächennutzungsplan von W***** darge-<br />

stellten Baugebiet ca. 335 m. Somit ist hier der Wohngebietsabstand ein-<br />

gehalten. Zu dem Wohnhaus auf dem ehemaligen Aussiedlerhof T****** liegt<br />

ein Abstand von ca. 170 m vor. Nach Ziffer 3.2.3.2. der VDI Richtlinie 3471<br />

reicht für Wohnhäuser im Außenbereich, wie in Dorfgebieten, der halbe Ab-<br />

stand, der hier auch eingehalten ist. Nach der Berechnung anhand der Richt-<br />

linie VDI 3471 liegen mithin keine Anhaltspunkte dafür vor, dass von dem<br />

Vorhaben des Beigeladenen schädliche Umwelteinwirkungen durch Ge-


69<br />

ruchsstoffimmissionen auf die Umgebungsbebauung in den Ortslagen W*****<br />

und Ne******* einwirken würden.<br />

6.3.<br />

Schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsstoffimmissionen auf die<br />

Ortslagen von Ne******* und W***** (einschließlich Anwesen T******) liegen<br />

aber auch nach dem im Gerichtsverfahren eingeholten Sachverständigen-<br />

gutachten, nämlich der Geruchsausbreitungsrechnung nach der Geruchsim-<br />

missions-Richtlinie (GIRL) nicht vor:<br />

6.3.1.<br />

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass für die Frage, wann die bei einer<br />

Schweinehaltung unvermeidbar auftretenden Geruchsimmissionen den Grad<br />

der erheblichen Belästigung erreichen, auf die Richtlinie VDI 3471 als Ent-<br />

scheidungs- und Orientierungshilfe zurückgegriffen werden kann (vgl.<br />

BayVGH, U.v. 01.07.2005, 25 B 99.86; U.v. 17.09.2007, 15 BV 07.142; beide<br />

). Die prognostische Beurteilung nach der VDI-Richtlinie 3471 führt in<br />

der Regel zu zuverlässigen Ergebnissen, denn die Einhaltung der aufgrund<br />

des Vorsorgegrundsatzes nach betrieblichen Merkmalen entwickelten Ab-<br />

stände ist der genannten Rechtsprechung zufolge ein Indiz dafür, dass keine<br />

schädlichen Umwelteinwirkungen auftreten. Es ist in der Regel ausreichend,<br />

den Abstand, den eine Schweinestallanlage von der Wohnbebauung einzu-<br />

halten hat, nach dem Abstandsdiagramm der VDI-Richtlinie 3471 zu bemes-<br />

sen. Eine zusätzliche Anwendung der GIRL ist nicht geboten (BayVGH in st.<br />

Rspr., vgl. bspw. U.v. 17.09.2007, a.a.O.; vgl. auch OVG Lüneburg, B.v.<br />

15.12.2006, 2 B 278/06, ).<br />

Mit Beweisbeschluss vom 25. Juni 2009 hat die Kammer die TÜV Süd In-<br />

dustrie Service GmbH, M******* (TÜV Süd GmbH), mit der Erstellung einer<br />

Geruchsausbreitungsrechnung nach der Geruchsimmissions-Richtlinie<br />

(GIRL) zur Frage beauftragt, ob von dem Vorhaben des Beigeladenen<br />

schädliche Umweltauswirkungen durch Geruchsimmissionen ausgehen, wo-<br />

bei auf Kaltluftabflüsse besonderes Augenmerk zu legen sei.


Die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar<br />

70<br />

2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 wurde mittlerweile auch<br />

in <strong>Bayern</strong> vom <strong>Bayerische</strong>n Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und<br />

Verbraucherschutz (BayStMUGV) als Erkenntnisquelle für den Vollzug, ins-<br />

besondere für schwierige Einzelfälle eingeführt (Schreiben des BayStMUGV<br />

vom 13.02.2009) und ist auch von den Bayer. Verwaltungsgerichten aner-<br />

kannt (siehe BayVGH, U.v. 14.07.2006, 22 ZB 05.1601, ; VG Würz-<br />

burg, U.v. 22.07.2008, W 4 K 07.1208 und U.v. 26.04.2005, W 4 K 04.914;<br />

beide ). Bei der GIRL handelt es sich – wie auch bei der VDI 3471 –<br />

nicht um Rechtsquellen, sondern um technische Normen, die auf den Er-<br />

kenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit<br />

die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generel-<br />

len Sachverständigengutachten haben (BVerwG, B.v. 07.05.2007, 4 B 5/07;<br />

OVG Münster, U.v. 20.09.2007, 7 A 1434/06; beide ). Die GIRL ver-<br />

sucht, die Beeinträchtigung durch Gerüche mit einem Ausbreitungsmodell zu<br />

erfassen und bewertet die Zumutbarkeit von Gerüchen unter Berücksichti-<br />

gung der Hedonik des Geruchs und der besonderen Umstände des Einzel-<br />

falls anhand einer prozentualen Schätzung der Jahresstunden, in denen die<br />

Gerüche auf die benachbarte Bebauung einwirken. Eine „volle“ Geruchs-<br />

stunde wird bereits bei jeder positiven Einzelmessung, wenn also während<br />

mindestens 10 v.H. der Zeit (Geruchszeitanteil) Geruchsimmissionen erkannt<br />

werden (vgl. Nr. 4.4.7 der GIRL), angenommen.<br />

6.3.2.<br />

Der mit der Erstellung des Gutachtens beauftragte TÜV Süd gelangt zum Er-<br />

gebnis, dass die Immissionswerte der GIRL an allen relevanten Beurteilungs-<br />

flächen eingehalten sind, so dass aus fachtechnischer Sicht mit keinen<br />

schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß § 1 BImSchG zu rechnen ist. Am<br />

Ortsrand von Ne******* lägen die Werte unterhalb von 10 %. Das Wohnhaus<br />

T****** liege auf zwei Flächen (19 % und 16 %). Am Ortsrand von W*****<br />

seien Häufigkeiten von maximal 12 % der Jahresstunden berechnet worden.<br />

Somit werde der Beurteilungswert von 15 % für Dorfgebiete nicht überschrit-<br />

ten. Im größten Teil von W***** werde sogar der Beurteilungswert für Wohn-<br />

und Mischgebiete von 10 % der Jahresstunden eingehalten. Am jüdischen


71<br />

Friedhof seien maximal 8 % Geruchshäufigkeiten berechnet worden. Bei der<br />

Ermittlung der Gesamtbelastung sei die Vorbelastung mit berücksichtigt wor-<br />

den.<br />

6.3.3.<br />

Nach Auffassung der Kammer sind nach der vom TÜV Süd vorgelegten Aus-<br />

breitungsrechnung an den maßgeblichen Immissionsorten keine unzulässi-<br />

gen Geruchshäufigkeiten zu erwarten. Im Einzelnen:<br />

Nach Ziffer 1 der GIRL werden zur Ermittlung der Erheblichkeit der Ge-<br />

ruchseinwirkung in dieser Richtlinie in Abhängigkeit von verschiedenen Nut-<br />

zungsgebieten Immissionswerte als regelmäßiger Maßstab für die höchstzu-<br />

lässige Geruchsimmission festgelegt. Nach der Tabelle 1 unter Ziffer 3.1 der<br />

GIRL (Immissionswerte IW für verschiedene Nutzungsgebiete) ist in<br />

Wohn-/Mischgebieten ein Immissionswert (IW) von 0,10, in Gewerbe-/Indus-<br />

triegebieten ein IW von 0,15 und in Dorfgebieten ein solcher von 0,15 zuläs-<br />

sig. Dabei gilt der Immissionswert der Spalte Dorfgebiete nur für Geruchs-<br />

immissionen verursacht durch Tierhaltungsanlagen. Nach Ziffer 1 der GIRL<br />

ist der Immissionswert mit der Gesamtbelastung, die sich ergibt aus der vor-<br />

handenen Belastung und der zu erwartenden Zusatzbelastung, die wiederum<br />

durch eine Geruchsausbreitungsrechnung ermittelt wird, zu vergleichen.<br />

Für die Ortslage von Ne******* bleibt die Gesamtbelastung unterhalb von<br />

10 %. Somit kann offen bleiben, ob hier ein Dorfgebiet oder ein Wohn- bzw.<br />

Mischgebiet vorliegt. Es ist insoweit nicht von schädlichen Umwelteinwirkun-<br />

gen durch Geruchsimmissionen auszugehen.<br />

Gleiches gilt für das Wohnhaus T****** (Aussiedlerhof): Dieser liegt auf zwei<br />

Beurteilungsflächen, von denen eine mit 19 % und die andere mit 16 % Häu-<br />

figkeit von Geruchsstunden berechnet wurde. Nach Überzeugung der Kam-<br />

mer sind diese Werte hier noch hinnehmbar. Denn nach der Begründung und<br />

den Auslegungshinweisen zur GIRL, genauer zu Nr. 3.1 der GIRL, ist das<br />

Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren<br />

Schutzanspruch verbunden. Vor diesem Hintergrund ist es möglich, unter


72<br />

Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbe-<br />

urteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Ge-<br />

rüche heranzuziehen. Dies muss gerade hier gelten, nämlich in einer Situati-<br />

on, in der sich ursprünglich mehrere Aussiedlerbetriebe in räumlicher Nähe<br />

angesiedelt hatten und über Jahrzehnte den Betrieb ausgeübt haben und<br />

nun ein Betrieb aufgegeben wird. Selbst wenn hier unzulässige Geruchsim-<br />

missionen hinsichtlich dieses Aussiedlerhofes vorlägen – was nicht der Fall<br />

ist – könnte dies keiner der Klagen zum Erfolg verhelfen, weil hierdurch nicht<br />

die Kläger in ihren eigenen Rechten verletzt wären.<br />

In W***** werden in wesentlichen Teilen der Ortschaft, auch in dem Bauge-<br />

biet und auch in dem Bereich, in dem der Flächennutzungsplan eine ge-<br />

mischte Baufläche (Misch- oder Dorfgebiet) vorsieht, die Werte für ein Wohn-<br />

gebiet (0,10) eingehalten. Lediglich am westlichen Ortsrand wird auf den<br />

Grundstücken – bzw. nur auf Teilen hiervon – Fl.Nr. *35 (11,0 % bzw.<br />

11,8 %), Fl.Nr. *39 (10,2 %), Fl.Nr. *37 (10,9 %), Fl.Nr. *37/3 (10,6 %) und<br />

Fl.Nr. *48 (10,5 %) die Werte für ein Wohngebiet (knapp) überschritten. Nach<br />

der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL, nämlich zu Nr. 3.1<br />

der GIRL, kann beim Übergang vom Außenbereich zur geschlossenen<br />

Wohnbebauung – wie hier – in begründeten Einzelfällen ein Zwischenwert<br />

gebildet werden. Hierbei kann ein solcher bis maximal 0,15 zur Beurteilung<br />

herangezogen werden. Dies hat bereits das Oberverwaltungsgericht Münster<br />

entscheiden (vgl. U.v. 26.04.2007, 7 D 4/07.NE, ). Des Weiteren ist<br />

auch eine Zwischenwertbildung möglich, wenn sich – wie hier – ein Dorf zum<br />

Wohngebiet entwickelt hat. Hier zeigt sich deutlich anhand der gegebenen,<br />

aufgelockerten Bebauung, dass ein Übergangsbereich vom Außenbereich<br />

zur Siedlung gegeben ist. Dies hat im Übrigen die Klägerin zu 4) bisher auch<br />

so gesehen, denn sie hat im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens<br />

und eines Vorbescheidsverfahrens für je ein Wohnhaus auf dem Grundstück<br />

Fl.Nr. *37/1 dieses Grundstück dem Außenbereich gemäß § 35 BauGB zu-<br />

geordnet (vgl. Stellungnahme der Gemeinde W***** vom 09.11.2005 zum<br />

Vorbescheid vom 02.01.2006 und Stellungnahme der Gemeinde W***** vom<br />

25.07.2005 zur Baugenehmigung vom 01.08.2005). Entgegen der Auffas-<br />

sung des Klägerbevollmächtigten im Schriftsatz vom 20. April 2010 ist hier


nicht der Beurteilungswert der GIRL für Mischgebiete anzusetzen und die<br />

73<br />

Einordnung des Gutachters ist auch nicht falsch. Es ist vielmehr sachgerecht,<br />

einen Zwischenwert zu bilden, eine Geruchsstundenhäufigkeit in dem hier<br />

gegebenen Randbereich einer dörflich geprägten Ortslage zwischen 10 %<br />

und 12 % erscheint im vorliegenden Bereich noch ohne Weiteres als zumut-<br />

bar.<br />

6.3.4.<br />

Die Klägerseite kann mit der von ihr gegen Inhalt und Methode der Geruchs-<br />

immissionsprognose des TÜV Süd vom 8. Februar 2010 wie auch gegen das<br />

DWD-Gutachten vom November 2009 vorgebrachten Einwände nicht durch-<br />

dringen. Der TÜV Süd hat unter dem 14. Juni 2010 eine ergänzende Stel-<br />

lungnahme abgegeben. Die Anhörung der Gutachter Dipl.-Met. W***** sowie<br />

Dipl.-Met. R****** in der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2010 ha-<br />

ben nach Überzeugung der Kammer ergeben, dass keine Zweifel an der Im-<br />

missionsprognose angebracht sind. Im Einzelnen:<br />

6.3.5.<br />

Meteorologische Messungen bzw. Übertragung der Daten:<br />

Mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 20. April 2010 wurde gerügt,<br />

dass sich bereits aus dem DWD-Gutachten selbst ergebe, dass die Erstel-<br />

lung einer Ausbreitungsklassenzeitreihe nur bedingt und nur unter besonde-<br />

rer Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten vorgenommen werden kön-<br />

ne. Es liege auf der Hand, dass die Winddaten der Messstation Würzburg auf<br />

den Höhnberg nicht 1 zu 1 übertragen werden könnten. Es hätte vielmehr ei-<br />

ne langfristige Messung der Wetterdaten vor Ort durchgeführt werden müs-<br />

sen.<br />

Herr R****** kommt in der Stellungnahme vom 16. September 2010 hinsicht-<br />

lich der Übertragung der meteorologischen Daten zu der Einschätzung, dass<br />

die gewählte Vorgehensweise bei Immissionsprognosen üblich sei, wobei der<br />

DWD auch auf die Unsicherheiten verweise, die bei Verwendung der Station<br />

Würzburg aufträten.


74<br />

Nach der TA Luft hat die Ermittlung der Erheblichkeit einer Einwirkung in der<br />

Regel durch olfaktorische Feststellungen oder durch Geruchsausbreitungs-<br />

rechnung zu erfolgen (vgl. Ziffer 1 der GIRL). Letzteres wurde durch den Be-<br />

weisbeschluss der Kammer angeordnet. Diese Ermittlung der Zusatzbelas-<br />

tung ist auf der Basis der Richtlinie VDI 3788 Blatt 1, des Anhangs 3 der TA<br />

Luft und der speziellen Anpassungen für Geruch durchzuführen. Hinsichtlich<br />

der meteorologischen Daten sieht Ziffer 8.1 des Anhangs 3 der TA Luft in<br />

Satz 3 und 4 vor, dass für den Fall, dass keine Messungen am Standort der<br />

Anlage vorliegen, Daten einer geeigneten Station des Deutschen Wetter-<br />

dienstes oder einer anderen entsprechend ausgerüsteten Station zu verwen-<br />

den sind; die Übertragung dieser Daten auf den Standort der Anlage ist zu<br />

prüfen. Dies hat der DWD hier getan. Diese Vorgehensweise kann somit<br />

nicht beanstandet werden. Dass das hierbei vom DWD durchgeführte Ver-<br />

fahren der üblichen Vorgehensweise entspricht, hat auch der von der Kläge-<br />

rin zu 4) eingeschaltete Gutachter R****** sowohl in seiner Stellungnahme<br />

vom 16. September 2010 als auch in der mündlichen Verhandlung bestätigt.<br />

Dass eine mehrjährige Messung die Verhältnisse am Standort besser be-<br />

schreibt, als eine Übertragung von einem anderen Standort, ist nicht zu<br />

bestreiten. Allerdings ist dieses sehr aufwändige Verfahren bei nicht nach<br />

dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen un-<br />

üblich. Dass hier mehrmonatige oder gar mehrjährige Windmessungen am<br />

Standort W***** durchgeführt werden, hat das Gericht nicht verlangt, dies<br />

fordert weder die GIRL noch die TA Luft. Letztlich hat auch der von der Klä-<br />

gerin zu 4) beauftragte Sachverständige R****** in der mündlichen Verhand-<br />

lung schließlich explizit erklärt, dass er eine konkrete Langzeitmessung nur<br />

wegen der Kaltluftproblematik für angebracht halte, während die anderen<br />

Wetterdaten ausreichend gut in der Modellrechnung übertragen werden<br />

könnten.<br />

Es bleibt auch festzuhalten, dass der Gutachter TÜV Süd die Winddaten der<br />

Station Würzburg nicht 1 zu 1 auf den Standort W***** übertragen hat. Aus-<br />

weislich der ergänzenden Stellungnahme des TÜV Süd vom 14. Juli 2010 er-<br />

folgte die Übertragung vielmehr auf einem Punkt auf dem H***berg, der eine


75<br />

freie Lage aufweist, die dem Standort Würzburg entspricht. Dabei wurden die<br />

örtlichen Verhältnisse, nämlich die Orographie und Rauhigkeit, in der Aus-<br />

breitungsrechnung berücksichtigt. Dem Rechenlauf mit AUSTAL2000 wurde<br />

ein digitales Geländemodell zugrunde gelegt und auch die Windverhältnisse<br />

an die örtliche Situation angepasst. Die berechneten Ergebnisse erfüllen die<br />

Genauigkeit, die vom Gericht gefordert wurden.<br />

Soweit der Klägerbevollmächtigte rügt, dass es nicht ersichtlich sei, dass der<br />

Gutachter des TÜV Süd die vom DWD-Gutachter angesprochene spürbare<br />

lokale Beeinflussung des Windfeldes aufgegriffen und Schlussfolgerungen<br />

daraus gezogen hätte, kann dies nicht nachvollzogen werden. Vielmehr<br />

spricht nichts dafür, dass die Vorgaben des DWD hier nicht sachgerecht um-<br />

gesetzt worden wären. Der DWD-Gutachter kommt zu dem Schluss, dass für<br />

„den Standort W***** die Jahreszeitreihe aus Windrichtung, Windgeschwin-<br />

digkeit und Ausbreitungsklasse der Station Würzburg des Jahres 2001 ge-<br />

eignet“ ist. Nach Anhang 3 der TA Luft (Ziffer 8.2. bis 8.4) sind bei Ausbrei-<br />

tungsrechnungen nicht jede einzelne Windgeschwindigkeit und Windrichtung<br />

zu betrachten, sondern nur Windrichtungs-, Windgeschwindigkeits- und Aus-<br />

breitungsklassen. In der Ausbreitungsrechnung wird dann mit Mittelwerten<br />

gerechnet. Hierzu hat der TÜV Süd in seinem ergänzenden Gutachten vom<br />

14. Juni 2010 nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Unterschiede<br />

zwischen dem Sollwert am Standort und dem Istwert der Station Würzburg<br />

nicht so groß sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Durch die Ver-<br />

wendung des diagnostischen Windfeldmodells „taldia“ würden zudem die<br />

Windgeschwindigkeiten entsprechend der Tallage angepasst, so dass hier<br />

niedrigere Windgeschwindigkeiten vorherrschten als auf dem H***berg. Auch<br />

die Beeinflussung der Windrichtungen aufgrund der Tallage werde durch das<br />

Windfeldmodell berücksichtigt. Die Winddaten der Station müssten nicht ver-<br />

ändert werden. Diese seien für den Standort W***** geeignet, wenn der<br />

Anemometerstandort auf dem H***berg (höchster Punkt im Modellgebiet)<br />

festgelegt und die Orographie durch ein digitales Geländemodell in Verbin-<br />

dung mit dem diagnostischen Windfeldmodell „taldia“ berücksichtigt wurde,<br />

was hier geschehen sei.


6.3.6.<br />

Kaltluftabflüsse:<br />

76<br />

Die Klägerseite bemängelt im Wesentlichen die Aussage im Gutachten des<br />

TÜV Süd, wonach die Simulation am Standort keine relevanten Kaltluftab-<br />

flüsse ergeben habe. Es hätten die Kaltluftströme wesentlich intensiver un-<br />

tersucht, v.a. hätten auch die Kaltluftströme unterhalb von 2 m näher unter-<br />

sucht werden müssen. Die von Herrn R****** durchgeführten Modellrech-<br />

nungen sowie die qualitative Messung, die von ihm während der Abend- und<br />

frühen Nachtstunden bei einer wolkenarmen Wetterlage durchgeführt worden<br />

seien, zeigten, dass Kaltluftabflüsse bei der Immissionsprognose zu berück-<br />

sichtigen seien, es sei hierfür ein Sachverständigengutachten zu erstellen.<br />

Für die Ausbreitung von Gerüchen und Luftschadstoffen sind Kaltluftabflüsse<br />

von besonderer Bedeutung. In klaren, windschwachen Nächten (Strahlungs-<br />

nächten) kann die Bodenoberfläche praktisch ungehindert Wärme über die<br />

Atmosphäre abgeben. Es bildet sich Kaltluft aus, wenn die Energieabgabe<br />

der Boden- und Pflanzenoberflächen aufgrund der Wärmeausstrahlung grö-<br />

ßer ist als die Gegenstrahlung der Luft. Dieser Energieverlust verursacht eine<br />

Abkühlung der Boden- und Pflanzenoberfläche, so dass die Bodentempera-<br />

tur niedriger ist als die Lufttemperatur. Durch den Kontakt zwischen Boden<br />

und Umgebungsluft bildet sich bodennahe Kaltluft. In ebenem Gelände bleibt<br />

die bodennahe Kaltluft vor Ort liegen. In geneigtem Gelände setzt sie sich in-<br />

folge ihres höheren spezifischen Gewichts hangabwärts in Bewegung. Ge-<br />

ruchsstoffe, die in Bodennähe in die Kaltluft freigesetzt werden, verbleiben<br />

somit in Bodennähe und werden mit der Kaltluft abtransportiert. Aufgrund der<br />

geringen Turbulenz findet kein Austausch mit anderen Luftschichten und so-<br />

mit nur eine geringe Verdünnung statt, so dass der Geruch sehr weit trans-<br />

portiert werden kann. Besonders markant treten die Kaltluftabflüsse in tief<br />

eingeschnittenen Bergtälern in Erscheinung.<br />

Der TÜV Süd hat in seinem Gutachten die Kaltluftabflüsse mittels einer Mo-<br />

dellsimulation (mit dem Modell KLAM_21 des DWD) ermittelt. Dass bei einer<br />

Modellsimulation die topographischen Gegebenheiten einzufließen haben,


77<br />

versteht sich von selbst und wurde deshalb nicht eigens erwähnt. Kaltluftbil-<br />

dung erfolgt in Abhängigkeit vom Untergrund und die Fließrichtung und die<br />

Fließgeschwindigkeit hängt ebenfalls von der Topographie, der Geländenei-<br />

gung und der Geländerauhigkeit ab.<br />

Die Quellen für die Stallabluft bzw. des Güllebehälters (abgedeckt) befinden<br />

sich in einigen Metern Höhe (ca. 7, 5 m bzw. ca. 2 m), außerdem steigt die<br />

Stallabluft aufgrund der vom Ventilator erzeugten Strömungsgeschwindigkeit<br />

noch etwas nach oben. Damit ist aber die Aussage des Klägerbevollmächtig-<br />

ten im Schriftsatz vom 20. April 2010, es hätten auch die Kaltluftströme un-<br />

terhalb von 2 m näher untersucht werden müssen und damit die Behauptung,<br />

die Ausbreitung der geruchsbeladenen Stallabluft werde überwiegend in ei-<br />

ner Höhe von unter 2 m stattfinden, nicht nachvollziehbar. Der Geruch wird in<br />

Luftschichten deutlich über 2 m eingemischt.<br />

Es steht auch zur Überzeugung der Kammer fest, dass das vorliegende Gut-<br />

achten des TÜV Süd ausreichend ist, um beurteilen zu können, ob schädli-<br />

che Umwelteinwirkungen zu erwarten sind. Deshalb war auch der vom Klä-<br />

gerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2010<br />

gestellte Beweisantrag, es möge Beweis erhoben werden, durch Einholung<br />

eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, welche Geruchsbelästi-<br />

gungen auf die Gemeinde W*****, die Gemeinde No******/Ortsteil Ne*******<br />

und auf den jüdischen Friedhof zu erwarten sind, und zwar unter Zugrunde-<br />

legung von konkreten Messungen der Kaltluftströme, deren Mächtigkeit, de-<br />

ren Fließrichtung und deren Fließgeschwindigkeit, abzulehnen.<br />

Nach übereinstimmender Feststellung der in der mündlichen Verhandlung<br />

vernommenen Gutachter sind Kaltluftabströme in Richtung Westen und da-<br />

mit in die ca. 850 m entfernte Ortslage von Ne******* nicht zu erwarten. Denn<br />

das Baugrundstück befindet sich in einer Höhe von ca. 360 m über NN, Rich-<br />

tung Westen steigt das Gelände bis nach Ne******* leicht an, Ne******* befin-<br />

det sich in einer Höhenlage von ca. 400 m über NN. Insoweit hat Herr<br />

R****** auf Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass<br />

aufgrund der gegebenen Höhenunterschiede ein Kaltluftabfluss in Richtung


78<br />

Ne******* auszuschließen sein dürfte. Herr W***** hat diese Aussage bestä-<br />

tigt.<br />

Kaltluftströme können damit allenfalls Richtung W***** und in Richtung jüdi-<br />

scher Friedhof auftreten. Insoweit haben sich zwischen den Gutachtern deut-<br />

liche Meinungsunterschiede gezeigt. Während Herr W***** – wie auch der<br />

Gutachter des DWD – nach der von ihm durchgeführten Simulation von einer<br />

geringen Mächtigkeit der Kaltluftschichten und insgesamt einer geringen Be-<br />

deutung der Kaltluft am Standort des geplanten Schweinestalles ausgeht,<br />

kommt Herr R****** aufgrund der von ihm durchgeführten Simulation zu einer<br />

stärkeren Bedeutung der Kaltluft. Bei der von ihm durchgeführten Untersu-<br />

chung hätten sich kurz nach Einsetzen der Kaltluftabflüsse flache Hangab-<br />

windsysteme ausgebildet, die eine vertikale Mächtigkeit von wenigen Metern<br />

besäßen. Nach 30 Minuten sei die mittlere Windgeschwindigkeit am Standort<br />

des geplanten Stalles zurückgegangen und die vertikale Mächtigkeit des<br />

Kaltluftabstroms auf ca. 20 m und im weiteren Verlauf der Nacht auf über 50<br />

m angestiegen. Die Windrichtung schwanke zunächst zwischen West und<br />

Westnordwest, später überwiege Wind aus nordwestlichen Richtungen. In<br />

der ersten Phase bilde sich eine Geruchsfahne in Richtung Nordosten aus,<br />

danach folge sie dem Kaltluftabfluss aus dem Tal der S*** und werde in<br />

Richtung Südosten verlagert. In der Immissionsprognose verblieben Unsi-<br />

cherheiten, die vor allem durch die topographische Situation bedingt seien.<br />

Es sei zwar nach der Modellrechnung im Verlaufe der Nacht mit Windströ-<br />

mung aus Nordwest zu rechnen, jedoch nicht auszuschließen, dass Teile der<br />

westlichen Wohnbebauung von W***** von der Geruchsfahne betroffen wür-<br />

den.<br />

Auf Frage des Gerichts haben die Gutachter W***** und R****** überein-<br />

stimmend erklärt, dass Kaltluftabflüsse in der Regel nur nachts eine Rolle<br />

spielten. Nur bei einem außergewöhnlich großen Einzugsgebiet, das hier<br />

nicht vorliege, könne sich die Erscheinung bis in den Vormittag hinein erstre-<br />

cken. Damit kann aber die Kaltluftproblematik hinsichtlich des jüdischen<br />

Friedhofs vernachlässigt werden, da sie nur in wenigen Abendstunden zu ei-<br />

ner Verlagerung der Stallabluft in Richtung des jüdischen Friedhofs – und


79<br />

auch nur in dessen Randbereich – führen kann. Sie spielt jedenfalls zur Ta-<br />

geszeit keine Rolle. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist aber nur zur<br />

Tageszeit mit Besuchern auf einem außerhalb der Ortschaft liegenden Fried-<br />

hof zu rechnen, zumal der Friedhof eingefriedet und abgeschlossen ist und<br />

der Schlüssel in Ne******* aufbewahrt wird. Zum einen ist aber im weiteren<br />

Verlauf der Nacht nach der Modellberechnung und der Aussage des Gutach-<br />

ters R****** in der mündlichen Verhandlung mit einem Kaltluftabfluss aus<br />

Nordwest nach Südost zu rechnen, was auch die abknickende Geruchsfahne<br />

in seinem Gutachten zeige. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die<br />

Kaltluft – und damit auch die gegebenenfalls in ihr enthaltene Stallabluft –<br />

nicht im Standortbereich verbleibt. Der Gutachter R****** hat hierzu auf Fra-<br />

ge des Gerichts erklärt, dass die Kaltluft auf Grund der örtlichen Gegebenhei-<br />

ten abfließen könne und sie im Laufe der Nacht nach Südosten herausfließe.<br />

Hinsichtlich der Ortslage W***** bleibt festzuhalten, dass sich die schriftsätz-<br />

lich getroffene Aussage des Klägerbevollmächtigten, dass die Untersuchung<br />

des Büros iMA ergeben habe, dass wesentliche Teile von W***** von Kalt-<br />

luftabflüssen betroffen seien, sich gerade nicht aus dieser Untersuchung ab-<br />

leiten lässt. Denn Herr R****** kommt nur zu der Einschätzung, dass es nicht<br />

auszuschließen sei, dass Teile der Wohnbebauung im westlichen Bereich<br />

von W***** von der Geruchsfahne betroffen sein können. Betrachtet man die<br />

in Abbildung 3 - 6 der Stellungnahme des Dipl.-Met. R****** vom<br />

16. September 2010 gezeigte Geruchsfahne, so zeigt sich, dass diese, je-<br />

denfalls soweit es die maßgebliche Geruchsbeeinträchtigung anbelangt, am<br />

westlichen Ortsrand vorbei führt. Darüber hinaus hat Herr W***** in der<br />

mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass ein wichtiges Thema in die-<br />

sem Zusammenhang die Ableithöhe darstelle. Bei der von ihm berücksichtig-<br />

ten sog. „Quellverschmierung“ handelt es sich – nach übereinstimmender<br />

Aussage der Gutachter in der mündlichen Verhandlung – um einen konser-<br />

vativen Ansatz. Ziehe man das Gutachten von Herrn R****** heran, so sei<br />

darauf zu achten, dass sich die maßgebliche Geruchsbeeinträchtigung im<br />

Kernbereich der Geruchsfahne befinde. Hinsichtlich der Stallabluft ist des<br />

Weiteren zu sehen, dass diese in einer Höhe von ca. 7, 5 m über dem Erd-<br />

boden – bzw. aufgrund des Ventilators noch höher – in die Umgebungsluft


80<br />

eingebracht wird. Herr R****** hat auf Frage des Gerichts die Aussage ge-<br />

troffen, dass die Emissionen, die in einer Kaltluftsituation in den Luftstrom<br />

eingebracht wird, im Wesentlichen in der Höhe erhalten bleiben, in der sie in<br />

den Luftstrom eingebracht wurden. Damit spricht einiges dafür, dass die in<br />

7,5 m Höhe bzw. höher in den Luftstrom eingebrachte geruchsbeladene<br />

Stallabluft in einer Kaltluftsituation nicht auf Bodenhöhe absinkt.<br />

Nach allem ist also das Risiko, dass Besucher auf dem jüdischen Friedhof<br />

bzw. die Bewohner von W***** von der mit der Kaltluft mitgeführten Stallab-<br />

luft beeinträchtigt werden, nach Überzeugung der Kammer als sehr gering<br />

anzusehen. Damit kann aber die Durchführung konkreter Messungen, die ei-<br />

nen nicht unerheblichen Kostenaufwand mit sich bringen würden, nicht mehr<br />

gerechtfertigt werden. Herr R****** hat hierzu erklärt, dass an zwei Methoden<br />

zu denken wäre, die sich eventuell zueinander ergänzen würden: Zum einen<br />

um die Einrichtung eines stationären Windmessers und zum anderen um ei-<br />

ne sog. Messkampagne mit Luftballons, deren Flugbahn verfolgt werden<br />

könnte. Eventuell wäre noch eine zweite Messstation im Tal erforderlich.<br />

Beide Methoden wären aber sehr aufwendig.<br />

Aus Sicht der Kammer bleibt noch festzuhalten, dass bei Durchführung die-<br />

ser (auch finanziell) aufwendigen konkreten Messungen letztlich auch nur ei-<br />

ne Prognose erstellt werden kann, da die streitgegenständliche Anlage noch<br />

nicht betrieben wird. Sollte sich nach Errichtung der Anlage herausstellen,<br />

dass die Werte der Geruchsimmissionsprognose überschritten werden und<br />

zwar in einer nicht zulässigen Höhe, wäre von der Bauaufsichtsbehörde bzw.<br />

der Immissionsschutzbehörde im Ermessensweg die Frage eines eventuel-<br />

len Nachrüstungsgebotes zu prüfen. Schließlich bleibt zur Begründung der<br />

Ablehnung des Beweisantrags noch festzuhalten, dass die Kammer mit der<br />

Anordnung einer Geruchsausbreitungsrechnung nach GIRL bereits deutlich<br />

über das hinausgegangen ist, was üblicherweise in baurechtlichen Verfah-<br />

ren, noch zumal bei Vorbescheidsverfahren, verlangt wird. Konkrete Mes-<br />

sungen werden üblicherweise nur bei immissionsschutzrechtlich genehmi-<br />

gungspflichtigen Anlagen, und auch da in der Regel nur bei besonders emis-


sionsträchtigen Anlagen wie Kraftwerken oder Abfallbehandlungsanlagen,<br />

veranlasst.<br />

6.3.7.<br />

81<br />

Geruchsausbreitung: Emissionsfaktoren und GV-Wert:<br />

Mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 20. April 2010 wird gerügt,<br />

dass der Berechnung der Geruchsemissionen eine Begründung dafür fehle,<br />

wie dieser GE-Wert zustande gekommen sei. Im Übrigen sei auch die Anset-<br />

zung des GV-Wertes von 0,14 kritisch zu betrachten.<br />

Der Gutachter des TÜV Süd hat für die Geruchsimmissionsprognose den<br />

Emissionsfaktor der „Festlegung der Geruchsemissionsfaktoren im Landkreis<br />

Cloppenburg, Stand 05.09.2005“ entnommen. Er hat dies im Gutachten<br />

selbst auch offen gelegt, so dass der Vorwurf der Klägerseite, es fehle eine<br />

Begründung, nicht gerechtfertigt ist. Dies sieht auch der von der Klägerin zu<br />

4) eingeschaltete Gutachter so, der ausführt, dass die Vorgehensweise bei<br />

der Ermittlung der Emissionen vom TÜV Süd begründet werde. Der Gutach-<br />

ter R****** fordert auch nicht – wie der Klägerbevollmächtigte meint –, dass<br />

der in der Veröffentlichung des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Ener-<br />

gie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Merkblatt Geruchsimmissions-<br />

prognosen bei Tierhaltungsanlagen, 2009) festgelegte Wert von 40 GE/GV*s<br />

zu Grunde zu legen sei, sondern empfiehlt lediglich eine weiter Berechnung<br />

auf dieser Basis. Die Kammer hält dies nicht für erforderlich. Denn selbst<br />

nach dem Hessischen Merkblatt ist von einem Konventionswert von 40 – 50<br />

auszugehen, nach der sog. Cloppenburg-Liste von einem solchen von 40. Im<br />

Übrigen wurde hier eine stickstoffangepasste Fütterung gewählt und im Er-<br />

gänzungsbescheid vorgeschrieben; diese ist aber mit einer Ammoniak- und<br />

Geruchsminderung verbunden. Die Wahl des geringeren Emissionsfaktors ist<br />

mithin nicht zu beanstanden.<br />

Der Wert für die Großvieheinheiten (GV-Wert) von 0,14 ergibt sich bereits<br />

aus dem Ergänzungsbescheid vom 20. März 2009 und wird nach der eindeu-<br />

tigen Erklärung des Landratsamtes Rhön-Grabfeld auch in einer Baugeneh-


82<br />

migung festgeschrieben werden. Hierzu bleibt aus Sicht der Kammer noch<br />

darauf hinzuweisen, dass die TA Luft in Tabelle 10 bei Mastschweinen bis<br />

110 kg einen GV-Wert/Tier von 0,13 und bei Tieren bis 120 kg einen solchen<br />

von 0,15 zu Grunde legt. Dies bedeutet aber für Mastschweine bis 115 kg ei-<br />

nen Wert von 0,14. Im Übrigen hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass<br />

das Mastendgewicht für bayerische Ferkel, das der Klägerbevollmächtigte<br />

heranziehe, nicht der Maßstab der vorliegenden Planung gewesen sei.<br />

Selbst wenn man dies aber zugrunde lege, errechne sich bei gleichem An-<br />

fangsgewicht von 25 kg eine GV-Zahl von 0,1413, gerundet 0,14.<br />

6.3.8.<br />

Beurteilungsgrundlage:<br />

Des Weiteren wird im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 20. April<br />

2010 gerügt, dass das TÜV-Gutachten an mehreren Stellen von bloßen An-<br />

nahmen ausgehe, die im Bescheid nicht geregelt seien. So wenn für die Ab-<br />

deckung der Güllegrube ein Minderungsfaktor berücksichtigt oder eine<br />

Quellhöhe von 7,5 m angenommen oder die umliegende Bebauung nicht be-<br />

rücksichtigt werde.<br />

Zunächst bleibt hier darauf hinzuweisen, dass der von Klägerseite einge-<br />

schaltete Gutachter R****** in seiner Stellungnahme vom 16. September<br />

2010 erklärt, dass die Emissionen der Güllegrube in der Immissionsprognose<br />

des TÜV Süd plausibel abgeschätzt worden seien. Im Übrigen bleibt festzu-<br />

halten, dass Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens ein baurechtli-<br />

cher Vorbescheid auf einen Vorbescheidsantrag ist, der sich auf die Frage<br />

der grundsätzlichen bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens be-<br />

schränkt (sog. Bebauungsgenehmigung). Dabei ist das Vorhaben nur in gro-<br />

ben Umrissen nach Art und Umfang bestimmt und seine Ausführung im Ein-<br />

zelnen der späteren bauaufsichtlichen Prüfung vorbehalten (vgl. BVerwG,<br />

U.v. 23.05.1975, a.a.O. und U.v. 03.04.1987, a.a.O.). Es kann dann aber<br />

auch nicht bemängelt werden, dass in einem solchen Vorbescheidsverfahren<br />

– anders als im Baugenehmigungsverfahren – konkrete Pläne und genaue<br />

Angaben noch nicht vorliegen. Somit muss mit gewissen – realistischen und


83<br />

praxisgerechten, aus anderen Bauvorhaben gewonnenen – Annahmen gear-<br />

beitet werden, da ansonsten eine Immissionsprognose wie auch jede andere<br />

Prognose nicht erstellt werden kann. Es ist dann Sache des Bauwerbers<br />

bzw. der Genehmigungsbehörde in einem späteren Genehmigungsverfahren<br />

die dem Gutachten zugrunde liegenden Annahmen umzusetzen.<br />

Das Abdecken der Güllegrube bei Vorhaben in einer derartigen Größenord-<br />

nung wie hier ist mittlerweile Standard. Dies wurde (indirekt) auch in Ziffer 8<br />

Buchst. b des Vorbescheids festgeschrieben, da ansonsten 100 Punkte nicht<br />

möglich wären (vgl. Tabelle 4 unter 3.2.1 der VDI 3471). Nach Ziffer 2.6.2 der<br />

Richtlinie VDI 3471 wird für einfache Abdeckungen ein Minderungsgrad von<br />

70 % bis 85 % angesetzt, nach der Hess. Handreichung von etwa 80 %.<br />

Die Quellhöhe der Abluftführung von 7,5 m ergibt sich aus der für ein<br />

Schweinemaststallgebäude typischen Höhe von 6 m und aus der nach der<br />

Richtlinie VDI 3471 geforderten Höhe der Kamine von 1,5 m über Dach.<br />

Nach Ziffer 10 Satz 1 des Anhangs 3 der TA Luft sind Einflüsse von Bebau-<br />

ung auf die Immission im Rechengebiet zu berücksichtigen. Beträgt die<br />

Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,2 fache, aber weniger als das 1,7 fache<br />

(wie hier: Gebäudehöhe 6 m, Schornsteinbauhöhe 7,50 m) und ist eine freie<br />

Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnosti-<br />

schen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden (Zif-<br />

fer 10 Satz 2 Buchst. b)). Der TÜV Süd legt in seinem ergänzenden Gutach-<br />

ten vom 14. Juni 2010 dar, dass das Kriterium der TA Luft für eine freie Ab-<br />

strömung nicht erfüllt sei, so dass der Gebäudeeinfluss berücksichtigt wer-<br />

den müsse. Dabei werde der Einfluss durch den Stall mittels einer vertikalen<br />

Ersatzquelle berücksichtigt. Aus dem Gutachten des TÜV Süd lässt sich ent-<br />

nehmen, dass der Gebäudeeinfluss des Stalles berücksichtigt wurde, indem<br />

die Schornsteine als vertikale Linienquelle angesetzt wurden. Dies wird auch<br />

belegt durch die Angabe der Zeile „> hq“ in der Anlage „A 2: Rechenlaufpro-<br />

tokoll AUSTAL2000 –Zusatzbelastung“ mit „0.00“. Gemäß den Empfehlun-<br />

gen des Leitfadens des Landes Nordrhein-Westfalen sei der Einfluss durch<br />

den Stall mittels einer vertikalen Ersatzquelle (Linienquelle ohne Abluftfah-


84<br />

nenüberhöhung) berücksichtigt worden. Die Wahl einer Ersatzquelle ist ein<br />

konservativer Ansatz. Der Kammer sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die<br />

insoweit auf einen Fehler in dem Gutachten des TÜV Süd hindeuten würden.<br />

Die vom Klägerbevollmächtigten aufgeworfene Frage, ob die Eigenbelastung<br />

des Hofes N******* begutachtet worden sei, lässt sich bereits nach dem TÜV-<br />

Gutachten beantworten. Denn auf Seite 11 des Gutachtens sind in Tabelle 4<br />

(„Emissionen der vorhandenen Tierhaltungen“) die Tierzahlen genannt. Im<br />

Gutachten ist in Abbildung 7 die Zusatzbelastung durch den geplanten<br />

Schweinestall dargestellt, in Abbildung 8 die Gesamtbelastung. Beim Ver-<br />

gleich der beiden Grafiken zeigt sich die Eigenbelastung des Hofes N*******.<br />

6.3.9.<br />

Soweit im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 20. April 2010 gerügt<br />

wird, dass der Wald in der Immissionsprognose des TÜV Süd nicht bewertet<br />

worden sei, ist darauf zu verweisen, dass der Auftrag des TÜV Süd in einer<br />

Geruchsausbreitungsrechnung bestanden hat.<br />

7.<br />

Öffentliche Belange im Hinblick auf den Jüdischen Friedhof:<br />

7.1.<br />

Schädliche Umwelteinwirkung durch Geruchsbelästigung:<br />

7.1.1.<br />

Zunächst wird von Seiten des Bevollmächtigten des Klägers zu 3) gerügt,<br />

dass die Belange des jüdischen Friedhofs vom streitgegenständlichen Vor-<br />

haben in unzulässiger Weise beeinträchtigt würden, weil die vom Stall aus-<br />

gehenden Gerüche dort – nämlich durch die Friedhofsbesucher – wahr-<br />

nehmbar seien. Dass nur ein Viertelabstand nach der Richtlinie VDI 3471<br />

ausreichend sein solle, lasse sich dieser nicht entnehmen. Der GIRL-<br />

Gutachter habe fehlerhaft eine Beurteilung unterlassen. Des Weiteren wird


85<br />

besonders eindrucksvoll von dem in der mündlichen Verhandlung gehörten<br />

Rabbiner ***** E****, darauf hingewiesen, dass der jüdische Friedhof ein hei-<br />

liger Ort für jeden Juden sei. Die Halacha, das jüdische Religionsgesetz, ver-<br />

urteile die Missachtung der Ehre der Toten wie auch eines heiligen Ortes auf<br />

das Schärfste. Es werde auf dem heiligen Ort gebetet und Gott mit dem<br />

Kaddisch-Gebet gepriesen. Es sei nicht mit der jüdischen Ethik vereinbar,<br />

dass in der Umgebung des Friedhofs ein Schweinemastbetrieb errichtet wer-<br />

de.<br />

7.1.2.<br />

Als maßgebliche Norm des Bauplanungsrechts ist auch hier zunächst § 35<br />

Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB heranzuziehen, wonach eine Beeinträchtigung öf-<br />

fentlicher Belange dann vorliegt, wenn das Vorhaben schädliche Umweltein-<br />

wirkungen hervorrufen kann. Wie bereits unter Punkt 6.1. ff. dargestellt, sind<br />

mangels objektiver gesetzlicher Regelungen zu der Frage, wann ein Geruch<br />

eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellt, auch hinsichtlich eines Fried-<br />

hofs unter Beachtung der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls die tech-<br />

nischen Regelwerke der VDI Richtlinie 3471 und der GIRL heranzuziehen.<br />

Nach der VDI-Richtlinie 3471 errechnet sich unter Zugrundelegung einer<br />

Tierzahl von 1.000 Mastschweinen (Berechnung des Umweltingenieurs vom<br />

17.12.2008) ein Abstand für Wohn- bzw. Mischgebiete von 295 m. Der tat-<br />

sächliche Abstand beträgt vom Emissionsschwerpunkt des Stalles bis zum<br />

südlichen Rand des Friedhofs ca. 185 m. Der halbe Abstand für Dorfgebiete<br />

(ca. 150 m) – und somit die Geruchswahrnehmungsschwelle – ist damit ein-<br />

gehalten.<br />

Das vom TÜV Süd erstellte Gutachten nach der GIRL gelangt zu dem Er-<br />

gebnis, dass die Geruchsstundenhäufigkeiten im Bereich des jüdischen<br />

Friedhofs zwischen 4,5 % und 8,1 % liegen. Das heißt, dass hier die Werte<br />

für ein Wohngebiet – teilweise sogar deutlich – eingehalten werden. Im Be-<br />

reich des zum jüdischen Friedhof führenden Weges sind Werte von 10 % bis<br />

18,5 % zu erwarten.


86<br />

Im Hinblick auf das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB enthaltene Gebot der<br />

baurechtlichen Rücksichtnahme stellt sich die Frage, welcher Schutz dem jü-<br />

dischen Friedhof aufgrund der jüdischen Ethik in Bezug auf Geruchsimmissi-<br />

onen zuzubilligen ist, und ob – wie der Kläger zu 3) reklamiert – ein Anspruch<br />

auf völlige Geruchsfreiheit besteht. Die an das Gebot der Rücksichtnahme<br />

zu stellenden Anforderungen hängen nach der Rechtsprechung des Bundes-<br />

verwaltungsgerichts (U. v. 25.02.1977, 4 C 22.75, BVerwGE 52, 122; seit-<br />

dem ständige Rechtsprechung) wesentlich von den jeweiligen Unständen ab.<br />

Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rück-<br />

sichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, um so mehr kann<br />

an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer<br />

die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, um so weniger braucht der-<br />

jenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Bei die-<br />

sem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalles we-<br />

sentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rück-<br />

sichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen<br />

nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Dabei muss allerdings demjenigen, der<br />

sein eigenes Grundstück in einer sonst zulässigen Weise baulich nutzen will,<br />

insofern ein Vorrang zugestanden werden, als er berechtigte Interessen nicht<br />

schon deshalb zurückzustellen braucht, um fremde gleichwertige Interessen<br />

zu schonen.<br />

Hinsichtlich der Schutzwürdigkeit des Friedhofes ist noch ein weiterer Belang<br />

zu berücksichtigen:<br />

Die Vorschrift des § 35 Abs. 3 BauGB enthält keine allgemeine Definition der<br />

öffentlichen Belange, sondern nur eine beispielhafte Aufzählung. Es kommen<br />

daher auch andere öffentliche Belange als die in Absatz 3 bezeichneten in<br />

Betracht; nämlich alle bodenrechtlich relevanten öffentlichen Belange. Inso-<br />

fern können auch die bei der Bauleitplanung zu beachtenden öffentlichen Be-<br />

lange des § 1 Abs. 6 BauGB hinzugezogen werden (Ernst/Zinkahn/Bielen-<br />

berg/Krautzberger, § 35 BauGB, RdNr. 75), und zwar als Auslegungshilfe.<br />

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 06.12.1967,<br />

4 C 44.66; s.a. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 35 BauGB,


RdNr. 75) gilt dies aber nur, soweit der jeweilige Belang in Bezug auf den<br />

Außenbereichsschutz im Einzelgenehmigungsverfahren bedeutsam ist.<br />

87<br />

Letztlich ist nämlich ausschlaggebend, dass die Belange im Schutze des Au-<br />

ßenbereichs und in seiner spezifischen Zweckbestimmung ihren Ursprung<br />

haben.<br />

Die Nummer 6 des § 1 Abs. 6 BauGB bezeichnet als abwägungsbeachtlich<br />

die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts<br />

festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge. Die Erfordernis-<br />

se des Gottesdienstes und der Seelsorge sind – für die Bauleitplanung – re-<br />

levant, sofern sie Raum beanspruchend sind, für sie also Flächen bereitge-<br />

stellt werden müssen, oder auf sie in sonstiger Weise Rücksicht zu nehmen<br />

ist. Der Kreis der entsprechenden Einrichtungen ist weit zu ziehen. Hierher<br />

zu rechnen sind auch die kirchlichen Friedhöfe (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/<br />

Krautzberger, § 1 BauGB, RdNr. 140).<br />

7.1.3.<br />

Zur Schutzbedürftigkeit bzw. Schutzwürdigkeit eines jüdischen Friedhofs er-<br />

weist sich eine Recherche in den Rechtsprechungssammlungen bzw. in der<br />

Kommentarliteratur als erfolglos. Es lassen sich aber einige wenige Ent-<br />

scheidungen zu der eines (christlichen) Friedhofs finden:<br />

So hat das Oberverwaltungsgericht Berlin (B.v. 18.07.2001, 2 S 1.01, ) – allerdings hinsichtlich des von einem Baumarkt/Hochregallager aus-<br />

gehenden Lärms – entschieden, dass ein Friedhof in bauplanungsrechtlicher<br />

Gemengelage (Wohnen/Gewerbe) keinen über den Immissionsrichtwert der<br />

TA Lärm für allgemeine Wohngebiete hinausgehenden Schutzanspruch ha-<br />

be. Die erkennende Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg hat unter<br />

Heranziehung der VDI-Richtlinie 3471 entschieden (W 4 K 00.1280, U.v.<br />

06.11.2001), dass im konkreten Fall eines Dorfgebietes im Hinblick auf den<br />

dörflichen Charakter und auf die „Ortsüblichkeit“ von Gerüchen aus der Tier-<br />

haltung hinsichtlich des Friedhofes keine unzumutbaren Geruchsbeeinträch-<br />

tigungen zu besorgen sind, weil zwischen dem Emissionsschwerpunkt des<br />

landwirtschaftlichen Betriebs und dem Friedhof der 1/4-Abstand nach der


88<br />

VDI-Richtlinie eingehalten wird und erst bei Unterschreitung dieses Abstan-<br />

des die Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen im Sinne unzumutbarer Ge-<br />

ruchsbelästigungen anzunehmen ist. Das Verwaltungsgericht Gera hat (U.v.<br />

21.08.2003, 4 K 437.99.GE, ) bei der Frage, welche Geruchsimmissi-<br />

onen auf einem Friedhof zumutbar sind, auf die Richtwerte der Vorläufigen<br />

Thüringer Richtlinie zur Ermittlung und Bewertung von Geruchsimmissionen<br />

zurückgegriffen. Es hat entschieden, dass Geruchswahrnehmungshäufigkei-<br />

ten zwischen 15 % und 20 % der Jahresstunden hinzunehmen sind, weil bei<br />

einem Friedhof nicht von einer Dauernutzung durch Menschen auszugehen<br />

ist. Das Gericht hat ausdrücklich erklärt, dass keine Bedenken bestehen,<br />

dass der Schutzanspruch eines Friedhofs gewahrt ist, wenn die Geruchs-<br />

wahrnehmungshäufigkeit unter 20 % der Jahresstunden liegt. Der besondere<br />

Charakter eines Friedhofs werde dadurch nicht in Frage gestellt.<br />

7.1.4.<br />

Der jüdische Friedhof Ne******* ist – wie Prof. Dr. ******** H*** in seiner Stel-<br />

lungnahme „Totenruhe und Tiermast“ (ohne Datum, eingegangen beim Klä-<br />

gerbevollmächtigten am 09.01.2009) darlegt – ein wichtiges Kultur- und Ge-<br />

schichtsmonument für die gesamte Gegend und muss auch als solches be-<br />

handelt werden. Hier handelt es sich um einen geschlossenen Friedhof, dies<br />

meint in Entsprechung der jüdisch-sakralrechtlichen Bestimmungen zum „Al-<br />

ten Friedhof“ den ungestörten Erhalt gemäß den biblischen Vorschriften zur<br />

ungestörten Totenruhe (so Prof. Dr. H***). Es handelt sich nicht um einen<br />

entwidmeten Friedhof. Der jüdische Friedhof wird bezeichnet als Beit Olam<br />

(„Haus auf Ewigkeit“) oder Beit Chaim („Haus des Lebens“). Der jüdische<br />

Friedhof hat die Bedeutung eines Heiligtums. Die Halacha, das jüdische Sak-<br />

ralrecht, verlangt die Würde der Toten (Kevod haMetim) genau so zu achten<br />

wie die Würde des lebenden Menschen (Kevod haChaiim), so Prof. Dr. H***.<br />

Der Rabbiner ***** E**** hat sowohl in seiner schriftlichen Stellungnahme<br />

vom 27. August 2010 wie auch in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass<br />

ein jüdischer Friedhof einen heiligen Ort darstelle, der ähnlich wie eine Syn-<br />

agoge zu bewerten sei. Nach jüdischen Rechtsvorstellungen komme es letzt-<br />

lich nicht so sehr auf die konkrete Entfernung zwischen dem geplanten Vor-<br />

haben und dem jüdischen Friedhof an, vielmehr sei allein schon der Geruch


der Schweine mit dem besonderen Charakter des jüdischen Friedhofs un-<br />

89<br />

vereinbar. Im Talmud stehe, dass man einen Begräbnisplatz nicht würdelos<br />

behandeln dürfe, dort kein Vieh weiden, keinen Wassergraben ziehen und<br />

keine Gräser sammeln dürfe, aus Achtung vor den Toten. Im Schulchan-<br />

Aruch stehe geschrieben, dass schlechter Geruch, z.B. von Kot, vier Ellen<br />

bei Seite gelassen werden müsse.<br />

7.1.5.<br />

Im Hinblick auf diese – insbesondere von dem als Sachverständigen in Fra-<br />

gen der jüdischen Religion ausgewiesenen Rabbiner ***** E**** eindringlich<br />

dargelegten – Besonderheiten eines jüdischen Friedhofs ist die Kammer zur<br />

Überzeugung gelangt, dass die vorerwähnte Rechtsprechung, die in Bezug<br />

auf christliche Friedhöfe ergangen ist, nicht einfach „eins zu eins“ übertragen<br />

werden kann. Vielmehr ist einem jüdischen Friedhof hinsichtlich Geruchsim-<br />

missionen, die insbesondere von Schweinen herrühren, durchaus ein höhe-<br />

rer Schutzanspruch zuzubilligen als christlichen Friedhöfen. Allerdings sieht<br />

die geltende Rechtsordnung einen absoluten Schutzanspruch, quasi ein<br />

Recht auf eine 100 %ige Geruchsfreiheit, für keinen Bereich, auch nicht für<br />

einen jüdischen Friedhof vor. Im Einzelnen:<br />

Bei der Interessenabwägung der beiderseitigen Belange im Rahmen des<br />

Rücksichtnahmegebots ist auf der Seite des Bauherren zu berücksichtigen:<br />

Es geht um die Fortführung und Erweiterung des landwirtschaftlichen Famili-<br />

enbetriebes durch den nachwachsenden Hoferben. Der Betrieb befindet sich<br />

seit Mitte der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts an dieser Stelle und es<br />

wurde seitdem Haltung von Großtieren betrieben. Die Familie des Bauherrn<br />

ist wegen dieser Tierhaltung schon aus der Ortslage in den Außenbereich<br />

ausgesiedelt. Das Baugrundstück befindet sich im Eigentum der Familie. Aus<br />

betrieblichen Gründen ist es auch sinnvoll, dass der Landwirt in der Nähe<br />

seiner Stallungen wohnt. Zudem sind auf der Hofstelle schon die weiteren<br />

landwirtschaftlichen Gebäude, insbesondere auch die Möglichkeiten zur Un-<br />

terstellung von Maschinen und Futter vorhanden. Ein anderer Standort in<br />

Hofnähe (Grundstück FlNr. *29 der Gemarkung W*****) ist wegen der Nähe<br />

zur Bebauung in W***** aus immissionsschutzrechtlichen Gründen nicht ge-


90<br />

nehmigungsfähig. Einen weiteren Zwangspunkt stellt der wegen der Ammo-<br />

niakbelastung erforderliche Abstand zum Wald des Klägers zu 1) dar.<br />

Andererseits ist aber hinsichtlich des Klägers zu 3) als Träger des Friedhofs<br />

zu berücksichtigen:<br />

Der Friedhof ist besonders schutzwürdig, insbesondere widerspricht es nach<br />

den vorerwähnten Stellungnahmen religiösen Vorschriften, dort zu beten,<br />

wenn es dort „riecht“. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass aufgrund<br />

der Ausführung des geplanten Schweinestalles auf dem Friedhof gelegent-<br />

lich Geruch aus der Tierhaltung wahrzunehmen ist. Andererseits ist ein<br />

Friedhof nicht zum dauernden Aufenthalt von lebenden Menschen bestimmt,<br />

sondern wird von Besuchern nur für kürzere Zeiten aufgesucht.<br />

Vorliegend liegt der tatsächliche Abstand zwischen dem Friedhof und dem<br />

Stall zwischen den Werten, die sich nach der VDI-Richtlinie 3471 für Wohn-<br />

gebiete (295 m) und für Dorfgebiete (150 m) errechnen. Das nicht zuletzt<br />

deshalb vom Gericht in Auftrag gegebene Gutachten nach der GIRL hat er-<br />

geben, dass die Schutzwerte, die die GIRL für Wohn-/Mischgebiete vorgibt,<br />

beim Friedhof eingehalten sind. Die GIRL sieht bei einer Beurteilung im Ein-<br />

zelfall nach Ziffer 5 gemäß den Auslegungshinweisen die strengsten Werte<br />

für Kurgebiete bzw. Luftkurorte vor, nämlich den Wert von 0,06. Grundsätz-<br />

lich gehen die Werte der GIRL von einer Dauernutzung durch Menschen aus.<br />

So führt die GIRL in Ziffer 3.1 ausdrücklich aus, dass sonstige Gebiete, die<br />

nicht in der Tabelle genannt sind (dies sind Wohn-/Mischgebiete, Gewerbe-<br />

/Industriegebiete und Dorfgebiete), in denen sich Personen nicht nur vorü-<br />

bergehend aufhalten, entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts<br />

den einzelnen Spalten dieser Tabelle zuzuordnen sind. Daraus folgt zugleich,<br />

dass für Gebiete, in denen sich Personen nur vorübergehend aufhalten – nur<br />

für wenige Stunden im Jahr wie an einem Friedhof –, eine andere Bewertung<br />

erforderlich ist.


91<br />

So hat auch das VG Gera (a.a.O.) darauf abgestellt, dass für Gebiete mit nur<br />

vorübergehendem Aufenthalt von Menschen jedenfalls ein höheres Maß an<br />

Geruchsimmissionen zumutbar ist.<br />

Bei der Abwägung der widerstreitenden Belange ist die Kammer zu der Über-<br />

zeugung gelangt, dass auch der besondere Schutzanspruch eines jüdischen<br />

Friedhofs vor Geruchsimmissionen jedenfalls dann gewahrt ist, wenn die Ge-<br />

ruchswahrnehmungshäufigkeit unter 10% der Jahresstunden liegt und damit<br />

sogar den in einem Wohngebiet – zum dauernden Wohnen (24 Stunden am<br />

Tag) – erforderlichen Wert einhält. Tatsächlich wird selbst der strengste Wert<br />

der GIRL für Kurgebiete in wesentlichen Bereichen des jüdischen Friedhofs,<br />

nämlich auf über 90 % der Fläche, noch eingehalten. Die auf dem Weg zum<br />

Friedhof auftretende Geruchsstundenhäufigkeit von 10 % bis 18,5 % kann<br />

nicht als Geruchsstundenhäufigkeit beim Friedhof selbst angesetzt werden.<br />

Damit kann aus Sicht der Kammer offen bleiben, ob es auf den Aspekt, den<br />

das Landratsamt Rhön-Grabfeld in das Verfahren eingeführt hat, überhaupt<br />

noch ankommt. Dieses hat auf einen Vergleich der in einem Dorf- bzw.<br />

Wohngebiet zulässigen Nutzungen abgestellt. Vergleiche man nämlich die in<br />

einem Wohngebiet allgemein zulässigen Nutzungen, so seien in diesem zu-<br />

lässig auch Anlagen für kirchliche Zwecke, und damit neben Kirchen auch<br />

Synagogen. Dies bedeute dann aber auch, dass diesen Einrichtungen die in<br />

einem Wohngebiet zulässige Geruchshäufigkeit von 10 % zuzumuten seien.<br />

Wenn aber einer Synagoge eine solche Geruchshäufigkeit zuzumuten sei,<br />

dann müsse dies auch für einen jüdischen Friedhof gelten.<br />

Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten hat der TÜV Süd die<br />

Beurteilung des jüdischen Friedhofs nicht (fehlerhaft) unterlassen, vielmehr<br />

wurde im Gutachten explizit die Häufigkeit von Geruchsereignissen auf dem<br />

Friedhof genannt. Nur dies war vom Gutachter gefordert. Die Frage der Be-<br />

wertung der Geruchshäufigkeit als zumutbar bzw. unzumutbar ist Aufgabe<br />

des Gerichts.


92<br />

Auch die von Klägerseite thematisierte Kaltluftproblematik führt zu keiner an-<br />

deren Beurteilung. Insoweit wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen<br />

auf die obigen Ausführungen (unter Ziffer 6.3.6.) verwiesen.<br />

7.2.<br />

Denkmalschutzrechtliche Belange:<br />

Von Seiten des Klägers zu 3) aber auch der Klägerinnen zu 2) und 4) wird<br />

ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 2 wie auch gegen Art. 26 des Bayeri-<br />

schen Denkmalschutzes (BayDSchG) gerügt. Hier sei der Stall wegen seiner<br />

Größe als „in der Nähe“ des Friedhofs als eingetragenes Baudenkmal befind-<br />

lich anzusehen. Auch werde das Erscheinungsbild des Friedhofs nachdrück-<br />

lich durch die ausgesprochene Nähe des vorgesehenen Stalls gemindert.<br />

Das Landesamt für Denkmalpflege hätte im Verfahren beteiligt werden müs-<br />

sen.<br />

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB ist eine Beeinträchtigung öffentlicher<br />

Belange dann gegeben, wenn das Vorhaben u.a. Belange des Denkmal-<br />

schutzes beeinträchtigt. Im Außenbereich ist insbesondere der Umgebungs-<br />

schutz von Denkmälern von Bedeutung (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-<br />

berger, § 35, RdNr. 95).<br />

Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG bedarf einer Erlaubnis, wer in der Nähe<br />

von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn<br />

sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler aus-<br />

wirken kann. Historische Friedhöfe können Baudenkmäler sein, Friedhofsan-<br />

lagen fallen unter den Begriff der Gartenanlagen i.S.d. Art. 1 Abs. 2 Satz 3<br />

BayDSchG. Die Kammer hat keinerlei Zweifel an der Denkmalseigenschaft<br />

des jüdischen Friedhofs von Ne*******.<br />

Eine Anlage ist dann in der Nähe eines Baudenkmals gelegen, wenn ihre Er-<br />

richtung, Veränderung oder Beseitigung für ein Baudenkmal, insbesondere<br />

sein äußeres Erscheinungsbild nachteilige Wirkungen haben kann. Gegebe-<br />

nenfalls ist unter Beteiligung der Fachbehörde zu klären, ob eine erlaubnis-


93<br />

pflichtige Auswirkung auf das Denkmal eintreten kann (Eberl/Martin/Greipl,<br />

<strong>Bayerische</strong>s Denkmalschutzgesetz, 2007, Art. 6, RdNr. 38).<br />

Das Landratsamt Rhön-Grabfeld hat im Verwaltungsverfahren keine Stel-<br />

lungnahme des <strong>Bayerische</strong>n Landesamtes für Denkmalpflege (BLFD) einge-<br />

holt. Es liegt aber ein Schreiben des BLFD vom 6. Dezember 2007 an die<br />

Klägerin zu 4) vor, das der Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 5. Au-<br />

gust 2008 vorgelegt hat. Danach hält das BLFD „aus Gründen der Pietät“ ei-<br />

nen größeren Abstand für angemessen und macht Bedenken gegen den<br />

Standort geltend. Nach Auffassung des Landratsamtes Rhön-Grabfeld war<br />

das BLFD nicht am Vorbescheidsverfahren zu beteiligen, da das Land-<br />

ratsamt von keinem erlaubnispflichtigen Tatbestand nach dem Bayer. Denk-<br />

malschutzgesetz ausgegangen ist. Dies ist nicht zu beanstanden. Denn die<br />

Entscheidung, ob ein erlaubnispflichtiger Tatbestand vorliegt, trifft das Land-<br />

ratsamt als untere Denkmalschutzbehörde, nicht die Fachbehörde Bayeri-<br />

sches Landesamt für Denkmalpflege. Das BLFD ist die staatliche Fachbe-<br />

hörde für die Beurteilung der Fachfragen und ist stets zu beteiligen, wenn es<br />

um solche Fragen geht (Eberl/Martin/Greipl, Art. 12, RdNr. 1). Grundsätzlich<br />

ist aber für den Vollzug des <strong>Bayerische</strong>n Denkmalschutzgesetzes die untere<br />

Denkmalschutzbehörden zuständig (Art. 11 Abs. 4 Satz 1 BayDSchG).<br />

Letztendlich kommt es aber auf diese Zuständigkeitsfragen nicht an. Denn<br />

schließlich hat hier das BLFD mit der Stellungnahme vom 10. September<br />

2008 deutlich gemacht, dass nach Auffassung der Fachbehörde der Stall<br />

schon nicht in der Nähe des jüdischen Friedhofs gelegen ist. Bei einer<br />

Ortseinsicht sei nämlich deutlich geworden, dass zwischen Friedhof und dem<br />

Baugrundstück ein großer Acker und auch eine Straße liegen. Beides wirke<br />

in der topographischen Hanglage als „deutliche Zäsur zum umgrenzten<br />

Friedhof“. Ein unmittelbarer Zusammenhang und somit eine Behandlung als<br />

„Nähefall“ zwischen dem geplanten Bauvorhaben und dem eingetragenen<br />

Baudenkmal „Jüdischer Friedhof“ besteht nach Auffassung des Denkmalam-<br />

tes nicht. Dieser Einschätzung der Fachbehörde schließt sich die Kammer<br />

an, da keinerlei Zweifel hieran angebracht sind.


94<br />

Soweit sich die Klägerseite auf den Beschluss des Niedersächsischen Ober-<br />

verwaltungsgerichts vom 28. Mai 2002 (1 LA 2929/01, ) beruft, bleibt<br />

Folgendes festzuhalten: Das Gericht hat – nach einer entsprechenden Stel-<br />

lungnahme der Denkmalschutzfachbehörde – entschieden, dass die expo-<br />

nierte Lage eines alten jüdischen Friedhofs weit ab von der Bebauung durch<br />

das Heranrücken von Wohnbebauung wesentlich beeinträchtigt werden<br />

kann. Es sei „nicht ernstlich zweifelhaft, dass das Erscheinungsbild des jüdi-<br />

schen Friedhofs (...) beeinträchtigt wird, wenn die durch die 15. Änderung<br />

des Flächennutzungsplanes ermöglichte Wohnbebauung bis auf wenige Me-<br />

ter an das Denkmal heranrückt“. Aufgrund ihrer Entfernung zur nächstgele-<br />

genen Bebauung dokumentiere die Friedhofsanlage, dass im ländlichen Be-<br />

reich bis weit in das 19. Jahrhundert jüdische Begräbnisstätten aus einer in-<br />

toleranten christlichen Geisteshaltung weit ab von den Siedlungen hätten an-<br />

gelegt werden müssen. Die Ausstrahlungskraft des jüdischen Friedhofs als<br />

Zeugnis der Geschichte beruhe wesentlich darauf, dass seine Umgebung<br />

bisher frei von Bebauung ist. Dadurch werde nachhaltig die erzwungene Ab-<br />

geschiedenheit alter jüdischer Begräbnisstätten von der Besiedlung doku-<br />

mentiert. Eine diese isolierte Lage zerstörende heranrückende Wohnbebau-<br />

ung beeinträchtige den Denkmalwert.<br />

Dem kann aus Sicht der Kammer nur beigepflichtet werden. Allerdings rückt<br />

im vorliegenden Fall die Bebauung – anders als in dem vom Oberverwal-<br />

tungsgericht Niedersachsen entschiedenen Fall – nicht „auf wenige Meter“<br />

an den jüdischen Friedhof heran. Der Abstand zwischen dem südlichen<br />

Grundstückseck des Friedhofes und der nördlichen Grenze des Grundstücks,<br />

auf dem sich der Aussiedlerhof des Beigeladenen befindet, beträgt ca.<br />

140 m, der Abstand zum Grundstück Fl.Nr. *32 (Aussiedlerhof T******) be-<br />

trägt ca. 160 m, der Abstand zu dem nördlich des Friedhofs gelegenen Aus-<br />

siedlerhofgrundstück Fl.Nr. *04 ca. 220 m. Der Abstand zwischen dem Bau-<br />

grundstück und dem Friedhofsgrundstück beträgt ca. 150 m. Wesentlich<br />

wichtiger als die genaue Entfernung und als der Umstand, dass die geplante<br />

Bebauung in etwa die gleiche Entfernung zum Friedhof einhält wie die bereits<br />

seit Jahrzehnten hier vorhandene landwirtschaftliche Bebauung, ist aber aus<br />

Sicht der Kammer, dass hier die in Ost-Westrichtung verlaufende Kreisstraße


nicht überschritten wird. Dieser kommt nämlich – wie sich beim Augen-<br />

95<br />

scheinstermin deutlich gezeigt hat – eine trennende Wirkung zwischen land-<br />

wirtschaftlicher Bebauung im Süden und Friedhof im Norden zu. Dadurch,<br />

dass diese Linie hier nicht überschritten wird, bleibt auch die isolierte Lage<br />

des Friedhofes gewahrt, er ist und bleibt in allen Himmelsrichtungen deutlich<br />

von der ihn umgebenden Bebauung abgesetzt. Im Übrigen liegt auch – wor-<br />

auf das BLFD zutreffender Weise seine Beurteilung gestützt hat – ein großes<br />

(1,8 ha) Ackergrundstück zwischen Friedhof und Baugrundstück, das eben-<br />

falls zu einer deutlichen Zäsur beiträgt.<br />

Nach allem kann festgehalten werden, dass ein Verstoß gegen Belange des<br />

Denkmalschutzes nicht gegeben ist.<br />

7.3.<br />

Ammoniakbelastung bezüglich des jüdischen Friedshofs:<br />

Soweit der von der Klägerin zu 4) mit einer gutachterlichen Stellungnahme<br />

beauftragte Sachverständige Dipl.-Ing. ***** K**** negative Auswirkungen<br />

der Gülleaufbringung auf den Feldern hinsichtlich der Grabsteine auf dem jü-<br />

dischen Friedhof befürchtet, kann dies nicht dem Bauvorhaben des Beigela-<br />

denen entgegengehalten werden, da es sich hierbei um eine allgemeine<br />

Problematik der Landbewirtschaftung handelt. Im Übrigen, nämlich hinsicht-<br />

lich der vom Bauvorhaben auf den jüdischen Friedhof einwirkenden Ammo-<br />

niakbelastung, bleibt die „gutachterliche Stellungnahme zum Thema Ammo-<br />

niak und Naturstein“ vollkommen pauschal und mündet in der Aussage, dass<br />

es nicht Aufgabe dieser Stellungnahme sein könne, zu ermitteln, wie hoch<br />

die vom Bauvorhaben auf den Friedhof einwirkende Ammoniakbelastung sei.<br />

Dass Ammoniak auf Natursteine ganz generell negative Auswirkungen hat,<br />

ist allgemein bekannt; insoweit bedarf es keines Gutachtens. Dies zeigt auch<br />

der Umstand, dass viele Grabmale auf dem jüdischen Friedhof Ne*******<br />

durch die beschriebenen Vorgänge – wie der Gutachter ausführt – bereits<br />

angegriffen sind.<br />

7.4.


96<br />

Berücksichtigung der Belange der Glaubens– und Glaubensbetätigungsfrei-<br />

heit (Art. 4 Abs. 1, 2 GG) sowie der Gewährleistung nach Art. 140 GG i.V.m.<br />

Art. 138 BV :<br />

Des Weiteren wird vom Klägerbevollmächtigten vorgebracht, dass der ange-<br />

griffene Vorbescheid wegen fehlender ausreichender Berücksichtigung der<br />

Belange der Glaubens- und Glaubensbetätigungsfreiheit (Art. 4 Abs. 1, 2<br />

GG) sowie der Gewährleistung nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 WRV mit<br />

dem Einrichtungs- und Nutzungsinteresse des Beigeladenen rechtswidrig<br />

sei.<br />

Insoweit ist zunächst aus Sicht der Kammer darauf hinzuweisen, dass ein<br />

aus Art. 14 GG abgeleiteter Rechtsanspruch des Bauherrn auf Erteilung der<br />

Baugenehmigung besteht, es sei denn es stehen dem Vorhaben öffentlich-<br />

rechtliche Vorschriften entgegen (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Bay-<br />

BO). Die vg. Vorschrift als die einen Rechtsanspruch verbürgende gebunde-<br />

ne Entscheidung kennt auch – anders als bei der Aufstellung eines Bebau-<br />

ungsplans – keine Abwägung zwischen einzelnen Belangen, nämlich den für<br />

den Bauherrn und den für den Nachbarn streitenden Interessen. Somit kann<br />

hier auch nicht eine von den öffentlichen Belangen des § 35 Abs. 3 BauGB<br />

„losgelöste“ Abwägungsentscheidung zwischen dem Grundrecht des Bau-<br />

herrn aus Art. 14 GG und dem des Klägers zu 3) aus Art. 4 Abs. 1 und 2 so-<br />

wie Art. 140 GG i.V.m. Art. 138 WRV herbeigeführt werden.<br />

Allerdings erweist sich die von der Kammer getroffene Entscheidung im Sinn<br />

der vorgenannten erhöhten Schutzwürdigkeit eines jüdischen Friedhofs, ver-<br />

gleichbar der eines Wohngebiets, auch unter Beachtung der für den Kläger<br />

zu 3) angeführten Grundrechte, als rechtmäßig. Im Einzelnen:<br />

Ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ist hier nicht gegeben, weil in den<br />

Schutzbereich dieses Grundrechts nicht eingegriffen wird. Nach Art. 4 Abs. 1<br />

GG sind die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des reli-<br />

giösen und weltanschaulichen Bekenntnisses unverletzlich. Nach Art. 4<br />

Abs. 2 GG wird die ungestörte Religionsausübung gewährleistet. Träger der


97<br />

(kollektiven) Glaubensfreiheit sind juristische Personen und Vereinigungen,<br />

soweit sie geschützte Tätigkeiten ausüben (Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl.,<br />

Art. 4, RdNr. 119). Art. 4 Abs. 2 GG garantiert die Vornahme aller denkbaren<br />

kultischen Handlungen sowie die Beachtung und Ausübung religiöser Ge-<br />

bräuche (Maunz/Dürig, Grundgesetz, April 2010, Art. 4, RdNr. 101). Nach<br />

den überzeugenden Ausführungen des Rabbiners E**** ist davon auszuge-<br />

hen, dass der Schutzbereich dieses Grundrechts eröffnet ist.<br />

Die Grundrechte schützen allerdings nicht vor jeder Einwirkung des Staates<br />

in den Schutzbereich des Grundrechts. Zunächst muss es sich um eine Ein-<br />

wirkung eines Grundrechtsadressaten, also des Staates i.w.S., handeln. Hier<br />

würden aber die Geruchs- und sonstigen Immissionen vom Stall des Beige-<br />

ladenen ausgehen. Ein Eingriff in das Grundrecht der Glaubensfreiheit ist<br />

dann gegeben, wenn ein Grundrechtsadressat die geschützten Tätigkeiten<br />

regelt oder faktisch in erheblicher Weise behindert, wenn die Beeinträchti-<br />

gung in einer generellen oder individuellen Regelung besteht, die unmittelbar<br />

und gezielt (final) durch ein vom Staat verfügtes Ge- oder Verbot, also impe-<br />

rativ zu einer Verkürzung grundrechtlicher Freiheiten führt (Jarass/Pieroth,<br />

Art. 4, RdNr. 22; Vorb. vor Art. 1, RdNr. 27). Derartige Gebote oder Verbote<br />

zur Religionsausübung wurden aber durch das Landratsamt Rhön-Grabfeld<br />

hier nicht getroffen. Auch wenn es sich bei dem vo#n dem Beklagten erlas-<br />

senen, streitgegenständlichen Bescheid nicht um eine Baugenehmigung,<br />

sondern nur um einen Vorbescheid handelt, der noch nicht die Baufreigabe<br />

ausspricht, könnte hier dennoch in dem erlassenen Vorbescheid eine mittel-<br />

bare Wirkung zu Lasten Dritter, nämlich des Klägers zu 3), gesehen werden.<br />

Solche Einwirkungen mittelbarer Art stellen aber nur dann eine Grundrechts-<br />

beeinträchtigung dar, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen klas-<br />

sischen Eingriffen gleichkommen (BVerfG, B.v. 21.06.2006, 2 BvL 2/99, ; Jarass/Pieroth, Vorb. vor Art. 1, RdNr. 29) und damit die Eingriffs-<br />

schwelle überschreiten. Unter Beachtung des Umstandes, dass hier nur eine<br />

in einem Wohngebiet zulässige Geruchsbeeinträchtigung des Friedhofs ge-<br />

geben ist und die räumliche Trennung zwischen Bauvorhaben und Friedhof<br />

durch die Kreisstraße und einen großen Acker gewahrt ist, das Bauvorhaben<br />

sich nicht in unmittelbarer Nähe des Friedhofs befindet, sondern in vergleich-


98<br />

barer Nähe wie die beiden Aussiedlerhöfe, kann hier nicht davon gesprochen<br />

werden, dass die kollektive Religionsfreiheit des Klägers zu 3) „faktisch in er-<br />

heblicher Weise“ (vgl. Jarass/Pieroth, Art. 4, RdNr. 22) behindert würde.<br />

Ein Verstoß gegen Art. 140 GG i.V.m. Art 138 Abs. 2 WRV scheidet hier<br />

deshalb aus, weil kein Eingriff in den Schutzbereich gegeben ist. Gemäß<br />

Art. 138 Abs. 2 WRV wird das Eigentum und andere Rechte der Religions-<br />

gemeinschaften und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts-, und<br />

Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Ver-<br />

mögen gewährleistet. Die in Art. 138 Abs. 2 WRV verankerte Kirchengutsga-<br />

rantie schützt bestimmte vermögenswerte Rechte der Religionsgemeinschaf-<br />

ten wegen der religiösen oder weltanschaulichen Zwecksetzung dieser Rech-<br />

te (vgl. Maunz/Dürig, Art 140 GG, Art. 138 WRV, RdNr. 15). Der Kläger zu 3)<br />

ist Eigentümer des jüdischen Friedhofs, auch die Zweckbestimmung im vor-<br />

genannten Sinn ist gegeben. Art 138 Abs. 2 WRV begründet eine verfas-<br />

sungsrechtliche Garantie zur Abwehr von Säkularisationen und säkularisati-<br />

onsähnlichen Akten (Maunz/Dürig, Art. 140 GG, Art. 138 WRV, RdNr. 13).<br />

Die Kirchengutsgarantie verbietet Eingriffe des Staates, die gerade und spe-<br />

ziell das Kirchengut betreffen, also Säkularisationen und säkularisationsähn-<br />

liche Akte. Die in das Grundgesetz inkorporierte Bestimmung des Art. 138<br />

Abs. 2 WRV will mithin die besondere Funktion des Kirchenguts gegenüber<br />

Zugriffen des Staates schützen (BVerwG, U.v. 15.11.1990, 7 C 9/89,<br />

BVerwGE 87, 115). Von einem Zugriff des Staates, einer Säkularisation oder<br />

säkularisationsähnlichen Maßnahme kann hier aber nicht gesprochen wer-<br />

den.<br />

Im Übrigen kann dem Klägerbevollmächtigten nicht gefolgt werden, wenn<br />

dieser – erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2010 –<br />

eine Verletzung des zwischen dem Freistaat <strong>Bayern</strong> und dem Landesver-<br />

band der Israelitischen Kultusgemeinden in <strong>Bayern</strong> am 14. August 1997 ab-<br />

geschlossenen Staatsvertrags (GVBl 1998, 30) reklamiert. Insbesondere ist<br />

nichts dafür ersichtlich, dass die in Art. 4 enthaltene Freundschaftsklausel<br />

verletzt worden wäre, zumal hier nach der Stellungnahme der Fachbehörde<br />

BLFD nicht von einem „Nähefall“ auszugehen ist.


7.5.<br />

99<br />

Verstoß gegen Bestattungsgesetz und gegen Art. 149 BV, „schickliche Grab-<br />

pflege“:<br />

Vorliegend ist weder ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 Satz 1 des Bayer. Be-<br />

stattungsgesetzes (BestG), noch gegen Art. 149 der <strong>Bayerische</strong>n Verfassung<br />

(BV) erkennbar. Nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BestG müssen die Friedhöfe so<br />

beschaffen sein, dass sie u.a. dem Friedhofszweck (Art. 8 Abs. 1) entspre-<br />

chen. Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BestG sind Friedhöfe öffentliche Einrichtun-<br />

gen, die den Verstorbenen als würdige Ruhestätte und der Pflege ihres An-<br />

denkens gewidmet sind. Nach Art. 149 Abs. 1 Satz 1 BV haben die Gemein-<br />

den dafür zu sorgen, dass jeder Verstorbene schicklich beerdigt werden<br />

kann.<br />

Für die Kammer steht mit dem <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsgerichtshof (B.v.<br />

19.11.2003, 20 CS 03/2424, ) dem Grunde nach außer Zweifel, dass<br />

ein Friedhof, der den Verstorbenen als würdige Ruhestätte und der Pflege ih-<br />

res Andenkens gewidmet ist, eine besonders schutzwürdige Anlage darstellt,<br />

die auch von der Nachbarschaft gerade in Bezug auf die Art der baulichen<br />

Nutzung die nach dem Widmungszweck gebotene Rücksichtnahme verlan-<br />

gen kann. Entscheidend sind aber die konkreten Umstände des Einzelfalls.<br />

Angesichts des Umstandes, dass hier nur eine in einem Wohngebiet zulässi-<br />

ge Geruchsbeeinträchtigung des Friedhofs gegeben ist und die räumliche<br />

Trennung zwischen Bauvorhaben und Friedhof durch die Kreisstraße ge-<br />

wahrt ist und das Bauvorhaben sich nicht in unmittelbarer Nähe des Fried-<br />

hofs befindet, kann hier nicht von einem Verstoß gegen den Friedhofszweck<br />

und insbesondere gegen die „schickliche Grabpflege“ gesprochen werden.<br />

8.<br />

Bauleitplanung/Veränderungssperre/Ersetzung des gemeindlichen Einver-<br />

nehmens:


100<br />

In der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2010 hat der 1. Bürger-<br />

meister der Klägerin zu 4) eine Skizze vorgelegt und hierzu erläutert, dass<br />

die Gemeinde W***** im November 2009 eine Flächennutzungsplanände-<br />

rung in Angriff genommen habe, mit der Flächen am westlichen Ortsrand von<br />

W*****, die bisher im Außenbereich gelegen hätten, nun als Mischgebiet ein-<br />

gestuft werden sollten. Hierbei handelt es sich allerdings um bloße Pla-<br />

nungsabsichten, die dem Vorhaben des Beigeladenen schon deshalb nicht<br />

entgegen gehalten werden können, weil sie keine hinreichende Konkretisie-<br />

rung erfahren haben. Der Vertreter der Klägerin zu 4) wie auch des Beigela-<br />

denen haben auf Frage des Gerichts übereinstimmend angegeben, dass<br />

noch nicht einmal die Träger öffentlicher Belange hierzu angehört wurden. Im<br />

Übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass durch eine Flächennutzungsplanän-<br />

derung Außenbereichsgrundstücke nicht dem Innenbereich zugeordnet wer-<br />

den können.<br />

Von Seiten der Klägerin zu 2) wird vorgebracht, dass das Vorhaben des Bei-<br />

geladenen der städtebaulichen Entwicklung der Gemeinde No*************<br />

widerspreche, und zwar sowohl der erlassenen Veränderungssperre als auch<br />

dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan.<br />

Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann<br />

die Gemeinde nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zur Sicherung der Planung für<br />

den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschlie-<br />

ßen, dass Vorhaben i.S.d. § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen.<br />

Gemäß § 14 Abs. 3 BauGB werden Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der<br />

Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, von der Verände-<br />

rungssperre nicht berührt. Der planungsrechtliche Vorbescheid (Bebauungs-<br />

genehmigung) ist eine baurechtliche Genehmigung i.S.d. § 14 Abs. 3<br />

BauGB; das hat zur Folge, dass ein Vorhaben, für das ein solcher noch bin-<br />

dender Vorbescheid besteht, durch eine später erlassene Veränderungssper-<br />

re nicht berührt wird, sondern sich der Vorbescheid gegen die Verände-<br />

rungssperre durchsetzt (Simon/Busse, Art. 71, RdNr. 112; Ernst/Zinkahn/Bie-<br />

lenberg/Krautzberger, § 14, RdNrn. 120 ff.). Folglich setzt sich zumindest ein<br />

Vorbescheid, der die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit feststellt (Bebau-


101<br />

ungsgenehmigung), gegen eine später erlassen Veränderungssperre durch,<br />

da er i.S.v. § 14 Abs. 3 BauGB ein Vorhaben vor dem Inkrafttreten der Ver-<br />

änderungssperre „baurechtlich genehmigt“ (BVerwG, U. 03.02.1984, 4 C<br />

39/82; U.v. 19.09.2002, 4 C 10/01; beide ). Voraussetzung ist aller-<br />

dings, dass der Vorbescheid dem Bauherrn gegenüber unanfechtbar ist,<br />

denn der Bauherr verdient dann keine Absicherung gegenüber der Verände-<br />

rungssperre, wenn er selbst einen Rechtsbehelf eingelegt hat (Simon/Busse,<br />

Art. 71, RdNr. 112). Die Veränderungssperre vermag die Bindungswirkung<br />

eines Vorbescheids auch dann nicht zu beseitigen, wenn der Vorbescheid<br />

wegen eines Nachbarwiderspruchs noch nicht bestandskräftig ist<br />

(Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 14, RdNr. 122; Simon/Busse,<br />

a.a.O.; OVG Lüneburg, U.v. 31.03.1989, 1 A 5/88, ). Hier hat der Ge-<br />

meinderat der Gemeinde No************* am 22. Oktober 2007 beschlossen,<br />

für das Gebiet um das Baugrundstücks einen Bebauungsplan aufzustellen<br />

und eine Veränderungssperre zu erlassen. Ziel der Planung soll sein „die<br />

Regelung gegenseitiger Interessen der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft,<br />

des Fremdenverkehrs und Berücksichtigung der Belange der öffentlich recht-<br />

lichen Religionsgesellschaften, sowie der Belange des Umwelt- und Natur-<br />

schutzes.“ Die Satzung über die Veränderungssperre wurde im Mitteilungs-<br />

blatt der Verwaltungsgemeinschaft F******** vom 3. November 2007 bekannt<br />

gemacht. Am 29. November 2007 erließ die Gemeinde No************* eine<br />

Satzung „zum Erhalt des Denkmals und Begräbnisstätte jüdischer Friedhof<br />

(Fl.Nr. *02 der Gemarkung Ne*******) und dessen näherer Umgebung“, in<br />

dessen Geltungsbereich das Baugrundstück einbezogen wurde. Mit Be-<br />

schluss des Gemeinderats vom 26. Oktober 2009 hat die Klägerin zu 2) die<br />

Geltungsdauer der Veränderungssperre um ein Jahr verlängert. Der Vorbe-<br />

scheid wurde am 22. Oktober 2007 und damit vor Inkrafttreten der Verände-<br />

rungssperre (4. November 2007) erlassen, so dass er von dieser nicht be-<br />

rührt wird.<br />

Hieran hat sich auch durch den Erlass der Ergänzungsbescheide nichts ge-<br />

ändert, denn hierbei handelt es sich nur um eine Klarstellung (Bescheid vom<br />

05.08.2008) bzw. um eine Reduzierung des ursprünglich genehmigten Aus-<br />

maßes (Bescheid vom 20.03.2009). Anders wäre dies wohl nur dann, wenn


102<br />

ein „mehr“ oder ein „aliud“ genehmigt worden wäre, was hier aber nicht der<br />

Fall ist.<br />

Damit kommt es auf die Frage, ob der der Veränderungssperre zu Grunde<br />

liegende Bebauungsplan einer rechtlichen Überprüfung stand hält, nicht<br />

mehr an. Hierzu sei lediglich noch kurz angemerkt, dass aus Sicht der Kam-<br />

mer insoweit erhebliche Benken bestehen. Allein die zeitlichen Abläufe spre-<br />

chen hier schon deutlich dafür, dass es sich hier um eine reine Verhinde-<br />

rungsplanung handelt. Dafür, dass die zu sichernde Planung im Zeitpunkt der<br />

Beschlussfassung über die Veränderungssperre bereits einen Stand erreicht<br />

hat, der ein Mindestmaß des Inhalts der beabsichtigten Planung erkennen<br />

lässt, ist vorliegend nichts ersichtlich. Auch drei Jahre nach Fassung des<br />

Aufstellungsbeschlusses durch die Klägerin zu 2) sind keine weiteren Verfah-<br />

rensschritte zur Aufstellung des Bebauungsplans erfolgt. Auf die Frage des<br />

Gerichts nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens erläuterte der 1. Bür-<br />

germeister der Klägerin zu 2) in der mündlichen Verhandlung vom<br />

19. Oktober 2010, dass die Gemeinde, insbesondere im Anschluss an die<br />

mündliche Verhandlung vom 16. September 2008, auch aus finanziellen<br />

Gründen, die Planung nicht weiterbetrieben habe. Dies erscheint vernünftig.<br />

Diese Aussage bringt aber auch die Motivationslage klar zum Ausdruck: Die<br />

Gemeinde will die Planung nur weiter verfolgen, wenn dies notwendig bzw.<br />

erfolgversprechend ist, um das Vorhaben des Beigeladenen zu stoppen.<br />

Dies kann aber nur als „Verhinderungsplanung“ bezeichnet werden.<br />

Schließlich erweist sich auch die Ersetzung des gemeindlichen Einverneh-<br />

mens durch den Vorbescheid vom 22. Oktober 2007 als nicht rechtswidrig,<br />

da die rechtlichen Voraussetzungen zur Erteilung des Vorbescheides gege-<br />

ben waren und deshalb die Gemeinde No************* ihr gemeindliches Ein-<br />

vernehmen zu Unrecht versagt hatte.<br />

9.<br />

Nach allem erweist sich der Vorbescheid des Landratsamtes Rhön-Grabfeld<br />

vom 22. Oktober 2007 i.d.F. der Bescheide vom 5. August 2008 und vom


103<br />

20. März 2009 als rechtmäßig, so dass die Klagen als unbegründet abzuwei-<br />

sen waren.<br />

IV.<br />

Als Unterlegene haben die Kläger anteilig die Kosten des Verfahrens zu tra-<br />

gen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Aufteilung der Kosten richtet sich nach dem<br />

wirtschaftlichen Interesse, mithin nach der Höhe des Streitwertes. Es ent-<br />

sprach der Billigkeit, dass die Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des<br />

Beigeladenen zu tragen haben, weil sich der Beigeladene durch Antragstel-<br />

lung am Prozesskostenrisiko beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3<br />

VwGO).<br />

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708<br />

Nr. 11, 711 ZPO.<br />

Rechtsmittelbelehrung:<br />

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsgerichtshof<br />

zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines<br />

Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsgericht<br />

Würzburg,<br />

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder<br />

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,<br />

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.<br />

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach<br />

Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung<br />

zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden<br />

ist, beim <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsgerichtshof<br />

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder<br />

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,<br />

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,<br />

einzureichen.<br />

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn<br />

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,<br />

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,<br />

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,<br />

4. das Urteil von einer Entscheidung des <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts,<br />

des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes<br />

oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht<br />

oder<br />

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend<br />

gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.<br />

Vor dem <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten<br />

vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein<br />

Verfahren vor dem <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte


104<br />

sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes<br />

mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7<br />

VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische<br />

Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen<br />

Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte<br />

mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer<br />

Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen<br />

zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.<br />

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.<br />

gez.: Heilek Graf Dr. Weinmann<br />

Beschluss:<br />

1. Der Streitwert wird bis zur Abtrennung mit Be-<br />

schluss vom 23. November 2007 wie folgt festge-<br />

setzt: 82.500,00 EUR<br />

2. Nach dieser Abtrennung wird der Streitwert wie<br />

folgt festgesetzt:<br />

**** ******** *** *** ** F************, L************<br />

*** ************** *************** ** ******, Wasser-<br />

zweckverband W*****er Gruppe je 7.500,00 EUR,<br />

Gemeinde No*************, Gemeinde W***** je<br />

30.000,00 EUR.<br />

3. Der Streitwert wird nach der Verbindung mit Be-<br />

schluss vom 19. Oktober 2010 wie folgt festge-<br />

setzt: 55.000,00 EUR. Dieser setzt sich aus fol-<br />

genden Einzelstreitwerten zusammen: ****<br />

******** *** *** ** F************, L************ ***<br />

************** *************** ** ******, Wasser-<br />

zweckverband W*****er Gruppe je 5.000,00 EUR,<br />

Gemeinde No*************, Gemeinde W***** je<br />

20.000,00 EUR.


105<br />

Rechtsmittelbelehrung:<br />

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den <strong>Bayerische</strong>n Verwaltungsgerichtshof<br />

zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt<br />

oder die Beschwerde zugelassen wurde.<br />

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der<br />

Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim <strong>Bayerische</strong>n<br />

Verwaltungsgericht Würzburg,<br />

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder<br />

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,<br />

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.<br />

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die<br />

Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung<br />

des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss<br />

mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.<br />

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.<br />

gez.: Heilek Graf Dr. Weinmann

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