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Augenfarbe: blau? Zumindest unter seinem rechten Auge prangt ein<br />
dickes Veilchen, als Matias Concha zum Ortstermin im Bahnhof Lan-<br />
gendreer erscheint. Ein Arbeitssouvenir, wie es sonst meist nur Boxer<br />
mit nach Hause bringen. Doch der Schwede kommentiert die Blessur<br />
nur mit einem lässigen Lächeln und wendet sich den Plattentellern zu<br />
- um wenig später den Laden zu rocken, als grätsche er einem gegne-<br />
rischen Angreifer den Ball vom Fuß.<br />
Wer war’s? - Matias Concha tut so, als habe<br />
er die Frage überhört. Also noch mal:<br />
Wer hat ihm ein solches Ding verpasst,<br />
dass jede Maskenbildnerin vor Neid erblassen<br />
würde? Matias stellt sich immer noch<br />
taub, dreht sich dann grinsend um und<br />
sagt: „Keine Ahnung, Namen vergessen.“<br />
Nur so viel will er verraten, dass sich im<br />
Trainingsgemenge der Schuh eines Kollegen<br />
fälschlicherweise in seinem Gesicht<br />
verirrt hat, er grinst dabei noch eine Falte<br />
breiter und setzt sich seine Sonnenbrille<br />
auf. Eben noch auf dem Bolzplatz, jetzt auf<br />
der Showbühne - Matias Concha gibt für eine<br />
Stunde lang den Plattenpapst im <strong>Bochum</strong>er<br />
Kulturzentrum Bahnhof Langendreer.<br />
Doch auch Grandmaster Flash hat einmal<br />
klein angefangen. Concha nimmt die Brille<br />
wieder ab und lauscht den Erklärungen von<br />
Haus-DJ Benedikt von Randow. Die Technik<br />
ist voller Tücken, hunderte Tasten und Regler<br />
auf dem Mischpult erfüllen noch mehr<br />
Funktionen. Zwei Platten drehen sich zur<br />
gleichen Zeit auf den Tellern und wollen<br />
irgendwie synchronisiert und verschmolzen<br />
werden. Unser schwedischer Neuzugang<br />
hört konzentriert zu, nickt, fragt nach, will<br />
alles ganz genau wissen. Wie auf dem<br />
Platz ist seine Dynamik, so energisch sie<br />
auch sein mag, niemals kopflos, sondern<br />
folgt einem genauen Plan. Das hat er so<br />
gelernt, von Kindesbeinen an, damals in<br />
Malmö.<br />
PORTRAIT<br />
Matias Concha<br />
SCHWEDENROCK<br />
In der 260.000-Einwohnerstadt im südlichsten<br />
Zipfel Schwedens ist er großgeworden.<br />
Mit 17 Jahren wechselte er von<br />
dem Stadtteilclub Kulladals FF in die Jugendabteilung<br />
von Malmö FF. Aus dem<br />
bis dahin Offensiven wurde ein Defensiver,<br />
Arbeitsgebiet: rechte Seite. „Mein gesamtes<br />
taktisches Grundwissen“, erzählt<br />
er, „verdanke ich meinem damaligen Trainer<br />
Tom Prahl. Bei dem mussten wir funktionieren<br />
wie Maschinen, da wusste jeder<br />
ganz genau, was er zu tun und wie er<br />
sich zu bewegen zu hatte. Immer und immer<br />
wieder wurden Spielzüge und Kombinationen<br />
eingeübt. Eine perfekte Organisation<br />
des Spiels.“ Concha mag diese<br />
systematische Art von Fußball, die ein<br />
Maximum an Planbarkeit und Kontrolle<br />
verspricht, und verbindet sie mit der bisweilen<br />
hochschießenden Energie seines<br />
südamerikanischen Temperaments. Matias’<br />
Vater ist Chilene und floh in den 70er-<br />
Jahren vor dem totalitären Regime Augusto<br />
Pinochets nach Skandinavien.<br />
In Langendreer nimmt das DJ-Duo langsam<br />
an Fahrt auf. Benedikt liefert laufend<br />
neue Platten an, sein Lehrling hat die ihm<br />
gemäßen Beats per Minute gefunden und<br />
dreht immer mutiger am Crossfader und<br />
Equalizer. Doch die Übergänge zwischen<br />
den einzelnen Tracks rumpeln noch gewaltig.<br />
„Ich muss in einer Stunde das ler-<br />
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