Bericht aus Berlin 6/2013 - Deutscher Notarverein

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15.01.2015 Aufrufe

Am Dienstag, den 23.4.2013 fand im Bundesministerium der Justiz eine Anhörung zur Reformbedürftigkeit des ZVG statt. Sämtliche mit dem ZVG befassten Verbände hatten die Möglichkeit, aus ihnotar 6/2013 211 bericht aus berlin Von A wie Aufgabenübertragung bis Z wie ZVG-Anhörung A. Aufgabenübertragung auf Notare: Kleine Lçsung Am 18.4.2013 hat der Bundestag das Gesetz zur Übertragung von Aufgaben auf Notare im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit in 2. und 3. Lesung beschlossen (BT-Drucks 17/1469 mit Änderungen des Rechtsausschusses BT-Drucks 17/13136). Notare sollen zur Entlastung der Justiz mit verschiedenen Aufgaben betraut werden. DiezweientscheidendenPunktesindzum einen eine Opt-In-Lçsung für Erbscheinsanträge (Art. 239 EGBGB-E): Durch die vorgesehene Öffnungsklausel ist es der Entscheidung der Bundesländer überlassen, durch Landesgesetz die notarielle Beurkundung eines Erbscheinsantrags (entgegen der bisherigen Formfreiheit) nebst zwingender notarieller eidesstattlicher Versicherung anzuordnen. Zum anderen sieht der neu einzufügende § 133a GBO-E eine Opt-Out-Lçsung hinsichtlich der Gewährung der Grundbucheinsicht vor. Demnach dürfen Notare demjenigen Einsicht in das Grundbuch gewähren (auch durch Erteilung eines Grundbuchausdrucks), der ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 12 GBO glaubhaft macht. Ergänzt wird diese bundeseinheitliche Regelung durch eine Öffnungsklausel zugunsten der Länder, wonach die isolierte Grundbucheinsicht beim Notar nicht gestattet werden kann. Weiter wird § 21 BNotO ergänzt. Der Notar darf künftig auch Bescheinigungen über das Bestehen rechtsgeschäftlicher Vertretungsbefugnisse erteilen. § 21 Abs. 3 BNotO soll künftig lauten: DieNotaresindfernerdafürzuständig, Bescheinigungen über eine durch Rechtsgeschäft begründete Vertretungsmacht auszustellen. Der Notar darf die Bescheinigung nur ausstellen, wenn er sich zuvor durch Einsichtnahme in eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Vollmachtsurkunde über die Begründung der Vertretungsmacht vergewissert hat. In der Bescheinigung ist anzugeben, in welcher Form und an welchem Tag die Vollmachtsurkunde dem Notar vorgelegen hat. Flankiert wird die Änderung in § 21 BNotO durch den neuen § 34 GBO-E, nach dem das Bestehen einer Vollmacht durch eine notarielle Bescheinigung nach § 21 BNotO im Grundbuchverfahren nachgewiesen werden kann. § 797 Abs. 3 ZPO-E sieht vor, dass künftig bei notariellen Urkunden nicht mehr das Amtsgericht über die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Urkunde zu entscheiden hat, sondern der Notar selbst. Weiter soll § 23a GVG eine Änderung erfahren: Künftig sollen für Teilungssachen nach § 342 Abs. 2 Nr. 1 FamFG anstelle der Amtsgerichte die Notare zuständig sein (§§ 362 ff. FamFG). Weiter sind die Notare künftig zuständig für Zeugnisse nach §§ 36 und 37 GBO. Insoweit wird § 20 BNotO ergänzt. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 7.6.2013 zugestimmt. Es tritt am 1.9.2013 in Kraft. Einstimmig abgelehnt hat der Bundestag dagegen die sogenannte „Große Lösung“ des Gesetzentwurfs des Bundesrats, wonach die Aufgaben der Nachlassgerichte 1. Instanz auf die Notare übertragen werden sollten. Die dafürnotwendigeGrundgesetzänderung (Art. 98a GG) war politisch nicht realisierbar. B. § 17 Abs. 2a BeurkG: Reaktion auf die Schrottimmobilien-Affäre und die sogenannten Mitternachtsnotare Der Bundesrat sah sich unter Federführung des Landes Berlin veranlasst, einen Gesetzentwurf zur Stärkung des Verbraucherschutzes im notariellen Beurkundungsverfahren einzubringen. Gegenstand des Gesetzentwurfs ist eine Verschärfung des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG. Künftig soll demzufolge der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts dem Verbraucher vom Urkundsnotar selbst bzw. von dessen Sozius zur Verfügung gestellt und im Falle eines Unterschreitens der Zwei-Wochen-Frist sollen die Gründe hierfür in der Niederschrift angegeben werden. Die Verschärfung des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG wird disziplinarrechtlich flankiert von der Einführung eines weiteren Amtsenthebungsgrundes im Fall eines wiederholten groben Verstoßes gegen § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG. Der Rechtsausschuss, dem der Gesetzentwurf zur federführenden Beratung im Februar dieses Jahres überwiesen worden war, hat am 17.4.2013 in seiner Beschlussempfehlung die Annahme des Gesetzentwurfs mit einer einzigen Änderung empfohlen. Als Änderung wurde vorgeschlagen, das Wort „kostenfrei“ zu streichen (BT-Drucks 17/13137). Am 18.4.2013 hat nunmehr der Bundestag in 2. und 3. Lesung die Änderung des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG beschlossen; er lautet künftig wie folgt: … der Verbraucher ausreichend Gelegenheit erhält, sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung auseinanderzusetzen; bei Verbraucherverträgen, die der Beurkundungspflicht nach § 311b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterliegen, soll dem Verbraucher der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts vom beurkundenden Notar oder einem Notar, mit dem sich der beurkundende Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat, zur Verfügung gestellt werden. Dies soll im Regelfall zwei Wochen vor der Beurkundung erfolgen. Wird diese Frist unterschritten, sollen die Gründe hierfür in der Niederschrift angegeben werden. C. Anhçrung ZVG

Am Dienstag, den 23.4.<strong>2013</strong> fand im<br />

Bundesministerium der Justiz eine Anhörung<br />

zur Reformbedürftigkeit des ZVG<br />

statt. Sämtliche mit dem ZVG befassten<br />

Verbände hatten die Möglichkeit, <strong>aus</strong> ihnotar<br />

6/<strong>2013</strong> 211<br />

bericht <strong>aus</strong> berlin<br />

Von A wie Aufgabenübertragung bis Z wie<br />

ZVG-Anhörung<br />

A. Aufgabenübertragung auf<br />

Notare: Kleine Lçsung<br />

Am 18.4.<strong>2013</strong> hat der Bundestag das Gesetz<br />

zur Übertragung von Aufgaben auf<br />

Notare im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit<br />

in 2. und 3. Lesung beschlossen<br />

(BT-Drucks 17/1469 mit Änderungen des<br />

Rechts<strong>aus</strong>schusses BT-Drucks 17/13136).<br />

Notare sollen zur Entlastung der Justiz mit<br />

verschiedenen Aufgaben betraut werden.<br />

DiezweientscheidendenPunktesindzum<br />

einen eine Opt-In-Lçsung für Erbscheinsanträge<br />

(Art. 239 EGBGB-E): Durch die<br />

vorgesehene Öffnungskl<strong>aus</strong>el ist es der<br />

Entscheidung der Bundesländer überlassen,<br />

durch Landesgesetz die notarielle Beurkundung<br />

eines Erbscheinsantrags (entgegen<br />

der bisherigen Formfreiheit) nebst<br />

zwingender notarieller eidesstattlicher Versicherung<br />

anzuordnen. Zum anderen sieht<br />

der neu einzufügende § 133a GBO-E eine<br />

Opt-Out-Lçsung hinsichtlich der Gewährung<br />

der Grundbucheinsicht vor.<br />

Demnach dürfen Notare demjenigen Einsicht<br />

in das Grundbuch gewähren (auch<br />

durch Erteilung eines Grundbuch<strong>aus</strong>drucks),<br />

der ein berechtigtes Interesse im<br />

Sinne des § 12 GBO glaubhaft macht.<br />

Ergänzt wird diese bundeseinheitliche<br />

Regelung durch eine Öffnungskl<strong>aus</strong>el zugunsten<br />

der Länder, wonach die isolierte<br />

Grundbucheinsicht beim Notar nicht gestattet<br />

werden kann.<br />

Weiter wird § 21 BNotO ergänzt. Der Notar<br />

darf künftig auch Bescheinigungen über<br />

das Bestehen rechtsgeschäftlicher Vertretungsbefugnisse<br />

erteilen. § 21 Abs. 3 BNotO<br />

soll künftig lauten:<br />

DieNotaresindfernerdafürzuständig, Bescheinigungen<br />

über eine durch Rechtsgeschäft<br />

begründete Vertretungsmacht <strong>aus</strong>zustellen.<br />

Der Notar darf die Bescheinigung nur <strong>aus</strong>stellen,<br />

wenn er sich zuvor durch Einsichtnahme<br />

in eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte<br />

Vollmachtsurkunde über die Begründung der<br />

Vertretungsmacht vergewissert hat. In der Bescheinigung<br />

ist anzugeben, in welcher Form<br />

und an welchem Tag die Vollmachtsurkunde<br />

dem Notar vorgelegen hat.<br />

Flankiert wird die Änderung in § 21<br />

BNotO durch den neuen § 34 GBO-E,<br />

nach dem das Bestehen einer Vollmacht<br />

durch eine notarielle Bescheinigung nach<br />

§ 21 BNotO im Grundbuchverfahren<br />

nachgewiesen werden kann.<br />

§ 797 Abs. 3 ZPO-E sieht vor, dass künftig<br />

bei notariellen Urkunden nicht mehr das<br />

Amtsgericht über die Erteilung einer weiteren<br />

vollstreckbaren Urkunde zu entscheiden<br />

hat, sondern der Notar selbst.<br />

Weiter soll § 23a GVG eine Änderung<br />

erfahren: Künftig sollen für Teilungssachen<br />

nach § 342 Abs. 2 Nr. 1 FamFG<br />

anstelle der Amtsgerichte die Notare zuständig<br />

sein (§§ 362 ff. FamFG). Weiter<br />

sind die Notare künftig zuständig für<br />

Zeugnisse nach §§ 36 und 37 GBO. Insoweit<br />

wird § 20 BNotO ergänzt. Der Bundesrat<br />

hat dem Gesetz am 7.6.<strong>2013</strong> zugestimmt.<br />

Es tritt am 1.9.<strong>2013</strong> in Kraft.<br />

Einstimmig abgelehnt hat der Bundestag<br />

dagegen die sogenannte „Große Lösung“<br />

des Gesetzentwurfs des Bundesrats, wonach<br />

die Aufgaben der Nachlassgerichte<br />

1. Instanz auf die Notare übertragen werden<br />

sollten. Die dafürnotwendigeGrundgesetzänderung<br />

(Art. 98a GG) war politisch<br />

nicht realisierbar.<br />

B. § 17 Abs. 2a BeurkG: Reaktion<br />

auf die Schrottimmobilien-Affäre<br />

und die sogenannten<br />

Mitternachtsnotare<br />

Der Bundesrat sah sich unter Federführung<br />

des Landes <strong>Berlin</strong> veranlasst, einen<br />

Gesetzentwurf zur Stärkung des Verbraucherschutzes<br />

im notariellen Beurkundungsverfahren<br />

einzubringen. Gegenstand<br />

des Gesetzentwurfs ist eine Verschärfung<br />

des § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2<br />

BeurkG. Künftig soll demzufolge der beabsichtigte<br />

Text des Rechtsgeschäfts dem<br />

Verbraucher vom Urkundsnotar selbst<br />

bzw. von dessen Sozius zur Verfügung<br />

gestellt und im Falle eines Unterschreitens<br />

der Zwei-Wochen-Frist sollen die<br />

Gründe hierfür in der Niederschrift angegeben<br />

werden. Die Verschärfung des § 17<br />

Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG wird disziplinarrechtlich<br />

flankiert von der Einführung<br />

eines weiteren Amtsenthebungsgrundes<br />

im Fall eines wiederholten groben Verstoßes<br />

gegen § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG.<br />

Der Rechts<strong>aus</strong>schuss, dem der Gesetzentwurf<br />

zur federführenden Beratung im Februar<br />

dieses Jahres überwiesen worden<br />

war, hat am 17.4.<strong>2013</strong> in seiner Beschlussempfehlung<br />

die Annahme des Gesetzentwurfs<br />

mit einer einzigen Änderung<br />

empfohlen. Als Änderung wurde<br />

vorgeschlagen, das Wort „kostenfrei“ zu<br />

streichen (BT-Drucks 17/13137). Am<br />

18.4.<strong>2013</strong> hat nunmehr der Bundestag<br />

in 2. und 3. Lesung die Änderung des<br />

§ 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG beschlossen;<br />

er lautet künftig wie folgt:<br />

… der Verbraucher <strong>aus</strong>reichend Gelegenheit erhält,<br />

sich vorab mit dem Gegenstand der Beurkundung<br />

<strong>aus</strong>einanderzusetzen; bei Verbraucherverträgen,<br />

die der Beurkundungspflicht nach<br />

§ 311b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Bürgerlichen<br />

Gesetzbuchs unterliegen, soll dem Verbraucher<br />

der beabsichtigte Text des Rechtsgeschäfts<br />

vom beurkundenden Notar oder einem<br />

Notar, mit dem sich der beurkundende Notar zur<br />

gemeinsamen Berufs<strong>aus</strong>übung verbunden hat,<br />

zur Verfügung gestellt werden. Dies soll im Regelfall<br />

zwei Wochen vor der Beurkundung erfolgen.<br />

Wird diese Frist unterschritten, sollen die Gründe<br />

hierfür in der Niederschrift angegeben werden.<br />

C. Anhçrung ZVG


212 notar 6/<strong>2013</strong><br />

bericht <strong>aus</strong> berlin<br />

rer Sicht in einem Kurzreferat den Reformbedarf<br />

des ZVG zu schildern. Mittlerweile<br />

wurde eine „ZVG-Reform-Kommission“<br />

unter der Leitung von Professor<br />

Ulrich Keller von der Hochschule fürWirtschaft<br />

und Recht in <strong>Berlin</strong> ins Leben gerufen.<br />

Beteiligte Verbände sind der DAV<br />

(ARGE Insolvenz und Zwangsverwaltung),<br />

der Bund <strong>Deutscher</strong> Rechtspfleger<br />

undderVerbandderRechtspfleger.<br />

Unter den Teilnehmern der Anhörung<br />

bestand Einigkeit darüber, die §§ 39, 40<br />

ZVG grundlegend zu reformieren und vor<br />

allem bundeseinheitlich <strong>aus</strong>zugestalten.<br />

Anzustreben sei eine für alle Länder verpflichtende<br />

Bekanntmachung der Terminbestimmung<br />

auf dem gemeinsamen<br />

Registerportal (www.zvg-online.de). Die<br />

Anheftung an die Gerichtstafel nach<br />

§ 40 ZVG sei nicht mehr zeitgemäß.<br />

Ebenfalls begrüßt wurde die Absicht einer<br />

besseren „Vermarktung“ des zu versteigernden<br />

Grundbesitzes. Hierzu sollte<br />

eine entsprechende Mitwirkungspflicht<br />

des Schuldners normiert werden. So soll<br />

der Schuldner verpflichtet sein, Angaben<br />

über den zu versteigernden Grundbesitz<br />

(Alter, bestehende Verträge etc.) zu machen.<br />

Weiter sollte er verpflichtet werden,<br />

dem Sachverständigen und auch<br />

Kaufinteressenten Zugang zum Objekt<br />

zu gewähren. Auch sei eine Verpflichtung<br />

zur persönlichen Anwesenheit im<br />

Versteigerungstermin denkbar. Aus Sicht<br />

der Zwangsverwalter wurde gefordert,<br />

die Befugnisse des Zwangsverwalters in<br />

Sachen Zugangsrecht zur Immobilie zu<br />

erweitern. Als großer Problembereich<br />

wurde das Urheberrecht an dem Gutachten<br />

des Sachverständigen <strong>aus</strong>gemacht.<br />

DieswerdeohneentsprechendeFreigabe<br />

des Gutachters im Internet öffentlich zur<br />

Verfügung gestellt. In die gleiche Richtung<br />

stößt das Datenschutzrecht. Hier<br />

wurde seitens der Sachverständigen darauf<br />

aufmerksam gemacht, dass Angaben<br />

über bestehende Mietverhältnisse,<br />

die Namen der Mieter, Mietzins etc.<br />

in ein Sachverständigengutachten aufgenommen<br />

werden. Auch diese Daten<br />

seiendannimInternetfreizugänglich<br />

und einsehbar.<br />

Eine intensive Diskussion brachte die<br />

Frage nach der Sinnhaftigkeit und der<br />

praktischen Relevanz der Wertgrenzen<br />

mit sich. Eine Meinung sprach sich für<br />

die generelle Abschaffung der Grenzen<br />

<strong>aus</strong>. Professor Dr. Schmidt-Räntsch,Richter<br />

am BGH, warnte vor einer ersatzlosen<br />

Streichung der Grenzen. Dies sei vor<br />

allem <strong>aus</strong> verfassungsrechtlichen Gründen<br />

(Stichwort „Verschleuderung des<br />

Grundbesitzes“) problematisch. Es könne<br />

laut Schmidt-Räntsch aber darüber nachgedacht<br />

werden, das Verfahren nach<br />

einem Meistgebot für eineZeitvondrei<br />

Monaten <strong>aus</strong>zusetzen und den Zuschlag<br />

solange aufzuschieben. In diesem Zeitraum<br />

hätten sowohl Schuldner als auch<br />

Gläubiger die Möglichkeit, auf dem<br />

freien Markt einen höheren Preis zu<br />

erzielen. Der Zuschlag sei bei entsprechendem<br />

Nachweis eines freihändigen<br />

Verkaufs vom Vollstreckungsgericht zu<br />

versagen.<br />

Kontrovers diskutiert wurde die Abschaffung<br />

der derzeit bestehenden Mindestbietzeit<br />

von 30 min (§ 73 ZVG). Denkbar<br />

sei, eine dreimalige Aufforderung zur Abgabe<br />

eines Gebots seitens des Rechtspflegers<br />

<strong>aus</strong>reichen zu lassen. Alternativ<br />

könne über eine weitere Herabsetzung<br />

der Bietzeit, zum Beispiel auf 15 min,<br />

nachgedacht werden. Schmidt-Räntsch<br />

warnte vor der vorgeschlagenen Regelung<br />

„Schluss der Versteigerung nach einer<br />

angemessenen Zeit“. Diesseiäußerst beschwerdeanfällig.<br />

Von den Befürwortern<br />

der Bietzeit wurde außerdem vorgebracht,<br />

dass die Bietzeit in der Praxis<br />

gut genutzt werden könne, um offene<br />

Fragen mit den Beteiligten zu klären.<br />

Auch sei es für den Bieter möglich, etwaige<br />

Mängel der Bietsicherheit vor<br />

Ende der Bietzeit zu bereinigen.<br />

Die Anhçrung im BMJ unter Vorsitz von Frau MD Marie Luise Graf-Schlicker.<br />

Einhellige Meinung war, dass das Verhältnis<br />

von Einzel- und Doppel<strong>aus</strong>gebot in<br />

der Praxis problematisch sei und insbesondere<br />

von Bietinteressenten nicht<br />

verstanden werde. Inwieweit hier jedoch<br />

eine Reform möglich sei, konnte nicht<br />

konkret und abschließend beantwortet<br />

werden. Eine Meinung war, die Möglichkeit<br />

des Einzel<strong>aus</strong>gebots in § 63 ZVG ersatzlos<br />

zu streichen. Problematisch sei vor<br />

allem das Einzel<strong>aus</strong>gebot bei einer Bebauung<br />

verschiedener Grundstücke mit einem<br />

einheitlichen Bauwerk. Seitens der<br />

Sachverständigen wurde gefordert, die<br />

Qualitätsanforderungen im ZVG festzuschreiben.<br />

Das Gutachten als Grundlage<br />

der Verkehrswertfestsetzung sei der zentrale<br />

Punkt im Versteigerungsverfahren.<br />

Es habe auf den Wert der Gebote erheblichen<br />

Einfluss und müsse deshalb von<br />

besonders qualifizierten Gutachtern erstellt<br />

werden. Entsprechende Forderungen<br />

kamen <strong>aus</strong> dem Kreis der Zwangsverwalter<br />

fürihrenBeruf.<br />

Kontrovers diskutiert wurde, ob dem<br />

Zwangsverwalter ähnlich dem InsolvenzverwaltereinegesonderteVeräußerungsbefugnis<br />

eingeräumt werden solle. Nach<br />

Meinung des Verbands der Zwangsverwalter<br />

sei es wünschenswert, über eine<br />

solche Veräußerungsbefugnis einen freihändigen<br />

Verkauf zu ermöglichen. Der<br />

Zwangsverwalter könne entsprechend<br />

dem Insolvenzverwalter Verhandlungen<br />

mit den abzulösenden Gläubigern und<br />

dem Vollstreckungsgericht führen und<br />

so im Endeffekt einen höheren Preis erzielen,<br />

was letztlich den Gläubigern und<br />

dem Schuldner zugutekomme. Der<br />

Zwangsverwalter sei aufgrund seiner Unparteilichkeit<br />

dazu besonders geeignet.<br />

Der Verband der Zwangsverwalter wies<br />

zudem darauf hin, dass in vielen Fällen<br />

eine Insolvenz nur deshalb beantragt<br />

wird, um einen freihändigen Verkauf<br />

durch den Insolvenzverwalter zu ermöglichen.<br />

Diese Möglichkeit<br />

solle im Rahmen eines<br />

Zwangsverwaltungsverfahrens<br />

ebenfalls gegeben<br />

werden.<br />

Für den Deutschen <strong>Notarverein</strong><br />

nahm Notar a. D.<br />

Dr. Hans Wolfsteiner teil.<br />

Er sprach sich füreingenerelles,<br />

umfassendes Akteneinsichtsrecht<br />

des Notars<br />

<strong>aus</strong>. Weiter solle daran gedacht<br />

werden, § 174a ZVG<br />

ersatzlos zu streichen.<br />

Ebenfalls erwähnte Wolfsteiner<br />

das BGH-Urteil vom 10.7.2008<br />

(DNotZ 2009, 43 ff.) und erläuterte, wie<br />

dieses zu einer erschwerten Vertragsabwicklung<br />

in der notariellen Praxis führe.<br />

Demnach wird derzeit bei der Frage<br />

nach der Beendigung des Zwangsversteigerungsverfahrens<br />

nicht mehr auf den<br />

Zugang der Rücknahmeerklärung beim<br />

Gericht abgestellt, sondern (nach Wolfsteiners<br />

Meinung dogmatisch richtigerweise)<br />

auf den Aufhebungsbeschluss.<br />

Eine <strong>aus</strong>drückliche gesetzliche Regelung


notar 6/<strong>2013</strong> 213<br />

sei wünschenswert zur Frage, wann das<br />

Zwangsversteigerungsverfahren bei entsprechenden<br />

Rücknahmeerklärungen der<br />

Gläubiger beendet sei (Erlass des Beschlusses,<br />

Zustellung an alle Gläubiger,<br />

Rechtskraft des Beschlusses). Damit<br />

hänge auch die Frage zusammen, bis<br />

wann weitere Gläubiger dem Verfahren<br />

beitreten können. Eine Lösung sei, dass<br />

nach Rücknahme aller Anträge keine Beitritte<br />

zum Verfahren mehr erklärt werden<br />

können. Ebenfalls sei auf eine schnelle<br />

Abwicklung des Verfahrens in jedem Stadium<br />

zu achten.<br />

Die Anhörung war lediglich eine erste<br />

Bestandsaufnahme und eine grundsätzliche<br />

Abfrage nach Reformwünschen der<br />

beteiligten Verbände. Detaillierte ArbeitenaneinemReformpaketwerden–sofern<br />

politisch gewünscht – erst nach der<br />

Bundestagswahl im Herbst erfolgen. Man<br />

werde in jedem Fall zuerst eine Evaluierung<br />

bei den Vollstreckungsgerichten im<br />

Hinblick auf die aufgeworfenen Fragen<br />

und Probleme in Auftrag geben.<br />

D. Elektronischer Rechtsverkehr<br />

in der Verwaltung<br />

Der Bundestag hat am 18.4.<strong>2013</strong> das<br />

E-Government-Gesetz beschlossen. Dieses<br />

soll eine erleichterte elektronische<br />

Kommunikation mit den Verwaltungsbehörden<br />

und eine durchgängige elektronische<br />

Vorgangsbearbeitung ermöglichen.<br />

Bis zuletzt war jedoch das Verfahren<br />

über De-Mail einer der großen Kritikpunkte.<br />

Auch der Deutsche <strong>Notarverein</strong> hat in<br />

seiner Stellungnahme zum elektronischen<br />

Rechtsverkehr mit den Gerichten<br />

vom 22.11.2012 (abrufbar auf der Homepage<br />

des DNotV unter www.dnotv.de/<br />

Dokumente/Stellungnahmen.html) unter<br />

anderem auf die fehlende Ende-zu-Ende-<br />

Verschlüsselung der De-Mail hingewiesen.<br />

Die Deutsche Post geht nunmehr –<br />

wie zu lesen war – auf EU-Ebene gegen die<br />

rechtlichen Grundlagen der De-Mail für<br />

eine gesicherte digitale Kommunikation<br />

vor. „Aus unserer Sicht verstößt das E-Government-Gesetz<br />

gegen geltendes EU-Recht“,<br />

sagt Harald Lemke, Bevollmächtigter für<br />

Internet und Digitale Gesellschaft der<br />

Deutschen Post. Das Gesetz protegiere die<br />

„staatlich gelenkte De-Mail“ und diskriminiere<br />

„mindestens gleichwertige Verfahren“<br />

wie den E-Postbrief der Deutschen<br />

Post. Auch auf diesen Punkt hatte der<br />

Deutsche <strong>Notarverein</strong> in vorgenannter<br />

Stellungnahme wie folgt hingewiesen:<br />

Die Privilegierung von De-Mail im Verfahrensrecht<br />

stellt vielmehr einen Fall gesetzlich<br />

geregelter Monopolbildung dar, vergleichbar<br />

etwa dem früheren Zündwarenmonopol. Hier<br />

wie dort führt es zu Monopolrenditen, wie die<br />

Preisgestaltung der ersten DE-Mail-Anbieter<br />

deutlich zeigt. Europarechtlich dürfte in der<br />

gesetzlichen Privilegierung eine verbotene<br />

staatliche Beihilfe im Sinne der Art. 107–109<br />

AEUV liegen. Denn es ist nicht ersichtlich,<br />

dass die Ausnahmetatbestände der Art. 107<br />

Abs.2und3AEUVerfüllt sind.<br />

bericht <strong>aus</strong> brüssel

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