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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 86<br />

Das ist, wie Sie sehen, ein phantastisches Märchen und sonst nichts weiter. Ein Märchen von<br />

einem mit der Wirklichkeit nicht zu vereinbarenden geistigen Leben eines unerhörten Wesens.<br />

Wir waren bemüht, es so kurz wie möglich zu erzählen, weil wir glaubten, daß lange<br />

phantastische Märchen nur dann nicht langweilig sind, wenn in ihnen von den Abenteuern<br />

schöner Mädchen und Jünglinge erzählt wird, denen ein böser Zauberer nachstellt, während<br />

gute Feen sie beschützen, oder andere dergleichen unterhaltende Dinge. Das hier dagegen ist<br />

ein Märchen von einem Wesen, das keinerlei Leben besitzt, ein Märchen, das ganz aus abstrakten<br />

Begriffen gesponnen ist. Solche Märchen sind langweilig, und je kürzer man sie<br />

wiedererzählt, um so besser. Wir haben es deshalb für genügend erachtet, nur die wichtigsten<br />

Begriffe aufzuzählen, die in ihm analysiert werden Aber auf die gleiche Weise wie die Begriffe<br />

von Raum, Zeit und Materie werden in ihm auch andere abstrakte Begriffe analysiert –<br />

beliebige andere Begriffe, wenn sie nur recht umfassend sind; zum Beispiel: Bewegung,<br />

Kraft und Ursache. Wir führen nur die an, die in fast allen illusionistischen Abhandlungen<br />

untersucht werden; nichts steht im Wege, genau ebenso auch beliebige andere zu analysieren,<br />

vom [222] Begriff „Veränderung“ bis zum Begriff „Quantität“. Die gleichartige Analyse<br />

führt stets zu dem gleichartigen Resultat: „Dieser Begriff“ – jeder beliebige Begriff, wenn er<br />

nur recht umfassend ist – „widerspricht sich selbst.“<br />

Scherzeshalber wollen wir einmal nachsehen, was dabei herauskommt, wenn man diese Methode<br />

auf die Untersuchung des Wahrheitsgehalts des Einmaleins zur Anwendung bringt.<br />

Sie werden sich auf den Satz der Arithmetik besinnen, der lautet: „Ein Bruch, mit sich selbst<br />

multipliziert, ergibt einen Bruch.“<br />

Ziehen wir die Quadratwurzel aus der Zahl 2. Wir erhalten eine irrationale Zahl. Sie ist ein<br />

Bruch.<br />

Die Arithmetik lehrt: Die Quadratwurzel aus einer mit sich selbst multiplizierten Zahl ergibt<br />

eine Zahl, die deren Wurzel ist.<br />

Folglich ergibt die Quadratwurzel der mit sich selbst multiplizierten Zahl 2 die Zahl 2. Das<br />

heißt: ein Bruch ergibt, mit sich selbst multipliziert, eine ganze Zahl.<br />

Was folgt daraus Der Begriff der Multiplikation ist ein sich selbst widersprechender Begriff,<br />

d. h. eine Illusion, für die es nichts Entsprechendes gibt und nicht geben kann. Es gibt keinerlei<br />

Beziehungen zwischen den Zahlen, die dem Begriff der Multiplikation auch nur im geringsten<br />

entsprächen, und kann sie nicht geben.<br />

Beachten Sie, worum es hier geht. Bereits nicht mehr nur darum, daß es in keinem Handschuhladen<br />

zwei Paar Handschuhe gibt und geben kann. Hiermit haben Sie sich schon ausgesöhnt,<br />

nachdem Sie sich davon überzeugt haben, daß es weder Handschuhläden noch Handschuhe<br />

auf der Welt gibt oder geben kann. Sie haben sich aber die Meinung bewahrt, daß<br />

Ihnen mit der Vorstellung von zwei Paar Handschuhen die Vorstellung von vier Handschuhen<br />

gegeben sei. Sie sehen jetzt, daß Sie sich irrten. Ihr Gedanke, zwei mal zwei sei vier,<br />

ist ein irriger Gedanke.<br />

Ist die Analyse gut durchgeführt Sie werden sagen: ausgezeichnet; und es wäre schade,<br />

wenn wir hinzufügen müßten, daß sie im Widerspruch zur Mathematik steht, denn [223] in<br />

diesem Falle müßten wir anerkennen, daß die Analyse Unsinn ist.<br />

Aber nein doch. Diese Befürchtung ist überflüssig. Wollen wir denn im Ernst behaupten, sie<br />

widerspräche der Mathematik Wir haben ihr eine mathematische Wahrheit zugrunde gelegt<br />

und als Schlußfolgerung eine mathematische Wahrheit erhalten. Wir haben das wahre Wesen<br />

der Multiplikation erklärt: die Multiplikation ist eine Illusion Das ist eine mathematische<br />

Wahrheit.<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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