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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 61<br />

cherei“, „fanatische Anbetung von Götzen, die unsere eigene Ignoranz geschaffen hat“,<br />

„Schändung des Denkens an seiner Quelle“, „empörend“, das alles auf der einen Seite 894;<br />

man zähle einmal nach, wie viele solcher Prachtstücke auf den zwölf Seiten des Aufsatzes<br />

stehen. Und das heißt dann: die anderen Zeitschriften verstehen sich nicht zu benehmen, aber<br />

der „Russki Westnik“ versteht es.<br />

Darauf folgt eine kritische Analyse des Aufsatzes Herrn Antonowitschs über das „Philosophische<br />

Wörterbuch“ 5 , Herr Antonowitsch hat es nicht im geringsten nötig, sich von jemand<br />

anderem verteidigen zu lassen, und indem ich diesen Teil des Aufsatzes dem guten Herzen<br />

Herrn Antonowitschs überlasse, will ich einige Bruchstücke aus dem an mich gerichteten<br />

Schlußteil anführen.<br />

Nachdem der „Russki Westnik“ Herrn Antonowitsch eine lange erbauliche Rede gehalten<br />

hat, empfiehlt er ihm, „einen Aufsatz zu lesen, der in den Abhandlungen der Kiewer Theologischen<br />

Akademie erschienen ist“.<br />

[178] „Dieser Aufsatz mit dem Titel: Aus der Wissenschaft vom menschlichen Geist stellt ein recht umfangreiches<br />

Werk dar. Sein Verfasser ist Herr Jurkewitsch, Professor an der Kiewer Akademie. Anlaß zu diesem Werk<br />

gaben einige Aufsätze über philosophische Gegenstände im ‚Sowremennik‘. Herr Jurkewitsch entlarvt die freche<br />

Scharlatanerei, die sich als Höhepunkt der modernen Philosophie ausgibt, und entlarvt sie so, daß selbst der<br />

anspruchsvolle Herr Antonowitsch auf seine Rechnung kommen wird. Auch das Schlimme hat sein Gutes, sagt<br />

das russische Sprichwort; bedanken wir uns bei den Scharlatanen wenigstens dafür, daß sie den Anlaß zum<br />

Erscheinen dieser hervorragenden philosophischen Arbeit abgegeben haben. Herrn Jurkewitschs Aufsatz ist<br />

keine einfache Negation oder Enthüllung; er ist inhaltlich hochinteressant, und wir haben in russischer Sprache<br />

bisher nur selten etwas derartig Reifes über philosophische Fragen gelesen. Wir wollen über Herrn Jurkewitschs<br />

Aufsatz übrigens nicht nur en passant reden. Wir werden in der nächsten Nummer des ‚Russki Westnik‘ umfangreiche<br />

Stücke aus dieser Abhandlung abdrucken, die alle Anzeichen eines reifen, selbständigen, seiner selbst<br />

mächtigen Denkens aufweist.<br />

Wir wollen hoffen, daß die philosophischen Begriffe der Herren, die im ‚Sowremennik‘ schreiben, sich nach und<br />

nach klären, und daß sie es schließlich fertigbringen, ohne Scharlatanerei auszukommen. Es läßt sich in einigen<br />

Punkten bereits jetzt ein bemerkenswerter Fortschritt feststellen. Herr Tschernyschewski, offenbar der Oberanführer<br />

dieser Kriegerschar, beginnt über die Fragen der politischen Ökonomie bereits mit menschlichen Zungen<br />

zu reden. Il s’humanise, ce monsieur. * In den letzten Nummern dieser Zeitschrift hatten wir das Vergnügen,<br />

einige Aufsätze mit seiner Unterschrift zu lesen; sie enthalten bereits nicht mehr jene Ungereimtheiten, die er<br />

früher für tiefe, vom Grunde eines geheimnisvollen Brunnens heraufgeholte Weisheiten ausgab. Er urteilt vernünftig<br />

und nach den Grundprinzipien der politischen Ökonomie, so daß er sich jetzt nicht mehr von den Ökonomisten<br />

abzugrenzen braucht, die er einst engstirnige Jämmerlinge genannt hat. Ein solcher ist er jetzt in den<br />

von ihm gezeichneten Aufsätzen selbst. Man muß ihm Gerechtigkeit widerfahren lassen: er nimmt sich Lehren<br />

gut zu Herzen und sitzt nicht umsonst in der Vorschule.<br />

Aber wenn der frühere Blödsinn sich hütet, in jenen Aufsätzen Herrn Tschernyschewskis aufzutauchen, die er<br />

mit seinem Namen unterschreibt, so macht er sich doch in den anderen bemerkbar, die er nicht unterschreibt.<br />

Dort ist noch im Ton der Scharlatanironie die Rede von den großen russischen Ökonomisten Herrn Wernadski,<br />

Bunge, Rshewski und Besobrasow, zu denen auch Herr de Molinari gerechnet wird und schließlich Carey und<br />

Bastiat. Das Artikelchen, das wir soeben erwähnten, ist ein sehr kurioses Artikelchen; es ist eine Rezension des<br />

kürzlich erschienenen Buchs Careys ‚Briefe an den Präsidenten der Vereinigten Staaten‘. Hier gibt es eine bemerkenswerte<br />

Stelle. – (Folgt eine Wiedergabe des Absatzes dieses Aufsatzes, der von dem [179] Drama ‚Judith‘<br />

handelt und mit den Worten endet: ‚Der Weg der Geschichte ist nicht das Trottoir des Newski-Prospekts,<br />

er führt fortwährend bald durch staubige oder schmutzige Felder, bald durch Sümpfe, bald durch Urwald. Wer<br />

Angst hat, staubig zu werden oder sich die Stiefel schmutzig zu machen, soll die Finger von gesellschaftlicher<br />

Tätigkeit lassen.‘)<br />

Nach dieser bezaubernden Episode, in der man Judith, nachdem sie sich zur Rettung des Vaterlandes besudelt<br />

hat, ordentlich vor Kummer seufzen hört, wendet der Rezensent sich wieder dem Zolltarif und dem Freihandel<br />

zu. Diese schöne Poesie hätte nicht von selbst in einen so trockenen und prosaischen Gegenstand einbrechen<br />

5 Der Aufsatz Antonowitschs über das „Philosophische Wörterbuch“ von S. Gogozki erschien im „Sowremennik“,<br />

Jahrgang 1861, Heft 2.<br />

* Er wird menschlich, dieser Herr. Die Red.<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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