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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 42<br />

Formen des öffentlichen Lebens bei den Engländern stark entwickelt sind, bei den Jakuten<br />

dagegen schwach. Die Engländer haben London, – aber auch die Jakuten haben eine Erscheinung,<br />

die dem gleichen Prinzip entspringt, dem London seine Existenz verdankt: mit Einbruch<br />

des Winters geben die Jakuten ihr Nomadenleben auf und lassen sich in Erdwohnungen<br />

nieder; diese Erdwohnungen liegen dicht beieinander und bilden so eine Art von Gruppe – da<br />

haben wir die Keimzelle der Stadt; in England hat es ja auch einmal so angefangen: die<br />

Keimzelle Londons ist ebenfalls einmal eine Gruppe von Erdwohnungen gewesen. Die Engländer<br />

[142] haben ihr Manchester mit gigantischen Maschineneinrichtungen, die man<br />

Baumwollspinnerei nennt; aber auch die Jakuten begnügen sich nicht mit Tierfellen in natürlicher<br />

Gestalt, sondern verarbeiten sie und machen aus der Wolle Filz: vom Filzen ist es nicht<br />

mehr weit zum Weben und von der Nadel nicht mehr weit zur Spindel; Manchester ist einfach<br />

die Anhäufung von vielen Millionen Spindeln in einer bequemen Anordnung; in der<br />

Arbeit, mit der die Jakutenfamilie Kleidungsstücke herstellt, liegt bereits der Keim für ein<br />

Manchester wie in der jakutischen Erdwohnung der Keim zu einem London liegt Es ist eine<br />

Sache für sich, zu welcher Entwicklung es eine Erscheinung jeweils gebracht hat; aber in<br />

verschiedenen Entwicklungsgraden gibt es die Erscheinungen der verschiedenen Kategorien<br />

bei jedem Volk. Der Keim ist stets der gleiche; er entwickelt sich überall nach ein und denselben<br />

Gesetzen, nur sind die äußeren Umstände in verschiedenen Gegenden verschieden,<br />

und das hat Unterschiede in der Entwicklung zur Folge: die sauren Berliner Weintrauben sind<br />

Weintrauben, gleich denen, die in der Champagne und in Ungarn wachsen: nur das Klima ist<br />

verschieden, und man kann deshalb vom praktischen Standpunkt aus sagen, daß die Berliner<br />

Weintraube, die ganz und gar nichts taugt, etwas völlig anderes ist als die Weintrauben von<br />

Tokaj oder Epernay, aus denen man herrliche Weine macht; der Unterschied ist also riesengroß<br />

und für jedermann offenbar, aber man wird zugeben, daß die Gelehrten recht haben,<br />

wenn sie behaupten, die Tokajer Weintraube enthalte kein Element, das nicht auch in der<br />

Berliner Weintraube vorhanden ist.<br />

Um zum Menschen zu kommen, müssen wir das gesamte Gebiet der Natur durchwandern; bis<br />

jetzt haben wir jedoch nur von der sogenannten anorganisch Natur und vom Pflanzenreich<br />

gesprochen, aber noch nichts vom Tierreich gesagt. In seinen am weitesten entwickelten<br />

Formen unterscheidet sich der tierische Organismus außerordentlich von der Pflanze; der<br />

Leser weiß jedoch, daß die Säugetiere und die Vögel mit der Pflanzenwelt durch eine Menge<br />

von Übergangsformen verbunden sind, an denen man alle Entwicklungsstufen der sogenannten<br />

Tierwelt aus der Pflanzenwelt [143] verfolgen kann: es gibt Pflanzen und Tiere, die sich<br />

fast durch nichts voneinander unterscheiden, so daß sich schwer sagen läßt, welchem Reich<br />

sie zuzurechnen sind. Wenn gewisse Tiere sich in der Epoche der vollen Entwicklung ihres<br />

Organismus fast nicht von Pflanzen unterscheiden, so sind alle Tiere in der Anfangszeit ihrer<br />

Existenz fast genau so beschaffen wie die Pflanzen in der ersten Phase ihres Wachstums: als<br />

Keimform dient bei Tieren und Pflanzen gleichermaßen die Zelle; die Zelle, die dem Tier als<br />

Keimform dient, ähnelt der Zelle, die der Pflanze als Keimform dient, in solchem Maße, daß<br />

es schwer ist, sie voneinander zu unterscheiden. Wir sehen also, daß alle tierischen Organismen<br />

aus den gleichen Anfängen hervorgehen wie die Pflanzen und daß nur in der Folge einige<br />

Tierorganismen eine Gestalt annehmen, die sich stark von den Pflanzen unterscheidet, und<br />

in hohem Maße Eigenschaften entfalten, die in der Pflanze nur schwach entwickelt sind, so<br />

daß sie sich nur mit Hilfe der wissenschaftlichen Untersuchung entdecken lassen. So steckt<br />

zum Beispiel auch im Baum der Keim der Bewegung: die Säfte bewegen sich in ihm wie in<br />

einem Tiere; die Wurzeln und die Zweige strecken sich nach verschiedenen Seiten aus; gewiß<br />

vollzieht sich diese Ortsveränderung nur in einzelnen Teilen, während der ganze Organismus<br />

sich nicht von der Stelle bewegt; aber auch der Polyp bleibt an Ort und Stelle: der Polypenstock<br />

ist ebensowenig zum Ortswechsel fähig wie der Baum. Dafür gibt es aber Pflanzen, die<br />

sich von der Stelle fortbewegen; hierher gehören einige Arten aus der Familie Mimosa.<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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