15.01.2015 Aufrufe

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 362<br />

Und man muß noch hinzusetzen: „Aber da gibt es noch die Blinden, die sehen überhaupt<br />

nichts.“ Auch das ist richtig.<br />

Und wir fügen hinzu: „Hohle Schwätzer schwatzen hohles Zeug.“ Auch das ist richtig.<br />

Aber alle diese durchaus richtigen Gedanken haben nicht die geringste Beziehung zu der Frage,<br />

ob wir das, was wir sehen, wenn wir gesunde Augen haben, richtig sehen.<br />

Wir sehen nur das, was wir sehen. Wir sehen zum Beispiel nicht die Atome des Kohlenstoffs,<br />

sondern wir sehen nur große Haufen dieser Atome. Oder: wir sehen nachts nicht, daß die Gegenstände<br />

verschiedenfarbig sind.<br />

Was wir nicht sehen, das sehen wir nicht. Das stimmt. Aber nicht darum geht es bei diesem<br />

Unsinn. In diesem Unsinn heißt es, wir sähen angeblich nicht das, was wir sehen, oder es<br />

schiene uns angeblich, daß wir etwas sähen, was wir nicht sehen. Das ist purer Unfug, solange<br />

wir bei guter geistiger Gesundheit sind und gute Augen haben. Der geistig gesunde<br />

Mensch sieht mit gesunden Augen eben die [724] Gegenstände, die er sieht; – stimmt das<br />

Durch diese einfache Analyse wird, so klar wie daß 2 × 2 = 4 ist, bewiesen, daß es so ist.<br />

Aber die naiven Naturwissenschaftler schwatzen weiter: „Nein.“<br />

Und damit wollen wir es genug sein lassen mit den Dummheiten des sinnlosen philosophischen<br />

Geschwätzes der Mehrheit der Herren Naturwissenschaftler.<br />

Da habt Ihr es, meine lieben Freunde: es ist beschämend für die Naturwissenschaft, daß jemand<br />

wie ich, der eigentlich nicht das geringste mit der Naturwissenschaft zu tun hat, gezwungen<br />

ist, die Naturwissenschaft gegen die überwiegende Mehrheit der Leute in Schutz zu<br />

nehmen, die ihr Leben der eifrigen Arbeit im Dienst der Naturwissenschaft geweiht haben.<br />

Kluge Arbeiter! Eifrige, das ist sicher; aber auch kluge.<br />

Erinnert Ihr Euch an das Märchen von dem klugen Bäuerlein, das eifrig den Ast abhackte, auf<br />

dem es saß Dieses Bäuerlein, dessen Verstand die Vorüberfahrenden und Vorübergehen<br />

bestaunten, ist zweifellos der „gemeinsame Vorfahre“ all dieser auf Platos und Kants Weise<br />

herumphilosophierenden Naturwissenschaftler. Es ist nicht schwer, einen noch ursprünglicheren<br />

Prototyp zu finden: das ist jener Papagei, dem Spaßvögel, um ihn zu verspotten, beigebracht<br />

haben, zu schreien, er sei ein Esel. Leider ist das das Schicksal aller Papageien, die<br />

schlechten Spaßvögeln in die Hände geraten: all diese armen Tröpfe lernen mit Begeisterung<br />

schreien, daß sie Esel sind.<br />

De unschuldigen Vöglein, wie unglücklich ist doch ihr Los! – sollte manch einer denken.<br />

Ganz und gar nicht. Sie sind glücklich: sie sind ja so klug. Sie sind durchaus mit sich zufrieden.<br />

Aber lassen wir, lassen wir endlich ihre Papageienphilosophie.<br />

Und kehren wir zur Newtonschen Hypothese zurück Wir können jetzt die Bedeutung des<br />

Zweifels der Masse der Naturforscher daran, ob Newton recht hat, nach Gebühr würdigen.<br />

Leute, die so sehr durch Kant aus dem Konzept gebracht sind, daß sie nicht mehr wissen, ob<br />

die Sonne wirklich exi-[725]stiert, oder ob es ihnen nur „scheint“, als ob sie existiere –solche<br />

Leute sind natürlich durchaus imstande, nicht zu wissen, ob Newton recht hat.<br />

* * *<br />

Man müßte die Geschichte der Newtonschen Hypothese darstellen. Das für die Astronomie,<br />

für die Mathematik, für die gesamte Naturwissenschaft beschämende Geschwätz: „man weiß<br />

nicht, ob Newton recht hat“, hat natürlich nicht erst bei den heutigen Astronomen begonnen.<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!