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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 341<br />
d. h. durch die Drehung einer geraden Linie, zustande kommt; das heißt, sie ist eine Ebene.<br />
Diese Ebene dehnen sie nun „ins Unendliche“ aus und bilden sich ein, einen „homaloiden<br />
zweidimensionalen Raum“ erfunden zu haben. Wie bewegen sich die Lichtstrahlen in diesem<br />
„Raum“ Den Lichtkegel haben sie längst vergessen. Sie schließen: die Strahlen gehen über<br />
diese Fläche als parallele Linien; aber auch die Strahlen haben sie vergessen; und fertig sind<br />
die „Formeln der analytischen Forschung“, aus denen die „Geometrie des zweidimensionalen<br />
homaloiden Raums“ entsteht.<br />
Reizend. Ist nun aber der Lichtstrahlenkegel selber vollkommen gerade Bildet der Lichtstrahl,<br />
der uns erreicht – sei es von der Sonne, sei es von der Kerze, die gerade vor unserer<br />
Nase steht –‚ eine absolut gerade Linie Sie haben vergessen: nein, niemals; faktisch ist das<br />
ein dem Strahl unzugänglich Weg. Der Strahl, der, von der Sonne kommend, durch die Atmosphäre<br />
dringt, wird gebrochen. Geht er von der Kerze aus, wird er beim Übergang aus der<br />
warmen Luft in die kalte gebrochen. Diese Brechung ist unter gewöhnlichen Umständen verschwindend<br />
klein, aber sie ist unvermeidlich. Und bei Luftspiegelungen ist die Krümmung<br />
groß. Aber die Luftspiegelung zeigt nur in sehr hohem Grade die Tatsache, die ständig für<br />
alle Strahlen gilt, die in einem Winkel, der dem Winkel = 0 sehr nahesteht, zur Horizontale<br />
verlaufen: alle unteren Luftschichten sind ein Gewirr von Luftschichten und -fetzen verschiedener<br />
Temperatur. Das ist der Grund; aber wer wüßte nicht all das, was ich gesagt habe, und<br />
alles, was daraus folgt<br />
[687] Auch diese Käuze wissen es. Aber in ihren von Kant bearbeiteten, kläglichen, kranken<br />
Köpfchen geht alles durcheinander, webt alles wie Nebel, und aus dem Nebel wachsen wilde<br />
Phantasien von sphärischen und pseudosphärischen Räumen.<br />
Aber worin besteht der einfache wissenschaftliche Sinn der ganzen Sache – Der Weg des<br />
Lichtstrahls ist keine vollkommen gerade Linie; in einem Raum von einigen Metern ist die<br />
Brechung unter gewöhnlichen Umständen verschwindend klein; manchmal jedoch ist die<br />
Krümmung auch groß.<br />
Mit einem Wort – Diese Käuze haben die Dioptrik, eine Unterabteilung der Optik, mit den<br />
Formeln der abstrakten Geometrie durcheinandergebracht. Sie haben ihre Dorfgeodäsie, die<br />
mit ausgebreiteten Armen oder gespreizten Fingern arbeitet – „das sind drei Klafter“, „das<br />
sind fünf Spannen und ein Zoll“ –‚ sie haben diese Dorfgeodäsie mit den Gesetzen des Weltalls<br />
vermengt.<br />
Das ist alles. Einen Schaden, im ernsten Sinne des Wortes, hat niemand davon. Wirklich Ist<br />
es auch so Aber soll es ruhig keinen Schaden bringen; soll es nur darauf hinauslaufen, daß<br />
sie selber als Dummköpfe dastehen und daß sie ihre Wissenschaft, die Mathematik, dem<br />
Schimpf mittelalterlicher Dunkelmänner ausgeliefert haben. Nichts weiter. Der Schaden ist<br />
nicht groß. Ja. Was wäre es für ein großer Schaden gewesen, wenn sich seit den Zeiten, wo<br />
die Wilden im Urzustand lebten, nur Dummköpfe mit dem Rechnen an den Fingern, dann mit<br />
der Arithmetik usw. beschäftigt hätten – Wir hätten dann keinen Archimedes, Hipparch,<br />
Kopernikus usw. bis Laplace gehabt, wir wären halbwilde Nomaden geblieben. Das ist alles.<br />
Also – Die Eselsweisheit von Helmholtz und Co. richtet keinen großen Schaden an. Man<br />
darf aber nicht sagen: keinen besonders großen Schaden. In ihrer Verblödung predigen sie,<br />
statt wissenschaftliche Wahrheit zu verbreiten, die verdummende Theorie einer wilden, ungebildeten<br />
Phantasterei. Das ist alles. Der Schaden ist nicht groß – Ja, verglichen mit der<br />
Pest oder einer schweren Mißernte ist er nicht groß.<br />
[688] Aber genug hiervon. Wenden wir uns dem Finale in Helmholtz’ Aufsatz zu, dem Siegesdithyrambus,<br />
den er sich und seinen Parteigange zu Ehren erschallen läßt.<br />
OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013