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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 335<br />
Im Triumph über den Erfolg dieser ihrer Taten hat die ehrenwerte Person an Aplomb gewonnen.<br />
Weiterhin erklärt sie uns höchst graziös, daß verstandesbegabte zweidimen-[675]sionale<br />
Wesen in verschiedenen „Räumen“, völlig anderen Charakters, aber mit je zwei Dimensionen<br />
leben können.<br />
Meine Freunde, so steht es buchstäblich in dem Aufsatz dieses Dorfweibs, Herrn Helmholtz’.<br />
Auf Seite 5 seines Aufsatzes.<br />
Von den verschiedenen zweidimensionalen Räumen ist der erste „Raum“ die „unendliche<br />
ebene Fläche“ (Seite 5, Zeile 8). In diesem „Raum“ gibt es genau wie in dem unseren „Parallelen“.<br />
Wer entdeckt hat, daß eine ebene „Fläche“, d. h. unser Gedanke von der Grenze eines<br />
geometrischen Raumteils, von der Grenze eines geometrischen Körpers, selbst bereits ein<br />
„Raum“ ist, geht aus Helmholtz’ Aufsatz nicht hervor. Wer ist der Stammvater der „neuen<br />
Geometriesysteme“ – Ich weiß nicht. Ich nahm in unserer letzten Plauderei an, daß es Gauß<br />
ist. Trifft meine Vermutung zu – Das weiß ich natürlich nicht. Aber zu Ehren der Mathematik<br />
möchte ich gern, daß sich herausstellt: ich habe mich in meiner Vermutung nicht geirrt.<br />
Denn andernfalls fällt die Schande auf alle großen Mathematiker, die nach Lagrange und Laplace<br />
gelebt haben. Alle diese Epigonen, alle werden zu Schuldigen an dieser Schande, wenn<br />
nicht nur einer von ihnen, der größte von ihnen, Gauß, schuld ist. Ich sage, daß dieses Dilemma,<br />
daß dieser „gehörnte Schluß“ unvermeidlich ist: wenn es nicht der eine Gauß ist,<br />
dann sind es sämtliche mathematischen Autoritäten, die nach Laplace gelebt haben und heute<br />
noch leben. Ich bin nur deshalb auf den Gedanken gekommen, daß es Gauß ist, weil ich mir<br />
die Möglichkeit offen halten wollte, nicht die anderen zu beschuldigen. Gauß aber ist jedenfalls<br />
daran schuld. So werde ich eben nur ihn beschuldigen, dachte ich in meiner letzten<br />
Plauderei. Aber später, als ich mich in die Sache hineindachte, begann ich zu sehen: es wird<br />
kaum möglich sein, auch seine anderen Gefährten von der Schuld freizusprechen. Aber davon<br />
werden wir noch reden. Kehren wir einstweilen zur Untersuchung des Galimathias von<br />
Helmholtz zurück.<br />
Die erste Sorte der „zweidimensionalen Räume“ ist also die unendliche ebene Fläche. Wer<br />
dieses törichte Wortgebilde erfunden hat, das weiß ich nicht. – Ich möchte [676] annehmen:<br />
Gauß. Stimmt das – Für das Wesen der Sache ist es gleichgültig.<br />
Die zweite Sorte: die „Oberfläche einer Kugel“. In diesem Raume gibt es keine „parallelen<br />
Linien“. Und er hat auch noch viele andere Eigenheiten, die mit der „Geometrie Euklids“<br />
nicht übereinstimmen. Alle diese Eigenheiten sind mir übrigens wohlbekannt: ich habe die<br />
Theoreme des „Euklid“ über die Kugeloberfläche noch nicht vergessen. Sie sind durchaus<br />
nicht dieselben wie die, die sich bei „Euklid“ auf die Figuren der Ebene beziehen. Angefangen<br />
damit, daß zum Beispiel das Dreieck auf der Ebene durchaus keine „Oberfläche einer<br />
Kugel“ ist. Das und alles dieser Art ist nicht nur im „Euklid“ auseinandergesetzt, sondern lebt<br />
mir bis heute noch im Gedächtnis, obgleich ich fast den ganzen „Euklid“ vergessen habe.<br />
Dann gibt es noch die „Oberfläche eines eiförmigen Körpers“, auch die kenne ich. Ihre Theoreme<br />
kenne ich nicht. Aber alles, was Helmholtz von ihr daherredet, weiß ich schon an die<br />
vierzig Jahre, seit meinem zehnten Lebensjahr, seit jener Zeit, wo ich den „Euklid“ studierte.<br />
Im „Euklid“ ist von dieser Oberfläche nicht die Rede. Aber alle ihre Unterschiede von der<br />
Oberfläche einer Kugel, über die Helmholtz redet, sind jedermann bekannt, der die Theoreme<br />
„Euklids“ über die Oberfläche einer Kugel kennt. – Genau so kenne ich vom zehnten Lebensjahre<br />
an alles übrige, wovon in dem technischen, dem eigentlich geometrisch Teil von Helmholtz’<br />
Aufsatz die Rede ist: diese ganze neuentdeckte, tiefe Weisheit ist seit den Zeiten des<br />
„Euklid“ allen bekannt, die ihren „Euklid“ ein wenig studiert haben. Das Neue liegt nur darin,<br />
daß die „allerneusten“ Weisen, Herr Helmholtz und Co., von Kant mit Fäusten verprügelt,<br />
sich, weil ihnen vor Kopfschmerzen die Gedanken durcheinandergehen, diese „Oberflächen“,<br />
OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013