15.01.2015 Aufrufe

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

Zur PDF-Datei... - Max Stirner Archiv Leipzig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 326<br />

Geben Sie sich nur die Mühe nachzusehen, wenn Sie sich nicht auf Ihr Gedächtnis verlassen<br />

wollen; der Autor begnügt sich nicht damit, „Seelenstimmung“ solchen Gegenständen wie<br />

der Bleikugel zuzuschreiben die, dessenungeachtet, ob sie belebtes Wesen sein kann oder<br />

nicht, ihm doch insofern ähnlich ist, als sie ein einzelner, bestimmter Gegenstand ist; nein,<br />

nicht nur die Bleikugel hat, nach der Meinung des Autors, eine Seele — jeder Gegenstand der<br />

Naturwissenschaft hat eine Seele, auch dann, wenn er gar kein einzelner von der Umwelt<br />

abgesonderter Gegenstand, sondern nur ein von anderen Teilen nicht zu trennender Teil eines<br />

zerfließenden, sich durch den Raum bewegenden, formlosen Mediums ist; Wasser und Wasserdampf,<br />

Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff, das alles sind belebte Wesen. Sie entsinnen<br />

sich, vor den Überlegungen über die Seelenstimmungen der Bleikugel hat der Autor Ihnen<br />

mitgeteilt, daß jeder Stoff eine „Seelenstimmung“ habe, jeder, d. h. auch der Wasserstoff, der<br />

Stickstoff usw.<br />

[659] Und erinnern wir uns daran, was der Autor unter Ruhezustand der Energie versteht; das<br />

Folgende nämlich:<br />

„Die Energie kann in zwei Zuständen existieren: in Bewegung oder in Ruhe. Es ist klar, daß<br />

jeder bewegte Gegenstand Energie besitzt, d. h. Arbeit leisten kann, nicht so klar jedoch ist<br />

auf den ersten Blick, daß Energie im Ruhezustand existieren kann; um das zu verstehen, greifen<br />

wir zu dem analogen Begriff ‚ein energischer Mensch‘. Er kann ein sehr ruhiger Mensch<br />

und dennoch zu großen Leistungen fähig sein, wenn er sich an eine Arbeit macht.“<br />

Damit endet die Erklärung; weiter ist dann von der ruhenden Energie als von einem völlig<br />

klargestellten Zustand die Rede. Eine Tatsache, die sich auf alle möglichen Arten von Stoff<br />

bezieht: auf einen Kehrichthaufen so gut wie auf Wasser und Gas, wird im menschenähnlichen<br />

Sinn gedeutet, und die Aufgabe ist gelöst; die Tatsache ist klargeworden.<br />

Stein, See, Fluß und Wolke, Wasserstoff und Sauerstoff – sie alle sind menschenähnliche<br />

Wesen; die Tatsachen ihrer Existenz sind psychologische Tatsachen.<br />

Wenn der Mensch zu einer derartigen Begriffsklarheit gelangt, daß er aufhört, an die Unterschiede<br />

zwischen unbelebten und lebenden Wesen zu denken, dann verliert er selbstverständlich<br />

die Fähigkeit, sich auszukennen, ob irgend etwas ihm verständlich oder unverständlich<br />

ist; er fühlt sich wie im Rausch, im Fieberwahn und muß bald zur rechten, bald zur unrechten<br />

Zeit, je nachdem – in die Klage ausbrechen: „Das versteh’ ich nicht“, „das ist nicht zu verstehen.“<br />

Der Autor erklärt bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, er verstehe nicht, die<br />

Wissenschaft sei sich nicht klar, sie wage nicht zu erklären – was – Dinge, die ganz von<br />

allein klar sind für jedermann, dessen Kopf nicht benebelt ist und der deshalb nicht die elementaren<br />

Wahrheiten der Naturwissenschaft vergessen hat, die gleich hier, auf derselben Seite,<br />

fünf Zeilen über oder fünf Zeilen unter dem Gejammer des Autors über die Unfähigkeit<br />

der Wissenschaft, die schwindelerregende Frage zu beantworten, mit seiner eignen Hand geschrieben<br />

stehen. Nach Meinung [660] des Autors weiß weder er noch irgend jemand auf der<br />

Welt irgend etwas beispielsweise darüber, was „Energie“ ist, und alle Gelehrten haben jede<br />

Hoffnung verloren, jemals zu begreifen, was das ist, so daß „die Wissenschaft sich nicht anmaßt,<br />

diese Frage zu beantworten“ Und dabei hat er selber geschrieben, was „Energie“ ist!<br />

Energie ist die Fähigkeit, Arbeit zu leisten, hat der Autor selber geschrieben. Ja; aber das genügt<br />

ihm nicht. Er will, daß der Ausdruck „Energie“ noch irgendeinen anderen Sinn hat, außer<br />

dem, den dieses Wort in der wissenschaftlichen Sprache besitzt. Nun, was läßt sich da<br />

weiter sagen, dieser Wunsch ist sehr leicht zu erfüllen; jeder von uns hat die Freiheit, jedes<br />

beliebige Wort in jedem beliebigen Sinn anzuwenden; er muß dann nur ausdrücklich bemerken:<br />

„Dieses Wort erhält von nun ab, dank meiner Willkür, den folgenden Sinn.“<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!