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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 27<br />

irren, dann wohl nur in der Zeit: zu diesem Resultat, das in der Natur der Dinge liegt und<br />

mithin unvermeidlich ist, wird es kommen, wenn nicht in unserer, dann in der nächsten Generation;<br />

und wenn es unserer Generation noch nicht gelingt, das zu vollenden, trägt sie jedenfalls<br />

viel dazu bei, ihren Kindern die nützliche Sache zu erleichtern.<br />

[113] Jetzt merken wir – schade, daß es zu spät geschieht –‚ daß dieser Aufsatz bei all seiner<br />

Zusammenhanglosigkeit als Einleitung zu einer Darlegung der Auffassungen der modernen<br />

Wissenschaft vom Menschen als einer Einzelpersönlichkeit dienen kann. Hätten wir das früher<br />

bemerkt, würden wir uns Mühe gegeben haben, unsere weiten Abschweifungen von der<br />

Philosophie zu den Naturwissenschaften abzukürzen; dann wäre die Einleitung nicht so überflüssig<br />

lang ausgefallen und wir hätten genügend viele Seiten zur kurzen Darstellung der<br />

Theorie der Persönlichkeit übrigbehalten, wie die moderne Wissenschaft sie versteht. Aber<br />

jetzt ist es zu spät, die Sache wieder einzurenken, und uns bleibt nur die Hoffnung, daß der<br />

vorliegende Artikel, der, wie wir sehen, als Einleitung zu einer Skizze der philosophischen<br />

Auffassung vom Menschen dienen kann, auch wirklich als Einleitung zu ihr dienen wird. 8<br />

II<br />

Die Engländer bezeichnen mit dem Wort „Wissenschaft“ (sciene) bei weitem nicht alle Wissenszweige,<br />

die bei uns und anderen Völkern des Kontinents unter diesen Begriff fallen. Wissenschaft<br />

bezeichnen die Engländer Mathematik, Physik, Chemie, Botanik, Zoologie und<br />

Geographie – also jene Wissenszweige, die man bei uns „exakte“ Wissenschaften nennt, sowie<br />

jene, die diesen ihrem Charakter nach nahekommen; sie rechnen jedoch weder Geschichte<br />

noch Psychologie, Moralphilosophie oder Metaphysik zur „Wissenschaft“. Es muß gesagt<br />

werden, daß tatsächlich zwischen diesen beiden Hälften des Wissens, was die Qualität der in<br />

der einen und in der anderen Hälfte herrschenden Begriffe betrifft, ein riesiger Unterschied<br />

besteht. Aus der einen Hälfte hat jeder einigermaßen aufgeklärte Mensch bereits alle unhaltbaren<br />

Vorurteile ausgeschieden, und alle verständigen Menschen haben über die dort behandelten<br />

Gegenstände übereinstimmende Grundanschauungen. Unser Wissen ist zwar auch in<br />

diesen Bereichen des Seins noch sehr unvollkommen; doch weiß hier jedenfalls jeder, was<br />

uns wirklich [114] gründlich bekannt, was noch unbekannt und was schließlich durch exakte<br />

Forschungen unzweifelhaft widerlegt ist. Versuchen Sie zum Beispiel einmal zu sagen, daß<br />

der menschliche Organismus Nahrung oder Luft braucht – niemand wird sich auf einen Streit<br />

mit Ihnen einlassen; versuchen Sie zu sagen, es sei noch unbekannt, ob allein die Dinge dem<br />

Menschen zur Nahrung dienen können, von denen er sich heute ernährt, und es könnten vielleicht<br />

neue für diesen Zweck geeignete Stoffe gefunden werden – auch dann wird sich kein<br />

aufgeklärter Mensch mit Ihnen auf einen Streit einlassen, und jeder wird nur hinzufügen, daß<br />

diese neuen Stoffe für die menschliche Ernährung, wenn sie einmal gefunden werden, was<br />

sogar sehr wahrscheinlich ist, bis jetzt noch nicht gefunden sind, und daß der Mensch sich<br />

einstweilen nur von den bekannten Stoffen nähren kann, wie Getreide, Fleisch, Milch oder<br />

8 Der erste Teil des Aufsatzes endete in dem Korrekturexemplar mit folgenden Worten: „Sie brauchen also nicht<br />

zu verzweifeln, geneigter Leser: was Ihnen die Gegenwart nicht gebracht hat, werden Sie in Bälde geliefert<br />

erhalten. Was für eine beneidenswerte Zukunft liegt noch vor Ihnen: außer vielen anderen, ebenso wertvollen<br />

Geschenken, wird die Zukunft Ihnen auch die Verwirklichung unserer Gedanken über den Menschen bescheren.<br />

Aber nein, diese schönen Gaben der Zukunft sind nicht eigentlich Geschenke, denn Sie werden einen schweren<br />

Preis für sie zahlen müssen: ist es Ihnen zum Beispiel leicht gefallen, war es für Sie ein Vergnügen, diesen recht<br />

sonderbaren Artikel zu lesen, der als Unterpfand für einen zukünftigen, wahrscheinlich interessanteren Artikel<br />

dienen soll Man kann jedoch auch eine andere Vermutung aussprechen, die uns mehr schmeichelt: vielleicht<br />

haben Sie diesen vorliegenden Aufsatz mit ebensolchem Vergnügen gelesen, wie ich ihn geschrieben habe. Oh,<br />

wir russischen Schriftsteller! was wir alles schreiben! Und noch dazu mit Genuß, ja sogar mit dem stolzen Bewußtsein,<br />

nützliche Menschen zu sein! Oh, russisches Publikum! Was liest du alles! und noch dazu mit Billigung!“<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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