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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 259<br />

DIE ÄSTHETISCHEN BEZIEHUNGEN DER KUNST ZUR WIRKLICHKEIT<br />

(Vorwort zur dritten Auflage) 1<br />

In den vierziger Jahren zeigte die Mehrheit der Gebildeten in Rußland ein lebhaftes Interesse<br />

für die deutsche Philosophie; unsere besten Publizisten vermittelten dem russischen Publikum,<br />

soweit es möglich war, die damals in ihr vorherrschenden Ideen. Das waren die Ideen<br />

Hegels und seiner Schüler.<br />

Gegenwärtig gibt es selbst in Deutschland nur noch wenige Anhänger Hegels 2 um so weniger<br />

sind solche noch bei uns vorhanden. Gegen Ende der vierziger und zu Beginn der fünfziger<br />

Jahre jedoch beherrschte seine Philosophie unsere Literatur. Fast alle Menschen von aufgeklärter<br />

Denkweise sympathisierten mit ihr, soweit sie sie aus den unvollständigen Darstellungen<br />

unserer Publizistik kannten. Die wenigen, die an die Lektüre philosophischer Bücher in<br />

deutscher Sprache gewöhnt waren, erklärten in ihren Kreisen das, was in den gedruckten<br />

Darstellungen in russischen Sprache nicht bis zu Ende ausgesprochen wurde; ihre Kommentare<br />

wurden begierig aufgenommen, und die Kommentatoren standen bei ihren wißbegierigen<br />

Bekannten in hoher Achtung. Zu Lebzeiten Hegels würde die Einheit seiner Denkweise bei<br />

seinen Schülern durch seine persönliche Autorität aufrechterhalten. Aber bereits als er noch<br />

lebte, erschienen in der deutschen philosophischen Literatur Untersuchungen, in denen<br />

Schlußfolgerungen aus Hegels Grundideen dargelegt wurden, die dieser entweder verschwiegen<br />

oder im äußersten Notfall sogar getadelt hatte. Die wichtigste dieser Untersuchungen war<br />

1 Die zweite Auflage der „Ästhetischen Beziehungen der Kunst zur Wirklichkeit“ erschien ohne Nennung des Autors<br />

im Jahre 1865, als Tschernyschewski sich in Sibirien in Verbannung befand. In einem Brief an seinen Sohn<br />

Alexander vom 2. November 1887 weist Tschernyschewski darauf hin, daß eine neue Auflage der „Ästhetischen<br />

Beziehungen“ wünschenswert sei, und schreibt dazu: „Wenn irgendein Verleger der Meinung sein sollte, daß es<br />

nötig wäre, die ‚Ästhetischen Beziehungen‘ neu aufzulegen, würde ich bitten, mich davon zu verständigen und mir<br />

ein Exemplar des Buches zuzuschicken; ich würde dann eine Bearbeitung vornehmen...“ Nach Empfang eines Exemplars<br />

der „Ästhetischen Beziehungen“ schrieb ‘Tschernyschewski am 12 Dezember 1887 seinem Sohn: „Wenn<br />

ich die Zeit finde, schreibe ich ein Vorwort zu diesem Buch und versehe en Text hier und da mit Anmerkungen.“<br />

Bald darauf teilte A. N. Tschernyschewski seinem Vater mit, daß L. F. Pantelejew bereit sei, die „Ästhetischen Beziehungen“<br />

herauszugeben. Am 17. April 1888 schreibt Tschernyschewski seinem Sohn Michail: „Vielen Dank für<br />

den Vorschlag, das Buch ‚Ästhetische Beziehungen‘ an Longin Fjodorowitsch zu geben; ich habe ein Exemplar<br />

hier; nachdem ich gestern Deinen Brief über die Absicht Longin Fjodorowitschs mir diesen Gefallen zu erweisen,<br />

erhalten hatte, machte ich mich daran, ein Vorwort zu schreiben und einige Verbesserungen im Text anzubringen.“<br />

Die Vorbereitung der neuen Auflage beschäftigte Tschernyschewski nur einige Tage lang. Er begann sie am 16.<br />

April und schloß sie am 20. April 1888 ab; an diesem Tage wurde der Text nach Petersburg geschickt. In einem<br />

Brief vom 20. April machte Tschernyschewski von der Absendung des Textes Mitteilung und wies darauf hin,<br />

daß er den Text für die neue Auflage „mit Korrekturen am Rande des Buchtextes und auf einzelnen Blättern“<br />

versehen und dem Buch ein neues Vorwort beigegeben habe.<br />

Am 7. Mai 1888 machte die Hauptverwaltung für Presseangelegenheiten an A. W. Sacharjin, der die Verhandlungen<br />

mit der Zensur aufgenommen hatte, die Mitteilung, daß das Buch „Ästhetische Beziehungen“ und das<br />

„Vorwort“ zu ihm nicht zum Druck zugelassen werden könnte.<br />

Das Manuskript blieb unbenutzt bis zum Jahre 1906 liegen; erst in diesem Jahre wurde das im Jahre 1888 geschriebene<br />

Vorwort Tschernyschewskis in den zweiten Teil des X. Bandes der Sämtlichen Werke Tschernyschewskis<br />

aufgenommen.<br />

In seinem Buch „Materialismus und Empiriokritizismus“ gibt W. I. Lenin in dem Zusatz zu dem § 1 des Kapitels<br />

IV „Von welcher Seite kritisierte N. G. Tschernyschewski den Kantianismus“ eine außerordentlich hohe Bewertung<br />

der Philosophischen Bedeutung von Tschernyschewskis „Vorwort“ zu der geplanten dritten Auflage der<br />

„Ästhetischen Beziehungen der Kunst zur Wirklichkeit“ (W. I. Lenin, Werke, 4. Ausg., Bd. 14, S. 344-346 russ.)<br />

2 Nach den Worten „wenige Anhänger Hegels“ ist im Manuskript gestrichen: „die Hegel treu geblieben sind; die<br />

sich nicht über das leere Phrasengeklingel jener metaphysischen Systeme lustig machten, deren letztes und<br />

mächtigstes von Hegel ausgebildet worden war“.<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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