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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 21<br />

Dummheiten im Leben, daß es gar nicht darauf ankommt, ob man eine mehr oder weniger<br />

macht, genau so wie ein vermodernder Holzspan niemals zu einem Temperaturunterschied<br />

führt. Wir werden also von der anorganischen Natur und dem Pflanzenreich reden.<br />

Dieses neue Thema gefällt uns eigentlich deshalb so gut, weil sich, auch ganz unabhängig<br />

davon, daß wir nicht allzuviel von ihm verstehen, schon deshalb nichts Gescheites darüber<br />

sagen läßt, weil es selbst jeder Realität entbehrt, indem es Einteilungen in die Natur hineinträgt,<br />

die es in der Natur gar nicht gibt. Nur dem unwissenden Menschen kommt es so vor,<br />

daß der Stein eine Sache für sich ist, die Pflanze dagegen ein Ding völlig anderer Art; in<br />

Wirklichkeit zeigt sich, daß die einander so unähnlichen Gegenstände aus gleichen Bestandteilen<br />

zusammengesetzt sind, die sich nach den gleichen Gesetzen, nur in verschiedenen Proportionen<br />

verbunden haben. Wir zerlegen den Stein und finden, daß er aus Gasen und Metallen<br />

zusammengesetzt ist; wir zerlegen die Pflanze und finden in ihr ebenso Gase und Metalle.<br />

In den Steinen finden sich die Metalle nicht in ihrer reinen Gestalt vor, sondern in verschiedenen<br />

Verbindungen mit Sauerstoff; in den Pflanzen ebenso. In den Steinen finden sich die<br />

Gase nicht getrennt, nicht für sich vor, sondern in verschiedenen Verbindungen mit anderen<br />

Gasen und Metallen; in den Pflanzen ebenso. Die Pflanzen enthalten vor allem viele Bestandteile,<br />

die direkt aus nacktem Stein bestehen: bei den lebenden Pflanzen macht dieser Stein<br />

zwei Drittel oder drei Viertel der Gesamtmasse der Pflanze oder sogar mehr aus; dieser Stein<br />

ist das Wasser. Von den Dingen, die wir in der Umgangssprache Steine nennen, unterscheidet<br />

sich dieser Stein nur dadurch, daß er auf einer sehr tiefen Temperaturstufe flüssig wird, während<br />

die gewöhnlichen Steine erst bei außerordentlich hohen Temperaturen schmelzen. Wenn<br />

aber geschmolzenes Quarz nicht aufhört Quarz, Stein zu sein, so hört auch das Mineral, das<br />

in geschmolzener Form zu Wasser wird das Eis, nach dem Schmelzen nicht [102] auf, ein<br />

Mineral zu sein. So unterscheidet sich also die Pflanze von gewöhnlichen Erzen, Steinen oder<br />

anderen anorganischen Körpern im wesentlichen dadurch, daß sie eine Kombination von<br />

Elementen darstellt, die bedeutend komplizierter ist und deshalb in der gewöhnlichen Atmosphäre<br />

den chemischen Prozeß viel schneller durchläuft als die anorganischen Körper, und<br />

dabei infolge ihrer komplizierten Struktur einen bedeutend komplizierteren Prozeß durchläuft.<br />

Im anorganischen Körper findet zum Beispiel nur eine Art von Oxydation statt, während<br />

es in der Pflanze gleichzeitig zu Oxydationen verschiedener Grade kommt; dabei erstreckt<br />

sich im anorganischen Körper die Oxydation auf ein oder zwei Elemente seiner homogenen<br />

Kombination, bei der Pflanze dagegen auf mehrere chemische Verbindungen zugleich,<br />

von denen jede einzelne ziemlich kompliziert ist. Es versteht sich von selbst, daß die<br />

Körper, die von einem so schnellen und vielfältigen chemischen Prozeß erfaßt werden, Qualitäten<br />

manifestieren, die sie bei weniger schnellen und weniger komplizierten Prozessen nicht<br />

aufweisen. Kurz gesagt, der Unterschied zwischen dem Reich der anorganischen Natur und<br />

dem Pflanzenreich ist etwa der gleiche wie zwischen einem Gräschen und einem riesigen<br />

Baum: es ist ein Unterschied der Quantität, der Intensität, der Mannigfaltigkeit, aber kein<br />

Unterschied in den Grundeigenschaften der Erscheinung: das Hälmchen besteht aus den gleichen<br />

Partikeln und lebt nach den gleichen Gesetzen wie die Eiche; die Eiche ist nur sehr viel<br />

komplizierter als der Grashalm: sie hat zehntausende Blätter, während der Grashalm ihrer nur<br />

zwei oder drei hat. Es versteht sich wieder von selbst, daß hier von Gleichheit in bezug auf<br />

das theoretische Wissen von dem Gegenstand, nicht aber in bezug auf seine alltägliche Verwendung<br />

die Rede ist: aus Eichen kann man Häuser bauen, aus Grashalmen nicht. Im Alltag<br />

haben wir vollkommen recht, wenn wir das Erz und die Pflanze als Gegenstände betrachten,<br />

die zu völlig verschiedenen Kategorien von Dingen gehören; doch genau so haben wir im<br />

Alltagsleben recht, wenn wir den Wald zu einer völlig anderen Kategorie rechnen als das<br />

Gras. Die theoretische Analyse jedoch gelangt zu einem anderen Resultat; sie findet, daß diese<br />

in bezug auf [103] unser Alltagsleben so verschiedenen Dinge nur als verschiedene Zustände<br />

ein und derselben Elemente zu betrachten sind, die nach ein und denselben Gesetzen<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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