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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 115<br />

ben gegenwärtig auf einem tiefen Niveau steht, sondern darum, ob sie zu höherer Zivilisation<br />

fähig sind, ob sich ihr Vorderhirn entwickeln und ihre Stirn höher werden kann. Die Tatsachen<br />

beweisen, daß das möglich ist.<br />

Solange es in den Vereinigten Staaten Sklaverei gab, mußte sich die Polemik um die Frage<br />

drehen, ob die Neger Bürger eines wohlgeordneten Staates sein könnten oder nicht. Heute ist<br />

es überflüssig, darüber zu streiten. Die Neger haben die Bürgerrechte erhalten und genießen<br />

sie ebenso wie jene Teile der weißen Einwohnerschaft der Vereinigten Staaten, die infolge<br />

der unglücklichen Gestaltung ihrer Geschichte noch auf einer niedrigen Entwicklungsstufe<br />

stehen. Und es gibt nicht den geringsten Unterschied zwischen der Art, wie die Mehrzahl der<br />

Iren, soweit sie schon im vorgerückten Alter nach Amerika eingewandert sind, bei der Wahl<br />

ihre Stimmen abgibt, und der Art, wie es die meisten Neger tun; die einen wie die anderen<br />

lassen sich im gleichen Maße von Intriganten einfangen. Wie die Neger der Vereinigten Staaten<br />

in ein paar Jahrzehnten stimmen werden, wissen wir nicht, aber unvoreingenommene Beobachter<br />

sagen, daß sie sich bereits jetzt, zwanzig Jahre, nachdem sie das Stimmrecht erhalten<br />

haben, seiner sehr viel vernünftiger bedienen als anfangs.<br />

Die Negerfrage hat übrigens seit der Befreiung der Neger in den Vereinigten Staaten viel von<br />

ihrer früheren [277] Bedeutung verloren. Dort, wo die Neger befreit sind, genießen sie laut<br />

Gesetz alle oder fast alle Rechte freier Bürger 3 , und wenn sie im öffentlichen Leben infolge<br />

der Gewohnheiten, die die Weißen während der Sklavenzeit angenommen haben, noch gewissen<br />

Beschränkungen ausgesetzt sind, so nehmen diese im Maße, wie die Weißen ihre<br />

Sklavenhaltermanieren ablegen, merklich ab. Die Aufhebung der Sklaverei in Kuba und Brasilien<br />

ist eine Sache der nächsten Zukunft; daran zweifeln die Sklavenhalter selber nicht<br />

mehr. Es ist sehr wahrscheinlich, daß in absehbarer Zeit in Afrika Verhältnisse entstehen,<br />

unter denen die Negerfrage sehr wichtig wird: die Weißen dringen von Süden und besonders<br />

von Westen her gegen jenen Teil von Afrika vor, der von Negern bewohnt ist. Diese zukünftigen<br />

Verhältnisse verdienen auch heute schon unser starkes Interesse, aber wir besitzen noch<br />

nicht genügend Unterlagen, um uns ein Bild davon zu machen, welches Geschick die Neger<br />

in Afrika erwartet, wenn die Weißen die Herrschaft über ihre Länder oder wenigstens einen<br />

starken Einfluß auf sie bekommen.<br />

Von allen Rassefragen ist heute jene die wichtigste, die sich auf die gelbe Rasse bezieht. Sie<br />

ist zahlenmäßig sehr viel größer als die schwarze, und dabei zweifelt niemand an der Fähigkeit<br />

der gelben Menschen, große, wohlgeordnete Staatswesen zu besitzen, und dazu auch das, was<br />

heutzutage zu einer Großmacht gehört, nämlich ein zahlreiches, gut diszipliniertes Heer. Man<br />

hört oft Vermutungen anstellen, ob den europäischen Staaten nicht eine große Gefahr von<br />

China her drohe, dessen Bevölkerung so zahlreich ist. Legt man die Proportionen der stehenden<br />

Heere Frankreichs, Deutschlands und Rußlands zugrunde, so kann China ein Heer von 15<br />

oder 20 Millionen Mann aufstellen und, wenn es die nötigen Geldmittel aufbringt, 7 oder<br />

selbst 10 Millionen Krieger gegen Europa schicken. Bei den Beziehungen, die gegenwärtig<br />

zwischen den europäischen Staaten bestehen, ist es ganz unwahrscheinlich, daß diese sich zu<br />

gemeinsamer Verteidigung zusammenschließen; im Gegenteil, sie würden sich so benehmen,<br />

wie die Staaten des alten Griechenlands beim Einbruch der Mazedonier. Es gibt in Europa<br />

ziemlich viele Menschen, die es für wahrscheinlich halten, daß Europa [278] von den Chinesen<br />

unterworfen werden wird. Diese Befürchtungen sind rein phantastisch; wenn die Chinesen<br />

sich erst einmal die europäischen Künste und Fertigkeiten so weit angeeignet haben, daß ihre<br />

Heere, wenn auch nicht hervorragend, so doch nicht schlechter als die der heutigen Türkei<br />

3 Tschernyschewski war irrtümlich der Ansicht, daß die Neger nach Aufhebung der Sklaverei in den USA volle<br />

Bürgerrechte bekommen hätten. Die heute besonders ausgeprägte Diskrimination der Neger in den Vereinigten<br />

Staaten besteht seit Aufhebung der Sklaverei.<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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