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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 110<br />
Terzerone war. Die Tochter einer Quarterone und eines Weißen ließ sich für jemanden, der<br />
nicht in einem Sklavenland aufgewachsen war, bereits nur schwer von einer Weißen unterscheiden.<br />
Wenn ihre Nachkommen noch zwei oder drei Generationen lang Kinder von Weißen<br />
hatten, konnte selbst ein erfahrener Beobachter diese Nachkommen nur schwer von Weißen<br />
unterscheiden. In der zehnten oder zwölften Generation waren sie auch für den geübten<br />
Blick nicht mehr von Weißen zu unterscheiden. Die Entwicklung verlief, in einem Wort,<br />
nach genau den gleichen Gesetzen wie bei der Paarung aller Menschen eines Typus mit Menschen<br />
eines anderen Typus, wie zum Beispiel bei der Paarung der Nachkommenschaft eines<br />
Spaniers und einer Französin mit Menschen französischer Nationalität oder der Nachkommenschaft<br />
eines Kataloniers und einer Andalusierin mit Menschen des katalonischen Stammes.<br />
Wenn dagegen Menschen vom mulattischen Typus unter sich zusammenlebten, so blieb<br />
ihr Typus in der Nachkommenschaft stabil. Das wußte jedermann in den Sklavenstaaten; aber<br />
die Anhänger des Sklavenbesitzes zogen es vor, die für die Erhaltung der Unfreiheit vorteilhafte<br />
Lüge zu wiederholen, daß der mulattische Typus nicht stabil sei.<br />
Heutzutage haben alle ernsthaften Anthropologen die Behauptungen von der Sterilität der<br />
Mulattinnen oder der Labilität des mulattischen Typus als aus der Luft gegriffene [267] Erfindungen<br />
von Gelehrten, die im Dienst der Sklavenhalter standen, fallen gelassen.<br />
Die Klassifizierung der Rassen ist in den Details bis jetzt noch sehr unsicher. Die als kompetenteste<br />
Autoritäten in Fragen dieser Art anerkannten Fachleute sind sich nicht darüber einig,<br />
wieviel Grundrassen man annehmen soll. Auch die Anhänger einer bestimmten Klassifikationsweise<br />
sind verschiedener Meinung darüber, zu welcher der von ihnen angenommenen<br />
Rassen dieser oder jener Stamm zu zählen ist. Auch die Merkmale, nach denen die Menschen<br />
in Rassen einzuleiten sind, bleiben umstritten.<br />
Das populärste Rassenmerkmal ist die Hautfarbe. Es gibt jedoch Fachautoritäten, die der<br />
Meinung sind, daß dieses Merkmal wissenschaftlich sehr geringen Wert hat. Einige von ihnen<br />
meinen, daß der Unterschied in der Form der Kopfhaare sehr viel wichtiger sei; sie teilen<br />
die Menschen in drei Grundrassen: bei der einen haben die Haare im Querschnitt eine runde<br />
Form – solche Haare sind völlig glatt; bei einer anderen Rasse zeigen die Kopfhaare im<br />
Querschnitt eine gering abgeflachte Ellipse – diese Haare sind leicht gelockt; bei der dritten<br />
Rasse sind die Haare im Querschnitt sehr flach elliptisch, so daß das Haar fast wie ein Band<br />
mit abgerundeten Kanten aussieht – solche Haare sind gekräuselt wie Schafswolle. Im allgemeinen<br />
fällt diese Klassifikation ziemlich weitgehend mit der Einteilung der Menschen in<br />
eine gelbe, weiße und schwarze Rasse zusammen. Bemerkenswert an ihr ist, daß sie zu einer<br />
anderen Anordnung der Rassen führt als die Klassifizierung nach der Hautfarbe, bei der am<br />
einen Ende die weiße, am anderen die schwarze Rasse steht, während die gelbe die Mitte<br />
einnimmt; bei der Klassifizierung nach der Form der Kopfhaare hält die Masse der Völker,<br />
die die weiße Rasse bilden, die Mitte zwischen den Völkern der gelben und der schwarzen<br />
Rasse. Unvergleichlich wichtiger ist zweifellos die Verschiedenheit der Kopfform. Bei dieser<br />
Unterscheidungsweise kann man zwei verschiedene Standpunkte einnehmen: im einen Fall<br />
wird die eigentliche Schädelform zum Grundprinzip der Einteilung gemacht, im anderen die<br />
Form des Profils. Aber auch nach der Form [268] des Profils und der Form des Schädels sind<br />
die Resultate für die Einteilung der menschlichen Rassen annähernd gleich; es gibt Ausnahmen,<br />
aber im allgemeinen fällt der ovale Schädel mit dem sogenannten kaukasischen (auch<br />
griechischen europäischen) Profil zusammen, der vierkantige Schädel mit dem abgeflachten<br />
(chinesischen, mongolischen) Profil und der Lang- und Flachschädel mit dem negroiden Profil.<br />
Die Form des Schädels und des Profils ist allgemein als sehr viel wichtiger anerkannt als<br />
die Farbe der Haut und die Form der Kopfhaare, aber einige Fachleute halten es nicht für<br />
angebracht, sie zur entscheidenden Grundlage der Klassifikation der Rassen zu machen weil<br />
sie weniger stabil ist als die Hautfarbe und die Haarform. So wurde zum Beispiel festgestellt,<br />
OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013