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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 105<br />

ausgegeben. In Wirklichkeit jedoch entsprang sie Motiven, die nichts mit wissenschaftlicher<br />

Wahrheit zu tun hatten. Die Pflanzer der Sklavenstaaten der Nordamerikanischen Union bekamen<br />

Angst, die gesetzgebende Körperschaft der Union könne die Sklaverei für die ganze<br />

Union aufheben, wie die gesetzgebenden Körperschaften der Nordstaaten sie bereits in diesen<br />

Staaten aufgehoben hatten. Ähnliche Perioden von Befürchtungen erlebten auch die Sklavenhalter<br />

der englischen Kolonien sowie einiger anderer Kolonien und Staaten. Im Vergleich mit<br />

der Aufhebung der Sklaverei in den Sklavenstaaten der Nordamerikanischen Union spielten<br />

diese Fälle jedoch eine sehr geringe Rolle. Wer außer den Philanthropen oder ein paar Menschen<br />

von sehr fortschrittlicher Denkart interessierte sich für die Frage der Sklaverei in Staaten<br />

oder Kolonien, die nur für Menschen von Bedeutung waren, die mit diesen paar Ländern<br />

oder kleinen Inseln zu tun hatten Die Streitigkeiten zwischen den Anhängern und Gegnern<br />

der Sklaverei [257] in den Staaten, die aus den früheren spanischen Besitzungen in Amerika<br />

entstanden waren, fanden jenseits der Grenzen dieser schwachen Staaten wenig Beachtung.<br />

Und auf welche wissenschaftlichen Kräfte konnten die Vorkämpfer der Sklaverei in diesen<br />

Ländern sich stützen Es ist nur verständlich, daß sie sehr geringen Einfluß auf das Denken<br />

der Mehrheit der Anthropologen hatten. Auch Frankreich besaß Sklavenkolonien, sie übten<br />

jedoch keinen wesentlichen Einfluß auf das politische Leben aus, nicht einmal in Frankreich<br />

selber. Die dortigen Sklavenhalter waren im übrigen überzeugt, daß ihren Interessen keinerlei<br />

Gefahr drohte, solange es in Frankreich eine legitime Regierung gab; sie konnten sich darüber<br />

ärgern, daß sich in Frankreich Leute fanden, die gegen die Sklaverei auftraten; sie konnten<br />

die Gegner der Sklaverei widerlegen; aber sie wußten, daß ihre Tadler machtlos waren,<br />

und hatten selber kaum großes Interesse an einer Polemik mit ihnen; sie polemisierten, eher<br />

um der Regel Genüge zu tun, die verlangt, daß man einen Tadel nicht unbeantwortet läßt, als<br />

daß sie ernsthaft notwendig gehabt hätten, etwas zu erwidern. Auch die Sklavenhalter der<br />

englischen Kolonien hatten keine solche Bedeutung, daß auch nur England selber aufmerksam<br />

auf ihre Stimme gelauscht hätte. Ganz anders gestalteten sich die Dinge in der Frage der<br />

Sklaverei, als die Abolitionisten in der Nordamerikanischen Union einen solchen Einfluß auf<br />

die öffentliche Meinung der Freien Staaten gewannen, daß die Pflanzer der Südstaaten die<br />

Abschaffung der Sklaverei durch die gesetzgebende Behörde der Union befürchten mußten.<br />

Die Pflanzer der Südstaaten bildeten die mächtigste der politischen Parteien in einem Staate,<br />

der bereits einer der mächtigsten Staaten der Welt war und von dem nicht nur manch einer<br />

seiner Bürger, sondern auch die Mehrheit der ernstdenkenden Menschen Europas annahmen,<br />

daß er bald zum mächtigsten aller Staaten werden würde. Die Sklavenhalter hatten fast ununterbrochen<br />

die Führung dieses Staates inne; sie standen ohne jede Unterbrechung an seiner<br />

Spitze, seitdem die Gegner der Sklaverei einen Einfluß gewannen, der ihnen gefährlich werden<br />

konnte. Als sie sich ernsthaft um ihre Pflanzungen Sorge zu machen [258] begannen und<br />

sich genötigt sahen, sich gegen die Angriffe der Abolitionisten zu verteidigen, fanden sich bei<br />

ihnen riesige Kräfte für den Kampf auf der Rednertribüne, in der Presse und in gelehrten Disputen,<br />

genau so wie sich später militärische Kräfte fanden. Wie zu Beginn der militärischen<br />

Zusammenstöße 2 die Mehrzahl der Spezialisten der Kriegskunst auf die Seite der Sklavenhalter<br />

trat, so konnten sich auch im wissenschaftlichen Kampf die Pflanzer auf die Arbeiten von<br />

Männern stützen, die mehr Autorität hatten als die Anthropologen der Abolitionisten. Es genügt<br />

daran zu erinnern, daß ein Agassiz seine Stimme zur Verteidigung der Sklaverei erhob.<br />

Die Sklavenhalter waren Männer der weißen Rasse, die Sklaven waren Neger; deshalb nahm<br />

die Verteidigung der Sklaverei in den gelehrten Abhandlungen die Form der theoretischen<br />

Behauptung an, es gebe einen grundlegenden Unterschied zwischen den verschiedenen Menschenrassen.<br />

Die weiße Rasse besitzt – nach dieser Theorie – vollauf alle Geistes- und Cha-<br />

2 Bezieht sich auf den Krieg der Nordstaaten gegen die sklavenhalterischen Südstaaten in den Vereinigten Staaten<br />

von Nordamerika.<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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