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N. G. Tschernyschewski – Ausgewählte philosophische Schriften – 102<br />

den Tod Gott-Sohns, von der Rangordnung der Engel, von dem Sturz der abtrünnigen Geister,<br />

von der Auferstehung der Toten, vom Jüngsten Gericht und den Geheimnissen des ewigen<br />

Lebens. Das irdische Wissen beschäftigt sich nicht mit diesen großen Wahrheiten, die<br />

infolge ihrer Erhabenheit einer ihm nicht zugänglichen Sphäre angehören – es vermag uns<br />

nur Kenntnisse von der äußeren und der materiellen Natur und vom Menschen als einem irdischen,<br />

materiellen Wesen zu vermitteln. Die göttliche Offenbarung führt die Menschen in das<br />

Wissen „der im Geheimnis verborgenen göttlichen Weisheit“ ein, teilt den Menschen Wahrheiten<br />

mit, die „kein Auge gesehn und kein Ohr gehört hat“ und die „das Denken des Menschen<br />

nicht einmal fassen konnte“, bevor es durch Offenbarung von oben Kenntnis von ihnen<br />

erhielt. So lehren [252] die Kirchenväter, die die klarste Vorstellung von der Religion der<br />

Offenbarung besaßen. Nach ihrer Lehre – einer wahren und durch die heutigen Philosophen,<br />

die sich sowohl von den scholastischen Irrtümern wie vom Selbstbetrug der transzendentalen<br />

Aprioristik Schellings und Hegels freigemacht haben, bestätigten Lehre – besteht der Unterschied<br />

zwischen der Religion der Offenbarung und der weltlichen Wissenschaft nicht darin,<br />

daß die Religion nur Glauben vermittelt, aber kein Wissen, während die Wissenschaft Wissen<br />

liefert – nein, nach der Lehre der großen Kirchenväter vermittelt die geoffenbarte Religion<br />

dem Menschen ebenso Wissen wie die Wissenschaft, jedoch ein Wissen nicht von den Gegenständen,<br />

die der irdischen Wissenschaft zugänglich sind, sondern von völlig anderen, unvergleichlich<br />

höheren Gegenständen. Indem Herr Or. Nowizki in den Irrtum der Scholastiker<br />

verfällt, die die Philosophie des Aristoteles mit den Wahrheiten der christlichen Religion<br />

vermengten, und dem Beispiel der transzendentalen Philosophen folgt, die die geoffenbarte<br />

Religion mit der Wissenschaft verschmolzen, hat er gleich jenen die wahre, richtige Auffassung<br />

von der einen wie von der anderen in sich verdunkelt: er versteht weder die Lehre der<br />

Kirchenväter noch den Geist der weltlichen Wissenschaft. Diese Verdunkelung ist ein Produkt<br />

dessen, daß er in zwei Fächern Spezialist sein wollte, von denen jedes umfangreich genug<br />

ist, um sich auch dann schwer ganz erfassen zu lassen, wenn der Mensch auf das Studium<br />

dieses einen Faches seine ganze Kraft, sein ganzes Leben verwendet: Herr Orest Nowizki<br />

hat weder die Zeit noch die Kraft gehabt, weder die Religion noch die weltliche Wissenschaft<br />

gehörig zu studieren.<br />

Herr Or. Nowizki bildet sich ein, ein Philosoph zu sein; wenn das stimmt, so muß er Philosoph<br />

sein und nicht Theologe. Was dem einen erreichbar ist, ist unerreichbar für den anderen.<br />

Aber aus allem läßt sich ersehen, daß die Wissenschaft ihn nicht befriedigt, daß er die Religion<br />

sowohl hinsichtlich des Wahrheitsgehalts als auch des Werts ihrer Ideen über die Philosophie<br />

stellt. Wenn das stimmt, so sollte er die Wissenschaft sein lassen, sollte aufhören, sich<br />

für einen Philosophen zu halten, und sollte Unterricht in den Lehren [253] der Religion erteilen.<br />

Er sagt ja selbst, daß diese Lehren mehr Nutzen bringen als die Philosophie; warum verschwendet<br />

er dann seine Zeit auf eine so wenig nutzbringende Tätigkeit und nimmt sich nicht<br />

ein viel nutzbringenderes Werk vor Er tut sich selber unrecht.<br />

Indem wir es ihm selbst überlassen, sich eine Rüge zu erteilen, wenden wir uns seinem Buche<br />

zu. Hätte er es von dem Standpunkt aus geschrieben, den er selbst für richtig hält, so hätte es<br />

jene Leute zufriedenstellen können, die seine Denkweise teilen. Vom Standpunkt der Theologie<br />

aus waren die heidnischen Lehren sündhafte Ausgeburten des Vaters der Lüge, in dessen<br />

Gewalt die vom wahren Gott abgefallenen Menschen geraten waren; die Kirchenväter fanden<br />

Partikelchen der Wahrheit auch in den Lehren der alten Philosophen, schrieben jedoch dieses<br />

Aufblitzen der geoffenbarten Wahrheit der Offenbarung des göttlichen Logos zu. Entsprechend<br />

seiner Auffassung von den Beziehungen von Religion und Philosophie, einer Auffassung,<br />

die nicht ganz mit der aus der reinsten Quelle geschöpften Wahrheit übereinstimmt,<br />

hätte Herr Or. Nowizki von den heidnischen Religionen und philosophischen Systemen in<br />

diesem Tone sprechen müssen, hätte ihre Unvereinbarkeit mit der christlichen Glaubenslehre<br />

OCR-Texterkennung <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>Archiv</strong> <strong>Leipzig</strong> – 23.11.2013

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