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4. die weltgeschichte im spiegel der sz - Saarbrücker Zeitung

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5 Die SAARBRÜCKER ZEITUNG<br />

3. DIE GESCHICHTE DES<br />

LANDES IM SPIEGEL DER SZ<br />

Von SZ-Redakteur<br />

Martin Rolshausen<br />

Es ist gespenstisch. Es<br />

ist, als lege sich be<strong>im</strong><br />

Lesen eine kalte<br />

Hand ums Herz. Die<br />

<strong>Zeitung</strong>sseiten sind<br />

vergilbt, an einigen<br />

Stellen schon brüchig, aber es steht<br />

da: „Fest auch <strong>im</strong> Feuersturm“. Die<br />

<strong>Saarbrücker</strong> <strong>Zeitung</strong> druckt am 7.<br />

Oktober 1944 eine Durchhalteparole,<br />

nationalsozialistische Propaganda<br />

– und das nach <strong>der</strong><br />

schl<strong>im</strong>msten Nacht <strong>der</strong> <strong>Saarbrücker</strong><br />

Stadtgeschichte. In jener<br />

Nacht, am 5. Oktober 1944, griffen<br />

325 englische Bomber in zwei Wellen<br />

Saarbrücken an und warfen<br />

350 000 Brandbomben ab. 361<br />

Menschen starben – nach offiziellen<br />

Angaben – <strong>im</strong> Bombenhagel, sie<br />

erstickten in den Luftschutzkellern,<br />

verbrannten in ihren Häusern<br />

o<strong>der</strong> wurden von Bomben zerfetzt.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Verletzten ist bis heute<br />

unbekannt. Fast drei Viertel des<br />

Stadtgebiets sind zerstört.<br />

In <strong>der</strong> <strong>Saarbrücker</strong> <strong>Zeitung</strong> wird<br />

das Ausmaß des Schadens nicht beschrieben.<br />

Auch <strong>die</strong> Zahl <strong>der</strong> Toten<br />

wird nicht genannt. Aber <strong>die</strong> erwähnt<br />

auch <strong>der</strong> <strong>Saarbrücker</strong> Polizeipräsident<br />

in seiner ,,abschließenden<br />

Schadensmeldung“ vom 9.<br />

Oktober 1944 nicht. Es geht in <strong>die</strong>ser<br />

Phase des Krieges nicht um Information<br />

– auch nicht in <strong>der</strong> <strong>Saarbrücker</strong><br />

<strong>Zeitung</strong>. „Einen Großangriff<br />

haben wir in <strong>der</strong> vergangenen<br />

Nacht erlebt, ohne dass <strong>die</strong> Front<br />

von <strong>der</strong> Mosel her uns näher gerückt<br />

wäre“, schreibt <strong>die</strong> <strong>Saarbrücker</strong><br />

<strong>Zeitung</strong>. Der Feind sei he<strong>im</strong>tückisch,<br />

anstatt an <strong>der</strong> Front zu<br />

kämpfen, greife er <strong>die</strong> Zivilbevölkerung<br />

an. „Es war brutaler Terror, es<br />

war ein Anschlag auf <strong>die</strong> Einwohner<br />

Saarbrückens“, steht auf Seite 1<br />

Propaganda statt Information<br />

Wie <strong>die</strong> SZ nach dem Bombenangriff auf Saarbrücken am 5. Oktober 1944 Durchhalteparolen ausgab<br />

<strong>der</strong> saarländischen Tage<strong>sz</strong>eitung.<br />

Und dann wird erklärt: „Der Rückhalt<br />

<strong>der</strong> Front ist nicht schwächer<br />

geworden, weil feindliche Bomber<br />

das Ver<strong>der</strong>ben auf uns losließen.<br />

Wer kein Gepäck mehr trägt,<br />

schreitet schneller voran, und wer<br />

um Menschen trauert, kennt keine<br />

Gnade. So bleibt unsere grenznahe<br />

Stadt auch dann in <strong>der</strong> Festung eine<br />

uneinnehmbare Position, wenn <strong>die</strong><br />

Mauern rauchgeschwärzt und <strong>die</strong><br />

Straßen schuttverengt sind.“<br />

Nach <strong>der</strong> Saarabst<strong>im</strong>mung am 13.<br />

Januar 1935 hatte <strong>die</strong> SZ seitenweise<br />

Fotos mit feiernden Menschen<br />

und Hakenkreuzfahnen gedruckt.<br />

„Das Hakenkreuz auf saarländischen<br />

Staatsgebäuden“ wird in<br />

Überschriften gefeiert und mit Fotos<br />

dokumentiert. Von „Saarbrücken<br />

<strong>im</strong> Siegesjubel“ wird berichtet.<br />

„Der <strong>Saarbrücker</strong> freut sich“,<br />

heißt es. Und „nachdem eine große<br />

Schlacht mit friedlichen Waffen geschlagen“<br />

worden sei (gemeint ist<br />

<strong>die</strong> Saarabst<strong>im</strong>mung), ehren <strong>die</strong><br />

<strong>Saarbrücker</strong> auf dem Nussberg<br />

erstmal <strong>die</strong> Helden des Ersten<br />

Weltkriegs. Neuneinhalb Jahre<br />

später verzichtet <strong>die</strong> SZ zwar nicht<br />

auf Pathos, aber auf Fotos. Das Ausmaß<br />

<strong>der</strong> Zerstörung wird nicht gezeigt.<br />

Dass ausgerechnet <strong>die</strong>ser Tag<br />

mit Tod und Verwüstung enden<br />

würde, konnte niemand wissen.<br />

Aber bereits am Morgen des 5. Oktober<br />

1944 werden <strong>die</strong> <strong>Saarbrücker</strong><br />

bei <strong>der</strong> Lektüre ihrer <strong>Zeitung</strong> darauf<br />

vorbereitet, dass <strong>die</strong> Zeit des<br />

Jubels vorbei ist.<br />

Die <strong>Saarbrücker</strong> <strong>Zeitung</strong> berichtet<br />

an <strong>die</strong>sem Tag über <strong>die</strong> Beisetzung<br />

<strong>der</strong> Nazi-Größe Josef Bürckel.<br />

Der Gauleiter war „Reichskommissar<br />

für <strong>die</strong> Rückglie<strong>der</strong>ung<br />

des Saarlands“ und bis zu seinem<br />

Tod von Neustadt an <strong>der</strong> Weinstraße<br />

aus für <strong>die</strong> so genannte Westmark<br />

und <strong>die</strong> Zivilverwaltung in<br />

Lothringen zuständig. „Wir müssen<br />

stark sein“, lautet <strong>die</strong> Botschaft,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Nazi-Propaganda von <strong>der</strong><br />

Beerdigung aussendet.<br />

Eine weitere Nachricht <strong>die</strong>ses<br />

Tages lässt nichts Gutes ahnen. Die<br />

SZ berichtet von einem Auftritt des<br />

Reichspropagandaministers Joseph<br />

Goebbels <strong>im</strong> Rheinland. „Jedes<br />

Haus wird eine Festung sein“,<br />

lautet <strong>die</strong> Schlagzeile <strong>der</strong> <strong>Saarbrücker</strong><br />

<strong>Zeitung</strong> dazu.<br />

Die Durchhalteparolen <strong>der</strong> Nationalsozialisten<br />

finden sich in den<br />

Schwere Bombenangriffe<br />

hinterließen<br />

1944 in Saarbrücken<br />

große<br />

Schäden. Teile <strong>der</strong><br />

Bahnhofstraße<br />

wurden unter<br />

Schutt und Asche<br />

begraben (Foto).<br />

Die Titelseite <strong>der</strong><br />

SZ vom 7. Oktober<br />

1944 berichtet<br />

über den Kriegsverlauf.<br />

FOTO:<br />

KORN, SZ-ARCHIV<br />

Überschriften <strong>der</strong> <strong>Saarbrücker</strong> <strong>Zeitung</strong><br />

aber schon früher. Am 7. Juni<br />

1944 wird zum Beispiel von einer<br />

„Kundgebung <strong>der</strong> Zuversicht“ und<br />

von Adolf Hitler als einem „Mann,<br />

<strong>der</strong> nie kapituliert“ und dem man<br />

„Treue ohne Einschränkung“<br />

schulde, berichtet. Und über <strong>die</strong><br />

Hinrichtung <strong>der</strong> Offiziere, <strong>der</strong>en<br />

Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli<br />

scheiterte, schreibt <strong>die</strong> SZ am 9.<br />

August 1944: „Sch<strong>im</strong>pflichster Tod<br />

für sch<strong>im</strong>pflichste Tat – Die Schande<br />

ist gelöscht“.<br />

Die <strong>Saarbrücker</strong> Bombennacht<br />

ist nicht zu löschen. Aber schon am<br />

Tag danach versucht <strong>die</strong> SZ es mit<br />

Normalität: Sie berichtet unter <strong>der</strong><br />

Rubrik Saarbrücken über „Pilzkenner“.<br />

Es ist gespenstisch.<br />

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GAR NICHT AN!<br />

Der <strong>Saarbrücker</strong> <strong>Zeitung</strong><br />

alle guten Wünsche zum 250. Geburtstag!<br />

Er gehört zum Leben<br />

www.volksfreund.de<br />

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