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Wundprobleme in der Geriatrie - AWA

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SCHWERPUNKT<br />

26 kz 04/2002<br />

<strong>Wundprobleme</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ältere Menschen leiden<br />

aufgrund <strong>der</strong> strukturellen und<br />

physiologischen Verän<strong>der</strong>ungen<br />

des Hautorgans und <strong>der</strong> oft<br />

Re<strong>in</strong>hard Werni<br />

bestehenden Multimorbidität<br />

häufig an chronischen Wunden.<br />

Bei den Hautdefekten handelt es sich meist um<br />

Unterschenkelgeschwüre und Dekubitalulzera. Neben<br />

Prävention und kausaler Therapie steht die<br />

phasengerechte Wundbehandlung im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Die Haut des älteren Menschen ist aufgrund des physiologischen<br />

Alterungsprozesses gegen äußere E<strong>in</strong>flüsse weniger wi<strong>der</strong>standsfähig<br />

und dadurch auch leichter verletzbar. Durch<br />

e<strong>in</strong>e verm<strong>in</strong><strong>der</strong>te Mitoserate ist die Reepithelisation verlangsamt<br />

und die Wundheilung verzögert (Tab. 1). Alte Menschen<br />

leiden deshalb beson<strong>der</strong>s häufig an schlecht heilenden<br />

Wunden.<br />

Im Alter ist generell mit e<strong>in</strong>er Zunahme von Erkrankungen<br />

zu rechnen. Daneben gibt es Krankheiten, die primär im höheren<br />

Lebensalter auftreten, wie z.B. Diabetes mellitus Typ II.<br />

Der ältere Mensch leidet oft gleichzeitig an mehreren Erkrankungen<br />

und neigt dadurch vermehrt zur Immobilität. Immobile<br />

Patienten s<strong>in</strong>d beson<strong>der</strong>s dekubitusgefährdet.<br />

Merkmale <strong>der</strong> Altershaut<br />

Physiologischer Alterungsprozess (nicht lichtgeschädigte Haut)<br />

Atrophie aller Gewebsschichten<br />

Mitoserate (epi<strong>der</strong>maler Turnover) reduziert<br />

Abflachung <strong>der</strong> Retezapfen<br />

(<strong>der</strong>moepi<strong>der</strong>male Junktionszone)<br />

Kollagenfasern <strong>in</strong> Dermis reduziert,<br />

Kollagenase-Aktivität erhöht<br />

Reduktion elastischer Fasern<br />

Reduktion <strong>der</strong> Melanozyten<br />

Reduktion <strong>der</strong> Langerhanszellen<br />

Reduktion <strong>der</strong> Hautgefäße<br />

Reduktion und Atrophie <strong>der</strong> Hautanhangsgebilde<br />

Diese Erfahrungen erklären das erhöhte Risiko des geriatrischen<br />

Patienten, e<strong>in</strong>en schlecht heilenden Hautdefekt zu entwickeln.<br />

Die häufigsten Formen chronischer Wunden im Alter<br />

s<strong>in</strong>d Unterschenkelgeschwüre, Dekubitalgeschwüre und<br />

schlecht heilende Operationswunden.<br />

Nach verschiedenen epidemiologischen Studien leiden 1–3%<br />

<strong>der</strong> über 65-jährigen Patienten an Unterschenkelgeschwüren.<br />

In <strong>der</strong> Literatur werden für die Dekubitus-Prävalenz <strong>in</strong> Pflegeheimen<br />

Zahlen zwischen 10–30 % angegeben. An <strong>der</strong><br />

Hautambulanz im <strong>Geriatrie</strong>zentrum am Wienerwald (GZW)<br />

werden durchschnittlich 40 % <strong>der</strong> zugewiesenen Patienten wegen<br />

chronischer Wunden vorstellig. Diese Zahlen verdeutlichen<br />

die Problematik chronischer Wunden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Geriatrie</strong>.<br />

Die Therapie chronischer Wunden beim geriatrischen Patienten<br />

ist außerdem langwierig und erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es<br />

Wundmanagement.<br />

Prävention an erster Stelle<br />

<strong>Geriatrie</strong><br />

Nicht alle chronischen Wunden s<strong>in</strong>d vermeidbar, dennoch<br />

werden prophylaktische Maßnahmen dort beson<strong>der</strong>s erfolgreich<br />

se<strong>in</strong>, wo E<strong>in</strong>zelfaktoren bee<strong>in</strong>flusst werden können, die <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Genese chronischer Wunden von wesentlicher Bedeutung<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Bei <strong>der</strong> chronisch venösen Insuffizienz (CVI) <strong>der</strong> unteren<br />

Extremität steht die sogenannte „ambulatorische venöse<br />

Hypertension“ als Ausdruck e<strong>in</strong>er gestörten Pumpleistung im<br />

Vor<strong>der</strong>grund. Diese venöse Druckerhöhung kann über e<strong>in</strong>e gestörte<br />

Mikrozirkulation zum Ulcus cruris führen. Die wesentliche<br />

prophylaktische Maß-<br />

dünn<br />

Reepithelisation verlangsamt<br />

gesteigerte mechanische Verletzlichkeit<br />

weniger reißfest,<br />

schlechtere Wundheilung im Alter<br />

schlaff<br />

bleich<br />

Abnahme <strong>der</strong> Immunantwort<br />

blass<br />

Haarlosigkeit,<br />

verr<strong>in</strong>gertes Schwitzvermögen<br />

Tab. 1<br />

nahme bei <strong>der</strong> CVI ist die<br />

Kompressionstherapie. Die<br />

Entstauung <strong>der</strong> unteren Extremität<br />

führt zu e<strong>in</strong>er Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Mikrozirkulation<br />

und kann die Entwicklung<br />

venöser Ulzera verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n.<br />

Beim diabetischen Fuß<br />

liegt das Hauptaugenmerk auf<br />

<strong>der</strong> Vermeidung von Hautverletzungen.<br />

E<strong>in</strong> harmloser<br />

Hautdefekt kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

feuchte Gangrän übergehen<br />

und unter Umständen e<strong>in</strong>e<br />

Amputation erfor<strong>der</strong>lich machen.<br />

Die regelmäßige Inspektion<br />

des diabetischen<br />

Fußes (Fußvisiten!) und e<strong>in</strong>e


adäquate Hautpflege s<strong>in</strong>d beson<strong>der</strong>s wichtig. Druckstellen an<br />

den Fußsohlen können durch geeignetes Schuhwerk vermieden<br />

werden. Von wesentlicher Bedeutung ist die Optimierung <strong>der</strong><br />

Blutzuckere<strong>in</strong>stellung.<br />

Der wesentliche Risikofaktor des Dekubitus ist die Immobilität.<br />

Geriatrische Patienten haben e<strong>in</strong> hohes Dekubitusrisiko,<br />

da die Immobilität mit zunehmendem Alter aufgrund <strong>der</strong><br />

oft gleichzeitig bestehenden Multimorbidität zunimmt. Rechtzeitige<br />

Druckentlastung und frühzeitige Mobilisation spielen<br />

e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dekubitusprophylaxe.<br />

Dekubitalulzera entstehen, wenn unphysiologisch hohe<br />

Druck- und Scherkräfte auf die Haut und das darunterliegende<br />

Gewebe e<strong>in</strong>wirken. Durch die Druck- und Scherkräfte wird<br />

die Blutversorgung des Gewebes unterbrochen. Die Ischämie-<br />

Toleranz <strong>der</strong> Haut beträgt ca. zwei Stunden. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

gehende Drucke<strong>in</strong>wirkungen führen zur Hautnekrose und zum<br />

Dekubitus.<br />

Dekubitusprophylaxe<br />

Das Prophylaxekonzept beg<strong>in</strong>nt mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> aktuellen<br />

Gefährdung. Risikoskalen ermöglichen e<strong>in</strong>e Erfassung des<br />

Dekubitusrisikos <strong>in</strong> standardisierter Form. Im deutschen<br />

Sprachraum wird zur Risikoe<strong>in</strong>schätzung vorwiegend die erweiterte<br />

Norton-Skala e<strong>in</strong>gesetzt. Risikofaktoren (z.B. Immobilität,<br />

fieberhafte Infekte, Operationen <strong>in</strong> Allgeme<strong>in</strong>narkose mit langer<br />

Aufwachphase) müssen rechtzeitig erkannt und m<strong>in</strong>imiert<br />

bzw. behandelt werden. Mit Hilfe e<strong>in</strong>es kont<strong>in</strong>uierlichen<br />

Risiko-Assessements (Norton-Skala, Risikofaktoren) wird die<br />

Dekubitusgefahr rechtzeitig erkannt, und es können frühzeitig<br />

Maßnahmen zur Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung des Dekubitus ergriffen werden.<br />

Maßnahmen zur Vermeidung und Behandlung des Dekubitus<br />

haben im GZW seit Jahren e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert. Im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>er zunehmenden Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong><br />

Dekubitusproblematik wurden von e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />

Team (Mediz<strong>in</strong>, Pflege, Physiotherapie) mo<strong>der</strong>ne Strategien<br />

für Prophylaxe und Therapie des Dekubitus <strong>in</strong> Form von standardisierten<br />

Leitl<strong>in</strong>ien entwickelt.<br />

E<strong>in</strong>e wirksame Dekubitusprophylaxe umfasst im Wesentlichen<br />

folgende präventive Interventionen:<br />

Druckentlastung<br />

Management <strong>der</strong> Inkont<strong>in</strong>enz<br />

Ausgleich e<strong>in</strong>er bestehenden Mangelernährung<br />

Die wichtigste Maßnahme ist die Druckentlastung, die durch<br />

zwei wesentliche Pr<strong>in</strong>zipien erzielt werden kann:<br />

1. Verkürzung <strong>der</strong> Drucke<strong>in</strong>wirkungszeit durch Umlagern<br />

2. Reduktion des Auflagedrucks durch Weichlagerungssysteme<br />

Grundsätzlich muss je<strong>der</strong> dekubitusgefährdete Patient alle zwei<br />

Stunden umgelagert werden, da im Allgeme<strong>in</strong>en vom Gewebe<br />

e<strong>in</strong>e Druckverweilzeit von zwei Stunden toleriert wird (Ischämie-<br />

Toleranz). Durch Weichlagerung auf e<strong>in</strong>em Antidekubitussystem<br />

(ADS) wird <strong>der</strong> Auflagedruck reduziert und die Umlagerungs<strong>in</strong>tervalle<br />

können dadurch wie<strong>der</strong> verlängert werden.<br />

Bei den Weichlagerungssystemen kann pr<strong>in</strong>zipiell zwischen<br />

statischen und dynamischen ADS unterschieden werden. Die<br />

hoch wirksamen masch<strong>in</strong>ell-druckentlastenden Systeme können<br />

sich aber auch für den Patienten bei unkritischer Anwendung<br />

nachteilig auswirken. E<strong>in</strong>e extreme Druckentlastung kann zu ei-<br />

SCHWERPUNKT<br />

ner Erhöhung des Muskeltonus, zu Fehlhaltungen und zu e<strong>in</strong>em<br />

Verlust des Körpergefühls führen. Es empfiehlt sich deshalb e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>terprofessioneller Lagerungsplan (Pflege, Mediz<strong>in</strong>, Physiotherapie),<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuell für jeden Patienten erstellt wird.<br />

Die Inkont<strong>in</strong>enzproblematik wurde im GZW <strong>in</strong> letzter Zeit<br />

zunehmend thematisiert und durch spezielle Fortbildungsaktivitäten<br />

(sog. Inkont<strong>in</strong>enztage) und e<strong>in</strong>e professionelle Patientenbetreuung<br />

( „Inkont<strong>in</strong>enzschwester“ ) akzentuiert.<br />

Außerdem wird im GZW bei je<strong>der</strong> Neuaufnahme und bei<br />

jedem Patienten mit Ernährungsproblemen e<strong>in</strong> standardisiertes<br />

Beurteilungsverfahren des Ernährungszustandes (Ernährungsassessment)<br />

durchgeführt. Dadurch können Ernährungsdefizite<br />

rechtzeitig erkannt und ausgeglichen werden.<br />

Das standardisierte Vorgehen bei dekubitusgefährdeten<br />

Patienten hat im GZW zu e<strong>in</strong>er deutlichen Reduktion <strong>der</strong><br />

Dekubitusprävalenz geführt (Tab. 2).<br />

Dekubitusprävalenz im GZW<br />

1996 18 % 2.822 Patienten<br />

2000 14 % 2.561 Patienten<br />

2001 6 % 2.543 Patienten<br />

Wunddiagnostik<br />

Die Genese chronischer Wunden ist vielfältig. Am Beg<strong>in</strong>n<br />

e<strong>in</strong>es rationalen Wundmanagements steht deshalb die exakte<br />

Diagnose. Nur das Wissen um die Grun<strong>der</strong>krankung ermöglicht<br />

e<strong>in</strong>en kausalen Therapieansatz.<br />

Chronische Wunden f<strong>in</strong>den sich außerordentlich häufig an<br />

<strong>der</strong> unteren Extremität als sog. Ulcus cruris. Das Unterschenkelgeschwür<br />

ist allerd<strong>in</strong>gs noch ke<strong>in</strong>e Diagnose, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong><br />

Symptom bzw. e<strong>in</strong> Sammelbegriff, unter dem sich die verschiedensten<br />

Krankheitsentitäten verbergen.<br />

Der Großteil <strong>der</strong> Unterschenkelgeschwüre ist venöser Genese<br />

(rund 70 %), <strong>in</strong> 20 % stehen arterielle Verschlüsse im Vor<strong>der</strong>grund,<br />

<strong>in</strong> 10 % aller Fälle können an<strong>der</strong>e Erkrankungen<br />

für das Auftreten von Be<strong>in</strong>ulzera verantwortlich gemacht werden.<br />

E<strong>in</strong>e Klassifizierung <strong>der</strong> Unterschenkelgeschwüre nach<br />

Partsch (Tab. 3) veranschaulicht die ätiologische Vielfalt des<br />

Ulcus cruris mit den diversen diagnostischen Möglichkeiten.<br />

Behandlung <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung<br />

Tab. 2<br />

Sobald die Diagnose <strong>der</strong> chronischen Wunde gestellt ist,<br />

ist <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Ursache des Hautdefektes zu behandeln.<br />

Bei <strong>der</strong> Therapie chronischer Wunden ist <strong>der</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre<br />

Ansatz wichtig, wobei je nach Krankheitsbild <strong>der</strong> Dermatologe,<br />

Diabetologe, Chirurg o<strong>der</strong> Orthopäde gefor<strong>der</strong>t ist. Um<br />

e<strong>in</strong>e optimale Versorgung chronischer Wunden zu gewährleisten,<br />

bedarf es e<strong>in</strong>er Koord<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ären<br />

Behandlungsschritte. Wichtige Erfolgsfaktoren für die<br />

angestrebte Wundheilung s<strong>in</strong>d das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wundpflege<br />

geschulte Pflegepersonal und die gute Kooperation zwischen<br />

Mediz<strong>in</strong> und Pflege.<br />

04/2002 kz 27


SCHWERPUNKT<br />

28 kz 04/2002<br />

Klassifizierung von Unterschenkelgeschwüren nach <strong>der</strong> Ätiologie (nach Partsch)<br />

venöse Ulzera venöser Reflux Doppler-Ultraschall<br />

arterielle Ulzera<br />

gemischte Ulzera<br />

pAVK Doppler-Index, Angiographie<br />

Ulzera durch <strong>der</strong>matol. Erkrankungen Vaskulitis, Pyo<strong>der</strong>ma gangränosum Labor, Biopsie<br />

Hämatologische Ulzera Bluterkrankungen Labor<br />

Ulcus crur. Infectiosum nekrotis. Erysipel Kultur<br />

traumat.-exogene Ulzera Dekubitus, Combustio Anamnese<br />

Ulzera bei Neoplasien Basaliom, PE-Ca Biopsie<br />

Neurotroph. Ulzera periphere Neuropathie Labor, Anamnese<br />

Bei venösen Ulzera kann die venöse Pumpleistung durch<br />

adäquate Kompressionsverbände verbessert und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge<br />

die Ulzera zur Abheilung gebracht werden. Bedarfsweise können<br />

<strong>in</strong>suffiziente Venae perforantes operativ saniert werden.<br />

Bei arteriellen Ulzera steht die Verbesserung <strong>der</strong> arteriellen<br />

Durchblutung im Vor<strong>der</strong>grund. Neben <strong>der</strong> medikamentösen<br />

Behandlung mit Prostazykl<strong>in</strong>-Derivaten können Gefäßverschlüsse<br />

durch <strong>in</strong>terventionelle Ballonkathetermethoden<br />

o<strong>der</strong> gefäßchirurgische E<strong>in</strong>griffe beseitigt werden.<br />

Bei <strong>der</strong>matologischen Erkrankungen ist die Behandlung<br />

speziell auf die zugrunde liegende Dermatose zu richten. Nicht<br />

selten ist die differentialdiagnostische Abklärung e<strong>in</strong>es Unterschenkelgeschwürs<br />

problematisch, oft s<strong>in</strong>d zusätzliche diagnostische<br />

Verfahren, wie z.B. e<strong>in</strong>e histologische Abklärung,<br />

erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Fallberichte<br />

E<strong>in</strong>e 78-jährige Patient<strong>in</strong> entwickelte an beiden Unterschenkeln<br />

multiple, nekrotisch belegte und schmerzhafte Ulzerationen<br />

(Abb.1). Die Ulkusrän<strong>der</strong> waren livid-rot verfärbt,<br />

von weicher Konsistenz und mit „matschen“ Pusteln durchsetzt.<br />

Anamnestisch konnte e<strong>in</strong>e seit Jahren bestehende chronische<br />

Polyarthritis eruiert werden. Anhand <strong>der</strong> typischen Kl<strong>in</strong>ik und<br />

des histo-pathologischen Befundes wurde die Diagnose Pyo<strong>der</strong>ma<br />

gangränosum gestellt.<br />

Tab. 3<br />

Ätiologie und Pathogenese dieser Erkrankung s<strong>in</strong>d unklar.<br />

Durch e<strong>in</strong>e unkontrollierte Leukozytenaktivierung kommt es<br />

zu Abszedierung und Nekrosenbildung an <strong>der</strong> Haut. Das Pyo<strong>der</strong>ma<br />

gangränosum ist häufig mit <strong>in</strong>neren bzw. Systemkrankheiten<br />

assoziiert, bei unserer Patient<strong>in</strong> bestand e<strong>in</strong>e<br />

Assoziation mit e<strong>in</strong>er chronischen Polyarthritis.<br />

Unter systemischer Kortikosteroidtherapie konnte <strong>der</strong> progrediente<br />

Verlauf zum Stillstand gebracht werden.<br />

Bei e<strong>in</strong>er 84-jährigen Patient<strong>in</strong> bestand seit über e<strong>in</strong>em<br />

Jahr e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>handteller-große Ulzeration am l<strong>in</strong>ken Unterschenkel<br />

(Abb.2), die trotz lokaltherapeutischer Maßnahmen<br />

ke<strong>in</strong>e Tendenz zur Abheilung zeigte. Nach e<strong>in</strong>er Biopsie konnte<br />

die Diagnose Basaliom („Ulcus rodens“) gestellt werden.<br />

Da die Patient<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en plastisch-chirurgischen E<strong>in</strong>griff ablehnt,<br />

ist die Durchführung e<strong>in</strong>er Irradiatio geplant.<br />

Behandlungskonzept beim Dekubitus<br />

Wenn trotz präventiver Maßnahmen durch <strong>in</strong>adäquate<br />

Druckbelastung doch e<strong>in</strong> Druckgeschwür entstanden ist, richtet<br />

sich die Behandlung nach dem Schweregrad des Dekubitus.<br />

In <strong>der</strong> Literatur f<strong>in</strong>den sich zahlreiche Stadiene<strong>in</strong>teilungen<br />

des Dekubitus, die sich teilweise deutlich vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> unterscheiden.<br />

Im GZW wurde e<strong>in</strong>e Stadiene<strong>in</strong>teilung gewählt, die<br />

übersichtlich und für die Anwendung am Krankenbett geeignet<br />

ist, e<strong>in</strong>e klare Aussage über Ausmaß und Prognose erlaubt und<br />

rechtzeitige pflegerische und<br />

mediz<strong>in</strong>ische Interventionen<br />

ermöglicht (Tab.4).<br />

Das Management beim<br />

Dekubitus (Tab.5) be<strong>in</strong>haltet<br />

nach E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> Gesamtsituation<br />

e<strong>in</strong>en Behandlungsplan<br />

mit vier Therapiepr<strong>in</strong>zipien:<br />

Druckentlastung<br />

Lokale Wundbehandlung<br />

Therapie <strong>der</strong> Wund<strong>in</strong>fektion<br />

Allgeme<strong>in</strong>e Behandlungsmaßnahmen<br />

Das wichtigste Therapiepr<strong>in</strong>zip<br />

ist die Druckentlastung als<br />

Abb.1 Abb.2


Stadiene<strong>in</strong>teilung des Dekubitus<br />

Stadium I<br />

Fixierte Hautrötung (das Erythem ist 2 Stunden nach Druckentlastung<br />

noch zu sehen)<br />

Stadium II<br />

Oberflächlicher Hautdefekt (Epi<strong>der</strong>mis und Korium) o<strong>der</strong> Blasenbildung<br />

Stadium III<br />

Ausdehnung <strong>der</strong> Nekrose bzw. <strong>der</strong> Ulzeration bis <strong>in</strong> das subkutane<br />

Fettgewebe<br />

Stadium IV<br />

Tiefes Ulcus, tieferliegende Strukturen (Muskulatur, Sehnen, Knochen,<br />

Gelenke) werden erreicht bzw.<br />

mite<strong>in</strong>bezogen<br />

wesentliche Voraussetzung für die Abheilung des Dekubitus. Dekubitalulzera<br />

entstehen durch Druck, ohne Druckentlastung bleiben<br />

alle weiteren therapeutischen Maßnahmen wirkungslos.<br />

Um e<strong>in</strong>e Normalisierung <strong>der</strong> Durchblutungssituation zu erreichen,<br />

soll <strong>der</strong> Patient nach Möglichkeit nie auf e<strong>in</strong>em bestehenden<br />

Dekubitus gelagert werden. Neben <strong>der</strong> regelmäßigen<br />

Umlagerung des Patienten unter Aussparung des Dekubitus<br />

(30° Schräglage) ist die Weichlagerung auf e<strong>in</strong>en Motor-ADS<br />

zur Verkürzung <strong>der</strong> Umlagerungs<strong>in</strong>tervalle sehr hilfreich.<br />

Die Auswahl des geeigneten Weichlagerungssystems ist<br />

abhängig vom Grad <strong>der</strong> Immobilität und vom Allgeme<strong>in</strong>zustand<br />

des Patienten, von <strong>der</strong> Tiefe und Ausdehnung des Dekubitus<br />

(Stadium) sowie von <strong>der</strong> Anzahl und Lokalisation <strong>der</strong><br />

Dekubitalgeschwüre.<br />

In den Dekubitus-Leitl<strong>in</strong>ien des GZW s<strong>in</strong>d Empfehlungen für<br />

den E<strong>in</strong>satz von Spezialmatratzen <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Flussdiagramms<br />

enthalten. Diese Empfehlungen orientieren sich am Stadium des<br />

Dekubitus und an <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> betroffenen Liegeflächen des<br />

Patienten (z.B. Dekubitus nur sakral o<strong>der</strong> auch an den Trochanteren).<br />

Das Wundheilungskonzept beim Dekubitus entspricht den<br />

üblichen Wundheilungsstrategien, e<strong>in</strong>e Heilung f<strong>in</strong>det erst dann<br />

statt, wenn die Nekrosen und e<strong>in</strong>e Begleit<strong>in</strong>fektion beseitigt s<strong>in</strong>d.<br />

Bei den allgeme<strong>in</strong>en Maßnahmen steht die Behandlung <strong>der</strong><br />

Grun<strong>der</strong>krankung im Vor<strong>der</strong>grund, auf e<strong>in</strong>e ausreichende<br />

Ernährung und Flüssigkeitszufuhr ist zu achten. Patienten mit<br />

ausgedehnten Dekubitalulzera benötigen e<strong>in</strong>e kalorien- und eiweißreiche<br />

Ernährung mit 30–35 kcal/kg KG/d und 1,25–1,50 g<br />

Eiweiß/kg KG/d. Unterernährte und kachektische Patienten<br />

benötigen e<strong>in</strong>e hyperkalorische Ernährung, e<strong>in</strong> bereits bestehen<strong>der</strong><br />

Eiweißmangel muss mit eiweißreichen Nahrungssupplementen<br />

ausgeglichen werden. Auf e<strong>in</strong>e ausreichende<br />

Zufuhr von Vitam<strong>in</strong>en und Spurenelementen ist zu achten.<br />

Ausgedehnte Dekubitalulzera können mittels Spalthauttransplantation<br />

o<strong>der</strong> Lappenplastik plastisch-chirurgisch gedeckt werden.<br />

Die Operationsentscheidung beim geriatrischen Patienten<br />

ist komplex, e<strong>in</strong> schlechter Allgeme<strong>in</strong>zustand verbietet oft<br />

<strong>in</strong>vasive chirurgische Maßnahmen.<br />

Tab. 4<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Wundheilung<br />

SCHWERPUNKT<br />

Die physiologische Wundheilung ist e<strong>in</strong><br />

komplexer Vorgang, <strong>der</strong> <strong>in</strong> vier verschiedene<br />

Phasen unterteilt wird. Jede dieser Phasen<br />

ist durch bestimmte zelluläre und humorale<br />

Aktivitäten charakterisiert.<br />

In <strong>der</strong> Entzündungsphase (exsudative<br />

Phase) werden nach erfolgter Blutung<br />

Thrombozyten und Ger<strong>in</strong>nungsfaktoren<br />

freigesetzt. Nach <strong>der</strong> Blutstillung wan<strong>der</strong>n<br />

Entzündungszellen (Leukozyten, Monozyten<br />

und Makrophagen) <strong>in</strong> das Wundgebiet<br />

e<strong>in</strong>: Re<strong>in</strong>igungsphase (resorptive Phase).<br />

In <strong>der</strong> darauffolgenden Granulationsphase<br />

(proliferative Phase) sorgen die Fibroblasten<br />

und Angioblasten für die Ausbildung<br />

des Granulationsgewebes. In <strong>der</strong> Epithelisierungsphase<br />

(regenerative Phase)<br />

erfolgt die Epithelzellmigration ausgehend von den Wundrän<strong>der</strong>n<br />

zum Zentrum <strong>der</strong> Wunde h<strong>in</strong>.<br />

Die e<strong>in</strong>zelnen Phasen haben fließende Übergänge, bei<br />

Störungen <strong>der</strong> Abläufe <strong>in</strong> den verschiedenen Phasen resultieren<br />

Wundheilungsstörungen. Wundbeläge (Nekrosen) s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />

wichtiger Störfaktor <strong>der</strong> Wundheilung und können den regulären<br />

Heilungsablauf beh<strong>in</strong><strong>der</strong>n und das Auftreten von<br />

Wund<strong>in</strong>fektionen begünstigen. An erster Stelle <strong>der</strong> Wundbehandlung<br />

steht deshalb immer die Entfernung des nekrotischen<br />

Gewebes (Debridement). E<strong>in</strong>e Nekrosektomie (chirurgisches<br />

Debridement) <strong>in</strong> Allgeme<strong>in</strong>narkose wird beim geriatrischen<br />

Patienten wegen <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Operationsbelastung nur <strong>in</strong><br />

Ausnahmefällen (beson<strong>der</strong>s ausgedehnte Nekrosen, septische<br />

Zustandsbil<strong>der</strong>) durchgeführt werden. Im Allgeme<strong>in</strong>en können<br />

größere Nekrosen nach Vorbehandlung mit Rivanol-Diachylonsalbe<br />

o<strong>der</strong> Hydrogel (autolytisches Debridement) schrittweise<br />

am Krankenbett abgetragen werden (Abb.3).<br />

Abtragung <strong>der</strong> Nekrose mit Schere und P<strong>in</strong>zette nach<br />

Vorbehandlung mit 1% Rivanol-Diachylonsalbe<br />

(autolytisches Debridement)<br />

Abb.3<br />

Für die Durchführung des chirurgischen Debridements wird<br />

meist das Skalpell empfohlen, wir bevorzugen die Schere, da<br />

damit erfahrungsgemäß die Entfernung <strong>der</strong> Nekrose meist<br />

unblutig gel<strong>in</strong>gt.<br />

Zur Re<strong>in</strong>igung weniger stark ausgeprägter nekrotischer<br />

Beläge s<strong>in</strong>d Enzympräparate (enzymatisches Debridement)<br />

gut geeignet. Wärme erhöht die proteolytische Aktivität dieser<br />

Produkte. Enzympräparate s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs kostspielig,<br />

04/2002 kz 29


SCHWERPUNKT<br />

30 kz 04/2002<br />

Management beim Dekubitalulkus<br />

Patienten- und Wundassessment<br />

Anamnese<br />

Wunddokumentation<br />

Patientenstatus<br />

Pflege- und Behandlungsplan<br />

Druckentlastung<br />

- regelmäßiges Umlagern<br />

- Weichlagerung<br />

(Superweichlagerung, Motor-ADS)<br />

Wundbehandlung<br />

Behandlung <strong>der</strong> Wund<strong>in</strong>fektion<br />

Allg. Maßnahmen<br />

- Behandlung <strong>der</strong> Grundkrankheit<br />

- Ernährungstherapie<br />

- chirurgische Behandlung<br />

- Schmerztherapie<br />

E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong><br />

Gesamtsituation<br />

Tab. 5<br />

Kontaktsensibilisierungen s<strong>in</strong>d möglich, lokale Des<strong>in</strong>fektionsmittel<br />

(z.B. PVP-Jod, Wasserstoffperoxid) können die<br />

Enzyme <strong>in</strong>aktivieren.<br />

E<strong>in</strong>e gute Wundre<strong>in</strong>igung kann mit dem feuchten Wundverband<br />

erzielt werden (physikalisches Debridement). Dabei<br />

werden mit R<strong>in</strong>ger-Lösung<br />

Abb.4 befeuchtete Kompressen<br />

o<strong>der</strong> Tupfer direkt auf die<br />

Ulzera appliziert (Abb. 4).<br />

R<strong>in</strong>ger-Lösung wirkt wegen<br />

des zusätzlichen Gehalts<br />

an Kalium- und Kalzium-Ionen<br />

gleichsam als<br />

Nährlösung und sollte des-<br />

Feuchtverband<br />

halb <strong>der</strong> physiologischen<br />

Kochsalzlösung vorgezogen<br />

werden. Um e<strong>in</strong>e Austrocknung zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, müssen<br />

Feuchtverbände häufig gewechselt werden. Man kann aber auch<br />

die Kompresse auf <strong>der</strong> Wunde antrocknen lassen, beim Verbandwechsel<br />

wird dann mit dem Tupfer noch mehr nekrotisches<br />

Gewebe entfernt. Dieses „Wet-to-dry-dress<strong>in</strong>g“ ist<br />

allerd<strong>in</strong>gs für den Patienten oft schmerzhaft und kann nur<br />

e<strong>in</strong>geschränkt angewendet werden. Wir haben mit Feuchtverbänden<br />

ausgezeichnete Erfahrungen gemacht, diese Methode<br />

ist effektiv, kostengünstig und praktisch frei von Nebenwirkungen.<br />

Mo<strong>der</strong>ne Wundbehandlung mit synthetischen Verbänden<br />

Grundlage <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Wundbehandlung ist das Pr<strong>in</strong>zip<br />

<strong>der</strong> feuchten Wundheilung. In den letzten Jahren haben sich<br />

synthetische Verbände <strong>in</strong> <strong>der</strong> feuchten Wundbehandlung immer<br />

mehr durchgesetzt. Zielsetzung dieser neuen Generation<br />

von Wundverbänden ist die Herstellung und Aufrechterhaltung<br />

e<strong>in</strong>es feuchten Wundmilieus, <strong>in</strong> dem alle Phasen <strong>der</strong> Wundheilung<br />

ungestört ablaufen können. Erzielt wird das feuchtwarme<br />

Mikroklima durch Semiokklusion synthetischer Verbände<br />

und <strong>der</strong>en Fähigkeit zur Absorbtion von Wundsekret.<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung für e<strong>in</strong>e adäquate Wundbehandlung<br />

ist die phasengerechte Anwendung synthetischer<br />

Verbände. Die Produktauswahl orientiert sich am Wundstatus<br />

und an <strong>der</strong> Exudatmenge.<br />

In <strong>der</strong> Entzündungs- und Re<strong>in</strong>igungsphase muss <strong>der</strong><br />

Wundverband überschüssiges Wundexsudat aufnehmen,<br />

saugfähige Schaumstoffe und Alg<strong>in</strong>ate s<strong>in</strong>d dafür gut geeignet.<br />

In <strong>der</strong> Granulationsphase soll <strong>der</strong> Verband e<strong>in</strong> feuchtes<br />

Wundmilieu für den proliferativen Heilungsprozess aufrecht<br />

erhalten. In dieser Phase s<strong>in</strong>d die klassischen Hydrokolloide<br />

und Hydrogele gut e<strong>in</strong>setzbar. In <strong>der</strong> Epithelisierungsphase<br />

för<strong>der</strong>t das feuchte Mikroklima die Migration <strong>der</strong><br />

Kerat<strong>in</strong>ozyten. In dieser Phase können Hydrogele und Folien<br />

die Epithelisierung unterstützen und das neu gebildete<br />

Gewebe schützen.<br />

Synthetische Wundverbände ermöglichen e<strong>in</strong>en atraumatischen<br />

Verbandwechsel, <strong>der</strong> Verband kann mit abnehmen<strong>der</strong><br />

Exsudatmenge mehrere Tage auf <strong>der</strong> Wunde belassen werden,<br />

womit auch <strong>der</strong> Pflegeaufwand deutlich reduziert wird.<br />

Synthetische Wundverbände s<strong>in</strong>d sehr populär, von zahlreichen<br />

Firmen wird e<strong>in</strong>e große Anzahl von Produkten<br />

angeboten. Der Behandlungserfolg ist allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />

unwesentlich von <strong>der</strong> adäquaten Produktauswahl und vom<br />

korrekten Anlegen des Verbandes abhängig. Auch bei fachgerechter<br />

Anwendung dieser mo<strong>der</strong>nen Wundverbände s<strong>in</strong>d<br />

die Ergebnisse manchmal unbefriedigend, auch über Sensibilisierungen<br />

gegenüber Hydrokolloiden und Hydrogelen<br />

wurde berichtet. In diesen Fällen kann auf bekannte „alte“<br />

Lokaltherapeutika zurückgegriffen werden. Bei oberflächlichen<br />

Wunden haben sich wirkstofffreie Fettgitter (z.B.<br />

Jelonett) bewährt, auch mit wirkstoffhaltigen Produkten (z.B.<br />

PVP-Jod) und mit antibiotischen Salben und Cremes haben<br />

wir gute Erfahrungen gemacht. Bei diesen antibiotischen<br />

bzw. antimikrobiellen Produkten besteht allerd<strong>in</strong>gs das<br />

Risiko e<strong>in</strong>er Resistenzbildung <strong>der</strong> Erreger und e<strong>in</strong>er Sensibilisierung<br />

mit Ausbildung von Kontaktallergien. Tiefe<br />

Wunden können auch e<strong>in</strong>fach und erfolgreich mit feuchten<br />

R<strong>in</strong>ger-Lösung-Tupfern behandelt werden, bei ausgedehnten<br />

Problemwunden hat sich die Methode <strong>der</strong> Vacuumversiegelung<br />

(VAC-System) gut bewährt.<br />

Wachstumsfaktoren<br />

Wachstumsfaktoren werden aus Entzündungs- und<br />

Gewebezellen während <strong>der</strong> Wundheilung freigesetzt und<br />

regulieren den komplexen Ablauf <strong>der</strong> Wundheilung. Da <strong>in</strong><br />

chronischen Wunden e<strong>in</strong> Mangel an Wachstumsfaktoren<br />

besteht, werden diese <strong>in</strong> letzter Zeit vermehrt bei Wundheilungsstörungen<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Der gentechnisch hergestellte<br />

Wachstumsfaktor PDGF steht <strong>in</strong>zwischen als Wirkstoff<br />

Becaplerm<strong>in</strong> (Firmenname Regranex) für die Therapie diabetischer<br />

Fußulzera zur Verfügung. Gute Ergebnisse s<strong>in</strong>d<br />

allerd<strong>in</strong>gs nur dann zu erzielen, wenn die Behandlung mit


SCHWERPUNKT<br />

32 kz 04/2002<br />

Becaplerm<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>em optimalen Wundmanagement (kont<strong>in</strong>uierliches<br />

Wund-Debridement) komb<strong>in</strong>iert wird.<br />

Wir haben Becaplerm<strong>in</strong> auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlung des chronischen<br />

Dekubitus e<strong>in</strong>gesetzt und konnten e<strong>in</strong>e beschleunigte<br />

Heilung ab Therapiebeg<strong>in</strong>n beobachten (Abb. 5).<br />

Low-Intensity-Lasertherapie (Softlaser)<br />

In letzter Zeit wurde vermehrt über gute Erfolge mit Softlasertherapie<br />

bei Wundheilungsstörungen berichtet. Es<br />

konnte gezeigt werden, dass e<strong>in</strong>e Laserbehandlung die Fibroblasten<br />

und Endothelzellproliferation stimuliert und e<strong>in</strong>e<br />

Kollagenproduktion und Neoangiogenese <strong>in</strong>duziert. Wir<br />

haben im GZW zahlreiche chronische Wunden, die trotz<br />

kausaler und lokaler Therapie e<strong>in</strong>e verzögerte Wundheilung<br />

aufwiesen, zusätzlich mit Laserlicht (Wellenlänge 680<br />

nm) behandelt. Dabei haben wir den E<strong>in</strong>druck gewonnen,<br />

dass durch den Softlaser e<strong>in</strong>e Beschleunigung <strong>der</strong> Granulation<br />

und Epithelisierung erfolgt. Aus diesem Grund wird<br />

diese Methode unseren Patienten als adjuvante Therapieform<br />

schlecht heilen<strong>der</strong> Hautdefekte angeboten.<br />

In zukünftigen kontrollierten Studien sollte die Frage<br />

geklärt werden, <strong>in</strong> welchem Ausmaß die Softlasertherapie den<br />

Heilungsverlauf chronischer Ulzera verschiedener Ätiologie<br />

positiv bee<strong>in</strong>flussen kann.<br />

9. 11. 2001 26. 11. 2001<br />

Schlecht heilen<strong>der</strong> Fersendekubitus, gute Granulation und<br />

Beschleunigung unter Regranex-Gel<br />

Abb.5<br />

Literatur<br />

Gilchrest, B.A.: Geratric Dermatology Part. I, Cl<strong>in</strong>ics <strong>in</strong> Geratric Medic<strong>in</strong>e:Vol. 17,<br />

N. 4, Nov. 2001, W.B. Saun<strong>der</strong>s Company<br />

Parish, L.C. et al. (Eds.): The Decubitus Ulcer <strong>in</strong> Cl<strong>in</strong>ical Practice. Spr<strong>in</strong>ger 1997<br />

Partsch, H.: Ulcus cruris, State of the Art. Österreichische Ärztezeitung, Nov. 1997: 26–29<br />

Werni R.: Dekubitusmanagement: Strategien für Prophylaxe und Therapie, ökonomische<br />

Aspekte, Qualitätssicherungskonzepte. Diplomarbeit, Universitätslehrgang<br />

für Krankenhausmanagement, Wirtschaftsuniversität Wien 1999<br />

Prim. Dr. Re<strong>in</strong>hard Werni<br />

Vorstand <strong>der</strong> 6. Med. Abt. mit Dermatologie<br />

<strong>Geriatrie</strong>zentrum am Wienerwald<br />

Jagdschloßgasse 59, A-1130 Wien<br />

Tel. 01/80110/3452<br />

Fax 01/80110/3713<br />

re<strong>in</strong>hard.werni@gzw.magwien.gv.at<br />

Spezielle<br />

Peter B sch<br />

Bei <strong>der</strong> Endoprothetik werden große Fremdkörper als<br />

nicht zu entfernendes Implantat e<strong>in</strong>gebracht.<br />

Wundheilungsstörungen stellen e<strong>in</strong> sehr ernstes<br />

Problem dar, da sich Bakterien an <strong>der</strong> Oberfläche <strong>der</strong><br />

Implantate e<strong>in</strong>schleimen und dem Zugriff <strong>der</strong><br />

Antibiotika entziehen können.<br />

Durch e<strong>in</strong>e sorgfältige Prophylaxe und e<strong>in</strong>e stufenweise<br />

Therapie soll <strong>der</strong> Schaden für den Patienten möglichst<br />

kle<strong>in</strong> gehalten werden.<br />

Bei e<strong>in</strong>em erheblichen Anteil orthopädischer Operationen<br />

können banale Wundheilungsstörungen zu e<strong>in</strong>er Gefährdung<br />

des Operationsergebnisses mit e<strong>in</strong>er langwierigen Behandlung<br />

führen. Die üblichen Grundsätze <strong>der</strong> Wundbehandlung wie<br />

großzügiges Debridement und Ruhigstellung s<strong>in</strong>d bei e<strong>in</strong>er<br />

Nekrose am Vorfuß o<strong>der</strong> Kniegelenk nicht möglich, da e<strong>in</strong>erseits<br />

durch die Korrektur von Kontrakturen schon e<strong>in</strong>e vermehrte<br />

Hautspannung bestehen kann und e<strong>in</strong>e Ruhigstellung<br />

das operierte Gelenk wie<strong>der</strong> versteifen würde. Auch das nahe<br />

Verhältnis zum Knochen und mehrere Narben nach Voroperationen<br />

reduzieren die Vaskularisation des deckenden Gewebes<br />

(Abb. 2).<br />

Zusätzlich kommen bei den meist älteren Patienten weitere<br />

Risikofaktoren wie Arteriosklerose, Diabetes mellitus, Schädigung<br />

durch das Rauchen und Therapie mit Cortison o<strong>der</strong><br />

nichtsteroidalen Antirheumatika dazu. Weitere Risikofaktoren,<br />

welche natürlich auch e<strong>in</strong>e darauf folgende Infektion betreffen,<br />

s<strong>in</strong>d verlängerte Operationszeiten o<strong>der</strong> auch exzessives<br />

Übergewicht. Beim massiven Übergewicht erhöht sich die Infektionsrate<br />

bei <strong>der</strong> Knietotalendoprothese von 2 auf 10 %<br />

und es f<strong>in</strong>den sich bei 22 % <strong>der</strong> Operationen allgeme<strong>in</strong>e Wundheilungsstörungen<br />

[Ritter 2001].<br />

Wundheilungsstörung bei liegenden Implantaten<br />

E<strong>in</strong> großes Problem ist sicherlich die Wundheilungsstörung<br />

bei liegenden Implantaten, wobei Osteosynthesematerial entfernt<br />

und eventuell durch e<strong>in</strong>en Fixateur extern ersetzt werden<br />

kann. Die Endoprothese ist jedoch als permanentes Implantat<br />

gedacht, die Entfernung führt zur Versteifung o<strong>der</strong> Verkürzung<br />

und Insuffizienz des Gelenkes. Alle<strong>in</strong>e durch die<br />

Fremdkörperreaktion kann es zu e<strong>in</strong>er verstärkten Sekretion<br />

mit nachfolgen<strong>der</strong> Drucknekrose und Fistelung kommen. Die<br />

Fremdkörperoberfläche ist auch e<strong>in</strong>e Prädeliktionsstelle für das<br />

Angehen e<strong>in</strong>er Infektion.


Wundheilungsprobleme <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Ob nun e<strong>in</strong>e Sekretion durch die Fremdkörperreaktion o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>e primäre o<strong>der</strong> sekundäre Infektion <strong>in</strong> Gang gehalten wird,<br />

lässt sich nur durch e<strong>in</strong>e sorgfältige Diagnostik unterscheiden.<br />

Bei <strong>der</strong> Fremdkörperreaktion s<strong>in</strong>d vor allem heftige Reaktionen<br />

auf Metalle gefürchtet, wobei <strong>der</strong> genaue pathophysiologische<br />

Mechanismus noch nicht geklärt ist. Es sche<strong>in</strong>t hier auf<br />

die Menge und Größe <strong>der</strong> Partikel bzw. auch auf die Art des<br />

Ionenzustandes anzukommen. Jedenfalls führen diese Reaktionen,<br />

sei es auf das Implantat selbst o<strong>der</strong> dessen Abriebprodukte,<br />

letztlich zur Osteolyse, bzw. zur Nekrose des darüberliegenden<br />

Weichgewebes mit Fistelung (Tab. 1).<br />

Infektion beim liegenden Implantat<br />

Am gefürchtetsten ist die Infektion bei liegenden Implantaten.<br />

E<strong>in</strong> vollständiges Debridement und e<strong>in</strong>e Verkle<strong>in</strong>erung<br />

<strong>der</strong> Wundhöhle ist nur mit Entfernen <strong>der</strong> Endoprothese möglich,<br />

was e<strong>in</strong>e massive Invalidisierung des Patienten mit Be<strong>in</strong>verkürzung<br />

und Funktionsverlust bedeuten würde. Wegen<br />

dieser massiven Folgen sollte <strong>der</strong> Therapieplan je nach lokalem<br />

Befund, Bakteriologie und Zustand des Patienten, abgestuft<br />

über langfristige Antibiotikagabe, Debridement mit<br />

Lokalbehandlung und den e<strong>in</strong>zeitigen o<strong>der</strong> zweizeitigen Endoprothesenaustausch<br />

geplant werden. Als ultima ratio ist<br />

die vollständige Entfernung des Gelenkes mit und ohne<br />

Versteifung anzusehen.<br />

Die radikaleren Therapieempfehlungen begründen sich<br />

damit, dass manche Keime, beson<strong>der</strong>s aber <strong>der</strong> häufig vorkommende<br />

Staphylococcus (Tab. 2), sich auf e<strong>in</strong>er Fremdkörperoberfläche<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Glycocalix e<strong>in</strong>schleimen können und sich<br />

damit für Antibiotika nur schwer angreifbar machen [Lewandowski<br />

1985]. Dadurch erhöht sich die Verdoppelungszeit <strong>der</strong><br />

Bakterien von ca. 35 M<strong>in</strong>uten auf 25 Stunden. Die Haftung<br />

<strong>der</strong> Keime ist beson<strong>der</strong>s rasch und kräftig auf Kunststoffen, mehr<br />

als auf Keramik und ger<strong>in</strong>ger auf Metall. Pr<strong>in</strong>zipiell stellen somit<br />

auch Redondra<strong>in</strong>s, die länger als 24 Stunden liegen, e<strong>in</strong> gewisses<br />

Infektionsrisiko dar, e<strong>in</strong>erseits wegen ihres Kunststoff-<br />

Probleme für die Wundheilung<br />

bei orthop. E<strong>in</strong>griffen<br />

Reaktion auf Fremdmaterial, Abrieb bzw.<br />

Allergie: Sekretion, Osteolyse<br />

Große avitale Kontaktflächen (Platten, Implantate)<br />

Große gelenkige Wundhöhlen (Knie, Hüfte)<br />

Infektionen bei liegenden Fremdkörpern<br />

Enge Beziehung Knochen zu Cutis<br />

Ruhigstellung oft schwierig<br />

Tab. 1<br />

SCHWERPUNKT<br />

Orthop die<br />

Fistelung l<strong>in</strong>ke Hüfte; 6 Wochen nach Implantation e<strong>in</strong>er<br />

Hüfttotalendoprothese<br />

Abb. 1<br />

Abb. 2<br />

Patient mit chronischer Polyarthritis; l<strong>in</strong>kes Knie; 2 Voroperationen<br />

vor Implantation e<strong>in</strong>er Knietotalendoprothese, Defektdeckung mit<br />

musculocutanem Lappen im distalen Bereich nach Infektion, Durchscheuern<br />

<strong>der</strong> Femurkufe durch die atrophe Narbe proximal.<br />

materials und an<strong>der</strong>erseits wegen <strong>der</strong> Verb<strong>in</strong>dung des künstlichen<br />

Gelenkes zur Außenwelt [Weiss, Krackow 1993]. Bei den<br />

Implantatteilen mit Knochenkontakt kann e<strong>in</strong> zellulärer Belag<br />

die Kolonisierung durch den Keim verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Von Foerster<br />

spricht hier von e<strong>in</strong>em Wettlauf <strong>der</strong> Besiedelung. Der Großteil<br />

<strong>der</strong> Infektionen beim orthopädischen Patienten wird durch<br />

Staphylococcus epi<strong>der</strong>midis bzw. aureus ausgelöst (Tab. 2).<br />

Die Infektionsrate bei Endoprothesen wird mit bis zu 2 %<br />

bei <strong>der</strong> Primärimplantation und bis zu 10 % bei <strong>der</strong> Revisionsoperation<br />

angegeben. Rückblickend zeigen die Infektionsraten<br />

e<strong>in</strong>e deutlich rückläufige Tendenz, wobei die Antibiotikaprophylaxe<br />

und hoch aseptische Operationssäle von großer<br />

Wichtigkeit s<strong>in</strong>d. Zettl fand 1992/93 e<strong>in</strong>e Infektionsrate von<br />

2 % verglichen mit 0,9 % unter Antibiotikaprophylaxe im Jahr<br />

1997. Frenkel hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er orthopädischen Abteilung <strong>der</strong> DDR<br />

bei Endoprothesen von 1975 bis 1984 jährlich 16,9–14,7 %<br />

Infektionen beobachtet, dieser Prozentsatz sank unter Anti-<br />

04/2002 kz 33


SCHWERPUNKT<br />

34 kz 04/2002<br />

Keimspektrum bei Infektion nach TEP<br />

biotikaprophylaxe auf 5,1 %. Nach <strong>der</strong> Wende zeigte sich durch<br />

den E<strong>in</strong>satz von E<strong>in</strong>malartikel e<strong>in</strong>e deutliche Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung auf<br />

1,3 % und nach Übersiedelung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Kl<strong>in</strong>ik 1994 auf 0,4<br />

%. Die Infektionsrate war auch bei zementierten Prothesen<br />

doppelt so hoch wie bei zementfreien.<br />

Perioperative Antibiotikaprophylaxe<br />

Die Antibiotikaprophylaxe ist mit <strong>der</strong> Gabe e<strong>in</strong>es Cephalospor<strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> ersten Generation beim Hautschnitt als e<strong>in</strong>malige<br />

Gabe ausreichend. Bei längeren Operationen sollte nach<br />

etwa <strong>der</strong> zweifachen Halbwertszeit des Antibiotikums e<strong>in</strong>e zusätzliche<br />

Gabe erfolgen, ebenso nach Massivtransfusionen, da<br />

die Keimdichte am Ende jedes E<strong>in</strong>griffes am höchsten ist. Bei<br />

Betalaktamen, welche e<strong>in</strong>e Halbwertszeit zwischen 30 und 120<br />

M<strong>in</strong>uten haben, sollte daher nach ca. 2 Stunden Operationsdauer<br />

nachgespritzt werden. E<strong>in</strong>e längere Prophylaxe br<strong>in</strong>gt<br />

Unguis <strong>in</strong>carnatus.<br />

Direkte Infektionsgefahr für e<strong>in</strong>e ipsilaterale Endoprothese<br />

Punktion rechte Hüfte vor Antibiotikagabe zur Differentialdiagnose<br />

Infektion o<strong>der</strong> Metallose<br />

Abb. 3<br />

Abb. 4<br />

Tab. 2<br />

Spadt Frommelt Haddad Zettl<br />

Staph. epi<strong>der</strong>m. (koagulose neg.) 36 % 42% 38 % 72 %<br />

Staph. aur. 25 % 26 % 27 % 6 %<br />

gram neg. Stäbchen 17 % 14 % 16 %<br />

Enterokokken 11 % 15 % 7 %<br />

An<strong>der</strong>e 11 % 3 % 12 %<br />

ke<strong>in</strong>e Verbesserung, erhöht aber die Besiedelung<br />

durch resistente Erreger [Janata 2001]. Breyer<br />

(2001) empfiehlt während <strong>der</strong> ganzen Operation<br />

e<strong>in</strong>en ausreichenden Spiegel, <strong>der</strong> über <strong>der</strong> vierfachen<br />

MHK liegen sollte. Dabei stellt natürlich<br />

e<strong>in</strong>e Operation <strong>in</strong> Blutsperre e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es<br />

Problem dar, die Antibiotikagabe muss noch vor<br />

Anlegen des Druckes erfolgen. Allerd<strong>in</strong>gs fehlen<br />

bisher statistisch e<strong>in</strong>wandfreie Untersuchungen,<br />

da bei e<strong>in</strong>er Infektionsrate um 2 % über 1000<br />

prospektive Operationen für e<strong>in</strong>e exakte Aussage<br />

notwendig wären.<br />

Behandlung <strong>der</strong> Infektion<br />

Keimbestimmung. Die Grundlage <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong><br />

periprothetischen Infektion ist die sorgfältige Bestimmung des<br />

Erregers, <strong>der</strong> möglichst durch Punktion und ohne Antibiotikavorbehandlung<br />

gewonnen werden sollte (Abb. 4). Bei e<strong>in</strong>er<br />

Fistelung sollte möglichst Material aus <strong>der</strong> Tiefe mit Gewebspartikel<br />

entnommen werden (Abb. 1). Der Transport zur Bakteriologie<br />

muss <strong>in</strong>nerhalb von 30 M<strong>in</strong>uten erfolgen. Die endgültige<br />

Diagnose wird mittels Histologie und Bakteriologie, im<br />

Zweifelsfall auch über e<strong>in</strong>e PCR-Reaktion gesichert.<br />

Verlaufskontrolle. Bei Infektionsverdacht bzw. unter <strong>der</strong> Behandlung<br />

ist <strong>der</strong> Verlauf an Hand <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik, des CRP und <strong>der</strong><br />

BSG zu kontrollieren. Fieber und e<strong>in</strong> Leukozytenanstieg stehen<br />

bei diesen Infektionen meist nicht im Vor<strong>der</strong>grund. Für das CRP<br />

ist zu beachten, dass dieses nach je<strong>der</strong> Operation nach 2–3 Tagen<br />

e<strong>in</strong>en Höhepunkt erreicht und auch beim Infarkt, beim Hämatom,<br />

bei <strong>der</strong> Adipositas und auch bei <strong>der</strong> normalen Knie-TEP<br />

erhöht se<strong>in</strong> kann [Bratschitsch 1999, Giehl 2000].<br />

Stufenweise Therapie. Beim kl<strong>in</strong>ischen Verdacht auf e<strong>in</strong>e<br />

Früh<strong>in</strong>fektion soll nach Abnahme <strong>der</strong> bakteriologischen Proben<br />

sofort hochdosiert mit e<strong>in</strong>er Antibiotikatherapie begonnen werden,<br />

wobei <strong>der</strong> Schwerpunkt auf e<strong>in</strong> gegen Staphylokokken wirkendes<br />

Präparat zu richten wäre. Die Punktion von Ergüssen<br />

mit Spülung durch e<strong>in</strong> antiseptisches Mittel wie Lavasept o<strong>der</strong> Betaisodona<br />

reduziert die Keimmenge. Wenn die Entzündungsparameter<br />

nicht rasch zurückgehen, ist <strong>der</strong> nächste Schritt e<strong>in</strong><br />

sorgfältiges Debridement, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge kommt auch <strong>der</strong> e<strong>in</strong>- o<strong>der</strong><br />

zweizeitige Prothesenwechsel <strong>in</strong> Frage. Der Austausch wird <strong>in</strong><br />

jedem Fall bei e<strong>in</strong>em gelockerten Implantat durchgeführt.<br />

E<strong>in</strong> apodiktisches Vorgehen, wo nur <strong>der</strong> zweizeitige Wechsel<br />

bei <strong>der</strong> Infektion durchgeführt wird, ist schon im H<strong>in</strong>blick<br />

auf die großen <strong>in</strong>dividuellen Unterschiede beim Patienten wie Allgeme<strong>in</strong>zustand<br />

und Alter nicht gerechtfertigt. Weiters zeigen sich<br />

<strong>in</strong> großen Sammelstatistiken ke<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> nur ger<strong>in</strong>ge Unterschiede<br />

von 10 Prozentpunkten (Garv<strong>in</strong> 1995: e<strong>in</strong>zeitiger Wechsel<br />

82 %, zweizeitiger Wechsel 91 % Ausheilung), sodass e<strong>in</strong><br />

stufenweises Vorgehen sicherlich gerechtfertigt ist.<br />

Literatur beim Verfasser<br />

Univ. Prof. Prim. Dr. Peter Bösch<br />

Vorstand d. Orthopädischen Abteilung<br />

A.ö. Krankenhaus Wiener Neustadt<br />

Corv<strong>in</strong>usr<strong>in</strong>g 3–5, A-2700 Wiener Neustadt<br />

Tel. 02622/321-2470 o<strong>der</strong> 3470, Fax 02622/321-2686<br />

prim-boesch@kh-wrn.ac.at


Sanja Schuller-Petrovic<br />

Die Keimbesiedelung ist oft e<strong>in</strong> stören<strong>der</strong> Faktor <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Wundheilung und kann neben Gewebszerfall auch zu<br />

generalisierten lebensbedrohlichen septischen<br />

Zuständen führen. Mo<strong>der</strong>ne Antiseptika können, richtig<br />

angewandt, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lokalbehandlung von <strong>in</strong>fizierten<br />

Wunden wesentlich zur raschen Abheilung beitragen.<br />

Das Antiseptikum muss gut und rasch gegen e<strong>in</strong> breites<br />

Spektrum von Erregern wirksam und ger<strong>in</strong>g resorbierbar<br />

se<strong>in</strong> sowie möglichst ke<strong>in</strong>e Zytotoxizität aufweisen.<br />

Geschichte <strong>der</strong> Antiseptika<br />

Der Begriff „Antisepsis“ wurde vom englischen Militärarzt<br />

John Pr<strong>in</strong>gle Ende des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts geprägt. Damit me<strong>in</strong>te<br />

er alle Fäulnis verh<strong>in</strong><strong>der</strong>nden Mittel.<br />

Inspiriert durch die Arbeiten von Pasteur über den Prozess <strong>der</strong><br />

Gärung, entwickelte <strong>der</strong> englische Arzt Joseph Lister 1867 den<br />

Karbolsäure-Verband. Dieses Antiseptikum hat zu e<strong>in</strong>er Wende<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> antiseptischen Wundbehandlung geführt. Mit dem Karbolverband<br />

war es erstmals möglich, Wund<strong>in</strong>fektionen nicht nur<br />

zu behandeln son<strong>der</strong>n auch wesentlich zur Vermeidung beizutragen.<br />

Krankensäle wurden mit Karbol wie<strong>der</strong> re<strong>in</strong>, und das war<br />

e<strong>in</strong> wesentlicher Beitrag gegen den Hospitalismus. Der guten antiseptischen<br />

Wirkung standen lei<strong>der</strong> ziemlich schwere Nebenwirkungen<br />

wie lokale Gewebeschäden und Vergiftungsersche<strong>in</strong>ungen<br />

durch Resorption gegenüber. Lister selbst hat 1890 bei<br />

e<strong>in</strong>em Kongress den Karbolspray verurteilt und sich öffentlich<br />

für se<strong>in</strong>e frühere Empfehlung dieses Mittels entschuldigt.<br />

Im ersten Weltkrieg kamen Sublimat und chlorhältige<br />

Lösungen zum E<strong>in</strong>satz, haben sich aber wegen hoher Gewebetoxizität<br />

nicht durchgesetzt. Dann folgte <strong>in</strong> den 20er Jahren die<br />

Anwendung von Azofarbstoffen (Rivanol) und <strong>in</strong> den 30er Jahren<br />

die lokale Behandlung mit Sulfonamiden (Cibazol-Pu<strong>der</strong>).<br />

Beide Substanzen wirkten stark hemmend auf die Granulation.<br />

Durch die Entwicklung von Penicill<strong>in</strong> und an<strong>der</strong>en Antibiotika<br />

wurden die Antiseptika e<strong>in</strong>e Zeit lang zurückgedrängt. Durch<br />

Resistenzbildung ist man von <strong>der</strong> Lokaltherapie mit Antibiotika<br />

wie<strong>der</strong> abgekommen und es kam zu e<strong>in</strong>em Comeback <strong>der</strong> Antiseptika,<br />

das heute noch andauert. Das erste mo<strong>der</strong>ne, gut wirksame<br />

und nebenwirkungsarme Antiseptikum war das PVP-Jod.<br />

Antiseptika<br />

Wund<strong>in</strong>fektionen<br />

SCHWERPUNKT<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lokalbehandlung von Wunden<br />

Wunden s<strong>in</strong>d durch das Fehlen <strong>der</strong> schützenden Hautbarriere<br />

beson<strong>der</strong>s anfällig für Keimbesiedelungen und Infektionen.<br />

Wunden s<strong>in</strong>d niemals steril und doch müssen sie nicht<br />

<strong>in</strong>fiziert se<strong>in</strong>. Man muss deutlich zwischen Kontam<strong>in</strong>ation und<br />

Infektion unterscheiden.<br />

Dabei unterscheiden wir:<br />

Aseptische Wunden: nicht kontam<strong>in</strong>iert, z.B. frische<br />

OP-Wunden<br />

Kontam<strong>in</strong>ierte Wunden: kontam<strong>in</strong>ierte frische Wunden o<strong>der</strong><br />

keimbesiedelte chronische Wunden<br />

Septische Wunden: <strong>in</strong>fizierte frische Wunden o<strong>der</strong> chronische<br />

Wunden<br />

Die Infektion kann oberflächlich o<strong>der</strong> tief se<strong>in</strong>, und die Erreger<br />

s<strong>in</strong>d je nach Lokalisation unterschiedlich. Chronische<br />

Wunden s<strong>in</strong>d wesentlich weniger anfällig für Infektionen als frische<br />

Wunden. Hautwunden werden häufig von folgenden Keimen<br />

besiedelt: Pseudomonas aerug<strong>in</strong>osa, Staphylococcus aureus,<br />

Enterococcen, Enterobacteriaceae und von Pilzen, hier vor<br />

allem von Candida albicans.<br />

Unterscheidung zu kontam<strong>in</strong>ierten Wunden<br />

Kontam<strong>in</strong>ierte Wunden ohne Zeichen e<strong>in</strong>er Infektion müssen<br />

nicht unbed<strong>in</strong>gt mit Anti<strong>in</strong>fektiva behandelt werden. Dies<br />

gilt vor allem für chronische Wunden, die immer mit Keimen<br />

besiedelt s<strong>in</strong>d, aber nur selten e<strong>in</strong>e Infektion aufweisen.<br />

Es ist s<strong>in</strong>nlos, nur auf Verdacht antiseptische o<strong>der</strong> antibiotische<br />

Substanzen topisch anzuwenden, da es zu verschiedenen<br />

Nebenwirkungen kommen kann. Sehr häufig kommt es<br />

zu Allergisierung und Resistenzbildung, vor allem bei Behandlung<br />

von chronischen Wunden, wie z.B. dem Ulcus cruris<br />

o<strong>der</strong> dem diabetischen Fuß.<br />

Zu e<strong>in</strong>er kl<strong>in</strong>isch relevanten Wund<strong>in</strong>fektion kommt es erst<br />

dann, wenn die Erreger tiefer <strong>in</strong>s Gewebe dr<strong>in</strong>gen, sich dort<br />

vermehren und durch die freisetzenden Tox<strong>in</strong>e entzündliche<br />

Reaktionen hervorrufen.<br />

Zeichen <strong>der</strong> Wund<strong>in</strong>fektion<br />

Nach wie vor s<strong>in</strong>d die von Celsus beschriebenen Merkmale<br />

Rubor, Tumor, Calor und Dolor die Entscheidungskriterien<br />

für e<strong>in</strong>e Wund<strong>in</strong>fektion. Die Wunde schmerzt, ist entzündet und<br />

nässt. Es kommt zu spezifischen Gewebsreaktionen, die auf den<br />

Keim schließen lassen. So ist e<strong>in</strong>e durch Pseudomonas <strong>in</strong>fizierte<br />

Wunde typischerweise blau-grünlich belegt und hat e<strong>in</strong>en süßlichen<br />

Geruch.<br />

Die richtige Technik beim Abstrich ist entscheidend für die<br />

richtige Diagnose. Die Abstriche s<strong>in</strong>d tief aus <strong>der</strong> Wunde zu<br />

entnehmen, am besten wäre e<strong>in</strong>e Stanzbiopsie.<br />

04/2002 kz 35


SCHWERPUNKT<br />

36 kz 04/2002<br />

Zur lokalen Wundbehandlung geeignete Antiseptika<br />

Die Anfor<strong>der</strong>ungen an e<strong>in</strong> Antiseptikum zur lokalen Wundbehandlung<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Tabelle 1 aufgelistet.<br />

PVP-Jod (Betaisodona)<br />

Das 10 %ige PVP-Jod hat e<strong>in</strong> sehr breites bakterizides und<br />

auch fungizides Wirkungsspektrum und kann sowohl zur Hautals<br />

auch zur Schleimhautdes<strong>in</strong>fektion verwendet werden. Die<br />

Wirkung tritt sehr rasch, nach etwa 5 M<strong>in</strong>uten e<strong>in</strong>. Es wird relativ<br />

stark durch Blut und Sekret <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirkung gehemmt (Eiweißfehler)<br />

und wirkt besser an <strong>der</strong> Oberfläche als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tiefe.<br />

Deswegen ist es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hautdes<strong>in</strong>fektion wirksamer als <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

antiseptischen Behandlung von Wunden. PVP-Jod hat e<strong>in</strong><br />

gewisses zytotoxisches Potential und sollte nicht zur Langzeitbehandlung<br />

bei Wunden verwendet werden. Es eignet sich für<br />

kurzfristige Behandlung von eher oberflächlichen, <strong>in</strong>fizierten<br />

Wunden. Vorsicht bei Schilddrüsenerkrankungen und Schwangerschaft<br />

wegen Resorption!<br />

Lavasept<br />

Lavasept besteht aus Polihexanid 20 % (Biguanid) unter Zusatz<br />

von Polyethylenglycol zur Reduktion <strong>der</strong> Oberflächenspannung<br />

und ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er R<strong>in</strong>gerlösung (0,2 %ige o<strong>der</strong> 0,1 %ige<br />

Lösung) gelöst. Das Präparat hat e<strong>in</strong>e hohe mikrobizide Wirksamkeit<br />

mit sehr breiter Wirkung und wird durch Blut und Sekret<br />

nur ger<strong>in</strong>g gehemmt. Im Explantationstest zeigte sich ke<strong>in</strong>e<br />

Hemmung des Zellwachstums. Deswegen ist Lavasept das Mittel<br />

<strong>der</strong> Wahl zur langfristigen Behandlung vor allem von tiefen und<br />

zerklüfteten Wunden.<br />

Die Gewebeverträglichkeit ist sehr gut, mit Ausnahme beim<br />

Knorpel. Deswegen sollte Lavasept nicht für Gelenksspülungen<br />

verwendet werden.<br />

Es kommt zu ke<strong>in</strong>er Resistenz-Bildung, das Präparat ist auch<br />

bei MRSA-Besiedelung wirksam. Selten kann es zu anaphylaktischen<br />

Reaktionen nach lokaler Anwendung kommen.<br />

Taurolid<strong>in</strong><br />

Taurolid<strong>in</strong> ist als 0,5 %ige und 2 %ige Lösung (<strong>in</strong> R<strong>in</strong>gerlösung)<br />

erhältlich und wird durch organische Substanzen nicht<br />

deaktiviert. Im Gegenteil erhöht sich sogar die Wirkung <strong>in</strong> Anwesenheit<br />

von Blut. Es s<strong>in</strong>d auch ke<strong>in</strong>e Resistenzen bekannt.<br />

Nach e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>wirkungszeit von 30 M<strong>in</strong>uten zeigt sich jedoch e<strong>in</strong>e<br />

nur ger<strong>in</strong>ge bakterizide Wirkung. Gute Wirkung wird erst<br />

nach 6 bis 24 Stunden erreicht. Das Präparat ist daher nur für<br />

Langzeitapplikation zu empfehlen z.B. für Peritonealspülungen.<br />

Genaue Toxizitätstests liegen nicht vor.<br />

Octenisept<br />

Octenid<strong>in</strong> <strong>in</strong> 0,1 %iger Konzentration unter Zusatz von<br />

2 %igem Phenoxyethanol zeichnet sich durch schnellen Wirkungse<strong>in</strong>tritt<br />

<strong>in</strong>nerhalb 1 M<strong>in</strong>ute mit sehr guter bakterizi<strong>der</strong> Wirkung<br />

aus. Es zeigt ke<strong>in</strong>e Resistenzbildungen und wird nicht resorbiert.<br />

Zuerst als Schleimhaut-Antiseptikum zugelassen, wird es<br />

nun auch zur Wundbehandlung verwendet. Allerd<strong>in</strong>gs zeigte sich<br />

<strong>in</strong> Kulturen e<strong>in</strong>e sehr starke Hemmung des Zellwachstums,<br />

weshalb es auf Wunden nur kurzfristig angewendet werden soll.<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an e<strong>in</strong> Antiseptikum<br />

1. sichere und breite mikrobizide Wirkung<br />

2. ke<strong>in</strong>e Inaktivierung durch organische Substanzen wie<br />

Blut und Wundsekret (ke<strong>in</strong> Eiweißfehler!)<br />

3. schnelle Wirkung<br />

4. ke<strong>in</strong>e Schmerzen nach Applikation<br />

5. ke<strong>in</strong>e Resistenzentwicklung<br />

6. nicht o<strong>der</strong> wenig resorbierbar<br />

7. nicht zytotoxisch (ke<strong>in</strong>e Hemmung <strong>der</strong> Granulation)<br />

8. ke<strong>in</strong>e systemische Toxizität<br />

Chlorhaltige Antiseptika<br />

Die Wirkung <strong>der</strong> chlorhaltigen Antiseptika beruht auf e<strong>in</strong>er<br />

Dissoziation von Chlor <strong>in</strong> Wasser zu Salzsäure und unterchloriger<br />

Säure. Das Chlor wird sehr langsam abgegeben,<br />

deswegen wird das Gewebe nicht angegriffen. Chloram<strong>in</strong> T<br />

ist 0,2 %ig und hemmt <strong>in</strong> dieser Konzentration nur ger<strong>in</strong>g die<br />

Granulationsgewebsbildung. Es b<strong>in</strong>det Gerüche und ist bei<br />

stark riechenden Wunden sehr gut geeignet.<br />

Mercurochrom<br />

Mercurochrom hat e<strong>in</strong>e stark adstr<strong>in</strong>gierende Wirkung und<br />

eignet sich deswegen sehr gut für stark sezernierende Wunden.<br />

Durch die gerbende Wirkung kommt es auch nicht zur<br />

Resorption. Es verfügt über e<strong>in</strong>en guten bakteriziden Effekt.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs gibt es Publikationen, die e<strong>in</strong>e wundheilungshemmende<br />

Wirkung beschreiben, wie sie auch bei Farbstoffen wie<br />

Brillantgrün o<strong>der</strong> Gentianaviolett bekannt ist.<br />

Chlorhexid<strong>in</strong> und Wasserstoffperoxyd<br />

Der E<strong>in</strong>satz von Wasserstoffperoxyd <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lokalbehandlung<br />

ist weit verbreitet, obwohl diese Substanz nach dem Kontakt mit<br />

<strong>der</strong> Wundfläche fast völlig <strong>in</strong>aktiviert wird. Das Aufschäumen hat<br />

lediglich e<strong>in</strong>e mechanische re<strong>in</strong>igende Wirkung. Wasserstoffperoxyd<br />

sollte außer bei anaeroben Keimen nicht zur antiseptischen<br />

Behandlung von Wunden verwendet werden.<br />

Chlorhexid<strong>in</strong> hat e<strong>in</strong>en starken Eiweißfehler und ist deswegen<br />

relativ unwirksam gegen Keime, darüber h<strong>in</strong>aus ist es potenziell<br />

kanzerogen.<br />

Conclusio<br />

Tab. 1<br />

Bei <strong>der</strong> Anwendung von Antiseptika <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wundbehandlung<br />

sollte nicht nur die Wirksamkeit gegen e<strong>in</strong> breites Spektrum<br />

von Keimen e<strong>in</strong>e Rolle spielen son<strong>der</strong>n auch die Verträglichkeit.<br />

Viele Antiseptika s<strong>in</strong>d zytotoxisch und eignen sich<br />

nicht für e<strong>in</strong>e langdauernde Therapie im Wundbereich, weil sie<br />

hemmend auf die Granulation wirken. PVP-Jod und Lavasept<br />

s<strong>in</strong>d sehr breit und rasch wirksame Antiseptika. Wegen <strong>der</strong><br />

fast nicht vorhandenen Zytotoxizität ist Lavasept das Mittel <strong>der</strong><br />

Wahl bei längerfristigen Wundbehandlungen, während PVP-<br />

Jod wegen <strong>der</strong> granulationshemmenden Wirkung nur kurzfristig<br />

angewendet werden soll.<br />

Literatur bei <strong>der</strong> Verfasser<strong>in</strong><br />

A.o. Univ.-Prof. Dr. Sanja Schuller-Petrovic<br />

Univ.-Kl<strong>in</strong>ik für Dermatologie und Venerologie<br />

Auenbruggerplatz 8, A-8036 Graz

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