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Gibt es Gott? (Religionsphilosophie) I. Religion 1 - vaticarsten.de

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I. <strong>Religion</strong><br />

1. <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong><br />

<strong>Gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>Gott</strong>? (<strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong>)<br />

<strong>Religion</strong>swissenschaft / Prof. Dr. Alexan<strong>de</strong>r Loichinger / WS 2004/2005<br />

1.1 und 1.2 Definition und Aufgabe<br />

- 1.1 Definition von Bernhard WELTE: <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong> ist philosophisch<strong>es</strong> Denken;<br />

- Philosophie = Liebe zur Weisheit o<strong>de</strong>r Wahrheit; ist in b<strong>es</strong>timmten FÄchern mÅglich<br />

- das Fach o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gegenstand <strong>de</strong>r <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong> ist <strong>Religion</strong><br />

-�<strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong> = Suche nach Wahrheit, W<strong>es</strong>en o<strong>de</strong>r Seinsweise <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong><br />

- dazu gehÅren zwei Momente, aus <strong>de</strong>nen sich die Aufgabe <strong>de</strong>r <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong> herleitet<br />

- 1. eine B<strong>es</strong>tandsaufnahme d<strong>es</strong> menschheitsg<strong>es</strong>chichtlichen PhÄnomens „<strong>Religion</strong>“<br />

- = Frage „Was ist das eigentlich, <strong>Religion</strong>?“<br />

- 2. die PrÑfung <strong>de</strong>r Wahrheit <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong>, genauer <strong>de</strong>r religiÅsen Behauptungen<br />

- <strong>es</strong> gibt zwei w<strong>es</strong>entliche 1.2 Aufgaben <strong>de</strong>r <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong>:<br />

- (A) erste Aufgabe ist <strong>de</strong>r Nachweis <strong>de</strong>r VernÑnftigkeit von <strong>Religion</strong> Ñberhaupt<br />

- = wie vernÑnftig ist die Existenzannahme <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- gelÅst durch die Suche nach <strong>de</strong>r Wahrheit religiÅser Behauptungen [„objektiv“]<br />

- (B) Sicherung <strong>de</strong>r rationalen Verantwortbarkeit d<strong>es</strong> eigenen persÅnlichen Glaubens [„subjektiv“]<br />

- zugleich die Aufgaben d<strong>es</strong> ersten Traktat<strong>es</strong> „<strong>Religion</strong>“ d<strong>es</strong> Fach<strong>es</strong> Fundamentaltheologie<br />

-�Anfor<strong>de</strong>rungen an eine mo<strong>de</strong>rne <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong> / Fundamentaltheologie:<br />

- ergeben sich aus <strong>de</strong>r kritischen Haltung <strong>de</strong>r AufklÄrung gegenÑber GeltungsansprÑchen<br />

-�das „Fundament“, die SelbstverstÇndlichkeit d<strong>es</strong> Glaubens, ist verlorengegangen<br />

- = SÄkularisation u. PluralitÄt <strong>de</strong>r Lebensstile: Wie passt dazu Verbindlichkeit d<strong>es</strong> Glaubens?<br />

- di<strong>es</strong>e Frage lÄsst sich nur mit <strong>de</strong>m Nachweis <strong>de</strong>r VernÑnftigkeit d<strong>es</strong> Glaubens beantworten<br />

1.3 Warum soll <strong>Religion</strong> / Glauben eigentlich vernÑnftig sein?<br />

- = Warum ist <strong>es</strong> notwendig, <strong>de</strong>n Glauben in <strong>de</strong>r sÄkularen Welt als vernÑnftig nachzuweisen?<br />

- GegenstÑck zu vernÑnftigem Glauben ist <strong>de</strong>r reine Herzensglaube, <strong>de</strong>r Fi<strong>de</strong>ismus<br />

- Fi<strong>de</strong>ismus = Glaube um d<strong>es</strong> Glaubens willen, Öberzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht 1<br />

- Theologie ist dann nicht mit logisch-rationalen Mitteln zu erfassen, Glaube nicht vernÑnftig<br />

-�im Glauben geht <strong>es</strong> dann nur um subjektive Einstellungen<br />

- [Kritik am Fi<strong>de</strong>ismus:] richtig ist: <strong>de</strong>r Glaube for<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n ganzen Menschen, nicht nur Intellekt<br />

- <strong>de</strong>r persÅnliche, individuelle <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bezug lÄsst sich nicht individuell unterschei<strong>de</strong>n<br />

- Glaubensvertrauen ist nicht nachweisbar, je<strong>de</strong>r kann nur von sich selber sprechen<br />

- Problem: � Glaube / <strong>Religion</strong> sind nur als Position haltbar, wenn eben rational begrÑndbar<br />

- [= eben zu einem gewissen Grad doch objektiv = intersubjektiv]<br />

- wenn Glaube nicht vernÑnftig sein kann, gibt <strong>es</strong> auch keine Argumente fÑr <strong>de</strong>n Glauben<br />

-�Glaube muss vernÑnftig sein, dafÑr gibt <strong>es</strong> mehrere GrÑn<strong>de</strong>:<br />

- 1. die GlaubwÑrdigkeit d<strong>es</strong> Glaubens hÄngt an <strong>de</strong>r VernÑnftigkeit<br />

- 2. reiner Fi<strong>de</strong>ismus be<strong>de</strong>utete WillkÑr: GrundÑberzeugungen wer<strong>de</strong>n f. objektiv wahr gehalten<br />

- 3. <strong>es</strong> geht nicht nur um Lebensentscheidungen praktischer Natur, aber auch darum:<br />

- <strong>de</strong>r Glaube muss verantwortet wer<strong>de</strong>n, und nur VernÑnftig<strong>es</strong> ist verantwortbar 2<br />

- m. 1 Petr 3,15 ergibt sich daraus auch d. sachlogische BegrÑndung f. <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong> 3<br />

- = <strong>de</strong>r Mensch soll nach auÜen hin [vernÑnftig] Rechenschaft ablegen kÅnnen<br />

- Theologie ist jedoch nicht nur abstrakt, son<strong>de</strong>rn hat auch mit praktischem Leben zu tun<br />

-�ihr Auftrag ist Sicherung von RationalitÄt in Grund- und Lebensfragen<br />

2. Was ist eine <strong>Religion</strong>?<br />

A. Alte Definition: CICERO, <strong>de</strong> natura <strong>de</strong>orum<br />

1<br />

Hbr 11,1: Glaube aber ist: F<strong>es</strong>tstehen in <strong>de</strong>m, was man erhofft, Öberzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht.<br />

2<br />

Ich behaupte, dass das ein positivistisch<strong>es</strong> o<strong>de</strong>r, mit ANZENBACHER, quasipositivistisch<strong>es</strong> Argument ist.<br />

3<br />

1Petr 3,15: Seid stets bereit, je<strong>de</strong>m Re<strong>de</strong> und Antwort zu stehen, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>r Hoffnung fragt, die euch erfÑllt;<br />

Seite 1 von 4 in Kapitel I (37 Seiten insg<strong>es</strong>amt) <strong>Gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>Gott</strong>?


Skript von Matthias Jendrek. Mehr auf http://www.<strong>vaticarsten</strong>.<strong>de</strong><br />

- CICERO versteht religio als cultus <strong>de</strong>orum, als Darbringung g<strong>es</strong>chul<strong>de</strong>ter Ehrerbietung<br />

- das ist die praktische o<strong>de</strong>r rituelle Seite <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong>: religiÅse Riten und VollzÑge<br />

- <strong>es</strong> b<strong>es</strong>teht eine sittliche Verpflichtung, di<strong>es</strong>en GÅtterdienst zu leisten<br />

- religio wird von pietas = FrÅmmigkeit unterschie<strong>de</strong>n<br />

- <strong>Religion</strong> ist dann nicht Vollzug, son<strong>de</strong>rn seelische Haltung<br />

- entschei<strong>de</strong>nd ist das Element d<strong>es</strong> persÅnlich erlebten <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bezug<strong>es</strong><br />

- Unterscheidung in die bei<strong>de</strong>n Pole parktisch / liturgisch und � <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bezug gilt bis heute<br />

B. Franz von KUTSCHERA: <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> umfasst sechs Aspekte<br />

- 1. die inhaltliche Komponente <strong>de</strong>r religiÅsen Anschauungen<br />

- ohne religiÅse Anschauungen hÄtte <strong>Religion</strong> keinen Inhalt � unverzichtbar<strong>es</strong> Element<br />

- <strong>de</strong>r Mensch muss wissen, woran er eigentlich glaubt<br />

- Beispiel aus <strong>de</strong>m Christentum: Credo; aber auch Heilige Schriften / Offenbarungstexte<br />

- 2. die ethisch-sittliche Komponente <strong>de</strong>r religiÅsen Normen und Werte<br />

- <strong>Religion</strong> will <strong>de</strong>m Menschen zu verantwortlichem Leben verhelfen, Handlungsanweisung sein<br />

- dann sind Normen unverzichtbar, um <strong>de</strong>n Menschen zu seinem W<strong>es</strong>en / Selbst zu fÑhren<br />

- <strong>es</strong> geht nicht um MaÜregelung o<strong>de</strong>r Schickane<br />

- Beispiel aus <strong>de</strong>m Christentum: <strong>de</strong>r Dekalog o<strong>de</strong>r die Bergpredigt Mt 5-7<br />

- 3. religiÅse GefÇhle und Einstellungen: <strong>de</strong>r Apekt ist nicht einfach zu formulieren<br />

- <strong>es</strong> geht um grundsÄtzliche Lebensbejahung, um Vertrauen trotz Leid<br />

- <strong>es</strong> geht um Annahme ein<strong>es</strong> G<strong>es</strong>amtsinn<strong>es</strong>, wie in Dietrich BONHOEFFER: „Von guten…“<br />

- LOICHINGER hÄlt di<strong>es</strong>en Aspekt fÑr unverzichtbar [<strong>de</strong>r Pietismus vermutlich nicht]<br />

- 4. in religiÅser Sprache wer<strong>de</strong>n die Komponenten / Aspekte sprachlich gefasst, ausgedrÑckt 4<br />

- grundsÄtzlich ist sprachlicher Ausdruck in vielen Formen und G<strong>es</strong>talten mÅglich<br />

- hier relevant: rationale Wissenschaftssprache und / o<strong>de</strong>r poetische, dichterische Sprache<br />

- 5. Kult entspricht <strong>de</strong>m cultus <strong>de</strong>orum CICEROs und meint alle Formen kultischer Praxis<br />

- = die konkrete, gott<strong>es</strong>dienstliche Feier, im Christentum die Liturgie<br />

- <strong>es</strong> gibt in d. G<strong>es</strong>chichte unterschiedliche Praktiken, dazu gehÅrt auch d. ZugehÅrigkeitsbek.<br />

- 6. zur <strong>Religion</strong> gehÅrt Gemeinschaft = <strong>Religion</strong>sgemeinschaften, religiÅse Institutionen<br />

- <strong>Religion</strong> ist zugleich sozial<strong>es</strong> und raum-zeitlich<strong>es</strong>, damit g<strong>es</strong>chichtlich<strong>es</strong> PhÄnomen �<br />

- ein Glauben<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>t immer eine <strong>Religion</strong> = Tradition vor, in die er hineingeboren wird:<br />

- nur durch Bildung v. Gemeinschaft u. Institution kann <strong>Religion</strong> tradiert / vermittelt wer<strong>de</strong>n<br />

-�„Privatreligion“ wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>m Begriff von <strong>Religion</strong> [�� objektive Öberzeugung!] 5<br />

- BegrÑndung <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> mit Wissenssoziologie und <strong>de</strong>m Enstehen menschlicher Kultur:<br />

- Kultur ist Ergebnis menschlicher TÄtigkeit (geistig u. praktisch) und seiner Weltoffenheit<br />

- = sie sind Produkt menschlicher Orientierungssuche und eine Orientierungsleistung<br />

- damit sind sie existentiell relevant, <strong>de</strong>nn sie entlasten <strong>de</strong>n Menschen:<br />

- sie beantworten exsitentielle Fragen nach SelbstverstÄndnis und „Lebenswelt“<br />

- = sie stellen PlausibilitÄten zur VerfÑgung, sie sind PlausibilitÄts-Strukturen<br />

- sie umfassen die Elemente Externalisierung, Objektivierung und Internalisierung<br />

- Externalisierung: Schaffung einer Lebenswelt nach b<strong>es</strong>timmten Vorgaben / Codic<strong>es</strong><br />

- Objektivierung: die g<strong>es</strong>ellschaftlichen Lebenswelten wer<strong>de</strong>n weitergegeben<br />

- Internalisierung: jed<strong>es</strong> eing<strong>es</strong>pielte Lebensparadigma spricht <strong>de</strong>n Menschen selbst an<br />

- alle Elemente sind flieÜend und dialektisch [„tria“lektisch: Dan Brown!] aufeinan<strong>de</strong>r bezogen<br />

- wenn Funktion (religiÅser) Gemeinschaft externalisierter Ausdruck von Öberzeugung ist �<br />

- gilt das auch fÑr die Kirche, die Kirche ist ebenfalls PlausibilitÄtsstruktur<br />

-�<strong>Religion</strong> und religiÅse Institution sind niemals Selbstzweck<br />

- sie sind externer Ausdruck d<strong>es</strong>sen, was ihre GlaubensÑberzeugung fÑr wahr hÄlt<br />

- = d<strong>es</strong>sen, was sie vermitteln wollen, nÄmlich: die Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- und <strong>de</strong>n existenziellen, wahren <strong>Gott</strong>-Mensch-Bezug, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Mensch soteriologisch reift<br />

Exkurs: ReligiÅse Kunst (u. Sprache) gehÅren in <strong>de</strong>n Kontext <strong>de</strong>r Institutionalisierung:<br />

- Kunst will etwas ausdrÑcken und vermitteln und verweist dabei auf eine weltjenseitige Wahrheit<br />

4<br />

Wenn ich LOICHINGER recht verstehe, sind die Aspekte 4-6 dann zu einem gewissen Grad verzichtbar.<br />

5<br />

LOICHINGER: ReligiÅse Institution = externalisierter Ausdruck d<strong>es</strong>sen, was GlaubensÑberzeugung fÑr wahr hÄlt.<br />

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- Wahrheit wird dann empirisch sinnfÄllig<br />

- gleiche Wurzel wie Kunst hat Sprache: <strong>de</strong>n Ausdruck menschlicher Wirklichkeitserfahrung<br />

- in bei<strong>de</strong>n FÄllen han<strong>de</strong>lt <strong>es</strong> sich um symbolische Verdichtung (auch d. Selbsterfahrung):<br />

- in Form rationaler Begriffssprache = Wissenschaft; Form nicht rationaler Aussagen = Kunst<br />

- damit wird auch die Re<strong>de</strong> vom „Unsagbaren“, von <strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nz mÅglich<br />

3. Problem d<strong>es</strong> <strong>Religion</strong>sbegriffs [aus 2]<br />

- Problem ein<strong>es</strong> solchen (2.) <strong>Religion</strong>sbegriffs ist das Faktum wi<strong>de</strong>rsprÑchlicher religiÅser PhÄnomene 6<br />

- bei einer wi<strong>de</strong>rsprÑchlichen Definition zu verbleiben hieÜe, <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> aufzugeben<br />

-�eine umfassen<strong>de</strong>re Definition von <strong>Religion</strong> ist nÅtig, wenn auch sehr umfangreich<br />

- Grund fÑr wi<strong>de</strong>rsprÑchliche PhÄnomene ist g<strong>es</strong>chichtliche Vermittlung <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>-Mensch-Beziehung:<br />

- sie i. immer eingebettet in e. konkreten Kontext, nicht abstrakt, vom konkreten Lebensbezug gelÅst<br />

-�<strong>es</strong> gibt die <strong>Gott</strong>-Mensch-Beziehung nur in g<strong>es</strong>chichtlicher / individualisierter PluralitÄt<br />

- <strong>de</strong>r erste Anlauf war noch eine Definition aus <strong>de</strong>m Christentum heraus:<br />

- was nicht Christentum ist, ist nicht <strong>Religion</strong>, und all<strong>es</strong> Christliche ist <strong>Religion</strong><br />

- <strong>de</strong>m entspricht <strong>de</strong>r HÅchstanspruch <strong>de</strong>r Verbalinspiration [<strong>de</strong>r Heiligen Schriften]<br />

- � aber: die je eigene <strong>Religion</strong> ist immer Ausdruck gÅttlichen Willens<br />

- <strong>Gott</strong> teilt sich nicht g<strong>es</strong>chichtslos mit<br />

- <strong>es</strong> b<strong>es</strong>teht ein Zusammenhang zwischen Umwelt und Gemeinschaft<br />

- insb<strong>es</strong>on<strong>de</strong>re im 15. / 16. Jahrhun<strong>de</strong>rt wur<strong>de</strong>n W<strong>es</strong>en und christlicher Begriff von <strong>Religion</strong> fraglich 7<br />

-�das Christentum liefert nicht (mehr) die Definition von „<strong>Religion</strong>“ � neue Definition nÅtig<br />

- Plural unterschiedlicher <strong>Religion</strong>en (<strong>Gott</strong>heiten) steht heute im Wi<strong>de</strong>rspruch zum Christentum<br />

- theologische Glaubenssysteme gibt <strong>es</strong> auch auÜerhalb d<strong>es</strong> Christentums<br />

4. (�) Ist das Christentum keine o<strong>de</strong>r eine <strong>Religion</strong>?<br />

4.1 [Antwort von] Karl BARTH<br />

- Christentum kann nicht sinnvoll unter <strong>de</strong>m Begriff 1. <strong>Religion</strong> verhan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, <strong>es</strong> ist keine �<br />

- damit wehrt sich BARTH gegen d. Irrtum <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong>en = d. Umkehrung <strong>Religion</strong> � Offenbarung<br />

- = alle Menschen haben von sich aus Zugang zu <strong>Gott</strong> [wenn das Irrtum�contra RAHNER]<br />

- <strong>Religion</strong> ist <strong>de</strong>r Versuch d<strong>es</strong> Menschen, sich vor seinem <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bild zu rechtfertigen<br />

- eigentlich hat <strong>de</strong>r Mensch keinen Zugang zu <strong>Gott</strong>, auch nicht in Potenz [sic: Thomas / Aristotel<strong>es</strong>]<br />

- <strong>es</strong> gibt aber die „menschliche ZustÇndlichkeit“ <strong>de</strong>r Offenbarung, in etwa „<strong>Gott</strong><strong>es</strong>erfahrung“<br />

- das 2. Christentum entlarvt <strong>de</strong>n Irrtum <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong>en<br />

- dialektische Theologie: <strong>Gott</strong> wird als <strong>de</strong>r ganz an<strong>de</strong>re, seinsmÄÜig verschie<strong>de</strong>ne g<strong>es</strong>ehen<br />

- di<strong>es</strong> hat (1) einen ontologischen Aspekt: Abstand <strong>Gott</strong> � Mensch unÑberbietbar groÜ<br />

- (2) e. hamartiologischen Aspekt: Abstand ist Folge <strong>de</strong>r radikalen Ver<strong>de</strong>rbtheit d<strong>es</strong> Menschen<br />

- <strong>de</strong>r Mensch ist w<strong>es</strong>entlich SÑn<strong>de</strong>r � er hat von sich aus keinen Zugang zu <strong>Gott</strong><br />

- <strong>es</strong> ist <strong>de</strong>m Menschen keine adÄquate Vorstellung von <strong>Gott</strong> mÅglich<br />

- <strong>es</strong> gibt eine absolute Trennwand zwischen <strong>Gott</strong> und Mensch<br />

- (3) <strong>de</strong>r soteriologische Aspekt b<strong>es</strong>agt aber, das <strong>Gott</strong> von sich aus die Wand ÑberbrÑckt<br />

- er allein ist SouverÄn <strong>de</strong>r Offenbarung, aber er neigt sich darin gnÄdig <strong>de</strong>m Menschen zu<br />

- Dialektik b<strong>es</strong>teht nun im doppelten Nein d<strong>es</strong> Menschen (1+2) zum Ja <strong>de</strong>r ErlÅsung (3):<br />

� - = wir wissen, d. wir d. Gna<strong>de</strong> wi<strong>de</strong>rsprechen, mÑssen aber glauben, d. d. Gna<strong>de</strong> uns wi<strong>de</strong>rspricht<br />

- das Christentum und nur das Christentum vergegenwÄrtigt die absolute Trennwand<br />

-�<strong>es</strong> steht im 3. radikalen Wi<strong>de</strong>rspruch zu allen an<strong>de</strong>ren <strong>Religion</strong>en<br />

- eben weil nur hier die Trennung Ñberwun<strong>de</strong>n wird durch die gnÄdige Offenbarung <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- <strong>es</strong> ist die einzige Offenbarung <strong>Gott</strong><strong>es</strong>, die reine wahre <strong>Religion</strong> 8 und � <strong>de</strong>ren Aufhebung<br />

- = <strong>Gott</strong><strong>es</strong> Gegenwart, die sonst verborgen ist im „allgemein Menschlichen“<br />

- BegrÑndung: die Gna<strong>de</strong> <strong>Gott</strong><strong>es</strong> in <strong>de</strong>r Offenbarung g<strong>es</strong>chah und g<strong>es</strong>chieht in Christus<br />

- „<strong>Religion</strong>“ ist von di<strong>es</strong>er Offenbarung her zu verstehen, nicht umgekehrt<br />

- „<strong>Religion</strong>“ gibt <strong>es</strong> nur insofern, als <strong>es</strong> <strong>de</strong>n von <strong>Gott</strong> gerechtfertigten SÅn<strong>de</strong>r gibt<br />

6<br />

Das be<strong>de</strong>utete nÄmlich WillkÑr: <strong>Religion</strong> kann dann je<strong>de</strong> Öberzeugung externalisieren (<strong>de</strong>nke an H. PLESSNER).<br />

7<br />

Zumind<strong>es</strong>t im „christlichen Abendland“, wo <strong>es</strong> zuvor <strong>de</strong>n christlichen Allein<strong>de</strong>utungsanspruch gab.<br />

8<br />

Wahre <strong>Religion</strong> gibt <strong>es</strong> nur von <strong>Gott</strong> als Offenbarung. In sich / von sich aus / w<strong>es</strong>entlich ist sie niemals wahr.<br />

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- alle an<strong>de</strong>ren <strong>Religion</strong>en wer<strong>de</strong>n als GÅtzendienst entlarvt (vgl. auch die Bibel)<br />

4.2 [Antwort von] Karl RAHNER<br />

- Grundth<strong>es</strong>e: das Christentum ist eine <strong>Religion</strong> und bil<strong>de</strong>t mit an<strong>de</strong>ren ein Kontinuum<br />

- 1. <strong>de</strong>r Mensch erfÄhrt sich selbst als Subjekt: ist das W<strong>es</strong>en <strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nz<br />

- Mensch ist ein weltoffen<strong>es</strong> W<strong>es</strong>en = Transzen<strong>de</strong>nz gehÅrt w<strong>es</strong>ensmÄÜig zum Menschen<br />

- <strong>de</strong>r Mensch erfÄhrt Welt als kontingent (endlich, begrenzt) [und muss das bewÄltigen]:<br />

- Welt genÑgt <strong>de</strong>m Menschen nicht, weil ihr zur Vollkommenheit stets ein StÑck fehlt<br />

- alle Antworten, die er fin<strong>de</strong>t, werfen neue Fragen auf; alle Ziele sind nur Etappen<br />

-�d. Mensch greift vor auf d. Unendliche, Transzen<strong>de</strong>ntale um erkennen / sein zu kÅnnen<br />

- di<strong>es</strong>er Vorgriff ist das „ÑbernatÑrliche Existential“, <strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nzbezug d<strong>es</strong> Menschen 9<br />

- die Konfrontation mit di<strong>es</strong>er Verwi<strong>es</strong>enheit ist die Konfrontation mit sich selbst<br />

- an <strong>de</strong>r 2. Kontingenz- und Transzen<strong>de</strong>nzerfahrung kÇnnte <strong>de</strong>r Mensch auch vorbeigehen, �<br />

- das ÑbernatÑrliche Existential unterschei<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Menschen von an<strong>de</strong>ren Lebew<strong>es</strong>en:<br />

- <strong>es</strong> ist Offenbarung, die die MÅglichkeitsbedingung d<strong>es</strong> Vorgriffs und <strong>de</strong>r Selbsterfahrung ist<br />

- damit kann d. Vorgriff MÅglichkeit <strong>de</strong>r GeÅffnetheit d<strong>es</strong> Menschen auf das Ganze bedingen<br />

-�<strong>de</strong>r Mensch erfÄhrt sich als w<strong>es</strong>ensmÄÜig auf <strong>Gott</strong> verwi<strong>es</strong>en, in einer Hindynamisierung<br />

- = das Ziel d<strong>es</strong> von <strong>Gott</strong> begna<strong>de</strong>ten Geist<strong>es</strong>, die Transzen<strong>de</strong>ntalitÄt, ist zugleich Zugkraft<br />

- damit ist klar, das das Angebot <strong>de</strong>r Offenbarung in <strong>de</strong>r Liebe <strong>Gott</strong><strong>es</strong> allen Menschen gilt<br />

- aus di<strong>es</strong>er notwendigen Hindynamisierung folgt RAHNERs 3. EinschÄtzung <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong>en<br />

- <strong>Gott</strong> hat <strong>de</strong>n Menschen in di<strong>es</strong>er Verwi<strong>es</strong>enheit g<strong>es</strong>chaffen � universale Heilsg<strong>es</strong>chichte<br />

- Heils- und Offenbarungsg<strong>es</strong>chichte gibt <strong>es</strong> Åberall, wo <strong>es</strong> Menschheitsg<strong>es</strong>chichte gibt<br />

- Christentum sagt da von sich her auch nichts Neu<strong>es</strong>, <strong>es</strong> liegt mit di<strong>es</strong>em Quellgrund auf Linie<br />

- Christentum ist aber die HÅchstform di<strong>es</strong><strong>es</strong> Ansatz<strong>es</strong>, <strong>de</strong>r allen <strong>Religion</strong>en gemein ist 10<br />

-� <strong>Religion</strong>en sind Spiegelbil<strong>de</strong>r d. immer an d. Menschen ergehen<strong>de</strong>n Selbstmitteilung <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- auch das Christentum ist eine <strong>Religion</strong>, selbst wenn <strong>es</strong> in sich wi<strong>de</strong>rsprÑchlich ist<br />

- <strong>Religion</strong> und Christentum sind zu vielschichtig, um trennscharf <strong>de</strong>finieren zu kÅnnen<br />

- <strong>Religion</strong> ist kein <strong>de</strong>finitorischer Begriff; �<br />

5. <strong>Religion</strong> als erlÅsen<strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nzbezug<br />

- 5.1 FamilienÄhnlichkeit: nach Ludwig WITTGENSTEIN haben alle Sprachspiele gemeinsame W<strong>es</strong>en<br />

- <strong>Religion</strong> verstan<strong>de</strong>n als Sprachspiel � Begriff d<strong>es</strong> Spiel<strong>es</strong> selbst lÄsst sich nicht <strong>de</strong>finieren<br />

- aber innerhalb d<strong>es</strong> Spiels wer<strong>de</strong>n BÑn<strong>de</strong>l <strong>de</strong>finieren<strong>de</strong>r Merkmale benannt 11<br />

-�<strong>Religion</strong> ist ein Cluster unterschiedlicher <strong>de</strong>finieren<strong>de</strong>r Merkmale 12<br />

- Christentum selbst i. a. unterschiedlichen StrÅmungen zusammeng<strong>es</strong>etzt = cumulative tradition<br />

- Merkmale einer <strong>Religion</strong> kÅnnen diskrepant sein, <strong>Religion</strong> ist lebendig, kein Monolith<br />

- die „FamilienÄhnlichkeit“ meint letztlich das gleiche wie cumulative tradition =<br />

- nach William C. SMITH: die vielschichtige RealitÄt sich lebendig wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>r ReligiositÄt<br />

- nur all<strong>es</strong> zusammen ist <strong>Religion</strong>, ist Christentum // -�Welch<strong>es</strong> Merkmal ist das<br />

- 5.2 Unverzichtbare Merkmal einer <strong>Religion</strong>?<br />

- THOMAS von Aquin nannte <strong>es</strong> die Beziehung d<strong>es</strong> Menschen zu <strong>Gott</strong><br />

- das ist eine zu enge, theistische [personaler <strong>Gott</strong>] und personale Formulierung; �<br />

- Max SECKLER formuliert neu: Herstellung ein<strong>es</strong> erlÅsen<strong>de</strong>n Transzen<strong>de</strong>nzbezug<strong>es</strong><br />

- damit sind sowohl personale wie apersonale Begriffe von <strong>Gott</strong> eing<strong>es</strong>chlossen<br />

- Transzen<strong>de</strong>nzbezug i. nie Selbstzweck, son<strong>de</strong>rn dient eben d. ErlÅsung / Reife d. Menschen<br />

-�5.3 Aufgabe <strong>de</strong>r <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong>, wenn sie primÄr „nach <strong>de</strong>r Wahrheit d<strong>es</strong> Glaubens sucht“:<br />

- und wenn dann <strong>Religion</strong> <strong>de</strong>finiert ist als „Herstellen ein<strong>es</strong> erlÅsen<strong>de</strong>n Transzen<strong>de</strong>nzbezugs“ �<br />

9<br />

Existentiell be<strong>de</strong>utsam = existential wird <strong>de</strong>r Bezug, weil <strong>de</strong>r Vorgriff auf das Sein selbst g<strong>es</strong>chieht.<br />

10<br />

Letztlich heiÜt das, dass einerseits alle <strong>Religion</strong>en offenbart sind, das Christentum aber einen HÅchstfall<br />

darstellt: Inklusivismus. Im Gegensatz dazu vertrat BARTH <strong>de</strong>n Exklusivismus.<br />

11<br />

D.h. Merkmale, anhand <strong>de</strong>rer die ZugehÅrigkeit zum jeweiligen Spiel erkennbar wird.<br />

12<br />

FÑr LOICHINGER ist das die einzige MÅglichkeit, <strong>de</strong>r Sache gerecht zu wer<strong>de</strong>n.<br />

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II. Kritik <strong>de</strong>r traditionellen <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise<br />

0. EinfÇhrung: Warum <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise? [Taugen sie was, braucht man sie?]<br />

- Ziel <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise ist <strong>de</strong>r Nachweis <strong>de</strong>r RationalitÄt d<strong>es</strong> Glaubens<br />

- wenn <strong>Religion</strong> „Herstellen ein<strong>es</strong> erlÅsen<strong>de</strong>n Transzen<strong>de</strong>nzbezugs“ ist<br />

- dann suchen die <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise <strong>de</strong>n Beweis fÑr die Existenz d<strong>es</strong> Bezugspunkts zu bringen<br />

- bis zum II. Vatikanum war <strong>es</strong> offizielle Theologie, das <strong>Gott</strong> bewi<strong>es</strong>en wer<strong>de</strong>n muss 1<br />

- <strong>es</strong> ist <strong>de</strong>m Menschen mÅglich, aus <strong>de</strong>r Existenz <strong>de</strong>r SchÅpfung <strong>Gott</strong> zu erkennen.<br />

- das ist „natÑrliche <strong>Gott</strong><strong>es</strong>erkenntnis“: sie erfolgt mit <strong>de</strong>r (alltÄglichen) natÑrlichen Vernunft<br />

- SchÅpfungsordnung macht das Transzen<strong>de</strong>nte an <strong>Gott</strong> sichtbar<br />

- = <strong>Gott</strong> wird als <strong>de</strong>r SchÅpfer, Lenker, Erhalter <strong>de</strong>finiert und erkannt<br />

- di<strong>es</strong>er Erkenntnisweg war gegenÑber <strong>de</strong>n <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweisen eine neue Option<br />

- „natÑrliche Erkenntnis“ ist als Gegensatz zu „rationaler Erkenntnis“ zu verstehen<br />

- letztlich sind wir aber auf <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise, die nie funktionierten, nicht angewi<strong>es</strong>en:<br />

- im Glauben als Lebensentscheidung gibt <strong>es</strong> keine Richtigkeitsgarantien<br />

- Glaubensexistenz be<strong>de</strong>utet Treue und Tapferkeit im Glauben, trotz allem<br />

- mit <strong>de</strong>m Anspruch zweifelsfreier Gewissheit wÑr<strong>de</strong> genau das nicht mehr funktionieren<br />

1. Ontologischer <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis<br />

- Grundi<strong>de</strong>e: Der Begriff selbst o<strong>de</strong>r die Existenz d<strong>es</strong> Begriff<strong>es</strong> „<strong>Gott</strong>“ beweisen die Existenz.<br />

- lange Zeit galt di<strong>es</strong> als <strong>de</strong>r KÅnigsweg, <strong>de</strong>nn nur I<strong>de</strong>e, Definition und Begriff vorausg<strong>es</strong>etzt<br />

1. Formulierung: (1) ANSELM von Canterbury und (2) Kritik Kants<br />

(1) ANSELM von Canterbury<br />

- Ausgangspunkt: <strong>de</strong>r Begriff <strong>Gott</strong><strong>es</strong> als das, worÑber hinaus nichts GrÅÜer<strong>es</strong> gedacht wer<strong>de</strong>n kann<br />

- auch: <strong>Gott</strong> ist dasjenige W<strong>es</strong>en, worÑber ein vollkommener<strong>es</strong> nicht gedacht wer<strong>de</strong>n kann<br />

- das entspricht <strong>de</strong>r scholastischen Vorstellung von <strong>de</strong>r absoluten Transzen<strong>de</strong>nz <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- „worÑber GrÅÜer<strong>es</strong> nicht gedacht wer<strong>de</strong>n kann“ ist die Umschreibung d<strong>es</strong> ens realissimum<br />

- „real existent“ ist eine Eigenschaft an etwas 2 und gehÅrt per <strong>de</strong>finitionem zum ens realissmum<br />

- = das hÅchste Denkbare muss auch real existieren; logischer Nachweis:<br />

- wÑr<strong>de</strong> ich etwas als nicht real existiert <strong>de</strong>nken, fehlte ihm etwas an <strong>de</strong>r Vollkommenheit<br />

-� zu <strong>de</strong>n Vollkommenheiten (realissimum) <strong>Gott</strong><strong>es</strong> gehÅrt notwendig Existenz<br />

- sonst wÄren alle Dinge, die real = auÜerhalb d<strong>es</strong> Verstand<strong>es</strong> existieren, vollkommener<br />

- allein die Tatsache, dass ich <strong>Gott</strong> als real existent <strong>de</strong>nken kann, be<strong>de</strong>utet auch, dass er existiert<br />

- <strong>es</strong> ist logisch nicht mÅglich, dass ich <strong>de</strong>nke, etwas existiert und existiert nicht zugleich<br />

-� wenn ich <strong>Gott</strong> als real existent <strong>de</strong>nken kann, kann ich ihn nicht gleichzeitig leugnen<br />

(2) Immanuel KANT: Kritik d<strong>es</strong> Beweis<strong>es</strong><br />

- <strong>de</strong>r Grundgedanke, aus <strong>de</strong>r Tatsache d<strong>es</strong> Denkens <strong>Gott</strong> zu schlieÜen, bleibt stets gleich<br />

- erster Kritiker d<strong>es</strong> Beweis<strong>es</strong> war bereits THOMAS, er maÜ ANSELM kaum Be<strong>de</strong>utung bei<br />

- KANT bringt dann zwei Punkte / EinwÄn<strong>de</strong> gegen <strong>de</strong>n Beweis vor:<br />

- 1. „Sein“ ist keine Eigenschaft wie „groÑ“ etc., die ich einer Sache als PrÇdikat zusprechen kann<br />

- die Aussage, dass ein Ding „existiert“, fÖgt seinem W<strong>es</strong>en / <strong>de</strong>r Sache nichts hinzu<br />

- ob ein Ding ist o<strong>de</strong>r nicht, ist fÑr <strong>de</strong>n Erkennen<strong>de</strong>n nÄmlich unerheblich 3<br />

- „100 mÅgliche Taler“ sind gleich „100 wirklichen Talern“, <strong>de</strong>nn „Taler“ sind <strong>es</strong> allemal<br />

-� Sein / reale Existenz ist kein notwendig<strong>es</strong> o<strong>de</strong>r vollkommen<strong>es</strong> W<strong>es</strong>ensmerkmal<br />

- die Aussage „real existent“ entschei<strong>de</strong>t nur darÑber, ob <strong>es</strong> das W<strong>es</strong>en gibt o<strong>de</strong>r nicht<br />

1<br />

Apostolische Konstitution Dei Filius.<br />

2<br />

= Ich kann die Eigenschaft als PrÄdikat <strong>de</strong>r Sache ausdrÑcken, etwas ist real existent.<br />

3<br />

= Grundproblem: Ich muss annehmen, dass „reale Existenz“ ein VollkommenheitsprÄdikat ist. Ist <strong>es</strong> nicht.<br />

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- Än<strong>de</strong>rt aber nichts am Begriff� [UmkehrschluÜ]: aus <strong>de</strong>m Begriff folgt nicht die Existenz<br />

- damit ist die Logik ANSELMs gebrochen: die Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> ist seine Definition<br />

- und nicht Folge ein<strong>es</strong> logischen Beweis<strong>es</strong> aus <strong>de</strong>m Begriff <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- 2. ich kann mir zwar ein hÅchst<strong>es</strong> W<strong>es</strong>en <strong>de</strong>nken, aber Ñber die Existenz macht das keine Aussage<br />

- <strong>es</strong> b<strong>es</strong>teht eine Kluft zwischen Denken und Wirklichkeit [transzen<strong>de</strong>ntale Differenz]<br />

- di<strong>es</strong>e Kluft bleibt immer notwendig b<strong>es</strong>tehen � <strong>de</strong>r ontologische Beweis ist unmÅglich<br />

- wir fin<strong>de</strong>n zwar die I<strong>de</strong>e <strong>Gott</strong><strong>es</strong> vor, kÅnnen aber Existenz nur postulieren: Ewigkeit beweisen?<br />

2. Neue Formulierung von (3) Rená DESCARTES<br />

- Grundth<strong>es</strong>e: „Existenz“ ist kein real<strong>es</strong> PrÄdikat, ist <strong>de</strong>m Begriff nicht inhÄrent 4<br />

- Grundfrage: Kann <strong>de</strong>r Mensch sich <strong>de</strong>n Begriff von <strong>Gott</strong> dann selber [ein]bil<strong>de</strong>n?<br />

- Voraussetzung ist die Philosophie d<strong>es</strong> Johann<strong>es</strong> Duns Scotus mit folgen<strong>de</strong>r Unterscheidung:<br />

- eine realitas (Sachverhalt) obiectiva ist in allen ihren Eigenschaften klar b<strong>es</strong>timmt<br />

- existiert aber nur im Verstand; d<strong>es</strong>halb existiert sie aber trotz<strong>de</strong>m<br />

- eine realitas formalis ist dagegen auch real, also nicht nur im Verstand existent<br />

- <strong>de</strong>r menschliche Verstand produziert drei Klassen von I<strong>de</strong>en o<strong>de</strong>r „Vorstellungen“<br />

- i<strong>de</strong>ae a me factae sind von meinem Verstand selbstgemachte I<strong>de</strong>en<br />

- i<strong>de</strong>ae innatae sind mir angeborene I<strong>de</strong>en, alle di<strong>es</strong>e Vorstellungen sind wahr<br />

- sie haben eine wahrhafte, b<strong>es</strong>timmte, Natur / W<strong>es</strong>enheit / Form<br />

- die „Archetypen“ kommen von auÑen, di<strong>es</strong>e I<strong>de</strong>en von auÑen sind die wenig sicheren<br />

- auch die I<strong>de</strong>e <strong>Gott</strong><strong>es</strong> ist im menschlichen Verstand und impliziert b<strong>es</strong>timmte Vorstellungen<br />

- = I<strong>de</strong>e hat eine realitas obiectiva, sie ist in ihrem Sachgehalt b<strong>es</strong>timmt (unendlich,…)<br />

- philosophischer Grundsatz: eine Ursache muss mind<strong>es</strong>tens so mÇchtig wie die Wirkung sein<br />

-� die I<strong>de</strong>e kann nicht aus meinem Verstand kommen, <strong>de</strong>nn ihre realitas obiectiva ist grÅÜer<br />

- also muss auch ihre Ursache mÄchtiger als mein Verstand sein � <strong>Gott</strong> kommt von auÜen<br />

- das, was grÅÜer ist als die realitas obiectiva ist aber die r. formalis�<strong>Gott</strong> existiert<br />

(4) HARTSHORNE, MALCOLM, PLANTINGA und die abschlieÜen<strong>de</strong> Kritik<br />

- zu <strong>Gott</strong> als vollkommenstem W<strong>es</strong>en gehÅrt reale Existenz, wie Dreieckigkeit zum Dreieck<br />

- <strong>es</strong> han<strong>de</strong>lt sich um logisch notwendige Sachverhalte:<br />

- logisch notwendige Sachverhalte dÑrfen in allen logisch vorstellbaren Welten nicht variieren<br />

- wenn Begriff von <strong>Gott</strong> nun logisch ist, muss <strong>Gott</strong> in je<strong>de</strong>r logisch vorstellbaren Welt sein<br />

- unsere Welt ist eine Verwirklichung <strong>de</strong>r logischen Welt � in unserer Welt existiert <strong>Gott</strong><br />

- Kritik: <strong>es</strong> sind logisch wi<strong>de</strong>rspruchsfrei Welten ohne <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>nkbar<br />

- Dreieckigkeit d<strong>es</strong> Dreiecks ist eine absolute Definition d<strong>es</strong> Menschen, Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> nicht<br />

Bsp.- die Annahme ewiger, sich selbst organisieren<strong>de</strong>r Materie schaltet alle <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise aus<br />

-� <strong>de</strong>r „ontologische <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis“ leistet <strong>de</strong>n zwingen<strong>de</strong>n Beweis <strong>Gott</strong><strong>es</strong> nicht<br />

- „zwingen<strong>de</strong> Beweisbarkeit“ ist ohnehin ein theologisch<strong>es</strong> MiÑverstÇndnis<br />

- richtig<strong>es</strong> Zwischenergebnis: unsere Vorstellung von <strong>Gott</strong> darf nicht beliebig wer<strong>de</strong>n<br />

2. Kosmologischer <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis<br />

- Grundi<strong>de</strong>e: Die Existenz d<strong>es</strong> Universums (<strong>de</strong>r SchÅpfung) beweist <strong>de</strong>n SchÅpfer.<br />

- das ist nun eine a posteriorische Argumentation, die an Erfahrung anschlieÜt<br />

- die Existenz d<strong>es</strong> Universums = unserer Welt ist eine konkrete Erfahrungstatsache [Kant?!]<br />

(1) THOMAS von Aquin<br />

- er ist <strong>de</strong>r wichtigste Vertreter d<strong>es</strong> Beweis<strong>es</strong>, in STh und quinque viae<br />

- Paradigma ist die (2 �) Bewegungslehre d<strong>es</strong> Aristotel<strong>es</strong> [E: Philo, „vier Ursachen“]<br />

- Unterscheidung von Entstehungs- (causa formalis) und Wirkursache (efficiens) 5<br />

4<br />

Di<strong>es</strong> ist zwar <strong>de</strong>r Ausgangspunkt von KANT, aber unter an<strong>de</strong>ren Vorzeichen.<br />

5<br />

Entstehungsursache heiÜt an<strong>de</strong>rswo Form(ursache): Das Bild Gutenbergs. c. efficiens ist <strong>de</strong>r Bildhauer.<br />

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- die bei<strong>de</strong>n Ursachen kÅnnen nicht di<strong>es</strong>elbe sein: Wirkung kann Form nicht vorangehen<br />

- wir erfahren = wissen, dass d. Universum nicht aus sich existiert, son<strong>de</strong>rn kontingent ist<br />

- genauso, wie sich die Skulptur nicht selbst haut � die Wirkursache muss hinzutreten<br />

- die Wirkursachen formen eine <strong>de</strong>pen<strong>de</strong>nte Kausalkette von Ursache und Wirkung<br />

- <strong>es</strong> muss notwendig mind<strong>es</strong>tens eine Ursache geben, sonst entfiele die ganze Kette<br />

- <strong>de</strong>r regr<strong>es</strong>sus ad infinitum ist ebenso verboten: <strong>es</strong> gibt nicht unendlich viele Ursachen<br />

-� <strong>es</strong> gibt aus logischer Notwendigkeit genau eine erste Wirkursache, nÄmlich <strong>Gott</strong><br />

- Argumentation fÑr <strong>Gott</strong> als zeitlich erste Usache, <strong>es</strong> gibt in <strong>de</strong>n quinque viae noch � vier weitere:<br />

- 1 Argumentation aus <strong>de</strong>r Bewegung entspricht ARISTOTELES’ unbewegt Bewegen<strong>de</strong>m 6<br />

- 3 Argumentation aus <strong>de</strong>r MÅglichkeit: aus <strong>de</strong>r Potenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> folgt seine AktualitÄt<br />

- 4 A. a. <strong>de</strong>n Seinsstufen: <strong>Gott</strong> ist das hÅchste vollkommene Sein<br />

- 5 A. a. <strong>de</strong>r Geordnetheit d<strong>es</strong> Universums ist dann schon ein teleologischer <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis<br />

- nur die Argumente 1-3 <strong>de</strong>r quinque viae sind kosmologische Argumente<br />

(2) <strong>Gott</strong>fried Wilhelm LEIBNIZ<br />

- sein Argument steht im Kontext d<strong>es</strong> Theodizee-Problems, genauer d<strong>es</strong>sen Abwehr<br />

- formuliert letztlich d. gleiche Argument wie THOMAS, nÄmlich das gegen <strong>de</strong>n regr<strong>es</strong>sus<br />

- das Universum ist eine ewige Reihe aufeinan<strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>r ZustÄn<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt = Mona<strong>de</strong>n<br />

- eine Mona<strong>de</strong> tn ist durch die vorangegangene tn-1; n→∞ vollstÄndig b<strong>es</strong>chrieben<br />

- = eine Mona<strong>de</strong> folgt immer notwendig aus <strong>de</strong>r vorangegangenen, wird „abg<strong>es</strong>chrieben“<br />

- g<strong>es</strong>ucht wird nun <strong>de</strong>r Grund fÑr di<strong>es</strong><strong>es</strong> Voneinan<strong>de</strong>r-abschreiben<br />

- neue Mona<strong>de</strong> ist im vorangehen<strong>de</strong>n Zustand gera<strong>de</strong> nicht vollkommen gegeben:<br />

- die letzte / erste Ursache fÑr die Existenz <strong>de</strong>r Kette kann nicht <strong>de</strong>r Kette immanent sein<br />

- wie ein Buch nicht <strong>de</strong>n Befehl enthÄlt, <strong>es</strong> abzuschreiben, und <strong>de</strong>nnoch abg<strong>es</strong>chrieben wird<br />

-� wenn die Kette die Welt bzw. die G<strong>es</strong>chichte ist � ÑbernatÑrliche Ursache = <strong>Gott</strong><br />

- <strong>de</strong>nn: nichts existiert unverursacht, auch nicht das solcherart kontingente Universum<br />

(3) Kritik d<strong>es</strong> kosmologischen <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis<strong>es</strong><br />

- er ist die Anwendung d<strong>es</strong> Satz<strong>es</strong> vom zureichen<strong>de</strong>n Grund, <strong>de</strong>r zwei For<strong>de</strong>rungen stellt:<br />

- 1. zureichend ist nur begrÑn<strong>de</strong>t, was <strong>de</strong>n Grund seiner Existenz in sich selbst trÄgt<br />

- 2. nichts existiert ohne zureichen<strong>de</strong>n Grund 7<br />

- A Problematisch ist das zugrun<strong>de</strong>liegen<strong>de</strong> Kausalprinzip, das eigentlich AlltagserklÄrung ist<br />

- <strong>es</strong> ist ein<strong>es</strong> <strong>de</strong>r wichtigsten Prinzipien, ohne das wir im Alltag handlungsunfÄhig wÄren<br />

- w. kÅnnten nichts erklÄren, weil wir z. keinerlei Prognosen fÄhig wÄren („Folge d. Handlung“)<br />

- bisher hat sich <strong>de</strong>r Kausalsatz auch tatsÄchlich b<strong>es</strong>tÄtigt � wir halten ihn fÑr gÑltig<br />

- aber einen notwendigen Beweis fÑr das Kausalprinzip gibt <strong>es</strong> nicht, <strong>es</strong> kÅnnte falsch sein<br />

- aus <strong>de</strong>r Tatsache, dass das Prinzip heute gilt, folgt nicht, dass <strong>es</strong> auch morgen gilt<br />

- <strong>es</strong> ist hypothetisch: wir wissen nicht, ob all<strong>es</strong> immer eine Ursache haben muss<br />

- = Bertrand RUSSELL: Das Universum ist einfach vorhan<strong>de</strong>n, und das ist all<strong>es</strong>. 8<br />

- B weiterhin ist <strong>de</strong>r Schluss d<strong>es</strong> ersten Satz<strong>es</strong>, <strong>Gott</strong> trage seine Ursache in sich, nicht zwingend<br />

- Gegenargument: wenn all<strong>es</strong> eine Ursache haben muss, dann muss auch <strong>Gott</strong> eine haben 9<br />

- Atheisten kÅnnen auch – unproblematisch – b. Universum als Ursache-in-sich stehen bleiben<br />

- RUSSELL argumentiert, dass uns <strong>Gott</strong> sinnvoller erscheint, weil wir ein Sinnziel brauchen<br />

- <strong>es</strong> ist plausibler / zufrie<strong>de</strong>nstellen<strong>de</strong>r, einen Grund nennen zu kÅnnen statt d<strong>es</strong> Zufalls<br />

- C im Argument, <strong>Gott</strong> sei notwendig, das Universum kontingent, und <strong>Gott</strong> d<strong>es</strong>halb vernÑnftig<br />

- setzt vor allem THOMAS <strong>de</strong>n ontologischen <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis eigentlich voraus<br />

- eine notwendige Ursache, bei d. man stehen bleiben darf, liefert nur d. ontologische Argument<br />

6<br />

<strong>Gott</strong> ist daher das erste unbewegt Bewegen<strong>de</strong>, die causa finalis, die all<strong>es</strong> an sich zieht = fÑr THOMAS: liebt.<br />

7<br />

Es gibt das Universum � <strong>es</strong> gibt einen zureichen<strong>de</strong>n Grund.<br />

8<br />

= Es kÅnnte z. B. auch ein quantenmechanischer Zufall sein.<br />

9<br />

LOICHINGERsch formuliert: <strong>Gott</strong> muss einen Grund haben; aber er ist nackte, unerklÄrbare Tatsache.<br />

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3. Teleologischer <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis<br />

- Grundi<strong>de</strong>e: Die Geordnetheit [≠ Existenz] d<strong>es</strong> Universums beweist die Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong>.<br />

- „geordnet“ meint strukturiert, auf Zweck hin ausgerichtet, <strong>es</strong> gibt komplexe Lebenssysteme<br />

-� <strong>de</strong>r Mensch empfin<strong>de</strong>t die Natur als schÅn<br />

- Beweis wur<strong>de</strong> populÄr im 18. / 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt im Gefolge d<strong>es</strong> Erfolgs <strong>de</strong>r Naturwissenschaft<br />

- die erste mo<strong>de</strong>rne Formulierung, zugleich paradigmatisch, lieferte William PALEY:<br />

(1) Der Beweis nach William PALEY<br />

- <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis ist ein Analogi<strong>es</strong>chluss zu einem Gedankenexperiment, das PALEY macht<br />

- wenn <strong>de</strong>r Mensch in <strong>de</strong>r WÑste Verwitterung vorfin<strong>de</strong>t, entspricht das seiner Erfahrung<br />

- fin<strong>de</strong>t er aber eine Uhr, wun<strong>de</strong>rt er sich, auch wenn er nicht weiÜ, was eine Uhr ist<br />

- er erkennt, dass sie zu kunstvoll ist, um Zufall zu sein � sie muss ein Artefakt sein<br />

- <strong>es</strong> muss einen intelligenten Uhrmacher geben, <strong>de</strong>r sie erschaffen hat<br />

- analog dazu fin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Mensch das Universum vor, als intelligibel, erklÄrbar, berechenbar<br />

- kurz als schÇn und damit als artifiziell � <strong>es</strong> gibt einen intelligenten Planer = <strong>Gott</strong><br />

- insb<strong>es</strong>on<strong>de</strong>re menschlicher KÅrper, aber auch Naturg<strong>es</strong>etze nur a. bewusste SchÅpfung <strong>de</strong>nkbar<br />

- zu PALEYs Zeit [Naturwissenschaft!] galt di<strong>es</strong>er Beweis als nahezu unwie<strong>de</strong>rlegbar<br />

(2) Kritik d<strong>es</strong> teleologischen <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis<strong>es</strong><br />

- David HUME behauptet (eigentlich keine Argumentation), dass die Welt nicht vollkommen ist 10<br />

- das Universum ist zwar schÅn, aber immernoch endlich und kontingent<br />

- hat auch zerstÅrerische Seite, <strong>es</strong> ist fehlerhaft�eigentlich unvollkommener SchÅpfer<br />

- er polemisiert gegen <strong>Gott</strong> als SchÅpfer: Kindlicher, untergebener, greisenhafter <strong>Gott</strong><br />

- ein solch<strong>es</strong> <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bild wÑr<strong>de</strong> die MÄngel d<strong>es</strong> Universums viel b<strong>es</strong>ser erklÄren<br />

- nur von einem vollkommenen Universum dÑrfte man auf vollkommenen <strong>Gott</strong> schlieÜen<br />

- in je<strong>de</strong>m Fall geht er von einer zufÄlligen Weiterentwicklung d<strong>es</strong> Universums aus<br />

- eine an<strong>de</strong>re Form d<strong>es</strong> Arguments liefert Charl<strong>es</strong> DARWIN 11<br />

- nach Darwin ist die Angepasstheit = Ordnung <strong>de</strong>r SchÅpfung Ergebnis <strong>de</strong>r Evolution<br />

- = d<strong>es</strong> survival of the fitt<strong>es</strong>t, <strong>de</strong>r Anpassung durch Mutation und Selektion<br />

- <strong>de</strong>r SchÅpfer gab das Leben nur wenigen Individuen gegeben / einer Zelle am Anfang<br />

- in di<strong>es</strong>er christlichen Position geht optimale Anpassung letztlich doch auf <strong>Gott</strong> zurÑck<br />

- die Evolution als Vervollkommnung d<strong>es</strong> Lebens geht aus Kampf, Not und Leid hervor<br />

- = Ansatzpunkt fÑr die Theodizee-Argumentation und entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Schwachstelle<br />

- und mÅgliche Umkehr d<strong>es</strong> DARWINschen Argument<strong>es</strong>: grausame Evolution � kein <strong>Gott</strong><br />

[- Gegen die Geordnetheit lÄsst sich auch mit <strong>de</strong>r Chaostheorie argumentieren.]<br />

4. Moralischer <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis<br />

- <strong>es</strong> gibt drei Grundi<strong>de</strong>en, was die Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> beweisen kÅnnte:<br />

- 1. PLATON: Die objektive normative Kraft moralischer Werte muss autorisiert sein.<br />

- 2. NEWMAN: Die subjektive Erfahrung d<strong>es</strong> Gewissens ist die „Stimme <strong>Gott</strong><strong>es</strong>.“<br />

- 3. KANT: Es ist notwendig, <strong>Gott</strong> zu <strong>de</strong>nken, um distributive Gerechtigkeit zu garantieren.<br />

- Ausgangspunkt stets die menschliche Erfahrung und Selbsterkennung als moralisch<strong>es</strong> W<strong>es</strong>en<br />

(1) Das Eutryphon-Problem nach PLATON<br />

- Ausgangspunkt: moralische Werte b<strong>es</strong>itzen „objektive NormativitÄt“, sie sind verbindlich<br />

-� sie for<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Menschen, � <strong>de</strong>r doch aber eigentlich frei sein sollte von Vorschrift<br />

-� <strong>es</strong> muss eine AutoritÄt geben, die die NormativitÄt ethischer Werte begrÑn<strong>de</strong>t<br />

- ethische Werte lassen sich auf <strong>Gott</strong> zurÑckfÑhren, das Gute kann nur in <strong>Gott</strong> grÑn<strong>de</strong>n:<br />

10<br />

Man kann sich je<strong>de</strong>nfalls eine vollkommenere, hÅhere Welt <strong>de</strong>nken.<br />

11<br />

Man kÅnnte aber auch <strong>de</strong>nken, DARWIN argumentiere gegen die I<strong>de</strong>e einer creatio continua.<br />

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- absolute BegrÑndung d<strong>es</strong> Guten muss auÜerhalb d<strong>es</strong> unvollkommenen Menschen liegen<br />

-� Ethik lÄsst sich nur von <strong>Gott</strong> herleiten, darin grÑn<strong>de</strong>t die Erfahrung <strong>de</strong>r Verbindlichkeit<br />

- damit ist umgekehrt aus <strong>de</strong>r Existenz objektiver NormativitÄt <strong>de</strong>r Werte <strong>Gott</strong> ableitbar<br />

- schon im Eutryphon-Dialog wirft Platon das Problem di<strong>es</strong><strong>es</strong> Umkehrschluss<strong>es</strong> auf:<br />

- ist das Gute tatsÄchlich gut, weil <strong>Gott</strong> <strong>es</strong> als Gut<strong>es</strong> will – o<strong>de</strong>r – (das wÇre die BegrÖndung)<br />

- � will <strong>Gott</strong> das Gute, weil <strong>es</strong> unabhÄngig von ihm gut ist<br />

- in di<strong>es</strong>em letzteren Fall wÄre die normative BegrÑndung mit <strong>Gott</strong> willkÑrlich<br />

- ein solch<strong>es</strong> Problem tritt vor allem vor polytheistischem Hintergrund auf:<br />

- <strong>es</strong> kÅnnen mehrere ethische Systeme „gerechtfertigt“ wer<strong>de</strong>n<br />

- Moral wÑr<strong>de</strong> nicht aus <strong>Gott</strong><strong>es</strong> Willen konstituiert, son<strong>de</strong>rn <strong>Gott</strong> an Moral gem<strong>es</strong>sen [!]<br />

-� das Argument ist aporetisch � objektive NormativitÄt von Werten erzwingt <strong>Gott</strong> nicht<br />

(2) Formulierung bei John Henry NEWMAN<br />

Der Beweis<br />

- die Erfahrung menschlichen Gewissens ist zwar ganz persÅnlich (individuell)<br />

- aber alle Menschen [?!] machen di<strong>es</strong>elbe Erfahrung, sie ist unwillkÇrlich<br />

- di<strong>es</strong>e Erfahrung ist: wir fÑhlen uns <strong>de</strong>m Gewissen (gegenÑber) verantwortlich<br />

- John Henry Kardinal NEWMAN begrÑn<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Anspruch d<strong>es</strong> Gewissens theologisch 12<br />

- Scham und Erschrecken nach einer bÅsen Tat schlieÜen ein GegenÑber ein<br />

- di<strong>es</strong><strong>es</strong> GegenÑber muss notwendig ein intelligent<strong>es</strong> W<strong>es</strong>en sein: vor Tieren keine Scham<br />

- da <strong>es</strong> di<strong>es</strong>e GefÑhle aber gibt�Ursache in <strong>de</strong>r nicht sichtbaren Welt � gÅttliche Sache<br />

-� Ursache d<strong>es</strong> Gewissens ist gÅttlich, und da <strong>es</strong> das Gewissen gibt, gibt <strong>es</strong> die Ursache<br />

- Gewissen prÄgt Geist „Bild ein<strong>es</strong> Herrschers“ ein, <strong>de</strong>n die Eigenschaften als <strong>Gott</strong> ausweisen<br />

- damit wird aus <strong>de</strong>m subjektiven Gewissensanspruch <strong>Gott</strong><strong>es</strong> Existenz abgeleitet<br />

Die Kritik<br />

- John L. MACKIE kritisiert <strong>de</strong>n moralischen <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis, letztlich mit Sigmund FREUD:<br />

- Gewissen ist die Internalisierung <strong>de</strong>r moralischen Anfor<strong>de</strong>rungen durch Eltern, Umwelt<br />

-� das Gewissen ist individuell, <strong>es</strong> gibt keinen <strong>Gott</strong>, <strong>de</strong>r <strong>es</strong> fÑr alle gleich garantiert<br />

- = das Gewissen wird durch die soziokulturellen UmstÄn<strong>de</strong> konstituiert [je<strong>de</strong>nfalls auch]<br />

- Gewissen ist ein Produkt <strong>de</strong>r Sozialisierung d<strong>es</strong> Menschen mit seiner Umgebung [FREUD]<br />

- allerdings schlieÜt das [� FREUD] eine religiÅse Deutung d<strong>es</strong> Gewissens nicht aus<br />

- nur ist eine doppelte Deutung mÅglich, und fÑr <strong>de</strong>n <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis ist eine Annahme nÅtig<br />

- [= das alle Menschen die gleiche Erfahrung machen] � <strong>de</strong>r Ansatz <strong>de</strong>r Atheisten<br />

(3) Immanuel KANT<br />

- KANT selbst b<strong>es</strong>chreibt GlÑck als summum bonum, das zwei Momente umfasst:<br />

- das oberste Gut = die vÅllige Öbereinstimmung von Wille und moralischem G<strong>es</strong>etz<br />

- = <strong>de</strong>m entsprechen Tugend, Sittlichkeit o<strong>de</strong>r Heiligkeit (LOICHINGER einfach: Moral)<br />

- (�) wir kÅnnen <strong>es</strong> selbst erreichen, <strong>es</strong> ist fÑr uns prinzipiell verfÇgbar<br />

- das vollen<strong>de</strong>te Gut = (die) GlÑck(seligkeit), <strong>de</strong>ren MaÜ <strong>de</strong>m obersten Gut entspricht<br />

[- je grÅÜer die Öbereinstimmung Wille � Moral, d<strong>es</strong>to grÅÜer das GlÑck]<br />

- di<strong>es</strong><strong>es</strong> Gut<strong>es</strong> steht aber nicht ganz in unserer Macht, <strong>es</strong> ist b<strong>es</strong>chrÄnkt verfÇgbar<br />

- die bei<strong>de</strong>n GÑter sind voneinan<strong>de</strong>r abhÄnging: das Oberste ist notwendige Bedingung<br />

- = ohne Tugend kein GlÑck, aber mit Tugend notwendig GlÑck, <strong>de</strong>nn �<br />

- wir sind durch das Sitteng<strong>es</strong>etz auf das hÅchste Gut verpflichtet<br />

-� <strong>es</strong> muss mÅglich sein, di<strong>es</strong><strong>es</strong> zu erreichen, und zwar vollstÄndig<br />

- da wir selber nicht das GlÑck verfÑgen kÅnnen, muss <strong>Gott</strong> di<strong>es</strong><strong>es</strong> garantieren<br />

-� <strong>es</strong> ist notwendig, das Dasein <strong>Gott</strong><strong>es</strong> zu postulieren, sonst wÄre Moral wi<strong>de</strong>rsinnig<br />

12<br />

ANZENBACHER merkt in „EinfÖhrung in die Ethik“ bereits an, dass ein <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis so nicht funktioniert.<br />

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- = ohne <strong>Gott</strong> gÄbe <strong>es</strong> ein MiÜverhÄltnis zwischen Moral und GlÑck, <strong>Gott</strong> garantiert Sinnhaftigkeit<br />

- <strong>de</strong>r Beweis ist allerdings <strong>de</strong>fizient [und von KANT auch nicht als solcher verstan<strong>de</strong>n]<br />

- das Postulat <strong>de</strong>r Autonomie <strong>de</strong>r Moral verlangt, Regeln um <strong>de</strong>r Regel willen zu befolgen<br />

- <strong>es</strong> geht gera<strong>de</strong> nicht um ein Verdienst in irgen<strong>de</strong>iner Form, auch nicht vor <strong>Gott</strong><br />

- KANT selbst entwickelt ja die I<strong>de</strong>e von <strong>de</strong>r Autonomie, <strong>de</strong>r EigenstÄndigkeit <strong>de</strong>r Moral:<br />

- das Gute ist aus sich selbst heraus richtig und verschafft sich Geltung<br />

- moralisch wertvoll<strong>es</strong> Han<strong>de</strong>ln trachtet nicht nach Lob, Ta<strong>de</strong>l o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rem Lohn<br />

- gÅttliche Belohnung ist sinnlos, <strong>de</strong>nn Moral gibt <strong>es</strong> nur vor <strong>de</strong>m Risiko d<strong>es</strong> Scheiterns<br />

- Fehlinterpretation von LOICHINGER: <strong>de</strong>r Tapfere muss nicht notwendig glÑcklich sein<br />

- KANTS Ausgangspunkt ist Ausdruck einer Hoffnung und kein Beweis<br />

- menschliche Moral ist nicht [sic] auf <strong>Gott</strong> zurÑckzufÑhren o<strong>de</strong>r umgekehrt<br />

5. Ergebnis / Fazit<br />

- 2000 Jahre <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise haben <strong>de</strong>n Beweis nicht erbringen kÅnnen<br />

- dass ist jedoch kein Mangel, son<strong>de</strong>rn notwendige Folge d<strong>es</strong> W<strong>es</strong>ens d<strong>es</strong> Glaubens<br />

- die <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise waren aber Anregungen fÑr vielerlei Denkmo<strong>de</strong>lle:<br />

- empirische AnsÄtze (Kosmologie) und phÄnomenologische Betrachtungen (Teleologie)<br />

- das ontologische Argument fÄllt da etwas aus <strong>de</strong>m Rahmen, aber auch nicht ganz<br />

- heute ist klar, dass die Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> niemals schlÑssig beweisbar sein kann und wird [?]<br />

- als konkret gelebte RealitÄt darf Glaube gera<strong>de</strong>zu nicht bewi<strong>es</strong>en wer<strong>de</strong>n<br />

- sonst gÄbe <strong>es</strong> keine Freiheit mehr: <strong>de</strong>r Mensch soll seinen Glauben selbst durchtragen<br />

- Unsicherheit hat auch einen Sinn: sie sorgt fÑr die soteriologische Reife d<strong>es</strong> Menschen<br />

- <strong>Gott</strong> garantiert die Verantwortbarkeit d<strong>es</strong> Wagniss<strong>es</strong> – aber eben nicht mehr<br />

- ein neuer Ansatz ergibt sich bei nÄherer Betrachtung d<strong>es</strong> Kausalprinzips: <strong>es</strong> ist bewÄhrt<br />

- = <strong>es</strong> ist wahrscheinlich, dass <strong>es</strong> eine Ursache gibt, Beweise sind nicht mehr notwendig<br />

- Wahrscheinlichkeitsargumente, die mo<strong>de</strong>rne Anfor<strong>de</strong>rung an Theorien, reichen aus<br />

-� fÑr die Eingangsfrage nach <strong>de</strong>r VernÑnftigkeit d<strong>es</strong> Glaubens:<br />

- die Welt ist doppel<strong>de</strong>utig, <strong>es</strong> b<strong>es</strong>teht ein Patt zwischen Atheismus und <strong>Religion</strong><br />

- nur die Doppel<strong>de</strong>utigkeit ist eine realistische EinschÄtzung<br />

- und zugleich MÇglichkeitsbedingung d<strong>es</strong> Glaubens als Lebensentscheidung in Freiheit<br />

- das erste Vatikanum irrte in <strong>de</strong>r Lehre, die Welt verwi<strong>es</strong>e notwendig auf <strong>Gott</strong><br />

-� Optionen (�) fÑr eine Gegenwartstheologie<br />

- � Theologie muss Freiheit postulieren: <strong>Gott</strong> darf nicht erkannt wer<strong>de</strong>n kÇnnen<br />

- ich muss mich auf <strong>Gott</strong> hin entschei<strong>de</strong>n kÅnnen, Atheismus ist genauso berechtigt<br />

- in di<strong>es</strong>em Sinn leistete die Kritik <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise <strong>de</strong>r Theologie einen Dienst 13<br />

- ��Glaube als solcher ist im Gegenzug auch nicht falsifizierbar<br />

- als heilsrelevanter <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bezug ist er legitim, und di<strong>es</strong>e LegitimitÄt lÄsst sich belegen<br />

- [mit � bezeichnete Argumente sind solche vor <strong>de</strong>m Hintergrund religiÅser Erfahrung]<br />

13<br />

Das heiÜt, sie wi<strong>es</strong> <strong>de</strong>n Irrtum bezÑglich <strong>de</strong>r Notwendigkeit <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong><strong>es</strong>erkenntnis aus <strong>de</strong>r SchÅpfung nach.<br />

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III. Theodizee<br />

1. Problem<br />

(1) Logisch<strong>es</strong> Wi<strong>de</strong>rspruchsproblem<br />

- Grundi<strong>de</strong>e: Wenn <strong>es</strong> keine Verifikation d<strong>es</strong> Glaubens in <strong>de</strong>n <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweisen gibt,<br />

- gibt <strong>es</strong> vielleicht eine Falsifikation in „Gegenargumenten“ gegen <strong>de</strong>n Glauben<br />

- zunÄchst gibt <strong>es</strong> im Glauben das Problem ein<strong>es</strong> logischen Wi<strong>de</strong>rspruchs:<br />

- Kritik vor allem am teleologischen und kosmologischen <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis: aus di<strong>es</strong>en�<br />

P1 - <strong>es</strong> gibt einen vollkommenen, gÑtigen und allmÄchtigen <strong>Gott</strong> (�)<br />

P2A - Evolution bringt durch Selektion Leid mit sich<br />

P2B - (�) Leid und Tod wer<strong>de</strong>n [auch] tatsÄchlich empirisch erfahren<br />

P3 - ein allmÄchtiger <strong>Gott</strong> mÑsste das Leid abschaffen o<strong>de</strong>r die Erfahrung unterbin<strong>de</strong>n kÅnnen<br />

C -�� die Akzeptanz <strong>de</strong>r Evolutionstheorie wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>r Allmacht <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- = wenn <strong>es</strong> Leid gibt, kann <strong>es</strong> keinen (vollkommenen) <strong>Gott</strong> geben<br />

- gegen die Erfahrung von Leid (P2B) kann man sinnvoll nichts einwen<strong>de</strong>n<br />

- gegen die Existenz ein<strong>es</strong> vollkommenen <strong>Gott</strong><strong>es</strong> (P1+3) aber schon = atheistischer Ansatz<br />

- die Tatsache d<strong>es</strong> Öbels ist ein Wi<strong>de</strong>rspruch zur Annahme <strong>Gott</strong><strong>es</strong> [nach unserer Definition]<br />

- zunÄchst ist damit logisch konsistent [LOICHINGER] <strong>de</strong>r Glaube falsifiziert<br />

- zumind<strong>es</strong>t, wenn die Welt mit <strong>Gott</strong> ein Paradi<strong>es</strong> sein sollte und <strong>de</strong>r Mensch vollkommen gut<br />

- einzig logisch mÅgliche Antwort ist eine Neuformulierung di<strong>es</strong><strong>es</strong> Anspruch<strong>es</strong> = d<strong>es</strong> Glaubens<br />

- Atheisten empfin<strong>de</strong>n dabei das Paradi<strong>es</strong> nach Gen 2 als I<strong>de</strong>al und richtig [ist nicht so]<br />

- die theologische Antwort mit <strong>de</strong>r Reformulierung heiÜt Theodizee<br />

- aus Qeo,j und di,ke = <strong>Gott</strong> und Rechtfertigung, Gerechtigkeit<br />

- Aufgabe: Rechtfertigung <strong>Gott</strong><strong>es</strong> [o<strong>de</strong>r d<strong>es</strong> Glaubens] ang<strong>es</strong>ichts Leid und Öbel in <strong>de</strong>r Welt<br />

(2) Theologische Relevanz<br />

- die Situation <strong>de</strong>r Theologie [genauer: <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong>] ist die einer Defensive<br />

- <strong>es</strong> b<strong>es</strong>teht <strong>de</strong>r Anspruch, <strong>de</strong>n Glauben nach auÜen rational zu rechtfertigen<br />

- Existenz <strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nz ist nicht beweisbar, aber das Gegenargument schlagkrÄftig<br />

- kÅnnte man die Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> beweisen, wÄre die Frage nach <strong>de</strong>m Leid zweitrangig<br />

- <strong>Gott</strong> garantierte auch dann einen Sinn, wenn Leid Ñberhand nimmt = Relativierung d<strong>es</strong> Leids<br />

- <strong>es</strong> gibt di<strong>es</strong>e Relativierung nicht � Glaube muss an<strong>de</strong>rs gerechtfertigt wer<strong>de</strong>n; trotz<strong>de</strong>m<br />

2. Traditionelle Sicht<br />

- Ursprung d<strong>es</strong> BÅsen in <strong>de</strong>r Welt = SÑn<strong>de</strong>nfall � eine allgemeine Ver<strong>de</strong>rbtheit <strong>de</strong>r Welt<br />

- <strong>Gott</strong> schuf ursprÑnglich ein vollkommen<strong>es</strong> Paradi<strong>es</strong> ohne Krankheit, Leid, Öbel<br />

- das ontologische Heil-Sein wur<strong>de</strong> zerstÅrt durch das peccatum originale, <strong>de</strong>n SÑn<strong>de</strong>nfall<br />

- Mensch zerstÅrt willentlich <strong>de</strong>n Heilszustand und fÄllt als Strafe dafÑr aus ihm heraus<br />

-� Mensch ist Schuld an Leid und Öbel, <strong>es</strong> ist Strafe fÑr <strong>de</strong>n SÑn<strong>de</strong>nfall, „<strong>de</strong>r SÑn<strong>de</strong> Sold“<br />

-� <strong>Gott</strong> hat mit <strong>de</strong>m Leid nichts zu tun � Theodizee ist nicht notwendig<br />

- zunÄchst (in ihrer Zeit) war di<strong>es</strong>e ErklÄrung [intern] plausibel, <strong>de</strong>r Zustand <strong>de</strong>r Welt erklÄrt<br />

- auch die Schlechtigkeit d<strong>es</strong> Jetzt konnte durch die ErbsÑn<strong>de</strong>nlehre erklÄrt wer<strong>de</strong>n<br />

- <strong>de</strong>r Einspruch dagegen ergibt sich aus <strong>de</strong>r Frage, warum <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>n SÑn<strong>de</strong>nfall zulieÜ<br />

- traditionelle Sicht: was Christus gebracht hat [ErlÅsung] ist b<strong>es</strong>ser als das Paradi<strong>es</strong><br />

- <strong>de</strong>r Mensch konnte das Paradi<strong>es</strong> zerstÅren, das Heil <strong>de</strong>r Offenbarung Christi nicht<br />

- SÑn<strong>de</strong>nfall wird (im Exsultet) umge<strong>de</strong>utet zur felix culpa, MÅglichkeitsbedingung<br />

- di<strong>es</strong> ist Gedanke <strong>de</strong>r HeilsÅkonomie: di<strong>es</strong><strong>es</strong> Leben ist b<strong>es</strong>ser als das paradi<strong>es</strong>ische<br />

- im Hintergrund steht das Theologumenon vom Wert <strong>de</strong>r ErlÅsung [Postulat!]<br />

- mit <strong>de</strong>r ZerstÅrung d<strong>es</strong> klassischen Weltbild<strong>es</strong> funktioniert di<strong>es</strong>e Deutung nicht mehr<br />

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- auch die Kirche akzeptiert die Evolutionstheorie: <strong>Gott</strong> schuf kein Paradi<strong>es</strong><br />

v -� die Welt ist von Anfang an als leidvolle Welt g<strong>es</strong>chaffen<br />

- <strong>es</strong> gab schon vor <strong>de</strong>m Menschen Leid bei <strong>de</strong>n Tieren � er kann nicht schuld sein<br />

- an<strong>de</strong>rerseits gab <strong>es</strong> auch nie <strong>de</strong>n heiligen, absolut sÑndlosen Menschen<br />

-� mit <strong>de</strong>r Naturwissenschaft ist die traditionelle Rechtfertigung d<strong>es</strong> Glaubens zerstÅrt<br />

- zugleich setzt die mo<strong>de</strong>rne Theodizee genau bei di<strong>es</strong>er Sachlage an<br />

- aus <strong>de</strong>r Vielfalt <strong>de</strong>r LÅsungsansÄtze ist letztlich <strong>de</strong>r zu wÄhlen, <strong>de</strong>r am weit<strong>es</strong>ten fÑhrt<br />

3. Reductio in Mysterium – Theodizee als praktisch<strong>es</strong> Problem<br />

a) Die bei<strong>de</strong>n AnsÄtze: Ablehnung einer theoretischen ErklÄrung<br />

- Karl RAHNER: auf die Frage nach <strong>de</strong>m Leid gibt <strong>es</strong> nur fÑr <strong>Gott</strong>, nicht fÑr Menschen Antwort<br />

- fÑr <strong>de</strong>n Menschen ist <strong>es</strong> verm<strong>es</strong>sen und anmaÜend, von <strong>Gott</strong> Rechenschaft zu verlangen<br />

- auch das Leid gehÅrt zum mysterium salutis, zum ewigen Ratschluss d<strong>es</strong> Heils<br />

- di<strong>es</strong>e RatschlÑsse <strong>Gott</strong><strong>es</strong> sind <strong>de</strong>m Menschen immer unbegreiflich und Geheimnis<br />

- aus <strong>de</strong>r Unbegreiflichkeit d<strong>es</strong> Leids � die Unbegreiflichkeit <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

-� „Theologie d<strong>es</strong> Schweigens“, auch vertreten von W. PANNENBERG u. H. U. v. BALTHASAR<br />

- Johann Baptist METZ betreibt eine praktische Theodizee in <strong>de</strong>r „Theologie nach Auschwitz“<br />

- nach Auschwitz kann die Theologie nicht in ihrer Tradition bleiben<br />

- Theologie hat vor Auchwitz „versagt“, weil sie <strong>es</strong> nicht verhin<strong>de</strong>rn konnte<br />

- das ewige Argumentieren reicht nicht aus, um das Leid theoretisch erklÇren zu kànnen:<br />

- traditionell wird unterstellt, dass Leid fÖr eine „hàhere Heilsg<strong>es</strong>chichte“ relevant ist:<br />

-� <strong>Gott</strong> hat das Leid geplant und gewollt, <strong>es</strong> ist Episo<strong>de</strong> im gÅttlichen Heilsplan<br />

- genau di<strong>es</strong>e Vorstellung hÄlt METZ fÑr unertrÄglich, gegenÑber Betroffenen fÑr zynisch<br />

-� <strong>es</strong> kann in <strong>de</strong>r Theodizee nicht um „erklÇren“ und „verstehen“ gehen<br />

- statt d<strong>es</strong>sen geht <strong>es</strong> um BekÇmpfen, Betroffenheit und praktisch<strong>es</strong> Engagement<br />

- Leid hat <strong>de</strong>mnach keinen hÅheren, existentiell relevanten Sinn<br />

- was zÄhlt, ist Theologie mit praktischer Relevanz und leidverneinen<strong>de</strong>r Praxis<br />

b) Kritik<br />

- Frage nach „theoretischer ErklÄrung“ ist nicht, wie die Praktiker annehmen, falsch g<strong>es</strong>tellt<br />

- Theodizee-Problematik stellt sich auch schon im Kleinen, z. B. im Krankenhaus<br />

- und (auch schon) dort setzt je<strong>de</strong> geistliche Begleitung eine theoretische Antwort voraus<br />

- haltbare Position und eine verantwortbare Praxis implizieren theoretisch<strong>es</strong> VerstÄndnis<br />

- wenn Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> keine Vorstellung von ihren GrÑn<strong>de</strong>n haben � wissen sie nicht zu han<strong>de</strong>ln<br />

- Arbeit allein mit „Betroffenheit“ verkennt di<strong>es</strong>en Zusammenhang<br />

- <strong>es</strong> ist durchaus nicht verm<strong>es</strong>sen, <strong>Gott</strong> zur Rechenschaft zu ziehen [vgl. biblische Klage]<br />

- um die Frage nach <strong>de</strong>m Sinn d<strong>es</strong> Leids kommt <strong>de</strong>r Mensch nicht herum<br />

- durch Praxis allein kann Leid nicht gemeistert wer<strong>de</strong>n<br />

- Theologie d<strong>es</strong> Schweigens / reductio in mysterium be<strong>de</strong>utet VertrÅstung auf das Jenseits<br />

- solcher Glaube, <strong>de</strong>r Menschen in Schwierigkeiten allein lÄsst, hat keine Berechtigung<br />

-� di<strong>es</strong>e Argumentation kann vor <strong>de</strong>r atheistischen Anfrage nicht b<strong>es</strong>tehen<br />

- LOICHINGER hÄlt AnsÄtze von RAHNER und METZ fÖr eine „intellektuelle BankrotterklÇrung“<br />

- <strong>de</strong>m atheistischen Einwand kann nicht mit Schweigen begegnet wer<strong>de</strong>n<br />

- „ernsthafte“ Theologie muss mehr leisten: <strong>de</strong>n „logischen Wi<strong>de</strong>rspruch“ brechen<br />

- <strong>es</strong> muss màglich sein zu zeigen, dass d. Existenz von âbel keine Falsifikation d<strong>es</strong> Glaubens ist<br />

4. Proz<strong>es</strong>stheologie<br />

a) Argumente<br />

- als GrÑn<strong>de</strong>rvÄter <strong>de</strong>r Proz<strong>es</strong>sphilosophie gelten Bertrand RUSSEL und Alfred North WHITEHEAD<br />

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- ihre Grundth<strong>es</strong>e ist, dass in <strong>de</strong>n Geist<strong>es</strong>wissenschaften ein Defizit b<strong>es</strong>teht:<br />

- = evolutiv<strong>es</strong> Weltbild, dass das LebensgefÑhl stark verÄn<strong>de</strong>rt hat, ist nicht ausreichend bedacht<br />

- VerÄn<strong>de</strong>rung mÅsste Konsequenzen fÑr <strong>de</strong>n Menschen und das WeltverstÄndnis haben<br />

- die Folgen fÑr die Theologie zeigt GRIFFIN, in <strong>de</strong>m er DARWINs „<strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis“ kritisiert:<br />

- die Akzeptanz <strong>de</strong>r Evolutionstheorie wi<strong>de</strong>rspricht <strong>de</strong>r Allmacht <strong>Gott</strong><strong>es</strong>:<br />

- Evolution bringt durch Selektion Leid mit sich, dass ein allmÄchtiger <strong>Gott</strong> verhin<strong>de</strong>rn kÅnnte<br />

- wenn Mensch alleinig<strong>es</strong> SchÅpfungsziel ist, hÄtte die Ñbrige SchÅpfung keinen Sinn<br />

- � <strong>es</strong> kann aber nicht sein, dass all<strong>es</strong> auÑer <strong>de</strong>m Menschen nur „Mittel zum Zweck“ ist<br />

-� die Antwort <strong>de</strong>r Proz<strong>es</strong>stheologie war zunÄchst, die Allmacht <strong>Gott</strong><strong>es</strong> zu streichen<br />

- das Universum ist keine creatio ex nihilo, son<strong>de</strong>rn nur Ordnung vorhan<strong>de</strong>ner Materie<br />

- angelehnt an PLATONs Timmaios ergibt sich daraus Annahme ein<strong>es</strong> ontologischen Dualismus<br />

- <strong>Gott</strong> ist an materielle Strukturen gebun<strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>nen er schÅpfen kann<br />

- „Gut<strong>es</strong>“ ergibt sich erst als Ergebnis <strong>de</strong>r SchÅpfung, Materie in sich ist „bÅse“<br />

-� <strong>Gott</strong> ist nicht allmÄchtig, er kann Materie nur durch Öberredung zu hÅherem Ordnen<br />

- er selbst als das schlechthin Gute wird so zum „Retter“ o<strong>de</strong>r „Paten“ <strong>de</strong>r Welt<br />

b) Kritik<br />

- zunÄchst hat die Proz<strong>es</strong>stheologie einen hohen ErklÄrungswert, baut Evolution gut ein<br />

- <strong>de</strong>r lange, schmerzvolle Weg <strong>de</strong>r SchÅpfung ist erklÄrt, Evolution wird sinnvoll<br />

- das Universum ist nur als mÑhselig und leidvoll evolvierend<strong>es</strong> <strong>de</strong>nkbar<br />

- wenn <strong>de</strong>r Mensch das Ziel <strong>de</strong>r SchÅpfung ist, musste <strong>Gott</strong> di<strong>es</strong>en Weg gehen<br />

-� er ist fÑr das Leid nicht verantwortlich, nicht d<strong>es</strong>sen direkte Ursache<br />

- Leid ist ursÄchlich in <strong>de</strong>n selbst <strong>Gott</strong> noch vorausgehen<strong>de</strong>n Strukturen<br />

- aber die „Allmacht <strong>Gott</strong><strong>es</strong>“ ist eine Hypoth<strong>es</strong>e, die plausibel gemacht wer<strong>de</strong>n muss<br />

- schon das ontologische Argument zeigt, dass das <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bild nicht beliebig ist<br />

- „Transzen<strong>de</strong>nz <strong>Gott</strong><strong>es</strong>“ meint, dass <strong>Gott</strong> das allervollkommenste W<strong>es</strong>en ist<br />

- <strong>es</strong> geht auch tatsÄchlich ohne Proz<strong>es</strong>stheologie, und mit einem „verheiÜungsvollen <strong>Gott</strong>“<br />

5. Free-will-<strong>de</strong>fence – person-making Theodizee<br />

a) Argument: Free-will-<strong>de</strong>fence<br />

- das unverzichtbare Postulat mo<strong>de</strong>rner Theologie ist die absolute Freiheit d<strong>es</strong> Glaubens<br />

- <strong>Gott</strong> hat <strong>de</strong>n Menschen als frei<strong>es</strong> W<strong>es</strong>en g<strong>es</strong>chaffen, als personal<strong>es</strong> GegenÑber <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- nur freie Menschen kÅnnen eine Glaubensbeziehung eingehen = Verantwortung eingehen<br />

- = Robert SWINBURNEs Ansatz: echte Verantwortung = moralische Relevanz<br />

- moralische Relevanz gibt <strong>es</strong> nur vor <strong>de</strong>m Hintergrund d<strong>es</strong> BÅse-sein-kÅnnens<br />

- echte Verantwortung fÑr an<strong>de</strong>re schlieÜt die MÅglichkeit ein, ihnen zu scha<strong>de</strong>n<br />

- <strong>Gott</strong> hat <strong>de</strong>m Menschen Anteil an seiner schÅpferischen Gewalt gegeben, aber<br />

- die volle Macht, Gut<strong>es</strong> o<strong>de</strong>r Schlecht<strong>es</strong> zu tun = Allmacht hat <strong>Gott</strong> allein<br />

- <strong>de</strong>r Unterschied b<strong>es</strong>teht in <strong>de</strong>r „Reichweite“: die Wirkung <strong>de</strong>r Macht ist geringer<br />

- seine Abbil<strong>de</strong>r, wenn sie „MitschÅpfer“ sind, brauchen aber zumind<strong>es</strong>t die Freiheit<br />

- kÅnnte <strong>de</strong>r Mensch ausschlieÜlich Gut<strong>es</strong> tun, wÄre seine Verantwortung stark begrenzt<br />

- <strong>de</strong>r Mensch wÄre nur fÄhig, die Details d<strong>es</strong> Plans, <strong>de</strong>n <strong>Gott</strong> schon hat, auszufÑllen<br />

- er wÄre nicht „MitschÅpfer“, son<strong>de</strong>rn Handlanger <strong>Gott</strong><strong>es</strong> ohne echte Freiheit<br />

-� MÅglichkeit d<strong>es</strong> Menschen, groÜe Öbel zu tun, ist notwendige Bedingung seiner Aufgabe<br />

- = Verantwortung fÑr die SchÅpfung wahrzunehmen, MitschÅpfer sein<br />

-� Leid und <strong>Gott</strong> sind kein Wi<strong>de</strong>rspruch, son<strong>de</strong>rn Leid ist Bedingung <strong>de</strong>r SchÅpfung<br />

b) Kritik<br />

1. Einwand: Ist Leid (tatsÄchlich logisch) notwendige Bedingung <strong>de</strong>r Freiheit?<br />

- SWINBURNEs Mo<strong>de</strong>ll hÄlt ausdrÑcklich am klassischen <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bild als vernÑnftig f<strong>es</strong>t<br />

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- Ziel ist <strong>es</strong>, di<strong>es</strong><strong>es</strong> Bild mit <strong>de</strong>r Tatsache leidvoller Evolution „kompatibel“ zu machen<br />

- dazu soll <strong>de</strong>r scheinbare logische Wie<strong>de</strong>rspruch zwischen <strong>Gott</strong> und Leid aufgehoben wer<strong>de</strong>n<br />

- mÅglich<strong>es</strong> Gegenargument: <strong>Gott</strong> hÄtte einen freien, aber sÑndlosen Menschen schaffen kÅnnen<br />

- Argument ist nicht schlagkrÄftig, weil auch ein allmÄchtiger <strong>Gott</strong> <strong>es</strong> logisch nicht kann<br />

- echte menschliche Verantwortlichkeit = Freiheit impliziert, dass die Entscheidung echt ist<br />

- sonst wÄre <strong>de</strong>r Mensch eine zum guten <strong>de</strong>terminierte Maschine �<br />

2. Einwand: Warum greift <strong>Gott</strong> nicht im Falle d<strong>es</strong> MachtmiÉbrauchs ein?<br />

- g<strong>es</strong>ucht wird die ErklÄrung <strong>de</strong>r moralischen = vom Menschen verantworteten Öbel<br />

- das atheistische Argument: wenn <strong>Gott</strong> FahrlÄssigkeit zulÄsst, gibt <strong>es</strong> ihn nicht<br />

- � o<strong>de</strong>r: wenn <strong>es</strong> ihn gab als SchÅpfer, kÑmmert er sich nicht (mehr) um die SchÅpfung<br />

- das wÄre im Falle <strong>de</strong>r Allmacht soetwas wie „unterlassene Hilfeleistung“<br />

- <strong>de</strong>r Einwand ist voreilig, wie die Konsequenzen <strong>de</strong>r Annahme gÅttlicher Korrektur zeigen:<br />

- <strong>de</strong>r Mensch hÄtte dann Narreinfreiheit, aber keine Verantwortung<br />

- er kÅnnte sich nicht „die Finger verbrennen“, b<strong>es</strong>timme Erfahrungen nicht machen<br />

- die von <strong>Gott</strong> intendierte ethische Freiheit ist vollstÄndig � <strong>Gott</strong> enthÄlt sich<br />

3. Einwand: Warum gibt <strong>es</strong> keine b<strong>es</strong>seren Naturg<strong>es</strong>etze?<br />

- g<strong>es</strong>ucht wird die ErklÄrung <strong>de</strong>r natÅrlichen = nicht vom Menschen verantworteten Öbel<br />

- nur aufgrund <strong>de</strong>r Naturg<strong>es</strong>etze b<strong>es</strong>itzen wir ein Wahrscheinlichkeitswissen Ñber unser Han<strong>de</strong>ln<br />

- ohne PlanungsmÅglichkeiten kÅnnte <strong>de</strong>r Mensch nicht verantwortlich fÑr sein Han<strong>de</strong>ln sein<br />

- bei b<strong>es</strong>seren G<strong>es</strong>etzen gÄbe <strong>es</strong> keine Gefahren, <strong>de</strong>r Mensch kÅnnte nicht bÅse han<strong>de</strong>ln<br />

- ohne Gefahr und Schmerz wÄre wie<strong>de</strong>rum keine ethisch relevante Entscheidung mÅglich<br />

- Schattenseite <strong>de</strong>r Naturg<strong>es</strong>etze: ihre negativen Auswirkungen: Aber wozu das all<strong>es</strong>?�<br />

c) Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Free-will-<strong>de</strong>fence: person-making Theodizee<br />

ErklÄrung fÅr <strong>de</strong>n Sinn d<strong>es</strong> Leids; Welchen Sinn hat das Leid genau?<br />

- = die Frage nach <strong>de</strong>m vermuteten SchÅpfungsziel <strong>Gott</strong><strong>es</strong> = person-making theodizee<br />

-�<strong>de</strong>r Sinn d<strong>es</strong> Leids liegt im Erhalt <strong>de</strong>r Freiheit zum soteriologischen Reifeproz<strong>es</strong>s<br />

- John HICK bezeichnet Leid als <strong>de</strong>n „Preis <strong>de</strong>r Menschwerdung“<br />

- nur durch die „HÇrten d<strong>es</strong> Lebens“ kann <strong>de</strong>r Mensch das „Reich <strong>Gott</strong><strong>es</strong>“ erreichen<br />

- im Paradi<strong>es</strong> wÇre <strong>de</strong>r Mensch faul, wÖr<strong>de</strong> die von <strong>Gott</strong> intendierte Reife nicht anstreben:<br />

- das Bàse wÇre keine Herausfor<strong>de</strong>rung, keine anstrengen<strong>de</strong> Entscheidung wÇre nàtig<br />

- b<strong>es</strong>timmte hàhere (ethische, spirituelle) Werte setzen Lei<strong>de</strong>rfahrung voraus<br />

-� je mehr <strong>de</strong>r Mensch gut o<strong>de</strong>r bÅse sein kann, d<strong>es</strong>to grÅÜer ist seine Verantwortung:<br />

-� nur in einer freien Welt sind auch die „Hàhepunkte <strong>de</strong>r Liebe“ / ist Liebe màglich<br />

- o<strong>de</strong>r Verzeihung: ist nur màglich, wo <strong>es</strong> auch Schuld gibt<br />

- das ist ein logisch notwendiger Zusammenhang �<br />

- person-making Theodizee erklÄrt alle erfahrbaren Öbel mit notwendiger Willensfreiheit =<br />

Der soteriologische Reifeproz<strong>es</strong>s<br />

- John HICK: Grundth<strong>es</strong>e = unser Leben auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ist nur Episo<strong>de</strong> in einem langen Proz<strong>es</strong>s<br />

- das Ziel d<strong>es</strong> Proz<strong>es</strong>s<strong>es</strong> ist die Vollkommenheit d<strong>es</strong> „personalen spirituellen Lebens“<br />

- <strong>de</strong>r Mensch muss di<strong>es</strong><strong>es</strong> Ziel aber selbst = in Freiheit erreichen kÅnnen<br />

- dabei entsteht Leid / Öbel, dass nur gegenÑber <strong>de</strong>m Ziel d<strong>es</strong> Proz<strong>es</strong>s<strong>es</strong> klein erscheint<br />

- fÑr HICK wird das Leid von <strong>de</strong>r GrÅÜe d<strong>es</strong> Ziel<strong>es</strong> „imago <strong>de</strong>i“ her gerechtfertigt<br />

- di<strong>es</strong>er Proz<strong>es</strong>s insg<strong>es</strong>amt ist die Schàpfung, die in zwei groÑen, getrennten Stufen erfolgt:<br />

- 1. <strong>de</strong>r lange EvolutionsprozeÑ: Ergebnis ist <strong>de</strong>r intelligente, soziale, transzen<strong>de</strong>nzoffene Mensch<br />

- <strong>de</strong>r Mensch ist unvollkommen, damit er in màglichst groÑer Distanz zu <strong>Gott</strong> steht<br />

- = damit er <strong>Gott</strong> nicht unmittelbar / sicher erkennt 1 , son<strong>de</strong>rn wirklich frei ist<br />

1<br />

HICK spricht von epistemischer, also erkenntnismÄÜiger, Distanz.<br />

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- di<strong>es</strong>e Freiheit bezeichnet ist IRENåUS von Lyon zufolge bloÜe <strong>Gott</strong>ebenbildlichkeit<br />

- aber di<strong>es</strong>e Freiheit / <strong>Gott</strong>ebenbildlichkeit ist MÅglichkeitsbedingung fÑr<br />

- 2. <strong>de</strong>n Weg zur aus eigener Kraft / Freiheit erreichten Vollkommenheit, <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong>Ähnlichkeit<br />

- <strong>de</strong>r Mensch ist nun g<strong>es</strong>chaffen, intelligent, transzen<strong>de</strong>nzoffen etc.<br />

-� wir haben die zweite Stufe <strong>de</strong>r Schàpfung schon erreicht, sind „auf <strong>de</strong>m Weg“<br />

- einerseits ist <strong>de</strong>r Mensch „irdisch<strong>es</strong> W<strong>es</strong>en“ = auf Selbsterhaltung programmiert<br />

- = ethisch / kantisch wÖr<strong>de</strong> man formulieren: durch Neigungen b<strong>es</strong>timmt<br />

- = <strong>de</strong>r Mensch ist noch moralisch und spirituell unreif, er muss sich eben entwickeln<br />

- HICK verschÄrft: notwendige Folge di<strong>es</strong>er Selbstzentriertheit ist das BÅse<br />

- an<strong>de</strong>rerseits ist <strong>de</strong>r Mensch das W<strong>es</strong>en <strong>de</strong>r Selbsttranszen<strong>de</strong>nz [RAHNER-Paradigma]<br />

- = er ist offen fÑr die gÅttliche Transzen<strong>de</strong>nz, kann darauf reagieren<br />

- di<strong>es</strong>e Reaktion ist die Aktualisierung ein<strong>es</strong> „hÅheren menschlichen Potential<strong>es</strong>“<br />

-� nur unsere leidvolle Welt bietet Voraussetzungen zu scheitern, damit fÑr Aktualisierung:<br />

| - Paradi<strong>es</strong> ohne Leid / Schmerz wÑr<strong>de</strong> das freie Erreichen <strong>de</strong>r Menschlichkeit verhin<strong>de</strong>rn<br />

(Wh.) | - = volle menschliche Reife in Freiheit = soteriologische Reife ist nur vor echter Verantwortung mÅglich<br />

| - moralisch relevante Verantwortung ist nur bei echter Entscheidung gegeben<br />

| - schlussendlich entfiele mit <strong>de</strong>r Freiheit nicht nur das BÅse, son<strong>de</strong>rn auch die Liebe<br />

d) Kritik<br />

1. Einwand: Wird das Leid damit nicht verherrlicht?<br />

- ErklÄrung und Legitimation fÑr Leid ist nach di<strong>es</strong>em Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r soteriologische Wert<br />

- das lÄsst sich ins Zynische verlÄngern: VerstÄrken von Leid verstÄrkt <strong>de</strong>n ProzeÜ<br />

-�<strong>es</strong> geht aber nicht um die Suche nach Leid, son<strong>de</strong>rn um die Màglichkeitsbedingung „Leid“<br />

- = <strong>de</strong>r Einwand verfehlt <strong>de</strong>n Kern <strong>de</strong>r Argumentation, <strong>es</strong> geht um etwas an<strong>de</strong>r<strong>es</strong><br />

2. Einwand: Was ist mit <strong>de</strong>m AusmaÉ d<strong>es</strong> Leids und dysfunktionalem Leid?<br />

- das AusmaÜ d<strong>es</strong> Leid<strong>es</strong> ist zu groÜ, um <strong>de</strong>n leidvollen Proz<strong>es</strong>s noch zu rechtfertigen<br />

- das Leid in <strong>de</strong>r Welt steht nicht mehr in einem vernÑnftigen VerhÄltnis zur Reifeleistung<br />

-� atheistischer Einwand: <strong>es</strong> kÅnnte auch mit weniger Leid gehen?<br />

- � di<strong>es</strong>e Welt ist aber noch nicht die mit <strong>de</strong>m hÅchstmÅglich vorstellbaren Leid<br />

- <strong>es</strong> gibt kein ewig<strong>es</strong> Leid, davor steht die Sicherheitsschranke d<strong>es</strong> Tod<strong>es</strong><br />

- = <strong>es</strong> ist ein noch grÅÜer<strong>es</strong> Leid vorstellbar, dass dann gegen <strong>Gott</strong> sprÄche (<strong>Gott</strong> begrenzt)<br />

- = Rechtfertigungshorizont muss Ñber di<strong>es</strong>e Welt hinausgehen, um das MaÜ zu halten<br />

- hier klinkt sich person-making Theodizee wie<strong>de</strong>r in die Proz<strong>es</strong>s-I<strong>de</strong>e ein:<br />

- Er<strong>de</strong>nleben ist nur eine (kleine) Episo<strong>de</strong>, das Ziel d<strong>es</strong> Proz<strong>es</strong>s<strong>es</strong> liegt im Eschaton<br />

- = die vollstÄndige Reife d<strong>es</strong> Menschen wird erst im Reich <strong>Gott</strong><strong>es</strong> erreicht wer<strong>de</strong>n<br />

- Hauptproblem ist aber die Existenz dysfunktionalen Leids: <strong>de</strong>r Proz<strong>es</strong>s fin<strong>de</strong>t nicht statt<br />

- insb<strong>es</strong>on<strong>de</strong>re bei persÅnlichkeitszerstÅren<strong>de</strong>m Leid� „menschliche Wracks“, „Monster“<br />

- dann ist die Welt eine gigantische Fehlkonstruktion, die ihr Ziel nicht erreicht<br />

- hierunter fÇllt auch die Problematik d<strong>es</strong> Leids <strong>de</strong>r Tiere; Todkrankheit; Unfall etc.<br />

- ohne di<strong>es</strong><strong>es</strong> Leid gÇbe <strong>es</strong> aber auch kein Motiv, dagegen vorzugehen; kein Mitleid; und:<br />

6. Ergebnis<br />

- person-making Theodizee funktioniert ausschlieÜlich unter Hinzunahme <strong>de</strong>r Eschatologie<br />

- nur in einem Leben nach <strong>de</strong>m Tod kann sich ungerecht<strong>es</strong> Leid als sinnvoll erweisen<br />

-� Theodizee ist nie ganz lÅsbar, ernsthafte Theodizee darf das auch nicht behaupten<br />

- b<strong>es</strong>timmte EinwÄn<strong>de</strong> kann sie nicht lÅsen (wollen); nur <strong>de</strong>r logische Wi<strong>de</strong>rspruch ist zu brechen<br />

- und das ist gelungen: Leid ist nicht zu erklÄren, aber <strong>es</strong> falsifiziert nicht <strong>de</strong>n <strong>Gott</strong><strong>es</strong>glauben<br />

- im Gegenteil, nur mit Hilfe d<strong>es</strong> Glaubens lassen sich Leid und Öbel bewÄltigen<br />

- Argumente <strong>de</strong>r Theodizee sind MÅglichkeitsbedingung fÑr die rationale Rechtfertigung<br />

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IV. Die reduktionistisch-funktionale <strong>Religion</strong>skritik<br />

1. Problemstellung („Programm“)<br />

- <strong>es</strong> geht nicht um „Kritik“ im mo<strong>de</strong>rnen Sinn d<strong>es</strong> Wort<strong>es</strong>, son<strong>de</strong>rn um eine Diskussion<br />

- aus verschie<strong>de</strong>nen Disziplinen kommen im 19. / 20. Jahrhun<strong>de</strong>rt berechtigte Anfragen<br />

- allen Positionen gemeinsamer Ausgangspunkt ist die Th<strong>es</strong>e: „Es gibt keinen <strong>Gott</strong>“<br />

- = <strong>Gott</strong><strong>es</strong>glaube wird fÑr nachweislich falsch gehalten<br />

- Argumente sind <strong>de</strong>r misslungene <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis und die Theodizee-Frage<br />

- bei di<strong>es</strong>er Grundposition gibt <strong>es</strong> aber ErklÄrungsbedarf: viele Menschen glauben trotz<strong>de</strong>m<br />

- auch und gera<strong>de</strong> Intellektuelle, <strong>de</strong>ren BegrÑndung dafÑr ohne <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise fraglich ist<br />

-� selbstg<strong>es</strong>tellte Aufgabe <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong>skritiker ist die ErklÄrung di<strong>es</strong><strong>es</strong> PhÄnomens<br />

- das Grundkonzept ist in allen Varianten gleich, <strong>es</strong> wird in zwei Schemata ausgefaltet:<br />

- 1. genetisch-reduktionistisch<strong>es</strong> Motiv: RÑckfÑhrung = Reduktion auf unreligiÅse ErklÄrung<br />

- <strong>Religion</strong> nicht durch <strong>Gott</strong> verursacht, son<strong>de</strong>rn wird auf eine natÇrliche Ursache reduziert<br />

- Varianten: vor allem NIETZSCHE [genetisch] und FREUD [biologistisch]<br />

- das Motiv ist schon Älter, schon mit <strong>de</strong>r Philosophie „mitgeboren“ bei XENOPHANES:<br />

- Mensch macht sich ein Bild von <strong>Gott</strong> nach sich = Mensch schafft <strong>Gott</strong> nach seinem Abbild<br />

- verschie<strong>de</strong>ne <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bil<strong>de</strong>r sind dann Ergebnis verschie<strong>de</strong>r Kulturkreise<br />

- 2. funktionalistisch<strong>es</strong> Motiv: <strong>Religion</strong> erfÑllt immer eine b<strong>es</strong>timmte, negative Funktion<br />

- = <strong>Religion</strong> ist immer dysfunktional und damit menschenverachtend und schÄdlich<br />

-� Positionen – FEUERBACH, MARX, Psychobiologie – sind polemisch und verÄchtlich<br />

- <strong>Religion</strong> wird in <strong>de</strong>r Sinnspitze als Selbstentfremdung d<strong>es</strong> Menschen verstan<strong>de</strong>n<br />

-� Motivation und Aufgabe: wahre Funktion <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> klÄren, Selbstentfremdung aufheben<br />

2. Varianten <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong>skritik<br />

1. Ludwig FEUERBACH: <strong>Religion</strong> als „Projektion“<br />

- FEUERBACH formuliert als erster die Weltanschauung d<strong>es</strong> philosophischen Atheismus<br />

- sein grundlegend<strong>es</strong> Menschenbild ist sehr human und positiv<br />

- nÄher b<strong>es</strong>ehen wird <strong>de</strong>utlich, dass „<strong>Gott</strong>“ eine Selbstprojektion d<strong>es</strong> Menschen ist:<br />

- was als „<strong>Gott</strong><strong>es</strong>erkenntnis“ verstan<strong>de</strong>n wird, ist eigentlich Selbsterkenntnis d<strong>es</strong> Menschen<br />

- das bemerkt <strong>de</strong>r Mensch aber nicht, und kehrt die so erkannten VerhÄltnisse nach auÜen<br />

- = er projeziert sich, sein W<strong>es</strong>en, sein „Inner<strong>es</strong>“ nach auÜen und vergÅttlicht <strong>es</strong><br />

-� aus <strong>de</strong>m <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bild lÄsst sich auf das W<strong>es</strong>en d<strong>es</strong> Menschen schlieÜen und umgekehrt 1<br />

- die <strong>Gott</strong><strong>es</strong><strong>de</strong>finiton ist stereotyp = nichtssagend, formelhaft<br />

-� (christliche) „<strong>Religion</strong>“ ist das VerhÇltnis d<strong>es</strong> Menschen zu sich selbst<br />

- <strong>de</strong>r Mensch erkennt sich nicht (wie<strong>de</strong>r), son<strong>de</strong>rn verÄuÜert sein Inner<strong>es</strong>, distanziert <strong>es</strong> 2<br />

- = Mensch tut so, als sei sein W<strong>es</strong>en nicht sein eigen<strong>es</strong>, son<strong>de</strong>rn von ihm verschie<strong>de</strong>n<br />

- = er entfrem<strong>de</strong>t sich von sich selbst, schiebt sein W<strong>es</strong>en als <strong>Gott</strong> von sich weg<br />

- dazu verehrt er di<strong>es</strong>en <strong>Gott</strong> u. vergegenstÄndlicht darin all<strong>es</strong>, was eigentlich ihm selbst zusteht<br />

- = seine Gattungsi<strong>de</strong>ale, die edlen Eigenschaften d<strong>es</strong> Menschen, menschliche Werte �<br />

- alle di<strong>es</strong>e VorgÄnge sind <strong>de</strong>m Menschen nicht bewusst: <strong>Religion</strong> ist indirekt<strong>es</strong> Selbstbewusstsein<br />

- = bevor <strong>de</strong>r Mensch wirklich sich selbst bewusst wird, veranstaltet er d. Eigenprojektion<br />

- <strong>Religion</strong> als „erst<strong>es</strong> Selbstbewusstsein“ ist eine Vorstufe menschlicher Selbsterkenntnis<br />

-� Aufgabe fÑr FEUERBACH: nachweisen, dass <strong>Gott</strong> und Mensch kein Gegensatz sind<br />

- = Nachweisen, dass <strong>Gott</strong><strong>es</strong>erkenntnis Selbsterkenntnis ist u. damit Selbstbewusstsein erreichen<br />

� - BegrÑndung: alle Kulturen verwirklichen das menschliche I<strong>de</strong>al nur bruchstÑckhaft<br />

- <strong>Gott</strong> ist ein „Wunschtraum-I<strong>de</strong>al“, <strong>de</strong>r Mensch muss die Werte verwirklichen<br />

1<br />

Di<strong>es</strong><strong>es</strong> Argument bringt Ähnlich, aber nicht gleich, auch KUTSCHERA mit <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> als PlausibilitÄtsrahmen.<br />

2<br />

Die Existentialisten sprÄchen vm uneigentlichen VerhÄltnis d<strong>es</strong> Menschen zu sich selbst.<br />

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- <strong>de</strong>r Mensch muss lernen, seine Werte nicht an einen jenseitigen <strong>Gott</strong> zu verÄuÜern<br />

- gleichzeitig wird damit <strong>de</strong>r Gegenstand <strong>de</strong>r (christlichen) <strong>Religion</strong> relativiert<br />

2. Karl MARX: <strong>Religion</strong> als Kompensation<br />

- MARX greift FEUERBACH auf („die Kritik <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> ist geleistet“)<br />

-� MARX’ eigene Position zur <strong>Religion</strong>skritik fÇllt sehr knapp aus<br />

- <strong>de</strong>r Mensch wird maÑgeblich von seiner Umwelt = Staat und G<strong>es</strong>ellschaft b<strong>es</strong>timmt<br />

- = von <strong>de</strong>r soziokulturellen Basis, zunÄchst einem Zustand „wirklichen Elends“<br />

- aus di<strong>es</strong>en r<strong>es</strong>ultiert zunÄchst sein Gewissen [<strong>de</strong>r Öberbau], aber auch gleichzeitig �<br />

- weil di<strong>es</strong>er Grundzustand elend und Jammertal ist � nÅtige Illusionen zur BewÄltigung<br />

- MARX’ Menschenbild ist eher negativ, auch / weil die menschliche Situation schlecht ist<br />

- die Illusionen sind die <strong>Religion</strong> = das „verkehrte Weltbewusstsein“ = Reflex auf die Basis<br />

- Illusion <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> ist gleichsam ein Schutzmechanismus gegen die Welt, ein Ventil<br />

- MARX spricht vom „Opium d<strong>es</strong> Volk<strong>es</strong>“, weil <strong>Religion</strong> Menschen Öber ihren Zustand beruhigt 3<br />

- = „das Volk“ (<strong>de</strong>r Mensch) trÅstet sich Ñber b<strong>es</strong>tehen<strong>de</strong> Ungerechtigkeiten hinweg<br />

-� (=) die Funktion <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> Schutz vor Selbsterkenntnis<br />

- „Opium“ ist aber doppelt gemeint: <strong>es</strong> wird auch von <strong>de</strong>n Herrschen<strong>de</strong>n verabreicht<br />

-� <strong>Religion</strong> kompensiert die g<strong>es</strong>ellschaftlich falschen ProduktionsverhÄltnisse<br />

- damit <strong>de</strong>r Mensch in di<strong>es</strong>er Ungerechtigkeit leben kann<br />

- <strong>Religion</strong> hÄlt <strong>de</strong>n Menschen sogar bewusst in di<strong>es</strong>em Zustand<br />

- damit entfrem<strong>de</strong>t sie <strong>de</strong>n Menschen von seinem eigentlichem Weg, seiner Aufgabe<br />

-� damit <strong>de</strong>r Mensch wirklich glÑcklich wer<strong>de</strong>n kann, muss die Illusion b<strong>es</strong>eitigt wer<strong>de</strong>n<br />

- statt mit <strong>de</strong>r „Wahrheit d<strong>es</strong> Jenseits“ muss <strong>de</strong>r Mensch sich um das Di<strong>es</strong>seits kÑmmern<br />

- er soll nicht <strong>de</strong>n „Trost <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong>“ suchen, die ihn in <strong>de</strong>r falschen G<strong>es</strong>ellschaft hÄlt<br />

- dazu braucht er die Philosophie, die ihm die religiÅse Selbstentfremdung vorfÑhrt<br />

- wenn das g<strong>es</strong>chehen ist, kann statt d<strong>es</strong> „Himmels“ Ñber die Welt nachgedacht wer<strong>de</strong>n<br />

- die MARXsche Revolution wird die <strong>Religion</strong> b<strong>es</strong>eitigen<br />

- das Bild d<strong>es</strong> Wan<strong>de</strong>ls / <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r G<strong>es</strong>chichte hat MARX von HEGEL Ñbernommen<br />

3. Friedrich NIETZSCHE: <strong>Religion</strong> als Lebensverneinung<br />

Philosophische Einordnung und Grundgedanken<br />

- die Position NIETZSCHES ist nicht vollstÄndig und systematisch, er ist eher Aphoristiker<br />

- NIETZSCHE zerstÅrt bewusst die g<strong>es</strong>amte klassische Metaphysik<br />

- alle vor ihm gedachten Positionen wer<strong>de</strong>n von ihm verworfen, auch die <strong>Religion</strong><br />

- im GefÄlle FEUERBACH�MARX� NIETZSCHE steht sein Ansatz ganz unten:<br />

- humanistischer Atheismus � (historischer) Materialismus � Nihilismus<br />

- Ziel seiner Öberlegungen ist die Utopie d<strong>es</strong> ábermenschen<br />

- nach <strong>de</strong>r B<strong>es</strong>eitigung aller Werte und Normen ist <strong>de</strong>r Mensch nur sich selbst verpflichtet<br />

- <strong>es</strong> gibt kein objektiv<strong>es</strong> MaÜ mehr, keinen <strong>Gott</strong> � <strong>es</strong> ist egal, wie <strong>de</strong>r Mensch lebt<br />

- vor allem <strong>de</strong>r Nationalsozialismus hat sich di<strong>es</strong>e Philosophie sehr zu eigen gemacht<br />

Der Weg zum Ñbermenschen: NIETZSCHEs G<strong>es</strong>chichtsphilosophie<br />

- im G<strong>es</strong>chichtsbild Friedrich NIETZSCHEs lassen sich drei [v] Epochen unterschei<strong>de</strong>n:<br />

- di<strong>es</strong>en Epochen wer<strong>de</strong>n die Bil<strong>de</strong>r von LÅwe, Kamel und Kind zugeordnet<br />

- und ge<strong>de</strong>utet als Symbole fÑr Abschnitte <strong>de</strong>r (europÄischen) Geist<strong>es</strong>g<strong>es</strong>chichte<br />

- 0.: Dominanz <strong>de</strong>r natÑrlichen Wertordnung o<strong>de</strong>r „prÄhistorische“ Epoche <strong>de</strong>r Herrenmoral 4<br />

- in Europa in etwa die griechisch-rÅmische Zeit, <strong>de</strong>nn dort gilt die „vornehme Moral“<br />

- NIETZSCHE macht das am „Dionysischen“, „Tragischen“ und an <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> f<strong>es</strong>t<br />

3<br />

Das geht ein wenig in Richtung d<strong>es</strong> Vorwurfs, das Christentum vertrÇste <strong>de</strong>n Menschen auf das Jenseits.<br />

4<br />

Mit „prÇhistorisch“ meine ich hier, dass di<strong>es</strong>e Epoche noch nicht zur Dynamik hin zum âbermenschen gehàrt.<br />

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- allerdings wÄhrt di<strong>es</strong>e Epoche nur kurz und gehÅrt noch nicht zum „Dreistufenschema“<br />

- 1. Kamel: <strong>de</strong>r Sklavenaufstand in <strong>de</strong>r Moral und <strong>de</strong>r Sieg <strong>de</strong>r reaktiven KrÄfte<br />

- die reaktiven KrÄfte b<strong>es</strong>iegen die natÑrliche Wertordnung und <strong>de</strong>ren Kultur<br />

- das R<strong>es</strong>sentiment richtet seine Hinterwelten ein, mit <strong>Gott</strong> als „SchluÑstein“<br />

-� <strong>de</strong>r Mensch wird zum Kamel, das alle vorgegebenen Werte wie Lasten schultert<br />

- eigentlich ist das nicht negativ: <strong>de</strong>r Mensch wird von <strong>de</strong>r Kultur getragen<br />

- Kultur und <strong>Religion</strong> sind ja das PlausibilitÄtsgefÑge von Inter- und Externalisierung<br />

- das Nicht-hinterfragen be<strong>de</strong>utet aber AutoritÄtshÅrigkeit und Knechtschaft d<strong>es</strong> Geist<strong>es</strong><br />

- Moral <strong>de</strong>r Schwachen will die Starken einschÑchtern, ein schlecht<strong>es</strong> Gewissen machen<br />

- das „dionysische Element“ <strong>de</strong>r Philosophie wir durch das apollinische verdrÄngt<br />

- 2. LÅwe: NIETZSCHEs Epoche: fÑr <strong>de</strong>n reaktiven Willen gibt <strong>es</strong> keine „Wie<strong>de</strong>rkehr d<strong>es</strong> Gleichen“<br />

- <strong>es</strong> ist die Zeit d<strong>es</strong> d<strong>es</strong>truktiven Nihilismus und zentral ist <strong>de</strong>r Tod <strong>Gott</strong><strong>es</strong>:<br />

- = die ZerstÅrung d<strong>es</strong> SchluÜsteins <strong>de</strong>r Hinterwelt, die die R<strong>es</strong>sentiment-Kultur trÄgt<br />

- Geist lÄsst sich nicht mehr aufhalten, wird zum LÅwen, <strong>de</strong>r die alten Werte abschafft<br />

- <strong>de</strong>r Geist „stellt sich auf sich selbst“ und ist zunehmend nicht mehr gebun<strong>de</strong>n<br />

-� damit beginnt Situation vÅlliger Perspektivlosigkeit, nichts ist mehr verbindlich<br />

- <strong>es</strong> gibt keine ewigen GÑltigkeiten mehr, nichts, was von auÜen verbindlich wird<br />

- = eben auch keinen <strong>Gott</strong>: di<strong>es</strong>er ist tot / getÅtet und die <strong>Religion</strong> Ñberwun<strong>de</strong>n<br />

- zu En<strong>de</strong> ist <strong>de</strong>r ProzeÜ erst, wenn die R<strong>es</strong>sentiment-Kultur sich selbst vÅllig zerstÅrt hat<br />

- <strong>es</strong> kann nicht an<strong>de</strong>rs kommen, <strong>de</strong>r Proz<strong>es</strong>s ist notwendig [reaktive KrÄfte etc.]<br />

- mit <strong>Gott</strong> hat <strong>de</strong>r Mensch auch <strong>de</strong>n letzten Sinn zerstÅrt � die allgemeine Sinnfrage<br />

- <strong>es</strong> entsteht ein nihilistischer Leerraum, <strong>de</strong>r nun neu gefÑllt wer<strong>de</strong>n muss �<br />

- 3. Kind: die Phase <strong>de</strong>r Autonomie: Bejahung d<strong>es</strong> Lebens durch <strong>de</strong>n Willen, Selbstbejahung<br />

- Öbermensch nach <strong>de</strong>r groÜen Wen<strong>de</strong> ist autonom wie ein Kind, das sich selbst schafft<br />

- = Mensch kann frei seine Werte entwerfen, so, wie er sie will, ohne je<strong>de</strong> Verpflichtung<br />

- <strong>de</strong>r Mensch schafft sich das, woran er nicht mehr glaubt, selbst = aktiver Nihilismus<br />

- das ist die „Umwertung aller Werte“ nach subjektivem, uneing<strong>es</strong>chrÄnktem MaÜ<br />

- Öbermensch muss aber wollen, was er immer wie<strong>de</strong>r wollen kann, ist <strong>de</strong>m Wollen verpflichtet<br />

- nur di<strong>es</strong>er Öbermensch ist <strong>de</strong>r wahre freie Mensch, er kann nur ohne <strong>Gott</strong> leben<br />

- Tod <strong>Gott</strong><strong>es</strong> wÄre aber (noch) zu groÜ fÑr <strong>de</strong>n Menschen, er kÅnnte die Kindphase nicht leben<br />

4. Sigmund FREUD: <strong>Religion</strong> als kollektive Zwangsneurose<br />

- Vorannahme: <strong>Religion</strong> und Kultur sind bei FREUD negative EpiphÄnomene d<strong>es</strong> Selbst<br />

- FREUD kennt zwei ArgumentationsstrÄnge: A: kollektive Zwangsneurose und B: infantile Illusion<br />

- A: Anfang ist die Ermordung d<strong>es</strong> Urvaters <strong>de</strong>r Urhor<strong>de</strong> gemÄÜ <strong>de</strong>m çdipus-Komplex<br />

-� die Urhor<strong>de</strong> will SÑhne leisten � <strong>Religion</strong>; nach LOICHINGER schlicht unplausibel<br />

- B: <strong>de</strong>r Mensch ist in sich zunÄchst faul, seine Triebe sind nicht rational steuerbar und asozial<br />

-� zu Kultur muss Mensch gezwungen wer<strong>de</strong>n = negativ<strong>es</strong> Menschenbild<br />

- di<strong>es</strong>er Zwang be<strong>de</strong>utet w<strong>es</strong>entlich einen Triebverzicht, <strong>de</strong>r Menschen auferlegt wird<br />

-� kulturellen / moralischen Vorstellungen muss eine „innere Kraft“ eigen sein<br />

- di<strong>es</strong>e bin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Kraft ist Ergebnis <strong>de</strong>r Gen<strong>es</strong>e irrationaler Vorstellungen = die <strong>Religion</strong><br />

- Mensch hat in sich alte, starke, dringen<strong>de</strong> WÑnsche (Triebe), die unbefriedigt bleiben<br />

- <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Triebverzicht for<strong>de</strong>rt di<strong>es</strong>; ohne EntschÄdigung wird di<strong>es</strong> aber pathologisch<br />

-� <strong>es</strong> braucht Illusionen, um sie zu befriedigen = di<strong>es</strong>e Illusionen bietet die <strong>Religion</strong><br />

- grundsÄtzlich wÄre <strong>es</strong> FREUD recht, wenn di<strong>es</strong>e Illusionen wahr wÇren, „<strong>es</strong> wÇre schàn“<br />

- aber die passen zu gut und mÑssen als Illusion auch erkannt und b<strong>es</strong>eitigt wer<strong>de</strong>n<br />

- <strong>Religion</strong> ist eine krankhafte Form von KonfliktbewÄltigung, reduziert auf WunscherfÑllung<br />

- die Illusion lenkt <strong>de</strong>n Menschen auch von seiner eigentlichen Aufgabe auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> ab<br />

- = fÑr sein Auskommen zu sorgen, das Leben auf di<strong>es</strong>er Er<strong>de</strong> ertrÄglicher zu machen<br />

- <strong>de</strong>r Mensch weicht wie ein Kind <strong>de</strong>r Wirklichkeit aus � infantile Illusion<br />

- Therapievorschlag: Mensch muss erwachsen wer<strong>de</strong>n und sich <strong>de</strong>r RealitÄt stellen<br />

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- religiÅse Selbstentfremdung muss been<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r Mensch aus d. Zentrum gerÑckt wer<strong>de</strong>n<br />

- das ist die Aufgabe und Leistung <strong>de</strong>r Wissenschaft � FREUD appeliert an Rationalismus<br />

5. Mo<strong>de</strong>rne Psycho-Biologie: <strong>Religion</strong> als Öberlebensstrategie<br />

- <strong>Religion</strong> ist eine Öberlebensstrategie in BedrÄngnis geratener Organismen<br />

- genauer: religiÅse Erfahrung dient dazu, seelische R<strong>es</strong>erven zu mobilisieren<br />

- = sie sind e. ProblemlÅsungsmechanismus zur Öberwindung von Lebensschwierigkeiten<br />

- damit dienen sie <strong>de</strong>r (seelischen) Selbstheilung, das Zitat spricht von spontaner ~ 5<br />

-� dasselbe Schema wie FREUD, auch ein aufgewÄrmter XENOPHANES / FEUERBACH mo<strong>de</strong>rn<br />

3. Theologische Antwort<br />

- wie pariert die Theologie die Kritik: <strong>es</strong> gibt zwar Kritikpunkte an je<strong>de</strong>r einzelnen Position,<br />

- aber schon die Kritik <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n grundsÄtzlichen Motive ist stichhaltig genug:<br />

1. Die Kritik am genetisch-reduktionistischen Motiv (NIETZSCHE, FREUD)<br />

- <strong>Religion</strong> ist immer Ergebnis natÑrlicher Ursachen, ist R<strong>es</strong>sentiment o<strong>de</strong>r pathologisch<br />

-� fÖr das PhÇnomen „<strong>Religion</strong>“ lÇsst sich eine vollstÇndig natÖrliche Gen<strong>es</strong>e aufzeigen<br />

- je schlÖssiger, vollstÇndiger die ErklÇrung, d<strong>es</strong>to unglaubwÖrdiger ist „<strong>Gott</strong><strong>es</strong>erfahrung“<br />

- Offenbarung wird ÖberflÖssig, die Annahme einer ÖbernatÖrlichen Quelle unnàtig<br />

- <strong>de</strong>r Ansatz <strong>de</strong>r theologischen Erwi<strong>de</strong>rung ist ein Grundsatz <strong>de</strong>r Erkenntnislehre:<br />

- = die Gen<strong>es</strong>e einer âberzeugung sagt Öber <strong>de</strong>ren Wahrheitsgehalt nichts aus<br />

- schlieÑt man aus <strong>de</strong>r Gen<strong>es</strong>e auf die Warheit, begeht man <strong>de</strong>n genetischen Fehlschluss<br />

- = <strong>es</strong> gibt einen klaren Unterschied zwischen Wahrheitsanspruch und Entstehung d<strong>es</strong> Glaubens<br />

-� das Argument <strong>de</strong>r reduktionistischen Kritik ist nicht vÅllig stimmig, <strong>de</strong>nn:<br />

- „Wahrheit“ hÄgt nicht an Motiven und Absichten <strong>de</strong>r Aussagen, son<strong>de</strong>rn nur am „Zutreffen“<br />

- allen genetisch-reduktionistischen Positionen liegt di<strong>es</strong>bezÑglich MissverstÄndnis zugrun<strong>de</strong>:<br />

- machen die Wahrheit vom Motiv <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> abhÄngig: <strong>es</strong> ist „unlauter“, <strong>Religion</strong> falsch<br />

- grundsÄtzlich ist das genetische Argument allerdings zunÄchst stichhaltig:<br />

- die Gen<strong>es</strong>e von Vorstellungen kann gegen <strong>de</strong>n Wahrheitswert sprechen (Drogen…) 6<br />

-� <strong>es</strong> ist ein theologisch<strong>es</strong> Zusatzargument zur Gen<strong>es</strong>e <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> notwendig:<br />

- = das ganze PhÄnomen <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> kann nicht mit einer Ursache allein erklÄrt wer<strong>de</strong>n<br />

- die Reduktion auf die subjektive Disposition ein<strong>es</strong> Menschen reicht nicht aus<br />

- erst dass Vorhan<strong>de</strong>nsein ein<strong>es</strong> AuslÅsers und die Disposition erklÄren das PhÄnomen<br />

- = <strong>es</strong> kann sogar sein, dass die Gen<strong>es</strong>e = menschliche Sehnsucht <strong>Religion</strong> erst ermÅglicht<br />

- die Gefahr, die von <strong>de</strong>m Argument aufgezeigt wird, ist die <strong>de</strong>r „GÅtter nach MaÜ“<br />

-� Aufgabe: die Re<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Theologie von <strong>Gott</strong> als adÄquat nachweisen [2. Traktat]<br />

- Hauptargument: Mensch kann nicht an<strong>de</strong>rs, als endliche Vorstellungen auf <strong>Gott</strong> Ñbertragen<br />

2. Die Kritik am funktionalistischen Motiv (FEUERBACH, MARX, Psychobiologie)<br />

vgl. auch 6<br />

- <strong>Religion</strong> ist nicht immer dysfunktional, sie hat nicht nur negative Wirkungen<br />

- <strong>es</strong> gibt die negativen PhÄnomene in <strong>de</strong>r G<strong>es</strong>chichte, wie die Inquisition<br />

- aber di<strong>es</strong>e sind nicht notwendig mit <strong>de</strong>m Glauben verbun<strong>de</strong>n<br />

- positive Wirkungen von Glaube, <strong>Religion</strong> und Christentum waren:<br />

- das Christentum war VorkÄmpfer vieler Rechte wie <strong>de</strong>r Menschenrechte 7<br />

- dahinter stehen Errungenschaften wie eine christliche Anthropologie und <strong>de</strong>r Person-Begriff<br />

- = die Kirche kann sich auch an ihrem Erfolg beim Nach<strong>de</strong>nken Ñber <strong>Gott</strong> m<strong>es</strong>sen<br />

- wenn <strong>Religion</strong> nur Neurosen produziert, ist sie tatsÄchlich fehlerhaft o<strong>de</strong>r ein Fehler<br />

- wenn <strong>de</strong>m aber nicht so ist, dann ist sie eben auch nicht nur ein Fehler<br />

5<br />

Ich vermute dahinter einen medizinischen Fachterminus, <strong>de</strong>r eine b<strong>es</strong>timmte Reaktionsweise bezeichnet.<br />

6<br />

Der Wi<strong>de</strong>rspruch gegen <strong>de</strong>n Wahrheitswert ist also nicht verallgemeinerbar: Kann, aber eben nicht muss.<br />

7<br />

Mit <strong>de</strong>r kleinen EinschrÄnkung, dass <strong>es</strong> hier und da mit <strong>de</strong>r Gleichberechtigung noch etwas hapert.<br />

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V. KognitivitÄts<strong>de</strong>batte<br />

1. Kognitiver Sinnlosigkeitsvorwurf (Problemstellung)<br />

- die KognitivitÄts<strong>de</strong>batte wur<strong>de</strong> ausgelÅst von <strong>de</strong>r Sprachphilosophie: RUSSELL, MOORE 1<br />

- die Grundi<strong>de</strong>e lautet, das je<strong>de</strong> Philosophie mit <strong>de</strong>r Analyse ihrer Sprache beginnen muss<br />

- all<strong>es</strong> menschliche Denken und Erkennen ist auf Sprache notwendig angewi<strong>es</strong>en<br />

-� erklÄrt<strong>es</strong> Ziel ist <strong>de</strong>r Entwurf einer exakten Wissenschaftssprache<br />

- unter Angabe von Kriterien dafÑr, welche SÄtze wissenschaftlich = sinnvoll sind<br />

- di<strong>es</strong><strong>es</strong> Zentralwer<strong>de</strong>n logischer Sprachanalyse wird als linguistic turn bezeichent<br />

-� Paradigmenwechsel: reduktionistisch-funktionalistische Kritik will Glaube falsifizieren<br />

- erkennt aber immer noch an, das Glaubensaussagen sinnvolle Aussagen sind<br />

- immerhin wird <strong>de</strong>m Glauben noch Relevanz zug<strong>es</strong>prochen, wenn auch negative<br />

- <strong>de</strong>r Vorwurf <strong>de</strong>r Sprachphilosophie lautet: Aussagen Ñber <strong>de</strong>n Glauben sind sinnlos<br />

- damit ist kein rationaler Diskurs Ñber Glaubensfragen mehr mÅglich<br />

- <strong>de</strong>r Glaube an sich ist irrelevant, ob er wahr o<strong>de</strong>r falsch ist, ist gleichgÑltig<br />

- <strong>es</strong> gibt zwei Varianten d<strong>es</strong> Sinnlosigkeits- o<strong>de</strong>r auch Irrelevanzvorwurfs:<br />

- einmal sind GlaubenssÄtze als Tatsachenbehauptungen gemeint, aber sinnlos<br />

- <strong>es</strong> sind SÄtze, die zwar wie „<strong>es</strong> ist <strong>de</strong>r Fall, dass…“ aussehen, aber inhaltsleer sind<br />

- sie sind nur scheinbar SÄtze, machen keine Behauptung, sind kognitiver Unsinn<br />

- ein an<strong>de</strong>rmal sind die SÄtze an sich sinnvoll, sind aber keine Tatsachenbehauptungen<br />

- = sie machen keine (verstehbaren = kognitiven) Aussagen Ñber Wirklichkeit<br />

- <strong>es</strong> sind keine SÄtze, die „<strong>es</strong> ist <strong>de</strong>r Fall, dass…“-Aussagen darstellen<br />

- die theologischen KernsÄtze sind das aber gera<strong>de</strong> doch, daraus folgt ����<br />

-� Aufgabe: theologische Aussagen als prinzipiell wahrheitsfÄhig und sinnvoll nachweisen<br />

- sonst fliegt die Theologie aus <strong>de</strong>m Kanon <strong>de</strong>r sinnvollen Wissenschaften hinaus<br />

- erst in einem zweiten Schritt sind dann Öberlegungen zum Wahrheitswert anzustellen<br />

2. Wiener Kreis<br />

(1) Programm<br />

- erste Th<strong>es</strong>e d<strong>es</strong> Kreis<strong>es</strong>: Erkenntnis erhÄlt <strong>de</strong>r Mensch nur durch empirische Erfahrung<br />

- nur strikte Kontrolle <strong>de</strong>r Erfahrung garantiert <strong>de</strong>n Erkenntniserfolg <strong>de</strong>r Naturwissenschaft<br />

- in Philosophie und Theologie ist eine solche Kontrolle nicht mÅglich:<br />

- <strong>es</strong> gibt keinen Wirklichkeitsunterscheid zwischen Wahrheitsannahme und Einbildung<br />

- das empirische Sinn- und Be<strong>de</strong>utungskriterium � kann nicht angewandt wer<strong>de</strong>n<br />

- zweite Th<strong>es</strong>e: Aussagen sind nur sinnvoll, wenn sie (A) tautologisch sind<br />

- = wenn das PrÄdikat schon enthÄlt, was das Subjekt ausmacht (drei Ecken d<strong>es</strong> Dreiecks)<br />

- GegenstÑck wÄren synthetische Aussagen: <strong>de</strong>m Subjekt wird eine Eigenschaft zug<strong>es</strong>prochen<br />

� - di<strong>es</strong>e Aussagen sind sinnvoll, wenn (B) sich ihre Wahrheit / Falschheit nachweisen lÄsst<br />

- = wenn angegeben wer<strong>de</strong>n kann, was empirisch <strong>de</strong>r Fall sein muss, um nachzuweisen<br />

- o<strong>de</strong>r = wenn „wahr“ und „falsch“ einen empirisch wahrnehmbaren Unterschied be<strong>de</strong>uten<br />

- = gehaltvolle kognitive Aussagen schlieÑen explizit etwas ein o<strong>de</strong>r aus<br />

- wir wissen ganz genau, auf welcher empirischen Grundlage die Aussage gemacht wird<br />

- die Grundlage darf nicht beliebig sein, nur dann ist die Aussage prÑfbar und sinnvoll<br />

-� Problem: theologische Aussagen lassen nicht durch unmittelbare Erfahrung nachweisbar<br />

(2) Rudolf CARNAP<br />

- CARNAP will die ganze Metaphysik durch die logische Analyse <strong>de</strong>r Sprache abschaffen<br />

- = nichtwissenschaftlichen Aussagen aus <strong>de</strong>m wissenschaftlichen Sprachspiel entfernen<br />

- nichtwissenschaftlich = sinnlos sind Begriffe, die keine empirischen Kennzeichen b<strong>es</strong>itzen<br />

1<br />

Bertrand RUSSELL, George Edward MOORE, auch Alfred North WHITEHEAD.<br />

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- dazu gehÅren „absolut“, ens, ens realissimum genauso wie das Kunstwort „Babigkeit“<br />

- in wissenschaftlichen ZusammenhÄngen sind solche Begriffe unmÅglich (verwendbar)<br />

- das trifft im Gegensatz zu <strong>de</strong>n Mysterienreligionen aber auch die Theologie:<br />

- ihr Sprachwortschatz b<strong>es</strong>teht aus solchen Begriffen, insb<strong>es</strong>on<strong>de</strong>re „<strong>Gott</strong>“<br />

- ein transzen<strong>de</strong>nter <strong>Gott</strong> hat genau keine empirischen Kennzeichen �<br />

- „<strong>Gott</strong>“ ist sinnlos, die Aussage „<strong>Gott</strong> existiert“ ist ein sinnloser Satz<br />

-� Theologie gehÅrt fÑr CARNAP nicht in <strong>de</strong>n Bereich Wissenschaft, son<strong>de</strong>rn ist eigen<br />

- zusammen mit <strong>de</strong>r Kunst b<strong>es</strong>etzt sie <strong>de</strong>n Bereich d<strong>es</strong> emotionalen Erlebens<br />

- Philosophen und Theologen „verwechseln ihr Medium“: sie sollten KÑnstler sein<br />

(3) Ludwig WITTGENSTEIN {1} 2<br />

- Theologie ist als Wissenschaft nicht mÅglich, <strong>de</strong>nn ihre Aussagen sind sinnlos / <strong>es</strong> gibt keine<br />

- wir <strong>de</strong>nken sprachlich in SÄtzen und bil<strong>de</strong>n im Denken die Welt ab<br />

- Sprache ist die G<strong>es</strong>amtheit aller SÄtze, die Welt ist all<strong>es</strong>, „was <strong>de</strong>r Fall ist“<br />

- Sprache ist nun nur kognitiv sinnvoll, wenn sie weltb<strong>es</strong>chreibend = d<strong>es</strong>kriptiv ist =<br />

- empirische Begriffe beinhaltet, die fÑr Dinge o<strong>de</strong>r Eigenschaften stehen<br />

- di<strong>es</strong>e empirischen Begriffe mit logischen Funktionen verknÑpft<br />

- um Sinn nachzuweisen, zerlegt man Sprache in „atomare“ ElementarsÄtze<br />

- die G<strong>es</strong>amtheit aller wahren ElementarsÄtze ist eine vollstÄndige Weltb<strong>es</strong>chreibung<br />

- das funktioniert aber nur bei oben b<strong>es</strong>chriebenen = naturwissenschaftlichen SÄtzen<br />

-� religiÅse SÄtze und WÅrter sind sinnlos, <strong>de</strong>nn sie sind nicht empirisch o<strong>de</strong>r logisch<br />

-� WITTGENSTEIN grenzt Theologie aus <strong>de</strong>m Raum von Wissenschaft schlicht aus<br />

- sie gehÅrt zur Welt d<strong>es</strong> Mystischen und Unaussprechlichen = Aussagen sind sinnlos<br />

- <strong>de</strong>nn: „WorÑber man nicht sprechen kann, darÑber muss man schweigen.“<br />

- „<strong>de</strong>r Sinn <strong>de</strong>r Welt muss auÜerhalb <strong>de</strong>r Welt liegen“, <strong>Gott</strong> etc. ist etwas Transzen<strong>de</strong>nt<strong>es</strong><br />

- das ist kein Verwerfen d<strong>es</strong> Glaubens an sich, nur <strong>de</strong>r (wissenschaftlichen) Re<strong>de</strong> darÑber<br />

- die Naturwissenschaft ist <strong>de</strong>mgegenÑber <strong>de</strong>r Welt d<strong>es</strong> Faktischen zugeordnet<br />

- hier gilt: „All<strong>es</strong>, was sich aussprechen lÄsst, lÄsst sich klar aussprechen.“<br />

(4) Alfred Jul<strong>es</strong> AYER<br />

- AYERS Ansatz ist radikaler als WITTGENSTEINS, er fragmentiert SÄtze noch stÄrker<br />

- allen nicht-empirischen Wissenschaften spricht er die Wissenschaftlichkeit ab<br />

- Kunst, Theologie, Philosophie wer<strong>de</strong>n insg<strong>es</strong>amt als Unsinn qualifiziert<br />

- = ein „Vernichtungsschlag“, auf <strong>de</strong>n <strong>es</strong> 10 Jahre keine theologische Antwort gab<br />

- g<strong>es</strong>ucht wird die MÅglichkeit, f<strong>es</strong>tzustellen, ob ein Satz eine Tatsachenaussage ist o<strong>de</strong>r nicht<br />

- = wie<strong>de</strong>rum die Bedingungen fÑr die Wissenschaftlichkeit (von SÄtzen)<br />

- nur Tatsachenbehauptungen sind von Belang, an<strong>de</strong>re SÄtze „haben keine Be<strong>de</strong>utung“<br />

- <strong>es</strong> muss angegeben wer<strong>de</strong>n kÅnnen, welche empirischen Beobachtungen d. Aussage bewahrheiten<br />

- = <strong>es</strong> muss mÅglich sein, rein empirische Beweise fÑr die Wahrheit d<strong>es</strong> Satz<strong>es</strong> zu bringen<br />

- wenn di<strong>es</strong>e MÇglichkeit mit empirischen Mitteln schon nicht b<strong>es</strong>teht, ist <strong>de</strong>r Satz falsch<br />

-� sinnvoll sind nur Aussagen, die man durch empirische Erfahrung verifizieren kann<br />

- das ist das „verifikationistische Sinnkriterium“, die empirische Verifikation<br />

- damit wer<strong>de</strong>n alle SÄtze in wissenschaftliche und sinnlose SÄtze eingeteilt<br />

- zu letzteren gehÅren theologische Aussagen, <strong>de</strong>nn sie sind nicht empirisch nachweisbar<br />

- ebensowenig kÅnnen Ethische, KÑnstlerische…Aussagen ÑberprÑft wer<strong>de</strong>n � „Unsinn“<br />

- fÖr Theologie macht AYER das vor allem an Re<strong>de</strong> von Transzen<strong>de</strong>nz und Offenbarung f<strong>es</strong>t<br />

- wenn <strong>Gott</strong> „transzen<strong>de</strong>nt“ ist, kann <strong>de</strong>m Begriff kein Sinn zugeordnet wer<strong>de</strong>n<br />

- keine adÄquaten Mittel zu seiner B<strong>es</strong>chreibung, wie <strong>es</strong> sie fÑr die endliche 3 Welt gibt<br />

- wenn wir von <strong>Gott</strong> re<strong>de</strong>n, verwen<strong>de</strong>n wir Begriffe, die nicht ein<strong>de</strong>utig sind<br />

______ -� Aussagen Ñber <strong>Gott</strong> sind unverstÄndlich und sinnlos, und er kann sich nicht offenbaren<br />

2<br />

D. Philosophie WITTGENSTEINS hat 2 kontrÄre Abschnitte: tractatus logico philosophicus u. Sprachspieltheorie.<br />

3<br />

Mit „endlich“ ist hier nicht kontingent, son<strong>de</strong>rn einfach „raum-zeitlich“ (ausge<strong>de</strong>hnt) = empirisch gemeint.<br />

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- Offenbarung be<strong>de</strong>utet nicht die PrÑfbarkeit theologischer Aussagen � nicht prÑfbar<br />

- damit lassen sie sich mit je<strong>de</strong>r Erfahrung verbin<strong>de</strong>n, sie schlieÜen nichts aus o<strong>de</strong>r ein<br />

- = sie machen keine Aussage, sind sinnlos, weil z. B. nicht sinnlich wahrnehmbar ist<br />

- weil die Aussagen nicht empirisch prÑfbar sind, sind sie kognitiv (sinnlich) sinnlos<br />

(5) Anthony FLEW<br />

- im Grun<strong>de</strong> die umgekehrte I<strong>de</strong>e zu AYER: sinnvoll ist nur, was falsifiziert wer<strong>de</strong>n kann<br />

- = <strong>es</strong> mÑssen empirische Eigenschaften benannt wer<strong>de</strong>n kÅnnen, die die Aussage falsifizieren<br />

- unabhÄngig davon, ob die Eigenschaften tatsÄchlich beobachtet wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r nicht<br />

- BegrÑndung: eine Aussage, die mit keinen empirischen Bedingungen verknÑpft ist, ist sinnlos<br />

- keine empirischen Bedingungen � keine ÖberprÑfbarkeit, keine Relevanz<br />

- GÄrtner (<strong>Gott</strong>), <strong>de</strong>r sich nicht irgendwie fassen lieÜe, unterschei<strong>de</strong>t sich nicht von Nichts<br />

- er stirbt <strong>de</strong>n „Tod <strong>de</strong>r Tausend Modifikationen“ = <strong>de</strong>r Inhalt d<strong>es</strong> Begriffs ist beliebig<br />

- damit ist generell „Glaube“ mit je<strong>de</strong>r beliebigen Erfahrung zu vereinbaren<br />

-� auch sinnlos, nach <strong>Gott</strong> zu suchen, wenn er keine empirischen Eigenschaften hat<br />

- er kÅnnte dann Imagination sein – geht in die Richtung FREUDs o<strong>de</strong>r MARX’<br />

- kognitiv gehaltvolle Glaubensaussagen mÖssen ein- o. ausschlieÑen, sonst behaupten sie nichts<br />

- damit wen<strong>de</strong>t FLEW das falsifikationistische Sinnkriterium an<br />

[- unabhÄngig davon, ob <strong>es</strong> ihn gibt o<strong>de</strong>r nicht: er unterschei<strong>de</strong>t sich nicht vom Nichtexistenten]<br />

3. Nonkognitivismus<br />

(1) Anliegen<br />

- Nonkognitivismus ist e. „theologische“ Position, die versucht, <strong>de</strong>m Kognitivismus auszuweichen<br />

-�(1) Theologische SÄtze beinhalten allein nonkognitive, keine kognitiven Sprechabsichten<br />

- <strong>de</strong>r kognitive Sinnverlust ist nicht schlimm, <strong>de</strong>nn die Inhalte sind ohnehin nonkognitiv<br />

- Theologie re<strong>de</strong>t sinnvoll in appelativer, performativer, emotional-symbolischer Weise<br />

- bei theologischen SÄtzen ist darÑber hinaus eine doppelte Interpretation mÅglich<br />

- = (2) Aussagen sind zwar kognitiv sinnlos, aber nonkognitiv sinnvoll und so zu interpretieren<br />

- kognitive Aussage (Sterne am Himmel) auch appelativ (schau hoch), emotional (wie schÅn)<br />

- <strong>de</strong>m enstpricht bei <strong>de</strong>r Aussage „<strong>es</strong> gibt <strong>Gott</strong>“, unabhÄngig vom kognitiven Gehalt:<br />

- zum einen <strong>de</strong>r nonkognitive Ausdruck ein<strong>es</strong> GeborgenheitsgefÑhls<br />

- zum an<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Apell, so zu leben, als gÄbe <strong>es</strong> <strong>Gott</strong><br />

- Nonkognitivisten machen sich <strong>de</strong>n Sinnlosigkeitsvorwurf gleichsam zu eigen<br />

(2) Die drei grundsÄtzlichen Varianten<br />

a) Expr<strong>es</strong>siv-emotional:<br />

- David MCTAGGART versteht religiÅse Aussagen nur als Ausdruck d. GefÑhls prinzipieller Harmonie<br />

- krasser [und philosophisch] ist Zuschnitt bei Richard M. HARE: Glaube drÖckt ein „blik“ aus<br />

- Kunstwort „blik“ meint die subjektive Grundg<strong>es</strong>timmtheit ein<strong>es</strong> Subjekts<br />

- „blik“ geht aller menschlichen Einzelerfahrung (je Situation, nicht je Person) voraus<br />

- religiàs<strong>es</strong> „blik“ = das grundsÇtzliche Glaubensvertrauen und die Erfahrung von Geborgenheit<br />

- die „blik“-Grun<strong>de</strong>instellung fÇrbt auf alle Erfahrung ab, und Glaube / <strong>Gott</strong> ist ein „blik“<br />

-� Behauptungen d<strong>es</strong> Glaubens wer<strong>de</strong>n reformiert, von Tatsachen zu emotionaler Einstellung<br />

b) Ethisch-evokativ (Richard B. BRAITHWAITE)<br />

- religiÅse Aussagen sind appelativ zu verstehen:<br />

- <strong>Religion</strong>en b<strong>es</strong>tehen vor allem aus ErzÄhlungen: wollen HÅrer zu b<strong>es</strong>timmtem Verhalten bringen<br />

- alle <strong>Religion</strong>en sind zu Anfang G<strong>es</strong>chichten, <strong>de</strong>ren Sinn nicht FÑr-wahr-halten ist<br />

- son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r, AngehÅrige <strong>de</strong>r Glaubensgemeinschaft auf einen way of life zu verpflichten<br />

-� religiÅse Aussagen mÅssen auf die evokative Apellfunktion reduziert wer<strong>de</strong>n<br />

- sinnvoll sind religiÅse Aussagen damit nur als Beispiele fÑr ein ethisch gut<strong>es</strong> Leben<br />

- ob barmherzige Samariter wirklich lebten, ist gleich: entschei<strong>de</strong>nd ist nonkognitiver Sinn<br />

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- = <strong>de</strong>r Apell „gehe hin und handle ebenso“<br />

- <strong>Religion</strong> wird auf Moral reduziert, religiÅse Behauptungen in Moralprinzipien Ñbersetzt<br />

- Kernaussage und Grundbotschaft = ethisch-evokativer Apell „Lebe ein Leben in Liebe“<br />

c) ReligiÇs<strong>es</strong> Sprachspiel<br />

- renommiert<strong>es</strong>te Variante entwickelte Ludwig WITTGENSTEIN {2}, sie hat 3 Charakteristika:<br />

- 1. die Vielfalt konkreter Sprachspiele: <strong>es</strong> gibt nicht nur die wissenschaftliche Sprache<br />

- son<strong>de</strong>rn Vielfalt konkreter Sprachspiele u. sinnvoller sprachlicher Gebrauchsweisen<br />

- „Sprachspiel“ ist dabei BÑn<strong>de</strong>l / Cluster <strong>de</strong>finieren<strong>de</strong>r Merkmale, selbst un<strong>de</strong>finiert<br />

- 2. keine sprachspielunabhÄngige Be<strong>de</strong>utung = Be<strong>de</strong>utung wird vom Spiel f<strong>es</strong>tgelegt<br />

- Worte und SÄtze sind auÜerhalb (ihr<strong>es</strong>) ein<strong>es</strong> Sprachspiels sinnlos<br />

- analog zu einer Spielfigur, <strong>de</strong>ren Sinn erst durch die Regeln verstehbar wird<br />

- die Sprachspielregeln [Grammatik?] legen <strong>de</strong>n Sinn von Aussagen f<strong>es</strong>t (Brot ��)<br />

- 3. ein Sprachspiel ist / enthÄlt eine ganze Lebensform im weit<strong>es</strong>ten Sinn<br />

- = <strong>es</strong> ist System von Wissen und Aussagen, weltanschaulich<strong>es</strong> Öberzeugungssystem<br />

- dabei ist <strong>es</strong> immer autonom und kann von auÜen nicht bewertet wer<strong>de</strong>n<br />

- wer aber in ein Sprachspiel eintritt, Ñbernimmt d<strong>es</strong>sen Deutungssystem<br />

- ? PHILLIPS Ñbernahm die Theorie WITTGENSTEINS und baute sie aus<br />

- <strong>de</strong>r Glaube ist ein autonom<strong>es</strong> Sprachspiel, analog <strong>de</strong>m wissenschaftlichen Sprachspiel<br />

-� die Interpretationsweise <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> ist genuin und von auÜen nicht verstehbar<br />

- aber ebenso wie die Wissenschaft b<strong>es</strong>itzt <strong>Religion</strong> eine interne PlausibilitÄt<br />

-� Legitimation erfolgt, in <strong>de</strong>m man sich zum Glauben wie zur Wissenschaft entschlieÜt<br />

- religiÅse Aussagen haben nonkognitive = zu b<strong>es</strong>timmten Denkweisen erziehen<strong>de</strong> Be<strong>de</strong>utung<br />

- b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>rs wichtig ist die <strong>es</strong>chatologische VerheiÜungsperspektive = „lebe daraufhin“<br />

(3) Kritik {= 3.3}<br />

- positiv ist die Erinnerung an die VieldimensionalitÄt d<strong>es</strong> Glaubens und religiÅser Re<strong>de</strong><br />

- Re<strong>de</strong> von <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>ckt auch an<strong>de</strong>re als die theologische / religiÅse Sprechweise ab<br />

- in <strong>de</strong>r rationalen Theologie bis dahin verg<strong>es</strong>sen, lebt die Vielfalt mit <strong>de</strong>r Position auf<br />

- negativ gibt <strong>de</strong>r Nonkognitivismus <strong>de</strong>m Sinnlosigkeitsvorwurf recht� ScheinlÅsung:<br />

- Glaube ist nurnoch durch Zuschreibung nonkognitiver Eigenschaften zu retten<br />

- die neue Phase <strong>de</strong>r analytischen <strong>Religion</strong>skritik wird nicht beantwortet, son<strong>de</strong>rn b<strong>es</strong>tÄtigt<br />

- fÑhrt zu insg<strong>es</strong>amt 4 schwerwiegen<strong>de</strong>n Problemen � <strong>es</strong> muss eine an<strong>de</strong>re LÅsung geben �<br />

��- das zeigt zugleich die theologische Relevanz d<strong>es</strong> Problems auf; <strong>es</strong> gilt:<br />

- alle zentralen Glaubensaussagen sind wortwÅrtliche Tatsachenbehauptungen, <strong>de</strong>nn<br />

- 1. ein Glaube, <strong>de</strong>r nichts Ñber die Wirklichkeit aussagt, ist trivial<br />

- ohne kognitiven Tatsachengehalt macht <strong>de</strong>r Glauben keine Aussage zur Wirklichkeit<br />

- wenn all<strong>es</strong> an<strong>de</strong>rs verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n muss, ist <strong>de</strong>r Glauben fÑr das Leben irrelevant<br />

- Glaubensfragen erwarten kognitive Antworten, die nicht mehr erklÄrt wer<strong>de</strong>n kÅnnen<br />

- 2. nonkognitive Reinterpretation wi<strong>de</strong>rsprÄche <strong>de</strong>m 2000 Jahre alten SelbstverstÄndnis<br />

- die Aussage „<strong>Gott</strong> existiert“ muss kognitiv sein, <strong>de</strong>nn transzen<strong>de</strong>nte RealitÄt gibt <strong>es</strong><br />

- ohne Wahrheitsgehalt kann Glaube nicht erlÅsen, wÄre nur LebensgefÑhl o<strong>de</strong>r Ethik<br />

- = er kann Wirklichkeit nicht mehr bewÄltigen / g<strong>es</strong>talten = Argument gegen Theodizee<br />

- SelbstverstÄndnis d<strong>es</strong> Glaubens ist aber, genau das zu leisten<br />

- 3. emotional<strong>es</strong>-ethisch<strong>es</strong> LebensgefÑhl hÄngt von <strong>de</strong>r kognitiven GlaubensÑberzeugung ab<br />

- nur kognitiv ist ein GlaubensgefÑhl sinnvoll, sonst ginge <strong>es</strong> nur um Herz und GefÑhl 4<br />

- ohne Wahrheitsanspruch wer<strong>de</strong>n alle, auch Glaubensaussagen, vÅllig beliebig<br />

- das wi<strong>de</strong>rspricht nicht nur <strong>de</strong>m SelbstverstÄndnis d<strong>es</strong>, son<strong>de</strong>rn zerstÅrt <strong>de</strong>n Glauben<br />

- 4. <strong>de</strong>r Nonkognitivismus ist mit <strong>de</strong>m Atheismus vereinbar, Nonkognitivisten = Atheisten<br />

- ob <strong>de</strong>r Mensch glaubt o<strong>de</strong>r nicht, seine Existenz ist vÅllig gleichgÑltig<br />

- damit sind die Nonkognitivisten bereits „ins atheistische Lager abgeglitten“ (LOICHI)<br />

- John L. MACKIE spricht von „verborgenem Atheismus“ und „Scheinlàsung“<br />

4<br />

Damit wÄre <strong>de</strong>r Fi<strong>de</strong>ismus wie<strong>de</strong>r im Rennen, das bloÜe FÑr-wahr-halten (beliebiger) Öberzeugungen.<br />

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4.�Theologische LÅsung<br />

(1) Berechtigt<strong>es</strong> Anliegen<br />

- Kritik <strong>de</strong>r Sprachphilosophie ist eine Kritik am Sinn- und Be<strong>de</strong>utungskriterium:<br />

- 1. „empirisch<strong>es</strong> Sinnkriterium“ ist selbst nicht (empirisch) prÑfbar: Selbstwie<strong>de</strong>rspruch<br />

- 2. alle bisherigen Kriterien waren entwe<strong>de</strong>r zu eng o<strong>de</strong>r zu weit [wie ein Spamfilter]<br />

- 3. <strong>es</strong> kann einen Wirklichkeitsbereich geben, <strong>de</strong>r Ñber unsere Erfahrung hinausreicht �<br />

- aber: gute Formulierung d. Kriteriums = e. Aussage muss prinzipiell durch Erfahrung prÑfbar sein<br />

- = <strong>es</strong> ist gleich, ob sie sich verifizieren o<strong>de</strong>r falsifizieren lÄsst<br />

- und <strong>es</strong> ist unerheblich, ob sie jetzt o<strong>de</strong>r erst spÄter belegt o<strong>de</strong>r wi<strong>de</strong>rlegt wird<br />

- = mit <strong>de</strong>r empirischen PrÑfbarkeit wird kognitive Logik in <strong>de</strong>n Aussagen eingeklagt<br />

- damit <strong>de</strong>r Nachweis, dass sie etwas ein- o<strong>de</strong>r ausschlieÜen<br />

- ob <strong>de</strong>r Nachweis (Verifikation / Falsifikation) faktisch erfolgt, ist irrelevant<br />

- wichtig ist <strong>es</strong>, die nÅtigen empirischen Erfahrungen benennen zu kÅnnen<br />

-� wenn Aussage ‚<strong>Gott</strong> existiert’ wahr, muss d. Welt an<strong>de</strong>rs b<strong>es</strong>chaffen sein, als wenn sie falsch ist<br />

- <strong>de</strong>r Unterschied muss prinzipiell, nicht faktisch, wahrgenommen wer<strong>de</strong>n kÅnnen 5<br />

- Frage ist: WAS ist an<strong>de</strong>rs, wo ZEIGT sich <strong>de</strong>r Unterschied, wo ERFåHRT man ihn<br />

- ein per <strong>de</strong>finitionem nicht erfahrbarer <strong>Gott</strong> (theologisch <strong>de</strong>nkbar) ist vÅllig irrelevant 6<br />

- „Kritik <strong>de</strong>r Kognitivisten war nie polemisch“ (LOCHINGER�) � daraus lernen<br />

- eine LÅsung kann nur im Einlassen auf die For<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Kognitivisten b<strong>es</strong>tehen<br />

-� Aufgabe ist <strong>de</strong>r Nachweis, DAS und WORAN religiÅse Aussagen empirisch prÑfbar sind<br />

(2) � Eschatologische Verifikation<br />

- John HICK war <strong>de</strong>r erste, <strong>de</strong>r auf die eben g<strong>es</strong>tellte Herausfor<strong>de</strong>rung reagieren konnte<br />

- Aussagen sind sinnvoll <strong>de</strong>nkbar, <strong>de</strong>ren Richtigkeit sich erst nach Eintritt <strong>de</strong>r Aussage prÑfen lÄsst<br />

- = auch Ñber zukÑnftige Ereignisse lassen sich sinnvolle, gar empirische Aussagen machen<br />

- die Aussage, dass <strong>es</strong> <strong>Gott</strong> gibt, ist erst im Jenseits / Eschaton verifizierbar<br />

- solange die „himmlische Stadt“ nicht erreicht ist, kann keine empirische PrÑfung stattfin<strong>de</strong>n<br />

- das heiÜt aber nicht, dass eine empirische PrÑfung nicht mÇglich ist<br />

-� keine MÅglichkeit, im Di<strong>es</strong>seits „empirische Beobachtungen“ zu letzten Kriterien zu machen<br />

- unsere empirische BeobachtungsfÇhigkeit reicht aber Öber <strong>de</strong>n Tod hinaus ins Jenseits<br />

- damit ist die empirische Verifikation auf das Eschaton vertagt [Steht Petrus am Himmelstor,...]<br />

(3) Falsifikation (Athony FLEW)<br />

- Aussagen sind sinnvoll, wenn man angeben kann, was die Behauptung als falsch erweist<br />

- FLEW behauptet, dass die Theologie, statt Bedingungen zu benennen, ausweicht<br />

- = sie modifiziert ihre Aussagen so lange, bis sie keine Behauptungen mehr sind<br />

- theologische Glaubensaussagen implizieren aber viel, sie dÑrfen nicht beliebige sein:<br />

- theologische Aussage: „<strong>Gott</strong> liebt [alle] Menschen“<br />

- wenn ich die Aussage so lange modifiziere, dass sie auf alle Formen von Leid passt<br />

-� ist sie inhaltsleer; <strong>es</strong> muss Lei<strong>de</strong>rfahrungen geben [kÅnnen], die <strong>de</strong>r Aussage wi<strong>de</strong>rsprechen<br />

[- wenn <strong>es</strong> dann tatsÄchlich di<strong>es</strong>e Erfahrung gibt, ist die Falsifikation erbracht]<br />

- damit kommt die Theodizee-Frage wie<strong>de</strong>r ins Spiel: SchlieÜt Leid <strong>Gott</strong> aus o<strong>de</strong>r nicht?<br />

- Antwort: NEIN, <strong>de</strong>nn <strong>es</strong> ist ein grÅÜer<strong>es</strong> Leid vorstellbar und wÄre auch erfahrbar<br />

- dass dann die Falsifikation erbringen wÑr<strong>de</strong>, nÄmlich ewig<strong>es</strong>, unendlich<strong>es</strong> Leid<br />

- an<strong>de</strong>rs: „<strong>Gott</strong> liebt <strong>de</strong>n Menschen“ ist nicht mit allem <strong>de</strong>nkbaren, erfahrbaren Leid vereinbar<br />

7<br />

- aber das Leid, dass man erfahren kÅnnte, was ihn falsifizieren wÑr<strong>de</strong>, wird nicht erfahren<br />

- aber prinzipiell [wi<strong>es</strong>o?] wÄre <strong>es</strong> mÅglich = wichtig ist die BENENNBARKEIT<br />

-� Glaubensaussagen mÑssen angreifbar sein, die Theologie kann solche Aussagen machen<br />

5<br />

Achtung: Das Ziel ist kein <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweis, son<strong>de</strong>rn nur <strong>de</strong>r Nachweis <strong>de</strong>r faktischen MÅglichkeit seiner Existenz.<br />

6<br />

Vergleiche <strong>de</strong>n Einwand gegen RAHNERs Theodizee, wonach „Vertràsung ins Jenseits“ nicht berechtigt ist.<br />

7<br />

Problem: Wenn Leid nicht erfahren wird, wie kann <strong>es</strong> dann als erwi<strong>es</strong>en gelten, dass <strong>es</strong> erfahren wer<strong>de</strong>n kann?<br />

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VI. Mo<strong>de</strong>rne Glaubensargumente<br />

1. Fi<strong>de</strong>istische Argumente<br />

- Definition d<strong>es</strong> Fi<strong>de</strong>ismus: „Glauben um d<strong>es</strong> Glaubens willen“, Glaube ist nicht vernÑnftig<br />

-�Anliegen <strong>de</strong>r Fi<strong>de</strong>isten: Glaube und Vernunft mÑssen getrennt wer<strong>de</strong>n<br />

- grundsÄtzlich<strong>es</strong> Argument: Glaube schlieÜt Vernunft und Logik nachgera<strong>de</strong> aus<br />

- = <strong>es</strong> geht im Glauben um Vertrauen in ein Geheimnis, nicht um verstehen und erklÄren<br />

(1) TERTULLIAN: credo, quia absurdum <strong>es</strong>t; Karl BARTH: Dialektik<br />

- die Formel „ich glaube, weil <strong>es</strong> absurd ist“ wird TERTULLIAN lediglich zug<strong>es</strong>chrieben�<br />

- Vernunft und Glauben sind GegensÄtze � Argumentieren ist sinnlos und sogar Hybris<br />

- <strong>de</strong>r Glaubensinhalte sind wir uns ohnehin gewiÜ [weil sie aus an<strong>de</strong>rer Quelle stammen]<br />

- Karl BARTH ver<strong>de</strong>utlicht, warum: <strong>Gott</strong> ist zu <strong>de</strong>finieren als <strong>de</strong>r ganz An<strong>de</strong>re [= dialektisch]<br />

- = die „Negation all<strong>es</strong> Irdischen“ und damit auch <strong>de</strong>r menschlichen Vernunft<br />

- menschliche Vernunft ist radikal sÑndhaft verdorben und fin<strong>de</strong>t nie einen Weg zu <strong>Gott</strong><br />

-�allein blind<strong>es</strong> Vertrauen = Glauben kann das Heil be<strong>de</strong>uten = sola fi<strong>de</strong><br />

- = das „Felsg<strong>es</strong>tein d<strong>es</strong> Prot<strong>es</strong>tantismus“: wenn <strong>Gott</strong> spricht, muss <strong>de</strong>r Mensch schweigen<br />

- damit for<strong>de</strong>rn bei<strong>de</strong> einen rein fi<strong>de</strong>istischen Glaubensgehorsam<br />

(3) Sëren Kierkegaard<br />

- Grundannahme: das Leben for<strong>de</strong>rt von uns stÄndig die Entscheidung zur Eigentlichkeit [E]:<br />

- SubjektivitÄt = Selbstreflexion o<strong>de</strong>r subjektive Reflexion, Erkenntnis d<strong>es</strong> VerhÄltniss<strong>es</strong> zu sich<br />

- = <strong>de</strong>r Mensch muss sich <strong>de</strong>m Faktum d<strong>es</strong> Gebrochen-seins sein<strong>es</strong> Selbst stellen<br />

- = sich existentiell inter<strong>es</strong>siert zeigen � „existentielle Inter<strong>es</strong>siertheit“ ist SubjektivitÇt<br />

- SubjektivitÇt be<strong>de</strong>utet auch Lei<strong>de</strong>nschaftlichkeit<br />

- = Glaube, nÇmlich unendliche, persànliche Inter<strong>es</strong>siertheit am Heil, <strong>de</strong>r Glaubenssache<br />

- � je mehr <strong>de</strong>r Mensch bei <strong>de</strong>r objektiven Reflexion verharrt, d<strong>es</strong>to weniger existiert er<br />

- die ObjektivitÄt ist in sich inter<strong>es</strong>selos, sine ira et studio, neutral und gleichgÑltig<br />

- „Sicherheit“ <strong>de</strong>r objektiven Reflexion ist nur Schein, sie geht an <strong>de</strong>r Wirklichkeit vorbei<br />

- di<strong>es</strong>er ist die Vernunft zugeordnet, die damit nur GleichgÑltigkeit liefert<br />

-�Glaube als „Betroffenheit“ und Vernunft sind damit komplett „entzwei g<strong>es</strong>chlagen“<br />

- um letzte Sicherheit zu erreichen, muss <strong>de</strong>r Mensch aber an <strong>de</strong>n absur<strong>de</strong>n <strong>Gott</strong> glauben<br />

- = glauben, dass das VerhÄltnis zu sich selbst, dass er ist, vom Absur<strong>de</strong>n g<strong>es</strong>etzt ist<br />

-�Glaube wird zur Existenzentscheidung Öber „Sein o<strong>de</strong>r Nichtsein“<br />

- entspricht fi<strong>de</strong>istischen Grundgedanken: um <strong>de</strong>r Innerlichkeit willen Inhalt ins Absur<strong>de</strong> steigern<br />

- ohne Risiko kein Glaube, und je gràÑer das Risiko, d<strong>es</strong>to gràÑer <strong>de</strong>r Glaube<br />

- = Glaube ist ein Sprung ins Ungewisse, und je weiter <strong>de</strong>r Sprung, d<strong>es</strong>to grÅÜer <strong>de</strong>r Glaube:<br />

- je grÅÜer d. Paradox <strong>de</strong>r Innerlichkeit ist und je hÄrter <strong>es</strong> erfahren wird, d<strong>es</strong>to hÄrter stÅÜt <strong>es</strong> ab<br />

- = das Paradox <strong>de</strong>r Innerlichkeit (subjektive Reflexion) erzeugt Lei<strong>de</strong>nschaft<br />

- und <strong>es</strong> stÅÜt <strong>de</strong>n Menschen qua absurdum in das noch grÅÜere Paradox d<strong>es</strong> Glaubens<br />

- di<strong>es</strong>er ist dann „die Lei<strong>de</strong>nschaft <strong>de</strong>r Innerlichkeit“ 1<br />

(4) Ludwig WITTGENSTEIN und Norman MALCOLM<br />

- gegenÑber <strong>de</strong>m alten Fi<strong>de</strong>istmus erscheint WITTGENSTEINS Position „eleganter“ (LOICHINGER)<br />

- Kernargument: Glaube ist ein Sprachspiel, und ein Sprachspiel als solch<strong>es</strong> nicht <strong>de</strong>finierbar<br />

- <strong>es</strong> ist auch von auÜen nicht weiter begrÑn<strong>de</strong>t = autonom, b<strong>es</strong>itzt nur innere PlausibilitÄt<br />

- b<strong>es</strong>timmte interne Probleme wer<strong>de</strong>n durch Regeln geklÄrt<br />

- innerhalb d<strong>es</strong> Systems <strong>de</strong>uten sie Wirklichkeit und bieten Anleitungen [zum Leben]<br />

- Glaube ist Sprachspiel und als solch<strong>es</strong> ein nicht weiter begrÖndbar<strong>es</strong> „UrphÇnomen“<br />

-�<strong>es</strong> bleibt nichts Ñbrig, als die Tatsache d<strong>es</strong> Glaubens als solche anzunehmen:<br />

- = <strong>es</strong> macht keinen Sinn, nach einer ErklÄrung fÑr <strong>de</strong>n Glauben zu suchen<br />

- er steht einfach neben vielen weiteren Spielen wie <strong>de</strong>r Wissenschaft, <strong>de</strong>r Kunst, …<br />

1<br />

Ich fasse hier die Re<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r „Lei<strong>de</strong>nschaft“ als vergegenstÄndlicht auf; analog zu: „Sie (di<strong>es</strong>e Frau) ist seine<br />

groÜe Lei<strong>de</strong>nschaft.“<br />

Seite 1 von 8 in Kapitel VI (37 Seiten insg<strong>es</strong>amt) <strong>Gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>Gott</strong>?


Skript von Matthias Jendrek. Mehr auf http://www.<strong>vaticarsten</strong>.<strong>de</strong><br />

- damit sind Glaubensinhalte nicht mehr schlechthin unvernÑnftig, son<strong>de</strong>rn eine Lebensform<br />

- alle Inhalte sind im System d<strong>es</strong> Spiels „eingegossen“ und (nur) intern plausibel<br />

- <strong>es</strong> ist nicht sinnvoll, di<strong>es</strong>e religiÅse Lebenseinstellung von auÜen zu hinterfragen<br />

- Norman MALCOLM wen<strong>de</strong>t die g<strong>es</strong>amte Theorie nochmals praktisch an [v Wie<strong>de</strong>rholung]<br />

- im Glauben ist eine Rahmenvorstellung, er bietet framework principl<strong>es</strong><br />

- di<strong>es</strong>e sind in <strong>de</strong>r (katholischen) Theologie durch die Dogmatik f<strong>es</strong>tgelegt = Dogmen<br />

-�Glaube ist ein sprachspielintern plausibl<strong>es</strong> Regelsystem, das eine Wahrheit f<strong>es</strong>tlegt<br />

- einen externen Standpunkt dazu gibt <strong>es</strong> nicht, man kann keine Kritik anbringen<br />

-�rationale BegrÑndung ist wie bei allen Spielen unmÅglich, sie sind groundl<strong>es</strong>s<br />

-�man kann nur glauben o<strong>de</strong>r nicht, <strong>de</strong>n Sinn d<strong>es</strong> Glaubens aber nicht hinterfragen<br />

- = man kann nur spielen o<strong>de</strong>r nicht, sich zu einem Spiel bekennen o<strong>de</strong>r zu einem an<strong>de</strong>ren<br />

(5) Kritik d<strong>es</strong> Fi<strong>de</strong>ismus<br />

- Fi<strong>de</strong>ismus beruft sich auf richtige Einsichten, aber die Trennung Vernunft � Glaube ist gefÄhrlich:<br />

-� Glauben als „existentielle Betroffenheit“ / reiner Herzensglaube sagt nichts Ñber Wahrheit:<br />

- Wahrheit lÄsst sich nur durch VernÑnftigkeit garantieren:<br />

- gera<strong>de</strong> Fanatiker und IrrlÄufer sind lei<strong>de</strong>nschaftlich, � aber gera<strong>de</strong> nicht vernÑnftig<br />

- das Åffnet WillkÑr die TÑr: ein FÑr-wahr-halten von theoretisch Allem ist mÅglich<br />

- im AutoritÄtsglauben Karl BARTHs stellt sich die Frage nach <strong>de</strong>r Legtimiation<br />

- <strong>de</strong>r MaÜstab fÑr Wahrheit / Falschheit einer AutoritÄt ist wie<strong>de</strong>rum Vernunft<br />

- AutoritÄtsglaube wird auch von Sekten und Tyrannen gefor<strong>de</strong>t [E: ANZENBACHER]<br />

- � Glaubensvertrauen ist nicht beweisbar, aber <strong>de</strong>r Bezugs- / Fixpunkt muss rational plausibel sein<br />

- � Glaube ist richtigerweise nach WITTGENSTEIN ein Lebenssystem<br />

- � aber interne Argumente reichen nicht aus, sonst ist auch <strong>de</strong>r Hexenwahn plausibel<br />

- ohne MÅglichkeit einer Kritik von auÜen lassen sich MissstÄn<strong>de</strong> nicht abstellen<br />

- im Beispiel: die Inquisition wur<strong>de</strong> von auÜen aufgeklÄrt, sonst hÄtte sie weiter verfolgt<br />

-�Glaube braucht stets Vernunft, Kritik von auÜen muss mÅglich sein, sonst WillkÑr<br />

2. Pragmatische Argumente<br />

(0) Grundgedanken<br />

- Pragmatiker misstrauen grundsÄtzlich theoretischen Argumenten<br />

- di<strong>es</strong>e „taugen nicht fÑr Lebensfragen“ = b<strong>es</strong>itzen kein ProblemlÅsungspotential<br />

- � Glaube wird verstan<strong>de</strong>n als Lebenshilfe, die von einigen Menschen erfahren wird<br />

- = Glaube hat fÑr <strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r glaubt, einen lebenspraktischen Nutzen<br />

- <strong>de</strong>r Nutzen entschei<strong>de</strong>t auch Ñber die VernÑnftigkeit: Glaube muss ich bewÄhren<br />

- <strong>es</strong> geht nicht um „wahr / falsch“, � son<strong>de</strong>rn um ein „gut<strong>es</strong>“ Leben im Doppelsinn<br />

-�wenn <strong>de</strong>r Glaube sich solcherart positiv bewÄhrt, ist er vernÑnftig und wahr<br />

(1) Blaise PASCAL<br />

- im Werk Memorial b<strong>es</strong>chreibt PASCAL das Bekehrungserlebnis zum „lebendigen <strong>Gott</strong>“ 2<br />

- di<strong>es</strong><strong>es</strong> offenbart ihm Konflikt zwischen „Herz und Verstand“, die nicht zusammenpassen<br />

- PASCAL lÅst fÑr sich das Problem in <strong>de</strong>n PensÖ<strong>es</strong> Öber die „pascalsche Wette“<br />

- Ausgangsproblem ist die Unbegreiflichkeit und Unbeweisbarkeit <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- wenn <strong>es</strong> ihn gibt, sind GlÇubige zum Heil, UnglÇubige zur Verdammnis b<strong>es</strong>timmt<br />

[- wenn <strong>es</strong> ihn nicht gibt, wÇren aber bei<strong>de</strong> Gruppen zu gar nichts prÇd<strong>es</strong>tiniert]<br />

-�wer darauf wettet, das <strong>Gott</strong> existiert, setzt sein Leben im Di<strong>es</strong>seits aufs Spiel<br />

- kann dafÑr aber das ewige Leben gewinnen, wenn er recht hat<br />

[- wenn er aber falsch liegt, verliert er di<strong>es</strong><strong>es</strong> Leben]<br />

- wer dagegen hÄlt, setzt das ewige Leben aufs Spiel und kann nur di<strong>es</strong><strong>es</strong> gewinnen<br />

-� mÅglicher Gewinn <strong>de</strong>r Wette auf <strong>Gott</strong> ist grÅÜer, <strong>de</strong>r Verlust bei <strong>de</strong>r Wette auf die Welt<br />

- damit ist <strong>de</strong>r Glaube nÅtzlicher als <strong>de</strong>r Unglaube, und PASCALs ein UtilitÄtsargument<br />

- gegen di<strong>es</strong>e Wette gibt <strong>es</strong> EinwÄn<strong>de</strong>, obwohl Grundannahme „viel Gewinn, viel Risiko“ stimmt<br />

� - im Bezug auf <strong>de</strong>n Glauben lehnen wir das Kosten-Nutzen-KalkÇl aber intuitiv ab<br />

2<br />

= Der <strong>Gott</strong> Abrahams, Isaaks und Jakobs; nicht <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong> <strong>de</strong>r Philosophie.<br />

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- das egoistisch-habsÑchtige Motiv lÄsst keinen Raum fÑr uneigennÇtzige <strong>Gott</strong><strong>es</strong>hingabe<br />

� - zu<strong>de</strong>m stimmt Wettalternative nicht: Verdammnis passt nicht zum allgemeinen Heilswillen<br />

- damit ist <strong>de</strong>r Wette die SchÄrfe genommen und das Argument funktioniert nicht mehr<br />

-� subjektive GrÑn<strong>de</strong> sind beliebig, obwohl die ReligiositÄt „schÅn und tief“ ist (LOICHINGER)<br />

(2) William JAMES<br />

- anthropologischer Hintergrund: <strong>de</strong>r Mensch ist sowohl intellektuell<strong>es</strong> als auch GefÑhlsw<strong>es</strong>en<br />

- JAMES wen<strong>de</strong>t als erster <strong>de</strong>n philosophischen Pragmatismus auf <strong>de</strong>n Glauben an<br />

- Pragmatismus betont das Han<strong>de</strong>ln und hÄlt Theorie, Abstraktion, Erkennen fÑr unwichtig<br />

- <strong>de</strong>nnoch ist Han<strong>de</strong>ln ohne theoretische Begriffe nicht mÅglich, <strong>es</strong> gilt � �<br />

-�d. pragmatische Be<strong>de</strong>utungstheorie: sinnvoll sind nur lebenspraktisch relevante Begriffe<br />

- = Begriffe, die „im Leben einen Unterschied machen“, „etwas bewegen“, „Arbeit leisten“<br />

- alle Begriffe, Hypoth<strong>es</strong>en etc. beziehen Be<strong>de</strong>utung aus <strong>de</strong>m cash value = praktischer Nutzwert<br />

- Glaube ist theoretisch und praktisch von hÅchster Relevanz, er b<strong>es</strong>itzt <strong>de</strong>n cash value:<br />

- er ist eine Öberzeugung = etwas, voraufhin wir zu han<strong>de</strong>ln bereit sind, ein Motivans<br />

- Begriffe d<strong>es</strong> Glaubens lassen dagegen nicht immer praktische Relevanz erkennen<br />

- damit stellt sich die Frage, wann genau die GlaubensÑberzeugung vernÑnftig ist:<br />

- nach <strong>de</strong>r pragmatischen RationalitÄtstheorie ist nur vernÑnftig, was lebensrelevant ist<br />

- = <strong>de</strong>r cash value o<strong>de</strong>r pragmatische Erfolg entschei<strong>de</strong>t Ñber VernÑnftigkeit und Wahrheit<br />

- wie alle Öberzeugungen ist Glaube zunÄchst Arbeitshypoth<strong>es</strong>e, um in Praxis klarzukommen<br />

- <strong>de</strong>r Glaube bietet viele (Handlungs)MÅglichkeiten, die durch Nichtstun vertan wÄren:<br />

- <strong>de</strong>r Mensch hat lebenspraktische Fragen, die nicht intellektuell zu beantworten sind<br />

- bei <strong>de</strong>r Beantwortung muss <strong>de</strong>r Mensch „<strong>de</strong>n Sprung ins Dunkel wagen“<br />

- <strong>es</strong> gibt keine MÅglichkeit, die richtige Entscheidung im Voraus zu erkennen<br />

-�die einzige Option ist „zum B<strong>es</strong>ten han<strong>de</strong>ln, das B<strong>es</strong>te hoffen, nehmen, was kommt“<br />

- = fÖr wen sich <strong>de</strong>r Glauben lebenspraktisch bewÇhrt, <strong>de</strong>r hat das Recht zu glauben<br />

- nun scheint <strong>es</strong> so, als sei <strong>de</strong>r Glaube vor di<strong>es</strong>em Hintergrund die b<strong>es</strong>te Option<br />

- <strong>de</strong>nn die rationalistische Maxime, nichts ohne Beweis zu glauben, wÑr<strong>de</strong> hemmen<br />

- JAMES wen<strong>de</strong>t sich gezielt gegen di<strong>es</strong>e Maxime, <strong>es</strong> braucht nicht immer Beweise<br />

- in lebenspraktischen Fragen kann <strong>es</strong> keine vollstÄndige Sicherheit geben<br />

- Maxime kÄme <strong>de</strong>m „Vertun“ von Chancen gleich � <strong>es</strong> gibt praktische GlaubensgrÇn<strong>de</strong><br />

- di<strong>es</strong>e gehÅren zu unserer passional Nature, zu Wille, GefÑhl; nicht zur Vernunft<br />

- wenn nicht intellektuell entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kann, muss das GefÑhl her<br />

- grundsÄtzlich laufen alle Entscheidungen Gefahr, falsch zu sein, „d. Wahrheit zu verlieren“<br />

- <strong>es</strong> bleibt am En<strong>de</strong> immer die theoretische Ungewissheit zurÖck<br />

(3) Hermann LÖBBE<br />

- Grundproblem ist das d<strong>es</strong> Rationalismus: trotz aller Angriffe auf <strong>Gott</strong> glauben Menschen<br />

- <strong>de</strong>r Glaube ist r<strong>es</strong>istent gegen Kritik, weil er lebenspraktische Funktionen erfÑllt<br />

- er ist eine positive MÅglichkeit <strong>de</strong>r Kontingenz- und DaseinsbewÄltigung<br />

- <strong>de</strong>r Mensch war zu allen Zeiten kontingent, und Glaube ist nichts als <strong>de</strong>ren Anerkennung<br />

-�Glaube ist universal, von „anthropologisch universaler fortschrittsindifferenter Nàtigkeit“<br />

- o<strong>de</strong>r [Öbersetzung LOICHINGERS]: Zeitinvarianz d<strong>es</strong> Glaubens indiziert seine Notwendigkeit<br />

- = wenn Glaube unberÑhrt ist und bleibt, verschafft di<strong>es</strong>e Invarianz ihm Rechtfertigung<br />

(4) Kritik d<strong>es</strong> religiÅsen Pragmatismus<br />

- Glaube ist tatsÄchlich nie nur Sache d<strong>es</strong> Verstand<strong>es</strong> o<strong>de</strong>r theoretisch: Theorie trÅstet nicht<br />

- pathetisch reformuliert, kann nur <strong>de</strong>r Herzensglaube <strong>de</strong>m Menschen helfen<br />

- Glaube als Lebensform umfasst immer auch praktische und affektive Komponenten<br />

- aber Pragmatiker begehen <strong>de</strong>n pragmatischen Fehlschluss = ziehen falsche Konsequenzen:<br />

- die VernÑnftigkeitsfrage kann durch pragmatische GrÑn<strong>de</strong> nicht geklÄrt wer<strong>de</strong>n<br />

- die Konstruktion, all<strong>es</strong>, was sich bewÄhrt, sei wahr, ist ein Fehlschluss<br />

- <strong>es</strong> ist <strong>de</strong>r Umkehrschluss d<strong>es</strong> Satz<strong>es</strong> „Glaube an das, was dich b<strong>es</strong>ser macht“ 3<br />

- damit liegt ein Zirkelschluss vor: nur wahrer Glaube hilft, und was hilft, ist wahr<br />

3<br />

Die Umkehrung dazu lautet wÅrtlich: (Denn) Das, was dich b<strong>es</strong>ser macht, ist wahr. � „Wi<strong>es</strong>o?“<br />

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-�Freibrief dafÑr, all<strong>es</strong> fÑr wahr zu halten, was lebenspraktisch nÑtzt, auch negativ<strong>es</strong><br />

- dazu kommt das Problem <strong>de</strong>r mÅglicherweise (vor<strong>de</strong>rgrÑndig) hilfreichen Illusion<br />

- auch Illusionen kÅnnen lebenspraktisch relevant sein, womit Glaube Illusion sein kÅnnte<br />

3. Subjektive Argumente<br />

(0) Grundgedanke<br />

- Vertreter d<strong>es</strong> religiÅsen Subjektivismus kennen zwei grundsÄtzliche Argumente:<br />

- 1. Glaube ist immer eine zutiefst persÅnliche Entscheidung, <strong>de</strong>r Urknall dagegen nicht<br />

- im Glauben geht <strong>es</strong> (nur) um die persÅnliche LebensfÑhrung, nicht um AuÜerpersÅnlich<strong>es</strong><br />

- 2. ObjektivitÄt ist ohnehin nicht mÅglich, Erkennen ist immer subjektiv gefÄrbt<br />

- <strong>es</strong> gibt nur subjektive RationalitÄt, die persÅnlich geprÄgte Sicht und Wahrnehmung<br />

(1) John Henry NEWMAN<br />

- die von NEWMAN vertretene Erkenntnislehre ist die <strong>de</strong>r persÅnlichen / personellen Erkenntnis<br />

- <strong>de</strong>r Mensch ist kein „folgerichtig <strong>de</strong>nkend<strong>es</strong> W<strong>es</strong>en“, son<strong>de</strong>rn emotional-sensibl<strong>es</strong> W<strong>es</strong>en<br />

- er lÄsst sich nicht primÄr durch Schlussfolgerungen (Syllogismen) beeinflussen<br />

- im logischen SchlieÜen gerÄt das [lebenspraktische] Ziel oft aus <strong>de</strong>m Auge<br />

- damit wen<strong>de</strong>t NEWMAN sich gegen je<strong>de</strong> Form von „paper logic“ = Rationalismus<br />

- <strong>de</strong>r Mensch braucht aber Ziele � er folgt <strong>de</strong>n Glaubensinhalten = Dogmen<br />

- = er braucht keine formallogisch korrekten Beweise, um zu Glauben / zu Han<strong>de</strong>ln:<br />

- menschliche DenkvollzÑge lassen sich grundsÄtzlich nicht vollstÄndig versprachlichen<br />

- die RealitÄt, in <strong>de</strong>r wir leben, ist zu vielschichtig, als dass man ihr mit Papier herr wÑr<strong>de</strong><br />

- <strong>de</strong>r Mensch schlieÜt intuitiv = plÅtzlich<strong>es</strong> geistig<strong>es</strong> Erfassen durch <strong>de</strong>n illative sense<br />

- = Folgerungssinn � je<strong>de</strong>r Mensch erfasst etwas an<strong>de</strong>r<strong>es</strong> als zugrun<strong>de</strong>liegend<strong>es</strong> Prinzip �<br />

-�die Schlussfolgerungen sind nur bedingt formalisierbar<br />

- Konkret<strong>es</strong> lÄsst sich nicht abstrakt fassen, die Begriffe sind zu grob<br />

- nur das persÅnliche ZustimmungsvermÅgen = illative sense ist fein genug abg<strong>es</strong>timmt<br />

- das Arbeitsprinzip di<strong>es</strong><strong>es</strong> VermÅgens ist das implicit reasoning<br />

- mit Versprachlichung / Verobjektivierung / Begriffsbildung entfÄllt das „gemeinsame MaÜ“<br />

- <strong>de</strong>r illative sense ist persÅnlich und individuell gewachsene Urteilskraft, Lebensklugheit<br />

- NEWMAN nennt das UrteilsvermÅgen auch phronensis, angelehnt an das Mittelalter<br />

- FÄhigkeit zum Schlussfolgern ist bei je<strong>de</strong>m Menschen gegeben und gleich (gut)<br />

� - Unterschiedlich sind d. erfassten Inhalte, d. first principl<strong>es</strong>, von <strong>de</strong>nen ausgegangen wird<br />

- o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Hintergrund, vor <strong>de</strong>m wir stets Urteile fÄllen [das Umfeld d<strong>es</strong> Urteilen<strong>de</strong>n]<br />

-�<strong>es</strong> gibt lediglich konvergieren<strong>de</strong> Wahrscheinlichkeiten in einem „Prinzipienpool“:<br />

- wenn <strong>de</strong>r Glaube mir hilft, hilft er wahrscheinlich auch an<strong>de</strong>ren<br />

- di<strong>es</strong>e Tatsache wird <strong>de</strong>m gemeinsamen Vorrat psychologischer Erfahrungen zugefÑgt<br />

- aus di<strong>es</strong>em kÅnnen wie<strong>de</strong>rum an<strong>de</strong>re schÅpfen, mÑsssen aber daraus selbst folgern<br />

- ≈ Probabilismus 100 Jahre spÄter, NEWMAN verwen<strong>de</strong>t das Bild vom Kabel<br />

-�je<strong>de</strong>r Mensch hat sein eigen<strong>es</strong> „kritisch<strong>es</strong> GefÖhl“ und zieht an<strong>de</strong>re SchlÖsse<br />

- damit hat auch je<strong>de</strong>r Mensch eine eigene, erschlossene absolute âberzeugung<br />

-�je<strong>de</strong>r Mensch kann nur fÑr sich selbst glauben o<strong>de</strong>r nicht, vor seinen first principl<strong>es</strong><br />

- vor <strong>de</strong>m Hintegrund von NEWMANs Erkenntnislehre hat auch je<strong>de</strong>r das Recht dazu<br />

(2) Franz von KUTSCHERA<br />

- in wissenschaftlichem Kontext sind nur wortwÅrtliche Tatsachenbehauptungen mÅglich<br />

- die Theologie re<strong>de</strong>t von ihrem Gegenstand aber theistisch = analog o<strong>de</strong>r in Metaphern<br />

- BegrÑndung: <strong>de</strong>r Gegenstand ist notwendig transzen<strong>de</strong>nt, jenseits <strong>de</strong>r Versprachlichug<br />

- Begriffe sind stets nur in Bezug auf Erfahrungswerte <strong>de</strong>finiert<br />

- nicht in Bezug auf Transzen<strong>de</strong>nz � <strong>Gott</strong> ist begrifflich nicht zu fassen<br />

- damit lÄsst sich die Re<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Theologie nicht in wissenschaftliche Sprache umformen<br />

-� wissenschaftliche Theologie erscheint zunÄchst als unmÅglich = Transzen<strong>de</strong>nzargument<br />

-�Glaube b<strong>es</strong>itzt keine theoretische Relevanz mehr, nur noch praktische<br />

- KUTSCHERA <strong>de</strong>nkt primÄr an Nonkognitivisten: Glaube ist keine Tatsachenbehauptung<br />

- er ist <strong>de</strong>n „Tod <strong>de</strong>r tausend Modifikationen“ g<strong>es</strong>torben, bietet keine WelterklÄrung mehr<br />

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- stattd<strong>es</strong>sen bietet <strong>de</strong>r Glaube ein existentiell<strong>es</strong> Sinnpotenzial, ist eine ganze Lebensform<br />

- in <strong>de</strong>n Naturwissenschaften ist vom Sinn d<strong>es</strong> SchÅpfungswerk<strong>es</strong> nicht die Re<strong>de</strong><br />

- Sinnfragen wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r <strong>Religion</strong> erschlossen � Transzen<strong>de</strong>nt<strong>es</strong> wird sinnstiftend<br />

- zu di<strong>es</strong>er Lebensform muss <strong>de</strong>r Mensch sich entschei<strong>de</strong>n � Glaube ist Entscheidungsproblem<br />

- zentral<strong>es</strong> Kriterium fÑr <strong>Religion</strong> ist dann BewÄhrung im Leben = durchaus vage b<strong>es</strong>timmt<br />

- Vagheit ist kein Problem: BewÄhrung kann und soll kein intersubjektiv<strong>es</strong> MaÜ sein<br />

- eine Lebensform bewÄhrt sich nur im Blick auf subjektive PrÄferenzen, WÑnsche, …<br />

-�nur <strong>de</strong>r Einzelne allein kann entschei<strong>de</strong>n, ob er glaubt o<strong>de</strong>r nicht<br />

(3) William WAINWRIGHT<br />

- fÑr die subjektive RationalitÄt sind Beweise / Schlussfolgerungen zwar von hohem Wert<br />

- um aber VernÑnftigkeit = argumentative Stichhaltigkeit zu erkennen, bedarf <strong>es</strong> rechter Disposition<br />

- = geeigneter personal factors, persÅnlicher Dispositionen<br />

- (�) Lebenspraktische Einstellungen hÄngen an einem b<strong>es</strong>timmen Verstehen <strong>de</strong>r Dinge<br />

- b<strong>es</strong>timmt durch persÅnliche Eigenschaften wie Charakter o<strong>de</strong>r Bildung<br />

-�VernÑnftigkeit im Glauben gibt <strong>es</strong> nur fÑr <strong>de</strong>n entsprechend disponierten Menschen<br />

- ang<strong>es</strong>prochene Fragen <strong>de</strong>r Wahrheit lassen sich nur mit FeingefÑhl, reinem Herz… fassen<br />

- die epistemic position d<strong>es</strong> Glaub<strong>es</strong> b<strong>es</strong>itzt nur, wer di<strong>es</strong>e Fertigkeiten mitbringt<br />

- damit radikalisiert WAINWRIGHT die subjektive Argumentation endgÑltig<br />

(4) Kritik d<strong>es</strong> religiÅsen Subjektivismus<br />

- subjektivistische Öberzeugungen sind weit verbreitet, immer wenn <strong>es</strong> „meine Öberzeugung…“ ist<br />

- 1. grundliegen<strong>de</strong> Th<strong>es</strong>e aller Argumente: persÅnliche LebensfÑhrung ist nicht objektive Sache<br />

- entschie<strong>de</strong>n wird nicht mit neutralen, intersubjektiven, son<strong>de</strong>rn mit subjektiven Argumenten<br />

- damit wird d. klassische Argument, das persÅnlicher Glaube nicht beweisbar ist, aufgegriffen<br />

- Glaube gehÅrt nicht (nur) auf die Verstand<strong>es</strong>seite, son<strong>de</strong>rn ist Ergebnis einer Entwicklung<br />

- 2. damit behen Subjektivisten zunÄchst <strong>de</strong>n subjektivistischen Fehlschluss:<br />

- objektive Wahrheit hÄngt nicht an subjektiver Anziehungskraft o<strong>de</strong>r Empfindung<br />

- wie beim Pragmatismus entschei<strong>de</strong>t PersÅnlichkeit nicht Ñber moralisch gut o<strong>de</strong>r bÅse<br />

- Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> hÄngt nicht an menschlichen WÑnschen o<strong>de</strong>r unserer Erkenntnis [Kant]<br />

- 3. weiterhin liegt ein subjektiver Zirkelschluss vor, <strong>de</strong>r ein hermeneutischer Zirkel ist:<br />

- <strong>es</strong> wird aus persÅnlicher Erkenntnis herausgel<strong>es</strong>en, was sie zuvor hineininterpretiert<br />

- subjective dispositions wer<strong>de</strong>n auf ihre epistemische VerlÄsslichkeit hin befragt<br />

- Argumente, die aber nur einem Glauben<strong>de</strong>n (Hermeneuten) etwas sagen, sind unzureichend<br />

- o<strong>de</strong>r stichthaltig ist nur, was unabhÄngig vom Erkennen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Fall ist o<strong>de</strong>r nicht<br />

- bisher konnten we<strong>de</strong>r Fi<strong>de</strong>ismus, Pragmatismus noch Subjektivismus Ñberzeugen<br />

4. Objektive Argumente<br />

(1) Der Selbstanspruch d<strong>es</strong> Glaubens<br />

- vom Glauben wird ErklÄrung fÑr die „Lage <strong>de</strong>r Dinge“, Sachverhalte, Ereignisse erwartet<br />

- nur wenn <strong>de</strong>r Glaube erklÄrt, kann er Herzensglaube sein und TrÅstung spen<strong>de</strong>n<br />

� - emotional-persÅnliche Seite stimmt nur, wenn die objektiven Argumente stimmen<br />

- <strong>Gott</strong> als Verstehens- und ErklÄrungsursache muss objektiv rational prÑfbar sein<br />

- = das SelbstverstÄndnis d<strong>es</strong> Glaubens verlangt rationale DiskussionsfÄhigkeit <strong>de</strong>r Inhalte<br />

- von di<strong>es</strong>em Anspruch gehen alle Argumente d<strong>es</strong> Glaubens aus, auch die von<br />

- <strong>Gott</strong> in explanativer Funktion = als WelterklÄrungshypoth<strong>es</strong>e<br />

(2) Die Theologie als Glaubenswissenschaft<br />

a) Der klassische Wissensanspruch<br />

- objektiv rationale PrÑfbarkeit und ObjektivitÄt be<strong>de</strong>uten Wissenschaftlichkeit<br />

- die klassische Definition wissenschaftlichen Wissens liefert ARISTOTELES:<br />

- wissenschaftlich<strong>es</strong> Wissen (evpisth,mh) = wissen, dass unmÅglich e. an<strong>de</strong>re Ursache vorliegt<br />

- wissenschaftlich<strong>es</strong> Wissen ist damit Beweiswissen � ein Beweis erzeugt Wissen<br />

- = evpisth,mh = apo<strong>de</strong>iktisch<strong>es</strong> Wissen und muss aus ersten, wahren PrÄmissen kommen<br />

- PrÄmissen / Axiome sind nicht nocheinmal beweisbar, sie sind selbst evi<strong>de</strong>nt und notwendig<br />

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-�unterschie<strong>de</strong>n wird evpisth,mh von do,xa, <strong>de</strong>r Alltagsmeinung (do,xa ist auch <strong>de</strong>r Schein)<br />

- di<strong>es</strong> war 2000 Jahre lang das I<strong>de</strong>al <strong>de</strong>r Wissenschaft, die objektive Wissensgewissheit<br />

- erlangt durch Beweise: nur was absolut und letztbegrÇn<strong>de</strong>t bewi<strong>es</strong>en ist, ist rational<br />

- das I<strong>de</strong>al <strong>de</strong>r apo<strong>de</strong>iktischen Wissenschaft wollte die Unanfechtbarkeit <strong>de</strong>r Theorien<br />

- di<strong>es</strong><strong>es</strong> I<strong>de</strong>al erwi<strong>es</strong> sich aber als Illusion, die klassische Wissenschaftstheorie ist g<strong>es</strong>cheitert:<br />

- das absolut sichere, letztbegrÑn<strong>de</strong>te Wissen ist nicht mÅglich, <strong>es</strong> gerÄt in Aporien:<br />

- � die Aporie <strong>de</strong>r ersten PrÄmissen: Wi<strong>es</strong>o sind die PrÄmissen wahr?<br />

- Deduktionen sind nur absolut wahr, wenn die PrÄmissen absolut wahr sind<br />

- Suche nach ersten PrÄmissen fÑhrt aber zu infinitem Regr<strong>es</strong>s o<strong>de</strong>r willkÑrlichem Abbruch<br />

- in bei<strong>de</strong>n FÄllen entfÄllt <strong>de</strong>r Anspruch auf Gewissheit<br />

- � die Aporie <strong>de</strong>r perfekten Evi<strong>de</strong>nz: ARISTOTELES lieÜ nur b<strong>es</strong>timmte PrÄmissen zu<br />

- = nur selbstevi<strong>de</strong>nte SÄtze, die nicht mehr weiter begrÑn<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n mÑssen<br />

- die Kritik daran liefert Edmund HUSSERL: ob <strong>es</strong> Evi<strong>de</strong>nz gibt, ist ungewiss<br />

- das PhÄnomen <strong>de</strong>r Scheinevi<strong>de</strong>nz verbietet <strong>de</strong>n RÖckgriff auf di<strong>es</strong>e „Sicherheit“<br />

- = AlltagsphÇnomene bieten keine Indizien, ob sie TÇuschung sind o<strong>de</strong>r nicht<br />

- die Re<strong>de</strong> von „Selbstevi<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>r Glaubenserfahrung“ ist hermeneutische Theologie 4<br />

-�sicher<strong>es</strong> Wissen ist Illusion, das absolut sichere, apo<strong>de</strong>iktische Wissen unmÅglich<br />

- darÑber gerÄt <strong>de</strong>r klassische Rationalismus in die Krise <strong>de</strong>r Vernunft<br />

-�daraus entstand eine wissenschaftstheoretische Grundlagenreflexion, die<br />

- f<strong>es</strong>thielt, das ohne Evi<strong>de</strong>nz, erste PrÄmissen und Beweise hypothetisch<strong>es</strong> Wissen ausreicht =<br />

b) Kritizismus und Probabilismus<br />

a. Kritizismus, Karl POPPER<br />

- das Prinzip d<strong>es</strong> Kritizismus ent<strong>de</strong>ckte und b<strong>es</strong>chrieb erstmals Karl POPPER, „Logik <strong>de</strong>r Forschung“<br />

- wissenschaftliche Gewissheit gibt <strong>es</strong> nicht, alle Aussagen sind immer nur Hypoth<strong>es</strong>en<br />

- wissenschaftlich<strong>es</strong> Arbeiten b<strong>es</strong>teht im PrÖfen von Theorien, die immer Systeme bil<strong>de</strong>n<br />

- = im Kritisieren � keine wissenschaftliche Th<strong>es</strong>e gilt absolut und fÑr immer<br />

-�vernÑnftig / rational sind Öberzeugungen, die sich vor Kritik eine Zeit lang bewÄhren<br />

- letzte Rechtfertigung von Theorien gibt <strong>es</strong> nicht, nur ein ErklÄrungspotenzial<br />

- = <strong>es</strong> gibt keine Verifikation, nur kritische PrÑfung und Relevanz nur durch Kritik<br />

- <strong>de</strong>r „metaphysische“ Glaube an „G<strong>es</strong>etzmÄÜigkeiten“ ist unwissenschaftlich<br />

- ObjektivitÄt be<strong>de</strong>utet immer VorlÄufigkeit, <strong>de</strong>nn objektive Th<strong>es</strong>en sind falsifizierbar<br />

- im Vergleich <strong>de</strong>r Wiener-Kreis-Positionen ist das die schwÄchere RationalitÄtsfor<strong>de</strong>rung<br />

- <strong>de</strong>nn: <strong>es</strong> ist kein Beweis mehr nÅtig, rational<strong>es</strong> Wissen ist nicht notwendig Beweiswissen<br />

- Prinzip d<strong>es</strong> Kritizismus ist BewÄhrung und mÇglichst Ausschluss von Irrtum<br />

- damit geht aber nicht die ObjektivitÄt verloren, <strong>de</strong>nn man kann Öberzeugungen t<strong>es</strong>ten<br />

- hierher gehÅrt POPPERs Drei-Welten-Theorie, mit <strong>de</strong>ren Hilfe d. T<strong>es</strong>tverfahren erklÄrbar wird<br />

- Welt 1 = physische Welt = StraÜen, HÄuser, BÄume: Tatsachen�<br />

- Welt 2 = psychische Welt = Freu<strong>de</strong>, Trauer, Sorgen; das Mentale („Ñber �“)<br />

- Welt 3 = geistige Produkte = im Grun<strong>de</strong> die Welt <strong>de</strong>r Deutungen�:<br />

- Erfindungen, BÑcher, Symphonien, Mathematik,… Glauben, Wissenschaft selbst<br />

-�Produkte unser<strong>es</strong> Nach<strong>de</strong>nkens Ñber die Welt, Erfindungen unser<strong>es</strong> Geist<strong>es</strong><br />

- di<strong>es</strong>e Welt 3 erschlieÜt sich nur <strong>de</strong>m Menschen, das ist sein Unterschied zum Tier<br />

- di<strong>es</strong>e Welt begrÑn<strong>de</strong>t sich mit Vernunft, die die Welt kreativ-schÅpferisch <strong>de</strong>utet<br />

-� kein Weg fÑhrt mit Notwendigkeit von Welt 1 zu 3, von <strong>de</strong>n Tatsachen zu <strong>de</strong>n Deutungen<br />

- vor allem komplexe Theorien (Quantenmechanik…) mÑssen get<strong>es</strong>tet wer<strong>de</strong>n:<br />

- Gang d. Wissenschaft = trial-and-error, nur so lÄsst sich e. illusorisch<strong>es</strong> Verstehen vermei<strong>de</strong>n<br />

-�ohne Anspruch auf absolut<strong>es</strong> Wissen lÅst POPPER <strong>de</strong>n „Scherbenhaufen <strong>de</strong>r Vernunft“<br />

- statt Apo<strong>de</strong>ixis wen<strong>de</strong>t er erstmals das Prinzip <strong>de</strong>r rationalen PrÖfung an<br />

b. Probabilismus, Rudolf CARNAP<br />

- praktische Entscheidungen lassen sich mit WahrscheinlichkeitsgrÇn<strong>de</strong>n treffen<br />

- = bereits „lediglich“ wahrscheinliche Öberzeugungen sind rational erlaubt<br />

- um eine Entscheidung vernÑnftig zu machen, reicht schon ein b<strong>es</strong>timmt<strong>es</strong> Wissen aus<br />

4<br />

Das Be<strong>de</strong>utet, dass sie sich in einem hermeneutischen Zirkel selbst und damit nicht beweist.<br />

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- = Wissen <strong>de</strong>r Person, dass di<strong>es</strong>er zum Zeitpunkt <strong>de</strong>r Entscheidung zur VerfÑgung steht<br />

- CARNAP verwen<strong>de</strong>t induktive Argumente als SchÄtz-Verfahren (induktiv<strong>es</strong> SchÄtzverfahren)<br />

- aufgrund d<strong>es</strong> jetzt verfÑgbaren Wissens wird eine Behauptung wahrscheinlicher als an<strong>de</strong>re<br />

- alle Erfahrungsargumente fÑr eine Sache sind die induktiven kumulativen Argumente<br />

- Newman sagt dazu: Wie bei einem Kabel wer<strong>de</strong>n alle DrÄhte zusammengehalten<br />

- beim Schluss aus einer endlichen Klasse von Beobachtungen auf Allgemein<strong>es</strong><br />

- gibt <strong>es</strong> zwar Wahrscheinlichkeit, aber keine Sicherheit: <strong>es</strong> folgt keine letzte Wahrheit<br />

- die Position Ähnelt <strong>de</strong>m Kritizismus, aber die klassische BegrÑndungsi<strong>de</strong>e gilt weiter<br />

- CARNAP <strong>de</strong>nkt wahrscheinlich auch an eine lebenspraktische BewÄhrung<br />

- = er erhebt im Positionsvergleich die stÄrkere RationalitÄtsfor<strong>de</strong>rung<br />

g. Ergebnis<br />

- Kritizismus und Probabilismus halten sich je fÑr das B<strong>es</strong>te, sind aber eigentlich gleichwertig<br />

- <strong>de</strong>r Unterschied b<strong>es</strong>teht [nur] in <strong>de</strong>r StÄrke <strong>de</strong>r RationalitÄtsfor<strong>de</strong>rung:<br />

- Kritizismus begnÑgt sich mit <strong>de</strong>m Fehlen von Falsifikation = schwÄchere For<strong>de</strong>rung<br />

- Probabilismus for<strong>de</strong>rt zusÄtzlich Wahrscheinlichkeitsargumente = stÄrkere For<strong>de</strong>rung<br />

- <strong>de</strong>r terminus technicus fÑr <strong>de</strong>n generellen Wissensbegriff nicht apo<strong>de</strong>iktischen Wissens:<br />

- genereller erkenntnistheoretischer Fallibilismus = menschlich<strong>es</strong> Wissen ist fehlbar<br />

- <strong>es</strong> ist eine Erfahrungstatsache, dass <strong>de</strong>r Mensch nur hypothetisch-vorlÄufig weiÜ<br />

- menschliche Information ist begrenzt, all<strong>es</strong> an<strong>de</strong>re Hybris: das passt zum Glaubensbegriff:<br />

c) Fazit: Der theologische Glaubensbegriff<br />

- mit Kritizismus und Probabilismus ist <strong>de</strong>r theologische Wissensbegriff b<strong>es</strong>tÄtigt<br />

-�damit ergeben sich drei unabdingbare Elemente d<strong>es</strong> mo<strong>de</strong>rnen Glaubensbegriffs<br />

- � Glaube ist immer ein konkret gelebt<strong>es</strong> <strong>Gott</strong><strong>es</strong>- = Transzen<strong>de</strong>nzverhÄltnis<br />

- di<strong>es</strong><strong>es</strong> Prinzip d<strong>es</strong> personalen Vertrauensglaubens ist schon biblisch belegt<br />

- AT: J<strong>es</strong> 7,9 „glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht“: Mensch muss in <strong>Gott</strong> Halt fin<strong>de</strong>n<br />

- ohne <strong>Gott</strong> hat <strong>de</strong>r Mensch keinen existentiellen Stand, ohne <strong>Gott</strong><strong>es</strong> Treue ist er nicht<br />

- NT: Mk 9,3 „fÑr Glauben ist all<strong>es</strong> mÅglich“ heiÜt nicht naiv „all<strong>es</strong> wird gut“ [Nina RUGE]<br />

- son<strong>de</strong>rn meint Optimismus: die Zukunft mag schlecht aussehen, ist aber nicht ausweglos<br />

- Glaube ist dabei die nicht Ñbertragbare, unbeliebige LebensrealitÄt d<strong>es</strong> Einzelnen<br />

- di<strong>es</strong>er Glaubensakt (fid<strong>es</strong> qua) muss je<strong>de</strong>n Tag neu gelebt und i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n<br />

- � Glaubensinhalte (fid<strong>es</strong> quae) verhin<strong>de</strong>rn ein gegenstandslos<strong>es</strong>, leer<strong>es</strong> Vertrauen<br />

- Glaube ist dabei ein umfassend<strong>es</strong> Deut<strong>es</strong>ystem, eine G<strong>es</strong>amt-Weltanschauung<br />

- Summe aus: kognitiven Behauptungen, evaluativen Werten, emotionalen Einstellungen<br />

- hierher gehÅrt die Aufgabe <strong>de</strong>r <strong><strong>Religion</strong>sphilosophie</strong>: Inhalte als unbeliebig nachweisen<br />

- � Glaube hat w<strong>es</strong>entlich Wagnis- und Entscheidungscharakter�er muss frei sein<br />

- Glaube darf nicht absolut gewiss sein, son<strong>de</strong>rn bedarf berechtigter Zweifel:<br />

- objektiv<strong>es</strong> Wissen wÄre das b<strong>es</strong>te Wissen, aber Wissen ist immer Ñberholbar<br />

- auch die Theologie kann ihre Inhalte nicht beweisen, son<strong>de</strong>rn nur ErklÄrungen kritisch prÑfen<br />

- = nÅtig ist objektiv-rationale Diskussion <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong><strong>es</strong>erklÄrung auf Basis relevanter Argumente 5<br />

(3) Richard SWINBURNE<br />

a. Programm (Anliegen SWINBURNEs)<br />

- christliche Theologie soll (wie<strong>de</strong>r) intellektuell r<strong>es</strong>pektabel und akzeptabel sein<br />

- Glaube ist nicht rein innerlich-emotional, son<strong>de</strong>rn bietet e. ernstzunehmen<strong>de</strong> WelterklÄrung<br />

- di<strong>es</strong>e ist zwar metaphysisch-religiÅs, bietet aber ein hoh<strong>es</strong>, objektiv<strong>es</strong> ErklÄrungspotiential<br />

- <strong>de</strong>r sprachanalytische Sinnlosigkeitsvorwurf muss aufgegriffen und daraus gelernt wer<strong>de</strong>n<br />

- Naturwissenschaft allein be<strong>de</strong>utet eine empirische VerkÇrzung, die Glauben aufhebt<br />

- er erklÄrt b<strong>es</strong>timmte PhÄnomene b<strong>es</strong>ser, greift Ñber das sichtlich ErklÄrbare hinaus<br />

- Glaube wie Naturwissenschaft (KausalitÄt) sind an ihren Implikationen prÑfbar<br />

b. Wissenschaftlicher ErklÄrungsbegriff<br />

- <strong>es</strong> gibt naturwissenschaftliche und personale ErklÄrungen, die bei<strong>de</strong> plausibel sind<br />

- Naturwissenschaft sucht nach Ausgangsbedingungen durch (Natur)G<strong>es</strong>etze zur erklÄren<br />

5<br />

Genau das ist kurzgefasst auch die Definition von Theologie als (Glaubens)Wissenschaft.<br />

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- personale AnsÄtze erklÄren Sachverhalte durch FÄhigkeiten und Intentionen von Personen<br />

-�<strong>es</strong> geht einmal um Naturereignisse, ein an<strong>de</strong>rmal � um intentionale Handlungen 6<br />

- die bei<strong>de</strong>n Grun<strong>de</strong>rklÄrungen lassen sich nicht aufeinan<strong>de</strong>r Reduzieren<br />

g. BAYESsch<strong>es</strong> Theorem: Die Kriterien rationaler = vernÑnftiger ErklÄrungen<br />

- erste Frage ist, ob Ñberhaupt ErklÄrungsbedarf b<strong>es</strong>teht: ist die vorliegen<strong>de</strong> Sache wahrscheinlich<br />

- = wie groÜ ist die Ausgangswahrscheinlichkeit <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Indizien [„wie natÖrlich…“]<br />

- wenn sie erklÄrt wer<strong>de</strong>n mÑssen, kann m. zunÄchst beliebige Annahmen Ñber Ursachen machen<br />

- und dann prÑfen, welche Annahme sich als die wahrscheinlichste ErklÄrung erweist:<br />

- grundsÄtzlich sind alle Annahmen nur Hypoth<strong>es</strong>en, wie in einem Kriminalfall<br />

- eine Hypoth<strong>es</strong>e impliziert immer b<strong>es</strong>timmte Indizien, die ohne sie nicht wÄren<br />

- signifikant = relevant sind di<strong>es</strong>e Indizien genau dann, wenn<br />

- 1. sie normalerweise unwahrscheinlich sein und nicht zu erwarten wÑr<strong>de</strong>n<br />

- im Kriminalfall<strong>es</strong>: ein TÄter, <strong>de</strong>r nicht Tut, hinterlÄsst keine FingerabdrÑcke<br />

- 2. wenn die Hypoth<strong>es</strong>e gilt, mÑssen die Sachverhalte dagegen wahrscheinlich sein<br />

-� d. ErklÄrungswert d. Hypoth<strong>es</strong>e ist hoch, wenn sie die Indizien wahrscheinlich macht<br />

- = wenn sie das PhÄnomen mÅglichst gut erklÄrt, b<strong>es</strong>ser als an<strong>de</strong>re Hypoth<strong>es</strong>en<br />

- wahrscheinlich wer<strong>de</strong>n Hypoth<strong>es</strong>en durch eine Reihe solcher „verwahrscheinlichter“ Indizien<br />

- fasst man alle Indizien zusammen, die fÑr o<strong>de</strong>r gegen verschie<strong>de</strong>ne Hypoth<strong>es</strong>en sprechen<br />

- zeichnet sich in <strong>de</strong>r Regel eine Wahrscheinlichkeit fÑr eine b<strong>es</strong>timmte Hypoth<strong>es</strong>e ab<br />

- solche Indizien kÅnnen zum Beispiel eintreffen<strong>de</strong> Prognosen sein (Urknalltheorie �…)<br />

- Hypoth<strong>es</strong>e selbst muss immer màglichst einfach sein = eigene Ausgangswahrscheinlichkeit hoch<br />

- von sich aus unwahrscheinliche Hypoth<strong>es</strong>en sind unplausibel<br />

- einen hohen ErklÄrungswert b<strong>es</strong>itzt nur Einfach<strong>es</strong><br />

- Mensch suchte und sucht immer nach <strong>de</strong>r ErklÄrung d<strong>es</strong> Komplexen durch Vereinfachung<br />

-� die Suche ist erst beim factum brutum = <strong>de</strong>r einfachst mÅglichen ErklÄrung <strong>de</strong>r PhÄnomene been<strong>de</strong>t<br />

- g<strong>es</strong>amte Theorie lÄsst sich nun auf die Hypoth<strong>es</strong>e „<strong>Gott</strong> existiert“ = <strong>Gott</strong><strong>es</strong>glauben anwen<strong>de</strong>n:<br />

- damit kann man die <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise als Wahrscheinlichkeitsargumente neu formulieren<br />

- erklÄrungswÑrdig<strong>es</strong> komplex<strong>es</strong> Faktum ist die Existenz d<strong>es</strong> schÅnen Universums (Teleologie)<br />

- die naturwissenschaftliche Feinabstimmung schreit nach SWINBURNE nach ErklÄrung<br />

- die Ausgangswahrscheinlichkeit ist nicht hoch � <strong>es</strong> b<strong>es</strong>teht ErklÄrungsbedarf<br />

- <strong>es</strong> muss intuitiv nicht fÑr all<strong>es</strong> eine ErklÄrung geben, aber gar keine ist unwahrscheinlich<br />

- Gegenposition wÄre die Auffassung von RUSSEL: „das Universum ist einfach da“<br />

- die KomplexitÇt muss nicht erklÇrt wer<strong>de</strong>n, das Einfachheitskriterium hinfÇllig<br />

- Hypoth<strong>es</strong>e, „<strong>Gott</strong> existiert“ macht di<strong>es</strong><strong>es</strong> sonst unwahrscheinliche Faktum wahrscheinlich<br />

- wenn <strong>Gott</strong> existiert, dann schafft er genau ein solch geordnet<strong>es</strong> Universum<br />

-�„<strong>Gott</strong>“ hat einen hohen ErklÇrungswert: Indizien wÇren ohne ihn unwahrscheinlich<br />

- insb<strong>es</strong>on<strong>de</strong>re die Gerichtetheit <strong>de</strong>r Evolution auf <strong>de</strong>n Menschen, aber auch Schànheit etc.<br />

- die Indizien sind auÑer<strong>de</strong>m nicht naturwissenschaftlich [vollstÄndig] erklÄrbar<br />

- die theistische ErklÄrung ist fÑr SWINBURNE auch die allereinfachst mÅgliche<br />

- die KomplexitÄt d<strong>es</strong> Universums kann auf eine einheitliche Ursache zurÇckgefÇhrt wer<strong>de</strong>n<br />

- dagegen steht die I<strong>de</strong>e von John L. MACKIE: <strong>Gott</strong> ist die kompliziert<strong>es</strong>te ErklÄrung<br />

- <strong>Gott</strong> ist eine „befremdliche EntitÄt“ und so unwahrscheinlich wie MarsmÄnnchen<br />

5. Fazit<br />

- SWINBURNE reformuliert auf di<strong>es</strong>er Basis alle <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise<br />

-� aber genannte Kritik wirft ihm vor, mit subjektiven Wahrscheinlichkeiten zu arbeiten<br />

-� <strong>es</strong> kommt aufgrund <strong>de</strong>rselben Argumentation zu zwei vÅllig entgegenstehen<strong>de</strong>n Th<strong>es</strong>en<br />

- die Argumente sind die gleichen, aber sie wer<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rs gewertet<br />

-� Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> ist nicht ausg<strong>es</strong>chlossen, son<strong>de</strong>rn aufgrund mehrerer Indizien wahrscheinlich<br />

- <strong>es</strong> ist nur ein argumentativer Patt mÅglich, die Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> bleibt doppel<strong>de</strong>utig<br />

- bei<strong>de</strong> Argumentationen haben Recht, das Universum b<strong>es</strong>itzt religiÅse Ambivalenz<br />

- <strong>es</strong> ist als SchÅpfung genauso wie als naturalistischer Zufall <strong>de</strong>utbar � Freiheit<br />

6<br />

Als Beispiel wer<strong>de</strong>n Ebbe und Flut o<strong>de</strong>r die Blumenvase im Gang angefÑhrt.<br />

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VII. Argument religiÅser Erfahrung<br />

1. ReligiÅse Erfahrung<br />

(1) Definition und (2) Erfahrungsperspektiven<br />

- (1) all<strong>es</strong>, was wir bewusst erleben, ist zugleich Gegenstand von Erfahrung<br />

- dabei gilt das Erleben sowohl uns selbst als auch im Bezug auf Umwelt und Mitmenschen<br />

- Erfahrung gibt <strong>es</strong> auf drei Ebenen:<br />

- � perzeptuelle Erfahrungen = Sinn<strong>es</strong>erfahrungen, wahrgenommen durch die fÑnf Sinne<br />

- perzeptuelle Erfahrungen informieren Ñber „das, was <strong>es</strong> gibt“ [allerdings nicht nach KANT]<br />

- � evaluative = wertmÄÜige Erfahrungen, im weit<strong>es</strong>ten Sinne „ethische Erfahrungen“<br />

- sie veranlassen zu åuÜerungen wie „maj<strong>es</strong>tÄtischer Sternenhimmel“ o<strong>de</strong>r Ähnlichem<br />

- grÅÜter Bereich ist die åsthetik, und <strong>de</strong>r Mensch nimmt immer solcherart wertend wahr<br />

- � religiÅse Erfahrung ist nicht notwendig, aber mÅglich; eine Wen<strong>de</strong> kann als FÑgung etc.<br />

- (2) die Erfahrungen „steigern“ o<strong>de</strong>r „vertiefen“ sich von � nach �<br />

- am Anfang steht Perzeption (Mondaufgang) und d<strong>es</strong>sen Untersuchung (Kalen<strong>de</strong>rrechnung)<br />

- Ästhetisch<strong>es</strong> Erleben ist bereits weniger steuerbar (Mondaufgang ist schÅn, romantisch etc.)<br />

- die hÅchste Stufe wÄre das Erleben d<strong>es</strong> Wahrgenommenen als gÅttlich = religiÅs<br />

- im En<strong>de</strong>ffekt heiÜt das, die Sache als SchÅpfung o<strong>de</strong>r g<strong>es</strong>chaffen zu erfahren<br />

- religiÅse Erfahrung lÄsst sich dabei nicht erzwingen, herbeifÑhren o<strong>de</strong>r „herstellen“<br />

- alle di<strong>es</strong>e Stufen wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Menschen erÅffnet und erschlieÜen unterschiedliche Tiefen<br />

- = die Erfahrungsperspektive weitet sich von <strong>de</strong>r bloÜen Perzeption zur <strong>Gott</strong><strong>es</strong>erfahrung<br />

(3) Klassifikation (religiÅser Erfahrungen)<br />

- wie alle PhÄnomene mÑssen auch die <strong>de</strong>r religiÅsen Erfahrung „katalogisiert“ wer<strong>de</strong>n<br />

- eine logisch vollstÄndige Klassifikation liefert Richard SWINBURNE:<br />

- A. allgemein zugÄngliche religiÅse Erfahrungen<br />

- 1. normale Erfahrungen sind die alltÄglichen menschlichen Kontingenzerfahrungen<br />

- Menschen geht an AlltagsvorfÄllen ein „Licht“ [i.S. Offenbarung] auf<br />

- dazu gehÅren <strong>de</strong>r erwÄhnte Mondaufgang als SchÅpfung und die Schicksalswen<strong>de</strong><br />

- 2. anormale Erfahrungen sind Wun<strong>de</strong>rerlebnisse und Erscheinungen, wie im NT<br />

- B. private religiÅse Erfahrungen wer<strong>de</strong>n nur von einer Person erlebt<br />

- 3. wortsprachlich b<strong>es</strong>chreibbare Erfahrungen lassen sich alltagssprachlich fassen<br />

- 4. wortsprachlich nicht b<strong>es</strong>chreibbare Erfahrungen lassen sich nicht ausdrÑcken<br />

- von <strong>de</strong>n gemachten Erfahrungen kann [zumind<strong>es</strong>t] nicht [direkt] berichtet wer<strong>de</strong>n<br />

- dazu zÄhlen mystische Erfahrungen (Versenkung, unio mystica)<br />

- auf di<strong>es</strong>en <strong>de</strong>m Wortzugriff entzogenen Erfahrungen basiert negative Theologie<br />

- 5. nicht mit konkreten Ereignissen verbun<strong>de</strong>n ist das „GefÖhl <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong><strong>es</strong>gegenwart“<br />

(4) <strong>Gott</strong><strong>es</strong>erfahrung als direkte und indirekte Erfahrung<br />

- die Klassifikation nach „direkter“ und „indirekter“ Erfahrung ist einfacher als die logische<br />

- allerdings ist sie logisch nicht vollstÇndig, MaÑstab ist das „wie“ <strong>de</strong>r Offenbarung<br />

- direkte Erfahrungen sind direkte Offenbarung und unmittelbare <strong>Gott</strong><strong>es</strong>begegnungen<br />

- sie wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Regel vom „normalen Menschen“ nicht gemacht<br />

- dazu zÄhlen wie<strong>de</strong>rum die mystischen Erfahrungen <strong>de</strong>r unio o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Versenkung<br />

- indirekte Erfahrungen macht <strong>de</strong>r „normale Mensch“ an Ereignissen<br />

- = Alltagserfahrung wird „durchsichtig“, am Ereignis geht ein religiàser Sinn auf<br />

- von Karl RAHNER als die Transzen<strong>de</strong>nzerfahrung d<strong>es</strong> „Existenzials“ b<strong>es</strong>chrieben:<br />

- <strong>es</strong> ist das GefÖhl <strong>de</strong>r inneren Unzufrie<strong>de</strong>nheit, selbst wenn wir noch so „gefÖllt“ sind<br />

-�<strong>de</strong>r Mensch muss immer Ñber die Welt hinausgreifen, b<strong>es</strong>chei<strong>de</strong>ner geht <strong>es</strong> nicht<br />

2. VerlÄsslichkeit religiÅser Erfahrung<br />

(2) Das epistemische VerlÄsslichkeitsprinzip und (1) die VerlÄsslichkeit religiÅser Erfahrung<br />

- Grundproblem <strong>de</strong>r Epistemologie ist die Frage nach <strong>de</strong>r VerlÄsslichkeit von Information<br />

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- (2) allgemein gilt: so lange nichts entschie<strong>de</strong>n gegen unsere Wahrnehmung spricht,<br />

- ist <strong>es</strong> vernÑnftig und sind wir im Recht, anzunehmen,<br />

- dass die Dinge (Umwelt, Mitmenschen) voraussichtlich so sind wie wir sie wahrnehmen<br />

- daraus ergibt sich das (1) Argument fÅr die VerlÄsslichkeit religiÅser Erfahrung:<br />

- mit <strong>de</strong>m gleichen Recht, wie wir unseren fÑnf Sinnen trauen, also <strong>de</strong>r perzeptuellen Erfahrung,<br />

- dÑrfen wir auch <strong>de</strong>m religiÅsen Erfahrungssinn vertrauen<br />

- in bei<strong>de</strong>n FÄllen liegt eine verlÄssliche Informationsquelle Ñber die Wirklichkeit vor<br />

- religiÅse Erfahrungen sind <strong>de</strong>mnach so lange als gleichverlÄsslich anzusehen,<br />

- wie keine relevante Falsifikation vorliegt, also „nichts gegen epistemische ParitÇt spricht“<br />

- eine allgemeine Definition von (je<strong>de</strong>r[!]) Erfahrung liefert (nochmals) Robert SWINBURNE:<br />

- „Wahrnehmen“ be<strong>de</strong>utet zunÄchst, einen Gegenstand auÜerhalb d<strong>es</strong> Bewusstseins bemerken<br />

- = ein „was-auch-immer“ di<strong>es</strong><strong>es</strong> ÄuÜeren Gegenstand<strong>es</strong> in das Bewusstsein zu bringen<br />

- Erfahrung ist Wahrnehmung dann genau, wenn das Objekt realiter existiert<br />

- = die Wahrnehmung tatsÄchlich vom Objekt ausgelÅst wird und nicht Einbildung ist<br />

-�religiÅse Erfahrungen sind Erfahrung genau dann, wenn <strong>Gott</strong> tatsÄchlich existiert<br />

- SWINBURNE lÄsst nun aber auch <strong>de</strong>n Umkehrschluss zu: was erfahren wird, ist wahrscheinlich<br />

- = von <strong>de</strong>r Tatsache einer Erfahrung darf auf die Existenz d<strong>es</strong> AuslÅsers g<strong>es</strong>chlossen wer<strong>de</strong>n<br />

- das gilt auch fÑr religiÅse Erfahrung: wer <strong>Gott</strong> erfÄhrt, darf glauben, dass er existiert<br />

(3) Synth<strong>es</strong>en<br />

a. John HICK<br />

A. Voraussetzungen (AusgangsprÄmissen ���)<br />

- HICK untersucht <strong>de</strong>n Quellgrund fÑr <strong>Religion</strong> unter einem epistemologischen Ansatz<br />

- <strong>es</strong> b<strong>es</strong>teht ein Unterschied zwischen religiÅser und nicht-religiÅser Erfahrung (Wahrnehmung)<br />

- in <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>r Vermittlung <strong>de</strong>r Wahrnehmung: <strong>Religion</strong> ist nicht Perzeption / sinnlich<br />

� - nichtsd<strong>es</strong>tomin<strong>de</strong>r ist religiÅse Erfahrung echte Erfahrung, Glaube konkrete ErfahrungsrealitÄt<br />

- wenn d. Propheten im AT die G<strong>es</strong>chichte als <strong>Gott</strong><strong>es</strong> Han<strong>de</strong>ln erfuhren, ist das ihre RealitÄt<br />

- = die Erfahrung <strong>de</strong>r G<strong>es</strong>chichte als „religiÅs“ ist nicht einfach nur eine Deutung<br />

- = <strong>es</strong> geht nicht um die nachtrÄgliche Anwendung einer Theorie auf das G<strong>es</strong>chehen<br />

- <strong>de</strong>r Mensch ist auf seine Erfahrung angewi<strong>es</strong>en, um han<strong>de</strong>ln zu kÅnnen<br />

- wir mÑssen davon ausgehen, dass die Welt so ist, wie wir sie erleben, sonst Ñberleben wir nicht<br />

- auch wenn <strong>es</strong> keinen Beweis dafÑr gibt, das wir die Welt so erleben, wie sie ist 1<br />

- das gilt insb<strong>es</strong>on<strong>de</strong>re, da wir nicht wissen, wie unsere Erfahrung zur „Wirklichkeit“ wird<br />

� - das liegt an <strong>de</strong>r Funktion d<strong>es</strong> kognitiven Wahrnehmungsapparats d<strong>es</strong> Menschen:<br />

- wir wissen nicht, wie unsere Erfahrungen zu unserer Wirklichkeits<strong>de</strong>utung wer<strong>de</strong>n<br />

- <strong>de</strong>r (kognitive) Be<strong>de</strong>utungsgehalt <strong>de</strong>r Wirklichkeit erschlieÜt sich spontan, unwillkÑrlich<br />

- gilt fÑr alle drei Wahrnehmungsperspektiven: � perzeptuelle, � evaluative und � religiÅse<br />

� - = wir nehmen war, dass wir in einer logischen Welt leben, wissen aber nicht, ob di<strong>es</strong>e existiert<br />

� - dasselbe gilt fÑr die Erfahrung, dass wir moralische W<strong>es</strong>en sind: wir wissen nicht, warum<br />

� - und fÑr die <strong>Gott</strong><strong>es</strong>erfahrung: Theisten interpretieren ihre Erfahrung als die <strong>Gott</strong><strong>es</strong><br />

- = sie nehmen <strong>Gott</strong> wahr, aber sie kÅnnen nicht beweisen, wie das funktioniert<br />

- in allen FÄllen aber interpretieren wir die Erfahrung irgendwie, um han<strong>de</strong>ln zu kÅnnen<br />

- � <strong>es</strong> gibt in <strong>de</strong>r Wahrnehmung unterschiedliche Gra<strong>de</strong> kognitiver Freiheit<br />

- da sich Perzeption aufdrÄngt, ist die Freiheit bei di<strong>es</strong>er Wahrnehmung am kleinsten<br />

- � nicht alle Menschen machen Ästhetische / ethische o<strong>de</strong>r religiÅse Erfahrungen<br />

- <strong>es</strong> bedarf dazu <strong>de</strong>r Disposition, aber ist sie vorhan<strong>de</strong>n, ist das Erleben unwillkÑrlich<br />

B. Das Analogie-Argument (fÑr <strong>de</strong>n Glauben)<br />

- HICKs Frage ist nun, wie verlÄsslich die Erfahrung <strong>de</strong>r einzelnen Perspektiven ist<br />

- mit wachsen<strong>de</strong>r kognitiver Freiheit geht zunÄchst eine rationale Unsicherheit einher<br />

- di<strong>es</strong> ist aber wie<strong>de</strong>rum notwendige Bedingung fÑr die Glaubensfreiheit [Erinnere] ///<br />

- analog zu aller an<strong>de</strong>ren Erfahrung (��) darf man auch fÑr d. VernÑnftigkeit v. � argumentieren:<br />

- 1. alle Erkenntnis geht von Erfahrung aus = solange nichts dagegen spricht, mÅssen wir<br />

1<br />

O<strong>de</strong>r umgekehrt: Obwohl <strong>es</strong> keinen Beweis dafÑr gibt, das die Welt so ist, wie wir sie erleben [KANT!].<br />

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- glauben, dass wir die Welt erfahren, wie sie ist und umgekehrt = <strong>de</strong>r Erfahrung trauen<br />

- ohne di<strong>es</strong>e realistische Erkenntnistheorie wÄren wir handlungsunfÄhig<br />

- ohne Zweifel von <strong>de</strong>r Fehlerhaftigkeit unserer Wahrnehmung auszugehen, ist pathologisch<br />

- 2. � v. epistemischer VerlÄsslichkeit d. Erfahrung auszugehen, ist Prinzip vernÇnftigen Denkens<br />

- das b<strong>es</strong>te Beispiel dafÑr liefert das NT in <strong>de</strong>n Evangelien:<br />

- J<strong>es</strong>us erfuhr intensiv die Gegenwart <strong>Gott</strong><strong>es</strong>, und bei allem R<strong>es</strong>pekt, er war nicht krank<br />

-�fÑr ihn wÄren Zweifel an <strong>de</strong>r Existenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> vÅllig absurd gew<strong>es</strong>en<br />

- 3. <strong>es</strong> b<strong>es</strong>teht vÅllige ParitÄt zwischen <strong>de</strong>r VerlÄsslichkeit perzeptueller und religiÅser Erfahrung<br />

-�wer die intensive Erfahrung <strong>Gott</strong><strong>es</strong> macht, muss vernÄnftigerweise glauben<br />

- im Falle J<strong>es</strong>u wÄre gera<strong>de</strong> die Annahme <strong>de</strong>r Nichtexistenz <strong>Gott</strong><strong>es</strong> <strong>de</strong>r pathologische Fall<br />

- <strong>de</strong>r Mensch ist so g<strong>es</strong>chaffen, dass er nur auf di<strong>es</strong>er Erfahrungsgrundlage leben kann<br />

-�wenn <strong>es</strong> rational ist, Öberzeugungen auf Basis perzeptueller Erfahrung zu bil<strong>de</strong>n,<br />

- ist <strong>es</strong> auch rational, Öberzeugungen = Glauben auf Basis religiÅser Erfahrung zu bil<strong>de</strong>n<br />

b. Alvin PLANTINGA<br />

- Hintergrund: PLANTINGA versucht, mit einer reformed epistemology die Dialektik aufzugreifen<br />

- Anliegen <strong>de</strong>r Dialektik = reformierten Theologie war, <strong>Gott</strong> als unbeweisbar zu <strong>de</strong>finieren<br />

- damit ist nach PLANTINGA gemeint: <strong>es</strong> ist nicht notwendig, <strong>de</strong>n Glauben nachzuweisen<br />

- = <strong>es</strong> braucht kein theistisch<strong>es</strong> Argument, <strong>es</strong> braucht Ñberhaupt kein<strong>es</strong> zu existieren<br />

- <strong>de</strong>r Glaube ist basal (basic), und zwar in sich berechtigterweise (properly[!])<br />

- di<strong>es</strong><strong>es</strong> Anliegen richtet sich gegen d. evi<strong>de</strong>ntialistischen Einwand (evi<strong>de</strong>ntialist challenge)<br />

- = geglaubt wer<strong>de</strong>n darf nur, wofÑr Indizien sprechen = was evi<strong>de</strong>nt ist<br />

- im Grun<strong>de</strong> eine (abg<strong>es</strong>chwÄchte) rationalistische Maxime: Glaube muss bewi<strong>es</strong>en wer<strong>de</strong>n<br />

- PLANTINGA bringt noch einmal <strong>de</strong>n Nachweis <strong>de</strong>r Aporie di<strong>es</strong>er Maxime:<br />

- je<strong>de</strong> Person verfÑgt Ñber eine b<strong>es</strong>timmte Wahrnehmungsstruktur = noetic structure<br />

- je<strong>de</strong> Öberzeugung ist darin durch basic and non-basic beliefs verankert<br />

- non-basic beliefs wer<strong>de</strong>n durch die basics begrÖn<strong>de</strong>t, die selbst „erste PrÇmissen“ sind<br />

- um Öberhaupt etwas beweisen zu kànnen, mÖssen wir uns auf basics verlassen<br />

- PLANTINGA lÅst die Aporie dadruch, dass die basic beliefs immer verlÄsslich sind:<br />

- 1. sie kÅnnen selbstevi<strong>de</strong>nt (2x2=4) o<strong>de</strong>r analytisch = tautologisch sein (� hat drei Ecken)<br />

- 2. incorrigible beliefs sind innere Erfahrungen [die von auÜen nicht prÑfbar sind]<br />

- 3. unmittelbare und unwillkÑrliche ÄuÜere Wirklichkeitsbehauptungen<br />

- alle di<strong>es</strong>e Klassen von beliefs kÅnnen als starting points fÑr komplexe Theorien gelten<br />

- Glaube ist fÑr PLANTINGA ebenso basic�er erÅffnet einen tieferen Wirklichkeitskontakt<br />

- religiÅse Erfahrungen sind nicht mehr weiter begrÑndbar, aber verlÄsslich genug<br />

c. William ALSTON<br />

- die Grundfrage ist, ob religiÅse Erfahrung religiÅse Öberzeugung rechtfertigt o<strong>de</strong>r nicht<br />

- = ob religiÅse Erfahrung <strong>de</strong>n gleichen Status verlÄsslichen Wirklichkeitswissens liefert 2<br />

- damit ist hinterfragt, was ALSTON „allgemeine epistemische Praxis“ (Denkpraktik) nennt:<br />

- <strong>es</strong> gibt mehrere solcher epistemic practic<strong>es</strong>, wie belief forming o<strong>de</strong>r doxastic practice<br />

- dazu gehÅren Logik, Mathematik genauso wie ErinnerungsvermÅgen und Wahrnehmung<br />

- sie alle geben ein Schema vor, wie auf Basis <strong>de</strong>r Erfahrung Öberzeugung gewonnen wird<br />

- di<strong>es</strong>e Art und Weise <strong>de</strong>r Öberzeugungsgen<strong>es</strong>e allein rechtfertigt die Öberzeugung<br />

- Voraussetzungen: komplexe epistemic practic<strong>es</strong> bauen auf einfachen, basalen (basic) auf<br />

- die basic practic<strong>es</strong> mÑssen als verlÄsslich vorausg<strong>es</strong>etzt wer<strong>de</strong>n kÅnnen<br />

- ohne einen hermeneutischen Zirkel gibt <strong>es</strong> keine MÅglichkeit, sie zu begrÑn<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn:<br />

- properly basic = elementar sind practic<strong>es</strong> genau dann, wenn von auÜen nicht prÑfbar<br />

- = genau dann, wenn nicht selbst wie<strong>de</strong>r durch an<strong>de</strong>re practic<strong>es</strong> zu untersuchen<br />

-�wir mÑssen uns in di<strong>es</strong>en basic practic<strong>es</strong> ganz einfach „in Verwendung fin<strong>de</strong>n“<br />

- sie sind dann rational, wenn sie uns vernÖnftig einen Auschnitt <strong>de</strong>r Welt erklÇren<br />

___- = eine map fÑr unser Han<strong>de</strong>ln liefern, eine Karte zur Orientierung in <strong>de</strong>r Wirklichkeit __<br />

- nach ALSTON han<strong>de</strong>lt <strong>es</strong> sich beim Glauben nun um genau eine solche basale Praxis<br />

- um <strong>de</strong>n Nachweis d<strong>es</strong> Glaubens als belief forming practice zu erbringen, vergleicht er ihn:<br />

2<br />

Die Frage nach <strong>de</strong>r generellen VerlÄsslichkeit von Wirklichkeitswissen ist ALSTONs Grundproblem.<br />

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- religiÅse / christliche Erkenntnispraxis unterschei<strong>de</strong>t sich von perzeptiver in vier Punkten:<br />

1 - CE kennt keine Standardmetho<strong>de</strong>n zur PrÑfung einzelner Öberzeugungen (PE: Experiment)<br />

2 - CE erkennt in <strong>de</strong>n beobachteten GegenstÄn<strong>de</strong>n keine Regeln (PE: Naturg<strong>es</strong>etze)<br />

3 - nicht alle Erwachsenen verfÑgen gleichmÄÜig Ñber die FÄhigkeit zu CE (aber zu PE)<br />

4 - (�) alle Erwachsenen benutzen di<strong>es</strong>elbe Erkenntnismetho<strong>de</strong> = PE, aber nicht CE 3<br />

- zur B<strong>es</strong>timmung <strong>de</strong>r Vergleichskriterien wird aber schon perzeptive Praxis angewandt<br />

-�die Kriterien zur Bewertung einer Praxis wer<strong>de</strong>n aus ihr selbst gewonnen [E: Zirkel]<br />

- die Kriterien im Vergleich wer<strong>de</strong>n dann aber auf <strong>de</strong>ine an<strong>de</strong>re (CE) Praxis angewen<strong>de</strong>t<br />

-�<strong>es</strong> wird mit zweierlei MaÜ gem<strong>es</strong>sen: CE wird von auÜen, PE darf sich selbst bewerten<br />

- das ist nach ALSTON unzulÄssig; <strong>es</strong> mÑssen die selben a priorischen Standards gelten<br />

-�bewertet man Glaubenspraxis mit Argumenten aus <strong>de</strong>m Glauben, ist er genauso gut<br />

- v die Bewertung mit Argumenten nur aus <strong>de</strong>m Glauben ist aber im Grun<strong>de</strong> Fi<strong>de</strong>ismus �<br />

3. Die epistemischen PrÇfkriterien<br />

(1) Der Mensch als Subjekt religiÅser Erfahrung<br />

- Atheisten aus <strong>de</strong>m „pathologischen Strang“ <strong>de</strong>r reduktionistisch-funktionalen <strong>Religion</strong>skritik<br />

- halten religiÅse Erfahrung fÑr krankhaft und abnorm, g<strong>es</strong>tÑtzt auf empirische Untersuchungen<br />

- tatsÄchlich gibt <strong>es</strong> auch krankhafte WahrnehmungsstÅrungen [mit „religiÅsen“] Folgen<br />

- wenn Erfahrungen unter Bedingungen gemacht wer<strong>de</strong>n, die tÄuschen kÅnnen<br />

- sind tatsÄchlich keine verlÄsslichen Informationen gegeben; Beispiele: Drogen, Krankheit<br />

-� GlaubwÖrdigkeit hÇngt an <strong>de</strong>r „NormalitÇt“ d<strong>es</strong> Subjekts: ein Gegenbeweis religiàser Erfahrung<br />

- <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Nachweis von Krankheit o<strong>de</strong>r G<strong>es</strong>undheit ist nicht immer màglich (Heilige etc.)<br />

- aber genauso lÇsst sich <strong>de</strong>r Schluss umkehren, wenn sich Krankheit nicht beweisen lÄsst<br />

- = nicht alle Erfahrungen sind automatisch pathologisch, auch wenn <strong>es</strong> solche gibt<br />

(2) <strong>Gott</strong> als Objekt religiÅser Erfahrung<br />

- Atheisten mÑssen religiÅse Erfahrung an<strong>de</strong>rs erklÄren, weil ihr Objekt nicht existieren soll:<br />

- <strong>es</strong> gibt drei Wege, <strong>Gott</strong> als Ursache religiÅser Erfahrung zu leugnen:<br />

- 1. Reduktion religiÅser Erfahrung auf natÑrliche Ursachen (= reduktionistische Kritik)<br />

- 2. Falsifikation <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong><strong>es</strong>hypoth<strong>es</strong>e durch die negativen Argumente <strong>de</strong>r Theodizee<br />

- 3. VerdrÄngung / Eliminierung <strong>de</strong>r <strong>Gott</strong><strong>es</strong>erklÄrung durch mo<strong>de</strong>rne Naturwissenschaft<br />

- <strong>de</strong>n Anspruch, die Existenz religiÅser Erfahrung vollstÄndig an<strong>de</strong>rs zu erklÄren, erfÑllen nicht alle<br />

- aber alle Argumente gegen <strong>de</strong>n Glauben [LOICHINGER?!] lassen sich da einsortieren<br />

(3) (�) Disanalogien empirischer und religiÅser Erfahrung<br />

- hÄrt<strong>es</strong>t<strong>es</strong> Argument gegen religiÅse Erfahrung ist die Behauptung folgen<strong>de</strong>r Disanalogien,<br />

- die <strong>es</strong> verbieten, das epistemische VerklÄsslichkeitsprinzip auf <strong>Religion</strong> zu Ñbertragen<br />

- A. religiÅse Erfahrung ist von mangeln<strong>de</strong>r UniversalitÄt gegenÑber <strong>de</strong>r Perzeption<br />

- im Gegenzug beinhaltet religiÅse Erfahrung per <strong>de</strong>finitionem einen personalen Bezug<br />

- Glaube muss frei sein � je<strong>de</strong> religiÅse Erfahrung muss verschie<strong>de</strong>n sein<br />

- nur in personaler <strong>Gott</strong><strong>es</strong>begegnung und Glaubensfreiheit gibt <strong>es</strong> Glaube, Hoffnung, Liebe<br />

- 1. je<strong>de</strong>r Mensch hat Perzeption, aber nicht je<strong>de</strong>r Mensch hat religiÅse Erfahrungen<br />

- � nach <strong>de</strong>r Definition religiÅser Erfahrung ist di<strong>es</strong>e aber doch recht alltÄglich<br />

- religiÅse Erfahrungen sind „G<strong>es</strong>chichtsr<strong>es</strong>istent“ und so alt wie die Menschheit<br />

- 2. perzeptive Erfahrung drÄngt sich <strong>de</strong>m Menschen auf, religiÅse nicht<br />

- � Aufdringlichkeit wÑr<strong>de</strong> gegen die VerlÄsslichkeit religiÅser Erfahrung sprechen<br />

- <strong>de</strong>r geglaubte Reifeproz<strong>es</strong>s wird gera<strong>de</strong> durch die epistemische Distanz [E] belegt<br />

- 3. religiÅse Erfahrungen sind vage, wÄhrend perzeptuelle prÄzise Informationen liefern<br />

- religiÅser Erfahrung fehlt die Versprachlichung, wo Perzeption Genauigkeit liefert<br />

- <strong>es</strong> ist aber unzulÄssig, aus <strong>de</strong>m Fehlen von Sprache auf d. Fehlen d<strong>es</strong> Objekts zu schlieÜen<br />

- nach ALSTON ist die <strong>Gott</strong><strong>es</strong>erfahrung subject matter und daher fÑr je<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>n<br />

-�religiÅse Erfahrungen weisen wie ihr Gegenstand Ñber alle Begriffe hinaus<br />

3<br />

An<strong>de</strong>rs ausgedrÑckt: Nicht alle Menschen glauben. Das geht mit <strong>de</strong>m Argument von WAINWRIGHT konform.<br />

Seite 4 von 5 in Kapitel VI (37 Seiten insg<strong>es</strong>amt) <strong>Gibt</strong> <strong>es</strong> <strong>Gott</strong>?


Skript von Matthias Jendrek. Mehr auf http://www.<strong>vaticarsten</strong>.<strong>de</strong><br />

- B. religiÅse Erfahrung ist nicht ÇberprÇfbar wie empirische Erfahrung<br />

- zuerst <strong>de</strong>r Vorwurf, das Glauben die Abw<strong>es</strong>enheit von Erfahrung nicht gelten lÄsst 4<br />

- di<strong>es</strong>em Einwand lÄsst sich nur mit <strong>de</strong>m Fehlen <strong>de</strong>r Erfahrung d<strong>es</strong> absoluten BÅsen antworten<br />

- dazu gibt <strong>es</strong> kein T<strong>es</strong>tverfahren, um wahre v. falscher religiÅser Erfahrung zu unterschei<strong>de</strong>n<br />

- damit wÄren auch religiÅse Halluzinationen verlÄsslich, was natÑrlich nicht sein darf<br />

-�die Gegenargumentation fÑhrt zurÑck zum epistemischen VerlÄsslichkeitsprinzip:<br />

- d<strong>es</strong>sen wahre Funktion macht genau die Aussage, die das PrÑfbarkeitsargument aushebelt:<br />

- 1. nur durch Erfahrung kommen wir Ñberhaupt in <strong>de</strong>n Kontakt mit <strong>de</strong>r Wirklichkeit<br />

- 2. erst bereits gemachte Erfahrungen lassen sich auf VerlÄsslichkeit t<strong>es</strong>ten<br />

- = erst a posteriori lassen sich Kriterien fÑr die VerlÄsslichkeit aufstellen<br />

- keine Erfahrungspraxis, auch die perzeptuelle, lÄsst sich von auÜen prÑfen<br />

- erst im Vertrauen auf Perzeption kÅnnen Naturg<strong>es</strong>etzte etc. erkannt wer<strong>de</strong>n<br />

- erst im Vertrauen auf <strong>Religion</strong> kÅnnen wir das als fÑr <strong>Gott</strong> inadÄquat erkennen<br />

- 3. � we<strong>de</strong>r fÑr Perzeption noch fÑr <strong>Religion</strong> gibt <strong>es</strong> einen nicht-zirkulÄren Nachweis<br />

- erst die Erfahrung macht <strong>de</strong>utlich, um welche Art Erfahrung <strong>es</strong> sich han<strong>de</strong>lt<br />

- darin sind Perzeption und <strong>Religion</strong> gleich, sie b<strong>es</strong>itzen <strong>de</strong>nselben epistemischen Status<br />

- erst wenn die Erfahrungsart b<strong>es</strong>timmt ist, kann Ñber adÄquate T<strong>es</strong>ts entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n:<br />

- (1) logische Konsistenz: religiÅse Aussagen dÑrfen nicht zu logischem Wi<strong>de</strong>rspruch fÑhren<br />

- (2) logische KohÄrenz: (a) religiÅse Erfahrungen mÑssen nach innen untereinan<strong>de</strong>r kohÄrent sein<br />

- schwierig wird das bei unterschiedlichen Akzenten in einer <strong>Religion</strong>, wie kath. � ev.<br />

- (b) religiÅse Erfahrung darf nicht im Wi<strong>de</strong>rspruch zu Ñbrigen Wirklichkeitserfahrungen stehen<br />

- (3) Mt 7,20 � echte religiÅse Erfahrung muss konkret lebensverÄn<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Konsequenzen haben<br />

(4) Wi<strong>de</strong>rsprÑchlichkeit <strong>de</strong>r Vielfalt religiÅser Erfahrung<br />

- das Argument stammt von HUME: unterschiedliche <strong>Religion</strong>en kÅnnen nicht alle wahr sein<br />

-�wahrscheinlich ist keine <strong>Religion</strong> wahr, religiÅse Erfahrung epistemisch unzuverlÄssig: �<br />

- (1) man kann die faktische PluralitÄt herunterspielen: letztlich ist die Transzen<strong>de</strong>nz eine<br />

- (2) das klingt zwar plausibel, ist aber falsch: b<strong>es</strong>timmte <strong>Gott</strong><strong>es</strong>konzepte schlieÉen sich aus<br />

- allen voran das theistisch-personale und das Åstlich-unpersonal-absolute <strong>Gott</strong><strong>es</strong>bild<br />

- damit zielen nicht alle <strong>Religion</strong>en ein und di<strong>es</strong>elbe RealitÄt an<br />

- (3) die LÅsung stammt von HICK unter Akzeptanz <strong>de</strong>r PluralitÄt <strong>de</strong>r Erfahrungen:<br />

- <strong>Gott</strong> kann nicht an-sich erfahren wer<strong>de</strong>n, und keine menschliche Erfahrung erfasst ihn ganz<br />

- zusÄtzlich ist alle Erfahrung kulturell und historisch bedingt, auch die religiÅse (Tradition)<br />

- Pluralismus erklÄrt wenigstens, warum religiÅse Erfahrungen disparat sein mÅssen<br />

-�im Fall religiÅser Erfahrung ist nach HICK nichts an<strong>de</strong>r<strong>es</strong> als Disparatheit zu erwarten<br />

4. Ergebnis<br />

- Frage nach <strong>de</strong>r religiÅsen Erfahrung ist die nach <strong>de</strong>r unhintergehbaren Basis von <strong>Religion</strong><br />

- di<strong>es</strong>e religionsphilosophis. Grundlagenreflexion muss d. wissenschaftlich-rationalen vorausgehen:<br />

- mit di<strong>es</strong>er Reflexion wer<strong>de</strong>n die klassischen <strong>Gott</strong><strong>es</strong>beweise abgelÅst:<br />

- das Argument religiÅser Erfahrung bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Rahmen, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r R<strong>es</strong>t diskutabel ist<br />

- darin wer<strong>de</strong>n alle an<strong>de</strong>ren Argumente zu einem kumulativen Komplex zusammengefasst<br />

- und wenn logisch nichts gegen <strong>Gott</strong> spricht, stÑtzt ihn religiÅse Erfahrung b<strong>es</strong>on<strong>de</strong>rs<br />

- nur so bil<strong>de</strong>t die konkrete individuelle Erfahrung zunÄchst das Zentrum <strong>de</strong>r Öberlegungen<br />

- sonst ist Glaube rein begrifflich und als personal<strong>es</strong> Glaubensvertrauen letztlich unmÅglich<br />

-�we<strong>de</strong>r b<strong>es</strong>itzt irgen<strong>de</strong>ine <strong>Religion</strong> absoluten Wahrheitsanspruch, noch ist <strong>Religion</strong> nur Wahn<br />

4<br />

Dahinter verbirgt sich nichts als die bekannte Problematik d<strong>es</strong> argumentum ex silentio.<br />

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