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Claude Patrick Siegenthaler - Universität St.Gallen

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18 30 Jahre Ökobilanz – Eine Bestandesaufnahme<br />

Diese Frage haben wir 1994 selbst in einem kurzen Briefwechsel mit Niklas Luhmann<br />

aufgeworfen. Wenngleich Luhmann diese Möglichkeit nicht ausschliessen konnte, so<br />

glaubte er damals „allerdings nicht, dass sich gegenwärtig Ausgangspunkte für ein<br />

besonderes umweltbezogenes Funktionssystem erkennen lassen“. 31<br />

Die Frage nach der Entstehung eines spezifischen Funktionssystems durch Ökobilanzierung<br />

ist die zentrale Fragestellung unserer <strong>St</strong>andortbestimmung.<br />

2.4.2 Umweltökonomische Betrachtungsebene<br />

„Die Preise müssen die Ökologische Wahrheit sagen.“<br />

Ernst Ulrich von Weizsäcker<br />

In unserem systemtheoretischen Grundverständnis bezeichnet ökologische Rationalität<br />

im ökonomischen System die Herstellung ökologischer Rückbetroffenheit im Code der<br />

Wirtschaft. Sie findet statt, wenn ökologische Daten unter dem Code von (Geld-)<br />

Haben/Nicht-Haben, resp. Zahlen/Nicht-Zahlen wahrgenommen und interpretiert<br />

werden und schliesslich ökologieinduzierte ökonomische Kommunikation in der<br />

Sprache der Preise erzeugen. Wenn die Preise die Ökologische Wahrheit sagen<br />

würden, so würden ökologische Daten die Autopoiesis des ökonomischen Teilsystems<br />

unterstützen und Resonanz erzeugen, um die ökologische Nachhaltigkeit des<br />

ökonomischen Systems – soweit dies überhaupt rational möglich ist – herbeizuführen.<br />

Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht hingegen - sozusagen innerhalb des Teilsystems<br />

Wirtschaft -muss die Betrachtung differenzierter ausfallen, weil Preise nur<br />

Tauschbeziehungen beschreiben können. Der Programmierung von Kommunikation<br />

mittels Preisen gehen jedoch Informationsverarbeitungsprozesse bei den beteiligten<br />

Akteuren selbst voraus. So entscheiden Kosten/Nutzen-Überlegungen vorgängig, ob es<br />

überhaupt zu einer Markttransaktion, der Realisierung eines Preises und damit zu<br />

ökologischer Kommunikation des ökonomischen Systems im Sinne der Systemtheorie<br />

kommt. Deshalb reicht die systemtheoretische Betrachtung hier für unsere Belange<br />

nicht aus. Ökonomie als Wissenschaft programmiert den ökonomischen Code weitaus<br />

differenzierter: hier geht es nicht nur um Zahlen/Nicht-Zahlen, sondern es geht darüber<br />

hinaus um Begriffe wie Nutzen, Kosten, Wert und Effizienz.<br />

31<br />

Brief von Niklas Luhman an <strong>Claude</strong> <strong>Siegenthaler</strong> vom 19.10.1994.

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