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Claude Patrick Siegenthaler - Universität St.Gallen

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Kapitel 1: Ökobilanzierung - Der Grüne <strong>St</strong>ein der Weisen 1<br />

1 Ökobilanzierung - Der Grüne <strong>St</strong>ein der Weisen<br />

„Die Natur versteht gar keinen Spass, sie ist immer wahr, immer ernst, immer strenge;<br />

sie hat immer recht, und die Fehler und Irrtümer sind immer die des Menschen“<br />

Goethe zu Eckermann<br />

Seit nunmehr 35 Jahren entfaltet sich an der Schnittstelle zwischen Wirtschafts- und<br />

Naturwissenschaften mit dem Konzept der Ökobilanzierung ein transdisziplinäres<br />

Projekt das auf nichts geringeres abzielt, als auf die Entdeckung des Grünen <strong>St</strong>eins der<br />

Weisen: 1 Es geht um die Lösung der Frage, wie man allgemein gebräuchlichen<br />

Begriffen wie umweltgerecht, ökologisch oder umweltbelastend konkreten und vor allem<br />

angemessenen Inhalt einhauchen könnte.<br />

Dabei ist diese Fragestellung keineswegs von rein intellektuellem Interesse: jenseits<br />

digitaler -will heissen: eindeutiger, weil gesetzlich abschliessend definierter Vorgaben -<br />

haben sich die obgenannten Adjektive in vielen Bereichen etabliert, ohne ausreichend<br />

operationalisiert zu werden. Während sich einstige Öko-Nischen zu Massenmärkten<br />

umweltgerechter Produkte wandeln 2 ,die öffentliche Hand Ökologie als Submissionskriterium<br />

einführt 3 , weltweit mehr als 74'000 nach ISO 14001 zertifizierte<br />

Organisationen 4 sich zur kontinuierlichen Verbesserung der Umweltleistung verpflichtet<br />

haben und Anlageberater Milliarden von Spargeldern 5 inInvestmentvehikel mit einer<br />

ökologischen Rendite lenken, müsste der Grüne <strong>St</strong>ein der Weisen gefragter sein denn<br />

je.<br />

Noch vor wenigen Jahren war die Situation -zumindest aus Sicht von EntscheidungsträgerInnen<br />

in Markt und Politik - noch einigermassen einfach: Jute statt Plastik,<br />

Mehrweg statt Einweg und erneuerbar statt fossil oder nuklear waren eingängige und<br />

1<br />

Mit dem <strong>St</strong>ein der Weisen hofften die mittelalterlichen Alchemisten, aus unedlem Metall Gold<br />

herzustellen. Aus Wahrig, G.: Deutsches Wörterbuch, Bertelsmann Lexikon Verlag, 1994, S. 1496. Wir<br />

verwenden diese Metapher hier um das <strong>St</strong>reben nach Berechenbarkeit und damit mithin auch<br />

Beherrschbarkeit ökologischer Nachhaltigkeit zu pointieren.<br />

2<br />

Siehe dazu beispielsweise die Umsatzzahlen der schweizerischen Detaillisten zu Produkten mit Umweltkennzeichen:<br />

MIGROS (ENGAGEMENT): 2002 1.8 Mia CHF und COOP (BIO &NATURAPLAN): 1<br />

Mia. CHF. Aus: MIGROS: Umwelt- und Sozialbericht 2002 sowie COOP: 10 Jahre Coop Naturaplan,<br />

2003.<br />

3<br />

Erwähnenswert hierzu beispielsweise das Green Purchasing Law in Japan, das öffentliche Beschaffungsstellen<br />

verpflichtet, rund 150 Produktkategorien nach ökologischen Kriterien zu beschaffen.<br />

Gemäss dem Newsletter Sustainability for Japan (www.japanfs.org) vom 22. März 2004 wird in diesen<br />

Kategorien nach offiziellen Angaben 95% aller staatlichen Beschaffungen unter Einbezug ökologischer<br />

Kriterien abgewickelt.<br />

4<br />

Gemäss www.ecology.or.jp/isoworld/english/analy14k.htm, <strong>St</strong>and Oktober 2004.<br />

5<br />

Das Angebot an „grünen“ Anlagevehikeln ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Allein im deutschsprachigen<br />

Raum betrug 2004 das Anlagevolumen von 112 Publikumsfonds zum Thema Nachhaltigkeit<br />

über 5.3 Mia. Euro (gemäss www.nachhaltiges-investment.org, Pressemitteilung vom 4. Februar<br />

2005).

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