trafik 2-06_umbruch - Trafikantenzeitung
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Journal<br />
Pfeifen & Cigarren<br />
Einlageblätter, und die Färbung der Deckblätter<br />
wird gleichmäßiger. Die Blätter aus dem oberen<br />
Pflanzenteil brauchen eine längere Fermentationszeit,<br />
da sie dicker in der Struktur und reicher an<br />
ätherischen Ölen sind.<br />
Der Fermentationsprozess ist genau der gleiche,<br />
der beim Kompostieren im Garten stattfindet.<br />
Feuchtigkeit und Druck durch die<br />
aufeinandergeschichteten Blätter führen zur<br />
Entstehung von Wärme. Ständige Überwachung<br />
ist notwendig, um sicherzustellen, daß bei diesem<br />
Prozess die gewünschten Parameter<br />
(Maximaltemperatur: 45°C) eingehalten werden,<br />
da sonst die wertvollen ätherischen Öle in den<br />
Blättern vernichtet würden.<br />
Auslese und Sortierung: Die Deckblätter – wie<br />
schon zu erwarten – erfahren besondere<br />
Aufmerksamkeit. Zuerst werden sie etwas<br />
angefeuchtet und noch einmal gelüftet, um sie für<br />
das Ausleseverfahren vorzubereiten. Dort werden<br />
sie in mehr als 50 verschiedenen Kategorien<br />
einsortiert, um sicherzustellen, daß nur die<br />
perfektesten bei der Herstellung einer Habano<br />
Verwendung finden.<br />
Jedes Blatt, das nicht den Qualitätskriterien<br />
entspricht, wird zurückgewiesen und für andere<br />
Zwecke verwendet.<br />
Die an der Sonne gezogenen Blätter für Einlageund<br />
Umblätter werden in drei Hauptgrößen und -<br />
kategorien ausgewählt und nach ihren<br />
geschmacklichen Eigenschaften und ihrer Eignung<br />
für die in der Einlage zusammengestellte<br />
Mischung (ligada) aus ligero, seco und volado<br />
gruppiert.<br />
Die Blätter, die vom unteren Pflanzenteil geerntet<br />
werden, sind der volado-Kategorie (weniger stark,<br />
fortaleza 1) zugehörig; wobei die kräftigsten und<br />
besten von ihnen als Umblätter ausgewählt<br />
werden. Blätter vom Mittelteil der Pflanze haben<br />
ein gutes Aroma und mittlere Stärke: Sie werden<br />
als seco eingeordnet (fortaleza 2). Die Blätter des<br />
obersten Teils der Pflanze ergeben den ligero, sie<br />
sind die stärksten (fortaleza 3).<br />
Genau wie bei den Deckblättern wird auch bei der<br />
Auswahl der Blätter für Einlage und Umblätter<br />
verfahren: Blätter, die den Anforderungen nicht<br />
entsprechen, werden aussortiert und bei der<br />
Herstellung von Cigarren, die keine Habanos sind,<br />
sowie in der Zigarettenproduktion verwendet.<br />
Nach erfolgreicher Auslese und ausreichender<br />
Ruhezeit werden die Deckblätter dann, weil sie<br />
wegen ihrer dünnen Struktur nur eine einzige<br />
Fermentation benötigen, schon bald in Tercios<br />
(Tabakballen, sehr oft aus Palmenblättern)<br />
verpackt und in die Lager transportiert, wo sie –<br />
wie die besten Weine – ihrer weiteren Lagerung<br />
entgegensehen.<br />
Die an der Sonne gereiften Blätter brauchen eine<br />
andere Behandlung, die sich stark von der eben<br />
beschriebenen unterscheidet...<br />
Das Entrippen der Blätter: Die ausgewählten<br />
und sortierten Blätter für Einlage und Umblätter<br />
werden nun den Arbeitern übergeben, die das<br />
Entrippen vornehmen. Um das Entfernen der<br />
44 <strong>trafik</strong>antenZEITUNG 2/20<strong>06</strong><br />
BIS ZUR FERTIGEN CIGARRE IST ES EIN LANGER WEG<br />
Blattrippen zu ermöglichen, müssen die<br />
Blätter zuerst befeuchtet werden. Diese<br />
Befeuchtung gibt ihnen außerdem die Grundfeuchtigkeit,<br />
die sie für die nachfolgenden zwei<br />
Fermentationen benötigen.<br />
Die für das Entrippen verantwortlichen Frauen<br />
entfernen mit sicherem Griff den unteren Teil der<br />
Mittelrippe jedes Einlage- oder Umblattes, und<br />
nehmen die endgültige Einsortierung der Blätter<br />
nach Größe und weitere Verwendung als ligero,<br />
seco oder volado vor. Erneut wird jedes Blatt, das<br />
den vorgeschrieben Standard nicht erfüllt,<br />
aussortiert. Zuletzt werden die Blätter in Gruppen<br />
eingeteilt, und zwischen Holzbrettern in Form<br />
gebracht.<br />
Zweite Fermentation: Jetzt werden die Blätter,<br />
die später die Einlage und Umblätter einer Habano<br />
bilden, einer zweiten Fermentation unterzogen.<br />
Dieses Mal sind die Fermentationsstapel viel<br />
größer, und die Fermentationszeit dauert<br />
länger als beim ersten Mal.<br />
Wieder werden die dickeren, stärkeren Blätter<br />
einem längeren Fermentationsprozess unterzogen.<br />
Für die dünneren, schwächeren Blätter ist die<br />
Dauer kürzer.<br />
Die Fermentationstemperatur muß mit viel<br />
Vorsicht überwacht werden. Wenn sie zu sehr<br />
ansteigt, nimmt man den Fermentationsstapel<br />
auseinander, um ein Abkühlen der Blätter zu<br />
ermöglichen. Dann wird der Fermentationsstapel<br />
neu geordnet, indem man die Anordnung umkehrt<br />
(die untersten Blätter des Fermentationsstapels<br />
kommen nach zuoberst und umgekehrt).<br />
Es kann sein, daß sich das in diesem<br />
Fermentationsprozess mehrmals wiederholt.<br />
Die Reifelagerung: Nach der zweiten Fermentation<br />
werden die an der Sonne gezogenen<br />
Tabakblätter für Einlage und Umblätter mehrere<br />
Tage in Gestellen (parrilleros) gelüftet.<br />
Anschließend werden sie verpackt und ins Lager<br />
gebracht, wo sie Seite an Seite mit den Deckblättern<br />
einen lange dauernden Reifelagerungsprozess<br />
durchlaufen.<br />
Die stärkeren Blätter (ligero) werden einer<br />
längeren Lagerungszeit unterzogen, die weniger<br />
starken lagern kürzer – je stärker das Blatt, desto<br />
größer ist sein Lagerungspotential: Je länger die<br />
Reifezeit, umso besser die Qualität.<br />
Die Blätter für Einlagen und Umblätter werden in<br />
Sackleinenballen (pacas) verpackt. Die Deckblätter<br />
hingegen kommen in sogenannte Ballen,<br />
die aus Yagua-Blättern (Rinde der Königspalmen)<br />
hergestellt werden. Dieses Material wird in Kuba<br />
noch für viele weitere Zwecke verwendet.<br />
Auf jedem Sackleinenballen und Ballen befindet<br />
sich ein Etikett, das Auskunft gibt über das Blatt –<br />
also über dessen Größe, das Erntejahr, das Ergebnis<br />
der Auslese, das Datum des Entrippens und<br />
des Verpackens. Die Ballen werden außerdem mir<br />
einem Code versehen, der angibt, daß die enthaltenen<br />
Blätter als Deckblätter ausgewählt wurden.<br />
Diese Information ermöglicht es dem ligador, der<br />
die Mischung der Blätter in der Einlage vornimmt,<br />
den speziellen Charakter jedes Blattes in die<br />
Mischung miteinzubeziehen – der Schlüssel für<br />
die spezifische Mischung jeder einzelnen<br />
Habano-Marke.<br />
Jetzt – die Zeit hat ihr Werk vollbracht, jedes Blatt<br />
hat seine volle Reife erreicht – wird es Zeit, mit<br />
der Herstellung einer Habano zu beginnen.<br />
Über die außergewöhnliche,<br />
handwerkliche Kunst der Habano-<br />
Herstellung, die sich seit ihrer Entwicklung<br />
vor bald 200 Jahren fast unverändert treu<br />
geblieben ist, lesen Sie in einer der<br />
nächsten Ausgaben des „Pfeifen- und<br />
Cigarrenjournals“ der „Österreichischen<br />
<strong>Trafikantenzeitung</strong>“.