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Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de

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gesetzt: 54 Frivolitäten sind erlaubt, in <strong>de</strong>r Regel sogar erwünscht. Die Kleidung ist reduziert<br />

auf ihre erotische Signalwirkung. Wie be<strong>im</strong> Karneval kann je<strong>de</strong>r in eine beliebige Rolle<br />

schlüpfen: die grausame Domina o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r hündische Sklave, <strong>de</strong>r Mann wird zur Frau <strong>und</strong><br />

umgekehrt. Doch auch hier wer<strong>de</strong>n „vereinbarte Grenzen etabliert, eine Definition <strong>de</strong>s zu ge-<br />

ringen <strong>und</strong> zu starken Engagements“ (Goffman 1980, S. 376) vorgenommen. Ein zu geringes<br />

Engagement könnte z.B. dann vorliegen, wenn jemand nicht <strong>de</strong>n gefor<strong>de</strong>rten Kleidungskon-<br />

ventionen bei einer Party entspricht. Der Ausschluss <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Veranstaltung kann die Folge<br />

sein. Wird trotz<strong>de</strong>m Zutritt gewährt, wartet zumeist die Rolle <strong>de</strong>s Außenseiters - etwa so, wie<br />

<strong>de</strong>r unverklei<strong>de</strong>te Besucher eines Masken- o<strong>de</strong>r Kostümballs - mit <strong>de</strong>m keiner so recht etwas<br />

anfangen kann. Umgekehrt kann auch das zu starke Engagement die Rahmenvorgaben verlet-<br />

zen, können etwa best<strong>im</strong>mte SM-Darbietungen in unerlaubten Situationen stattfin<strong>de</strong>n.<br />

Je vertrauter <strong>de</strong>r Teilnehmerkreis aber ist, <strong>de</strong>sto int<strong>im</strong>er wird die Atmosphäre. In diesem Am-<br />

biente sind auch drastische Aktionen erlaubt. So erinnert sich eine 43jährige heterosexuelle<br />

Sadistin:<br />

Auf <strong>de</strong>r letzten Fete ging ziemlich was ab. Die dauerte zwei Tage lang. Da hatten<br />

sie eine Frau zugenäht. Das war eine Sache. Das war nicht <strong>de</strong>r Geschmack <strong>von</strong><br />

vielen. Aber es ist komischerweise keiner weggegangen. Geguckt hat je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>nn<br />

es war einfach interessant. Allerdings wur<strong>de</strong> es <strong>von</strong> jeman<strong>de</strong>m gemacht, <strong>de</strong>r Ahnung<br />

hat. Es sah sehr schön aus. (...) An<strong>de</strong>re Paare machen was zusammen, mal<br />

kommen dritte <strong>und</strong> vierte dazu. Aber nicht so, wie be<strong>im</strong> Ru<strong>de</strong>lbumsen. Es geht<br />

um SM. Manchmal behan<strong>de</strong>ln auch mehrere Frauen einen Typen, z.B. die Ho<strong>de</strong>n<br />

an die Oberschenkel o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Schwanz an <strong>de</strong>n Bauch annähen, wenn es etwas<br />

Hartes sein soll. O<strong>de</strong>r eben Ho<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Penis so abbin<strong>de</strong>n, dass er um die doppelte<br />

Länge länger wird. O<strong>de</strong>r Bondage, dass sie sich absolut nicht mehr bewegen können.<br />

So in die Richtung, das sind eben harte Sachen. Die können sie normalerweise<br />

in einer großen Gruppe nicht so machen, weil das nicht je<strong>de</strong>r mag. Das haben<br />

wir halt öfters in einer kleineren Gruppe gemacht.<br />

Die Personen in einer Kleingruppe sind sich meistens schon länger bekannt. Dementspre-<br />

chend weiß je<strong>de</strong>r um die Unverträglichkeiten bei <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Teilnehmern. So ist normaler-<br />

weise sichergestellt, dass Geschmäcker <strong>und</strong> Toleranzgrenzen das gleiche Niveau haben. Trotz<br />

<strong>de</strong>r weit gefassten Grenzen gibt es einen kleinsten gemeinsamen Nenner, <strong>de</strong>r nicht verletzt<br />

wer<strong>de</strong>n soll. Insbeson<strong>de</strong>re dann, wenn Ekelbarrieren überschritten wer<strong>de</strong>n, entstehen häufig<br />

negative St<strong>im</strong>mungen, die das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Veranstaltung be<strong>de</strong>uten. Auf Dauer kann eine sexuel-<br />

54 So bemerkt Runkel (1986, S. 101): "Im Karneval artikuliert sich in spielerischer Form das Unterdrückte <strong>und</strong><br />

Verdrängte. Es treten freiere Formen <strong>de</strong>r Sexualität <strong>und</strong> die alte Sehnsucht <strong>de</strong>r Frauen nach Abschaffung <strong>de</strong>r<br />

Männerherrschaft auf, z.B. am Schwerdonnerstag (Altweiberfastnacht), an <strong>de</strong>m <strong>im</strong> Rheinland noch <strong>im</strong>mer<br />

die Frauen (Möhnen) umherziehen, um <strong>de</strong>n Männern <strong>de</strong>n Schlips, ein Phallussymbol, abzuschnei<strong>de</strong>n."<br />

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