Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de
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„Kein Sen<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r sich nicht regelmäßig in fasziniert-enthusiastischen <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r<br />
skeptisch-kritischen Features mit diesen <strong>und</strong> jenen Thrilling Fields befaßt <strong>und</strong> extreme<br />
Outdoor-Aktivist/inn/en jeglicher Provenienz zu seinen etablierten Talkshows<br />
<strong>und</strong> Diskussionsr<strong>und</strong>en eingela<strong>de</strong>n hätte - kein W<strong>und</strong>er auch: Das Thema<br />
ist <strong>im</strong> doppelten Wortsinn spektakulär, <strong>und</strong> seine Protagonist/inn/en kommen gut<br />
an“ (Hartmann 1996, S. 67ff).<br />
Wie oben bereits ange<strong>de</strong>utet, steht das ‚Abenteuer’ <strong>im</strong> Mittelpunkt <strong>de</strong>s Interesses insbeson<strong>de</strong>-<br />
re <strong>de</strong>r privaten Sen<strong>de</strong>r. Jüngste Auswüchse sind die Real-Life-Adventure- <strong>und</strong> Survival-<br />
Shows <strong>von</strong> RTL (Expedition Robinson) <strong>und</strong> SAT 1 (Inselduell), die <strong>im</strong> Sommer 2000 zum<br />
erstenmal gesen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n. Hier müssen Männer <strong>und</strong> Frauen auf einer Insel in Malaysia nach<br />
<strong>de</strong>m Motto ‘Back to the Roots’ regelrecht ums Überleben kämpfen, inseltypische Aufgaben<br />
erledigen (z.B. Nahrungsbeschaffung aus <strong>de</strong>m Wasser, Früchte sammeln etc.), in einer Art<br />
‘Spiel ohne Grenzen’ Wettkämpfe austragen o<strong>de</strong>r auch Mobbing-Attacken <strong>de</strong>r Teilnehmer<br />
abwehren. 1 Mit beson<strong>de</strong>rem Blick auf die USA erstaunt <strong>de</strong>r Erfindungsgeist <strong>de</strong>r Produzenten,<br />
insbeson<strong>de</strong>re wenn es um solche Arrangements geht, die I<strong>de</strong>ntität, Integrität <strong>und</strong> Wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Teilnehmer regelrecht zu vernichten suchen. Im militärischen Szenario <strong>de</strong>s ‘Boot Camp’ 2 set-<br />
zen sich Menschen 28 Tage lang extremen Erniedrigungen aus (‘sich fühlen wie <strong>de</strong>r letzte<br />
Depp’), herbeigeführt durch willkürliche Drills <strong>de</strong>r vermeintlichen Vorgesetzten (Offiziere).<br />
Hart gesotten müssen auch die Spieler <strong>de</strong>r japanischen Produktion <strong>von</strong> ‘Takeshi’s Castle’<br />
(dre<strong>im</strong>al täglich! gesen<strong>de</strong>t auf DSF) sein. Sie haben mehr o<strong>de</strong>r weniger sportliche Aufgaben<br />
zu erledigen, die nahezu unmöglich ohne ‘Verluste’ durchführbar sind: Durch die beson<strong>de</strong>re<br />
Anlage sind schwerste Stürze vorprogrammiert, lan<strong>de</strong>t das Gesicht in kloakenähnlichen Trö-<br />
gen o<strong>de</strong>r wird die Kleidung vom Leib gerissen. Die Teilnehmer wer<strong>de</strong>n öffentlich (<strong>im</strong> Fern-<br />
sehen) <strong>de</strong>r Lächerlichkeit Preis gegeben. In diesen Shows amalgamieren körperliche Anstren-<br />
gung, Nervenkitzel, psychische Belastung, Mobbing <strong>und</strong> Erniedrigung. Dies verlangt physi-<br />
sche wie auch mentale Höchstleistungen <strong>de</strong>r Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer.<br />
Zur Gr<strong>und</strong>struktur <strong>de</strong>r ‘Freizeitgesellschaft’ 3 gehören erlebnisorientierte Spezialisierungen,<br />
die sich in <strong>de</strong>n vielfältigsten Ausprägungen medialer Inszenierungen, <strong>von</strong> Mutproben, gefähr-<br />
1 Aufsehen erregte ein schwedischer Sen<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r 1996 die erste <strong>de</strong>r Inselshows produzierte. Ein Teilnehmer<br />
beging nach <strong>de</strong>ren En<strong>de</strong> Selbstmord (vgl. Stuttgarter Zeitung vom 03.07.2000, S. 15).<br />
2 Die Übersetzung lautet ‘Armee-Ausbildungslager’. Der semantische Raum spricht für sich: Jeman<strong>de</strong>n rausschmeißen,<br />
über <strong>de</strong>r Arbeit sterben, vor Angst fast umkommen, kräftig zutreten/-schlagen, jeman<strong>de</strong>n nie<strong>de</strong>rmachen,<br />
jeman<strong>de</strong>m einen Tritt versetzen (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch 1999, S. 1123)<br />
3 Eine ausführliche Theoriebildung fin<strong>de</strong>t sich insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>n Arbeiten <strong>von</strong> Bourdieu (1984); Gluchowski<br />
(1988); Rastetter (1996); Riesman (1958); Stengel (1996); Tokarski/Schmitz-Scherzer (1985); Uttlitz (1985)<br />
<strong>und</strong> Vester (1988).<br />
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