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Außeralltäglichkeit und Grenzerfahrung im Kontext von ... - PBportal.de

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tur eingerichtet. Denn mit <strong>de</strong>m Katalog sexueller Krankheiten steht nun ein Instrumentarium<br />

bereit, mit <strong>de</strong>m alle Menschen, die <strong>de</strong>n sexuellen Konventionen nicht entsprechen, klassifi-<br />

ziert <strong>und</strong> zu potentiellen Patienten psychiatrischer Behandlung gemacht wer<strong>de</strong>n können.<br />

Genau so vielfältig wie die Perversionen ist auch das therapeutische Arsenal. Im 19. Jahrhun-<br />

<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n beispielsweise Geschlechtsorgane verätzt o<strong>de</strong>r verbrüht o<strong>de</strong>r sonstige Verstüm-<br />

melungen <strong>de</strong>r Geschlechtsorgane zum Zwecke <strong>de</strong>r Heilung sexueller Perversionen vorge-<br />

nommen. Denn es steht einzig die Norm <strong>de</strong>s ‘richtigen Geschlechtsverkehrs’ mit <strong>de</strong>r ‘richti-<br />

gen Person’ <strong>im</strong> Mittelpunkt. So wird das, was nicht <strong>de</strong>r familiären Fortpflanzung dient, regel-<br />

recht <strong>de</strong>viant; <strong>von</strong> <strong>de</strong>r ‘Sexual-Philosophie’ <strong>de</strong>s antiken Griechenlands ist nichts mehr übrig<br />

geblieben. Augenscheinlichstes Beispiel für <strong>de</strong>n Prozess <strong>de</strong>r sexuellen Normierung sind die<br />

zahlreichen ‘Aufklärungs- <strong>und</strong> Verhütungskampagnen’, die sich gegen die Masturbation rich-<br />

teten (vgl. Rutschky 1977; Glantschnig 1987).<br />

Zusammenfassend gilt festzuhalten, dass sich das Verhältnis <strong>de</strong>s Menschen zu seinem Körper,<br />

zu seiner Sexualität <strong>im</strong> Laufe <strong>de</strong>r Zeit geän<strong>de</strong>rt hat. Die verschie<strong>de</strong>nen Epochen sind geprägt<br />

durch unterschiedliche Normen, die das Sexualverhalten <strong>de</strong>r Individuen best<strong>im</strong>men. Darüber<br />

hinaus verweisen die Ergebnisse <strong>de</strong>r Anthropologie <strong>und</strong> Ethnologie auf normative Unter-<br />

schie<strong>de</strong> zwischen verschie<strong>de</strong>nen Kulturen. Vor allem Verhaltensweisen, die heute in zivili-<br />

sierten Gesellschaften als ‘Perversionen’ bezeichnet wer<strong>de</strong>n, unterliegen intra- <strong>und</strong> interkultu-<br />

rellen Varianzen. In <strong>de</strong>r Antike gewünscht <strong>und</strong> gedul<strong>de</strong>t, zeugten sie <strong>im</strong> Mittelalter <strong>von</strong> Sün<strong>de</strong><br />

<strong>und</strong> galten zu Beginn <strong>de</strong>r Neuzeit als Verbrechen. Und mit <strong>de</strong>r Entstehung <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Se-<br />

xualwissenschaft <strong>im</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>ert (innerhalb <strong>de</strong>r Psychiatrie als Sexualpathologie) wer<strong>de</strong>n<br />

sie als Krankheit bewertet.<br />

Die Entwicklung <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Sexualwissenschaft sowie die Theorien ihrer wichtigsten Ver-<br />

treter sollen <strong>im</strong> folgen<strong>de</strong>n Kapitel <strong>im</strong> Hinblick auf das Phänomen <strong>de</strong>s Sadomasochismus dar-<br />

gestellt wer<strong>de</strong>n. Dabei soll auch - unter beson<strong>de</strong>rer Berücksichtigung <strong>de</strong>r Frau - gezeigt wer-<br />

<strong>de</strong>n, wie sich <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>s Sadomasochismus in <strong>de</strong>r sexualwissenschaftlichen, psychoana-<br />

lytischen <strong>und</strong> soziologischen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung geän<strong>de</strong>rt hat.<br />

1.1.3 Sadomasochismus <strong>im</strong> Spiegel bisheriger Forschung<br />

1.1.3.1 Etymologie <strong>de</strong>s Begriffs<br />

Der Begriff ‘Sadomasochismus’ wur<strong>de</strong> <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Sexualforscher Richard v. Krafft-Ebing<br />

(1840-1902) geprägt <strong>und</strong> setzt sich aus <strong>de</strong>n Bezeichnungen ‘Sadismus’ <strong>und</strong> ‘Masochismus’<br />

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